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> F.R HARVARI) LIBRARY
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AN^OVER-HARVARD
Theoi ogical Library
Ciuartalfdmft.
3n Serbinbung mit meuteren (Belehrten
$erau8gegebeit
OOtt
D. v. jOimpel, D. «. Äober, D. Jmk, D. idjanj
D. Äewler unb D. jßtlfer,
froftfform ber !ot$ol. Geologie an ber St. UnfoerfUdi Zübingen.
^toeittttbft^fl^et v 3aljtgattg.
f ?' V'V*
^ ; v;
(SrfteS iduartal^eft.
Söbittgen, 1890 .
Setlag bet $. Saupp'föen Su<$§anbluitg.
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v. 7 l
I ? 1 Ö
I.
^U)|)anMitit0en.
1 .
2>er falramentale 6|arafter ber ©Ije.
Con $rof. Dr.
HJteht als jebe« anbete bet lir$li$en ©aframente
ift ba« ©aframent bet ©h® mit bem ganjen natürlichen
unb fojialen Sieben be« einzelnen unb bet ©efellfchaft
Perfnüpft. S)ie ®h e bilbet burch ihren SRatutgrunb bie
©runblage be« Seftanbe« bet ganjen ©efellfchaft unb
burch ihren fittlidhen 3*®«^ ben Pfeiler bet motalifchen
Drbnung. 2Bar aber urfprünglich ba« ganje natürliche
Sieben burch ben ©egen be« Schöpfer« befruchtet unb
burch bie ©nabe Perftärt, fo galt bie« ganj befonbet«
Pon bem Familienleben, welche« ©ott f<hon butch bie
2trt unbSSeife bet ©rfchaffung be« erfien SRenfchenpaareS
angebeutet hatte, weil biefe« ba« SJUttel jur 2lu«füht=
ung be« göttlichen ißlane« für ba« 2Jtenf<hengefchlecht
bieten mußte.
1 *
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4
©djattj,
©alt ber ©egen, welken bet ©Töpfer über bie
elften UJtenfdjen auSgefpro«hen, auch junächft ihrer
natürlichen SC^ätigfeit für bie SermehrungbeS ©efchledhteS,
fo war er bo<h zugleich ein Serben ber göttlichen $ulb
unb eine GueHe, aus welcher baS fittliche Seben ber
©atten reichlich« ^immltf^e Äräfte f«hopfen foHte. S)ie
Ehe erhielt burch biefen ©egen eine h&bete religiöfe
SBeihe. 3)ie Erinnerung an biefen göttlichen ©egen hat
bewufet ober unbewufet in ben ÜRenfchen fortgewirft.
S)ie Ehe hat bei allen Söllern mehr ober weniger ben
Eharalter beS Ehrwürdigen unb Steligiöfen an fi<h getragen,
fo fehr fie auch an ihrem urfpriinglichen Eharalter unb
ihrer höheren Seftimmung einbüfete ober als Staats*
inflitutnach biofeen 3wedmäfeigleitSgrünben geregelt würbe.
SCBenn SDtonteSquieu bemerlt, alles, was ben Eharalter
ber Ehe, ib*e 3orm, bie 2lrt, fie zu fdjliefeen betreffe,
habe bie Söller ju ber Ueberjeugung gebracht, bafe bie
Ehe ein Dbjelt ber befonberen ©egnung beS Rimmels
fein muffe, fo ift er bis heute noch nicht wiberlegt
worben. 3a man lann heutzutage auf ©runb ber
SReligionSgefcbicbte noch entfchiebener behaupten, bafe wie
alles 9te<ht aus ber Religion abgeleitet ift, fo bas
Heiligtum ber gamilie ber ©ottheit, weldhe im £erb,
im h- Seuer oerehrt würbe, jugefchrieben würbe. „SiS
auf ben heutigen &ag hat eiuer ber wichtigften EioÜalte,
welcher bie ©runblage jeher wahren Eioilifation bilbet,
bie Ehe, noch immer etwas oon bem religiöfen Eharalter
beibehalten, ben fie oon Anfang an gehabt hat ')"•
3e mehr ftch aber bie folgen ber ©ünbe in biefem
1) SR. SKflüer, Sergleidjenbe SRetigionSwiffenjc^aft. 1874 ©.
136. Montesquieu, Esprit des lois. 26, 13.
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®er fatramentale Efjarafter ber ®^e. &
ben ftnnlid&en Neigungen am meinen auSgefefcten ©ebiete
aeigten, befto notmenbiger mar eS für ben jmeüen 3tbam,
biefe SEBunben ber menf$li$en Statur au feilen unb ben
urfprünglichen ©^arafter ber ®b® mtebet ^eraufieBen.
SBaS im ©tanbe ber ursprünglichen ©nabe unb©erechtigfett
als pflichtmäfiigeS .ganbeln bet Statur erfchien; baS mar
burch bie ©ünbe in ben Dienfl ber ßeibenfdjaft getreten
unb fonnte nur burch eine neue ©nabe mieber für baS
SReicb ©otteS fruchtbar gemacht merben. SBoBte ©hrifluS
bie SJtenfd&en bon ihren ©ünben erlöfen unb aut Jtinb«
fchaft ©otteS erheben, fo muffte er bot allem auch bie
@he unb baS Familienleben ^eiligen. Obmoht aber
hierüber aBe ©läubtgen einstimmig fmb, fo gehen bodj
bie Meinungen alsbalb meit auSeinanber, menn eS ftch
um bie nähere Beftimmung beS religiöfen ©harafterS
ber <hrifili<hen ©he bonbeit. 3fl berfelbe aus ber aEge=
meinen göttlichen #ilfe im chrifUichen Seben au erüären
ober beruht er auf einer befottberen göttlichen ©naben«
mirtfamfeit? 3a felbfi bie Äatbolifen, für melcbe eS
nach ber Definition beS DribentinumS aufjer Zweifel ifl,
bafj bie ©he eines ber fieben ©alramente ifl, gehen in
ber Beurteilung bet bibUfchen unb trabitioneBen Bemeife
aiemlich meit auSeinanber. Die einen glauben, bafj bie
Bätet oon ber ©alramentalität ber ©he iw engeren
Sinne überhaupt nicht rebeten *), bie anbern jtnb ber
Staftdjt, baff bie Uebetlieferung ooBjiänbig erfefce, maS
ber biblifchen BemeiSführung für bie ©alramentalität
etma an flrenger Bünbigleit abgehe*). Stoch unfuhetet
1) »gl. SBJflHenborf, 8eitfär. f. fatlj. ®heoI. 1878 6. 683ff.
nach CaJquej, SfiiuS u. a.
2) CJtoalb, @atramenten(ehre. 3. 91. 1870. II, 398.
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6 @$an),
lauten bie Urteile über bie toefentlicben Veflanbteile be«
©alraments.
®aju lommt aber, baß auch bie SRe^tdtoiffenfd^aft
baS ©bered&t mit befonberer Vorliebe bearbeitet, .gat
biefetbe für bie 2)ogmatil au<b leine entfd&eibenbe
Vebeutung, fo gemährt fie bo<b bem ©ogmenbißcrilet
einen intercffanten ©inblid in bie gerichtliche ©nttoidlung
ber rechtlichen SDlaterien im ©ebiete ber ©be. ®er
große ©egenfaj}, melier neueflenä toom ©tanbpunlt beS
lanoniföen Sted^tS au$ bei jtoei berufenen Vertretern
über bie $rage ber (g^efc^liefung ^eruorgetreten ift,
bürfte e8 rechtfertigen, baß hier ba8 alte Problem loieber
ejegetifdh unb bogmenbiftorifcb unterfud)t wirb. ®enn
bur<b bie grage, ob bie @b e bur<b ben consensus mit
na<bfotgenber copula ’) ober bur<b ben consensus allein *)
}u Stanbe lommt, toirb auch bie bogmatifdje VeweiSfübrung
jlarl beeinflußt.
S)ie Slnorbnungen be$ ^ettn über bie ©be toenben
jt$ gegen einen hoppelten bei ben Quben eingeriffenen
unb toegen ber 4jerjen$bättigleit ber 3uben gebulbeten
SDlißbraudb. 3JMt Berufung auf bie nrfprüngli<$e ©infeßung
ber ©be butdj ©ott forbert 3efn8 bie SBieberberfieDung
ber SRonogamie unb ber UnauflöSlicbleit ber
@be. Veibe3 ifl SJtattb. 19, 4 ff. burcb Verweifung ber
ißbnrifäer auf bie ©rjäblung ber ©eneftS beflimmt
auSgefprocben. S)er ©Töpfer oon Anfang an bat 2Jtännli<be$
1) Steilen, @e|<bi<bte bei fanoni|dpen ©bereit« bis jum
Serfofl bet ©loffenlitteratur. Iübingen 1888.
2) ©el|Iing, bie SBirtungen ber ®efd)te<$ttgemeinfd)aft auf bie
£f)e< SJeipjig. 1885. ®ie Unterfdieibung bet JBerlöbniffe tm
tanonifd)en Stecht, fieipjig. 1887.
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Set faframentrttt (Efjarafter ber <EI)e.
7
unb Weibliches geraffen unb gefagt: beSbalb Wirb bet
Wann Sater unb Wutter bertaffen u. f. W. Siegt ei
fomit in bet ©infefcung unb im Wefen bet ©be, bag fte
eine Serbinbung bon nut jwei ißerfonen ift, fo mug
anbererfeitS biefe Serbinbung auch eine fo innige fein,
baß fte nut burcb ben Dob gelöst werben lann. Wa8
®ott oerbunben bat/ ba8 fott bet Wenfcp ni<bt trennen.
Such ber Berufung auf ben burcb Wofe8 erlaubten
©cbeibebrief gegenüber 3efu8 feine ©ntfcbeibung,
bag wer fein Weib, ei fei benn wegen be8 &)thmä)e&,
entlaffe unb eine anbere heirate, bie ©be breite, aufrecht.
Die8 fanben aber nicht btofj bie 5ßbtariffier, fonbern felbfl
bie jünger für ju febwet. Wenn baS 5Re<bt jwifeben
Wann unb grau fo ift, fagen fte, bann ift es ni<bt gut
}u b^itaten. 3 War wirb bie Antwort beS $ettn: nidht
alle faffen biefe» Wort, fonbern bie, Wellen e8 gegeben
ift, f$werli$ auf biefe au8naf)m$lofe UnauftöSliö&feit }u
belieben fein, aber immerbin lügt ftdh au8 ibr folgern,
bag bie Erfüllung biefer Sorfdbrtft an bie menfcbUdbe
Statur b»b« Slnfotberungen ftellt, Snforberungen, welche
ohne bie ©nabe @otte8 nidht erfüllt werben fönnen. 3ft
burdh bie Sünbe bie urfprüngltche Swftitution ber ©be
felbft bei bem Solle ©otte8 fo gefdhübigt worben, bag
bie wefentlidbflen Womente berfelben migadhtet Würben,
fo War ein befonbereS remedium peccati notWenbig,
wenn im {Reiche ©otte» bie ursprüngliche Steinbeit unb
4>eiligfeit wieber btrgeftellt unb bon ben Witgliebern
beafelben allgemein erreicht werben foüte.
Die p ofitioe Seite biefe» $eil8mittel8 wirb noch
flarer burcb bie ißarallelftelle in ber Sergprebigt (6,27ff.)
benoorgeboben. Denn abgefeben baoon, bag hier bon
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8
ben Bürgern be« Sfteidbe« ©otte« eine größere ©ered&tigleit
»erlangt »irb al« bie ber ©cbtiftgelehrten unb ^arifäer,
fo läßt ßdh in ber ©egenüberftellung ber ©ebote be«
$errn ju bem ©efefce be« 3Hofe« auch an ß<h eine
Steigerung bet ßttlidben Slnforberungen erfennen. ®ie
©he tnirb befonbet« baburdb geflößt, baß fd^on bet
unlautere Vlidf al« ©hebruch bezeichnet »irb. Qnbem
ber $ert au«brüdfli<h bemerft, baß j»at ber toirfli^e
©hebruch einen ©<heibung«grunb btlbe, aber auch für
ben unfdhulbigen SCeil fein Stecht jur ©ieberberheiratung
begrünbe, hat er bie geheimni«»olIe SBetbiubung ber
©atten im ©hrißentum bi« ju ihrer legten Äonfequenj
»erfolgt, aber auch bie ©röße ber Verpflichtung gezeigt,
©ohl lönnte man Vermuten, baß bie Vejähmung ber
Vegietben für bie (Seeleute »iel leidster fei als für bie
Unverheirateten, fo baß bie ©atnung »or berfelben
»orjug«»eife lederen gelte, allein nach bem Äontejrt iß
ber ©bemann al« ©ubjeft gebaut unb nach bem alten
©efefc lann ber ©bebrucb nur »on ber Verfehlung eine«
SJtanne« gegen eine »erheiratete grau erflärt »erben.
Stoch beutlidher erhellt bie« au« ben Slu«führungen
be« h- ß5«ulu« 1 Äor. 7. S)enn mag man auch bie
„be»orftehenbe Slot" lebiglidh »on ber „Vebtängni«
biefer Seit“ erflären, fo »irb man bo<h ba« ©eitere
fdfjon feinem ©ortlaute nach anber« auffaßen müßen unb
baburch ben Slpoflel mit ßdh felbft in ©iberfprucb bringen,
©ie gut er vielmehr auch eine anbere Vebtängni«
lennt, jeigt er, »enn er »on ber SCrübfal für ba« gleifch,
»eiche bie Verheirateten haben, rebet unb ben ©egenfafc
Z»if<hen einzelnen Pflichten be« ehelichen Seben« unb
benen be« religiöfen Seben« heroorhebt, fall« ba« eheliche
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Ser fahamentale Efjarafter ber ©je. 9
Sehen nicht burch ba$ religiöfe ©nabenleben beflimmt
unb öerflärt Wirb.
®ie ©araüelflellen bei SDtarcuS (10, 11. 12) unb
SucaS (16, 18) jtnb hi £t nur be$halb ;u erwähnen,
weit in ihnen, junt Seil oom Stanbpunfte be$ römifchen
Siebtes aud, bie ©leicbbereChtigung beiber ©alten aus*
gefproCjjen ifl. $>iefe gotberung trat ber gewöhnlichen
jfibifchen unb h £ ibnifchen äuffaffung be8 ©erhältniffeS
entfliehen entgegen. Sie entzieht bie F*au ber SBiQfür
unb Saune be$ SDtanneS, erhebt fie als ©rlöSte ju
gleicher ÜBürbe mit bem SJtanne unb Perlangt non
biefem biefelbe ©eherrfchung feiner Steigungen unb
SeibenfChaften. 2Bet lönnte htoto bie h<>h £ fittlidhc
©ebeutung ber ChriftliChen ®h £ nerlennen? Sollte berfelben
aber nicht eine befonbere religiöfe SBeihe unb ©nabenauS*
fiattung entfprechen?
©eht ber $err auch auf bie ©infefcungSWorte jurfld.
Welche oor allem bie phpfifche ©inbeit unb bie Fortpflanzung
beS ©efchlechteS als gwed ber ©erbinbung erlennen
taffen, fo fann er hoch weniger, als bieS bei ber ©in«
fefcung ber Faß war, nur biefe phhftfdbe ©inheit im
äuge gehabt haben. ^ebenfalls ift man berechtigt, beit
©eriCht beS zweiten ÄapitelS ber ©enefis mit bem im
erfien Kapitel zu oerbinben unb barauS auf bie gefammte,
burch bie ©ilbung beS SBeibeS auä ber Stippe 2lbamS
angebeutete SebenSgemeinfchaft zufdjliefjen. ®ie bleibenbe,
unauflösliche ©erbiubung, Weiche ber $err forbert, fefct
eine allgemeine SebenSgemeinfchaft »orauS, bie wohl
in ber leiblichen ^Bereinigung ihren erfien, aber nicht
ihren haften unb testen gwed haben fann. gnbem
er auch bie ©egietbe unterfagte, hat er gelehrt, baff bie
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Sc&ang,
leibliche ©emeinfchaft ohne bie jtttliche Steinzeit, ohne
bie geiftige Betbinbung bet Seelen, leine boHfommene
©he auSmache. ©ine folche Bereinigung fann nur ©ott
ju ihrem Urheber hoben. 3BaS ©ott uerbunben h«t,
fann ber SRenfdb nic^t trennen. £>amit ifi nicht nur
bie urfprAngliche ©infefcung ber ©he burch ©ott auSge*
fprochen, fonbent jjebe wahre eheliche Berbinbung auf
©ott jurAcfgefAhrt. 2fn tiefem Sinne fann man fagen,
baß bie ©ben int Fimmel gefchloffen toerben. ©ine
Berbinbung aber, welche ihren lebten ©runb im göttlichen
SBitten hot, fann ebenfo toenig ohne einen beeten
fittlic^en 3»ecf als ohne bie göttliche ©nabe gebaut
toerben. 3fl. biefeS 9Jloment im 3ubentum unb noch
mehr im Heibentum jurücfgetreten, fo muß eS im neuen
Bunbe als im9tei<b ber ©nabe um fo toitffatner herbortreten.
■Matthäus reiht an bie ©hefcheibungSfrage unmUtel*
bar bie ©rjählung bon ber Segnung ber Äinbet
an. 2>er ©runb ifi fdjtoetlich barin p fuchen, baß et,
nadhbem bie SGBorte beS Herrn Aber bie 3ungfräulMbleit
borauSgegangen ftnb, toieber baS Stecht ber ©he )ur
©eltung bringen wollte. Uber immerhin läßt ftch barauS
bie hohe SBertfchäfcung ber Äinber in ber Familie, bie
Bebeutung beS bonum prolis für bie ©he erfennen. 3efuS
fottte ben Äinbern bie Hänbe auflegen unb Aber fte beten
unb ertoiberte ben abtoehtenben Upofleln: „taffet bie
Äinber ju mir fommen, benn folget ifi baS Himmelreich".
MatcuS fAgt noch hinju (10,15): „wahrlich ich f a 9 c euch,
toer nicht baS Steicb ©otteS aufnimmt, toie ein Äinb, wirb
nicht in baSfelbe eingehen. tlnb er nahm fie in bie Urnte
unb feguete fte". Ob man nun als BergteichungSglieb
bie ©infalt unb Unfchulb ober bie UneigennAfcigleit unb
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Ser (oft amen tote (Efyuatter ber Cfje.
11
4?ilfIoftgfeit be« Äinbe« betraute, in jebem gatte gebt
barau« b er o°r, fcafe bie Äinbe«natur eine »orbilblidbe
©ebeutung für bie Statur bet Äinbet ©otteS bat. Sie
Äinbet ftnb befonber« jur äufnabme bei Steidbe« ©otte«
befähigt. 8u<b ohne bafj man biet eine, faum ertenubare
©ejiebung auf bie Saufe betau«fu<bt, lägt ftcb bo<b aus
bem 3u«fpru<be be« $ettu über bie Siebergeburt au«
bent Saffer unb bem (b.) ©eifte bie Sfowenbung machen,
baff im Staate ©otte« biefe« bonum nuptiarum non höherer
©ebeutung ift. Saju ift aber neben bet 3^gung bie
©tjiebung für ba« Steicb ©otte« notwenbig. Sollte nidbt
ba« Seih but<b Äinbergebären felig »erben ? Set toottte
biefen 3u«fprud& auf ben gewöhnlichen pbbftfdben ?tojefe
befd&ränfen? 3 e iflt et nidbt »ielmebr, baff im ©briftentum
bie Statut burcb bie ©nabe »erllärt unb etgän}t ift ? Sie
©Itern miijfen in ber ©rfüflung biefet »eranttoortung«»
»ollen ©flicbten auf befonbere Seife bur<b bie ©nabe
unterftfi|t »erben, bamit fte ba« Steicb ©otte« nidbt »etlieren.
Sinb biefe ^ö^eTen 3»edfe nadb ben ©erbältniffen
für ben einjetnen mit bet ©be nidbt »eteinbat, fo fann
e« fogat tßflicbt »erben, auf bie ©be ober beten gort»
fefcung ju »erjidbten. Sie« gilt aber blog für biejenigen,
»eldben eS gegeben ift. Sie haben ftcb felbft »erfdbnitten
um be« 4?immetrei<b« »Uten (SJtattb. 19,12). Obwohl
gefu« eben nadbbtücflicb bie Unauflöslich feit bet ©be betont
bat, fo antwortet er bem nach bem Sohne ber Sipofiel,
»el<be alle« »erlaffen batten, fragenben ©etru« bo<b: «ein
jeber, welcher ©rüber ober Sdb»efiern ober ©ater ober
SJtutter ober Äinbet ober Siedler ober Käufer »erlaffen
bat um meine« Stamen« »itten, »irb ©ielfadbe« empfangen
unb ba« ewige Seben erben" (SJiattb. 19, 29). Suca«
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©cfconj,
(18, 29) erträumt noch auSbrücflich bas ffieib. Äann
SefuS ^iemit bie vorder als unauflösbar erflärte ©he
Weber für unvereinbar mit ben ßweden beS SfteicheS
©otteS noch für tpinberlid? in bemfelben bezeichnen »ollen,
fo ifl hoch barauS zu entnehmen, baß fie nur im Äreife
beS übernatürlichen SebenS eine »ahre SSebeutung für
bie ©läubigen haben fann.
3efuS iß auch felbft auf einer $ o <h z e i t z u Ä a n a
als ©aß erfdhienen unb hat babei fein erßeS SBunber
gewirlt. SeibeS Wäre unetflärlich, »enn er nicht bie
von ©ott eingefefcte ©he hätte ^eiligen unb auSzeichnen
»ollen. SßJie bie SBäter in ber Xaufe 3 e fu im 3°*ban
eine Heiligung beS SBafferS zur fatramentlichen SEBirffamleit
in ber Xaufe ernennen »oßten, fo haben ße auch in ber
©egen»art 3efu auf ber Hochzeit zu ßana eine Segnung
unb Heiligung ber ©he überhaupt angenommen, SDtanche
3^^eotogen haben bieS bahin erweitert, baß 3«fuS bei
biefer ©elegenßeit bas Saltament ber ©he eingefeßt
habe. 5DieS iß nicht »abrf<beiuli<h, läßt ß<h jebenfaßS
nicht beweifen, aber immerhin lönnte man nach anbern
Sinologien beS vierten Evangeliums wie bei ber Xaufe
unb ©ucßarißie in biefer ©rzäbtung einen Hinweis auf
bie burcb ©hrißuS zu bewirfenbe falramentale ©infeßung
ber ©he erlennen. Einzelne Theologen fugten im
©vangelißen felbß ben Bräutigam unb meinten, betfelbe
habe auf bie Sufforberung beS #errn h» alsbalb feine
33raut verlaßen unb bamit baS erße Seifpiel für eine
Trennung ber nicht vollzogenen ©he um beS Rimmels
Wißen gegeben.
Sicherer bewegen wir uns auf gerichtlichem Stoben,
wenn Wir 8uc. 1,34 von einem ©elübbe ber^ungfräulichleit
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®tr jaframentale C^otalter btt (Ehe.
13
ernsten. SBenn bie Eingebung einer folgen @b® ben
jübifchen Slnfcbauungen unb ©ewohnheiten bireft wiber»
fprach, fo bilbetbie« leine Qnflans gegen bie „Sofep^^e",
benn auch bie Sungfrauengeburt ifl eine aufjerorbentliche
Beranfialtung ©otte« gum $eile be« 3Jtenfchengef<ble<bte«.
SBarum foHte ©ott in feinet 2Bei«heit unb ©üte nicht
bie £er§en einiger 2tu«ermäblten gu einem folgen
aufeerorbentlid&en Gntfchluffe anleiten fönnen? ©aburch
gewinnen wir aber einen fefien bibüf^en ©runb für bie
höhere Bebeutung ber @h e an fi<h* ©ic h fl t gwar al«
Siegel bie leibliche Bereinigung gum erften Qvoed, aber
mufj ben fittliehen Sieden be« Ghriflentum« bienen, fo
bajj unter befonberen Berhältniffen ber erfte 3®eä flang
gurüdtreten fann. Sie fann auch ohne bie phhfU<he
©inbeit bejlehen, wenn nur bie ungeteilte Seben«gemein*
febaft für ba« religiö«=fittli(be Sebeu fruchtbar gemacht
wirb. $aben bie ^ötaeliten ben ©egen ber ©he au«*
fcbUefjlich in ber fleif^licheu Stacbfommenfcbaft gefehen,
fo h®ben fpäter bie frommen unter ihnen boeb ba«
religiöfe SJioment bamit »erbunben. „Stimm bie 3ung=
frau in ber Furcht be« $errn gu bir, mehr au« Siebe
gu ben Äinbern, al« au« Suft betrogen, bamit bu im
©amen Slbraham«, in Äinbern ben ©egen erhaltejl"
(©ob. *6,22. 8,9). „SDenn wir ftnb Äinber ber ^eiligen,
unb lönnen nicht gufammenfommen, wie bie Reiben,
Welche ©ott nicht lennen" (8, 5). Sollte im Steuen
Bunbe nicht beibe« im höhnen ©rabe gelten? Sollte
ber geifUge ©egen im Steife be« ©eifle« nicht über bem
leiblichen, bie ©nabe über ber Statur flehen?
©a« heibnifche ©be* unb Familienleben
gur Seit GbrifU unb ber Sipofiel ifl mit bem jübifchen
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14
@<$anj,
nidjt gu bergleidhen. SBie in allen Regierungen fo lägt
ft<T au«T hi €r Tagen, bag baS tSraelitifdje Roll trog
aller gegler, welche fdhKeglidh feinen Untergang gerbei*
führten, bo<h ben Reiben an flttlic^em ©rnfte weit über»
legen war. ©er $eibenapoflel fyiMe ©elegengeü bie
f<hre<fU<hen folgen ber geibnif^en Unfittlichleit lennen
gu lernen. 6t war eS benn auch, Welker an baS
©runbübel bei bamaligen ©efeüfchaft feine §anb anlegte,
inbem er auf ©runb ber änorbnung beS ^errn über
bie UnaupSlicgteit ber ©he unb bie ftttli<$e ©hrbarleit
beS ©hefianbeS baS Familienleben ber SBete^rten gu
orbnen fuchte. Rot allem mufjte er bie Ungu^t jeber
Slrt als ©reuel bor bem $erro berwerfen. 6t tgut
bieS, inbem er auf bie Heiligung beS SeibeS burch bie
©aufe ginWeiSt. ber Seib beS ©Triften ein ©empel
beS h- ©eifteS, Welker non ©ott lommt, fo ift nicht
ber ÜJtenfch, fonbern ©ott ber ^err beS SeibeS. 2Ber
ben Seib beruneljrt, ber beleibigt ben h- ©eift, beleibigt
©ott. SEBer bem $ertn anhängt, ift mit ihm ein ©eift.
Wer aber ber $ute anhängt, iji mit if)t ein Seib. ©et
notmenbige ©efchlecgtSberlehr tann nur in ber ©he
ftattfinben (1 Äor. 6, 15 ff. 7, lff.).
©ie ©he unterf$eibet ft<h alfo bon ber borüher=
gehenben ©efcglechtSberbinbung baburdj, bag fte bie bon
©ott eingefegte ungertrennliche SebenSgemeinfchaft ift,
bie burdh baS ©hriftentum geheiligt worben ift. 3 wat
Würbe es ber 2tyofiel für beffer halten, wenn alle fo
Wären wie er felbft, wenn ber SOtann überhaupt leine
Frau berühren würbe, wenn auch bie SBittwe fo bliebe,
aber bieS ift nur feine SReinung, fein Stat, ber freilich
bon einem mit bem ©eifte ©otteS auSgerüfteten Slpoftel
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Set fahamentale CQataKet bet £$e.
15
flammt. Sr lennt bie menf<hli<be Statut unb bie gefellf<$aft=
litten Serhältniffe }U gut, als bafj er barauS eine Pflicht
machen ober nur feinen Stat läflig aufbrangen möchte.
SEBeil er »or allem bie ©ünben ber Unjucht vergüten
»oüte, fo gab er ju, baff »egen ber Unenthaltfamleit ein
jeber feine grau hoben möge unb eine jebe ihren SJlann.
Senn eS ifl beffer ju heiraten als }u brennen. Dbtoohl
er aber baS remedium concupiscentiae in ben Sotber=
grunb flellt, fo betrautet er hoch bie ©he nicht als baS
{feinere Hebel, benn et bemerft titelt nur, bafi »er
heiratet nicht ffinbigt, fonbern er fügt auch h*n ju: „»er
feine Tochter »erheiratet thut gut, »er fte ni<ht »erheiratet,
thut beffer" unb finbet ben ©tunb für baS eine unb
anbere in einer befonbeten ©nabengabe (7, 7).
Sefctere ©teile »urbe »on ben Theologen häufig
}um 5©e»eife bafür »ertoenbet, bafi ber Spoftel mit ber
©he eine befonbere ©nabengabe »erbinbe. SBenn manche
Sätet, »iej. 8. ChrpfoflomuS, hierin ben urfprünglichen
3t»ed ber Äinberetjeugung unb »er§iehung fajl ganj
»ernachläfeigt finben unb nur bie ©ämpfung ber ©lut
ber Statur, bie Sufhebung ber 8oSbeit unb fiüflernhett
auSgefprochen fepeu, fo überfehen fte in ihrer Sorliebe
für ben jungfräulichen ©tanb bie für baS @ut ber
©he fprechenbe ©teilen fafi gänjlich. 3b«en ifl bie ©he
überhaupt eine golge ber ©ünbe, »ährenb bo<h bie
meiflen Sätet, befonberS SugufUnuS bie frühere ©infefcung
ber ©he annehmen. Such ber h- ©hrpfojlomuS anerfennt
fchliefilich ben SBert ber ©he, »eil fte ben SBanfenben
flühe unb aufrecht erhalte.
fDer chariSmatifche ©harafter beS ©heftanbeS
jeigt ft<h auch barin, bafi er „im ^errn" ergriffen »erben
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16
©c&anj,
foH (7, 39. Äot, 3, 18), beim bamit ift ber ^ö^ete
G^aralter ber <hriftlt<hen @^e, ber @h e unter ß^riften,
welche im tarnen ß^rijii in ben ©tanb e intreten, angebeutet.
2>ie golge lann nur bie Heiligung ber SSetbinbung burch
ben $errn fein. Senn ber Slpoftel hat ja !urj borget
t>on ber fceibniföen @h e gejagt, bafj wenn ein ®atte
cbriftlid) »erbe, bie @h e fortgefefct werben biirfe unb
fülle, wenn eS ohne ©efahr für ben ©tauben gefchehen
fönne, „benn ei Wirb ber ungläubige SJtann in ber
grau unb bie ungläubige grau in bem SBruber geheiligt;
fonft ftnb eure Jtinber unrein, nun aber finb fie heilig".
Um fo mehr mufj atfo ber im $ertn gefchtoffene ©^eftaub
oon ©ott gezeitigt fein, müffen bie ©blatten Jur ©rfiiHung
ihrer gegenfeitigen pflichten unb }ur religiöS=ftttUchen
©rjiehung ber Äinber begnabigt fein.
2lu<h in anberer SBeife jeigt ber Slpoflel, baß er
bie ©he nicht bloß für eine unoermeibliche Äonjeffion
an bie ftnnliche Statur beS SDtenfchen, fonberu auch als
religiöfeS SJtittel ju gegenfettiger Heiligung betrachtet.
SBohl weiß er, baß ber Unoerheiratete beffer um baS
beforgt fein tann, waS beS £errn ift, toährenb ber SJtann
ber grau ju gefallen fucht. 3)er Verheiratete ift ni$t
mehr $err feines SeibeS unb barf bie eheliche Pflicht nicht
toerweigern. 2tber mit gegenfeitiger Uebereinftimmung
tönnen bie ©atten ft<h ju 3 £ iten bem ©ebete wibmen.
2>ie ©ebete füllen burch baS eheliche Seben nicht geftört
werben (1 ißetr. 3, 7). ga bie Verheirateten füllen fo
leben, als hätten fie leine grauen (1 Äor. 7, 29), b. h-
ihre erfte ©orge bem #eile ihrer ©eele toibmen.
SBie fchtoierig eS aber oft wirb, biefe fcheinbar einanber
toieberfpreehenben pflichten gleichmäßig ju erfüllen, bie
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$tr fafromtnta!« (E^arafter ber ©De.
17
6tanbe8* unb ©^riftenpftic^ten in richtiger SSBeife mitein=
anbet ju bereinigen, beutet ber Sipofiel felbfl an, inbem
er cot unflugem unb einfeitigem ©ifer warnt, ©erabe
hieraus lägt fleh aber fliegen, bag e£ ifym au<h mit ber
©nabengabe für bie ©he »oller ©tnft ifl. Sa« Sehen ber
Unverheirateten ifl hänftfl ruhiger unb gefabrlofer.
Unb bennoch foE ba8 Vanb ber ©begatten nur ber Sob
löfen (1 Äor. 7, 11).
®en Verheirateten ift bie gottgefäEige aEfeitige
©rfüßung ihrer Pflichten nur möglich, wenn ihr Vunb
burch bie Siebe befiegelt ifl, aber nicht blog burch bie
ftnnlübe Siebe, fonbern burcb bie Siebe ©otteS unb
©hrifii, welch« burch bie ©nabe ©otte« in bie $erjen
ber ©läubigen auSgegojfen Wirb uub ben ©runb ber
wahren Elächflenliebe bilbet. 2)iefe8 SiebeSOerhältniS
»eranf$auli<ht ber Sipofiel burd} bie Vergleichung ber
©he mit ber Verbinbung ©hrifii mit b er ERenfch»
heit unb ber ßirche. SBieberbolt ermahnt er bie
©atten }u gegenfeitiger Siebe (©phef. 5,26 ff. Hol. 3,19.
Vgl. 1 ißetr. 3, 7), ohne bag baburch bie naturgemäge
Unterorbnung gegärt werben fott. ©ineS jeben ERanne«
#aupt ift ©hriftuS, bas ^aupt ber grau ift ber ERann,
ba« ^aupt ©hrifii ift aber ©ott (1 Äor. 11, 3).
3n ber chriftlichen ©he tritt bie grau burch ben ERann
in Vetbinbung mit ©brifiuä unb burch biefen mit ©ott.
$>ie ©otten mäffen alfo auch in anberer SBeife als e$
bereit« burch bie Saufe gefdfehen ift, ju ©Hebern beS
SeibeS ©hrifU gemacht werben, um ton bem Raupte
Ätaft unb ©nabe ju empfangen. SeShalb fofleit bie
grauen ben ERänneru untergeorbnet fein wie bem £errn
(©ph. 6, 22), benn ©hriftuS ift bas |iaupt beS HRanneS.
Z$cot Duartalfdjrift. 1890. $tft I. 2
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18
Schani,
Sie Uuterorbnung unter ben 3J?ann ifi eine Unterorbnung
unter E^viftuS, eine Unterorbnung „feie eS fi<h gejiemt,
im $errn" (ftol. 3, 18).
£>o$ h a * $ier ber Apofiet baS ©ilb oom Raupte
erweitert, um einerseits bie innige ©erbinbung jtoifchen
©tann unb grau, anbeterfeit« bie ©ebeutung ber @$e für
ba« chriftliche Seben beutlicher heroor$uheben. Ser ©tann
ifi baS $aupt beS SBeibeS, toie auch Efirifiu« baS $aupt
ber Airche ifi. 2>ie ©erbinbung be« SöeibeS mit bem
©tarnte hat ihr ©orbilb in ber ©erbinbung E^rifii mit
ber Äirche, aber hierin auch jugleich bie Quelle ihrer
Araft, tu eil E^rifhi« als $aupt ber Äirc^e auch baS $aupt
beS ©tanneS ifi. 2)ie ©nabe, welche ber Äirdtje als ber
©raut E^rifii buv<h ihre ©erbinbung mit intern göttlichen
©räutigam jufließt, muß ganj befonberS benen ju teil
»erben, welche in ihrer abbilbU^en ©erbinbung jur äußeren
unb inneren Ausbreitung ber bur$ bie ©erbinbung (S^rifti
mit ber Äirche befruchteten ©emeinbe ber Äinber ©otteS
am meiflen beitragen. Slun ifi aber ©hrifluS baS .fjaupt
ber Äirche baburch, baß er ft(h in ber ©tenfehwerbung
mit ber menfchlidheu Statur oerbunben unb bie Kirche als
bie ©ereinigung ber ©läubigen ju feinem Seihe angenommen
hat, auf baß alle ©lieber je nach Ort uub ©ebeutung
an ber ©nabe, welche Pom Raupte bem Seibe ber Äirche
jufließt, für ihre Aufgabe teilnehmen. 2Bie bie ©ereinigung
beS Raupte« mit bem Organismus ben fttoed hat, but<h
bie Araft bet göttlichen ©nabe bie grüßte beS ©rlöfungS*
wertes für ben ewigen #eilSptan wirtfam ju machen,
fo muß auch bie @h e tn bem #errn ein ©littet für baS
$aupt ber Äirche fein, baS ganje menfehliche Sehen mit
ber göttlichen ©nabe ju befruchten unb ju beleben. ©hrifiuS
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3)cr fatrnmentale ßijaratter bei ®Ije.
19
ifi bet „fRetter bei SeibeS", b.b- bet Äircbe, inbem et
burd) feinen £ob bie ©läubigen ton ©ünbe unb SCob erlöRe.
SBarum »eist »obl ber SlpoRel gerabe in biefern
3ufammenbange auf bie Cgrlöfung ^in? @t will ben
©eborfam ber grauen auf ben ^öd^flen ©runb jurücffübren,
baS ebelRe SJlotitfür bie d)riftli<$e ©b« bezeichnen. deshalb
fährt et fort: „aber »ie bie ßircbe ©briftuä untertban
ifi, fo auch bie Sßetber ben SJtännern in allem". Obwohl
©brtftuS als ßaupt ber Äitcbe bie Äitcbe frei gemalt
bat, fo folgt barauS bo<b nicht bie Stuflöfung beS natüt*
Ii<ben SSerbältniffeS ber Unterorbnung ber SJienfcben unter
©ott, ber ©rlöRen unter ben ©rlöfer. 3m ©egenteil,
je größer baS SSerbienR unb bie Siebe beS ©rlöferS gegen
bie SKenfcben ifi, befio freubiger unb liebetoller muff au<b
ber 2)ant unb ber ©eborfam gegen ©briRuS fein. 60
bürfen auch bie cbriRlicben grauen nicht glauben, baß
butdb baS ©bviRentum, Welches ihnen als ben SJliterlöRen
bie gleite ©nabe unb SBfirbe toie ben SJtännern terfebafft
bat, ber ton ©ott getooUten Unterorbnung enthoben feien.
SEBie jeber in feinem ©tanbe bleiben foH unb jur ©rfüHung
feiner Pflichten bur<b bie ©nabe geRärft Wirb, fo rnüffen auch
bie ©beleute bie iRRicbten ihres ©tanbeS erfüllen, »erben
aber bureb bie ©nabe ©olteS barin unterRüfct.
$>ie SRänner bürfen aber ebenfowenig ihre Stellung
mißbrauchen. Sticht nur fotl bie natürliche Siebe ihr 93e=
nehmen gegen bie grau beRimmen, fonbern als cbriRlicbe
©bemannet foHen fie mit bem f<h»äcberen ©efäß SJtUleiben
haben, ben miterlöRen grauen mit cbriRlicber Siebe be=
gegnen. Such hierin faHen Re ©briRuS jum SSorbilb
unb jum Reifer haben. ®enn wie baS 39itb tont Raupte
mehr als eine Sinologie iR, fo gebt ei auch »eit über
2 *
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20
eine Sfoalogie ^tnau«, wenn bet Äpoßel fortfäbrt: „Wie
au<b ©brifiuS bie £ir<be geliebt bat unb ft<b fetbft für
fte babin gegeben bat, auf bafj et fte ^eilige, natbbem
et fte gereinigt butcb baS Sajferbab mit bem Sorte,
bamit er für ft<b felbft bie Äir<be betrüg barflefle,
ohne glecfen, Shtnjeln ober etwas bergleicben, fonbem
bamit fte heilig unb unbeflecft fei". Senn nun bet
b. SßauluS hieraus audj nur fd>liefet, bafj bie SJlänner
ihre grauen lieben füllen als ihre eigenen Seiber, fo
ifl bureb bie Begleichung mit ©brtfiuS bo<b btnlängli^b
angebeutet, bafj biefe Siebe ihren ©runb in einer äbn«
lid>en gnabenooQen Berbtnbung unb ibr ÜJlotiü in einem
höheren religiöfen unb fittli<ben S©e<f bat. $aben bie
©bemänner non ihrem Raupte ©briftuS bie ÜJlacbt unb
bie ©nabe ihre $errf<baft auSjuüben, fo müffen fte au<b
bur<b biefelbe ©nabe befähigt fein, ihren Seib ju hege»
unb )u pflegen, wie ©briftuS feinen Seib, b. b- bie
Äir$e hegt unb pflegt, jte heilig unb untabelbaft barflellt.
Sie bie @b e au<b }U ftanbe lommen mag, im ©brtflen-
tnm iß fte {ebenfalls in baS ©nabenleben ber Äircpe
einbejogen, mit bem Seibe ©brifti aufs innigfle oertoaebfen.
SluS biefem ©runbe bat ber Slpoflel binjugefügt:
„benn mir ftnb ©lieber feines SeibeS (aus feinem gleifcb
unb ©ebein)". Sie bie ©laubigen als ©lieber eines
SeibeS mit bem Raupte ©brifti gebeimniSooU unb tounberbar
oerbunben ftnb, fo bilben in biefem Seibe bie gläubigen
©begatten eine gebeimniSüoHe ©inbeit, einen Seib, gleithfam
einen ©injelleib am großen Organismus. 2>iefe eigen«
tümticbe Bebeutung ber ©be giebt bem Spoftel no<b
Beranlaffung bie Bereinigung ber ©atten als ©pmbol
für bie Berbinbung ©brifti mit ber Jtir<be ju oertoenben.
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®er fatramentale Cljarattei bei @lje.
21
„®afüt wirb ein SJtann SSatcr unb SRutter oerlaffen
unb bem SBBetbe anhängen, unb bie jwei werben ju
einem gleifche fein. 3)ie8 ifl ein großes ©eheimniS;
i$ fage eS aber in SSejiehung auf ß^rifiuS unb bie Äirche".
SEBaS ifl nun biefeS große ©eheimniS ober
©aframent? Stach bem 3nfantmenhange fann es nur
bie SSerbinbung ß^rißi mit ber Äirche fein. 5Da8 geheimniS*
rotte SEBort ifl SS. 31, bie Söfung ifl SS. 32 bur<h au8=
brüdlid>e SSejiehung auf GbriftuS (eig Xqiaxw) gegeben,
gmar ifl SS. 31 aus ber ©eneftS entnommen unb fe^eint
ber Sipofiel bie bort bejeicßnete SSerbinbung recht realifHfch
}u faffen (1 Äor. 6,16), aber ber SluSfpruch toirb nicht
als Sitat angeführt unb bie SSegrünbung ifl auf SS. 30
$u bejiehen. deswegen toeil wir ©lieber beS SeibeS
ß^rifli finb, toirb ein 3Jlann, b. h- ©^riflu«, SSater unb
SRutter, b. h- fein« £eimat, ben $immel oerlaffen, um
frcß mit feiner SSraut ber Äircße ju oerbinben. ®ie8
hat ©hrifluS bei ber ÜDfenfchWerbung gethan unb toirb
er bei ber Sßarujie toieber thun. $>a8 ffuiurum ber
©teile, welches wohl ju beachten ifl, obwohl eS jt$
auch in ber ©enefis flnbet, weist {ebenfalls barauf hin,
baß ber -Sfyoflet bie ©tette fhmbolifch ober attegorifch,
nicht oon ber gewöhnlichen S3erbinbung in ber ©h e ,
welche für 2lbam gleichfalls noch in ber 3wlunft lag,
oerwenben will, ©tymbolißh ifl fte aber oom ©tanbpunfte
SlbamS auS auf bie 3nfunft im Sehen beS jweiten
SbamS ju beziehen. 3)ie SSejiehung auf bie Sßarufie
würbe freilich baS £empu$ noch leichter erflfiren, fle
hat auch i>ie SSejeichnung ber Kirche als SSraut für
fleh unb würbe bie Steinigung unb Heiligung als eine
bis jum enblichen Slbfchluffe beS biesfeitigen SteicheS
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22
©<f>anj.
fortgefefcte X^ötigfeit beS VräutigamS erfdheinen Iaffcti,
fo baß bie .fjod&jeit beS Sammet bie VoHenbung bet
ganjett $MlSöfonontie bilben würbe *). Slllein bicfe
apofalbptifdhe Deutung ifi itid^t uotwenbig geforbert,
»eil ber 2Ipoflel audh anberwärtS bie Äirdhe als baS
bieSfeitige Sfteidj ©otteS barfieUt, infofern baSfelbe bie
Vorbereitung unb VorauSfefcung beS jenfeitigen JReidheS
ifl, unb baS bräutliche Verhältnis weniger bie 3uluuft
ber Vetbinbung als bie ifteinigleit unb #eiligfeit berfelbett
bejeidhneu foH. ®aburch »ürbe bie ©hmbolif nod|> »iet
fdhwieriger als fie {«hon an fi$ ifi unb baS punctum
saliens ber fc^on oorhanbenen Verbinbung ©hrifli mit
ber Äirdhe als beS VorbilbeS ber ehelichen Verbinbung
bebeutenb gefdhwädfjt.
SEBoHte aber ber SHpoftet baS ©eheimnis ber wunbet*
baren Verbinbung ß^rifli mit ben 3J?enfdhen burdh bie
3Jlenfchwerbunganbem2luSfprudh ber h- ©dhrift iDuflrieren,
fo hatte er aHerbingS ©runb, bie ßöfung beS SRätfelS
felbfi beijufügen. Snbem er biefe burdh baS „große
©eheimniS" befonberS herbothe&t/ h fl t <x fidh an bie
femitifdhe Stuffaffung gehalten, benn audh ben SRabbinen
ifi bie Formel mysterium magnum fehr geläufig.
SBährenb baS magnum sncramentum bei ber buchfläblidhen
Raffung beS VerfeS unmotioiert unb »ollenbs bei ber
Vejiehung ber una caro auf bie copula als ungehörig
erfdheint, erhält ber ganje VeweiSgang burdh Me Vejiehung
auf bie äJlenfdh Werbung unbfrlöfung einen tiefen mhfiifdhen
Sug unb eine übervafdhenbe theologifdhe Vebeutung.
@S bürfte nidht bloß im ejegetifdhen Qntereffe liegen,
1) Sgl. ttjom. Komm, ju @pf)ef. 5, 2ect. 8. Sott neueren
(Sjegeten SDietjct.
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Ster (aframtnUIt SfjaraTtft bet @lje.
23
fonbern jugleüb au<$ als eine ©runblage für ben
&rabition«bemei« gelten bürfen, toenn mit bie Snterpre*
tationen bet S3äter unb Geologen f#on ^ier etroa«
berfldfübtigen. ®ie alten ©rflärer ^aben ft($ gleichfalls
nid^t bamit begnügt, ben auffaHenben SEBortjinn ju be--
fiimmen. ©ie ^aben ba« Symbol ridhttg erfannt, menn
fte au<b in bet ®eutung be«felben etrna« »oneinanber
ab»eid&en. 3**» allgemeinen finben fte bie Söfung be«
©ebeimniffe« in bet 9Jienf<bmerbung, berüdftcfitigen abet
ba« ©erlaffen bet 3Jtutter entmeber gar n«bt ober »erflehen
unter biefer bie §immlifd&e ober bie trbif^e ©pnagoge.
©<bon 3Ji e t b o b iu « fucht in -biefer ©erglei<bung
etwa« liefere«. 3^m ifi 2lbam nicht bloß eiu Sfypu«,
ein ©ilb ©brifli, fonbern ©brifiu« felbfi. 3nbem ber
©rftgeborene ©otte« ftch mit bem erfigeborenen 3Jienf$en
bereinigte unb ÜRenf<b mürbe, erneuerte er ba« anfang«
©eienbe (Slbam) unb bilbete e« au« ber Jungfrau unb
bem ©eifte auf« neue, ©btiflu« habe ben ©ater oerlaffen,
um feiner grau anjubängen, unb fei am ßteuje entfcfclafen,
um feine Jtirdje barjufieHen, betrli<b, ohne gleden unb
Stunjeln, Tie reinigenb im ©abe. SDarau« erhellt, baß,
ma« bie ©dj>rift bon Slbant unb 6öa erjüblt, ftdj auf
©bnfhi« unb bie Äircbe bejiebt. ®abet ifi bur<b bie
3Renf$merbung nicht nur bie 2Jtenf<bbeit geheiligt, fonbern
au$ bie alte @b c burcb bie neue; mie ber Äird&e burcb
ihre ©etbinbung mit Gbriftu« ©nabe juftiefjt, fo aud)
bet <briflli<ben ®b e > benn beibe flehen in geifliger 2Be<bfel=
mirfung.
„@in große« ©ebeimni« nennt er e«, meil ber b- SWofe«
ober oielmebr ©ott felbfi, bamit etroa« ©roße« unb
SBunberbare« anbeuten moQte. ©infimeilen aber nennt
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24
Sc&anj,
et e« jo im ^inblid auf GfyrifiuS, Weil auch et feinen
©ater »erliefe uub auf bie ©rbe ^erabfUeg, um ju
feinet ©taut )u geben unb mit ihr ein ©eifi ju werben",
ertlärt bet b- © b * b f o fi o m u «. Um aber anjubeuten,
bafe bie Slßegorie bie Siebe ni<bt aufbebe, fejje er ©. 33
binju. 3« bet $hat ttemli<b fei e« ein ©ebeimni«, ja
ein grofee« ©ebeimni«, bafe bet 9Jtenf<h feinen ©ater
unb bie SJiutter »etlaffe, um betjenigen, bie er früher
nicht gefeben unb bie ju ihm in gar feiner ©ejiebung
geftanben, anjubängen unb fte allen »orjujieben. S)ie«
habe 2Jlofe« »or SUterS f$on angebeutet, bie« »erfünbige
jefct ©aulu« mit ben ©Sorten : „im |jinblicf auf Sbrifiu«
unb auf bie Jlircbe". SRocb nacbbrücflicber »erteibigt er
ju Äol. 3, 18 ben fittlichen ©barafter ber ©be, inbem
er bie ©rofanation be« ©bef$luffe« bur(b uuanftänbige
£beater»orfteHungen berurteilt. S)er ©befchluß »ft feine
3^beater»orfleHung, er ifl ein ©ebeimni« unb ba« ©innbilb
einer erhabenen ©Sabrbeit (®pb £ f- ö,32). £ie ©etmäblung
ifl ein ©bbilb ber ©erbinbung ©f>rifli mit ber Äirche.
©ei ben ÜDtyfletien ber Reiben ftnben Sßnje flatt, bei
ben unfrigen bagegen betrat ©tille unb Slnftanb,
3ücbtigfeit unb würbetooHe 5tube. ©in grofee« ©ebeimni«
Wirb gefeiert. ^inwiefern ifl e« ein ©ebeimni«? ©ie
fornmen jufammen unb bie jWei bilben nur ©in«. |>aft
bu gefeben, wa« für ein grofee« ©ebeimni« bie ©be ifl?
2lu« einem SDlenfdben machte ©ott noch einen, unb
nachbem er au« biefen jwei toieber ©in« gemacht, flellte
er fo toieberum bie ©inbeit tyx. Safeer wirb ber ©lenfcb
auch jefct noch au« ©inem geboren. ®ie ©be ifl ein
©ebeimni« ber Äir<be, ein Slbbilb ber ©egenwart ©brifll
©eine ©rflärung ifl oon Sbeoboret unb ben fpätercn
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2)« fafromtntale Kljaraftet bet ®l)e.
25
©tiefen fefige^alten worben. Sie innige Serbinbung
in bet @h« jeige fidh in ber Fracht bet ®^c, aber bad
©efefc bet @$e gelte auch für bie geijlige <§odhjeit nadh
33. 32.
Xertullian bemerft, bet StpDftel interpretiere
bie SBorte: ed »erben jtoei in einem gteifdhe fein, auf
bie Äirdhe unb auf ßfyriftug, nach bet geijiigen ^od^jeit
ber Äirdhe unb ß^tifii, benn ein S^rijiuS i|i unb eine
£ir<$e. ®aljer ift und bad ©efefe bet einen @he
»erboppelt unb toerflärft, fowoht nach bet ©tunblage
bed ©efdhledhtd ald nach bet Sefiätigung ß^tifU 1 ).
SRiemanb »üb bad Silb ber Staut nicht lieben, öielmehr
wirb er badfelbe bewahren unb ehren unb fdhmücten,
benn ed hat 2lehnlid&feit mit bet SBirllidhleit, bie XeiU
nähme an bet tyre*), b. h- nimmt bad Slbbitb bet
©he an ber @h«, an ber ©nabe bed Utbilbed bet Ser*
einigung ©h^ifli unb bet Äirdhe teil. Qnbem ber Sipofiel
ed mit Sejug auf ©h^fhid unb bie Äirdhe fagt, gibt er
eine ©rflärung, leine Trennung bed ©eheimnijfed. @r
jeigt bad Oon ihm bargebotene Silb bed ©aframentd,
ju Weldhem ftdhet bad Saftament gehört.
^ietonpmud fiimmt mit ben ©tiedhen, für weldhe
©hrpfofiomud mafjgebenb war, burchaud überein, nur
fudjt et audh bad Settaffen bet Butter nähet }u etlläten.
S)et etfle SDtenfdh unb erfte Prophet Slbam habe bied
über ©htijhid unb bie Äirdhe prophezeit: bafj unfet
£etr unb #eilanb feinen Sätet, ©ott, unb feine SRutter,
bad hintmlifdhe 2(erufalem, oerlaffen unb auf bie @rbe
tommen werbe wegen feined Seibed, bet jlitdhe, unb baff
1) De exh. cast. o. 5.
2) Ady. Marc. 5, 18.
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26
©t$ana,
et fte auS feiner ©eite gebitbet habe unb Wegen ihrer
baS SBort gleifcb geworben fei. 2)aS „in ©briftuS unb
in bet Äitcbe" habe er mit ©regor »on 9lajionj befprocben;
biefer habe eS aber für febr fcbwierig gefunben. SSor»
läufig wolle er nur bemerlen, baß bamit nidjt gefagt
werben wollte, als ob etwas in bet Äir<$e unb in ©brifluS
größer als biefeS fei, weit eS fd&wer fei, alles Was
über Slbam unb ©oa gefagt wirb, auf ©briftuS ju beuten.
3n ben ißfeubo-Äommentaten beS ^ieronpmuS
(ißelagiuS?) wirb jwar anerlannt, baß bie ©be Zeitig fei,
aber bie Sungfräulübleit wirb ibr fo entfliehen oorge-
jogen, baß fte lebiglid) als SJlittel gegen bie Unentbalt*
famfeit erfd&eint. ®ie ©be ifi beffer als ©cbänbung, in
ber ©be aber ifl bie Äontinenj bem Umgänge norjujieben,
ja ber ©ntbaltfame bat in ber ©be baS SSorrecbt, i^m
muß fi<b ber anbere £eil fügen. ®aS ©efübbe ber
Äeufcbbeit öerbinbert ben ©intritt in ben ©befianb. 3m
Äommentar $um ©pbeferbrief jeigt ber SSerfaffer, wie ber
Sipofiel auf ©runb beS natürlichen S3erbältniffeS bie
ßeiligfeit ber @be ju beförbern fucbe. ®ie SJtänner foHeu
ihre grauen lieben Wie ©brifluS bie Äit<be liebte, b. b-
mit einer heiligen unb ebrwürbigen Siebe, unb foUen felbfl
für bie $eiligfeit ib ret grauen ben Job nicht freuen.
3bm fcbeint hier ber Sipofiel jwar nicht bie ©be ju toerur»
teilen, aber bo<b fo nad)brütfticb jur ©ntbaltfamleit auf*
juforbern, baß er baS ©itat aus ber ©enefis als eine
©inwenbung berer, welche fi<h fleif<bli<b lieben wollen,
erllärt, „wie es einigen fcbeint". 3)aS große ©ebeimnis
in ©brifiuS unb in ber Äirche oerfiebt er non ber geifligen
Siebe im ©brifientum. „deshalb müßt ihr eure heiligen,
geifligen grauen mit um fo größerem Stffelte lieben, ba
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2er fafromentale Cijaraftei bet <Eljf. 27
ihr fte borget alä Sfinberinnen unb im ^eibentume
gleifchliche geliebt ^abt."
Der 3lmbrofiafier bezieht baS »grande sacra-
mentnm mysterii« junächfl auf bie ©inheit beä SJlanneä
unb beä SBeibeS felbfl. Diefeä ©eheimniä löfe aber bet
Spoflel nicht, fonbern er forbere eine anbere Sache, welche
bem genannten ©eheimniffe nicht wiberfpteche, nämlich bie
©inheit ber Äirche unb beä $eilanbeä. ©hrifiuS h a & e
in ber ÜJlenföwetbung ben SSater »erlaffen, bamit bie
Äirche allen Qrrtum öetlaffe unb ©h^ftuS “Hein anhänge.
gür baä Sbenblanb ift aber ber h- 2luguflinuä
mafegebenb geworben. Stad) ihm bezieht ber Sipofiel jene
SBorte ber ©enejtä auf ein ©eheimniä, infofern in jenen
beiben erflen SRenfchen ©hrifiuä unb bie Äirche oorgebilbet
War. 2Bie 6üa auä ber Seite beä fchtafenben Slbamä
gebilbet worben ifl, fo ift bie Äirche bei ber Durchbohrung
ber Seite beä fchlafenben $eilanb8 auä ber Seitentounbe
hcroorgegangen *)• 2ln einer anberen Stelle betont Slugu*
fiinuä bie fpmbolifche Deutung. „Unb bamit niemanb
jene ©röfee bei ©eheimniffe« in ben einzelnen SJJännern,
welche grauen h®6en, erfennen möge, fagt er: „ich aber
fage euch i# Ghtifluä unb in ber Äirche". gn ber ©rflä*
rung bezieht er baä SBerlaffen ber-SHutter auf baä Sßerlajfen
ber jübifchen Spnagoge, auä welcher 3efuä bem gleifche
nach geboren war. @r »erliefe bie Spnagoge unb hittg
ber Äirche an, bie et ft<h auä allen SSöttern fammelte *).
©r finbet in biefer aHegorifdhen Deutung beä Slpoftelä
fogar ben ©runb für bie allgemeine Slnwenbung bet
Slllegorie. Die hiet angebeutete gemeinfame
1) Ennarr. in Ps. 138, 2.
2) In Joann. tr. 9 n. 10.
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©runbla^jjäl^
28
6<banj,
beS ©afcaments bet Sb« unb bet SSetbtnbung Sbrifii mit
bet Ait$e crftätt SlugufiinuS anbertoättS *) babur<b, bag
et bem sacramentum magnum in SpriftuS ein minimum,
sed tarnen coniunctionis ineeparabilis sacramentum in
ben ©begatten gegenüberfiedt.
$Ro<b toeitet gebt Saffian s ), inbem et f<bon SJTattb.
19,6 fpmbolifdb ton bet SJlenfcbtoerbung etflärt unb ben
Slpoftel getabe biefen ©ebanfen toeitet auSfübten lägt.
®aber ftnbet et 1 £tm. 3,16 baSfelbe gtoge ©ebeimniS.
2)e$balb »erlägt bet SJlenfcb feinen 3Sater unb bie 3Jlutter,
b. b- ©ott unb jenes 3erufalem, weites bie SJlutter
»on uns allen ifi. Unb et bängt feinem SEBeibe an,
©ott unb bie 6eele ftnb in einem gleifcbe.
2>et ißapji © e l a f i u S bemettt gegen bie pelagianifc^e
$ärefie (c. 2): „SS ifi flat, bag in bem erfien 50lenf<ben
SbtiftuS felbfi unb bie Äircbe »otgebilbet ifi, toie uns
bet b- Sipofiel SßauluS lebrt, ba et »on bem 33unbe
bet b- ®b e foflte: biefeS ©ebeimniS ifi gtog, i<b fage
aber in SbriftuS unb in bet Äitdbe. ©leistete alfo »on
bort jebet ^eilige auSgegangen, in bem 33otbilbe biefeS
©ebeimniffeS enthalten ifi, hoben biefeS ©ebeimniS alle
^eiligen »on Sbel an butcb ibte Opfer unb ^anblungen
an fidb getragen".
2>ie fpäteten Spegeten, Seba, Slnfelm, XbomaS,
■KicolauS »on ßpra, SfiiuS, a Sapibe unb »iele Steueren
toeuben nur untoefentlidp »on ben SSätern ab. ®et
4?auptunterf<bieb bfltfte bet fcpon bei ©elaftuS ;u be=
merlenbe fein, bag neben bet aHegotifdben Deutung bie
©ejiebung auf bie Spe firenger getoabtt toirb. 2Bit
1) De conc. et n. 1, 21.
2) De mcarn. c. 11. 12.
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$« fafromentole ffharaftet btt Cbe.
29
tnoHen als Seifpiel nur bie Grflärung beS 2;^oma8
anführen. SBährenb bet Slpoftel im Sorhergehenben
bie ©alten )ur Siebe but<h baS Seifpiel (S^rifH unb bie
Selbftliebe beä 5Iienf<ben angefeuett habe, bebiene et
ft<h jefct ju bemfelben ftvoede bet Stuftorität. Dieä ootl»
führe et in btei Stufen, inbem et juerft bie Stultorität
anführe, bann biefelbe mpfHfch etlläte unb gulefct fie
nach intern SBottftnne feinem fpejieQen gtuecfe anpaffe.
Die Serbinbung jtoifchen 3Wann unb grau fei eine brei»
fa<be, burdh bie Siebe (3 6$bt. 4, 26), ben Sebens&ner»
fetyt (@cclef. 26, 1) unb bie Gopula. Det Stpojiel be=
gei$ne nun bie (S^e al$ sacramentum rnagoum, b. h-
sacrae rei sigoum, nemlicp bet Serbinbung ©hrifti unb
bet Äitche (SBei$h- 6/ 24). Daburdh »erbe fie ben
grofjen Saframenten bet Daufe, gitmung unb ®u<ha»
tifiie jut Seite gefiellt. Daher müffe bei bet mpflifd&en
Deutung bet 3Rann non GbriftuS, bet Sätet non ©ott,
ba$ SSJeib non bet Äitche erflärt »erben. Die« hinbere
aber bie fecunbäre Sntoenbung auf bie @h« felbfl nicht,
toie bet Spofiel n. 33 geige. Son Ghrifht8 gelte e3
hauptfächlich, aber ni<bt allein, »eil e$ an anbetn bat»
jufieDen unb ju etfflflen ifi, in bet gigur ßhrifti.
@4 toat nicht bet nädhfte 3»ned be8 SpoflelS, burch
bie Setgleichung bet 6h« mit bet Setbinbung (Sprifli
unb bet Äitche bie Unauflöälichleit bet ©b e ja
betoeifen, aber hoch bilbet biefe toie fonfl bie Sorau*»
fefcung feinet Sehre übet bie ®h e - Daraus erflärt e«
ftch, bafj bie Sätet unb Dbeologen, »eiche bie Slono»
gamie unb Unauflß$li<bleit bet @h« 3» netteibigen hatten,
in apologetif(hem ^ntereffe nicht blofj ba$ consortium
totius vitae im allgemeinen, fonbetn fpejieU in bet
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30
@$an),
copula carnalis ftat! betonten unb baS ©ebeimnis bei
<$rifHi$en @b e »orwiegenb in bei UtiauflöSlicbfeit fanben,
to&b^nb fte baiin ni<bt übereinftimmen, ob bie ©be oon
Statut au£ unauflöslich fei unb ob unb intoiefem auch
bie ©be 2lbamS unb bei ©oa als ©aframent ju be*
Halten fei ©aS ©ribentinum *) ftnbet bie Un=
auflöSlicbfeit fcbon @eu. 2, 23 f. auSgefprocben, lehrt
aber, baf) erft ©btiftuS bie ©nabe, welche bie natfln
liebe Siebe OoUenbe unb bie unauflösliche ©inbeit be--
ftärfe unb bie ©atten fjeiüge, burcb fein Seiben uns
»etbient bube. „©ieS beutet bei 2lpo|iet an, toenn ei
fagt: SJtänuer, liebet euie grauen, wie ©btiftoä bie
Äitcbe geliebt bat unb fi<b felbft für fie babingegeben
bat, unb inbem ei binjufügt: ©ieS ift eiu grojjeS ©e»
beimniS, ich fage abet in ©brifiuS unb in bei Äitcbe".
©et römifcbe ÄatecbiSmuS fagt*), bie Äitcbe habe
eS auf ©tunb bet Sluftotität beS SttpoftelS ftetS füt
gewifj unb ausgemacht angefeben, bafj bie ©be ein
©aftament fei. 2Benn bet Sipofiel fage: biefeS ©afta*
ment i|t grofj, fo föitne eS uiemanben jweifelbaft fein
bafj eS auf bie ©be }u belieben fei, bafj nemlicb bie
Serbinbung beS SJtanneS unb beS SBeibeS, beien Utbebet
©ott ift, ein ^eiliges Reichen jenes ^eitigfien SanbeS
fei, burcb welkes ©btiftuS mit bet Äinbe »etbunben
Wirb. ©afi bieS bet wabte unb eigentliche ©iun biefet
SEBotte fei, jeigen bie alten Sätet, welche bie ©teile
erflfirt haben, unb ebenfo bie ©pnobe »on ©rient, welche
inSbefonbete au<b auf bie bem ©aframente jufommenbe
©nabe biuweife. SllS ©ut bet ©be gilt auch bem Äate*
1) Sess. 24.
2) P. II c. 8 q. 16. 17.
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£tr ffllrantentole Charafter ber @f|e.
31
chiSmuS (q. 25) baS sacramentum, bie UnauflöSlichfeit.
©yegetifcb unb gerichtlich ifi bet Sinn ber Sorte
beS SlpoftelS Mat unb beutlich beftimmt. $)aS „©eheimniS"
ifi in erfter Sinie überhaupt nicht auf bie ©he unb noch
weniger auf bie copula carnalis ju begehen. SlnbererfeitS
ifi aber burch ben ganjen gwed unb SEenor bet ®arfiellung
bie Snwenbung auf bie ©h? unabweisbar. £>er Sipofiel
wollte ben <hrifili<hen ©hauten ihre ibeale Slufgabe
für ©hrifluS unb bie Äird)e an baS ^erj legen, ©r
lonnte bie oft genannte SSetglii^ung nur anfteHen, wenn
auch ein inneres ©ergleichungSmoment oorliegt. S)enn
er hnnbelt ja im Sufammenhang über bie <hrifili<he
©he, nicht über bie Senfchwetbung unb bie ©erbinbutig
©hrifii unb bet Äirdje. 5Taher fann le|tere nur in
ihrer Siüdwirfung auf bie ©he in ©elracht lommen.
Senn nun ©hrifiuS in feiner ©erbinbung mit ber Kirche
biefe bur<h baS ©ab ber Siebergeburt geheiligt hat,
wenn et fte h«flt unb pflegt, fo mufj auch in ber <htifi=
liehen ©he bie ©nabe baSjenige Sittel feilt, welches bie
Heiligung ber ©atten unb ber Äinber bewirft. ©S ifi
in gewiffer Seife ben ©heleuten eine Teilnahme an ber
Snfarnation juerfannt, inbem burch ihre ©etbiubung
in bem $ertn eine ©nabenwitfung coUjogen wirb,
welche in ber Wirtlichen Qnfarnation burch bie ©erbin*
bung beS ©otteSfohneS mit ber menf<hli<hen Statur
objefti» gegeben unb burch bie Heiligung ber Äirche in
ber $aufe bem einzelnen jugewenbet wirb. £>a bie
h. Schrift auch foufi baS Sort sacramentum nicht fpejieü
auf befiimmte einzelne $anblungen anwenbet, fo folgt
auS bem gehlen biefeS SluSbrucfS nicht auch ber Saugel
ber Sache. San ifi auch nicht berechtigt, ben faframentalen
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32
©4anj,
©harafter ju beflreiten, Weil bie t»on ber Daufe entlehnte 5£)eft=
nition be3 Segriffe3 bei bet ©he fc£»tücr naebjuweifen ift. 63
genügt, wenn ber 2tpofiel biejenigen SWomente anbeutet,
welche ben Segriff fonftituieren. 63 ifl ihm ja weniger
um eine Definition, ja um bie 6rforberniffe für $er*
flellung be8 6tanbe3 al3 um bie Sebeutung be3 wichtigen
©tanbe3 für bie ßircbe §u thun. SWüjfen auch biejenigen,
Wel$e ben faframentalen ©haralter nicht anerlennen,
bo<b jugeben, ba§ Eremit ber „tiefe fittlicbe ©harafter.
Welker ber ©he burd& biefe tppifcbe Sebeutuug in ber
tbrijilicben Slnfcbauung für immer gefiebert iji" (ÜKeper),
angejeigt fei, fo wirb ber 6<blufj auf eine befonbere
#eil3infiitution nicht mehr al3 unbegrünbet abgewiefen
werben fönnen. 3m ©egenteil müfite man fich fonfi
wunbern, bajj ber 2tyoftel für bie 6he ba3 höcbfie Sorbilb
au3geroählt hat-
SEBic in ber h- ©d^rift nur ba3 eheliche Seben geregelt
unb bie ©hefcbliefjung felbfi blo3 beiläufig berüdfichtigt
wirb, fo iji bie3 audb in ber Drabition, unb jwar
au3 benfelben ©rünben ber gaü. 3n Setreff bet ©h
fchliefjung mußten fich bie ©hriften fchon wegen ber
gefefclieben 3°^0 eu f® weit al3 möglich bem befiehenben
Sledfit anfchliefeen. 2ßa3 jte barüber hinau3 thun tonnten,
bejog fich auf bie Serücfftcbtigung ber chri(Hieben Sor*
fünften über ba3 religiöfe unb flttlich« Seben, befonberS
auf bie iDlonogamie unb UnaufC53lidh?eit ber 6he. Diefe
war gegenüber ben 3uben un ^ Reiben noch lange ber
^aubtbifferenjpunft, weil im übrigen auch bei biefen
bie 6he einen reltgiöfen ©harafter hatte. ÜBüfjten Wir
auch nicht au3 anbern Quellen, bafi ju jener 3 e ü int
römifchen SReicbe bie ©hefebeibungen auf ber Dage3orbnung
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$tr (aframentale Efjarafter bex ®be. 33
waren, fo lönnten Wir eS aus ben paulinifchen ©riefen
erfchliefcen. 2) er (Rat, bafj ber belehrte (S^egatte mit
bem nichtbefehrten bie ©he fortfeften foll, fefct oorauS,
bafj bie Scheibung leidet ju bewerffieDigen war. 2Bir
börfen uns alfo nicht wunbem, ba& auch bei ben Tätern
bet UnauflöSlichfeit befonbere Slufmerffamfeit gewibmet
wirb unb oft ber faframentate Gbarafter ber ©he iw
Unterfcbiebe non ber nichtehri|Ui<hen @h e gerabe hierin
gefügt Wirb.
$äuftg Wirb ganz allgemein auf bie religiöfe unb
ftttlübe Sebeutung ber in ber Air$e geholfenen ©hen
bingewiefen. Schon ber h- 3! g n a t i u S fchteibt an ©olplarp
(6, 2): „eS gejiemt ftch, ba§ ©raut unb ©räutigam mit
SBiffen unb ©utheifjen beS ©ifchofS ihre ©ereinigung
fchliejjen, bamit bie ©he nach bem Sinne ©otteS unb nicht
nach ber Sufi beS $Ieif<heS Pollzogen werbe", SertulUan
bezeichnet bie ©he als eine öon ©ott ooDjogene ober
befxegelte ©erbinbung zweier zu einem gleifche *), bie burof»
©hriftuS wieber auf ben urfpriinglichen Suftanb ber Unauf;
löslichfeit zurödgebracht uub burch baS grofje ©eheimniS
feiner ©erbinbung mit ber Äircbe geheiligt worben ifi.
Sie ©eheimniffe beS Schöpfers finb bei bem Slpoftel groß,
bei ben §äretifern ganz gering, glcifdblich werben bie
©hriften in Slbam, geiflig in ©hriftuS geboren. SeShalb
Zähl 1 XertuQian unter ben göttlichen Saframenten, welche
ber Xcufel in ben heibnifdben SDtpfterien nachäfft *), auch
bie ©he als eine firchlicbe ©inrichtung beS DberpriefierS
auf. 3ur ©ingehung ber ©he forbert et baher ben fir<h=
liehen Segen. ©He im römifchen Siecht zur OoDgiltigen
1) De monog. c. 9.
2) De prae8cr. c, 40.
Zfccot' Duartalförifi, 1890. fceft I. 3
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34
@<$anj,
®be bic ©intoilligung ber ©Itern notmenbig ifl, fo ifl für
bie redbtSfräftige <briflli<be ®be bie ©enebmigung bet
flitze nötig. „©ober füllen mir bie Äräfte nehmen,
um ba$ ©lücf einet @be ju fcbilbern, toel<be not bet
Aird&e eingegangen, butdi bie Darbringung (be$ Dpfetö)
betätigt, mit bem ©egen besegelt, oon ben ©ngeln
oerlünbig't, com Sßatet betätigt ifl') ?" 2öenn man im
#ertn beitatet, nach bem ©efefc unb bem Slpoflel, fo
mufj man bie ®be bom SBifc^ofe, ben ißreöbbtern
unb Dialonen beSfelben SaframentS uetlangen. Sie
toetben bie SBetbinbung bemitfen in bet jungfräulichen
Äitdje, bet einzigen Staut beS einen ©brifluö *)• $at
auch feine Verurteilung bet geheimen, nicht ootber bei
bet Airche angejeigten Vetbinbungen *) junädbft einen
restlichen unb fo&ialen ©runb, um bet Unjucbt Dotjubeugen,
fo betoeiöt hoch bie ©leichfefcung betfelben mit Unjucbt
unb ©bebrudj, bah man in ber ©be aufjer bet ©emeinfcbaft
bet ©efchlechtet noch ein teligiöfeS, lir<bli<he$ SJloment
anetfannte. Deswegen verurteilt et, mie ©bprian u. a.
auch bie ©ben bet ß^rtflett mit Reiben, nicht bloß wegen
bet Unjuträglichleiten, welche fte im ©efolge hatten,
fonbetn auch toeil fte nicht not bet Aitche eingegangen
toutben. ©läubige, welche ©ben mit Ungläubigen eingeben,
machen fi<b bet $uretei fchulbig unb ftnb Don jebem
Serlebr mit bet Stubergemeinbe auSjufcbliefcen. ©in
folget DrauungSaft lägt ji<b nicht not bem fHichterfhibl
be3 $etrn Derantworteit *).
1) Ad uz. 2, 9.
2) De monog. c. 11. Cf. de exhort, cast c. 5.
3) De pudic. c. 4.
4) Ad uz. 2, 3
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2)er fahamentate Etjarafter ber @lje.
36
(Siemens non Sllefanbrien jeigt, wie bie non
©ott im SßarabieS gegiftete ©be non ©brifiuS erneuert
unb geheiligt worben ift, benn wie ber SDJenfch baS ni$t
löfen barf, tnaS ©ott nerbunben bat, fo wirb um fo
mehr ber €>obn baS bewahren, was ber Batet befohlen
bat. SBeun baS ©efefc heilig ift, fo ift bie ©be Zeitig,
tiefes ©ebeimniS bejiebt habet ber Sipofiel auf ©briftuS
unb bie Äir<be: Wie was aus bem $teif<be gejeugt wirb,
gleifcb ifl, fo ifi, was aus bem ©eifle gezeugt wirb,
©eift. 9iun ftnb bie Äiuber heilig. @S finb alfo UnjuCht
unb ©be tonetnanber getrennt, weil ber Teufel weit
non ©ott entfernt ifl'). &ie na<b bem 2Bort noüenbete
©be wirb geheiligt. Wenn bie Berbinbung ficb ©ott
unterwirft unb mit aufrichtigem $erjen in ber guoerftcbt
beS ©laubenS non foldjen gefChtoffen wirb, welche bie
$erjen nom böfen ©ewiffen gereinigt, ben Seib mit
reinem SBajfer abgeWafChen haben unb baS BelenntniS
ber Hoffnung befifcen *). ®ie nach bem $ertn gefChtoffene
©be »fi eben leine anbete als bie na<b bem Borbilbe
ber SWenf<bwetbung, bet Bereinigung ©btifli mit ber
ÄirChe noBjogene. Sluf fte ifi baS ©bariSma ju begehen,
non welchem ber Sipofiel 1 Äor. 7, 7 fpriCht*).
©regor non Slajianj nerweifl auf bie Heiligung
ber ©be burCh bie Slnwefenbeit ftefu auf ber ^joCfjjeit
ju Äana. „2)enn wenn bie ^ungfräulidjleit audh not*
}figlid)et ifi, fo ift boCh bie ©be niCht unebrennoB. $$
wiB ©brifiuS naChabmen, ben reinen Brautführer unb
1) Strom. 8, 12 p. 549.
2) L. c. 4, 20 p. 621. Cf. Paed&g. 3, 11 p. 291.
3) Orig, in Matth, t. 14 n. 16.
3 *
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36
Schon*,
Bräutigam, Weiset felbft SBunber wirft auf ber $od>jeU
uub bie ©be burcb feine Anwefenbeit ehrt 1 2 * 4 ).
Ambrofiua fagt oom ©bebrecber, baf) er gegen
©ott ffinbige, bejfen ©efej} et »erlebe, beffen ©nabe er
löfe. Unb beabalb, weil et gegen ©ott fünbigt, oetliett
et bie Teilnahme be8 ^immlif^en ©aframenta *). Auch
et warut not bem ©ingeben bet ©be mit Ungläubigen.
Senn „ba bie ©be felbft nur burcb ben ptieflerlicben
Schleier unb ben ©egen geheiligt werben mufj, wie
lann ba non einet @be bie Siebe fein, wo leine @intra$t
beö ©laubenö ift"*)? 2Bo aber biefe »orbanben ift, ba
ift bie @be auch, ebe unb ohne ba& bie fleifchticbe
Bereinigung ftattfänbet, wie eS bei Qofepb unb SJiaria
bet galt war. Senn Wenn bie @be beginnt (initiatur),
fo erhält fie ben Siamen ©be. Stiebt bie Betäubung
(defloratio) bet 3ungfrauf<baft macht bie ©be, fonbern
baS eheliche Uebereinlommen *). Sähet ift bie ©be berge*
{teilt. Wenn baö SJtäbchen oetbunben Wirb, nicht Wenn
ea butcb männliche Bermifchung ertannt wirb.
Set $apft ©iriciua fcbreibt an ^imeriu« non
©atagoffa, bafj bie SJtifjacbtung bea ©egena, welken
bet ißtiefiet bet Betlobten (desponsata) erteilt, bei ben
©läubigen einem ©altilegium gleich geartet werbe,
©benfo fpticbt eine tömifche ©pobe unter ihm Aber
biejenigen einen fchatfen Sabel aua, bie nicht „nach et*
betenem 3eugnia ihrer Angehörigen unb bet ^rieftet
}ur feierlichen BetbfiUuug in feufchet ©ittfamleit bie
1) Or. 40 in bapt. c. 18.
2) De Abraham 1, 7.
8) Ep. 19 ad Vig.
4) De infiüt. virg. c. 6. In Lnc. 2, 1 (ad 1, 26).
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Ser faframentate ßtjarafter ber
37
Drbnung beobachteten, fonbern gegen bie 93ergriff be«
8h D.’« ^anbellen"'). ©benfo fefct 3nnoce«} I ben
©egen be« ißriejterS in 33erglei<b mit bem ©egen ©otte«
na<$ bet ©<böbfung. ®ur<b biefen tnerbe ni<bt ©toff
jurn ©änbigen gegeben, fonbetn bie Siegel be« non alter«
bet non ©ott gegebenen ©cfefce« beobachtet *). 3m
93tiefe an ißrobu« netlangt et, baß eine bei Sebjeiten
bet in ©efangenföaft geratenen grau »om ÜDianne ge«
feßtoffene ©be aufgelöft »erbe, tneil na<b ben 8tof<bau«
ungen be« latbolif<ben ©tauben« feite 93etbinbung, tneltbe
juetfi auf bie göttliche ©nabe gegrünbet mürbe, eine
©be fei.
SBie hoch ber priefterticbe ©egen in ber alten Aitebe
tajiert tourbe, gebt au<b au« ben fpäter niel benu|ten
pfeubo=ifiborif<ben ©riefen bet ißäpfie ©narijlu« unb
flallifiu« betnot. Daß man ftCh nicht mit 3JI. ©anu«,
Doutnelb u. a. auf benfetben für ba« SBefen ber ©be*
fdbließung berufen fann, ift aQetbing« fdhon barau« }u
fließen, baß bet ©egen bei ©efaUenen unb bei bet
jtneiten ©be untetlajfen tnurbe, aber lieber ift et ein
99etoei« für bie religiöfe SBertung bet@be unb für ben
gnabenooHen ©barafter be« ebeli^en 93unbe«. Ohne
baß man bie einzelnen Momente begriffsmäßig ber«u«*
Hellte unb befiimmte, mar man hoch allgemein überjeugt,
baß bie <brißli$e ©be not feber anbern burib bie ©nabe
be« göttlichen 93räutigam« bet Äir<be ausgezeichnet fei.
Der b- Stugujiinu«, beffen Definition be« ©a«
frament« al« eine« signum rei sacrae unb at« bet 33er«
binbung be« verbum mit bem elementum bi« jUt fd&o«
1) Manei 3, 655. 1133. Coostant; p. 623. 685 sq.
2) Ep. 2 ad Victr. c. 9. ep. 37 ad Prob.
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38 ®<$anj,
lafHföen Definition non bet SJlaterie «ub gotm maß»
gebenb geblieben ifl, geht bei ber Darfleflung bet ©he
non ben ©ütern betfelben aus, bie et als proles, fides,
sacramentum bejeiChnet *). Die beibeti erflen, bie 9ta<$;
lommenfChaft unb Dreue, finben ftCh au<h bei ben Reiben,
beim SSolfe ©otteS befielt aber bie ©he auCh in ber
Heiligfeit beS ©aframettts, b. h- bet UnauflöSliChleit.
Doch unterfdheiben ftCh au<h jene non ben gleichnamigen
©iltetn bet ©he bei ben Reiben, beim bieÄinber foHen
nidht nur geboten, fonbern auCh toiebergeboren unb reli¬
giös etjogen »erben, unb bie Dteue foH nicht auf fleifCh*
liCher ©iferfuCht beruhen, fonbern baS ©lieb ©hrifü muß
ben @hebru<h ^ ©atten filt ben Satten fürsten unb
non ©hrifluS ben Sohn bet Dreue, tnelChe et bem ©atten
betnahrt, ermatten (1 Dirn. 6,14. 1 Äor. 7, 4). Die ©he
ift nicht blojj ein natürliches ÜDlittel gegen bie Unent=
haltfamfeit *), fonbern augleidj ein ©nabenmittel für bie
ÄeufChheit unb Feinheit. Die eheliche ÄeufChheit ifl ein
©efCheul ©otteS ‘). ©S ifl lein Keines ©efChenl ©otteS,
fo baS Hebel (bet ÄonfupiScenj) im 3aume ju holten,
bajj eS ju nichts Unerlaubtem auSfChmeife unb nur bet
3eugung non Äinbern, bie toiebergeboren »erben foHeu,
biene, benn feinSKnbrang »irb niCht nonfelbfl gemüßigt 1 2 3 4 ).
Deshalb füllen biejenigen, »elChe biefeS eheliche @ut
niCht hoben, eS non ©ott erflehen. Das Heilmittel gegen
bie ÄonlupiScenj befiehl niCht barin, bafj bie Äonfus
1) De bono coni. c. 24. De nupt. et conc. 1, 17. De
Qen. ad lit. 9, 7.
2) De bono coni. o. 3. 5. De Gen. 1. o.
3) C. Jul. 3, 43. 4, 1. De nupt. 1, 3.
4) C. Jul. 4, 1, 2.
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2>er faframentalc ßijnrafter btr Clje. 39
piScenj »orhanben ift, wenn jenes uidht ba ifi, fonbertt
bafj fie nic^t ju Unerlaubtem fortreifee, trenn ihre Steg:
ungen leinen 3ügel ^abeti. 2Bie jebe £ugenb bei ©nabe
©otteS jujufdhreiben ifi, jo auch bie eheliche Äeufdhheü,
treibe fieser eine Xugeub ifi. 2Birb jte mitunter auch
ron ben Reiben beobachtet, fo folgt barauS bodh uidht,
baff bie dhriftltdhe Xugenb leineu wefentlidh anberen
©haralter, lein ^ö^ere» SJJotito, bie Siebe ju ©ott, baS
S3erlangen uadh bern etoigett Seben habe. 5DieS ift riel=
mehr nur möglich, toenu bie Siebe rom Sater burdh
3efuS ßbtifluS mit bem h- ©eifte mitgeteilt wirb. Sei
ben dhrifilidhen (Seeleuten ift toegen beS ©laubenS bie
Wahre Sugenb ber Äeufdhheit.
5Da3©alrament aber jeidhnet bie dbriftlidbe ©he
allein aus (1 Äor. 7,10.11). S)iefeS oerlieren Weber
bie ©etrennten nodb bie @^cbred{>er. ©S allein hält audb
bie unfruchtbare ©he burdb baS Stedbt ber grömmigleit
aufredbt, wenn Iftngfi bie Hoffnung auf ffrudbtbarfeit
gefdbwunben ifi. SBäre nur bie Jtinbererjeugung ber
3wedl ber ©he, fo wäre bie ©he unter älteren Seuten
unmöglich unb bodb enthalten fte ftdh ber Sermifdhung
um fo bälber, je beffer fie ftnb ‘). Slber auch unter
gänjlidber ©nthaltfamleit giebt eS wahre @heu wie bie
©he {Wifdhen Sofeph unb 3Jlatta *). Sei ben ^odhjeiten
ber Unfrigen h®t bie ^eiligleit beS ©alramentS einen
größeren SDBert als bie jfrudhtbarleit beS SeibeS *). SBenn
er bafelbft bie©hen ber Patriarchen mit oielen SBeibern
1) De bono coni. c. 3.
2) De impt. 1, 11. C. Jul. 5, 12. De cons, evv. 2, 11.
0. Fauit. 23, 8.
8) De bono coni. c. 18.
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40
©tfonj,
ein ©aframent ber ^Bereinigung ©brijii mit ben SSölfern
nennt, fo menbet er aHerbing« ba« ©aframent in feiner
urfprünglicben »eiteren SSebeutung al« ©ebeimni« an,
aber bei ber dbrijilidben @be it e bt er non biefet SSebeu*
tung auf bie ©a<be felbft jurücf, auf ba« SBefen ber
SSerbinbung, auf bie UnauftöSlichfeit, bie $eiltgfeit be«
©aframent«. 6r fpricbt »on propbetifcben ©aframenten,
non ©aframenten unb ©galten be« 3uFänftigen *)» ®bet
nur, um baburdh ba« mysterium salutis nostrae in feiner
abfoluten SSebeutung barjufletten. ®a« ©aframent bet
©ben unter 3ujeien bebeutet unfere ©inbeit, »e(<be in
bem einen bimmliftben ©taat ©ott unterworfen fein
»irb. 6« iji ein minimum sacramentum , aber bo<b
ein ©aframent ber unauflöslichen S3etbinbung. ®ie
©ben bütfen ntdbt getrennt »erben, benn in ber Äirche
wirb ni<bt nur ba« Sanb ber @be, fonbern au<b ba«
©aframent fo empfohlen, bajj eS bem SWanne nidjt er*
laubt iji, feine grau einem anbern ju geben *).
$)iefe UnauflöSlidbfeit bejeidhnet SlugufiinuS gerabeju
al§ res sacraraenti *). SBenn aber baS SBefen be« ©a*
frament« felbfi bei unfruchtbaren unb entbaltfamen ©ben
in ber unauflöslichen SSerbinbung beliebt, fo fann ni<bt
blojj ganj im allgemeinen an irgenb eine ©nabe, fonbern
eS muff an eine ber ©nabe ber SSerbinbung be« Raupte«
©brijluS mit ber Äircbe analoge fpejielle ©nabe, an
eine befonbere ©nabe beS ©aframent« gebaut »erben.
2)ie ©be ift ein signum, ein 3 e i$*u ber ©nabe, bie
res sacramenti, ba« SSejeicbnete, muf? bie SCBitfung bet
1) De bono coni. c. 13. 20.
2) De fide et op. c. 7.
3) De nupt. 1, 10. De bono c. 7.
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'Eet faframentate Ctjarafter ber ®$e.
41
©nabe fein, toeldbe bie ßraft beS unauflöslichen con-
sortium totius vitae Verleibt. Stur in bet Äirdbe ifl
bie lXnauftödlic^feit ber ©be, ba$ ©aframent, baber
mufe in ihr bie (übe mit einer befonberen ©nabe aus*
geftattet fein. SBenn eS nicht ertaubt ift, bie Unfrudbt*
bare ju enttaffen ober eine anbere ju nehmen, ober
toenn na<b ber ©nttaffung beS fchutbigen Seiles ber
anbere nicht toieber beitaten barf, toie bie göttliche Sieget
oorfchreibt, fo i|l biefe gefiigfeit beS ©aitbeS nicht er*
llärt, toenn nidbt ein ©alrament oon größerer Sebeutung
aus biefer fdbtoadben ©terblidbfeit ber SDtenfdben ange*
toanbt wirb, „fo ba& fetbft, toenn bie SWenfcben es oer=
taffen unb löfen tooUen, es bo<b unerfdbütterlidb bleibt,
ihnen jur ©träfe" *). ®ie einmal eingegangene ©er*
binbung „im Staate unfereS ©otteS", too auS bet erjlen
©erbinbung (copula) jtoeier üßenfdben bie @ben ein ge*
toiffeS ©alrament haben, fann auf feine anbere ÜBeife
als burdb ben Sob getrennt toerben. ©ie ifl eS aber
audb, toetcbe für bie cbrijllicben ©beteute ben bitnmlifdben
©otteSftaat vorbereitet, ihre Untertoerfung unter ©ott,
ihre ©erbinbung mit ©ott für bie ©toigfeü begrünbet *).
StuguftiuuS vergleicht baS eheliche ©lement (quid-
dam coniugale), toetdbeS toeber bie Trennung noch bie
©erbinbung mit einem anbern befeitigen fann, mit bem
unauSlöfchtichen ©baralter ber Saufe unb ißriefter*
toeibe. „es bteibt jur Sdbulb beS ©erbrecberS, nidbt
jum ©anb beS ©erlöbniffeS: toie bie Seele beS Sipo*
{taten, toetdber gleidbfam von ber ©be mit ©brifluö jurüdf*
tritt, auch toenn ber ©taube verloren ift, baS ©alrament
1) De bono c. 7.
2) L. c. c. 15.
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42
©tfanj,
beS ©laubenS, weites jte im 93abc bet ©Hebergeburt
erhalten bat, nicht Derliert, benn eS würbe ohne 3weifel
bem 3 urfi(ffebrcnbett lieber erteilt »erben, »enn eS
ber ©Jeggehenbe Derloren hätte. @4 h at baSfelbe aber
ber. Welcher »eggeht, §ur Häufung ber ©träfe, nidht
jum ©erbienft beS Sohnes *). ©He im orbinierten Ale»
rifer baS ©aframent ber Orbinatiou bleibt, au<h »enn
er eS nicht auSübt, unb ber, welcher »egen irgenb einer
©dhulb t>om ®ienfte entferut »irb, bennodh baS ihm
auferlegte ©aframent beS £ertn nicht entbehrt, obwohl
eS ju feinem ©erberben fortbauert, fo »irb auch baS
©aub ber @h e nidht gelbst, »enn auch feine Äinber, um
beten »iDen bie ©he gefdhloffen »irb, erjeugt »erben *).
Statin befleht eben bie sanctitas sacramenti, »eiche mehr
wert i|i als bie g-rUdhtbarfeit beS SeibeS.
©knn alfo 3luguftinu8 auch baS ©Jort sacramentum
im »eiteren unb engeren ©inne, für bie @h e « beS ©.
u. 91. $.’S gebraucht, »enn er neben bem sacramentum
als einem signum rei sacrae baS sacramentum als
bonum nuptiarum unterfdjeibet unb gerabe hierin bie
res unb sanctitas sacramenti finbet, fo h a t bodh feine
burdhgehenbe Unterf^eibung jwif^en ber dhrifUidhen unb
nidht dhrifUidhen ©he, feine nadhbrüdflidhe ©etonung ber
^eiligfeit jener unb ihrer ©ebeutung für ben ©taat
©otteS nur ben einen 3toed(, baS ©nabenleben ber Äirdhe
in bem Slbbilb ber ©erbinbung Gbrifli mit ber Airche
nadh}u»eifen unb jur ©enüfcung ber hieraus ber ©he
jufUefjeuben ©nabe aufjuforbern. ©He SlugufUttuS bie
Sehre Dom unauSlöfdhlichen ©harafter juerfi doU aus»
1) De napt. 1, 10.
2) De bono c. 24.
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2)er jalramcntale Styaraftcr ber @§c. 43
gebilbet bat, fo bat er burcb bie parallele ber tlnauflö8=
liebfeit ber @be mit bem ©baratter ber Saufe unb Sßrie*
fierweibe galt) beutti<b ben faframentalen ©barafter ber
®be anerfannt.
SEBir fönneti alfo Weber mit SSaSquej, HJlüHenborf
u. a. bei auguftinu« nur ben allgemeinen faframent»
li<ben ©barafter finben, noch au<b mit greifen u. a. ba«
SEBefen ber @be in bie copula »erlegen. SGBenn Stuguflinu«
öfter ben SuSbrucf copula gebraust unb ba« bonum
prolis betont, fo gibt er bemfelben bo<b gewöhnlich ben
netteren Sinn ber ebeti<ben Berbinbuttg. @r bebt neben
bem bonum procreationis auch bie uaturalis societas
in diTerso sein beroor, fennt neben ber admixtio cor-
porum bie copulatio animorum *), neben ber commixtio
carualis bie caritas coniugalis, Welche bie @be macht*).
®r bebanbelt bie ®ben ohne 9ta<hfommen unb bie ®ben
ohne copula fo b&nfig unb prinzipiell, baß bie „3ofepb8*
ebe" allein nicht ba« SJloti» fein unb ba« jübifehe ®be>
recht nicht ju ©runbe liegen tonnte. 2lu8brficfli<h »er«
wirft er bie Behauptung Qulianö, bafi bie ®be nicht«
anbere« fei al« bie Bermifcbung ber Körper, benn bie«
Wäre auch ber @bebru<h. älfo ift jene« nicht bie Se*
finition ber @be, „benn etwa« anbereS ift bie @be, unb
etwa« anbere«, ohne ba« auch bie @be leine Äinber
fortpflanzen tann. Senn ohne @be fönnen HJieufc&en
geboren Werben unb ohne Bermifchung ber Körper fönnen
®brlmte fein. ©rträglicher wäre e« »ielleicht z« fagen,
baß bie ®he nicht begonnen Werbe ohne Bermifchung
ber Äötper; Weit aHerbing« Wegen ber ©rzeugung ber
1) C. Faust. 28, 8. Cf. Ambr., De Virg. e. 6.
2) Sermo 51, 13.
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44
Äinbet bic grauen gee^tid^t werben unb anberS Äinber
nicht ergeugt werben fönnen" *). SBäre bie ©he 3ofepb$
feine ©he, Weil bet SÖeifd^laf fehlte, fo müßten auch bie
©ben getrennt Werben, Wenn betfelbe nicht mehr au$*
geübt wirb. ©ielmebr rnufj neben bent bonum prolis
et fidei nod& ein britteö @ut bei ben <S^eteuteu fein,
befonberö bei benen, reelle gum ©otfe ©otteü geböten,
ein ®ut, baS ein ©aframent (aliquod sacramentum)
ijt, bamit feine Trennung gefd^c^e, auch wenn bie grau
nicht gebären fann *). 3 toar bemerft er einmal, ba£
ohne bie förderliche ©erflbrung eine grau nid&t gehalten
werben fönne *), aber bamit ift nur ber natürliche ßwed
ber ©he angegeben, ©in anberer non ben Äanonifien
oiel citierter ©oft ähnlicher Srt: „@8 fonnte jene« 2Bcib
uid^t gut @be gehören, non welkem gegeigt Wirb, bafj
mit ihr feine ©ermifchung ber ®ef<ble<bter jiattgefunben
bat", ift biä jefct bei Suguftinuö nic^t nadjgewiefen
worben 1 2 * 4 5 ), fonbern ift oielmebr ein unrichtige^ ©itat
au8 bem ©riefe ßeo’8.
Sehnlich oerhält e$ fi<h mit bem Oiel citierten ©riefe
Seo’3 I •). @8 b^fet barin: „Daher ijt, weil ber ©he*
bunb oon Snfang an fo eingefegt worben, baff er nebfl
ber ©ereinigung ber ©efcbledjter auch ba« ©ebeimniö
©hrijti unb ber Äir<he in ft<b enthält, fein ßweifel, bafj
jene« SQBeib ber ©he nidgt angehöre, in welchem baö
©hegeheimniö nicht erfannt Wirb." 2Bie unbequem felbft
1) C. Jul. 5, 16, 62. Cf. Op. imp. c. Jul. 1, 65.
2) C. Jul. 5, 12, 46.
8) Soliioq. 1, 10, 17.
4) «fll. 6f$ling, CctlöBnijfe ©. 46.
5) Ep. 167 ad Bustic.
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t>« faframentole ©jarofter bet ©je.
46
bet fdheinbar günfiige SBortlaut ben Äanonifien für bie
ßopulatheorie war, beweist fcbon bet Umflanb, baf? fic
burdh ein eingefdhobeneS nicht („nicht in Reh enthält")
unb burdh bie Stenberung beS ©hegeheimniffeS (mysterium)
in ßh^bienfi (ministerium) bie ©teile {ich juredht ju
machen fügten. Such bie weiteten 39emerfungen fieo’S
über bie <Shefdhlie|ung taffen etfennen, bafj et betrömifdhen
SRechtSanfcbauung öom JtonfenS hutbigte, wie au<b Ißfeubo*
©hrpfoftomuS (Opus imperfectum) , SlmbroftuS, 2lugu=
ftinuS, SRicolauö I *). 2Benn audh anbete Wie ©regor I,
3libor non ©eoilla, ©tegot II, copulari unb misceri,
copulatio unb coniunctio oielfadh promiScue gebrauchen,
fo ijl bo<h }u beachten, bafj audh hi £r bet StuSbrud von
bem (Snbjtoecf bet @h e au f bafi SQBefen übertragen unb
jwifdhen beiben nidht immer unterfchieben ijt. QnSbefonbete
ifl eS fraglich, ob desponsatio, weldheS mit Sejug auf
bie Verlobung 3Watia’S gern gebtaudht wirb, nur im
©inne eine« einfachen SSertöbniffeg genommen Werben
batf. ©elbji aus ben SBorten SftbotS, bafj fte richtiger
©atten oon bet erflen Xreue bet Verlobung genannt
Werben, obwohl unter ihnen nodh ber ehelidhe SBeifchtaf
unbelannt fei, läfjt ftdh fdhliefjen, bafj bie Verlobung,
Weldher baS bonum fidei jufommt, ber ®h e recht nahe
fleht. SHetbingS begreift ei {ich bei ber hohen Sichtung
nor ber ^eiügfeit unb UnauflöSlichteit ber @he, bafj bie
©hriflen fdhon ben ÄonfenS beim einfachen Verlöbnis
als einen heiligen unb untoerlefclidhen 21 ft betrachten,
daraus ertlärt ftdh bi« »erfdhiebene SBeurteilung beS
<ShefdhIuffed unb ber @h e jwifdhen Sofeph unb SJlaria,
1) Reep, ad consulta Bulg. o. 3. Denzinger, Enchir. 263.
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46
welche §ietonymu§ unb ©hrpfoflomuS boc^ auch im
Sntereffe bet ^ungfräulicbleit mit Sftfidfüht auf baS
©etübbe 3Raria’S als ein SSerlöbniS bargufleHen fuchen.
S)ie8 geigt befonberS SlmbroftuS, meldet auSbrfidUcb bie
®eflotation nid?t gum SBefen ber ©h e regnet, inbem er
fchteibt ’), 3efu8 habe ÜRaria am Äreuge bem SohanneS
übergeben, um ihre ^ungfräulichfeit nur jebem SSetbacht
gu bewahren. „2Bie würbe er bem ©atten bie ©attin
genommen haben, wenn ÜJlaria butch bie ©he oermifdht
ober ben ©ebrauch beS ©hebetteS fennen gelernt hütte."
@r betrautet alfo bo<h Sofeph unb ÜRaria als SJtann
(maritus) unb fjrau (uxor).
©8 foD nicht geleugnet werben, bafi namentlich für
bie rechtliche Sehanblung ber ©heangelegenheiten bie copula
non SGBichtigleü war unb auch ben Gütern al8 ein wichtiges
Moment galt, aber gwifchen ber SHnftcht, baß bie copula
oon Anfang an unb auSfchließlich nach bem Vorgänge
be8 jübifchen SftechtS, falls fie mit affectu maritali oollgogen
Würbe, für ben SBefianb bet ©he entfcheibenb war, unb
ber gegenteiligen 8lnficht, baß erft in ber fränfifchen Äirche
eine neue ©alramentstheorie aufgefMt würbe *), läßt
fleh gewiß eine Vermittlung finben, wenn man gwifchen
ber bogmengef<hichtli<hen unb lanonifiifchen Vehanblung
mehr unterfcheibet. SBirb bie ©alramentstheorie auf ben
39rief Seo’S gurüdgeführt, fo ifl fie WenigflenS nicht gang
neu, unb haben bie Äircbentoäter, befonberS Sluguftin gegen
jene Stellung, Welche ber copula eingeräumt würbe, an*
gefämpft unb felbfi SRom bis gum 12. ^ah^h- fi<h ablehnenb
»erhalten, fo geigt fichboch ber Äeim ber ©ntwidlung. ®aß
1) De inst. virg. e. 7.
2) Selling ©. 39.
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SD« fafromentole CQarattet bet 6fje.
47
aber borget ba$ Saframent nid&t in technifdbem Sinne
nerflanben tourbe, ifi minbePen« ungenau, benn au« bem
Sotbergebenben bfirfte getoifj ju entnehmen fein, bap trofc
bet toeiteren SBebeutung be« SBorte« int ©p&efetbrief bie
SBfiter bocb ein sacramentum ber ©b e mit befUmmten,
nut burcb bie göttliche ©nabe bewirften folgen fannten.
3Wan batf au« jener S*it nicht bie te$nif<$e SBegrip«=
beflimmung ertoarten, treibe etjl bie S^otafti! ^erge*
Pellt bat.
Schon Galbin bat nadp ben SBePimmungen bet Äano=
niPen ben Jtatbolifen ben SBorwurf gemalt, baf? pe bie
copula carnalis jut pars sacramenti machen uub babutdj
ben fatramentaten ©barafter in einem eigentümlichen
Siebte erfreuten taffen. SB e 11 a r m i n erroiberte ibm, e«
gebe unter ben Äatbolilen jroei 2tnp<bten über bie copula.
SDie einen batten pe toeber für ba« Saftament nodp füt
einen Steil beöfelben, fonbern für eine SßPicbt ber ©be;
anbere halten pe loobl fiir einen S£eü berfelben, aber
nicht für einen efientieHen, fonbern für einen iutegralen,
toe«balb pebie @b e ohne copula ein matrimonium ratum,
non consummatum nennen. 3tQe pnben ben efteutieHen
2Seil im Äontraft per verba de praesenti. ®ieS fei au<b
bie Snp«bt ber SBfiter getoefen. ®er SBrief £eo’«, in bem
er übrigen« unri<btig eine SBertoeifung auf bie ©infefcung
ber ©be bur<b ©briPum pnbet, fei bon ©ratian unb Sßetru«
Sombatbu« but<b ©infflgung bet Negation in ba« ©egenteit
»erfebtt toorben. jjür biefe UebereinPimmung ber SBfiter
fei e« nicht nottoenbig, bajj p<b alle pofttio au«gefpto<ben
haben, e« genüge, toenn einige SSäter unb Äonjilien e«
erflären unb bie anberen nidpt toiberfpredben. „3“ bem,
tta« jum göttlichen SRecht gehört, toie bie Saframente,
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48
©chanj,
ifl ben %\)t ologen, Hielte bie wahren SfuSlcger be8 göttlichen
Stertes ftnb, mehr ju glauben, als ben Äanontflen, toelche
fich uut mit ben menf$li$en ©efefcen beschäftigen“ ’).
Sie« trifft in unferem ffalle um fo mehr ju, als gerabe
bie copula ber ficherfte SBeWeiä für baä Sßorhanbenfetn
beS Äonfenfe« ift*).
®ie cetfebiebene 99ehanblung ber Smpotenj, toelche
im fränlifchen Sftet^h einen ©d&eibungSgrunb bilbete,
in Stom aber felbji noch von Stleyanber III nicht als
foldher anerfannt, fonbern nur für ba$ ftänftfb&e 9tei<h
toleriert tourbe *), brängte notmenbig ju weiterer Älärung
ber bogmatifchen grage. SEBie in ber ©aframentenlehre
überhaupt, fo toar auch in ber Sehre oom ©aframent
ber 6h« $ugo »on ©t. SSiftor bahnbrechend 6r
hat jtoat nicht eine „neue ©aframentätheorie *)" auf*
gefteflt, benn er fann fi<h mit $ug auf 2luguftinu8 unb
Seo berufen*), aber inbem er ben alten ©afc beS
römifchen SRechtS : consensus facit nuptias }ur ©runblage
feiner Theorie machte, h®t er bie Äopulatheorie abgetoiefen
unb bie ttnterfcheibung }toif<hen roatrimoninm initiatum
unb perfectum allergtoeibeutigfeit entfleibet. 6r gebraucht
bafür bie ttnterfcheibung jmifdhen bem magnum sacra-
mentum, reelle« burdj bie copula ju ©tanbe fommt,
1) De matrim. 1, 5. Venet. 1721. III, 627.
2) Thom. Sent. IV, 26, 4 ad 1.
3) Sgl. greifen ©. 330. 346. Sewing ©. 39. 58. ©efälechtS.
gemeinfdjaft @. 68. $abn, bie Sehre ton ben ©atramenten
in ihrer gefdjichtlicben ffinttoidlung innerhalb ber abenbldnbifchen
Kirche bis jum Konjil ton Orient. 1864 6. 275.
4) ©ehling, Serl. ©. 62.117. dagegen ©. 175. $af)n ©. 274.
5) De sacram. 2, 11. 3, 8. De beatae Mar. virg. c. 1 .
p. 836 8q (Migne t. 176).
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Ser fahotnentale (Hjaratttr bet ®lje.
49
unb bem maiussacramentnm, »elcheS burch bie iBerbinbung
bet £erjen im consensus ooUjogen wirb'). Siefe Unter«
fcheibung hat ihm bie pfeubo«augußinif<he Stelle*) im
Setglei$ mit ©phef. & abgenötigt Snbem et in bem
magnam sacramentum bafelbß bie fleißhliche SSerbinbung
erfennt, fann et nur nach 3oh. 6,63 bie höhere SBebeutung
beS ©eifte3 betonen unb bie geiftige SSerbinbung in bet
Siebe auf baS aubete ©aframent, nicht in ©htißuS unb
bet ftirche, fonbetn in ©ott unb bet Seele, beziehen.
Sie ©he iß ein Slbbilb bet geißigen SSerbinbung ©otteS
mit bet Seele, aber auch ein Saltament felbfi unb eine
ree sacramenti, ein signum jener Siebe, bur<h »eiche
©ott bet »ernünftigen Seele innerlich burch ©ingiejjung
feinet ©nabe unb SJtitteilung feines ©eifleS oetbuuben
toirb. Sie copula, »eiche »or bet Sünbe in bet ©he
bie Pflicht bet Statut, nach bet Sflnbe als Heilmittel
geftattet ift, »irb fo in beiben ©hen hinjugefügt, bafc
fie mit bet ©he gegeben iß, aber nicht bie ©he au« ihr
folgt. Senn auch »or ihr iß bie ©he eine »ahre ©he,
unb ohne biefelbe fann ße heilig fein. 3ß überall nach
ÄugußinuS auch bei ben Reiben bie ßeißblicbe SSerbinbung
eine sacramentam Christi et ecclesiae, fo iß boch bie
sanctitas s. virtus sacramenti nur im Staate unfereS
©otteS, b. h- >» ©tauben unb in bet Siebe, in bet h-
Äirche unb j»if<hen ©läubigen. Siefe ^eilißfeit beS
SaltamentS haben nur biejenigen, »eiche burch ben
©lauben ©liebet ©hrißi geworben ßnb unb burch bie
Siebe im ©eiße unb in bet grömmigfeit innerlich mit
©ott geeint ßnb. Sie« gefehlt aber bereits in ber
1) Summa sent. tr. I c. 6,
2) »gl. 6. 44.
Xk*t DuAitolftrift. 1890. $efi 1.
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4
60
©djottj,
professio be8 consensus de praesenti , ein consensus
de futuro genügt nicht. 3Jiit SBegug ouf bie Stellen bei
2lmbtofiu8, 2lugu|linu8, Qjibor unterfcheibet et }»ifdhen
einet desponsatio = sponsalia nadj tßmifc^em JRedht unb
einer desponsatio=consensus de praesenti nach Janonü
fdhem Siedet'). S)ie ©he ifi baher butchauS unlösbar,
audh nidht burch ©intritt in ba8 Älofter ju löfen *).
®ie öotangebenbe ^mpotenj aber ner^inbett ba8 3uflanbe=
Jommen bet ©he, ifi alfo ein trennenbea ©hehinbernia *).
ißetruS SombatbuS h at bie „notier burchaua
nnbeJannte Sehre" nidht „etfunben *)“, fonbern ft<h im
»efentlidhen, oft bem SBortlaute nadh an |)iigo angefdhloffen.
Stach ihm gehört gleichfalls bie copula nidht jur ©he
an fid?, fonbern nur jur express« et plena figura con-
iunctionis Christi et ecclesiae. Ofme copula ifi bie
©he eine figura coniunctionis, quae est in caritate,
mit ihr eine fol$e, quae est in naturae conformitate 6 ).
®ä^tenb ©ratian jtoif^en bet einfachen ©he (matrimo-
nium initiatum) unb bet faJramentalen (consummatum)
unterfdhieb unb jene aus oerfdhiebenen ©riinben, namentlich
auch burdh eine nadhfolgenbe @h e mit copula für löslich
hielt, oertoarf ber ßombarbe biefeS entfdhieben. ®utdh
biecommixtio »erbe »eber bie ÜBahrheit noch bie $eilig!eit
erhöht, fonbern nur bie significatio. 6a h a **belt ftdh alfo
in biefem Streite nur um ba8 6ntftehen ber faJramentalen
6he, nidht ber 6he überhaupt. 9tacb ©ratian ifi bie
1) Sgl. Sewing 71 f.
2) Summa sent. 7, 18.
3) L. c. c. 17.
4) greifen ©. 208. ®aju »gl. 6ef)ling @. 175.
5) Sent. 4, 26.
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®et fahomentale Efjaratttr ber Ctje.
51
copala erforbetlidj jum Saframent, b. h. jut UnauflöS*
liebfeit, nach $ugo unb fiombatbuS nicht 1 2 3 ).
SUcjanbetIII unb ^nocenjIII haben hierin
nut infoweit Oratian jut ©eltung gebraut, bag fie ber
©he mit ber copula erft bie volle faframentale SBitfung
ber tlnauflöSlicbfeit juerfanuten, aber für bie aupfung
ber nicht tonfummierten ©he nur baS votum religionis
gelten liegen *). Später fam noch bie S)iSpenfation beS
Zapfte« hmju. ®amit toar für bie 6<bolaftifer bie
®irefttoe gegeben. SOBenn fie bennotg ben consensns als
baS ebef$Ue£enbe Moment betrachteten, fo haben fie in bie
bisher Ware ©ntmidlung nur bann einen „SBirrmarr"
gineingebracht, toenn bie Äopulatheorie bisher allgemein
re}ipiert roar, toaS aber nach bem ^Bisherigen nicht ber
§all toar. ©emig ift eS freilich, bag bie fiöfung ber nicht
tonfummierten ©he nur von jener Theorie aus eine ganj
befriebigenbe ©rflärung finbet. 5Den Scbolaflifern machte
aber biefe Schmierigfeit meniger Sfrupel, meil fie hierin
von ber (Erhabenheit beS ©elübbeS unb von ber allgemeinen
@emalt ber Äircbe ftch leiten liegen. So finben mir bei
ihnen biefelben SluSbrüde mie beim Sombarben. albert
ber ©roge fagt fogar, bie ©he fei perfeit burch ben
ÄonfenS, meil burch ihn bie ungeteilte fiebenSgemeinfchaft,
melche baS SBefen ber ©he ift bemirft mitb. 5Die ©he
mirb meber burch ben SBeifcblaf ooOenbet, noch befiehl
fie in bemfelben*). immerhin fanben fie bo<h bie
completio matrimonii in ber commixtio unb erflärten
bie fiöfung beim ©intritt in baSÄlofter burch ben geiftigen
1) « 0 t. ethting ©. 103 ff. 175 ff.
2) Denzinger, Enchir. 334. 349. 354.
3) Senk IV, 26 a. 15. 27. a. 2, 5.a.7. 8 fll.$o$n 6.274f.
4 *
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62
Sthanj,
Sob bei einen (Regatten, welcher bei bem geizigen
©harafter bet nut bur<h ben Äoufenl geschloffenen ©he
möglich fei 1 ).
3Bal bie ©nabe bei ©aftamentl anbelangt, fo
jählt bet fiombatbe aHetbingl bie ©he ju ben non ihm
feftgefleüten jteben ©aframenten, ben noch ijt et bet Elnftcht,
baß fte nut eine nicht enthaltene Sache (bie Setbinbuug
©hrijli unb bet Äirdje) anjeige. STObertuI, Shomal,
SJonaoentuta unb bie meiften ©cholaftifer ftnb bagegen,
hoch unterfcheiben fte jtoifdpen ben ©aframenten, welche
feinen Slft bei ©mpfängetl »oraulfefcen, außer bem
mehr negatioen ber Sefeitigung bei ^inbetnijfel, unb
benen, welche wefentlich unb an ftch einen folgen Eilt §um
Suftanbefommen bei ©aframentl »erlangen, wie bie Süße
unb bie ©he- Siefe befielen getabein bem Elfte beljenigen,
bet geheiligt wirb. ®aljer haben biefe ©aftamente ihre
Ätaft nicht bloß ab opere operato, fonbern auch ab opere
operante *). 3n bet ©he ifl aber bet ^auptaft bet Äonfenl.
SBie in ber Saufe bal SBaffer unb bie SBorte nicht
unmittelbar bie ©nabe, fonbern ben ©harafter bewirten,
fo bewitfen bie äußeren #anblungen unb bie SBorte bei
Äonfenfel bireft eine gewiffe Serbinbung, welche bal
©aframent bet ©he ifl; unb biefe Serbinbung (uexus)
wirft fraft bet göttlichen ©ütfefcung bilponietenb für bie
©nabe *). 3fm übrigen fommen ber ©he alle biejenigen
©tfotbetniffe ju, welche bal SBefen einel neuteflamentlichen
©aftamentel aulmachen.
Saß bie ©ntwicflung bei Sßrobleml noch nicht
1) Sgl. bie (Zitate bei $al)n @. 277.
2 ) Albert Sent IV, 26, a. 1 ad 1.
3) Thom. Sent IV, 26, a. 3 ad 2.
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Ster fofrantentale Straftet btt St)«.
63
}u feinem »otten Stbfd^tufe gelommen war, beweifen
nicht btofj fpätere abweidhenbe Stimmen, fonbern auch bie
Vefprecpung bet öerfdhiebenen Meinungen. Sie Scholaßü
fet jüplen gewöhnlidh brei betfelben auf, bie fte alle für
juläfftg, wenn auch nicht für gleich probabel halten 1 ).
Sie erfie HJteinung fei bie, bag bad Saframent feine ©nabe
mitteile (fiombatbud; SBitbelm toon Sujerre); anbere
meinen, badfelbe teile nur infofern ©nabe mit, ald ed bie
Sünbe »erhinbere, aber nicht aud? gleich )um ©Uten führe.
Siefe Snßcpt, meint Slbertud, fei beffer als bie erfie, ba
fte bem Spoßel mehr geregt werbe unb jene auch für bie
©he bed 9. S.’d paffe. Sie britte Snßcht geht bapin,
bafj bie ©nabe auch jur Vollbringung bed ©Uten oetliehen
Werbe. Sie (Spe h a & e / infofern fte im ©lauben an
©btifiud gefcploffen werbe, bie Äraft eine folcpe ©nabe
mitjuteilen, welche ben SKenfchen in ber Sudübung ber
ehelichen iß flirten unterßüfce. Siefe Snficpt nennt
Slbertud fepr probabel, Shomad probabler ald bie anbern,
weil bie ©nabe, welche bie Sünbe »erhinbert, biefelbe
ifi wie biejenige, welche jum ©uten mitwirlt, unb SBona*
Centura bie einzig annehmbare, nur fafjt er bad remedium
unb bie poßttoe ©nabe unter 3 jufatnmen, währenb er
unter 2 bie Snßcpt berjenigen, welche bie ©nabe aud
bcm ptießetlicpen Segen ableiten, befpricpt unb abweidt.
Scotud ftnbet bie nücbße SBitfung bed Satrameutd in
ber (Erfüllung ber gegenfeitigen Verpflichtung, bie entfernte
in ber hetliptacpenben ©nabe. Vach ben Scpolaftifern
iß alfo bie res non contenta bie bur<h bie copula angebeutete
Verbinbungßhrißiunb berftircpe, bie rescontentabie ©nabe.
1) Ad Seat IV, 26.
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64
©ugen IV im decretum pro Armenis bie ©be
unter ben fteben ©aframenten auf unb begegnet als
causa efficiens regulariter ben mutuus consensus per
verba de praesenti expressus. 2)arau reibt er baS breifache
©ut ber ©be. Xribentinum lehrt, ©brifhtS b a & e
uns burcb fein Seiben bie ©nabe oerbient, bur<b welche
er bie natürliche Siebe ber ©be unb bie unauflösliche
©inbeit beflärfe unb bie ©begatten ^eilige. SBeil alfo
bie ©be im etattgelifcben ©efefc burcb ©brifluS ©nabe
oerleibt, fo haben mit 9le<bt unfere SSäter, bie Äongilien
unb bie allgemeine Xrabition ber Äircbe immer gelehrt,
baß fte unter bie ©aframente beS neuen ©efefceS gu regnen
fei. $)e$balb werben biejenigen verurteilt, welche leugnen,
baß fte wahrhaft unb eigentlich eines ber fteben ©afra«
mente fei. 2)ie Älanbefiineneben, welche burcb ben freien
ÄonfenS gefcbloffen worben feien, müffen als rata et vera
matrimonia angefeben Werben , fo lange bie Äircbe fte
nicht ungiltig mache. SDie ©befcbließung vor bem parochus
gefdbiebt burcb ben ÄonfenS.
®er r ömifche Äate^iSmuS beruft ft<b auf lÄor.
7, 7 unb barauf, bafj bie ©be mit grofjen unb göttlichen
©ätern gefchmiicft ifi, fo baß fte wahrhaft unb eigentlich
unter bie übrigen ©aframente ber fatbolifchen Äircbe
gegärt wirb *). 3war b«t er ft<h Wie bie ©pnobe über
SHaterie unb gorm unb ©penber abficbtlicb nicht gang
bejiimmt auSgefptocben, aber hoch läßt er beutlich erfennen,
baß ber consensus de praesenti ber faframentale Slft fei 1 ).
3a er oerwirft gerabegu bie Slnftcht, baß gut wahren ©be
1) 2, 8, l.
2) 2, 8, 4. 5.
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®tr jflftamtnlBle C^atahtr btr ßlje. *
66
ber concubitus notwenbig fei'). 3n Vetreff bet ©naben*
toirfung »erroeifi bet ÄatechiSmuS auf baS Xtibentinum *),
unterfdjeibet aber jwifdhen bem sacramentum bet ©he
unb bem bontun sacramenti.
®a« ®ribentinum unb bet ÄatechiSmuS etfläten bie
©he ex iure naturae für unauflöslich *). Slufjerbem »erur*
teilt abet bie ©pnobe biejenigen, Welche fagen, baS matri-
mouium ratum, non consummatum Eßtme bur<h eine
feierliche ©etübbeabtegung nid^t gettennt tnetben *). ©ine
Vermittlung jwifchen beiben ©äfcen gibt bet ÄatechiSmuS
mit bet Vemetfung, baff, obgleich bet ©he bie UnauflöS*
lichleit fdjon als einet ©inricbtung bet Statut jufomme,
bie« bo<b ganj befonberS »on bet ©he als einem ©aframent
gelte; beShalb erreiche fie auch in allem, was ihr nach bem
Siaturgefef} eigentümlich fei, bie höchfie Voüenbung. ®ocp
wiberfpreche eS auch bem ©ifer für bie ©rjiehung bet Äinber
unb anbetn ©fitern bet ©he, bafj ihr Vanb löslich fei.
Vefanntlidh hat bie« f<hoii SlrifloteleS für bie ©he angeführt.
©« ift alfo »ou feinem SBiberfpruch, wie von entgegenge*
festen ©eiten behauptet wirb, bie Siebe, fonbetn es ift baS
©rgebni« bet gerichtlichen ©ntwicflung jufammengefafjt,
inbem jwat nach SombarbuS unb ben ©cholafUfern bie
Vebeutung be« ÄonfenfeS gewahrt, abet hoch in bet
consammatio bie VoHenbung beS ©aftaments unb bet
UnauflöSli<hfeit erfannt wirb, fo bafj wenigftenS in wenigen
SluSnahmSfüUen, welche bie Siegel betätigen, not betfelben
au« wichtigenreligiöfen ©tünben, bie baS »olle Vewufjtfein
1 ) 2 , 8 , 8 .
2) 2, 8, 17. 18. 25.
3) 8ms, 24* unb de reform. cap. 1. C. 2, 8, 9.
4) can. 6.
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56 Söjanj, 35er (alramentate Sf)aralter bei ®§t.
von bet Sragtoeitebel Äonfenfel, fraglich erfcheinen laffen,
eine Sluflöfung möglich ift. Silan erlennt hin noch bie
Untertreibung jtoifchen bem sacramentuman ftchunb bem
bonum eacramenti ’). ^tetin fommt au<h bie Äopula*
theorie §u ihrem Ste^t, obtoohlelfchtoer ifi, fte tmSItiben*
tinum unb im tömifchen Äatechilmul toieber ju finben
unb bem geltenben Stecht $u Otunbe ju legen. 6l fleht
bem getoiß noch anberel im SEBege all bie opinio bet
©elehrten, tnelche noch ganj auf bem „Unflaten ©oben
bet ©cholaflifet unb bet alten baoon beeinflußten 3«it"
flehen. SEBer aber bie ©chtoierigfeit unferel ©egenflanbel
fennt, bet toitb eS nur fteubig begrüßen, baß er auch bon
einem neuen ©efichtlpunfte aul einet gtünblichen Unter*
fuchung unterzogen morben ifl. SEBerben auch nicht alle
©tgebniffe all geftchert ju betrachten fein, fo toitb hoch
nicht bloß bet 3unfl, fonbetn auch bet SDogmenhiflorifer
reichen Stuften bataul fchöpfen. _
l) 2, 8, 25.
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Der SRedjtSbegriff non Pfarrei.
Bon 9ßrof. Dr. Übrig.
I. Die herf fimmlidhen Definitionen.
Die ^er¥ömmlic|>en Definitionen beS Begriffes
„Pfarrei“ (parochia) berufen mehr auf Umfdbretbung,
als auf logif»her ©enauigfeit. Dies gilt ebenfotootyl in
Sfofehung bet älteren als neueren Äanonifien, unb bat
jur gotge, bafj bejfigli<h mehrerer praftiföen fragen Aber
Pfarreien unb pfartlid&e Stedhte bis jurn heutigen Dage
noch großes Dunfel herrf<ht, fo bafj jt<h bie Sflflhe lohnen
toirb, hierüber auf ben ©runb ju lommen.
Sur SSeleuihtung biefeS oertoeife ich auf «tuen, erft
jflngfl aufgetretenen SRechtSfaH in bet Diöjefe SBÜrjburg,
too ein oorn ©ifdjof lanonifdh infUtuierter unb inftal*
lierter Spitalpfarrer beim Staate um bie feit neuerer
3eitben ärmeren Pfarreien betoiDigte ©nabenaufbefferung
beS jährlichen ©infommenS nad&fucbte, aber oon feiten
ber l. Regierung einen abfdhlägigen ©efcheib erhielt, „weil
bie oon ihm befleibete Seelforgfle&e feine Pfarrei, fonbern
nur ein Äaplaneibenefijium fei"!
©tpmologifdh leitet fidh ber leineStoegS fehr alte
begriff Pfarrei, parochia, naqoula, oon einem örtlich
genau abgegrenjten SSerbanb oon Machbaren ( näqoixoi ),
bej». 9ta$barfamilien her.
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58
Uljriß,
®er -Warne ijl crft im SJtittelalter aufgelommen, m
er anfänglich eben fo gut eine 2)iögefe *), als eine
Pfarrei im Sinne beS jegigen SledjteS, begegnete, bis
er allmäblih bei bem legteren fielen blieb.
©S »ar bie 3eit ÄarlS b. ©., bem überhaupt ein
großes SBerbienft um bie SluSbilbuttg ber Pfarreien
gebührt, tnä^renb bis babin fämtlübe ©eifllicbe einer
Sliögefe, ohne binglihe 3te(gte, ibt jährliches ©infommen,
auf petfönlihem Sterte berubenb, auS bet bifhöflkben
Camera bejogen hatten.
SDieS ift bie ältejie Strt non Pfarreien, unb man
barf »ohl faßen, bie ebrraütbigfte, tu eil fi<b aus igrem
Söegriff ber <briflli<be Staat unb bie Äir<be aufbaut.
So fleht ber ©egriff parochia im fanonifd&en Ste<btS*
bu^e in bem Decretum Gratiani unb in ben $)efretalen,
mxQoutla, paroecia, parochia, als ein genau abgegrengter
Segirl, unb begegnet eccleeia parochialis eine Äit<be
mit einer räumlih genau abgegrengten Stahbargemeinbe.
Cp. 18. X. De decimis (III, 30.) »intra certam
alicuius eccleaiae paroeciam*.
Sille Jtanoniften hielten ft<h an biefem SJegtiff, unb
auh baS Jtongil non Orient, Sees. XXIV. c. 13 de ref.
toeifl bei ißfartfirdben, eccleaiae paroeciales, auf foldjfe Seel*
forglirhen bin, beten SBefen befiehl in einem beflimmt um*
grenjtenSejir!, ecclesiae, quae haben t certos fines et certum
1 ) Gregoriua III. ad S. Bonifacium, Ep. ISO. »Quia cum
aase neu Otüe , ducia eorundem Bojoariorum aeu optimatum pro-
vinciae illiua tres alioa ordines Epiacopoa et in qnatnor partes
provinciam illam divieisti, id eat in quatuor parockicu, nt nnna
qniaqne episcopua suam habeat parochiam, bene et aatia
prüdenter peregiati, frater«! Bingham , origines eoelea. IX. 3.
§ 1. cp. 8. g 1.
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$Rec$t$be0rijf öon Pfarrei.
59
populum, proprium populum, quem pastores regunt«.
ffic 9licoHi$, Praxis canonica, P. II. p. 187.
*Parochia pro certa alicuius dioecesis ecclesia sumitur,
quae populum habet certis limitibus distinctum, cuius
populi curam habet rector illius ecclesiae in ordine ad
sacramenta ministranda«.
garnier P. II p. 821 n. 85, in ttebereinftimmung
mit SlbbaS unb Steiffenftuel: »Describi potest ecclesia
parochtalis, quod sit ecclesia, cui praeest presbyter ad
curam animarum intra certos limites ex officio exer-
cendam, autoritate ecclesiastica deputatus«.
33itu$ p$Ier, ehemals Sßrofeffor ju SMlütgen*) unb
Sngotflabt, Candidatus jurisprudentiae sacrae. Augustae
Vindel. 1727. lib. HI. p. 828.
»Sgiendum, parochiam esse certam ecclesiam, quae
habet populum certis limitibus competenti auctoritate
distinctum €.
(Engel, ad Tit. X. De parochiis (III, 29): *Parochia
dicitur locus, in quo degit populus alicui ecclesiae de¬
putatus, certis finibus limitatus. Unde et frequenter
in jure parochia, paroecia, nccQoixla, appellatur, id est
habitatio accolarum«.
3 W. @<$enft, Institutiones juris ecclesiastici Germa-
niae inprimis et Bavariae accomodatae. Landishuti 1823.
P. I. pag. 480. *Parociae nomine, quo olim episcopi
dioecesis saepe denotabatur, hodie minor quidam in-
telligitur fidelium coetus, aut quem incolunt tractus,
cui ad animarum curam intra certos limites ex officio
1) Dilinga, nidjt Gillingen, benn bec Spante leitet fi<$
non Telonium ljer, ba biefe @tabt ein tömifcbeS goKamt toat.
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60 U$rig,
exercendam praeest presbyter episcopo subordinatus,
qui parochus dicitur.
Dr. 6 . ©eij}, Siedet beS Pfarramtes ber tatb- Jtirdbe
StegenSburg, ÜJlang, 1840. %. I ©. 1. fdbreibt: „3«
objeltiber Pebeutung ift Pfarrei baS mit beflimmten
geograpbiföen ©rengen berfebene ©ebiet, bejfen Petoobner
unter bifcpöflidber Autorität einer getoiffen Äirdbe gugeteilt,
ftnb unb bon bem Porjteber bie ©eelforge empfangen".
Die neueren Äanoniften, bon ÜBalter anfangenb, umgeben
in ber Siegel bie Definition bet Pfarrei, inbem fie fiep
mehr mit gef$i<btli<ben ©rörterungen begnügen.
©ei$ aber, D. I § 17, fegt, um eine noHlommene
Ptägifton beS ^Begriffes „Pfarrei" gu gewinnen, baS
SBefen berfelben in bie gtoei Slequifite; inbem er fagt:
1) Der Pfarrlircbe jlebt bie ©eelforge unb bie pönitengiaL
geri<bt$barleit, b. i. bie PefugniS gu binben unb gu löfeu
(Jus clavium, seu ligandi et solrendi) gu, tt>el<be 2) ibr
Porfieber auSübt aus einer SKrt bon Pannredbt innerhalb
ber ©rengenber ibr beputierten ober gugetoiefenen Pfarrei".
hierbei beruft er ftcb auf: Sub. ©ngel, Jus eccles.
univ. Liber III. Tit. 29 ar 7. et Manuale paroch. P.
I. C. 1. n. 3—5. ferner auf 81. SBatbofa, de officio et
potestate parocbi P. I C. I n. 27.
3u ben natürlichen, jebocb nidbt toefentlUben, ©igen*
fdbaften einet Pfarrei gäblt ©ei& 1. c. : 1) bafj bie pfart»
lidbe ©eelforge jufl bon einem intitulierten ober inlarbi*
nierten Priefiet berfepen toetbe, ba fte au<b bon einem
Pertoefet belleibet »erben lönne; 2) bafj ber Porftanb
einer Pfarrei aus einer eingelnen pbpfifdben Perfon beflebe,
ba bie pfanei auch einer moralifdben Perfon, ©tift,
Älofier, u. f. to. bur<b Qnlorporation angeboren lönne;
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Mecht«6egriff Bon
61
3) bog bie 5ßfartfir^e ihr eigene« ©aptigerium ^abc,
ba bie ©rfahrung auch Sßfatrlirdhen ohne Xaufgein auf»
loeife; 4) bag bie ißfarrtirche im 89egfce be« 3 e §nten
fei, ba fdhon oom beginn an e« au«nahm«ti>eife auch
Pfarreien ohne 3^nten gab ; 5) bag jur ißfarrfircbe ein
Äirdhhof als 93egtäbni«plafc gehöre, ba e« auch Sieben»
firmen, ohne pfarrlidhe Siebte, mit eigenen Äirdhhöfen
gebe, 6) bag bie Äirdhe ein ©lodengeläute begfce, ba
auch fllöger unb anbere Sonberfitdhen ©loden begfcen
bflrfen.
Stuf foldhe SEBeife unterfdheibet ©ei| mit Siecht bie
Essentialia unb Naturalia einer Pfarrei, toa« man benn
überhaupt bei jebem Slechtsingitut thun mug, inbem
man immer erg bei ber StuffteHung be2 SBegriffe« eine«
Stedht«ingitute« ba« SBefen beutlidh unb Har beftimmen
mug, um e« bon anberen ähnlichen unb »ertoanbten
Sle<ht«ingituten ju unterfdfieiben, unb barnadh bie Siecht«»
natur be«felben erläutert.
©otoeit hat ®eifc ben Segriff bon Pfarrei atterbing«
in einige« Sicht gegellt, aber getroffen hol er bie Sache
bodh nidht, fonbern fchtoebt gleidhfaQ« in einigem S)unlel.
Stieg leuchtet namentlich an ber 2Iu«einanbetfefcung
6. 58 ein, ioo er fagt: „6« lann enblich felbfl barau«,
baß einer Äirdhe ba« Siecht ber ©eelforge jufleht, nicht
immer mit Slottoenbigleit ber ©chlug gezogen toerben,
bag ge auch eine 5ßfartfircbe fei. 3to at tg mit
jeber ißfatrfirdhe unbebingt auch ©eelforge berlnäpft,
bagegen hat nidht umgelehrt jebe« Äuratbenegjium auch
^arodhialität, toie bie« namentlich bei ben § i l i a 11 ir cg e n
im engeren SBortgnne, unb bei ben ©eelforgämtern an
folgen Orten ber gall ig, bie erg neuerbing« jum
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62
©tauben belehrt »orben ftnb unb too ber SSifc^of noch
{eine wirftiehen Sßfarteien {onftituiert bat. 3n folgen
fßnnen bie Atrien j»at Äuratfirdhen, nic^t aber au<$
fJJfarrfirdhen, genannt »erben, SBarbofa De officio pa-
rochi C. I n. 35. ©nget, Coli. Jur. eccles. n. 9 unb
Manuale paroch. n. 6."
3n biefer 6<htufcjleIIe jeigt ft<h aber, »ie an gar
bieten anberen ©teilen biefeS mehrere SBänbe umfaffenben
SSerfe« über ba« 8le<bt beS SßfarcamteS, »iebet bie
unbegreifliche Ungrfinblübleit biefe« SBerfaffer« *). ©enn
feit wann hätte man bie giliatfirmen'unter bie
$farr(ir$en gewählt, unb »er hätte je einen auf unbe=
ftimmte 3*tt aufgeßellten toiberruftidhen SSifar für
SJttfftonen einen Pfarrer genannt? Äaptäne unb SBifare
beiden eben leine ©eetforge in eigenem tarnen, fonbern
finb nur ©teHoertreter, unb eben beSbalb ftnb fte feine
Pfarrer!
Stber ni<ht allein ®eifc, fonbern au<h biete anbere,
jum Seil f<hon ältere, Jfanoniflen unterf^eiben bei
fteflflellung be« ^Begriffe« „Pfarrer", „Pfarrei" bie
Essentialia unb Naturalia unb helfen bamit, ber ©a<he
auf ben ©runb ju fommen.
@o namentlich ein im notigen 3ahrhunbert erfthienene«,
fehr gut unb fafjli<b, au« ben gangbaren Äanoniflen,
»ie ©nget, ©dhmatjgruber, ffteiffenfhtel, Stebuff, fßiChler,
Äßnig, SBernbte, Sarbofa, ©dhambog, $oei, ßeonharb,
Sanfen, Mithing, u. f. ». jufammengetragene« »Examen
juris canonici«, »et<he« in Lib. III Tit. XXIX. De
1) Stu# ift eB (in unbegreiflicher geiler biefe# Hutorä, bafj
er fitß auf fotdje Stetten im SDetretum ®ratian# beruft, toeldje
wie j. 58. Can. 1. C. 13 Q. 1 ben folfdpen J)etretalen entfprungen finb.
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BledjtSBegriff Don $farrei. 63
parocbiis et alienis parochianis jur ©eutltdtfeit bet
6<u$e folgcnbe fragen mit Stntmorten auffieüt:
Quid est parochia, et qui parochiani?
Parochia est locus, in quo degit populus certae
alicui ecclesiae deputatus, Parochiani vero dicuntur,
qui hoc modo certae alicui ecclesiae subjecti sunt.
@ngel, Steiffenfhtel, ©<$maljgniber.
Quae dicitur ecclesia parochialis ?
Parochialis ecclesia est, quae habet populum certis
limitibus distinctum, et certum eumque unum rectorem
cum potestate fori poenitentialis, id est ligandi et
solvendi, et subditis sacramenta admiuistrandi. Haec
enim tria, scilicet certus populus, certus et unus rector,
et potestas fori poenitentialis necessario concurrere
debent, ad constitutionem ecclesiae parochialis. Schmalz-
gruber, Reifenstuelc.
©ie 3fte$t$natur ber Sßfarrei betreffenb, erföetnt
sub N. 4. bie grage:
Quae sunt jura ecclesiae parochialis?
Ecclesiae parochiales habent jurisdictionem fori
interni sive poenitentialis, item jus asservandi Eucha-
ristiam, fontem baptismalem, nec non habendi coeme-
terium et jus sepeliendi defunctos, item jus decimas
et oblationes percipiendi, cum pluribus aliis similibus.
Schmalzgruber, Engel, ©amt bie % rage: Si quae
ecclesia habeat haec jura, eritne hoc ipso statim judi-
canda parochialis?
Praecise ex bis juribus non probatur aliquam
ecclesiam esseparochialem, sicut nece contrario ex defectu
horum jurium reprobatur, eo quod similia possint etiam
aliis ecclesiis ex privilegio, praescriptione ?el consue-
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64
tt$rtg,
tudine competere. Quando tarnen constat ecclesiam
aliquam esse parochialem, tune quoad omnia praecitata
jura habet fundatam intentionem. Engel.
4>ier flehen nur tüieber an bem SJtangel einer
genauen Definition non SßfarreU Unb bod} muß eS eine
fold&e geben!
©8 nritb nid^t unnfifc fein, hier nodb bie Doftrina
be8 beliebten 33ttu8 pd&ler anjufubren, ber Lib. DDL
Tit. 29. De parochiis, alfo fd&reibt: »Quaenam sunt
essentialia constitutiva parochiae, quaenam jura?
Dico I. Ad constitutionem parochiae requiritur:
1. locus certis limitibus conelusus; 2. populus alicui
ecclesiae deputatus; 3. auctoritas episcopi, qui et
limites designet et populum; 4. presbyter seu rector
certus et unicus, potestate praeditus administrandi
populo illi sacramenta aliaque spiritualia, praesertim
saeramentum poenitentiae, qui parochus, vel rector, vel
presbyter, vel plebanus appellatur.
Can. unic. C. XIII. Q. I. - Can. 3 C. X. Q. III.
— Trid. Sessio V. cp. 2. Sessio XXI. cp. 4. Sessio
XXIV cp. 13. De ref. Dr. ÜBiftner h. n. 4. testans
de praxi Germaniae. Naturalia autem, et non essen¬
tialia parochiae sunt: Fons baptismalis, assidua asser-
vatio Eucharistiae, celebratio matrimoniorum, collectio
decimarum, coemeterium et jus sepulturae etc. quae
ordinarie quidem reperiuntur in ecclesiis parochialibus,
et ubi reperiuntur, signa sunt, eedesias esse parochi-
ales; absolute tarnen abesse possunt; si vero unum vel
plura exii 3 desint, praesumtio oritur in contrarium.
Idem fere est de cura animarum, quae non infallibile
est indicium ecclesiae parochialis, cum possit esse bene-
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Kehttbegriff Don SPfarrei.
65
ficium curatum etiam sine certis limitibus et popnlo
ab episcopo designatis, adeoque quin sit parocbiale, nti
contingit in ecclesiis filialibus et locis recens conversis *).
Licet igitur omnis quidem parocbia sit beneficinm
curatum, non tarnen vicissim omne beneficinm curatum
statim est parocbia, adeoque illud latius patet, quam
haec. In effectu tarnen exiguum est discrimen inter
beneficinm curatum et parochiale«. .
Von folgen mit eigner ©eelforge intitulierten unb
fauonifcb infiituierten Curati vel Vicarii finb aber wohl
bie Vicarii temporales, Äapläne, Äooperatoren unb
Süepaftoren ju unterfcbeiben, toel<$e einfach im tarnen
beS ^farrerä unb unter feiner 2fofjt<$t, weshalb auch
ibnt »eranttoortli<b, als approbierte ^rieftet ©eelforge
üben, bemtbiefe haben leine Slebnlttbfeit mit einem Pfarrer.
San ©Spen. Jus eccles. univ. Pars I. Tit. III. De
pastoribus et vicepastoribus, cp. 2. n. 3 unb 4.
„2)ie Pfarrer ftnb, fdbreibt ©alter, ß. 31. § 149,
»ie füb au$ ber @ef<bi<bte biefeS SlmteS ergibt, bie alten
Presbyteri nur mit Sejiehung auf eine beftimmte ©e=
meinbe, beten ©eelforge ihnen oom Sif^ofe auSfchliejf*
lidh unb unter ihrer eigenen Serantwortli<bleit anoertraut
wirb". ®iefe 8lnft<ht ift hifiorif<h unrichtig, bie presbyteri
im doangelium unb jur Seit ber Sipo fiel waren leine
Pfarrer.
Sering, St. 3t § 152. „2>er ißfarrer i|i berfenige
ißriefler, welcher oom S)iöjefanbifchof bie Verwaltung
bet ©eelforge für einen beftimmten Sejirl, unb jwar
1) Son Seife, wie oben gezeigt, rejipiert, in fic^ ober burtfe-
ouS hinfällig, wie oben gleichfalls gegeigt tourbe.
Vfnl Ouartalförifl. 1890. fetft I. 5
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66 Uljrtg,
regelmäßig ') in 33erbinbung mit einem ©enefijium, über«
tragen iß".
3n ber D^at ftnb bie fog. ©ulfurfalpfartet, curds
desservants b. i. ©eelforget oßne lit<hlic&e S9enefijien,
in §tanfrei(^, Belgien, $oDanb, fttlanb, Slmetila n. f. f.
obf$on ftc nuto episoopi oerfefct werben fönnen, Wirf*
ließe, aber im 6inn bei lanonifcßen 9tecßtl unnoHfommene,
Pfarrer.
Sud> bie, non ^infcßiul, Äir<benre<bt II. 39b.
©. 292 »erfaßte Definition non „Pfarrer" erWeilt ft<b
all burcßaul ungenfigenb. Qnbem er nämlid) fagt:
„^Pfarrer (parochialis presbyter, rector ecclesiae f<blecßt=
bin, plebanus, parochialis ecclesiae cnratus, ober aud?
curatus, pastor, persona, curio, feit bet neueren 3 e it
gewöhnlich parochus) ifl berjenige ißriejter, Welcher in
Unterorbnung unter bem Orbinariul unb fraft beffen
äuftragel bie ©eelforge (cura animarum) übet einen
ißm jugeroiefenen Äreil non ©läu&igen auljuüben be=
reeßtigt unb oerpflichtet ifl"; fo fie^t man el biefer Um=
ftßreibung fofort an, baß fte ebenfo gut autß auf einen
Curatus unb Vicarius, ja felbft auch auf einen Sacellanus
expositus, paffe. Damit ift folglich mcßtl gefagt. 9Wßt
minber ifl bie 33eßauptung biefel Sutorl, baß ber 9tame
»parochus« erft feit bem 16. Saßrßunbert norfomme,
baßm aufjuflären, baß wenigftenl bie Sulbrütfe: pres¬
byter parochianus, paroecialis, ecclesia paroecialis, jus
parochiale, parochiani, einer niel älteren 8*it angehören.
1) Audj bieifeiti bei SRljeinel gibt el bei uni Pfarreien
ohne Sßfrfinben, bloß mit Alimentation aul bem lanbel*
betrügen Aerar botiert, tote j. 8. bie tßfarrei gi(f|telberg bei
gtagreutf).
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8)e$tS6tgriff Don Pfarrei
67
Harzheim, III. 1, 2. »Sermo synodalis parochianis
presbyteris enunciandus* ; anno 1009. Jus parochiale,
Dipl, anni 1152. Beyer, I, 627, 6. 292. n. 2.
SBo bann £inf<hiuS Bb. II. 6. 308 fpejieH non
ben äußeren S e ^ en ber iftfarrqualität hanbelt, fommt
er über ben gewöhnlichen ©tanbpunft ber alten Sutoren
nicht binau«, ift nicht im ©tanbe, „fefle äußere flenn*
jetten für bie beftrittene ißfartqualität*' anjugeben,
fonbern fle^t ftch fogar genötigt, biefe SJlöglichleit über*
haupt ju läugnen!
IL gälle, in w e l <h e n biettnterfuchuug
bet paro<hialen@igenfchaft einer ©eel*
fotgftelle notmenbig wirb.
S)iefe -Jlotwenbigfeit tritt im allgemeinen fo oft
ein, als einet Sßfarrei non ©eite ber oorgefefcten geift*
lieben ober toeltIi(ben ©teile bie ißarod&ialität in gtoeifel
gefleüt, ober ganj abgefprochen toirb, ober toenn ber*
felben non anbeter ©eite tyt bie pfarrlicben fftechte ner*
weigert Werben, im befonberen aber bei ißrojeffen über
bie BaupflMht, wenn bie ißfatrei norbem intorporiert
war, unb ber giSfuS als ^Rechtsnachfolger ber burcb
3nforporation bereicherten Stiftung, bie Behauptung
auffleBt, fragliche flirre fei nicht als ißfatr* fonbern als
gilialütche einnerleibt worben.
©a eä in folgen gäHen gewöhnlich an ben alten
©tiftungS* unb 3n?orporation$urfunben fehlt, fo ift ber
Beweis ber ißarochialität meiftenS hö<hft f<htt>iertg, jebo<h
nicht immer unmöglich-
©rfchwert wirb ber Beweis ber fßarochialität haupt*
fächlich noch baburch, baß bie gnforporation eine ©tat)iS*
5*
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68
übrig,
minberung ber inforporierten ©fatrfircfye ipso jure
gut golge tyatte, toomü bie £ir$e in bie Steife ber
j$ilialfird&en fcerabfanf, bie fßfarrrepofttut famt allen
Urfunben, bie SJtatrifel, bie Siegel, ber f&mfftein unb
alle pfarrli<$en 5ted)te unb 2lbgeidben famt bem ©er*
mögen oerlot, »a$ alles auf baS inforporierte Stift
ober Älofter überging, ber aufgefleHte ©er»efer „Äaplan",
bie Äird&e »Capella« genannt lourbe, baS ehemalige
SßfarrtyauS famt Jtebengebäuben unb ©arten oerftel unb
einging, bie Äircbe in jebet $inft<$t oernad&lä&igt tturbe,
bie filteren 3 u ftänbe nach unb nach ber ©emeinbe aus
bem ©ebäd&tnis oerfd&»anben.
®a m hierbei im SSoIfc halb auch ein fallet
Sprachgebrauch bilbete, ber in bet Siegel felbft in bie
rentamtücben ©üdhet, fogar ißfarralten, ©ingang fanb,
fo ertoeifen jtch bie meiften ©inträge unb StuSgüge aus
folgen öffentlichen Sagerbüdhern unb Sfripturen als ge=
fdbid&tStoibrig unb falfcb, bie bann aber bodf) oom ©egner
als 3«ugniffe ober Urfunben geltenb gemacht »erben *)•
©in ferneres Uebel für bie inlorporierten fßfarreien
befiehl barin, bafj auch bei fpfiteren nichtigen ©erhanb*
lungen unter bem 2>iögefanbif$ofe unb ben ftnforporationS=
Stiftern unb fflöfiern, Slbteien u. f. f. gemäfe cp. 2. De
rebus ecclesiae non alienandis (III, 4.) in Clem. über
folche fßfarteien, »ie g. ©. ©ertaufd&ung inlorporierter
Pfarreien, ©aulajifontrafte, Trennung beSißatronatrec&teS
(Äird&enfa|) »om SnlorporationSocrmögen unb ber ©au-
laft, abgefd^Iojfen »urben, o(me bafj bie inlorporierten
1 ) an’ bie# batte j. 8. in bem ^rogeffe, SRieberlauer flitzen'
ftiftung contra fiscum puncto oneris fabricae ftatt, ber aber
(1887) juleßt bodj für bie ßirctje unbftirdjengemeinbe glflcflid) enbete.
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8Re$t8fcgriff Don $fattet.
69
Äirchen, Sßfarret unb ©emeinben babei betnommen würben,
unb o^ne bafj fte bott fotzen wichtigen SRechtSaften £ennt=
ui$, 2lbf<hrift u. f. w. erhielten.
Älemenö Y in Concilio Vienensi (1311). >Si una
ecclesia alteri ecclesiae seu dignitati alicui vel prae-
bendae per episcopum suo consentiente capitulo uniatur,
ant religioso loco donetnr, ex eo, quod rector ipsius
ad hoc vocatus non extitit, nequaquam id poterit im-
pugnari. Quod si episcopus (sui etiam capituli acce-
dente consensu) mensae suae vel ipsi capituli aliquam
duxerit ecclesiam uniendam, hoc irritum esse decernimus
et inane, contraria qua vis consnetudine non obstante«.
SHe3 war allerbingg eine Sftechtalonfequenj ber alten
ganj tintigen Theorie, bajj bie 3nf orporation ber Pfarreien
unb ißfrünben bie cioilrechtliche 21 r r o g a t i o ober 21 b o p=
tio na$abme, wobei bie Verträge über beS 2lboptio=
finbed Vermögen, über weitere datio in adoptionem
u. f. w. berSujttmmuttg be8 Slboptibfinbeä nicht beburften.
2)ie tribentinifche ©pnobe luchte jwar auch bie* i«
©unflen ber inforporierten Äirchen unb be$ Vicarius,
ber nun ein vicarius perpetuus unb ein au$ bem ©äfular=
fteruS bom Sifchofe approbierter ©eidlicher fein foHte,
ju reformieren, fo bafj non nun an alle ißetfonen,
quarum interest, bei fol<h Wichtigen Verträgen gehört
Werben füllten *), allein tro&bem blieb es, Wie ber SBiirj*
burger ^ermutationSbertrag Dom Q. 1691 jeigt, noch
lange bei ber älteren Uebung. golge folget hintan*
fe|ung ber atmen Pfarreien unb ißfarrgemeinben war,
bafj felbfl bie tribentinifche SSorfchrift Aber bie lirchli^e
1 ) Trident . Sessio VII. cp. 6 De ref. Sessio XXIV, cp.
13. 15. De ref. Sesaio XXV cp. 9* De ref.
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70 U$rig,
Sautaft, c. 7 Sessio XXI. De ref., welche bei unge=
nügenber Dotation ber Airchen, ^nfuffigieng ber Fabrica,
oot allem bie fßatrone als ^Rechtsnachfolger bet Stifter
unb als SnlorporationSherren, ne bft t>en S)ecimatoren,
cot bet Air<hengemeinbe, gut Saulaft anhält,
beSwegen ferner ober gat nicht gut Slnerfennung unb
®arna<ha<htung gelangte, »eit bamit h<mptfäd)li<h bie
abelidhen fetten, bie ®omftifte, SDlänfter, Slbteien, auch
Sifööfe (Mensa episcopalis) getroffen toaten, bie bod)
fämtlich mehr auf eigenes SBohlleben unb äußerliche
fßracht bebaut, von einet Saulaft nichts toiffen wollten '),
fonbetn biefe lieber auf bie atmen Sitten unb DrtS*
gemeinben hinüber gu »älgen bebaut toaten, toie bieS
beiftnelStoeife in ber, faft möchte es fcheinen, abfichttich
fehr tonfuS unb unoerfiänbtich rebigietten fürftbifchöftich
SBürgburger Setotbnung beS Johann ©otftib oon ©utten*
betg o. 11. Slprit 1687 gcfcbehen toar, »eiche erft im
Sfahre 1849 butch einen Sßlenarbefchlufj beS f. b. obetften
©erichtShofeS mit bem Xribentinum »ieber in ©inllang
gebraut »utbe, nachbem ingwifchen leibet ungö^tige atme
Äirchengemeinben aus SRechtSunfenntniß, burchUebetlifiung
unb Serjährung gut Tragung bet Saulaft bot ben
Patronen unb S)ecimaloren gebracht »otben »aten, »aS
namentlich in Stnfehung bet S fat;tg e b äube bis gum
heutigen SEage noch »eiftenS bet galt ift.
III. 3)ie aus ©onberlirchen h er b»*0e s
gangenen Pfarreien.
@he »it gut Aenngeichnung ber Sßarochtalität übet:
1) S3U8 betneifen leibet alle ?rojeffe übet Sautaft, bie tnit
feit SO 3al)ten butd) bie $anb tarnen.
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!Re$ttbtgriff Bon Pfarrei.
71
geben, fabelt wir juerfl bie grofce Seränberung unb
(Srweiterung be« urfprünglicben mittelalterlichen Segriffe«
von Pfarrei (parochia, naqoixia) in$ Sluge ju faffen,
bie bom Mittelalter au allmählich ^ervortrat, unb eine
Steife Don Pfarreien neuerer 2lrt un« barflellt, bie fämb
licp befebrfinfter Statur ftnb. Sabin geböten:
1. Sie gut$b e rrti<ben ©cblof}« unb £of«
Pfarreien, welche fi<b mit Stfidfubt auf bie ©runb*
berren, ihre gamilte, Siener unb porigen (Mancipia,
Colon i, emphyteutae, serri, ancillae, rnstici) an einer
©thlofjfapelle unter 3uteilung eine« Dom Siöjefanbifcbofe
approbierten unb fanonifdb inflituierten ©eelforge«©eift*
lieben (Clericas, presbyter, minister, persona, sacerdos
praeses, antistes, plebanus, rector, paroebns) beroor*
tbaten. Saö ftnb bie älteflen Sßatronatöpfarreien.
Zuweilen innerhalb bet ©renjen einer älteren, gewöhn«
lieben gartet erflanben, beten Siechte gewahrt ober in
@b*en gehalten werben mußten, erhielten folche gut$betr*
liehen ^atronatöpfarreien oft nur befebränfte pfartliebe
Siebte.
2. Sie lanbeäbetrlicbenSchlofoSlefibenj«
unb $ofpfarteien in ©täbten unb auf fönigticben
Sillen (ftönigöhöfen). Such biefe blieben nicht feiten in
Slnfehung ber pfattlichen Siechte befebränft.
3. Sie giliatpf arteien.
Sie einmal in gefej}li<her SDBeife, b. i. Dom Stöjefan«
bifchof mit lanbeöherrlieber ©enehmigung, errichteten
Sfarteien ftnb bei ©rrichtung neuer flirren unb Pfarreien
ftetö fo in ©hten ju halten, ba& fte in ihren Siechten
nicht Derlefct werben.
Cp. 1. X. De novi operis nuueiatione (V, 32).
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72
Uljtig,
Papa Lucius 111 Paduano episcopo: »Quianulla eccle¬
sia in praejudicium est alterius construenda«.
@8 muffen be8$alb bei @rri<$tung neuer Äirc^en
unb Pfarreien alle Qntereffenten gehört »erben.
Qn alten Seiten waren bie Pfarreien meiflen8 feffr
groff, fe^r au8gebe$nt, unb be8$alb fd&toer ju toerfe&en,
fo baff rnandje «om Sßfarrorte »eit entlegene gilialge*
meinbe »ünfd&te, §u einet befonberen, felbftftänbigen
ißfarrei erhoben $u »erben, befonber« »eun jie toon ber
IßfarrKr^e bur<$ einen gluff getrennt »at, ber im hinter
bie Äommunifation fe§r erfömerte, ober gan} unmög»
lid> mad^te.
Einen folgen §all bietet un8 cp. 3. X. De ecdesiis
aedificandis vel reparandis (III, 48), »el$e Stelle au$
in ba8 Tridentinum Sess. XXI. c. 4. De ref. Eingang
fanb. @8 ijt eine Gntf<$eibung be8 $apfte8 SUefanber III
(1159—1181), gerietet an ben Etjbiföof »on f)or! in
Engtanb, in beffen Erjbiöjefe ber §afl oorfam.
>Ad aadientiam nostram noveris perreniese, quod
villa, quae dicitnr H. tantum perhibetur ab ecclesia
paroeciali distare, nt tempore hjemali, cum pluriae
inundant, non possint paroeciani sine magna difficultate
ipsam adire, unde non valent congrno tempore eccle-
siasticis officiis interesse. Quia igitur dicta ecclesia
ita dicitur reditibus abundare, quod praeter illius villae
proventus minister illius convenientem valet sustenta-
tionem habere, mandamus, quatenus, si res ita se habet,
ecclesiam ibi aedifices et in ea sacerdotem sublato
appellationis obstaculo ad praesentationem rectoris
ecclesiae majoris, cum canonico fundatoris assensu,
instituas, ad sustentationm suatn ejusdem villae ob -
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9le$t86cgnff öon Pfarrei.
73
ventiones ecclesiasticas percepturum, providens tarnen,
nt competens in ea honor pro facultate loci ecclesiae
matrici servetur, qaod quidem fieri posse videtur, cum
ejusdem villae dominus riginti acras terrae frugiferae
velit ad usus sacerdotis conferre.
Si yero persona matricis ecclesiae virum idoneum
praesentare distulerit, vel opus illud voluerit impedire,
tu nihilominus facias idem opus ad perfectionem de-
duci, et Tirum bonum, appellationis cessante difugio,
instituere non omittas«!
äu8 biefem höchfl triftigen Äirchengefefce geht
Verbot, unter »eichen SSorauafefcungen Filiale ju
felbflflünbigen Pfarreien erhoben »erben bürfen, unb
»ie babei bie ehemalige Pfarrei (Ecclesia matrir) für
alle 3e»ten geehrt bleiben foH, fo bah bie gilialpfarrei
in Slnfehung ber pfartlichen SRechte ihr attjeit nachjujtehen
hat, in gemiffer $inftcht befchränft bleibt, unb namentlich
ihr gegenüber al« 5ßatronat8pfarret erf$eint, beren 93e*
fefcung »om Pfarrer ber SJlutterfirdje abhängt, ©ehr
oft beftfceu auch folche giltalpfarreien leinen Xau f=
brunnen, fonbern h a &en ba8 £auf»affer oou ber
3Jtutterlir<he ju erhalten.
SOBefentlidh bei folget StatuSerhöhung ber
lirdhe ifi bie (Genehmigung be8 $)iö§efanbifchofe8 unb
be£ Sanbeahertn, »obei auch ade Quterejfenten, namentlich
auch bet Ration ber 3Jtutterlir<he, ju hören ftnb; ferner
bah bei biefem SlechtSalte für eine hinreichenbe Dotation
ber gilialpfarrei geforgt, unb biefe notariell auSgefertigt
»erbe, enblich bah bei ber Erbauung einer neuen Sßfart*
lirche alle lirchli<h?n unb zeitlichen SSorfchriften befolgt
»erben. 3ft bie ÜWutterKrche reich genug, um ohne bie
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74
Stenten bet neuen gilialpfarrei befielen p fönnen, fo
barf bet gilialjebnt unb Sin eS, was bie SJlutterlircbe
aus bem Filiale bejog, non ibr abgetrenut unb bet neuen
gilialpfatrei jugewenbet werben, weiden galleS bie ©autaft
an bet neuen gilialpfarrei auf ben S)ecimator übergebt.
UebrigenS bleibt bie Srböbuug einet gilialfircbe }u
einet ißfarrlircbe aUjeit eine erfcbwerte ©a<be, weil }U
biefem äufeerflen 9Ute nut bann gefdj ritten werben batf,
wenn bem SBebürfniffc ni$t etwa bur<b eine ©jpofitur,
©icarie, ßuratie, genügt werben !ann.
üribentinum, Sess. XXI c. 4 De ref. mit ben biet
6. 250 non ©allematt angefügten ©rllftrungen bet
Congregatio Tridentini.
Stiebt immer ift eS nötig, für bie neue gilialpfatrei
baS ©efammtoermögeu ju oetwenben, welkes bet ißfarr*
lirdbe in SInfebung betfelbeu als gilialfircbe, an Zehnten
unb anberen Stenten, juflanb, ba ft<b gewöbnli<b bei
folget ©tatuSerböbung, Wie in cp. 3 X De eccles. aedif.
(III, 48) auib no<b anbete ©tiftungSmittel oon feiten
bet SBobltbäter, beS fiofalgrunbberrn, u. f. f. barbieten.
Wobet eS fommt, bajj bem Pfarrer bet ecclesia matrix
batnadb no<b manche ©runbrenten oerbleiben, ßum
©eifpiel bient bie Pfarrei gecbenbäcb a. 2Jt. einfl Filiale
bet Pfarrei SMiltenberg — ©ütgflabt, auS Welket bet
Pfarrer oon SJtiltenberg bis fefct no<b einige Stenten beliebt *).
1) ßumeilen lägt man barna$ auch manche firdjlidje SJienft*
leiftungen in recognitionem eoclesiae matriois hefteten, tote j. ©.
ber jejjige Pfarrer oon föübenau, oorraalS giliallircfte oon Seilten*
berg, am Sonntag oor S. ^o^ann 0. SRepomul mit {einer
tßfarrei in 95ro$e{fton $ur 3Jfarrfir$c Miltenberg §iel)i, bem Amte
beitoofjni, barna$ bie $rebigt pält, unb bann toieber in $ro5f {{ton
na$ föübcnau $urücttet)rt.
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SRc^tSbegriff ton tßfomi.
75
4) 50ie Sajardt* unb ^ofpitatpfarreien.
®ie fiajarett^ unb ^ofpitattir^en mit eigenen Äir$$5fen
unb gSrieflexn ftnb fe^r alten £)atum$, ba fdjon im 23.
Äanon beS III £ateranenfif$en ÄonjilS t>. 3.11795ßapfi
Slleyanber Hl gegen fol<he Pfarrer, bie Sajarett* unb
^ofpitallir^enmitbefonberen Segrabnifepläfcenunb eigenen
©eelforgern ber Äranfen, befonberS 2lu$fäfcigen, nicht
geftatten mottten, in cp. 2. X De ecclesiisaedific. (III, 48)
befchlofj: »Cum dicat Apostolus abundantiorem honorem
membris infirmioribns deferendum, e contra quidam quae
sna sunt, non quae Jesu Christi, quaerentes, leprosis,
qui eum sanis habitare non possunt, vel ad ecclesiam
cum aliis convenire, ecclesias et coemeteria non per-
mittunt habere, nec proprii juvari ministerio sacerdotis,
quod quidem procul a Christiana veritate dignoscitur,
de benignitate apostolica constituimus, ut ubicunque
tot simul leprosi sub communi vita fuerint congregati,
quod ecclesiam cum coemeterio sibi eonstruere, et
proprio gaudere valeant presbytero, sine contradictione
aliqua permittantur habere.
Caveant tarnen, ut injuriosi veteribus ecclesiis de
jure paroeciali nequaquam existant. Quod enim eis pro
pietate conceditur, ad aliorum injuriam nolumus
redundare.
Statuimus etiam, ut de hortis et nutrimentis ani-
malium suorum decimas tribuere non coganturc.
6$ geht aus biefer ©teile herbot, bafc f<$on in
jener alten Seit eä Pfarrer gab, toelche innerhalb ihte$
©prengels bie ©rünbung bon Sajaretten, Sieben unb
Seprofenhäufem mit eigenen Äapellen, ©eifilidhen unb
Äirdhhöfen ju bevhinbern fugten, toeil ihnen baburdh
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76
U^rifl,
bie SeiChengebühren, Opfer, Sermädhtnijfe, u. f. f. ent»
giengen. 2>er $apfl tritt bem entgegen unb geftattet
folChe neue Anlagen Don Äitdjen, Spitälern, unb Äirdh»
höfen, ohne baß für ben Pfarrer toegen ©ntgangeS non
StolreCbten ac. non einer ©ntfc&äbigung bie Siebe toäre l ).
3m ©egenteil füllen berglei$en ^ofpitäler überbieS in
Snfehung ihrer Bedungen an ©runbftücfen unb Sieh
burchauS jehntfrei fein, boch füllen im allgemeinen bie
älteren $farrtir$en in ihren hergebrachten Siebten ni<ht
gefdhmälert »erben.
@8 unterliegt alfo bie ©rünbung ton £ajaretten
unb $ofpitälern innerhalb eines »ßfarrfprengels {einem
gefefcliChen Snflanbe, »Denn eS an ben nötigen -Kitteln
für bie ^erftellung ber ©ebäube, jtapeHe, ^ofpital,
3Bohnung beS ©eifllitben unb ©lödnerS nicht fehlt unb
ber $iöjefanbif(hof unb ber SanbeSperr ihre gujlimmuttg
erteilen. 3tuC& bürfen fülche Slnftalten, too es ber
£>iöjefanbifCbof unb ber ßanbeSherr für geeignet finben,
felbfl mit pfarrliChen Siechten unb ©h re » befCeibet »erben,
fo ba| jte als ^üfpitalpfarreien erfd>einen,
natürlich attjeit ohne Beeinträchtigung ber Sntereffen
ber älteren Pfarrei, in beren Sprengel fte ju liegen
{ommen. 2>em »ieberfpriCht j»ar Se ife, baS SleCht beS
BfarramteS, Bb I. S. 83, ber auffallenber Steife fChreibt:
„es bebarf inbeffen laum ber ©rtoähnung, bajj bergleiChen
1) ®ie8 Dürfte für unfere Seit Dort jur SRachahmung bienen,
too fo manihe fßfarteiregelung burdj Stub« unb @inj>farrung oon
ßatfjoliten unb $rotefianten beü^alb Öfter auf $inberniffe ftößt,
»eit protejlantifche ^aftoren eine ©dunäterung ihrer faffionbmügigen
9)eoenuen an lauf- unb fieidpen* ©tolgebüljren in (Erwähnung
bringen, wofür eS an $e<fung6ntitte(n gebricht. Slten ber Pfarrei
fjfichtelbetg bei Saipreuth.
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SRegtibegriff Bon «Pfarrei.
77
^ofpitalfirchen (eccleeiae xenodochiales) , ob fic gleich
Seelforge hoben, bo<h feine IfJfarrfirchen, oielmehr nut
ißrioatoratorien ober Äapellen, finb. Söhmer, in Corp.
jar. can. annot. CO ad c. 3 eit.". allein biefe Slnficht
non Sei| bembt ouf grobem Irrtum, inbem hier Kare
@efe|e bagegen fprechen.
»Caeteram, oerfügt nämlich $ßopft ßlemenS V in c. 2.
De religiös» domibus (111,11.) in Gern, nostrae inten-
tionis existit, qnod si qua sint hospitalia, altare, vel
altaria et coemeterium ab antiquo babentia et presby-
teros celebrantes et sacramenta ecclesiastica pauperibus
ministrantes, sen si paroeciales redores consueverint
in illis exercere praemisss, antiqua consuetndo servetur,
qnoad exercenda et ministranda spiritnalia supradicta«.
•Kur bieS wollte ÄlemenS V in ber berührten
©efefceSflelle oermieben hoben, bafc ber gonb für bie
Ätanfeupflege in Spitälern an einen ©eiftlichen als
Beneficinm oerliehen toerbe, toobei ettoa nur, was nach
bem Sufwanb für ben Seelfotger erübrigt, ben Äranfen
ju oerbleiben hätte, was als eine fehr heUfome unb
weife Verfügung betrachtet werben muff. SDemjufolge
würbe eS benn auch oon jener 3eit an ©ebrauch, bei
Stiftung oon $ofpitälern mit eigener Seelforge jW ei
befonbere gunbationen, bie eine für benÄranfen*
bienfl, bie anbere für ben Seelforget, mit gefonberter
Verwaltung, auSjufcheiben, womit für ewige 3 e *ten olle
Äonfufton abgefchnitten würbe.
3um Veifpiele bient ber StiftungSbrief beS $ofpitaleS
ju -Keuflabt a.S. o. 4. SRooember 1430 mit jwei burchauS
gefonberten gunbationen.
«Dergleichen Spitalfeelforgen fönnen fchon in ihrem
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78
übrig,
beginne al« ©pitalpfarreien gegtfiitbet »erben,
ober e8 fann bie 5ßaro<bialität bur<b fpätere lanbe«^err=
ti$e unb bif<böfli<be Vereinbarung mittelfl befonberen
®efrete§ na<bfotgen, ober au<b auf bem SEBege beS Usus
binjufommen, »ie fol<be8 beifpielsweife in bem $ofpitaf
■Jteuftabt a. 6. na<b 2lu8»ei8 ber Sitten gefdja^.
3n bem S^ematiSmuS ber S)iöjefe SBflrjburg n.
Sabre 1877 fielen folgenbe „^jofpitatpfarreien*
Der jei<$net: 6. 14 bie SuliuSbofpitalpfarrei in SBflrj*
bürg, ©. 69 bie ©pitalpfarrei ©. ©lifabetb ju ÄönigS*
bofen im ©rabfelb, unb ©. 84 bie ©pitalpfarrei ju
ÜReufiabt a. 6.
@8 lembtet aber ein, baß bergleicben $ofpitalpfarreien
gegenüber benSRutterpfarreien, in beren ©prengel
fie errietet »erben, attjeit einigermaßen in ben pfarrlicben
Siebten befebränft bleiben, inbem fie ent»eber feine, ober
nur einen SRatrifel, nämlich ben ©terbmatrilet, be=
ftfcen, ober »enigftenS, »ie j. V. bie SuliuSbofpitalpfarrei
in SBürjburg, j»ar alle Sßfarrmatrifel, aber feinen
£aufbrunnen, haben, fonbem baS 5£auf»ajfer Don
ber 3Rutterfir<be empfangen.
6. $)ie Slfabemie* unb Uninerfitäts*
Pfarreien, bie ©eminarpfarreien, ©traf»
arbeitSbauSpfarreien, SBallfabrtSpfarreien,
HRiffionSpfarreien, ©arnifonSpfarreien ‘).
Sehnlich »ie mit ben ^jofpitälern, fo tönnen auch mit
ben Sfabemien unb Uniberfitäten, ©eminarien, ©traf*
1) dergleichen „©arnifonSpfarteien" gab eS oormaM in SSatjern,
fie würben aber bur<$ ©eneralnerorbnung ». 26. 3Rai 1804 auf«
gehoben, unb baS garnifonierenbe äRilitär ben DrtSpfarrern juge<
wiefen. St. ». t>. 14. @ept. 1820. »BBinger 83. 83. ©. 83b. VIII,
§ 446.
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{Rt($t 8 be 0 xiff #on Pfarrei.
79
arbeitsbäufern, SBaHfabrtSfircben, ©arnifonen unb SJiif»
ftonSanfialten, unter ©enebmigung be« SMöjefanbifcbofeS
unb be« SanbeSberren befonbere Pfarreien »erbunben
»erben, fei eS bafc bie« fogleicb bei ihrer ©rünbung
geftbebe ober baft bie ^arod^tatität burdb fpätere« obrig=
leitlicbe« ®efret nacbfolge, ober au<$ auf bem SBege beS
Usus binjufomme. ©o fleht beifpiel^metfe in bem 2Bürj=
bürget ©<bemati8muS 1877 ©. 13 bie „Pfarrei beS
bifcp. ÄlerifalfeminarS ad Pastorem bonum mit
ber Äirdbe ®. SJlidbael" toetjeicbnet, mel<be IßarocbialitÄt
erft im Slabre 1840 auf ^Betreiben be« bamaligen Siegen«
Ißrofeffor Dr. SOTorij binjufam.
©elbfioetflänblicb befifcen auch alle biefe, an ©onber=
firmen ober Äapellen beftebenben, Pfarreien, ber 3Jtutter=
!ir<be gegenüber nur befdjränfte pfarrtid^e Siebte.
IY. ®ie inlorporierten Pfarreien.
5E)ie Snforporation, welche leiber in alten 3 e ' ten /
»o ber Slegularfleru« beöorjugt erfdbien, unb eine jebe
Sbtei, Stopftet, u. f. f. als ein uunergänglicbeS unb
fixeres getfUicbe« ÄafieH angefebeu würbe, überaus be=
liebt war, fonnte in breifacber 3lrt toor ft<b geben:
1. jure minus pleno; 2. jure pleno; unb 3. jure
plenissimo. 1. Jure minus pleno Würben Pfarreien
an foldbe Snftitute inforporiert, roelcbe jroar ihrer Statur
nach piae causae waren, aber unter einem Saien«
regiment ftanben, welches jut ©efleibung eines geifU
lieben SmteS überhaupt, unbbeSißfarramteSimbefonberen,
unfähig war. ®8 ging bann bei ber Snforporation einer
Pfarrei }War baS ©efamtoermögen, nicht aber bas
Pfarramt über, fonbern eS erwarb baS butdj bie 3[ncorpora=
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80
Ufyrifl,
tion bereicherte Snftitut nur baS ißatronatrecht. die
^Sfarrefblteb aufredjt, fo ba§ nidht ein SSifat, jonbem Pfarrer,
felbft an ihr fungierte, non bem ißatronatsherrn befolbet.
dergleichen holte flott, toenn bie Snlorporation an
Sfrauenllöjier, Sllabemien, Uniberfttäten, ober ^ofpitäler
unter latfalen SSorftfinben gefchah-
3118 $eifpiele Wnnen hier bie in Cp. 7 X. De jure
patronatus (III, 38) genannte grauenabtei in ©nglanb
de 33inton, fotoie bie ßifierjienfer ^ouenabtei $immel=
thal an ber Slfatoa im ©peffart, bienen, toel<h’ legerer
bie ißfarrei ©rlenbach a. 2R. inforporiert tuorben mar,
fo baf? bie Slbtifjin non ^immelthal über biefe ißfarrei
baS ißatronatörecht auSübte'). das ©infommen beS
Pfarrer« mufjte bon Seit $u Seit bur<h bie Hbtei unb
ihre ^Rechtsnachfolger aufgebeffert »erben, um als portio
congrua gelten ju lönnen, unb bem Patron lag bie
SSaulaft am ©hot ber Äirche unb ben ißfarrgebäuben ob,
»ie foldjeS im Äurmainjer 2anbre<ht herlömmlt<h »ar.
2. Jure pleno ging bie Snlorporation an ©tifter,
Stbteien, Älöfler unb ähnliche Snftituten bor fich, beren
Sorftanb bem filerifalftanb angehörte, ohne epemt ju fein.
3. Jure plenissimo gefchah bie ftnlorporation in
foldhe ©tifter unb Älöfler, »eiche, bon ber bifhöflichen
SuriSbiftion epemt, unmittelbar bem ißapfle unterworfen
waren, nebenbei gewöhnlich auch als gefürftete Steigs»
jiifter unmittelbar unter Äaifer unb 9tei<h fianben.
die an jure pleno vel plenissimo intorporierten
Pfarreien angeflettten ©eelforger fonnten aber nicht
Pfarrer, fonbern nur Vicarii fein, ber SluSbrud parochus
1) ^fntoiporationSurtunb« Dom III. Ida» 1236 in ber Pfarrei*
repofitur Srtenbad) a.9Jt.
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8 ted)t$begriff Bon Pfarrei.
81
actnalis unb habitualis tfl nicht queüengeredht, fonbern
mürbe erft fpäter erbittet. Pfarrer mar afljeit nur
allein bet geifilicbe SSorftanb ber bur<b bie Snlorporatiou
bereicherten Stiftung.
Anfänglich vicarii natu Patroni amovibiles unb bem
SRöncbfianbe ongebötig, mürben fte feit bem &ribentinum
Vicarii perpetui, unb maten nun auch regelmäßig bem
SätularfleruS angebörig, bie ber bifd&öflid&en Approbation
unb au# fßräfentation »on Seite beS fßatron, auch bet
bifcböflicben ^nftitution unb SnfiaEation, beburften ’).
$>a hierbei au# auf eine ftanbeSmäßige Portio con-
grua gebrungen mürbe, mel#e ber fßatronSbett bem
Sitar an ben 3abreSre»enuen felbfl unmittelbar anju=
meifen batte, fo untergeben fi(b Totere Vicarii perpetui
atterbing« febr menig »on ben mirtli#en Pfarrern, ohne
jebo# fol#e bem tarnen na# §u fein.
SBegen biefer bö#ft naben Stellung jurn mirfli#en
Pfarrer, beim ber fpäter fogenannte »parochus habi-
tualis< fianb nun ber Seelforge fo fern, baß er unfähig
ersten, innerhalb ber intorporierten Pfarrei pfarrliebe
Sitte »orjunebmen, »erbreiten fub bie fianouiften feit bem
ffrribentinum febr meitroenbig über biefe Vicarii perpetui,
jie auch niebt feiten mit ben mitfli#en Pfarrern »ermif#enb.
Richter, Candidatus jurisprudentiae sacrae, Lib. I
Tit. 28. § 3. De vicario parocbi. Sciendum, vicarios
in Divinis, seu in benefieiis, maxi me parochialibus esse
in duplici classe, nempe perpetuos et temporales.
Ex his perpetui vocantur, qui in beneficio jus et
1) Set gnoeftitur auf bie pfarrlidje ifjfrünbe waren fte
jebodj unfähig, biefe ftanb oielmehr atljeit bem 3nlorporation8»
patron ju.
5Eb«L OiMitalfttift. 1890. p«ft I. 6
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82
U$rig,
titulum obtinent, saltem utilem pensionis ex reditibus
parochialibus sibi assignatae, quae portio plerumque
et tertia pars redituum, nonnunquam tarnen etiam
major yel minor, modo sufficiens ad congrnam susten-
tationem vicarii, juxtadeterminationem episcopi. Trident .
Sessio VII cp. 7 De ref. »Atque tanta sit, utpossit
etiam hospitalitatem exercere erga peregrinos et miseri-
cordiam erga pauperes, jura episcopalia solvere, alia-
qne onera supportare«. Cp. 2. X. De supplenda
negligentia Praelatorum. (I, 10) Hujusmodi vicarii
aequiparantur veris parochis , nec posaunt pro libitu
amoveri, sed solum ex causa in Jure approbata. Cp.
unicum, De officio Vicarii (I, 7) in Clem. Clemens V
in Concilio Vienensi (1311). Quae de ecclesiis curam
animarum habentibus per receptionem aliarum similium
amittendis, ac de ipsarum rectoribus promovendis ad
sacerdotium, et de eorum aetate, a jure statuta noscun-
tur, in perpetuis ecclesiarum paroecialium vicariis et
assumptis ad eas volumus observari«. $ierna$ tmirben
f<$on in jener 3eit von ben Vicariis perpetuis alle Eigen*
fctyaften geforbert, toie fie bie Canones von bentvirf*
lid&en Pfarrern verlangten 1 ).
5ßi<$let fä^rt fort : »Ad vicarium perpetuum per -
1) SBenn l)ier $id)ler beife&t: Vicaria autem perpetua est
proprie dictum beneficium, unb böbci fid) auf cp. 27. X. De
rescriptis (I, 3) beruft, fo ift baS unrichtig. Sine Vicaria per-
petua an Pfarreien ift niemals beneficium, unb eS tuirb ber
Vicftrius perpetuus oom ©ifäofe auf bie üon if)m $u toermefenbe
Pfarrei nidjt inveftiert, fonbern nur auf ba$ Pfarramt in-
ftituiert. Äu$ befiehlt $apft ÄlemenS III in cp. 27. X. De re-
Bcriptis nur, baß bem Vicarius perpetuus bie portio congrua
gereicht »erbe.
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fflec^tSbegriff tion Pfarrei.
83
tinettota cura animarum, ei exercitium juris parochialis,
ita, ut rector ecclesiae, cui parochia incorporata est
se immiscere non debeat aut possit, vivente vicario et
invito. Ita doctrina communis , et ratio est, quia
pastoralis cura actualis tota vicario commissa est, isque
in omnibus aequiparatur parocho, adeo, ut quidquid
de parocho reperitur statutum in Jure, etiam intelli-
gendum veniat de vicario perpetuo.
Ad summum igitur penes rectorem principalem
est cura animarum in habitu, penes vicarinra autem
in actu. Quam vis ad rectorem principalem pertineat
exercitium juris parochialis quoad forum externum et
contentiosum in defendenda ecclesia, item reparatio
fabricae, saltem si maiorem fructuum partem percipiat,
ut adeo vicarius perpetuus melius vocetur rector ani¬
marum, quam rector ecclesiae, nisi et reliquam curam
ex speciali commissione habeat etiam pro foro externo«.
So blieb ber ßfyarafter beS Vicarius perpetuus bis
jur ©äfutarifaticn 1803. 6t batte alle pfarrlicben Obs
• liegenbeiten in Hnfebung ber ©eelforge auf ftcb, berfab
baS ganje 3hnt, bocb beS -JtamenS unb XitelS Pfarrer
tonnte er fi<b ntc^t erfreuen, meit biefer bem rector
ecclesiae eigen blieb.
SWacbbem aber bureb bie ©äfularifation b. 3. 1803
bie ehemaligen Stifter unb Slbteien erlösen, unb in
4>inft<bt jener, melden Pfarreien ütlorporiert maren, ber
©baralter eines rector ecclesiae auf ben l. fJiSfuS als
9Ke<btSna<bfolger toegen mangelnber geifllicber SEBeibe nicht
übergeben tonnte, fo mürben fämmtlicbe vicarii perpetui
ber inlorporierten Pfarreien mit bem Sfogenbliäe beS
SuftanbelommenS beS 9leicbSbeputation$bauptfcbluffeS
6 *
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84
0.26.fjeb. 1803 ipso facto et jure reirflidheißf artet,
fo bafj bem Staate nur noch bie Aufgabe oerblieb, bicfe
Stifts* unb Älofterpfarreien nun neu ju organifteren.
3u biefem 3 WC( * e toutbe in Sapern mit allerb.
58. ü. 4. $uni 1804 (2>öIIinger, Sammlung ©. 8 § 467)
oerfügt:
1. 2>afj bie ftompetenj ber Älofterpfarreien ju be=
fielen ^abe a) aus einer beftimmten ©elbfumme, b) auS
einem beftimmten Quantum ©etraibe, c) aus bem nötigen
Srennholj, d) auS einer gereiften Ülnja^l ©rünbe jur
Unterhaltung einiger Stüde Sieh.
2. 3)aS Minimum einer folgen Äompetenj reurbe
feftgefe^t auf 476 bis 600 ©ulben, bann 6 Walter
Stoggen, 2 SJtalter Äern unb 3—10 Älafter $olj, nebft
bem erforberlidhen WieStoachS jur Unterhaltung öon
3—4 Stfldf Sieh unb baS Wayimum auf 700 bis 800,
auch 900, ©ulben an ©elb nebft ben bemerken Naturalien,
wobei baS Srenttholj nadh Sebürfnis oermehrt werben
fann, ferner reurbe für einen ^ilfspriefter 400 ©ulben
auSgefefet
3. Sei ben Pfarreien, reeldhe bis bahin excurrendo
oerfehen würben, unb bei reeldhen feine eigenen 2Bohn=
gebäube für ben Sfarrer, Wefjner, foreie audf» leine
Sdhulhäufer, beftehen, foHen oorjügtidh bie ©emeinben
jut Uebernahme biefer Saften aufgeforbert »erben. SiS
bafür geforgt ift, foHen bie Neligiofen, reeldhe berglei<hen
Sfarteien oerfehen, ihre bisherige Wohnung im Älofter
beibehalten, wenn nicht über bie Äloftergebäube auf eine
oorteilhafte Slrt bisponiert werben fann.
4. S)ie Älofterfirdhen, mit reeldhen eine anbere jreedf*
mäßige Settoenbung gemacht Werben fann, unb reeldhe
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9tec$tSbeflriff Don Pfarrei.
85
burdh Saum unb burch ihre Sauart ft<h auSjeübnen,
foHen erhalten uub ju fßfanürdhen beftimmt toetben.
3b te Unterhaltung ift aus beu Quellen }u beflreiten,
rnelcbe bie ©efefce bafür anmeifen, aufcerbem lönnen Sei:
träge aus anberen reiferen Kirdhenoermögen, aus bem
©rlöfe ber alten ißfarrfirchen, aus bem gonb gelüfteter
unnötiger Kapellen, aus ben Kapitalien ber Sruberfdjaften
u. f. ». bafür nach ©rforbernis angeorbnet merben.
•München 4. 3uni 1804. 2ln bie Sanbeäbireftion in Ulm
alfo ergangen.
©in b- fönigl. b. ajtinijterialerlajj 1 .17. Slpril 1824
an bie f. Regierung beS DbermainfreifeS (®öHinger S.
S. 6 . Sb. 8 . § 472) fügte bei: „Sugleid? wirb bemerlt,
baff fotuobl für biefe Pfarrei 3t. als für anbere ähnliche
Klofter unb ©üftSpfarreien, bereit Unterhaltung oom f.
Setare angefprodhen, unb beren nötige Dotation für
unjureichenb gehalten toirb, eine Sermehrung berfelben
für bie gulunft, nämlich oom Anfänge ber lommenben
^inanjperiobe an, cinjuleiten, unb burch Senehmen mit
ber l. 9tegierungSftnan}!ammet ju forgen fei, bamit ge*
legentlidh ber ©tatSformierung für baS lünftige Subget
bie geeigneten Sormerlungen erfolgen".
V. 3)ie ehemaligen Silarien an fonber*
heitlidhen milben Stiftungen.
$)ie bisher befprodhenen vicarii perpetui betrafen
inlorporierte Pfarreien, unb eS tourbe gejeigt, toie jie
mit ber Sähilarifation ». 25. geb. 1803 ipso facto et
jure felbflflänbige Sfatrer mürben.
Sieben ihnen gab eS bamalS auch noch Silarien an
©onbetürdhen, bergleidhen 3 . S. bie ^ofpitaloifarie ju
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86
Wo,
•Jteuflabt a/S. eine war. Xiefe am 4. Bto». 1430 gegiftete
Seelforgjtede, welche »on bet Stabtpfarrei Bteuflabt a/6.
burchauS unabhängig mar, führte beShalb ben Blamen
Vicaria, meil bet an ihr fungierenbe Seelfotger als
Stefitoertreter beS 2lbteS »on 33ilbhaufen angefehen mürbe,
nachbembie Pfarrei Bteuftabt a/6, in bie Giflerjienfer Sttbtei
Silbhaufen in granfen inforporiert rootben mar. Xiefe
SSifatie befafj in bem £ofpital «ne eigene Äapette mit
Äircbhof, unb mar burchauS, felbft in ber S3ermögenS»et=
maltung, ganj felbftftänbig, hatte ihre eigenen ©otteS*
bienfte unb befonbere Stiftungen, führte jeboch feine ?ßfarr=
matrifet, hörte folglich, als mit ber Säfularifation to.
25. fteb. 1803 bie 6ifierjienfer=2lbtei 83tlbhaufen erlofch,
jmar auf, eine Sifarie ju fein, fonnte babei jebodh nur ben
Gharafter einer befcbränften Pfarrei, fßfarrei ohne SEauf;
bronnen unb ohne SWatrilcl, annehmen.
©leid) mie man aber oormalS bie vicarii perpetui
überhaupt nur menig ton ben mirflidhen Pfarrern, im
gemeinen Seben gar nid)t, unterfchieb, fo mürbe aud)
biefer SSifarie in Äorrefponbenjen nun allgemein ber
Xitel „Pfarrei" ju teil, moton auch baS bifch-Drbinariat
SBürjburg unb bie »orgefefcte f. Regierung feine SluSnahme
machten. ®ie Spitalfeelforger »on Bteufiabt a/6. führten
bis }um heutigen Xage ein amtliches Siegel 1 ) unb fte
mürben auch *>om Xiöjefanbifchofe auSbrücflich als
„ £ ofpitalpfarrer"fanonifch inftituiert. 2Benn nun gleichmohl
1) SieftS SlmtSfiegel berßuratie SReuftabt a/6. ift einttarer
BeroeiS, bafj fie al$ eine felbftftänbige, mit pfarrlidjen Seiten be*
fleibete, Jhcratie anjufetjen fei, ba bie t. 8. t>. 21. 3uni 1834
(DöHinger 8. 8. 6. 8b. VIII. § 450) ouSbrfldlich gebietet, „bafc
nidjt ein befdjränfteS fiuratbfnefijium, fonbetn nur eine felbftftänbige
mit pfortlidjen Rechten betteibete ßuratie ein ftmtäfiegel führen bfirfe*.
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SRedjtSbegriff Don Sßfami.
87
in neuefler 3 e ^/ too eS ftdb um Sufbeffetung beS ©in*
fommenS banbeite, bie f. ÄreiSregietung ftcb oerneinenb
»erhielt, weil fraglitbe ©eelforgefielle nur ein „Äaplanei*
beneftjium* fei, fo fonnte bie« natürlich an ben erworbenen
Stellen biefer ©eelforgefielle nidbtS minbern, ba biefe
Slnftdbt mit ber ®ef$i$te in frajfem 2Bibetfpru<b fiebt,
unb fetbfi bie ©ebenllidbfeit beö ^od^to. bifcb. DrbinariateS,
fragliche ©eelforgefielle werbe in älteren Säften „ein
$ofpitalbeneftjium" genannt, tonnte nidbt als erbeblidb
befunben werben, weil biefe ©ejeidbnung fein Condradic-
toriom oon „.gofpitaloifarie" ober „.gofpttalpfarrei" bilbet.
VI. ®ie einfi oom SßroteflantiSmuS
jeitweiS offupiert gewefenen fatbolifcben
©eelforgfiellen.
9H3 ftdb }ur Seit ber ^Reformation unter bem 6dbuße
protefiantifcber Marone, ©rafen unb Herren, lutberifebe
ober faloinifdbe ©räbifanten in fatbolifdbe ©egenben
einbrängten unb oon $ilialftr$en Söefife nahmen, malten
fidb biefelben fofort überall ben Xitel „Sßfartei" an,
nidbt feiten würben bie ©emeinben oon ben ©ogteiberrn
au$ genötigt, ihnen Sßfarrbäufer ju bauen. 3" wandten
Xiöjefen, Wie j. SB. ber SBürjburget, war jebocb foldbe
Stomaßung nur oon furjer ®auer, ba eingreifenbe
gfitfibifdböfe, Wie j. SB. gürfibifdbof Julius ©dbter
(1573—1617), atebalb ben ÄatbolijifSmuS wieber berfieH«
ten. — Xto&bem Oerblieb aber bodb beim ©olle gewöbnlidb
bie nun einmal eingebrungene ©pradbweife, ben Äaplan
„Pfarrer" ju nennen, unb bie ©ebauptung aufjufiellen,
baß fie einfi eine Pfarrei gewefen.
© in foldbe« fam namentlidb in bem, fefct großberjogli<b
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Uflrifl,
babifchen, Orte Softool a. SW. bor, baS jje|t Sßfarrei
ift, »or^er aber eine Filiale bon greubenberg a/SW.
war. 9113 baher biefe gilialfhrche im 1767 burch
ben SEBürjburger gürjlbifcfjof SHbarn fjricbrid^, nach oor=
au3gegangener Dotation non ©eite eines gewijfen Erwarb
3ofeph grantenberger au3 SBürjburg jur Sßfarrei erhoben
würbe, fo würbe in bem ©tiftungSbrief bon 19. SRob.
1767 auSbrücflich erwähnt, bafj bie ehemalige Sßfarrei
99ojthal nunmehr wieberhergejlellt werbe 1 2 ).
VII. S)ie Äuratien ohne Sßarochialität.
Obgleich bie alten „Sßfarrturatien", b. i. Äuratien an
Sßfarrtirchen (ecclesiae paroeciale«) beutjutage mciflene
jum Wange wirtlicher Sßfarreien erhoben würben, als
99eifpiel mögen bie Sßfarreien SWainafchaff unb $omburg
a/SW., bienen, bie bor mehreren Sabrjebnten in bem
SEBürjburger Schematismus noch als „Sßfarrfuratie"
bejeidhnet waren, jefct aber „Sßfarreien" heife™, fo gibt
eS hoch Wirtlich auch i«t!t n0( h felbftftänbige ©eelforgflellen
ohne Sßatochialitäi, bergleichen j. SB. im SEBürjburger
Schematismus b. 3. 1877 ©. 15. 34. 39. 41. 81 unb
96 bezeichnet ftehen, Äuratien an Snenanßalten unb
©chlofefirchen. Sie finb als angehenbe, aber nicht au8=
gebilbeteunb auSgefliftete Sßfarreien ju betrauten, welken
ju ihrer SSoHfommenheit unb SEBürbe, um als „Sßfarrei"
ju gelten, itgenb ein Sftequiftt, SßfarrhauS ober hinreichenbe
^Dotation, noch abgeht. 3« Sägern ifl ben Sßfarrturaten
geftattet, gleich ben Sßfarrern ein 9lmtSfiegel ju führen*).
1) SBogttiater 6t. WitotnuSbüchtein. fjreiburg i. SB. @. 1880
Reiber, 6. 15.
2) Jturfflrftlicbe ®. 0 . 19. 92ob. 1803 SSöHingtr 8. 8. 6.
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9ied)tSbegriff von Pfarrei.
89
SJufjerbem ftnb hierüber bie allerpcbflen 33erorbnungen
». 13. 3uli 1811, 20. Sto». 1826, 27. Slug. 1808, 11.
2Rär$ 1809, 9. SRärj 1838, 1. $eb. 1812, 29. Januar
1816, 31. SRai 1821, 22. 3uli 1821, 3. Slugufl 1821,
6. S)e*. 1822, 23. Slp. 1826, 22. ©ept. 1829, 7. SRai
1834, ju Dergleichen. XöHinger 33.33.6.33b. 8 S. 480—511.
3n praftif<her 33ejie^ung ift ju bemerfen, bafj bet*
gleiten Äuratien ben tnitflidpen Pfarreien nicht nur orn
Slang unb ©infommen, fonbern aud» in Stofefiung be«
Umfange« ber feelfor glitten Siebte oft fe$r bebeutenb
nach Heben, unb, wa«bie firdjenpolitifch e Stellung
anlangt, bergtckben Äuratien im Aönigrei$ 33apern in
ben Sluralfapiteln jtoar aftioe« 2Bablred)t beft^en, jjebodb
ju ber SEBürbe eine« ®elane«, ®efinitot unb ißrolurator,
fotoie eine« ®iflrift«= unb Sanfcrate«, nidpt gewählt
»erben fönnen 1 ).
VIII. ©rwerb ber ißarocbialität burch Union.
Slucb bur<b Union lann eine Äuralie ben ©barafter
unb Xitel einer ißfarrei erwerben. SU« 33eifpiel bient
bie jefcige Pfarrei gilbtelberg bei 33apreutb.
Slnfänglitb nur eine Auratie, würbe biefe fpäter
»b. VIII § 482 «Herb. I. 8. o. 11. Xejembtr 1811 $8Hinger
8. S. ©. SOb. VIII § 436. N 1 „«De fatbolijcpen $elanate unb
Sßfanticn, fotoie «auch ade felbftftänbigen Siifariate unb
Äuratien, toeldfe oI8 ftobile ©teilen ju beobachten ftnb, foHen fidj
in 8»tunft ju ilfren amtlichen Rorrefponbenj* unb Urlunbenauäfer*
tigungen gleichförmiger *mt$jieget bebienen".
i; «Herb. *• »• »• 5. «pril 1826, DöHinger 8.8. @. 8b. 8
§ 335. N III. 1.
©efefc, bie öffentliche Armenpflege betr. V. 29. «pril 1869.
«rt. 40. «6f. 2 (@efe&. 81. 1869. ©. 1121).
SaSfelbe ®ejeß «rt. 7 mit ber ©emeinbeorbnung «rt. 172 «rt 2
lit. d. «rt. 6@ejef biefBaf)! ber Sanbtagäabgeorbneten 0.4. Quni 1848.
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90 Uf)rig, JRedjtSbtgriif oon Pfarrei.
mit bec ißfarrei Dbertoatmenjleinacb beteintot. Unb
obfcbon barnacb Dbettoarmenjieina^ }u einet Äaplanei
begtabirt unb in eine ©jpojitut oertoanbelt tourbe,
berblieb bo<b bei bet ©eelforge gichteiberg bet i£itel
unb baS 3lmt einer „ißfarm".
Stepojituraften bet ißfarrei gidjtelberg.
IX. Segtiff bet ißfatrei.
9ia<b biefet Unterfudhung bliebe nun noch übrig,
ben ©egriff bon Pfarrei aufjuftellen. 2)ieS fiöfjt }toar
beäbalb auf einige ©djtoierigleiten, »eil bet erft im
Saufe bet 3ett aufgefommene 9lame Parochia nicht bem
äßefen biefeS ©egriffeS, fonbern nur einer ©igenfchaft
beöfelben mit 9tüdfi$t auf bie Suöbehnung auf eiuen
Sejirf bon 9ia<hbar familien, entnommen ift. 3n=
bejfen fönnen mit erttären, baß unter iß f a t r e i (Parochia)
^eutigentaged eine örtlich genau umgrenze Abteilung
bet bifcböflidhen S)iöjefe begriffen »erbe, mit meldet
bie untet bifdjöjlidhet unb lanbe«hertli<her ©enehmigung
jum felbfiftäubigeu Slmte auögebilbete unb auögefliftete
©eetforge berbunben ift.
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3.
Sateinifrfje ^mtun, Slntiphonen u. f. w. auS ber cf|e-
maligen iMegiatfirdje, bejw. btm früheren ©enebiftiner-
flofler ju ©tttoangen.
Cin Beitrag jur $pmnologie tmb aut ®ef(5Hte btr
genannten flinke.
Bon $rof. Dr. Sagtlmann.
Die Duette, auS melier für na<hftehenbe S3eröffent=
lichung geköpft tourbe, ift ein fauber auf Rapier ge»
fcbriebener ©ammelbanb in Quart, beffen ©enüfcung
burch bie §reunbli$feit beS $errn 3MerS ©tubenPott in
©tttoangen ermöglicht mürbe. Der erfie Deil enthält ein
©toprium ber ©ttmanger Äottegiatfirche auf 123 blättern
ohne 3ahre8}ahl; — ber jtoeite eine SHbfcbrift ber &)ox>
orbnung beS jtoeiten gürflpropfks toon Etttoangen 2tbal=
bert L Pon 9te<hberg (1461—1602) auf neun ©lüttem
(bie Schlußformel famt Datum ifl meggelaffen). Der
3. Deil befielt aus 2lbf<briften pon Pier Urlauben, bie
Stiftung pon ©boroifarien ju ©. betreffenb, unb jtpar
au« ben 3ahren 1511, 1601, 1608 unb 1601. Sitte
brei Deile ftnb pon einer unb berfelben $anb getrieben;
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SDmangtr §gmncn.
fonach fann bet Schluß be! 3J!atmffripte! nid^t früher
als am Anfänge bei 16. Sahrhunbertl juftanbe gekommen
fein. 9tach ben Schriftzügen ju fchliefjen ift el auch nicht
jünger, unb bie Sbfchriften bet 2. unb 3. Abteilung
bürften ungefähr gleichzeitig mit ben Originalen ge»
macht fein.
2Bal ben 1.Seil betrifft, bet allein hie* iw Betracht
fommt, fo ift, ungeachtet in ber $anbf<hrift bie Bejeich»
nungen fol. 53 in nostro Collegio, fol. 60 huius Collegii
unb fol. 90 In nostra ecclesia Collegiata Eiwangen
oorlommen, hoch nicht ju bezweifeln, baß einige! toom
Inhalte biefel ißroprium noch au! ber Seit Dot 1460
ftammt, in meinem 3 a h r bal Benebütinerflofter in ein
weltliche! Äoüegiatftift umgetoanbelt tourbe.
Bon bem Sitel ber $anbf<hrift ift leibet bie obere
rechte ®<fe, beiläufig ein Biertel bei ganzen Blatte!,
aulgeriffen*). Born Äopf ftnb noch bie $3orte übrig:
Seqnnnt.In Elw.Corpo.In aula:
Sann folgt auf ber nämlichen Seite ein Bezeichnt!
bet Sefie, bejiehunglweife ber ^eiligen, beren Offizien
in biefel äDtanuffript aufgeuommen ftnb. SEBit geben
el hie*/ inbem mir für bie beiben erften gefte ba!
Slbgeriffene au! bem nachfolgenben Seft ergänzen:
De Gefminis Speosippo etc.]. 1
De Scto Befnedicto].21
De Annis Cristi.35
De Sanctis Domitilla etc.47
De Quarto et Qninto .50
De Scto Bonifacio.53
1) 2)aS 8. Blatt hatte ein ähnliche! ©djictfal. 9?ur ein
meittofe! Stflddjen ift babon übrig.
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Sogelmaitn,
93
De Sctis Sulfpicio] et Ser[viliano] ... 56
De Scto Yito Patrono.60
De Scto Achacio etc. ').81
De Scto Benigno.90
Presentacione Marie V.106
Processione S. Emerami .120
Processione Scti Jercraifmi].121
Ta§ ber Slusbrucf Proprium auf bem feljlenben
©tücfe beS Titelblattes geftanben fei, ifl nic&t toa^t*
f$einli<$. |>ier ifl er aus folgenben ©rünbett getoäplt:
Tie #anbf$rift enthält §auptfä($lic& bie freier ber 17
Äir<§enpafronen ober ©tiftsfieiligen oon ©ütoangen, t»on
welken ^Reliquien bafelbfi aufberoafcrt toerben. Tiefe fxnb:
Gemini (genauer Tergemini) ©peuftppuS, ©leuftppuS
unb SReleuftppuS am 17. Januar *), an meinem Tage
1) gm Jtjte Ijeißt bie Ueberfc^rift: In festo Oecem miliam
martirum.
2) S)ie $age, auf toelche bie einzelnen gefte fielen, ftnb in
unferer £>f. nicht bezeichnet. SBir geben fie nach bem gebrueften
ettoanger proprium öom $. 1631 unb, fotoeit fle barin einge¬
tragen finb, nach bem alten ®fltoanger falenbarium, roelched
Dr. 3- $L ©tefel nebft SRetroIogium in ben „(Sllmanger unb
SReredheimer @efd)idjtgquellen" als ©etgabe $u ben SBürttemberg.
©ierteljahrdheften für Uanbedgefcbichtc gahrg. XI (Stuttgart,
tfotybammer 1889) ^erauögegeben bat. 6. auch Ä. Ä. ©udl, 5)ie
Stiftdftrche unb bie Stiftdheiligen ßllroangend. IRabendburg 1864.
6. 77 ff.
Uebrigend fennt bad ftalenbarium bie obigen ^eiligen beim
17. gannar noch nicht, fonbern hat bafelbfi nur >Antonii mo-
nachi,« währenb ein aud ber Äugdburger Stamfirche ftammenber
Äobej bed 11. ober 12. 3ahrhunbertd bereitd enthält »Speosippi
et aliorum« ($öhnd, Oefdj. b. Tirchl. Siturgie bed ©idturnd ®ugd-
bürg S. 235—239). $agegen fmb zunt 23. 2Rai eingetragen
»Sanctorwn Sulpicii et Semiliani martyrum« (Oebächtnidtag
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(Mwanger $tpnnen.
auch ihre socii 9Jeon, £urbon, Seonilla unb Sunilla
fommemoriert würben; S)omitiIIa, ©ufrofpna unb ^co-
bora am 7. 3Jtot; QuartuS unb üuintu* am 10. SJtai;
Sttartprer 93onifajiu$ am 14. SJtai; ©ulpijiuS unb ©er*
DilianuS am 23. 2Jtai; bet $auptpatron 33itu$ am 15.
3uni unb SenignuS am 1. Sftooember.
Sffienn um$ 3a^r 1500 noch ein proprium getrieben
tourbe, fo fann bie$ nic^t befremben. Qroax enthalten
bie Dom päpftlicpen SeboBmächtigteu, bem Äarbinalbifdhof
5ßeter non 2Iug$burg, am 2. April 1460 für ba« ©tift
erlaffenen Statuten unter anberem bie Sorfdhrift: Volumus
quod Decanus et Capitulum mox breviarium novum
Ecclesie nostre augustensis conscribi faciant. 3CHein
abgefehen baoon, baß ungefähr breiig Abfdhriften, bie
ba« ©tift benötigte, it<h nicht fo raf<$ fertigen ließen,
wie auch barauS ^er^orgeht, baß 41 $ahre fpäter ber
Äarbinallegat Staimunb biefelbe $orberung toieberholt *),
ihrer Iranstation, ©uSt im ©eutfchen ©ollSblatt 1889. No. 56,
w&hrenb p c ( n b cn Acta Sanctorum 2, 745 beim April, als bem
lag ihres SttarttjriumS fielen, unb im genannten Augsburger
ftatenbarium beim Dltober, unb $roar bem 8., atS IranSfationS*
tag, an welchem Reliquien noch Augsburg gelangten, wie $öpncf
272 Oermutet), ©eint 15. 3uni finb >Uiti, Modesti et Crescen-
tie« , beim 1. Aoöember »Festivitas otnnium sanctorum. Ce-
sarii, Benign i martyrumc atS ^auptfefte mit roter linte öon
erfter $anb eingetragen; hi nn) ^öerum fchwarj $um 14. SJtai
»Rome Bonifacii martyris« öon fpäterer £>anb, unb öon noch
fpftterer beim 10. Sftai »Quarti et Quinti martyrum« unb Wohl
erft im 14. Safjrljunbert beigefügt $um 7. 3Rai »Domitille, Eu-
frosine» Theodore martyrnm <.
1) @S barf auffallen , baß bie gorberung, baS Augsburger
©reöier abjufchreiben im 3-1501 roieberljolt wirb, ba hoch
nachweislich Dom 1479 (bejiehungSwetfe 1481) bis 1495 baöon
fechS öerfchiebene Ausgaben bereits im ©rucf erfchienen waren
($5pnd a. a. D. 340 fg.).
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SJogefmcmn,
95
»erficht es ßcß bon felbß, baß baS Stift neben bem
ÄugSburger Siebter ein ißroprium bemalten burfte, wie
ja nach Ginführung beS römißhen SrebietS wieberum
ein neues proprium geßattet würbe, nämlich baS im
3.1607 borbereitete unb 1631 gehäufte, ffiir fagen: ein
neues. Senn biefeS ift nicht etwa nur eine Neubearbeitung
beS älteren, fonbern eine fafl burcpauS neue Schöpfung.
Sie Negißratur ber Gttwanger Stabtpfarrei befiel
jweifchöneißergamenthanbfdhriften eines Liber ceremonia-
rnm Ecclesiae Elvangensis, bie eine getrieben bon ffiolf-
gang ^ermatt im 3-1656 (f. baf. fol. 89), bie anbere
bon Äarl gritfhinger im 3 - 1574, beibe nach bem bon SituS
Golbßeiner im 3 - 1536 berfaßten Original, baS berloren
ju fein fcheint. 3« ber älteren $f. (A) fol. 54, in bet
jüngeren (B) fol. -65 sq. lieft man: »Festum Sancti
Henrici Imperatoris vostro breviario non est insertum,
sed proxima die post Alexii colitur, et de eo per omnia
agitnr, nt in Breviariis Augustetisibus habetur, hoc
unico excepto , qnod in Primis Yesperis accipinntnr
psalmi: Omnia Laudate. So Diel iß alfo gewiß, baß
im 3 - 1536 Gjemptare beS SlugSburger SrebierS in
Güwangen im Gebrauche waren. — 3« betreff beS Lib.
cerem.Eccl. Elr. bergl. Sefdjteibung beS 0.=2l. GHwangen
467 Sfam. 1, wo inbeffen nur an bie jüngere $f. ju
benfen iß. Weil bie ältere (etwas boüßänbigere) erß
bor furjem ßdh wieber gefunben hat*
SluS ber $anbf<brift beS proprium iß hto nur
baS auSgejogen, was in gebunbener Nebe geßbrieben
iß. GS ßnb aber mehrere, berhältniömäßig niete, Ofßjien
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96
Sogetmann,
mit SluSnahme bet Orationen uitb ßeftionen, ganj in
33etfen abgefafjt. 2lu<b SJlone’S Sammlung enthält groben
folcher Dfftjien (f. 39b. 1 SBorrebe S. 12 unb toeitetbin
bie ©efänge unter n. 201. 326. 412.1042.1178.1183 l ).
Slufjer bet ^mnenfammlung Don g. 3 . 9JI one (M.)
ftnb verglichen bie »on 21. ®aniel(D.), g.SB.Slotb
(R.), ©. SWorel unb ©. 3Jt. S)reDe3 33b. 3 unb 4.
33ei ®aniel geben bie Sablen für bie 33ermeifungen
33anb unb ©eite an, bei ben übrigen bie Stummer beS Siebes,
©efänge, bie in einer biefer Sammlungen bereits gebrudt
fteben, ftnb im golgenben nur auSnahmStoeife Dotlftänbig
mieberholt, in ber Siegel aber nur bie SeSarten ber
©Um. $f- aufgefübrt.
2llS biefe 2lrbeit beinahe abgeföloffen mar, gelangte
ich butcb befreunbete $anb unermartet jur ©iuftcbt in
baS bereits berührte, fflrjlicb erf(hienene, bebeutfame
SBerl: „©efchi^te ber fachlichen Siturgie beS 33iStumS
2lugSburg. 3Jiit ^Beilagen: Monuments liturgise Augus-
tanae »on g. ä. .göbncf, Pfarrer in Äleinerblingen
1) 018 eine fpäte 3fad)tcitfung biefer au&erorbentlidjen Vor¬
liebe , frommen ©mpfinbungen in gebunbener {Rebe 0u8brud'p
oerleihen, borf e8 oielleicht gelten, bafj noch im 3- 1777 ein
Süchlein mit bem Xitel erjdjien: Devotio rhythmica, privato
neui concinnata, nnnc aliorum quoque commodie in laoem
data ab illnetriesimo et reverenditsimo D. Joanne ßaptieta
L. B. de Bornstein principalis ecclesiae Elvacensis Cano-
nico Cap. — Formis Elvacensibus Wagnerianis (260 Seiten in
Sebej). Xiefe, bem bomoligen gürftpropft 0. ©ütoangen unb
SBifchof oon 9tegen8burg 0nton ßfgnaj, @rafen flügger 0. tfircb*
Berg unb SSeifeenporn, gemibmeten ©ebidjte jeugen nicht nur oon
innigem (Befühl, fonbern auch Oon nicht gewöhnlicher fjormge-
toanbtheit.
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(SUmanger $gmtttn.
97
(SlugSburg 1889)", — was bann Weiterhin baju führte,
bafj bie ©üte beS |>errn SerfaffetS mit bon bem, im 3.
1584 auf Stoorbnung beS SifdhofS SNarquarb gebrudten,
ÄugSbutger Siebter bie beibett Sänbe bet Para aestivalis,
baS ©iuraale uttb baS Stolturnale, jut Serfügung fiettte *).
©a bildet bie ^pmnenfammlet bet SlugSburget ©iöjefe
fo biel als leine Slufmerlfamleit gefC&enlt haben, fo liefe
Ji<h erwarten, bafj fi$ manches Bleue batin finbe. Gbenfo
war )u hoffen, bafj bei bem engen gufammenhang jwifchen
Gtlwangen unb SlugSburg ©emeinfameS norhanben fein
werbe. ©ieS hat fid& auch betätigt, ©ie ©efänge beS
DfftjiumSDe praesentatione b. M. V. im GHwangerSDlanu:
ffript unb im StugSburger Siebtet iiimmen beinahe ganj,
bie beS DfftjiumS beS hl. Situs jum größten ©eil überein,
nie aber bie Seitionen. 3n biefen unterfd&eibet fich bie
$anbf<htift, wie fie eben auch ungefähr bunbert Qahre
älter ifl, überall baburch, bafj fte nodh bie ältere Sanier
beibehalten hat, nämlich nicht eine abgerunbete Ueberficht
über baS Seben ber ^eiligen, fonbern nur Srudhflüde
auS alten Serichten ju geben. Sgl. ^itynd 85 unb 292 fg.
©ajj baS Dfftjium De Praesentatione b. M. V.
nicht auS ben GUwanget Äloflerjeiten flammt, ifl fchon
banun ftcher, weil bie geier biefeS gefleS erfl im 3.1464,
alfo nach ber Umwanblung beS ÄloflerS in ein weltliches
ÄoIIegiatflift, in ©eutfchlanb Gingang fanb*). Ob nun
aber bie gemeinfamen Sieber ihren SBeg bon Güwangen
nach SlugSburg genommen haben ober umgelehrt, rnüffen
1) 3n ben (Eitöten ifl immer biefer ©ommerteil gemeint.
Kur an einer ©teile, melc^e $r. ^ögnd gefadigft bergigen
hat, ifl bie Pars hiemalis auSbrfidlid) als foldje bezeichnet.
2) ©. ftirc&enlejifon # r8rcfte" unb $öt)nd 280.
Z$coL Duartalfehrift. 1890. 4>cf* I. 7
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98
Bogetmann,
wir bec Unterfucbung anberer fibertaffen. @benfo wenig
fann hier auf biefe grage eingegangen werben in Sejug
auf ben t)t- Situ«. 3Btr ffigen nur an: SBiewobl ba«
gebrudfte 6Hw. tßroprium non 1631 im Dfftjium biefe«
Zeitigen bie Stelle enthält: unde S. Viti solemne
patrocinium erectum, sanctusque adoleecens inter
Germanos certior factus, maiore cnltn coeptue cst
bonorari, — unb wiewobt bie SSerebrung auch anberer
©Hwanger Äircbenpatronen in 2tug«burg Aufnahme erfuhr;
fo bfirfte bodb #öbn<f« 83orfi<bt SJeifaU betbienen, mit
ber er 6. 252 8nm. 351 (bergt. 6. 238 fg. unb 271 fg.)
e« ni<bt ffir nötig hält, auch ben bl- Situ« gerabe bon
©ttwangen betjuleiten, „ba er überall oerebrt würbe *)".
#aben Wir bereits bie grage berührt, — in Wetter
Seit bie Sieber entffanben feien — eine gtage, auf bie
Wir nadjbet noch einmal jurücffommen mfiffen, — fo
lägt fftb auch fragen, wie lange ba« atte tßroprium no(b
in Uebung geblieben fei 3ft e« f$on an ftdb wabrfcbeinlidb,
baff biefe« bi« jur (Sinfäbrung be« neuen am Anfang
be« 17. Sabrbunbert« ber galt war, fo wirb biefe SBabr*
fdbeinlicbfeit wefentlidb erhöbt burcb bie ©ewiffbeit, baff
ftdff wenigfien# für einen Xeil ber ©efänge au« bem
bereit« erwähnten Liber cerem. Eocl. Elv. befHmmt
nacffweifen täfft, baff fie noch ln ber jweiten #älfte be«
16. 3 a h r h un bert« in Stnwenbung lamen. 3» ber $f.
A biefe« Liber cer. fol. 51, in B fol. 62 heifft e« nämlich
beim fjefie be« hl- Situ« u. a.: In primis vesperis
1) @o ). B. auch in $affau nach einem ftirdjenfalenbet be«
13. 3 a h*hunbert«. 6. ^iftortfdj-polit. Blätter 1889. Bb. 103.
$. 8. ®. 619 f.
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SQwanget §t)mnen.
99
post Benedicamns itur processionaliter ad pavimentom l )
cnm antipb. 0 crnx gloriosa, cum et oratione de
8 . Cruce. Tn suffragiis pro pace omnia cantando.
3Ran üergleiche bamit unten n. 36. 9ta<h bet SWife^t
in ben Chor fy. Isti snnt sancti. SBeitet^in bei ber
ißrojeffion na<b bet Sept, jum JEeil außerhalb ber flirre,
»erben bieSRefponforien: Correptus agenitore (f.n. 88)
unb Vitus Lucanus (n. 41) gefungen. $ier befielt jebod>
bie Äbtoeicbung, bafj int proprium bas erftere Stefpon*
foriunt fd^on in ber erften SJefper oorfommt. 5Ra<h ber
9lfidfCe^r in bie Äitche beginnt im ©d?iff einet ber ^toPiforen
bie Shttiph- Gaudens ecclesiae (n. 51), int ißroprium
als Ewangelicalis Antiph. bcjeichnet, »eil Benedictus
Dominus Deus Israel barauf folgt (f. unten Sinnt. 1
ju n. 8), unb bei ber Stfidfehr in ben Sbor ertönt ba«
Stefponforium: Ex parentibus ethnicis (n. 39). — ©ei
bet $rojeffton junt SUtar beS t)I. Cnteram (Lib. Cer.
A foL 59, B fol 72) fommt ni$t nur ber ^pmnuS
Hic est verus (n. 96) toor, unb bei ber ißrojefjton jum
SlUar beö $L ^ieronpmuö (Lib. cer. A fol. 60, B fol.
73) ber 4>pmnu3 Lande landet (n. 97), fonbern aud)
biefelben Stefponforien, Slntiphonen unb Orationen »ie
int alten proprium.
fDie meinen ber ©efänge, »eiche im 9to<hfolgenben
bem SHroanger (lanbf^riftli^en proprium entnommen
ftnb, bfirften bisher unbefannt fein. Sollte jtch auch
in ben Sammlungen, bie i<$ nicht Dergleichen lonnte, ba«
eine obet'janbere Stüd finben: immerhin »erben ei
1) $. i. in ba« btr ßirdie, unb jmar *um Äreujaltor,
OTfll. ^#pnd 179. 190. 192. 193. 197.
7*
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100
Sogelmann,
Wenige fein; benn, tote bereits bemerft, in feiner ber*
fetben ifi bie ehemalige Stiöjefe äugSbutg berücfftftigt,
unb nof Weniger ift bieg bei ber ^ieftgen Äitfe jum
bl. Situ« ber gaH.
S)a« ifi e« nun, warum biefe Seröffentlifung al«
ein Seitrag nift blofj jur $t?mnologie, fonbern auf
}ur ©effif te ber $ieftgen StiftSfirf e unb jum 5£eil
be« borget befianbenen Senebiftinerflofier« gelten möchte.
Qm UJUttelalter batte ja jebe« Älofler unb jebe« Stift
fein eigene« Siebter. SJlone bat in ber Sorrebe }um
jweiten Sanb feiner Sammlung barauf bingewiefen, w baft
bie ^eiligenlieber für bie örtliche unb lanbffaftlife
Äitf engeff tf te, beachtenswert ftnb unb für geff iftlif e
Hilfsmittel gelten.H^ntf gewinnt auch bie ßittcrär*
geffifte, benn in einer Siefe bon Siebern auf einen
Äirf enpatron wirb man bie Stufe ber Silbung unb bie
Seff affenbeit ber geifllifen Stiftfunfi be« Orte« lennen".
S)afj nun aber bie dntfiebung wenigflen« eine« Seile«
»on bem, wa« unferem ißroprium im firengen Sinne be«
3Borte« e i g e n ifi, in bie $eit be« SejianbeS be« Senebif*
ünerllofier« fällt, lägt ji<h ff on barau« erfennen, bah in
unferer Hf- ba« Offijium be« bl- Senebiftu« noch unge*
mein reiflich bebacht ifi unb febr biele« enthält, wa«
man anberwärt« »ergeblich fucht. Stuf wirb niemanb
glauben, bah nach ber ^Befreiung oon ber Siegel jene«
Heiligen ein ÜJlitglieb ber Weltlichen ÄoHegiatfirfe feine
Segeifletung für biefen DrbenSfiifter in ber Schöpfung
fo jablteifer Stiftungen auSgeftrömt hätte. Dbffon
nun fefifiebt, bah ba« $efi be« bl- Senebiftu« auf
fpäter nof burf eine eigene freier auSgegeif net würbe
(f. Lib. cer. A fol. 23 unb B fol. 20), ja nof heutige«
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SUnmngtr ^»gmnen.
101
DagS burdh ein gefangenes amt begangen Wirb; fo ift
bodh b«tOor$ubeben, bafj bereits im Lib. cer. (A fol.
77 uub 78) baS §efi biefeS ^eiligen nidht unter benjenigen
aufgejäblt ifl, bei weldhen ber Drganift Dienft hatte, unb
bafj baS proprium o. 1631 über ibn fchroeigt. ®S liegt
in ber -Matur ber ©ad&e, bafj biefe geier infolge bet fonftigen
SSeränberungen im Saufe ber 3«it eine abfchwächung erlitt.
Der Seacbtung biirfte auch teert fein, baß in bem
bereits genannten ölteften Äalenbarium, beffen frübefte
©inträge aus ber elften foälfte beS 12. SahrhunbcrtS
berrflbren, nicht nur baS befanntlid& fpät eingefübrte $efi
De praesentatione Mariae V., fonbern audb baS ^eft
De armü Christi fehlt unb baS de S. Achatio ober
Decem milium martyrum erft burdh fpäteren ©intrag
erwähnt tft- Da nun aber biefe gefie, auf welche es
übrigens au<b an anbeten Orten toiele Sieber gab, in
unferer £f. but<b zahlreiche eigene Dichtungen hetootragen,
fo barf man ben ©dhlufj ziehen, bafj biefe poetifd&en
©rzeugniffe erjt fpäteren UrfprungS finb. 2fa, toir mfijfen
für alle biefe ©efänge bis ins 14. unb 16. Sahrhunbert
heraufgehen, fofern fie burdhauS oerfifijierten Offizien
angehören. Denn erft gegen @nbe beS SDtittelalterS {am
biefe gorm in Uebung, tourbe bann aber febr beliebt *).
auf groben, weldhe SWone geliefert hat, ift bereits oben
hingewiefen, $öpncf aber zählt im augSb. Sreoier „etwa
1 & Offizien, Weldhe in ben 3noitatorien, antiphonen unb
füefponforien mehr ober weniger gereimt finb*)".
gür bie ©efdhichte beS hteftgen ÄlofierS bürfte aber
1) Sßone I öortebe 42 utib $ötjncf 87 fg. unb öl.
2) „Sitte jujaimnen finb gletc^fam eine lur$e gereimte ßebenl-
gefäidjte ber ^eiligen“. $öyn<I 87.
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102
Sogelmann,
ein, wenn aut ganz Heiner, Seil ber na^fie^enben
Sieber noch aud einem anberen ©runbe einigen SBert
haben. 3*® at finb reiAlid^e Nachrichten über bie Neckte
unb Vorrechte, über Bepfc, ©innahmen, Stulben, auch
über bad Verhalten einzelner Äonoentualen, furj über
bad ändere Seben — Wenn mit fo fagen bürfen — bet
Slbtei aufbewahrt. dagegen non bem fachlichen, reti»
giöfen unb titterariften Streben unb Schaffen hat und
bie Ungunfi ber Seiten nur bürftige Nejie übrig ge«
lafien. SB ad bie Betreibung bed Dberamtd ©Hwangen
491 fg. unb bad Freiburger Jfatenlejilon (2. SCufl.)
unter bem Nrtilel „^ernennt“ aufzuführen oetmögen,
erfcheint fehr wenig für einen Seitraum non fteben Saht*
hunberten. Unter biefen llmpänben mup jeber Sicht»
Prahl wüllommen fein, ber aud, obfchon lärgltten,
Ueberbleibfeln einer fpätesen Seit auf bad geizige unb
geipii^e Seben bed Äloperd jurüdfftHt. Sad ©leiche
gilt im ©runbe auch für bie erfie Seit bed flottegiat»
Pifted (f. D.«3l.*Beftteib. 493).
Bei bem rein bifiorif<ben Stanbpunlt, auf ben (i<h
biefe Srbeit fteHt, iommt ber äPhetifte SBert ber ein»
jelnen Sichtungen nicht in Betracht. SJlag aut bied
unb jenes leinen befonberen ©eftmad nerraten, über»
haltet jum SOtinberwertigen jä^len, ed bleibt immerhin
ein Beweis non religiöfem unb beftauliten Sinn, ber
Pt Bern unb lange nerfenlt in $eildmabrheiten ober in
fromme Sagen, bei ihnen mit Siebe oerweilt unb pe in
immer neue Farmen Heibet. 6d oerbient Bewunberung,
Wie j. B. }ur ©rhöhung ber Feiet bed h^ Benebelt,
ber Seibendwerljeuge bed ©tlöfetd, bed Blutjeugen
Sltatiud unb feiner ©enoPen, ber Opferung SJlariend,
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Sütoanger Rinnen.
103
wel$e in einet SJtenge non Siebern auch anberwärtd
befungen würben, Variationen in beinahe unerfchöpfticher
gälte geraffen würben, Unb fclbfl biejenigen ©rjeug*
uiffe, beten gorm nach unterem ©efchmac! eine gewiffe
Unbeholfenheit an ftd^ trägt ober in’d ©pietenbe hinüber*
fchweift, ober bie fl<h ju einer und etmübenben Sud*
fü^rlicbfeit audbreiten, taffen bei ade bem noch eine
gewiffe gormgewanbtbeit, auf jeben gall aber bie hin*
gebenbe ©emühuug bed Sichterd um einen, über bie
vergängliche SBelt erhabenen, ©egenflaub erlernten.
^infuhtlich ber me triften gorm mfiffen wir ed
ber SRaumerfparnid halber bei einigen Wenigen ©enter*
lungen bewenben laffen, unb hoben babei fietd nur bie*
jenigen Stummem im Sluge, bie nach unterer ©ermuttuig
im hi^figen Äloflet entfianben fiub. @d laffen fleh jwei
#auptarten unterfdjeiben. Ser größere Seit ber @e*
fänge bewegt ftch in Stfgeutverfen, meiftend in bet Söeife,
Wie im 3talienif<hen unb jutn Seit im Seutfchen, n&m*
lieh fo, baR Wenig jiend auf bie meiften Steden, wo bad
SJtetrum eine Hebung, einen Sltud verlangt, ein ffiort*
afjent fällt, indbefonbere gegen 6nbe bed ©etfed, währenb
am Anfänge gröbere greiheit 3n manchen
©erfen ifi jeboch biefed Sufammentreffen von ©erd* unb
SBortalgent bermaRen vernachläfftgt, bah man eigentlich
nur mehr ©ilbenjählung barin wahrnehmen lann, unb
bah man bcöhalb wie im grangöfifchen bei fotchen SBerfen
manchmal erfl bann ind illare fommt, ob fie mit iam«
bifchet ober mit trochäifcher ©ewegung gu lefen ftnb,
wenn man einen gangen ©erd ober vielleicht fogar mehrere
burchgetefen hot. Siefe ftnb ed, bie und am meiften
badOefflhl bed gerben, um nicht gu fagen bed^olperi*
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104
Sogtlmann,
gen, ettoecfen. — ©ie anbere Srt bet ©erfe geigt quan*
titierenbe baftplifcbe #ejametet, unb beamtet in bet Siegel
bie antife ©rofobie; äuSnabmen fotten an intern Orte
angemetlt werben. ©iefe ^ejameter finb fogenannte
leoninifcbe mit ©innenteim, toelcbe ja im SJlittelalter
aufjerorbentUcb beliebt waten.
€4 ift noch übrig, non berSlnotbnung unb non
bet ©ebanblung bet folgenben Siebet ein SBott ju jagen,
©ie erfiete fcbtiefjt ficb ganj an bie #f- an unb ^iemit
auch an bie Süifeinanberfolge im Äalenbarium. ©ei bem
getingen Umfange tnirb baburcb bie Ueberji$tli$teit nicht
erfc^tnert. Um jebocb allenfalljtgeS 9ta<bf<btagen ju et*
leichtern. Wirb am Schluffe ein alpbabetifcbeS ©erjeicbniS
»enigftenS bet ^bmnen unb Slntipbonen angebängt. —
©er ©eft bet |jf. ifi unneränbert reprobujiert, unb erjl
in ben Stnmerlungen ftnb Äonjelturen angebracht. ©ie
ganje ©ebanblung ift eine fpra<blicb : ltitifcbe unb
gebt auf ben Inhalt nur fo »eit ein, als bie geftftcüung
beS ©ejteS baju jwingt. ©elbfinerftänblicb foS mit ben
ÄonjellutenbemSeffeten nicht norgegriffen »erben. SBenn
aber bet gtojje abfcbliejjenbe, non mebreten ©eiten erhoffte,
Thesaurus hymnologicus »«flieh juftanbe lommen foD,
fo»itb auch bet ©ienfl bet „Äärner" nicht ohne weiteres
}U nerfebmäben fein. Slolb fagt im ©orwort ju feinet
©ammlung: „SJlan belächelt nietteiebt biefe ©emübungen,
bie alten ©ejrte ju teinigen; biefelben netbienen aber
alle ©eaebtung, {ebenfalls gleiche »ie bie mit fo niel
Iritifcbem Stofwanb unb jabHofen ©ejtnergleicbungen
berichtigten alten Älaf jifer, jubem bie Siebet als ebrifiliebe
gtjeugniffe unb ©enlmälet bet poetifeben Jtircbenfpracbe
niel näher liegen*.
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eOmangec $$mntn. 105
Äudh bie äufjete ©efialt ber #f. iji im 2>ru<!e
untoeränbert gelaffen mit folgenben Ausnahmen:
1. 2>et Anfang bet SBetfe würbe in gewohnter
SBeife lenntlich gemalt, wähtenb in bet #f. bet Anfang
nut bet Strophen burdh bie Schrift au£gegei$net, unb
alles Slichtfitophibe fortlaufenb wie ißtofa getrieben
ift. Stuf bie tlnterfcheibung non Sangseilen unb Aut}«
}eilen — Wit haben in ber Siegel bie leiteten gewählt —
legen wit leinen 2Bert, weil jte auf ben SSottrag ohne
Einflufj bleibt.
2. S)ie ö 1 1 h o g t a f) h i e bet $f. würbe beibehalten
(auch * für &e unb oe) ausgenommen: Eigennamen unb
Dens belamen grofje SHnfangSbud&fiaben, bet SBolal u
unb bet flonfonant v würben unterbieten, bie $f* fe|t
y balb für y, halb für i, halb für ii, im lefcten gaH iji
ii gebruät.
S. SBähtenb bie $f- gar leine 3nt etpunltion
lennt, ni<ht einmal am Enbe eines Siebes, einet Seition
ober Dration, haben wir foldpe, übrigens fpatfam,
beigefügt.
[FoL 1] I. In nativitate Sanotornm Geminorum Speosippi,
Eleosippi et Meleosippl.
1. Ad veeperas Ymnua.
Sanctorum meritis inclita gaudia. S)ie flimrnt
genau }u D. I 203, ausgenommen ba& fte in ber legten
Strophe trina fiatt summa bietet, toorüber ®.’S Sn-
merfung 204 nad&jufe$en. SSrgl. D. IV 139 u. R. 267.
[Fol.21] n. De Saneto Benedicto in Choro Elraeensi sio agitur.
®aS alte ©Oto. ftalenbarium unb baS ftalenb. beS
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106
S&ogelmann,
Liber ceremoniarum Elv. ben beim 21. 9Rärj: Bene-
dicfci &bbatie $ beim 11. QuU Translatio sancti Bene-
dicti abbatis. SSrgl. *®in [tßaffauer] Äird&enlaleuber
bei 13. 3a$r$unbert$" in ben $ifiorif(!b^olitif(^en 83lät*
lern. 1889. »b. 103. $. 8. ©. 617 ff.
[Fol. 22] 2. Ymnu* Christ® fili Jhesu summe.
S)ie $f. jeigt Don bem %e& bei M. 838 (orgl.
D. IV 184) folgenbe Slbtoeidfrungen: 1 summe. — 4
nostram. — 5 qui (für quo). — 10 sempiterne (fl.
sempiterni). — confessor Benedicte. — 12 fie^t Dor
peccatis nnpaffenb ein p all Sbfürjung für pro, tooju
too$l bai folgenbe p picius Sfalafj gab. — 15 trinus.
3. Ew&ngelicalis Antiphona *)•
Magna semper et preclara
Deum decent preconia,
1) golgenbe IRotij toie onbert freunblicpe Beihilfe Derbanft
Cerf. bietet Äbljanblung $errn Repetent SHerüc in Tübingen:
»Antiphona in Evangelio ift fo Diel at* Antiph. ad Magnificat
ober ad Benedictus Dominus Deus Israel, f. SB* Herbert, De
cantu et musica sacra. 1774. T. I. L. 2. P. 1. o. 3. p. 330 sq.«
ober au<& }um Canticum Simeonis »Nunc dimittis« ($5pnd
406). — Sei M. 201 finbet ftcb gtreimo! Evangelii antiph., unb
326 unb 1178 ie $»eimal in Evangelio antiph. $afj Ewan-
gelicalis antiphona, »ouon uni no<$ a»ölf »eitere gereimte
©eifpiele begegnen »erben (bie oielen reimlofen in unferer $f.
ftnb $ier »eggeloffen) ebenfatl* fteti $u einem ber beiben erft-
genannten cantica gehört, laßt fic$ $»ar au* unterem banbfc$rift-
it<|en proprium ni$t ermeifen, »eil in biefem »eher bai Magni¬
ficat no4 ba* Benedictus D. D. I. irgenb einmal er»ft$nt finb,
baffir aber au* Dielen Stellen be* ÄugSburger SreDiet*, unb
au* bem Liber ceremoniarum Elv., »o jebeSmat auf eine Erang.
antiph. eine* ber bejeic&neten Cantica folgt. Unb in Dielen
[Jffiflen biefet Ärt ftimmt unfer proprium mit bem Lib. cer.
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Zwanget $9ntnen.
107
cuius igne spernens mundam
fulges in turba celicmn 1 ).
0 confessor Benedicte,
vota servorum suscipe.
[Fol. 28] 4. Ixmtatorium.
Ut Christo celebri iubilemaa laude, venite,
qui dedit eterne Benedicto gaudia vite.
5. In primo noetorno.
Ann. Benedictus tarn nomine
quam graciarum munere
e Nursia progenitus
Claris fulsit parentibns. Ps. Beatus vir.
Ann. Hic ergo Rome traditus
disciplinis scolaribus
nil scire duxit postmodum
nisi cmcifl misterium. Ps. Quare fremuerunt.
Ann . Mundam suis cum floribus
scienter sprevit nescius
Jhesuque ferens Stigmata
spelunce petit abdita. Ps. Dne quid multiplicati.
überein, ©ir müffen und hier auf ein$eifpiel befcbränlen. 3n
ber älteren $f. bed geremouienbuebed ^eigt ed fol. 52, in bei
jüngeren fol. 62 extr.: Unna proviaorrun incipit Ann.: Gaodena
eceleeia, aeqnitur paalmua Benedicta« düs deaa Iarael. 2Ran
orgL nun unten n. 51, welche Bwang. antipb. fetbft pari an bad
Canticom Zacharias anliingt, wie bie unter n. 85 an bad SRag«
nipeat
1) 3)ad zweite c ift jwar jweifeUod in ber $f., lann aber
für t oerfdjrieben fein, wofern nicht odictun für cadioerum ge»
W t|h
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108
Soflelmann,
6. Responsoriam.
Florem mundi periturura
despexit tamquam aridum,
Ut floreat in eternnm
Benedictas ante Deum.
ir Pennas sumens ut columbe
recessit gaudens requie. Ut flor.
7. RespoDsorium.
Agnosce, Dei famule,
surrexit Christus hac die.
Assunt quas misit epule,
cuius amorem percipe.
Hec dies quam fecit Deus,
in qua iubet exultemus. Assunt.
8. Responsoriom.
Electo grex mortiferura
patri ferebat poculum,
Sed vir Dei signo vite
vas rupit tamquam lapide.
[Fol.25]^ Intenderunt arcum suum,
ut perderent innoxiura. Sed vir Dei.
9. In secnndo noctorno.
Ann. Sanctum Romanus habitum
dans illi fert subsidium,
sed magister invidie
sevit in illum lapide. P$. Cum invocarem.
Ann. In specu sub quo habitat
Dei miles se cruciat,
[Fol. 24]
t
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GHtoangct Rinnen.
109
sed rex mundi cui militat
hunc sacerdote visitat. Ps. Verba mea.
Arm. Athleta Dei gravibus
penis ardens exterras
hostis in mente iacula
igne restrinxit ignea. Ps. Dfie düus noster.
10. Be8poD8orium.
Benedictas quam devotas
Deo solyebat gracias
Ire videns ut columbam
celo sorori8 aniraam!
f Uterque duxit gaudia
[FoL 26J goror celo hic in terra. Ire videns.
11. ReepoDsoritim.
0 Israhelita verns
cor in Deum dilatatus,
Qui infra se angustatam
vidit omnem creaturam,
t Celo qooque ferri sanctam
germani *) cernens animam. Qai infra.
[FoL 27] 12. Responsoriom.
Alme pater, qni prescias
tai sacrati transitus
hone prenotasti fratribus,
Tuere nostros exitus,
1? Per te ducem clarissimum
nt transeamus ad Deom. Tnere.
1) germanae todre feoljl böS Süchtige.
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110 SSogelmantt,
13. In teroio noctmrno.
Ann. lam lacius innotuit,
quasi lampas emicuit,
fit Benedictas celebris
frequentatas a popnlis. Ps. Düe quis.
Ann. Eins ergo snb tramite
multi dum certant virtute,
locis florent duodenis,
folget ipse miraculis. Ps. Dne in yirtnte.
Ann. Hic non impar Heliseo
eiet ferrnm de profundo,
sensus et corda perspicit,
Presens absentes argnit. Ps. Domini est terra.
[Fol. 28] 14. Besponioriam.
Grandi pater fidneia
morte stetit preciosa,
Qni elevatis manibus
celos scandit in precibus.
ir Fecit, Christe, quod iussidti
te secutas spe premiL Qni.
15. Respontoriam«
Ecce iam cari noscite,
quam claro scandit tramite
Benedictas ad sidera,
Qni hic reliquit omnia.
ir Accepit ergo centaplum
et vitam imperpetaum. Qni.
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(Ktojonger $t)mnen.
111
[Fol. 29] 16. Responsorium.
Gloria, Christo, tuo tibi personet in Benedicto,
Quem faciens tecum sanctis regnantibus equum
iam, quibu8 equasti, gaudentibus associasti.
fr Nos eius uorma rege, serva, terge, reforma. Quem.
[Fol. 29] 17. Ad laudea. Anne.
Armis precinctus vere fidei Benedictus
ydola dum strarit, sedem tibi Christo paravit.
Euic iubilate, quo pater iste par fit Helie.
par quoque Moysi, dum lapis illi flumina fundit,
coryus obaudit
5 Quemquatn non ledit V lesit, post te dominator
adhesit,
utque David doluit, hostis ut occubuit
Laus puerilis hunc benedicit, qui puerorum per
Benedictum
corpora vite trinus et unus trina reformat,
Tympana leta ohori mens consona concitet ori
10 ac dominum laudet, quo servus in ethere gaudet.
®a$ 3Hetrum jeigt im allgemeinen leoniniföe Igefa*
metev. Slber v. 4 tfi ein DItameter, in v. 6 bagegen
föeint her ©Treiber burd> 1’ (= vel) bem Sefer bie
SBa$l gelaffen ju $aben jtt)if<$en ledit unb lesit. ©treibt
man ledit, fo ifi ber Sietm gemährt unb ber #efameter
au<$ fonft richtig. 93er$ 6 enthält einen Pentameter mit
furjer ärR« oor ber ßafur, toa$ au# in ben ßeyametem
unferer #f. ni#t feiten borfommt, jedenfalls aber um
ein ®ute8 häufiger ate bei ben flaffif#™ ®t#tern. 3n
v. 2 ift ydola als ®aft$lu$ gebraust, wie unten n. 23
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112
Sogetmann,
r. 7 peripsima {neqLxpr^ia, 1 ftor. 4, 13, Wo ba$ grietyfcbe
SBort au<b in bet SSulgata beibebatten ifl) mit turjer
notierter Silbe unb i für Eta, alles na<$ neugrie<bifcbet
8lu8fpra<be, in Welker befanntli# ber Sttjent baS Hebet:
geteilt übet bie Quantität erlangt bat- Hostis in y. 6
wobl im Sinne non .gelb, weit bet bl- Senebift fleh enb
feine Seele auSbaucbte, woraus |t<b au<b bet Snbalt oon
n. 14 erflären bürfte. ®nbli<b fei angemerft, baj) in
bet gf. in v. 10 hinter bem in (am @nbe einet 3 e ^ e )
fälf<bli<b ein 8lbfe|}ung8}ei$en fiebt.
2)er Umfianb, bafi in bet gf. baS etfie SBort in
ben ungetaben Seifen bur<b größere S<brift berborge*
hoben ifl, läfjt mit Seflimmtbeit jweijeilige Strophen
etfennen.
18. Ewangelicalis Antiphona.
Benedictas es domine.
qai Benedicti anime
dum celi confers gaudia,
glorificas terris menbra,
dum et specu quo latuit
per te virtus emieuit.
[Fol. 80] 19. Ad primas. Anna.
Maurus verbo currens patris
petri fertur yestigiis
super liquens elementum
mersumque trahit placidum.
20. Ad terciam. Anna.
Favent cuncta Benedicto,
vas sponte manat oleo,
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(gflttnmger ^mucn.
113
fugit vita, spernit terra
eins priyatmn gracia.
21« Ad sextam. Anna.
0 quanta plenus gracia,
qui respectu rumpit vincla,
sedens curvat imperia,
benedictus per secula.
22. Ad nonam. Anna.
Benedictum propheticis
[Fol. 31] condecantamus canticis,
qui tarn fulsit prophecia
quam et doctrine gracia.
23. In secnndis Vesperis. Antiph.
Preclarum late tibi, vir sine fine beate,
nomen non ficte fidei manet, oBenedicte. Ps . Dixit dfius.
Membra specu claudis, quo factus es hostia laudis,
camem districte dum frenas, o Benedicte.
Instar tu Christi paciens ad cuncta fuisti,
pacis et indicte cultor pius, o Benedicte.
Uic probris actus tumidisque peripsima l 2 ) factus,
iam noys *), invicte, palmam geris, o Benedicte.
gmeijeitige ©tropfen mit leoninif^en $e?ametern,
ttrie n. 17, in ben geraben SSerfen immer mit Steim auf
Benedicte, eine Spielerei mit bem tarnen be$ ^eiligen,
bie übrigen« nabe tag unb barum fi<b auch anbermärt«
finbet, }. 39. bei Conradus Gemnicensis, f. Srette« III
1) 6. oben gu n. 17 v. 2 ydola. —
2) y iß in ber £f. halb at* y halb für ii gefegt f toobon
hier feine« pafct. (Etwa novu* gu Iefen ?
Xfcol. Ouartalj^rift. 1890. $<ft I. 8
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114
Bogelmann,
6. 81, n. 51; fcrgL ebettbaf. IV. n. 182 unb n. 192,
auä) oben n. 18.
24. Ewangelicali* Antiph.
0 celestis norma vite,
doctor et dox Benedicte,
coios com Christo spiritas
exoltat in celestibos,
gregem pastor alzne serva,
sancta prece corrobora,
via celos clarescente
fac te duce penetrare.
[Fol. 85] in. Fes tun de Armis Christi Salratoris nostri
Sollenniter oelehratur Soxta feria post Oetaras pasche.
(proprium non 1681: Festum Armorum de paasione Domini.
Duplex proxima feria sexta poat Dominicam in Albia non
impedita.)
Ad resperas.
25. ReepoDsorium.
Sorge, virgo ecclesia,
sponso redde munia,
coi clavi gravia
imprimont vestigia,
per qd’ *) roit iehenoalis Zizara,
Nam clavom Iahel malleo
eios fixit io tympora.
1) $f. ohne S^eifel qnod; ober Proprium Rottenbnrgenae
1872 (Lanoea et Clavi. ln II nocturno) p. 91 quae. SDicfel
bat ferner richtig gehennalis Siaara (Lib. Jnd. 4, 17 fgg.) unb
fixit in ejus tempora. —
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EHroanget $,mntn.
116
ir Dulces clavi, pnngite
corda oostra *), nectite
Christo, sed disiungite
a pravorum capite. Nam clavum.
26. Ymnus.
Pange ljngua gloriose lancee preconium. D. I
316 In festo s. Lanceae. fieäarten: 6 infinitis fl.
insignitis (tt>ie R. 93). — 9 tuti Dei (ft tanto D.)
munere. ®ie $)oj:ologie, welche bet D. fehlt, flimmt
in bet #f. mit R., nur bafj jene eterna, biefer immense
bietet. — ®ie jweite ©tropfe biefe$ ^pmnuä, ber mit
bem im Propr. Rott. 88 nur wenig ae^nlid^feit bat,
flebtbafelbfl in ber jweiten ültotturn ©. 92 als SRefponforhtm
nebft Serftfet mit ber SeSart infinitis.
[Fol. 36] 27. Ewangelicalia Arm.
Gaude pia plebs iustomm.
$f. n>ie bie De« ÄarlSnifcer 2lr<$to$ au$ bem 14. 3a$r$.
bei M. 132, nur ba& v. 4 bie erfiere clinodia, bie
leitete clenodia $at. — Propr. Rott. 88. * Ad Magnificat
Anna. Gande .... nam clenodia . . . vulneribus. ®er
€>$lu& ifl gefürjt: Clavos, Lanceam et Crucem, nt
sequaris Christum Dncem, Alleluja ftatt
clavos, lanceam et crucem,
hec sacra magnalia;
ergo Christum vite ducem
excole per omnia, alleluia.
1) SRit noatra [fliegt Prop. Rott. ben öetftfel.
8 *
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116
Sogelmonn,
Suffragium de ßesurrectione.
Surrexit dominus de sepulchro,
qui pro nobis pependit in ligno, alleluia.
[Pol. 87] 28. Ad Completorium. Ymnus.
Eterna Cristi munera
nos sacient perhenniter.
D. I. 302 In Festo Lanceae et clavorum nad& bem
um’* 3a$r 1610 gebradten 3Jlei$ner Stetner. fieSarten:
7 nostra laudet fl. laudat. 11 Dei roris fl. Da roris.
14 laus et graciarum, D. o$ne et 16 D. defensio.
33er$mafe Verlangt iebod&, tüie in ber 6En>. flefct:
armorum veneracio
sit nostra defensacio Amen.
29. Inyitatorium.
Gelestis regis lanceam, venite, adoremus
Et pro clavis ipsius Christo iubilemu9. Alleluia.
Ps. Venite.
80. In noetnrao.
Ann. Principe8 et populi
convenerunt temere,
gentiles increduli
Christum crucifigere. Alleluia. Ps. Quare
fremuerunt.
[Pol. 38] Ann. Jhesus, nostra spes suavis
matris ab uberibus,
est pro nobis fossus clavis
palmis atque pedibus, alleluia. Ps.
Deus deus meus respice.
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(Ettoanger typnnen.
117
Propr. Rott. 92 al$ Stefponf. am @nbe bet 2.3tofturn.
S)afelbß finb matris unb est atuBgelaffen, bot palmis
aber in hinjugeffigt. 3» bet iß baS SSerStnafs gewahrt.
Ann. Exaltatas in cracia ligno
dom Christas occabait
lanceatas, a maligno
hoste nos eripuit allelaia. Fs.
Domine Dens salatis mee.
Propr. Rott. 89 in ber 1. 9lofturn: Exaltatar crucis
lignam; dom etc. $ier fehlt ber Jteim }U maligno;
bie $f. bagegen h fl t im 1. 33er8 eine Silbe p oieL
$iefj e3 urfprünglich ni<ht Exaltatas cracis ligno?
[Fol. 40] 31. Ad landes. Antiphone.
Hasta regis glorie
Christum cruentavit.
M. 133 In Festo lanceae et claroram. ad laudes.
3n b. $f. fehlen v. 10 bie SBorte: cum Claris et lancea.
dagegen fügt jte nicht nur bei jeher Strophe Alleluia
hinju, fonbern auch eine bierte unb fünfte Strophe:
Tres clavos cum lancea
sole clariores
Michael tune afferret
contra peccatores. Alleluia.
Sempiterna gaudia
* Christas tanc donavit,
cum clavis et lancea
mortem saperarit. Allelaia.
®aß biefe beiben Strophen erft nachträglich hinju=
gebietet würben, iß nicht nur barum wahrfdheinlich, weil
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118
Sogtlmann,
fic in bet; Äatl«ruhet £f. au« bem 14. gahrh- fehlen,
fonbertt auch »eil bie britte Strophe
Alme Deus Deus raeus
semper sis protector meus
pro tua clemencia —
al« utfprünglicbe Scblufjftrophe, einen anbcren metrifchen
Sau hat, fo bafj man bie brei urfprüngtichen Strophen
jufammen al« eine einige bretteilige Strophe anfehen
fann, bejtehenb au« 2 üierjeüigen Stollen unb einem
breijeiligen Sbgefang. Sehnlichen Sau geigt bie Sntiphone
oben n. 27, nur bafj bort jeber Stollen brei geilen, ber
äbgefang beren oier auf» ei«t. Srgl. M. §u biefer
Sntiphone (n. 132).
Afferret follte natürlich afferet gef<hrieben fein.
®a« Propr. Rottenb. S. 94 hat v. 1 regem ftatt
regis. ©afelbft haben auch bie Str. 3 unb 4 anberen
Inhalt unb fmb überbie« nicht metrifch: eine »eitere
Seftfitigung be« oben ©efagten.
[Fol. 43] De S¬is infra Pascha.
32. Ymnus.
Vita sanctorum decus augelorum
D. I 238. $f. t. 14 supra (ft. super) »ie R. 269
unb 2fag«b. ®iurn. pars biemalis 384. — v, 23 fehlt
omni hinter unus. ®a« Setfehen ift »ohl baburch
entftanben, bafj ber Schreiber, obfchon bie Serfe ber
Strophen nie abgeteitt finb, in feinem Su$e hier gufäQig
in eine neue geile übergehen mufjte.
IDiefer felbe ^prnnu« »ar in ber ©Umanger Jtirche
jum hl- ®itn* auch int Stauche an folgenben geflcn:
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SÜttmnger ^Qmnen. 119
[Fol. 47] IV. De Sanotta Patron!« Demitilla Eofrosina et
Theodora.
[Fol. 50] V. De Sanotie Patronin Quarto et Quinto.
[Fol. 53] VI. De Sanoto Bonifacio martire et Patrono
qoiescento in nostro Collegio«
[Fol. 56] VII. In festo Sanoto mm Patrononun Snlpioii
et Serriliani.
Sei bcm erften, britten unb inerten biefer gefie
au<b ad secundas vesperas.
[Fol. 60.] Ym. De Sanoto Vito Patrono hnins Collegü.
Ad vesperaa.
[Fol 60.] 33. Responsormm.
Gorreptus a genitore
Vitus pro religione
Prudentem fidem intonat,
gratis quam accipiebat.
^ Infancie quippe linguam
sapiencia fecit disertam. Prudentem.
Sapiencia bteiftlbig }u lefen.
34. Ymnas.
Martirum virtus simul et corona,
Christe, qui parvis quoque magna prestas,
pro tuo mortem pueros subire
nomine donans,
5 Hunc diem nobis, petimus, secunda
martiris Viti nitidum tropbeo,
qui puer fuso meruit cruore,
vincere mundum.*
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120
Sofltfmann,
Jam patrem blandum comitem, minacem
10 Gesarem penia nimium furentem
terruit signie, racione fregit,
famine pressit.
Carcerem scenum tenebris, flagella,
beatias, ignem, manicas, cathastam
15 parvus accepit, tolleravit infans,
pusio sprevit.
Nunc chorus iunctus sacer aogelorum
ceutupli fructus revehit coronam
atque collaudaus ubicunque pergis
20 te comitatur.
Sit tibi, fili, patris alma virtus,
sit tuo tecum pariter parenti
cum coeterno deitate flatu
gloria perpes. Amen.
M. 1206 na$ einer 9Jlündjener $f- beö 13. 3a^r^.
— 2lugdb. ®iurn. p. 87.
SBir fönnen ei und ni$t betfagen, biefem $pntnud
tote auch anberen teilen bed Offijiumd bed tyl. SSitud
eine befonbere Slufmetlfamleit ju toibmen. ®iefet ^eilige
war, Wenn ni<$t fdjon früher, fo bo$ urfunbltcb n aty
toeidbar bereitd bom 3abte 1147 an ber fpauptpatron
ber Äirdje. ®arum würbe er aud) in bem Dfftjium,
»etdjed unfere $f. enthält, bur<$ eine fe§r umfangdrei$e
Seiet audge§ei4>net. ®aju fommt, bag bie im übrigen
ni$t immer fo forgf<ige $f. gerabe &ier einen beinahe
fe&lerlofen ®ept bietet unb neben ber bon SRone benüfcten
bid&er bie einige befannte ju fein f$eint, au<$ unter
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(Elimanger $pntnen.
121
ben uon und oerglichenen Sammlungen nur bie Don
SHone biefed Sieb enthält unb bad Sugdb. Siurnale 1 ).
Saturn haben mir nicht nur ben Seyt ber 6. $f. bofc
ftfinbig abbruden taffen, fonbern motten auch beffen S3or-
jfige nachmeifeit.
3 hat bie SJtflnch. morte. — 4 hat äugdb. 33ret>.
donas, gegen mel$ed donans ben 33orgug oerbient. — 5
bietet SRilnch. $f. fecundam, mofür M. secundum fefct.
Sber bie 6. £f- enthält bad Süchtige: secunda, beglüde,
fegne und, mir bitten, biefen Sag. Petimus iji, aller*
bingd nicht nach llaffifcj&em Sprachgebtauche, mie fonfl
häufig qu&eso unb quaesnmus, abfolut im Sah einge*
fchoben. — 7 hat b. SJt. $f. qui perfuso unb M. macht
baraud qui suo fuso. Slber unfer qui puer fuso, mad
auch älugdb. Siurn. hat, ifi augenfällig bad Süchtige. —
9 M.: Nam patrem placidum comitemque minantem.
Nam (auch ün Slugdb. S3r.) oerbient ben SJorjug not
1) $ad Äugdb. $turnale p. 87 fgg. unb Holtumale fol 84 fg.
enthält nicht nur oorfteljenben #t)mnud, fonbern auch niete Hnti»
Phonen, fRcfponforien u. f. tu. in gcbunbener Siebe, barunter aber
mit ber (E. $f. übcreinftimmenb nur noch ein 3nbitatorium (f.
unten n. 87) unb ein SRefponforium (f. unten n. 41); Ueberhaupt
ftnb mir anbermärtd nur auf fünf meitere Sieber $u (Ehren biefed
Zeitigen geftoßen: bei SRorel n. 564 ($f. ftu 6t. ©allen) unb
n. 565 ($f. ^u SRhcinau); bei $reocd IV n. 484 (nach 8®ei Präger
unb einer Olmfiper $f.), n. 485 (nach &ff- b n Ätoperneuburg,
Sefau unb ©raj). 2für eine 6equenj in einem Sttiffale oon 1489
bermeidt #5qnd a. a. 0. 6. 65 auf Äehrein 9?r. 741. beachtend«
mert bflrfte fein, baß (Eflmangen feinen ber in fßrag üblichen ©e-
fänge hatte, mährenb hoch auf bem $rabfchin ber berühmte 6t.
5eitd-iom fleht. 2>ied fönnte in ber Vermutung beflärfen, baß
in biefem Dfft&ütm aüed SJtctrifche in (Eflmangen geschaffen mor*
ben ift.
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122
Sogelmantc,
unferem Jam. dagegen pafet placidum nid^t in’« 9Retrum,
wohl aber blandnm, unb bei comitemque mugte M.
ba« falfche qne feiner #f. etfi tilgen; minacem enblich
ift OieOeidht poetifdger al« minantem (blandnm unb
minacem audg im SCugdb. 33r.). — 13. ©te 3R. £f.
bietet carcerem tenuit tenebras, wofür M. fegt carcerem
tetrum tennit. ©ie @Hw. fjf. bat tenebris an berfelbeit
©teile, wo bie -Dlündgener tenebras, waä allein fdgon
eine Umfteüung biefeS SCBorte« al« febr gewagt erfdgeinen
lägt, ferner ftört ba« Slerbum tenuit bie Äonjinnität,
Wäbrenb ba« breigliebrige Sfpnbeton parvus accepit,
toleravit infans, pnsio sprevit (jugleidg in dgiaftifdger
Stellung) ben Sag gefcgmadooll abfdgliegt. ©a« unge=
fcgidte tenuit lägt ftch aber befeitigen. ©ag ber ©icbter
ba« ungebräudglidge Simple? scenum (6. $f.) fügn für
ba« Äompofttutn ficb erlaubt hätte, ift nicht ju glauben,
ba e« fehr zweifelhaft ift, ob ein foldge« Simple? je
e?iftiert hat, unb wenn je einmal, ob e« bie Sebeutung
oon obscenum hatte ober auch nur haben lonnte. ©ager
liegt ber ©ebanfe nahe, bag in ber $f. bie Sorftlbe ob
auSgelaffen ift; benn carcerem obscenum geht ja BoH=
fommen in’« #er«mag. ©er Slblatio tenebris neben
obscenum bebarf feiner ©rflätung. ©a« 2lug«b. 33reo.
bietet Cacerem seuum: tenebras. ©ie ffrage ift nun, ob
seuum (saevum) leichter in scenum übergehen fonnte al«
ba« legtere in jene«. 6« fdgeint, ein SSbfcbreiber ober bet
Sftebafteur be« 3ug«b. Sretuet« habe scenum oor fug
gehabt, unb weit er nicht« bamit anjufangen wugte, in
8enum umgewanbelt. Sine weitere fftage ift, ob tenebras
Oerbiene bem carcerem beigeorbnet ju werben, ob e«
nicht logifdger unb gefdgmadooüer fei, e« im Ablatio
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SODanget $gmntn.
123
nebelt obscenam bem carcerem als ©igenfc&aft unter-
juorbnen. — 15 flatt tolleravit füllte natürlich tolerarit
getrieben fein. — 18 3Jlfin<h- $f.: centuplum fructu
revehit coronam, morauS M. macht centuplum fructum
revehit corona. @S ift aber Har, ba| bie 6. ^f. {einer
Stenberung bebarf, jumal ba baS SugSb. Sr. mit ihr
übereinfiimmt. — 22 3Rün<$. $f. sit tecum pater pariter
perenni. M. fefct in ben SEejt: sit pater tecum unb be=
merft: „perenni ifi unbeutlidh ober fehlerhaft". UnSf<heint
bie ©. §f. in Uebereinfiimmung mit bem 2lug8b. Sr. ganj
baS Süchtige }U enthalten. — 23 cum coeterno deitate
flatu haben beibe $ff. M. fdpreibt bafür cum coeterna
deitate flatus, toie es atlerbingS Reiften lönnte. allein
nottoenbig finben mir bie Äonjeftur nid^t, meil bie über:
einfUmmenbe SeSart beiber #ff. fic^ etflären lögt: „mit
bem ber ©otttyeit nach gleichemigen ©eijte". SugSb. Sr.
cum coeterna deitate flatu. ^ier märe flatu als Slppofttion
}U coeterna deitate aufjufaffen. 2D3ir mähten jebodh
an ber 5anbf$riftli$en fieSart fefthalten. ©ona<h brauet
man, non bem öfters oorlommenben (f. unten n. 67,4)
Orthographien geiler tolleravit abgefehen, in ber 6. $f.
nur nam für iam unb obscenum für scenum jU fefjen,
unb alles ifi in Drbnung.
[Pol. 61.] 35. Ewangelicalis Ann.
Magnificemus dominum,
x ) salvatorem nostrum,
qui respicit se timentes,
potens exaltat humiles,
1) ®or salvatorem ift roatyrföcinlk^ sanctum ausgefallen.
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124
Bogelmantf,
qui etiam sanctum Vitum
puerum suscepit suum
faciens com parvo magna,
sit laus illi in secula.
86. Ad proceesionem in pavimentnm.
Antiphone.
0 crux gloriosa,
0 crux adoranda,
0 lignum preciosum
et admirabile signum,
per quod et dyabolus
est victus, et mundus
Christi sanguine redemptus. Alleluia.
ir Adoramus te Christe etc.
2lug3&. ®iurnale unter : Suffragia maiora p. 53
De 8. Cruce.
37. Invitatorinm.
[Kol. 62] Psallenti, Vite, Da clero gaudia vite.
38. In primo nocturno.
Ann. Hic felix vere cepit *) fructificare
arbor ut inserta, prope sunt ubi sana fluenta. Ps.
Beatus vir.
Ann. Adversus tantum fremuit vis terrea sanctum,
gracia cui Jhesu: meus, inquit, filiusestu. Ps.
Quare fremuerunt
Ann. Ipsum quaque prece Deus audit mirificatque,
1) $ier fetjlt ein falber ®er$fu&, etwa mox.
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(gfltoanger fctjmnen.
126
hostia iusticie dum fiat pauset et in spe. Ps.
Cum inTOcarem. ir Exultent iusti.
39. Responsorium.
Ex parentibus ethnicis
veluti rosa de spinis
tenebrosis temporibus
Vitus ortus est Lucanus.
iY Ab evo quidem yas *) eiectus
in Christum ex utero proiectus. Vitus ortus.
[Fol. 63] 40. Responsorium.
Factus Christo yas electum
ductus *) nactus es 8 ) angelum,
Maturis pollet moribus,
ieiuniis et precibus,
¥ lngressus sine macula
et operatur iustitia 1 2 3 4 ) Maturis.
1) vas iffc mit roter Xinte burchftricben unb nichts anberei
barüber gefegt. Xer rote Strich Weint aber burch einen 3ufatt
entftonben unb yas hier richtig au fein. ®ergL ben 1. 8eri bei
nüchftfolgenben {Refponforiumi.
2) ducem ift au bermuten. Xie IRachbarfcbaft öon factus
unb noch mehr bai folgenbe nactus bürfte ben ^fehler oeranlaßt
haben. Ductus ließe {ich uur ali Senetioui erfldren.
3) muß moht est heißen, f. nachher pollet
4) iustitia hat über bem a nmhrfcheinlich burch ein Berfehen
einen gebogenen Strich, ber fonft in ber $f. ali Äbfürjung einei
m bient. %tx Äblatiö, ber burch ben {Reim geforbert toirb, bürfte
bai {Richtige fein, obfdjon operari mittellateinifch auch ali tBerbum
tranftt. gebraucht toirb, ©. ftugib. 9tott. fol. 84 Leotio I unb
fol. 85 Lectio V. multas yirtutes operabatur.
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126
Sogetmann,
41. Responsorium.
Vitus Lucanus genere
fidem Christi dilatavit,
quem pater clausit carcere,
Quare Deus hunc cecavit.
$ Conspicit ille viros secum specie fore miros. Quare.
@enau fo 2lug$b. -Jlofturnale na$ ber 3. Seftion
fol. 86.
42. In 2° nocturno.
Arm. In domiuo fisus transmigrat in ardua Vitus,
qui locus est sedis *) et vultum cernere regis. Ps.
[Fol. 64] Verba mea.
Arm. Nomen habens mirura levat hinc super ethera
Vitum
sicque per infantera dignam fecit sibi laudem.
Ps. Dfie dominus noster.
S3on anbcrer $anb Ps. Due quis h... tabit.
Ann. Hic domini montem scandit se*) sociando quietem,
unde locabit eum, quo non moveatur in evura.
# Justi autem in perpetuum etc.
[Fol. 64] 43. Responsorium.
Trusus carceris in umbram
8 ) meruit divinam,
quam videns cecus fit Hylas;
1) Dfjne Streifet Acc. pl.
2) $iefe$ ae if* atnar in ber $f. gan* beutli# ßeförieben,
aber roofjt au$ bem folgenben 8 in sociando entftonben. (£3 tft
finntoß unb wiberftrebt $ugtei($ bem 9ttetrum, ift atfo unecht.
3) ®or meruit ift jtreifflloS lucem ausgefallen.
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®n»önget fctynneit.
127
Sanat illum Vitus infans.
^ Versus äst dolor in caput eins
et iniquitas in verticem illius. Sanat.
[Fol. 65] 44. Reaponsorinm Quintum.
Post hec curam per divinam
terram vectus in aliam
Cum nutritoribus suis
multis claret miraculis.
^ Mirabilis Deus in sanctis suis. Cum.
45. Be8poQ8oriom.
Valeriani presidis
post vexatus nequiciis
Manum eius restituit,
semper frequens que languit.
$ Non victus a malo,
sed vincens in bouo malum. Manum.
46. In 3° nocturno.
Ann. Astitit hic mane domini vineta potare,
[Fol.66]a patre mente bona datur hinc sibi iusta co-
rona. Ps. Conserva.
Ann. Innocuus *) manibus mundo quoque pectore
mundus
te rex virtutum petiit per prelia motum. Ps.
Domini est terra.
Ann. Nec metus hostilis nec concio facta malignis
conturbatiustum, letari nec vetat istum. Ps. Beati
quorum remisse. ^ Justorum.
1) 3“ vermuten innocnis (ober innocmun).
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128 Sogetmann, ®flwanger fctjmnen.
47. Responsoriam 7“.
Proponebatur bestie *)
Vitus martir cum sociis,
sed leo mitis trepidat,
Mens humana quos laniat.
Ir Obdurarerunt os leonis,
extinxerunt impetum ignis. Mens.
[Fol. 67] 48. Responsoriam octavum.
Globus f ) datus ignium
rorem sensit angelicum,
Qui mox insultans Cesari
canit ymnum Christo regi.
jr Igne me examinasti et non est inventa in
me iniquitas.
Qui mox.
(Sdjlufj folgt)
1) $cr Keim verlangt bestiis, wa& oljne S^eifel ba8 Ur*
fprünglidje war. 3^ ar wirb nur t>on einem fiöwen berichtet,
bem ber Zeitige borgeworfen würbe; allein ber $(ur. ifl fogar
poetifcber, wie eS auch oben n. 34, 14 beatias tyeifjt unb in einem
anberen Sieb auf ben (1. Situ« (bei $reoe* IY n. 485 6tr. 4):
Non rugitns hnnc leonam Nec catasta terruit.
2) Cerförieben fl. globis. $en (Gebrauch btefeS SBorteS be*
treffenb brgU Yerg. Georg. 1, 473 flammarumque globos. 2lud)
ljieji c3 bielleic$t urfprünglicfc globisque.
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n.
iUjen fiotmt.
1.
1. Anonymus Adversüs aleatores (®egen ba8 $ajarb*
fpiel) unb bic ©riefe an Etymon, ßueian, EeterinuS
unb an ben ffartfjaginienfifdEjen IfteruS (Cypr. epist.
8, 21 — 24). ftritifdj öerbeffert, erläutert unb inä
$eutf$e fiberfety non Dr. A. Miodonski. SJlit einem
©orrnort non ®. 9B5IffIin. ®rlangen*ßeipjig, Stöbert
1889. 128 ©. 8.
2. Libellnm De aleatoribus inter Cypriani scripta con-
servatum edidit et commentario critico exegetico hi-
storico instruxit A. Hilgenfeld, greiburg i. ©. äKotjr
1889. 87 @. 8.
3. Dialogne between a Christian and a Jew entitled
’AvußoXij ücmloxov xed <PiXa)Voq 'IovSaiwv npdq nbvaybv
uva. The Greek Text edited with Introduction and
Notes, together with a Discnssion of Christian Pole¬
mies against the Jews by A. C. Mc Giffert. New York,
Christian Literature Company 1889. 94 ©. 8. Sßretö:
1 ®oD. 50 ©.
4. Inventio sanctae crncis. Actorum Cyriaci pars I
lat. et graece. Ymnns antiqnus de sancta crnce. Testi-
Tfr»l OuArtolfatilt. 1890. $>eft I. 9
Digitized by LjOOQle
130
äRiobonSN,
monia inventae sanctae crucis. Conlegit et digessit A.Hol-
der. Lipeiae, Teubner 1889. XII. 56 @. 8. tßrciS: 2R. 2.80.
5. A Select Library of the Nicene and Post-Nicene
Fathers of the ChristianChurcb. EditedbyPh. Schaff,
DD., LL. D. in Connection with a number of Patris-
tic Scholars of Enrope and Amerika. Yol. IX. Saint
Chry 80 stome. New York., Christian Literature Com¬
pany 1889. VI, 614 @. gr. 8.
1. ®ie 1889 ©.517 in äuSftcht geteilte neue 2lu«»
gäbe bet ©<htift De aleatoribus ober Adv. aleatores, nie
fte richtiger ju benennen fein bürfte, ifi bie oben in erfle
Sinie gesellte. 3h r £«yt unterfcheibet ft<h oon ben 2lua*
gaben oon Partei unb $atnad ^auptfäd^Iid? babutch, bafj
fie nicht bie |janbf<$rift D (Paris. 13047), fonbern bie
^anbfchriftengruppe MQT (Monacensis 208, Trecensis
581, Reginensis 118) in ben SBorbetgrunb fieOt. 3)er
größere SBert biefet ^anbfcbriften toutbe bereit« burch
SGBötfftin erfannt, welcher bie neue StuSgabe mit einem
SBortoort fchmüdte, unb er bürfte fidler flehen. 3h*e
SBortrefflidjfeit beruht namentlich barin, bafj fte oulgäre
formen unb Äonßrultionen am treueften bewahrten, unb
ba« oulgäre Element iß befanntlüh ein ^auptmerfmal
unfeter Schrift. 5E)ie SEepteSoerbefferungen ftnb hier nicht
aufjuführen. 34 »ertoeife auf bie SuSgabe felbß. 3tur
einige bie litterarhißorifche § ta 9 e betreffenben fünfte
feien furj hetoorgehobett. ®urch bie neue 5Eepte«rejenßon
erhält bie oon mir oon Slnfang anoertretene Stofchauung, bie
Schrift fei eine^omilie unb nicht, wie^jarnad toiH, ein homL
letifcher Straftat, eine SBeßätigung. S)ie 2lnrebe tritt
iefct an jwei neuen ©teilen ju tage, 5, 1 unb 9, 1,
inbem hier fideles ftatt fideliam ju lefen iß. ®er 6h®wlter
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Advergn* aleatorea.
131
bet Schrift iß bemgemäß jefet noch weniger zweifelhaft
als früher. Unb Was baS SSer^äUtttS beS ElutorS }U
©pprian anlangt, fo meist ER. ©. 26—33 eine fo häufige
33enü$ung unb SRachahmung beS 5öifcf>ofS oon Äart^ago
nach, ba§ auch bie grage, ob et frfibet obet fpäter als
biefet gelebt habe, als erlebigt gelten batf. 93on bet
Sutorfchaft ESiltorS, wie -garnact fie annabm, lann leine
Siebe fein, unb bie 9iejenfenten £atnads, bie bejfen
SetoeiSfübtung porfchneE für geftcbert etHärten unb beten
6. 52 aufgefübrte Schar injwifcben bur<h iß. Erbringet
in bet JDeutfcben Sitteraturjeitung 1889 *Rro. 34 Petmehrt
würbe, werben nunmehr ihre Stimme toiebet zurüdnehmen
mäßen. ©S bleibt aEenfaES nut bet römifche Utfprung
ber Schrift im aEgemeinen übrig, unb biefet wirb Pon
ER. in bet £hat angenommen. ®aS ^auptargument
für bie 2lnfi<bt liegt unftreitig in ben ElnfangSworten
bet ^omilie, in benen bet Slutor apostolatus dacatum
et vicariam Domini sedem et originem authentici aposto¬
latus super quem Christus fundavit ecclesiam für fid)
in anfptucb nimmt. ER. oertoeist S. 36 ferner barauf,
baß bie römifche Äircße im 3. Sabrbunbett ih* Slugen-
metl oottoiegenb auf praftifcbe Stagen richtete, unb auf
bie fundi et villae, melc^e c. 11 erwähnt unb als beten
29eft|er bie ©hriften bezeichnet toetben, toas nut in einet
reicheren ©emeinbe habe bet gaE fein lönnen. ©r fe|t
biefe beiben SRomente fogar poran unb ßeEt bann Pon
ihnen aus bie Sejiehung bet angeführten EBorte auf
einen ßJapfi ftcher. 2118 Elutor oermutet et wegen bet
aftilanifcßen Spracheigentümlichfeiten ben ßiapß ERelchia»
beS obet ERiltiabeS, ber im ißapßbuch als natione Afer
bezeichnet Wirb. ®o<h toiE et auf lefctereS leinen ÜRach 5
9*
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132
fcitgenfelb,
bntd legen, fonbera fielt bie 6ntfReibung ben Geologen
anheim, ^fttbeffcn ifl auch in erflerer ©egiehung fein
©eweiS nicht gwingenb. S)ie non ihm in ben ©orbergrunb
geteilten Argumente ergeben nach i^m felbfl — unb er
fd&lägt ihre ©ebeutung offenbar gu ho<h an — nur eine
bobe 2Babrf<beinli^feit, alfo noch leine Sicherheit. Sie
fchliefjen alfo einen anberen Urfprung noch nicht aus,
unb 2K. bringt feinen ©eweiS nur burch einen Sprung
gum 2lbf<hlu6, inbem er bie höbe 2Bahrf<heinlicbleit fofort
in eine ©ewifcheit umfejgt. Statt fo gu »erfahren, wäre
vielmehr gu geigen getoefen, bah bie fraglichen SSorte
eben nur im ÜDtunbe eines römifchen SöifchofS recht bt-
greiflich feien, unb bann hätte ft<h eine ©erftärfung beS
©eweifeS ergeben. 2lu<b hier werben alfo bie Theologen
noch ei“ SBort in fprechen hoben. — 2>ie ©riefe, welche im
Slnhang abgebrudt finb, erfreuten gleich ber ßomilie
auf grunb einer neuen unb forgfältigen SRegenfton.
2. £>ie gweite 2luSgabe erfchien gleichgeitig mit ber
erflen, unb jie ruht auf berfelben ©runblage wie biefe.
Quae ratio, bemerlt |>. über baS ©erfahren von Partei
unb .fjarnad S. 8 , displicuit Eduardo Woelfflin Monacensi,
illi codici (D) ceteroa praeferendos esse certis argumentis
demonstranti. Profecto Codices MQ ubique fere conspi-
rantes praeferendi saut, ueque contemoeudus est codex
T, qui vulgatum sermonem omuium maxime conservavit,
in codice D iam saepius mutatum. Qm eingelnen geftaltete
ft<h feboch ber £ejt etwas verhieben. Qd> oerweife
begüglich biefex SKfferengen ebenfalls auf bie Ausgabe
felbfl unb gehe Wieberum nur auf ben litterarhifloriföen
Stanbpunlt beS $g. etwas näher ein. Such entfcheibet
fleh für ben homiletifchen ßharalter, für ben nad&chprü
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Libellus de aleatoribus.
133
anifchen Urfprung unb für bie äbfaffung ber ©Chrift in
9tom. 2lls SSerfaffer aber betrachtet er, ba er mehrere
noöatianifC&e ©puren in ber £omilie ju ftnben meint,
nicht einen tatgolifChen, fonbern einen nooatianifChen
römifChen Sifcgof, näherhin ben 33if<hof äcejtuS um 325
ober feinen 33orgänger. ®ie ©rünbe, bie er für biefe
änfiCht ©. 75 »orführt, ftnb inbeffen Wenig übetjeugenb.
SSon Stcefiuä ift {ebenfalls nach ber ©. 38 f. oerwerteten
SBifchofSlifle abjufegen; benn biefe bezieht fi<h nicht auf
9tom, fonbern auf Äonflantinopel. 3$ werbe fpäter auf bie
grage jurüdfommen. ©inftweilen feien bie beiben 2lu8=
gaben ber Beachtung empfohlen. 3lur eine Semerfung
fei noch gefiattet. ÜBährenb in ber legten 3eit einige ber
anfänglichen SSerteibiger ber ^arnacf’fchen Xgefe bereits
jich anfchiclten abjuwiegeln, ift berfelben in ber 3eitfCgr.
f. fath- Xg. 1890 ©. 1—26 ein neuer unbebingter Äämpe
erfianben. SBon bemfelben wirb nicht bloß ber römifege
Urfprung ber ©chrift, ber ja in ber Xgat möglich ift,
fonbern auch ber Ggorafter ber ©Chrift als ©ncpflifa
unb ihre äbfaffung burCh SSittor I behauptet.
3. ®ie ©chrift, bie hier oeröffentlicht Wirb, ift nicht
etwa, wie man nach bem Xitel glauben fönnte, bie
Altercatio Jasonis et Papisci äriftoS Don ißeHa. ®ie
©teile SafonS »ertritt hier im Xitel ißgilo. ®ie ©Chrift
nimmt für fug auch lein fo fyotyz älter in änfpruch,
wie eS jener julommt. ®ie fürjere Stejenfion, bie in
Cod. Marcianus 505 oorliegt, flammt auS bem ©nbe
beS 7. ober änfang beS 8. QahrhunbertS; bie längere.
Welche Cod. Paris 1111 bietet, fällt in baSl6. Sagrgunbert
ffür bie Driginalfompofition fegt ber |>g. mit StüdfiCgt
auf baS aei naQdkvo s in c. 3 als SlnfangStermin baS
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134
Mo Giffert, Disputatio Papisci.
5. 3a^r^unbert an; e8 tpirb aber auch bie SRöglichfeit
eingeräumt, bafj jene Sejeidjnung ber feligften Jungfrau
ein fpätereS ©infchiebfel fei. (Sin beträchtlicher Seil be«
Inhalte« beS SialogS würbe bereits Pon 9Jtai (Nova
ColL VII. Migne PG. 89) unter bem Flamen SlnaflaftuS
oeröffentlicht. Ob bie Schrift (in ben überlieferten Stejen»
jtonen) mit ©runb einem Slnaftaftuä jugefchrieben wirb,
mufj inbeä bahingejtettt bleiben. 3« allen gatten ift
ber 3lutor feiner ber älteren unb befannten Sräger
biefe« SRamenä. 2118 ©erfaffer bet utfptünglUhen ßompo»
fttion »ermutet ber #9- eineM ©h^ 0 / ««bem er beu
urfprünglichen Sitel auf bie erfie ^älfte beS jefcigen
befcbränft. Sicherheit befielt auch batüber nicht, unb
wieberum bleibt ber Slutor eine fonft nicht näher belannte
©erfönlicpfeit. Sie $eimat ber Schrift ift aiegppten.
Sie ©bition jeugt, wenn fxe auch oon ©erfehen nicht
frei ift, bo<h im allgemeinen Pon gtofjer Sorgfalt.
Sem Sepie gehen gelehrte ©rolegomenen unb eine 9Ib=
hanblung über bie ©olemif ber ©haften gegen bie 3üben
ooran. Sie Arbeit Würbe ber phitofophifcpen gafultät
in äflarburg als Softorbiffertation oorgelegt
4. Siefe Schrift bietet in erfter Sinie bie Segenbe
pon ber Suffinbung be3 pf- ÄteujeS, lateinifch nach ber
älteften befannten $anbfchrift, ber ©arifer 2769, au«
bem 6. ober 7. 3<»h*hunbert, nebft ben ©arianten ber
bejüglichen $ff. oon St. ©allen, SBolfenbüttel, ÄarlSruhe*
SteichenauunbSepben, griechifch nach ber Slu8gabe ©reifer«;
fobann einen wie e« fcheint im 6. 3“h r hunbert nach bem
grie^ifchen Sept oerfafjten #h*nnu« auf ba« hl- Äteuj
au« ber 9tei<henauer $f- 244; enblich eine Sammlung
ber eintägigen Beugnijfe ber Sitten, Pon ©pritt pon
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Schaff, Library.
135
3erufalem an bis gut Vita S. Theodori Siseotae (f 613).
5. ®ie gulefct flehenbe ©chrift mag bi« eine ©teile
finben als SBetoeiS, welcher Eifer fich in ber neuen 2Belt
bei patriflifdben ßitteratur guwenbet. Es ifl ein Unter«
nehmen, ähnlich ber Äemptener Sibliothe! ber Äirchen«
oäter. aber an Schönheit ber SuSflattung fleht baS
amerilanifche ©er! weit über bem beutfdhen. Ob eS
ihm etwa auch nn innerer ©üte überlegen ifl, ifl hier
nicht gu unterfucßen, ba Ueberfefcungen non Äirchenoätem
naturgemäß auf ben Bereich ber Sprache ftch befchränlen,
in ber jte abgefaßt finb. ®aß aber bie ißublilation
mit ©orgfalt unb ©rünblichleit gemacht ifl, geigt ein
lurger Einblid in baS ©er! unb bafür bärgt ber 9lame
beS ©eiehrten, ber an ber ©pi|e beS Unternehmens fleht.
$unt.
ßalboKfcße Clrmrat«rl«te<befen über bie gtoölf Hrtifel beS
apoftolifchen ©taubenSbetenntniffeS oonDr.X|eofeor$re<
|er, SReligionSlehrer. ©igmaringen, 3». ßiehner 1889.
VI unb 130 ©. 8.
®aS {leine latechetifche ^anbbuch unter bem oben
oergeichneten Xitel fcheint uns beachtenswert unb be=
beutenb genug gu fein, um in biefer 3eitfchrift etwas
einläßlicher, als eS fonfi mit ©dhulbüd&ern ber $aH fein
lann, befprochen gu werben. ®er latechetifd&e Unterricht
ifl für uns, wie Wir bieS fchon früher bargelegt (0.©$.
1889 @. 441 ff. „3um neuen SRottenburger ÄatechiS*
muS"), nicht bloß eine päbagogifcße, fonbetn auch eine
theologische Angelegenheit; ber ßatechiSmuS, fowohl ber
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136
$rt§et,
fchriftlicß fixierte als bet münbliche xcrojjjio/cöe, fleHt bie
Geologie im Keinen bar unb refleftiert ben Staub bet
jeweiligen t$eologif$en Biffenfchaft. Slußerbem bebt fi<h
aber ba£ Borliegenbe Such burch fo befonbete 59lerfmale
Bon bet gewöhnlichen 59tarltwaare ab, baß feine £>afein8*
berechtigung leidet erlannt unb fein eigentümlicher Bert
getoürbigt toetben fann.
211« ein befonbetet Sorjug beS SfichleinS wirb Sielen
fdbon, im Sergleich mit weitläufiger angelegten Berten,
wie 9t a t b 8 e b unb 591 ö b l e r, bie Äfirje unb bie gebrängte
gotm bet S)arf}eDung etfcheinen. Sei bem fonfiigen
Seftreben heutiger Za ge, in Sachen beS Unterrichts ben
Stoff immer mehr ins Sreite ju gieren, bie Stunbenjabl
)u oermebten unb überhaupt bie 2lnfprü<be in |>injt<ht
auf ben äußeren Apparat ju fieigern, hat bie 9tücffebr
jut Sparfamteit unb jur @infa<bbeit, welche aUeS bloße
gfiüwert auSfcheibet, gewiß au<b ihre Serecbtigung,
fowenig Wir im übrigen gut burchbacbte unb forgfältig
ftilifirte ßinjelauSführungen tabeln möchten.
BaS Wir aber an ben „©lementarlatechefen" — ober
richtiger „Elementen für Äatechefen an ber oberen Ätajfe
bet SolfSfchule" — in noch höheren» ©rabe rühmenswert
ftnben, baS ift eine glüdliche ©abe päbagogifcher Sluffaffung
unb ©arfteHung, bie bem Serfaffer oon Satur eigen ift
unb bie er in langjähriger Sehrthätigleit in Bort unb
Schrift glänjenb auSgebilbet hat. S)aS „Sehrbuch ber
tatholifdhen 9teligion für Obergpmnafien" hat ja ben
Samen Dr. 2)r eherS in weiten Äreifen betannt unb
beliebt gemacht. @8 ift eine träftige ©igenart, welche
Dr. 2). einpfefcen oermog unb Welche ihn jum populären
SchriftfteDer geeignet macht. Bit ftnb oftmals bei ber
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CIementarfate«$e[en. 137
Seftüre ferne« neueren ©chnftchen« an Slban ©tolj
erinnert worben; wir ftnben ba wie bet jene finblichen
3u«brüde in ftil&oüer Bereblung, jene überafchenb prompt
ten Bergleiche unb Silber, jene förnigen unb }u ©ernüt
gehenben Slpplifationen unb einen au«gefpro<henen ©inn
für ba« SRatfirliche, ein Sßerfte^en ber Botf«feele. Stber
SD. ift nicht biofeer Nachahmer, ba« würbe wenig (Sinbrud
auf un« machen; er fte^t auf eigenen $üfeen.
§fir bie früifcpe Beurteilung be« Suche«, weiter
wir un« hier nicht entgehen bürfen, lommen nun aber
jwei ©ejt<ht«punfte in Betragt, nentließ einerfeit« bie
gefunbe theologifche Sehre, anbererfeit« bie jwedmäfeige
©inrühtung. S)afe ber Berf. felbjt mit feiner SERet^obe
»ortrefflich fate^ejtert, baran jweifeln wir feinen 2tugen=
blid; bie grage ift, ob fein Such geeignet fei, auch anberen,
namentlich jüngeren unb ungeübten Katecheten pr Unterlage
p bienen. 2Bir machen biefen Unterfchieb mit SBofel*
bebaut. Weil wir in ber un« oorliegenben f<hriftli<hen
gifierung eben nicht bie ganje Äatechefe be« Berf. hoben,
fonbern oft nur SKnbeutungen, 2Begjei<heu, 2lphori«men;
manchmal jwar fommt e« auch P einer ©eift unb ©emüt
ergreifenben Slu«führung, j. B. über gegfeuer unb ba«
Darren ber armen ©eelen auf ©tlöfung (©. 95—97);
anbere« aber wirb fafi ganj ber ©pplifation burch ba«
münbliche SSBort überlaffen, wo man bo<h gerabe für
eine llare ©injelerflärung banfbar wäre; wir benfen
). B. an 6 . 103—105 über bie ©aben be« hl- ©eifie«.
5Ba« wir barum im folgenben p bemerten hoben,
ba« follen nicht ©chulforrefturen fein, womit wir ba«
Äonjept be« ho<h®etbienten Berf. begleiten, fonbern
SBinfe für biejenigeu, bie fein Buch benüfeen. Um nemlich
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©reifer,
biefe „(Elemente" ber Äatechefe rec^t fruchtbar ;u machen,
mufj man bot allem barauf bebaut fein, im birelten
SSetfe^r mit ben Spülern nid^t ba« boftrinäre unb au!«
toritatine 2Roment ju einfeitig ^ernortreten ju Iaffen.
@8 ift oorerft feine ©efahr oorhanben, toieber in ben
übetiounbenen SlationaliSmu« unb in bie einfeitige ©ofratif
jurfidjufaüen; man brauste alfo mit einer oernünftigen
©ofratif nicht ju ängfHicb ju fein. SBenn e« auch immer
wahr bleibt, bafj ber Äate<^et nicht blofj oorfpre$en,
fonbem auch üorbenfen mufj, weil bie« im SBefen be«
Unterricht« unb noch befonber« in ber Statur ber geoffen*
barten Religion liegt, fo foU bo<h ba« Äinb auch nicht
blofj na$fpre$en, fonbern auch nachbenfen; bie Schüler
foUen nicht blofee Automaten fein, bie tebiglidj auf«
2Bort glauben unb auf ben 2ßinf fromm fein müffen;
bie ©elbflthfitigfeit be« Äinbe«, ba« ©enfen unb fragen
non feiner ©eite mufj erlaubt, mufj ertoünfdjt fein, mufj
gewedt »erben! @8 ift begreiflich unb nicht }u änbern,
bafj bei einer ©chutprüfung, in welcher binnen einer
halben ©tunbe eine ganje ©chutflaffe über Steligion« *
lenntnijfe geprüft »irb, ber ffleifj be8 Äatedheten in
erfter Sinie barna<h belobt »irb, bafj bie Äinber prompt
au8 bem ©ebächtniffe auffagen fönnen; eine jmeite unb
u. ©. ebenfo wichtige ©eite be8 Unterricht« läfjt ftch hiebei
aber nicht lontroQieren unb lägt ftch überhaupt nicht in
©chulnoten au«brüden, nemlich bie perfönlich ftttliche
Aneignung ber Religion burch bie ©<büler. Unb unter
bie ftttliche Aneignung rechnen »ir fchon biefe«, bafj
bie ©dfüler ftd& innerlich mit bem ©egenftanb be« Unter*
richte« befcbäftigen, bafj jte j. S. bereit Jtnb, »eitere«
barüber ju oernehmen, au lefeu, bie ©Item au befragen,
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<£temcntarlatec$efen.
139
bafi fte allenfalls auch nach bem 2Barum fragen. Senn
nun biefent S)enfen unb fragen ber Stüter immer nur
als ultima ratio bie SSerweifung auf bie Allmacht ©otteS
unb auf ben ©efeht ber Äirche begegnet, unb wenn
i^nen unter biefem £üel gar ®arftet(ungen geboten toerben,
über welche man in ben CueQen ber Offenbarung gar
leine ober nur geringe 2lnhaltSpunfte unb ©eweisftellen
hat, }. 93. äber bas innerliche Seben ber ©ngetwelt,
Aber bie 9talur beS SßurgatoriumS; wenn man oon
Sehren ber Äirche rebet, wo bo<h nur 2lnft<hten einjelner
Theologen ober fromme Meinungen oorliegen, fo ifl
baS ißrinjip ber 2tuftorität in ber Schule überfpannt,
unb ein ©ytrem ruft baS anbere, ber blinbe ©laube
ruft erft re<ht ben 3toeifel. San gebe hoch WenigjlenS
ben Äinbera bie richtigen unb richtig auSgelegten Schrift»
beweife! San beftnne fi<h aber juBor, ob bie Schrift»
fieQen auch wirflich baS enthalten, für was man fte
oetwenbet! 3BaS wirb nicht atteS in bie fird>Ii<he ©inbe»
unb Söfegewalt (Satth- 16, 19) gelegt, unb wie leicht
macht man es ftch mit ben ©e weifen für ben Sachtbereich
ber Äirche!
3lber vielleicht ifl eS Berfrüht, Wenn man in ber
„©lementarlatedhefe" baS eigene 9la<hbenlen ber Äinber
als ftaltor in Kennung jieht ? Qn ber Shat herrfcht in
unfern Schulen ein förmliches ©rinjip ber S)epreffton
beS linblichen ©eifleS. San übernimmt bie Äinber als
unmünbige unb bemüht fi<h nun auch förmlich, fte in
ber Unmünbigfeit, in ber naioen Äinblichfeit §u erhalten;
unb man überjteht, baf? bei vielen Schülern ein für ihre
ßntwidlung höchfl wichtiger unb BerhängniöooQer lieber»
gang Bon ber linblichen Unbefangenheit ju einer nerhält»
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140
Dreier,
niSmägigen Steife gattgnbet. ®ieS lägt geh auf bie Sänge
nicht lünglich nieberhalten, unb bie Aufgabe beS SehterS
liegt boch auch nicht in biefer Stiftung; felbft wenn man
in bet tinbti<$en Unfchulb baS höd&ge päbagogifc^e Sbeal
erblidlt, fo mug ber Setter bo<h auf baS Iritifche Älter
fein Äugenmerf rieten unb ben Unterricht barnadh an»
orbnen. 2Ber weig nid^t, wie juweilen frühentwidfelte
Schülerinnen burdb toerfteHte Stainetät Sekret unb State:
(beten täufdben unb benfelben unwilllommene Heber*
rafdbungen bereiten!
UeberbieS möchten wir nodb ju erwägen geben, bag
bie Schüler unfrer SSoIlfchule in 7—8 Schuljahren geben
bis achtmal fojufagen mit 2lbam unb @ta anfangen!
Sieht man benn nicht ein, bag mit Schülern ber höheren
Sabre ein etwas ^ö^erer Schwung genommen werben
mug. Wenn ihnen ber ^Religionsunterricht julegt nicht
wie eine abgeganbene unb aufgewärmte ©peife oorfommen
fott! 2Bir würben weniggenS glauben, bag eS ber SJJühe
wert wäre, etwas SBeitereS mit ben Äinbern $u wagen,
ge nicht immer nur wie geigige SBilblinge ju betrachten,
bie oon ber Äultur ber SGBelt nicht berührt gnb, ober
Wie SReugeborne, bie bie ginger an ihren £änb<hen nodb
nicht jäblen lönnen. ®en ©intoanb, bag biefem höheren
©chwunge beS Unterrichts nicht aQe Äinber folgen lönnen,
lagen wir nur teilweife gelten, gür ©chulflaffen auf
ber niebriggen ©tufe ber Äultur oberber Begabung fdhreibt
Dr. ®reher feien Äated&efen itic^t; unb eS gibt leiber in jeber
©emeinbe fchreienbe Seifoiele babon, bag bie orbinäre
gSrajriS, ben ÄatedhiSmuS einjutrichtern, ihres gieleS boll*
gänbig berfehlt hat. Älfo neben bie ©rfahrungen beS praf-
tifchen SebenS bürfen wir unfre Theorie wohl noch gellen!
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(Slementarlatedjefen.
141
SEBir jagen alfo, man muffe ba£ 3iel ettoaä höhet
fteden; bamit mürben mir für ben Sfteligionälehrer eben
auch größere Freiheit unb bie ©abe ber Untertreibung
ber ©eifler »otauöfefcen; ber SBudjftabe beö Aatechi£mu£
müßte flehen bleiben, aber er bürfie nicht fein Slfleö
fein, unb ber Sehrer müßte bie Spüler nach ihren
©aben unb Sfoifprüchen unterfcheiben; er müßte mehr
ertlären, unb jmar nicht bloß ben Wortlaut be« Äate=
cbiömuä beutlidh machen, fonbern auch ben 6 inn beffelben
auffdjließen. ߣ märe bei biefer Sehrmeife immer noch
möglich, ben ftbmäcßeren Ainbern bie SDlilch ber «hriftlidhen
Sehre ju reichen, mährenb man ben gereifteren ftärlere
6 peife gäbe.
SEBir nehmen 3 . SB. bie Sehre »om SEßunber, bie
auch unfer Sßerf. behanbelt. Sie SEßunber finb ben Ambern
gunächfl auä ber ©efchidjte be$ 31. unb 91. Se flauten te£
belannt; fegt aber mirb hoch im 3 ufammenhang mit
ber Sehre non ber Allmacht ©otteö bie fjtage, ob
©ott SEßunber mirlen unb ob mir »on ©ott SEßunber
ermarten fönnen, angeregt. $n ber Xhat greift biefe
grage fchon in ba£ gemöhnliihe SDtenfchenleben herein,
meil baran 3 um Seil bie Hoffnung bei ©hriften auf
©ebetöerhörung ^ängt. SBßaö nun Dr. S. hierüber fagt,
rebuciert ftch auf brei fünfte, bie mehr nur angebeutet,
als auSgeführt finb. SaS SEßunber mirb beftniert als
ein 3 e <4>en, baS nur ©ott thun fann; bie Äraft, SEßunber
3 U mirlen, mirb aus ©otteS SUhnadjt abgeleitet, unb
enblidh mirb ber etmaige 33etfu<h, an ber SDlöglichfeit
be£ SEßunberS 3 U rütteln, mit ben SEBorten abgemiefen:
„SEßer fagt, e£ lönne leine SEßunber geben, ifl ein fchmacßer
SDenler" (©. 13). SDlan fteht, ba muß bet praltifche
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142
2>tt$ei,
Jtatechet noch manches jwifcben beit 3eilen lefen. SBit
mürben vor allem eine genauere ©egriffsbeftimmung be!
SBunber« etwa auf anatytiföem SBege verfugen. SJtan
rebet im alltäglichen Beben non ©rfcheinungen, über bie
man jicb wunbert, weil fte wiber bie ©rwartung, wiber
bie gewöhnliche ©rfahrung gehen, alfo verborgene Urfachen
haben müffen. SDtau nennt eine Sache wunberfchön,
toeil ihre Schönheit unb SSoHfommenheü bie fluuft ber
SJtenfchen ju überfteigen fcheint. ©in 3lrjt ober eine
Slrjnei thut SBunber, wenn ber ©rfolg wiber aEe« hoffen
günflig ifi. ©4 gedieht aber auch, bah bie Shoren [ich
über Singe munberu, in welchen ber SBeife nicht! 2luher=
gewöhnliche« erblich; ber blöbe SSerftanb ftnbet etwa«
wunbetbar, too enttoeber blofee Slaturfräfte gewaltet ober
wo abfühtlicheS ©lenbmerl gemalt worben ifl. SBie
unterfcheiben ft<h nun bie SBunber bet hl. Schrift von
folgen Staturvorgängen, bie nur bem Unfunbigen al«
SBunber etfcbeinen? SBoran erfennt man bie echten
Von @ott gewirben SBunberthaten im tlnterfchieb bon
Sinne«täuf<hungen unb menfchlichen ©lenbwerlen? —
3mar Wäre e« nun vielleicht für bie meifien fiinber ju
hoch gegriffen, wenn man au!führen wollte, baff ba«
SBunber im fpejififdhen Sinne be« SBorte« nicht ber
Slaturorbnung, fonbern ber ©nabenorbnung angehört,
bah alle von ©ott gewirben eigentlichen SBunber — im
Unterfchieb von bem gefe|mä§igen SBalten ber göttlichen
flraft in allen SBerfen ber göttlichen SSorfehung — in
©ejiehung ju ber übernatürlichen Offenbarung unb ju
ber übernatürlichen ©eftimmung be« Sllenfchen flehen,
bah ba« SBunber aller SBunber bie Sncarnation mar,
bie fich im hl- 8Utar«faframent fortwährenb neu barftellt.
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8lementar!ate<$eftn.
148
Sber baoon wäre bo<h ju reben, warum bie Äirdje nicht
gefiattet, SBunbererfcheinungeu für wahre SBunbet au«=
jugeben, ehe fte von bet Äird&e geprüft ftnb; e« wäre
unter Umflänben auch vor ber SBunberfud&t berer }u
warnen, benen ei am geichen bei SRenfchenfohneS nicht
genügt unb bie be^alb geilen unb SBunber erwarten
(Suf. 11, 29 f.) unb bie 3eid?en am ^tmmel beobachten
(SKatth. 16, 1 ff). Slber attetbing« au« einer folchen
©rörterung be« ©egtiff« be« SBunber« Würbe fiep balb
ergeben, baß bie ©erufung auf ©otte« SWmacht nicht
au«rei<ht, weil jwifchen ben SBunbern ber Schöpfung
unb ben SBunbetn ber ©rlöfung ein Unterfchieb ift.
Süßt fich nun auch bie fpefulatioe Seite ber Sache ben
Äinbern nicht Har machen, fo fann man ihnen bo<h
SWerfmale angeben, um ju unterfcheiben jwifchen wahren
unb unechten SBunbern, jwifchen ben Schönheiten ber
■Jtatur unb ben SBerfen ber ©nabe, jwifcpen ben SBuubetn,
bie ©ott bur<h feine ^eiligen wirft, unb ben ©lenbwerfen
ber SRenfcpen. hierin Würben bie Äinber geifiige ütahrung
finben, unb einefolche Äatecpefe wäre gewiß nicht fruchtlo«.
5Rur um ju jeigen, mit Welker ätufmerffamfeit
wir bai ©üchlein gelefett unb wie auch im (leinen bie
©erfchiebenheit theologifcher Snfcbauung ft<h refleftiert,
erwfthnen wir noch einige fünfte, bie mirgeänbettwünfchen.
Ueber bie 9lu«tüjlung ber etfien SJlenfchen mit ber
heiligmachenben ©nabe heißt ei S. 52, bie erfien SRenfcpen
feien nicht bloß 3J2enf<hen, fonbern auch gleich „^eilige"
gewefen, unb jwar fo Zeitig, at$ bie ^eiligen im $immel
ober bie man auf ben SEU&ren oerehrt. 3n SBirflicbfeit
iji aber bie „#eiligfeit" ber SWenfchen »or bem gälte,
wenn man bo<h ben StuSbruc! gebrauchen Will, ganj wefent*
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144
®rtfjer,
lieh von ber ßeiligfeit bet 33oHenbeten Betrieben; bie
leitete ifi grucbt eigener ftttlid^er 2ltbeit, ifi ein erworbener
unb baju noch ein unoerlierbarer ®efi|; bagegen bie
„ßeiligfeit" bet erften 2Reuf<hen hot nicht not einer, wie
uns fcheint, teilten SBetfuchung flanbhalten unb nicht not
bent Sügenwetfe beS Verführers fdjüfcen fönnen. ©S ifi
auch nic^t richtig, baß ben etfien ÜJlenfchen im Sßarabiefe
f<hon bet Fimmel gehörte (©. 53); nielmehr mußten fie
ibn etji netbienen. 2lu<h ifi 2lbam nicht als „SBeifer“
aus bet $anb ©otteS ^ernotgegangen (©. 53), bem nie
VöfeS eingefallen (6. 54); baß bet 3Jlenf$ nicht non fi$
auS fonbetn erft auf bie fatauifdje ©infprechung hin Jur
©ünbe geteijt worben, !ann febenfaDS nicht junerfichtlicb
behauptet »erben; benn wenn bet oiel höherjlehenbe,
mit ©aben bet ©rfenntniS unb bet ©nabe noch reichet
auSgeftattete ©ngelgeift boch unweife Würbe unb fiinbigte,
fo bürfen wir uns ben erften ÜRenfehen nicht wie einen
noDenbeten SBeifen unb ^eiligen norfieffen, bet etwa nur
baburch jum goß« tam, weil ein überlegener gefallener
©eift übet ihn mächtig Würbe; bei folget VorauSfefcung
Werben bie Unbegreifliehfeiten beS ©ünbenfaHS erfi recht
angehen. @S ift hier gewiß ebenfo möglich als notwenbig,
bie fittlühen Momente hetoorjubeben, burd> welche f«h
bie im fittlichen Äatnpfe errungene SBeiSheit unb 5£ugenb
beS ©Triften non ber urfptünglichen ©erechtigleit unter*
fcheibet.
3n ber Sehre non ben ©chu|engeln (6. 48) ifi uns
aufgefallen, baß bie für ben wunberbaren ©chu| bet
©ngel angeführten Veifpiele jur Sache gar nichts beweifen;
baß bie göttliche Vorfehung jum ©<hu|e bet auffällig
behüteten Äinber ftch ber (Sngel bebient, ifi nicht etfuhtlich.
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(Slfmentartatedjefen.
146
HRan fleQt ftch ja fonft auch in ben befonberen Schuf}
bet ©otteämutter, be« bL 3°fepb/ be« ty. 5Jtamen«patron«,
bet atmen Seelen u. f. man glaubt an ba« fräftige
©ebet bet ©Itern fflt ibte Jtinber, an befonbete Segnungen
unb größte bet grömmigfeit; nun gut, e« fcbliejjt eine«
ba« anbete nicht au«; abet tuet roitt fagen, toeld^e non
ben bintmlifeben Sföäcbten jefct getabe bie erbetene $tlfe
gebraut! SBemt man getoiffe Sd&ufcengelprebigten bött,
fo fönnte man meinen, baff nicht bet liebe ©ott unb
ba« Scepter ©brifli, fonbern bie ©ngel bie 2ßelt regieren.
®a« Äinb bat feinen ©ngel, fagt man, unb tuit fagen
e« au<b. Aber tuenn jebe auffällige ®ebütung in einet
©efabt einen ©etoei« für ba« ©ingreifen be« S$u|engel«
ift, tua« betoeifen bann bie vielen §äHe, in benen e«
an folgern Schule fehlte unb tuo Äinber tote ©rtoacbfene
von tragifcben ©reigniffen bingerafft toorben?
Sotnobl bejfiglicb bet baibnifd^en al« bet proteflan=
tifd>en @egenfä|e gegen unfern ©lauben märe manche«
richtiger anjugeben, unb müßte e« auch mit ©etjicht
auf lanbläufige unb liebgetvorbene bequeme SftebenSarten
gegeben. ®afe bei ben ißroteftanten fi<b jeber feinen
©lauben felbet machen bätfe (S. 118), entfpricbt nicht
bet proteflantifchen Sebte. ®et gläubige Sßrotejtant
bat auch feine ©lauben«notm, fein Spmbolum; nicht
ben ©lauben fann ft<b bet ©injelne machen, fonbern
nur bie fubfeftive Ausbeutung unb innere Antoenbung
beSfelben; tuet ft<h ben ©lauben felbft macht, ift auch
bem ißroteftanten fein ©läubiget mehr. ®aß bie Sßroteftan*
ten feine ©ifeböfe haben (S. 115), ift faum für ben
beutf$en ißrotejtantiSmu« ganj tintig, feinenfaHS fflt
ben englifdben, bänifchen, fcbtuebifchen u. f. tu.
Quactalföiift. 1890. $cft I. 10
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146
Dnchesne,
3n ber ©brifiotogie liefe ftd) bet Sa{}: „bet Sohn
bat feine SJiuttet etf<baffen" (S. 58), beanftanben. SK«
SRatia etf<baffen würbe, war bet Sohn ©otte« noch
nicht bet Sohn 3Jlaria«. ©brifht« b^fe* fobann nicht
bet ©efalbte, bet ewig ©eweibte, weil er ©ott felbfi
iji (6. 36); bie Salbung 3efu wie bie ©infefcung in
bie btei Äemter bejiebt ft<h auf ben menfcb geworbenen
@otte«fobn.
£>et geehrte Sßcrf. wirb un« biefe Semerfungen
ju gut halten; benn et Weif, baf eine ernfHi<he flritif
für ihn unb fein Such mehr 2Bert bat, al« ein unbe=
fcbtünfte« £ob, au« bem man nicht« entnehmen unb
nicht« lernen lann. 2Bir erbeben unfte Slnfptüche etwa«
höbet. Wo man auch wirtlich Slnfprfiche machen lann.
SEBit hoffen, baf biefem Sänbdjen übet ba« Sbmbolum
halb bie anbetn übet bie übrigen Stüde be« Äatecbi«»
mu« nach folgen, unb wit betfpte^en, baf wir fte mit
gleichem Sntcrcffe lefen unb prüfen werben.
Stottenbutg. Sinfenmann.
3.
Origines da calte chr^tien. Etüde stur la liturgie
latine avant Charlemagne par l’abbe L. Dnchesne,
membre de l’lnstitat. Paris, Thorin 1889. VIII, 604
S. 8.
S)ie Schrift entfianb au« S3orlefungen am fatbolifcben
3*fHtut in ißari«. Sie giebt eine S3ef<hteibung unb
©rflirung bet wichtigsten ©eremonien be« fatbolifcben
©otte«bienfte«, wie fte im 4.-9. ^abrbunbert in ben
Amben be« lateinifcben Slbenblanbe« beftanben. 3tt«be=
fonbete waten bie Stubien be« SSetf. bet alten galli=
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Origioea da onlte chrätien.
147
fanifcßen Siturgie jugetoenbet, no$ mehr bet römiföen,
bet bemerlenötoetteften , ba fte feit 3®i>^unberten faft
bte einyige Siturgie be3 SbenblanbeJ ift. Sie Orientalin
feien Siturgien »erben mehr jut ©ergleichung gerangen
jogen als eingehenb unterfuc&t unb bargefteBt. Jh nen
ift h<N4>tfächli<h baS §»eite Äapitel getoibmet, »ährenb
baS erfte ton bet ©itfurnffription bet Jtit$e in bet
ältefteu 3«t fanbelt. Ser ytoeite Seil be$ Sitel« ent«
fpricht beS^alb bem Jnhalt mehr al« bet erfte, unb
nur auö äußeren ©rflnben »utbe biefer oorangefteHt.
Ser Slbfd^nitt über bie abenblänbifc|en Siturgien
jerfäHt in fünf Äopitel (3—7). Sw»ä(^ft »irb übet
ihren Urfptung unb ihr gegenfeüigeS ©erhältnhB int
allgemeinen gehanbelt. Sann tommen bie liturgiföett
Jormeln unb ©üc|er unb bie auf un$ gelangten ein«
f($tägigen Sofumente jur ©rörterung. ©nblkh folgt
eine ©eföreibung ber römif^en unb gaDitanif<hen SReffe
in bem gebauten 3«ittaum. Sie Steift ift aber bamit
noch nicht ju ©nbe. Set SSerf. »oBte nicht bloß oon
bet Siturgie im e. 6. obet t>om eu<hariftif<hen ©otieö«
bienft, fonbetn überhaupt toon bem firchli<h«n Äult hanbeln,
fo»eö et einen öffentlichen ©harafter h«t. Semgemäß
teiht fUh junächft ein Äapitel Aber bie chtiftlichen Jefte
an. gemach tommt bie Saufe, bie Orbination, bie
Seihe bet Äitchen, bie ©enebittion ber Jungfrauen, bie
©iufegnung bet ©he, bie Stefonjiliation bet ©Aßet jut
SarfteDung. Sie ftbbanblung Aber bie Orbination gab
Sulaß, auch übet bie fir<hti<hen @e»änber yn reben.
Sa« lejte Äapitel enthält eine futje ©rörterung übet
bie ©ntftehung beS OfftjiumS ober ©reoiergebete«. Jm
9uh an fl toetben enblidh vier Sofumente mitgeteilt: bie
10 *
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148
Dachesiie,
tömifCben DrbineS nach bem Äobep öon 6t. 2tmanb,
baS Sftituale ber Äitdj treibe im 6a!ramentarium »on
2lngoulöme, baSfelbc in ©ebraucb bet Ätrd^e non 3Jlc|},
enblicb auS bet Peregrinatio Sylviae 2. 2t. bie ©otteSbienji*
otbnung in Serufalem gegen ©nbe beS 4. ^abrbunberts.
®a8 SuCb bietet, wie man fie$t, mehr, als mobt
mannet nach bem Xitel ermatten möchte. @S erflredt ficb,
mit größerer ober geringerer 2lu£fübrliChfeit, über ben
gefamten öffentlichen Äult. Unb bafj bie UnterfuCbung
mit ©rünbliCbleit geführt ifi, bafür bürgt ber -Käme beS
2lutorS. S)er SSerf. bemegt ftCb auch niC&t in ausgetretenen
©eleifen. ®en 6toff beherrfchenb unb, mie eS 2lufgabe
beS #ijloriferS ifi, mit IritifC&em 2luge prüfenb unb
fiC&tenb, lommt er mehrfach ju neuen 2luffieDungen,
unb menn auCh einzelne, bem 6tanb beS Quellenmaterials
entfprechenb, nur ben ©barafter non ^ppothefen haben,
fo imbienen fte bodj alle SBerüdftChtigung; fie merben
ber $orfC&ung neuen 6potn geben; fte toeifen ihr auCh
neue 3*ele. 3nbem iCh baS Such felbfl ber Seachtung
empfehle, gehe iCh auf einige fünfte etmaS näher ein.
Sei einer Arbeit über bie alten Siturgien finb öor
allem bie Xofumente ju prüfen. ®en auf bie abenb*
länbifCben Liturgien bezüglichen 6djriften mirb, mie mir
gefeben, ein eigenes Kapitel gemibmet. S)ie Unterfuchung
über baS in zahlreichen $ff. erhaltene Sacramentarinm
Gregorianam führt zu bem ©rgebnis, bafe eS bem 6tanb
ber römifcben Siturgie unter $abrian I entfpricbt. S)er
$apfl fChidte eS ßarl bem ©t. auf feine Sitten zu, unb
auf bem ©yemplar, baS fo ins granlenreich gelangte,
ruhen unfere $ff. S)aS Saframentar fann alfo auCh
nach $abrian benannt merben, unb biefe ^Bezeichnung
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Originea da cnlte chrdtien.
149
entftm$t bem Snhalte mehr als bie gewöhnliche. ©aS
©elaßanum iß älter, rührt aber bo<h nicht non bem
Präget biefcS -WamenS t>er. ©8 fam ins ffranfenreich
jiemlich lange öor ^abrian, aber auch er ft ziemlich
lange nach ©regor I. ©ie $fi. haben einfach ben Xitel
Liber Bacramentorum Rom. ecclesiae. ©elaftuS aber
mürbe baS Such nach ber Vermutung beS Serf. im
granlenreich jugefchrieben, weil berfelbe im ißapßbuch
als Autor eines Liber Bacramentorum bezeichnet wirb,
©er Snbalt ift nicht bloß römifdh; baS Such hat auch
einige gallilanifcbe ßuthaten. ©aS fog. Seonianum ferner
ift jwar rein tömifch; eS trägt aber ben -Warnen, unter
bem eS befannt ift, ebenfalls mit Unrecht. @3 iß, tote
fchon bie SaHerini fahen, fein offizielles Such, jum
©ebrauch beS ißapßeS unb bei ben feierlichen Stationen,
tote baS ©regorianum, fonbern eine ißrioatarbeit unb
enthält ohne Drbnung zeitlich unb inhaltlich feht öer=
fchiebene Stüde. @8 gehört toohl ber SJUtte ober bem
©nbe beS 6. QahrhunbertS an. ffür baS Missale gothicum,
enthalten im Cod. Yat. Reg. 317, um noch btefeS ©olument
ju erwähnen, ergiebt ß<h als 3eit baS ©nbe beS 7. 3ahr=
hunberts.
Äiirjer als bei ben abenblänbifchen ©ofumenten faßt
fuh ber Serf. feinem 3® e< * e etttfprechenb bei ben orten*
talifchen. ©och fonnte bie S eit auch hi« nicht gan)
unberührt bleiben. 3nSbefonbere war fte bei ber Siturgie
ber Apoßolifchen ÄonßUutionen in Anbetracht beren
äBtehtigfeit nicht ju umgehen, ©ie Aufzeichnung ber
Siturgie, bejto. bie Abfaffung ber gegenwärtigen ©eftalt
beS SSBerfeS, wirb S. 66 in bie SKitte beS 4. 3 a h r h-
»erlegt, ©er Anfafc iß aber offenbar ju früh, toie, »on
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150
Docbesne,
andrem abgefebeu, fcbon bal geftoerjeie^wi« zeigt, bal
an jtoei Orten bei SBerlel »orlommt. Sal SBeibnacbtl*
fefi, bal in beibeu SSergei^niffen eine ©eile bot/ beftanb
in ©prien bamall nacbtoeilbar noch nicht. Sfocp ein
anberer Punlt trat b^f noch }u erörtern. Sie Slpoft.
Äonftüutioneu banbeln non ber Siturgie an jtoei Orten.
II, 57 finbet ftch .eine SBeföreibung bei ©ottelbienftel;
VIII, 5—15 tnirb ein ooflftänbigel liturgifcbel Formular
mitgeteilt. 61 fragt fiep, ob beibe ©tüde non einem
unb bemfelben Sfator ^errä^ren. Ser SSerf. btüdt ficb
barflber jurtidbaltenb aul. Socb ifi er geneigt, bie
grage ju nerneinen, ba steiften ben beiben ©tüden
einige Sifferen§en beheben. Sill bebeutenbfte SSerfcbieben«
beit tnirb 6. 58 bie Stellung bei griebenlluffel b«nor*
gehoben. Qn ber Sbat gebt biefet II, 57 ber Sitanei
bei Siafonl unb bem ©egenlgebete bei Sifdjofl noran,
tnäbrenb er VIII, 11 beiben ©ebeten nad&folgt. Ser
Punlt ifi aber m. 6. ni<bt fo hoch anjufcblagen. Ser
Interpolator ^ölt ftch in ber SBefdjreibung II, 57 allem
nach an leine flrenge Orbnung. @r nimmt ja auch inl
©ebet ber ©läubigen nach bem ffieggang ber fiatecbumenen
unb Pönitenten einen Punlt auf, ber VIII, 12 in ber
Prüfation norlommt unb baber eher auf biefe zurüdzu«
führen ifi, noch tnabrftbeinlicber aber toobl für eine freie
$Htbat bei SBearbeiterl ju holten ifi, ba bal bezügliche
©ebet fo, wie el uni hier entgegentritt, nirgenbl in ben
alten SUurgien eine Sinologie bot. Sal ©ebet mit bem«
jenigen ju ibentifijieren, toelcbel VIII, 8—9 über bie
Pönitenten im Stogenblid ihrer @ntlaffung gefprod&en
tnirb, toie S. tbut, gebt aul einem hoppelten ©runb nicht
an, ©rfienl hoben bie ©ebete inhaltlich nicptl mit
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Origines du culte chr^tien.
151
einander gemein. 3® e ^enä ift II, 57 mit aller Beflimmtheit
Don einem ©ebet ber ©laubigen nach ©ntlaffung ber
Pönitenten bie Siebe. 3)ie 2)ifferenj giebt alfo leinen
hinlänglichen ©runb, um für bie Bearbeitung beS achten
Buches einen anberen Slutor anjunehmen als für bie
beS jtoeiten. Qm übrigen ift mit biefer ÄlarfieHung
bie litterarhiflorifcpe grage noch nicht entfliehen. §üt
beren Söfung ift eine Steife oon »eiteren @efi<ht$punlten
in Betracht ju jiehen.
®ie abenblänbifd&e Siturgie teilt ber Berf. in }toei
©tämme, bie tömifche unb gaHilantfche gorm, unb er
nimmt an, bafj bie Teilung um bie SRitte beS 4. 3«b* :
hunberts erfolgte, nachbem bis bahin bie Siturgie ber
Hirehe, oon ber bie Belehrung beS SbenblanbeS auSging,
im allgemeinen bie ^errfchaft behauptet hotte. ®ie
gaDilanifche Siturgie ift ihm nach ihrem Urfprung näheren
bie ÜRaitänber. 3n SWailanb felbjt fanb bie Siturgie
©iugang, als bie bortige Äitche in SlujentiuS einen
Orientalen, einen Äappabojier, jum Bifd&of erhielt, unb
oon bort verbreitete fie fcch bei ber Bebeutung ber
Kirche unb ber ©tabt nicht blofj über Oberitalien, fonbem
fie gelangte auch «ach ©allien, Spanien, Britannien unb
3rlanb. 3n ©aUien behauptete fie {ich bis ins 8. 3<>h ls
hunbert, too fie burch Pippin b. Äl. unb Äarl b. ©r.
abgefchafft tourbe. 2>ie Beforrn, bie fi<h bamals im
grunfenreidj ooBjog, toat aber nicht einfach e tne reine
unb volle Sinnahme ber römifchen Siturgie. ®S entftanb
oielmehr, inbem auch manche Beftanbtetle ber alten ein«
heimifchen Siturgie beibehalten tourben, eine gemifchte
gorm. SDiefelbe tourbe burch bie faifetliche ÄapeHe in
alle Äirchen beS fräntifchen Reiches verpflanzt ; fie fanb
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152
Ducheene,
fdhltejjlidh ben 2Beg fogar nach SRom unb »erbrängte
bort allmählich ben alten SBraudh- SDie römifdhe Siturgie
feit bent 11. 3«^unbett ift nichts anbete« als bie
fränlifche, tote fte burch SHfuin, ^aütgar unb SlmalariuS
feftgefleUt worben war, unb Wie fehr bie alte IßrafiS
in 3tom »erbrängt Würbe, jeigt auch bet Umfianb, baf
non ben S3üchern, welche fie enthielten, lein einjigeS
©jemplat auf bie Slachwelt gelangte. 2)ie SDtailänber
flirdhe blieb oon bet SRefotm »erfd&ont. -flach bem SSerf.
würbe eine Steform bafelbft nicht einmal angeftrebt. 6t
nennt bie ©tjählung fianbulfs non bet geinbfeligteü
ÄarlS b. @r. gegen ben SDtailanber 9titu$ eine gäbet.
Ob iht abet wenigflenS nidht etwa« SBahteS ju ©runbe
liegt? 3<h möchte bie Sinnahme hoch nidht fo unbebingt
»erwerfen. -flachbem überall eine gewtffe ©inheit im
granlenreidh hetgeftettt mar, lonnte Äatl fidh wohl »erfud&t
fühlen, audh Sflailanb §ut Sinnahme bet allgemeinen
ißrajiS ju bewegen. — 3n bem flafntel übet bie römifdhe
Sfleffe weifl bet SSetf. bie 6inf»ra<he, bie be ©mebt
gegen feine Deutung be« fermen tum erhob, als unhaltbar
jurüdf (©. 153). 3<h hätte e* gerne gefehen, wenn er
feine Sluffajfung mit ©tünben belegt hätte. 2)er 33rief
be« $. Snnocenj fpricht unbebingt gegen fte. 3<h h<*be
bemgemäjj in meinet fl®. ©. 50 fetbfi bie anbte Slnfidht
»orgetragen.
SDie ÄenntniS bet <hrifUi<hen geflorbnung würbe
butdh bie Peregrinatio Sylviae neulich erheblidh geförbert.
2)a$ Sicbtmefjfeft würbe nadh biefer ©dhrift in 3erufalem
nodh im 4.3ahthunbert gefeiert. S)aS gefi bet S3erlünbigung
nimmt alfo nicht, wie man früher glaubte, unter ben
SDtarienfeflen jeitttdh bie erfie ©teile ein. 3). betradhtet
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Origines du culte chrätien.
153
all erften fixeren 3 eu 8 en belfelben bal trullanifche
Äonjil 692 c. 52 (€>. 261). S)al gefl lögt ft<h aber
mit ©teger^eit toeüer jurücfperfolgen. 3« Spanien Jennt
el, tote $>. tur§ juoot (6. 268) felbjl ^etnot^ebt, bie
©pnobe »on £olebo 656 c. 1, toenn auch nicht gerabe
unter bent S)atum bei 25. SRütj. Unb wenn bal geft
im Orient 692 jtdjer befianb, fo barf auch bie 6. 261
ermähnte $omilie bei ^l. ©ophronitil auf bal ©eheim*
nil ber SSerfünbigung all ein ßeuflttiä für bal geft
angefehen toerben, toenn gleich nicht gefagt toirb, baff
fte aul Slnlafj eine« befonberen gefiel gehalten tourbe.
3a auch Sßtollul ift annäheittb ein ftd)eret 3 e «ge
gefiel. ©eine erfte Sobrebe auf SJlaria beginnt mit
ben SEBorten: Ilaq&evixTj navqyvQig ar^Qiov vfy
yhättav rjfiwv, aisixpoi, nqcs evgtqfila» xakel, xal ij
naqavaa ioQtrj xoig oweX&oioiv uxpelelag yivsxai
TiQo^evov (Migne. PG 65, 679). Ißroflul fpricht alfo
an einem gefl, näheren an einem SJlarienfeji, unb bal
gefi iß nach bem gnhatt ber Siebe, namentlich nach bem
©ingang unb Schluff, bal gefi ber SBetfünbigung. Ober
foHte bie Siebe ettoa unecht fein? 3Jlir fcheinen bie
©rünbe ju ber Sinnahme ju fehlen, unb fte bürften um
fo fchtoerer beijubringen fein, als bal gefi bei feinem
3ufammenhang mit ben geflen bei $erm allem nach
einen frfihjeitigen Utfprung hat.
gfir ben Urfprung bei SBeihnachtlfeftel glaubte
jfingft Ufener (Sleligionlgefchichtliche Unterfu$ungen I
1889) bal 3aht 354 nachtoeifen ju fönnen. 3). ftnbet
el (©. 248) fdhon im 3- 336 bezeugt, inbem er bie
Slebaftion bei philofalianifchen Äalenberl auf biefel
3aht anfefct, unb feine im Bulletin critique 1890 Slro. 3
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154
Duchetne,
näher bargelegte Vereinung wirb nicht ju beflreiten
fein. Sie 3^efe Ufener« ift bemgemäfj hfofäHifl-
SWü ben gfejlen wirb auch bie gaftenpraji« erörtert
$ier war namentlich bie mit bem Umf<hwung unter
Jtonftantin b. ©r. plöfelich auftaud&enbe Quabrage« ju
erflären. S. bringt ihren Urfprung mit bem Äatechumenat
in SJerbinbung. Sie üuabrage« erfd&eint feit bem 4.3ahr*
hunbert überall al« bie 3eit be« Unterricht« ber £om=
petenten unb ihrer Vorbereitung für bie Sufnahme in
bie äirche, unb oon biefer ©inridjtung rühre aller 2Baht=
fcheinlichfeit nach bie Ouabrage« felbft her (©. 319).
6« Wirb auch (©• 232) ber gortfd&ritt herborgehoben,
ber in biefer Vejiehung in ben Dfterbriefen be« hi- 2ltbana=
fiu« ju tage tritt, wie in ihnen anfangs bon ber 3eit
ber Guabrage« unb ber 2B o <h e be« gaften« bie Siebe
ifi, fpäter aber bon bem a ft e u ber Guabrage« unb
ber hl- Ofter--(bejto. ©h at -) SBodhe. ©benfo lonnte bie mehr*
fach angefochtene Angabe bon ©ofrate« (5, 22) in einer
Unterfud&ung über ben Urfprung unb bie ©ntwicflung
be« Guabragejtmalfaften« nicht unerwähnt bleiben, bafj
bie Stömer nur (bie) brei SBochen bor Dfiern fafien,
eine Angabe, bie auch bie Sluftorität ©afftobor« für fi<h
hat, ber ftc in feine fl®, aufnahm. Sag beigefügt
Wirb: ausgenommen ©am«tag unb ©onntag, machte fie
etwa« berbädhtig, ba ber ©amötag nach ber allgemeinen
römifchen ißrafiS bamal« ein Safttag war. Sa« Vebenfeu
würbe aber bereit« burdh Valeftu« in feiner Slnmerfung
}U b. ©t. im wefentlichen gehoben. Surch benfelben
würbe auch auf bie alte Vejeichnung be« ißaffionSfonn;
tage« al« Dominica mediana al« einen Umfianb hinge*
wiefen, ber jene Angabe betätigt, ba biefe Benennung
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Origine* du culte chrdtien.
155
ein brei»ö<bentli<beS gaften eorauSfefct. 3nbeffen toirb
auch bie bem ißaffionSfonntag »orauSgebenbe ÜBocbe als
mediana begegnet, unb mit fRücffic^t herauf glaubt D.
©ofrateS babin fotrigieren gu feilen, bie brei gajlen=
modben in bet CuabrageS feien nicht bie lebten, fonbern
bie etjle, eierte unb feiste. Die äuffajfung bat eiel
für fi<b. 3Benn fte aber tintig ifl, bann barf man
fragen, ob bei ©ofrateS nidf)t ovnififttvws ftatt owqwtvus
ju lefen ifl. 3Jlit biefer ©menbation, bie m. 6. auch
bet Äonteyt empfiehlt, bebt ft<b bie ©cbwierigfeit gum
großen Deil. ©ofrateS fprid^t bann nicht mehr eon
einem Mafien in ben jufammenb&ngenben brei SBodben
eor Dfletn, fonbern eon einem, ©amStag unb ©onntag
ausgenommen, fortlaufenben gaflen in brei 2Bo<ben eor
Djlern. — Die OuabrageS begann urfprfinglicb mit bet
Dominica Quadragesimae, begto. baS Jüuabrageftmalfaflen
mit bem folgenben SJlontag, unb bie Äitdbenfpracbe be=
geugt noch beute ben anfänglichen ©acbeerbalt. Die
eiet eorauSgebenben »eiteren Safttage mürben erfl fpäter,
ftdber erfl na<b ©regor b. @r., btojugefügt, um bie
3abl 40 für bie gafltage gu gewinnen, aber mann
unb roo? 34 muffte in meiner 51©. ©. 243 als erfie
3eugen nur fränfifebe Autoren aus bem 9. gabtbunbert
gu nennen. Die tlntcrfudbungen über baS ©elaftanum,
baS, am Anfang beS 8. ^abrbunbertS entflanben, bereits
bie ©tationSmeffen für bie Dage bat, führen inbeffen
nadb fftom unb ins 7. 3ab r hunbert gurüdl (©. 234).
gunf.
4 .
SaS Ut|*llf4< bentf^e Rinbenlieb in feinen ©ingmeifen eon
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156
Säumfer,
ben frötjeften Seiten big gegen ©nbe beg 17. $abrb-
1.93. Stuf ©runb fjanbfdiriftlidjer unb gebrudter (Quellen
bearbeitet öon SBilbelm ©äumftr. ffreiburg bei gerbet
1886. (XIV. unb 768 ©.).
„Sie frieblidbfte, nciblofefte unb jugteidj unbejtrittew
fte SBeltberrfcbaft, bie mir Seutfcbe jemalg angetreten,
bag ift bie SBeltberrf<baft beg beutfc^eu Siebeg" (Sreoeg).
Sieg SBort lägt fidb in gang befonberer SBeifc anwenben
audb auf ben geijllicben 93olfggefang mit bet Snnigfeit
feiner Sßoefie, mit bem 3<*ub e r i» feiner SRelobie. Qm
I6.3abr^., bem fog. Sabrbunbert beg Kirdbenliebg, gewann
ber geijH. 93otfggefang burcb bie 9teformation neuen 2luf»
fd)Wung. 2lug bem geiftl. SSolfggefaug beg SWittelalterg
gieng bag latb- unb proteft. Ktrcbenlieb berüor. 3m 17.
unb 18. 3abrb- trat eine groge Korruption in Seft unb
SJtelobie ein: „gelehrtere" Seite unb „fünjtlübere" ©ütg=
Weifen oertrieben ben alten Sieberfdbafc. Siefen ©<ba|}
§u beben unb ju büten, bag ©efdbmacltofe unb profane,
bag man gegenwärtig noch »ielfacb in unferen ©efang*
bädbern finbet, unb an bem noch SSiele mit bewunberungg*
würbiger Säbißfeit feftbatten unb eg für fdbön unb er*
baulidb erllären, ju entfernen, bem Soll bag „@rbe feiner
33äter" wieber jurüdfpgeben, ift wabrlidb „beg ©dbtoeigeg
bet ©bien" wert. Sag neuefte SBerf ber gorfcbung auf
bem ©ebiet beg beutfdben Kirdbenliebg ift ber I. 93anb
beg Säumferfdben SBerfg „bag tatb- beutfdbe Kircbenlieb
in feinen ©ingweifen". SB. 93äum!er ift in ber wiffen*
f<baftli<b mufifalifdben SBelt fcbon lange ein ÜRame oon
gutem Klang. Ser 2. S3anb erfdbien 1883 alg gort»
fefcung ju K. ©. 3Jteifter’g „fatb- beutfdbeg Kirdbenlieb".
Sag feit SMeifter’g Arbeit (1862) immer reidbtidber fliegenbe
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35a8 fattjotifcbe beutfcpe Jttr<b«nKeb.
157
gebruefte unb hanbfcbriftliehe Dlaterial, ber 3umach8 an
Utterar. Hilfsmitteln beranlafjte 33., feinem 2. ©anb einen
auf ganj neuer ©runblage felbftänbig bearbeiteten 1.
©anb }ur Seite ju flellen. So beft&en mit im ©.’fehen
SBerf für bie SJtelobien unferet Kirchenliebet bis jum
©nbe beS 17. Sa^rbunbertS eine fefie ©runblage für bie
miffenfchaftliche gorfepung unb eine reichlich unb reiu
ftiefjenbe Quelle für praftifepe groede. Ser SEßert unb
bie ©ebeutung beS neuen 1. ©anbeS ergibt jt<h aus
einer furjen Inhaltsangabe. Ser erfie aDgemeine Seil
gibt uns ein interejjanteS ©ilb bon ber ©ntroidlung
beS beutfehen KitchenliebS: bie 3eit ti o r ber Deformation,
bie 3 e ‘i Sut^erS, bie 3eit n a dj ber Deformation;
Sitteratur, ©ibliographie, bie oorjüglichften ©efangbüeher
aus bem 16. unb bem Snfang beS 17. 3ahrhunberts,
enblich ©orreben aus ben ©efangbüchern. ©on 3ßid^tig=
feit in biefem Seil ift itiSbefonbere ber flare, objeftito
gehaltene DacpmeiS, bafj Suther toohl ber ©ater beS
etoang. KircpengefangS, nicht aber ber ©ater beS beutfehen
KirdpenliebS ifi. Ser 2., befonbere. Seit bringt ÜDelobien
bon 421 nach bem Kirchenjahr jufammengefteUten Siebern
mit htflorifchen Dotijen über Dielobie unb Sept. ©om
Sept wirb nur bie erfte Strophe gegeben, eS toerben
bie Hauptbarianten ber ÜJlelobie aufgeführt, baju eine
Ueberfteht über bie Septe, roetehe nach ber betr. Dlelobie
gefungen mürben. Sorgfältig angelegte Degifter bitben
ben Schluß 358ir haben fomit hier eine interejfante,
für bie npmnotogie bebeutungSuolle Drbeit, „ein umfang*
Teiches Senfmal beutfehen gteifjeS auf bem ©ebiet ber
religiöfen Kunft unb beS fünfllerifchen Kultus" (©ap*
reutper ©lätter), bem man überall ©inlafe gemähren
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158
¥«ta,
wirb, wo matt ba8 beutle Äird^enlicb pflegt uttb liebt.
^Reutlingen. ©tatbbfarrer SReSmet.
5.
Ser Oottefbrgrijf in ben ^eibnifc^en Stetigionen bei ÜReujeit.
Sine ©tubie jui oergteichenben 8ieligion8toiffenfcbaft
tton <£$?. ^efa. S. J. (SrgänjungSbeft 8» »ben ©tim*
menau89Waria£aad)".41 unb42). greiburg.gerbet 1888.
Der Setfaffer bat fchon früher in einer ©tubie ben
©otteSbegriff in ben beibnifchen ^Religionen be8 StltertumS
bebanbett (togt. 3 a b r 0- 1887 ©. 667 ff). 3ene ©tubie
erhält burdb bie »orflebenbe ©cbtift eine willfommene
gortfefcung. @8 werben b«* biejenigen Söller in ben
ÄreiS bei Setrachtung gejogen, welche ben Sitten gänjlich
unbefannt waren unb über beren religiöfe 3 u ftänbe erfi
bie Sntbedungen ber lebten 3abrbunberte, ja jum Deil
erft bie ber testen Qabrjebnte un8 unterrichtet haben.
Deswegen flnb biefe ©tubien nicht blof; anjiebenb wegen
ber öielen wiffenf<haftli<ben fragen, welche bamit jufamen=
hängen, fonbern auch ptaftifcb »on Sebeutung wegen
be8 Unterejfe8, welches tiiele ber bebanbeltenSötlerf (haften
in golge ber neu erwarten Äolonialbeflrebungen gewonnen
haben.
Sei 2lbf affung biefer ©tubien waren nicht unbebeutenbe
6<hwierigfeiten ju überwinben. Die gröfete Schwierig*
feit lag wohl in ber SReidbbaltigleit beS ©toffeS, ba in
unferer 3«* eine gülle beS intereffanteflen SRaterialeS
über bie einfchlägigen fragen berbeigefdbafft worben ifl.
©ine ©chrift, Wie bie »otliegenbe, fonnte faum binreidben,
auch nur bie Ditel ber SBerle genau anjugeben, welche
über Stbnograpbie unb oerwanbte ÜBiffenSjweige erfchienen
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Ser (SotteSbegriff.
169
finb. @ 1 $ Tag barum bie ©efabr tta$e, bei einer Unter«
fucßung über bie Religion aller 93ölfer bet 6rbe in ein
trodeneS SRegiflrieren ju verfallen unb anflatt eines
IebenSnoHen SBilbeS ein ^ötjerneS ©eriifte ju bieten.
Siefe ©efabr fd>eint ber SSerfaffer glficflitb fibertounben
ju haben, inbem er junächft nach juoerläffigen ©e»äbr8=
männern ftch umfab unb bie betjubtingenbcn ©injel*
beiten mit »eifer 33ef<hränfung umfränjte.
©ine Weitere €d)»ierigfeit bot bie &u$»abl beS
©inteilungSprinjipeS. @3 fragte fich, foll bie fptacbli<be
^ufammengebörigfeit baS Einteilungsprinzip hüben, ober
foDen bie Perfd&iebenen 2lrten ber ^Religionen felbji jur
Älafjifijierung oertoenbet »erben. Sluf jebem biefer SBege
wirb bem SubjeftioiSmuS viel Spielraum geboten. ©8
bat auf biefem ©ebiete jeber feine eigene SReinung. Ser
eine büß für WiHfürliche ©rftnbung, »a3 bem anbern
von berfRatur ber Sache geforbert erfd&eint. HRü gutem
Safte bat baber fßefcb von ben angebeuteten ®inteilung8«
verfugen 2lbftanb genommen unb einfach in geogtapbifcbet
^Reihenfolge bie 33e»obner ber netfcbiebenen ßänber nach
einanber bebanbelt. 3m erfien $efte »erben biejenigen
Sßölfer befprocben, »eiche ihrer großen SRebrbeit nach
nicht §u ben „SBilben" gerechnet »erben fönnen, fonbern
bie enttteber eigentliche Äulturoölfer finb, ober boch einen
ge»i{fen ©rab ber gioilifation angeeignet haben,
unb bie ferner jenen Seil ber 3Renf<bbeit repräfentieren,
»eichet ftdb jum 99ubbbi8mu8 belennt ober »enigftenS
von bubbbtfitfcben Sehren nicht ganj unbeeinflußt geblieben
ifi. @8 finb bieS bie ginnen unb »ertoanbte SSölfer.
Sie ©binefen, Äoreaner, Japaner, Sibetaner, SRepalefen,
kutaner, bie 93etoohner ^interinbienS unb SSorberinbienS,
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160
©inghalefen unb bie Setoohner bet ojiajiatifchen Sfnfeln.
9uf ba« ©injelne fann ^iet um fo »eniger eingegangen
»erben, al« gerabe bie §üüe bet ©injelheüen ba$ gröfjte
Snterejfe ^emorruft unb basier bet eigenen Seftüre not*
bemalten »erben mufj.
S)a8 jtoeite $eft umfaßt bie eigenttidjen Naturoölter,
»eiche faft unberührt non jeber Äuttur ihre religiöfen
anfchauungen unb ©ebräudje ent»idelt haben, aber frei*
lieh ihre Heimat fchon jum grofjen %eil ben Dorrüdenben
Äulturtölfern ein räumen mußten unb fieh auch bem geizigen
©influfse berfelben auf bie ®auer nicht entgehen tönnen.
©8 gehören ^te^er bie ©etoobner Suftralienö unb bet
©übfee* 3nfeln: bie ißolhnejiet, bie SDlelanefter unb 9Jtif*
tonefiet; ferner bie ©eroohner afrita«: bie SWalegajfen,
bie ©ufchmänner, bie Hottentotten, bie Äaffern unb »er*
toanbte ©öltet, bie ©e»ohnet Oft* afrifa«, aequatorial*
aftifaö unb 2Befl- aftifa«, bie ©etoobner Ober* Guinea«,
©enegambien« unb be« ©ubau. ©nblicb gehören hiebet
bie Uteintoohnet amerita«: bie ißolaroölter, bie Snbianet
SRorb * amerifa« unb ©üb * amerila«, bie ©etoobner
oon SRefifo unb 6entral*amerifa, bie SWuiöca unb
bie £aca.
auf folche SBeife wirb eine SEBanberung burch bie
3onen ber ©rbe gemacht unb ba« ä$un unb Treiben
ihrer ©etoohnet befichtigt. ©s »erben un« ©öltet oor*
geführt oerfdhieben in ©ejug auf törperlWbe unb geiflige
©ntwidlung, Betrieben in anfehauungen, Sitten unb
Sagen, »erfchieben in fünften, SBiffenfchaften unb bürget*
li^en ©inrid&tungen. 2)er ©erfaffet hat (ich bei aQett
biefen ©öttern nach ihrem ©lauben unb ihrer Religion
ertunbigt unb b a * feine* gefunben, beffen Naturtrieb
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x _ $er ©ottcSbegriff. 161
\ tiV.
auf bic Vereinigung/©otte8 gienge. @r ftnbet, bafc bk
Völler überall in ihrer SEBeifc bas ©ort fpred^en ober
toenigflenS flammeln: „Vater unfer, ber bu bifi in bem
^jimmel". ®urd? rein objeltioe Verichterftattung, ohne
baf? 6<buIhhbothefen über ©ntftehung ber Religion unb
ber Religionen berüdfuhtigt ©erben, gelangt ber Sefet
jur Ueberjeugung, ba§ bie Religion ein ©efenöftfid
be8 SRenfchengeifleS auSmacbt. ißefcb töfet fich genügen,
burdh feine ©tnbien Vaufteine für bie Sipologetil unb
fpelulatioe Rheologie beigetragen jn haben. ®em ßefer
bleibt e8 überlaffen, bie beigebrad^ten ^hatfadhen für
ftch ju oertoerten. Rur am Schluffe ber Slbhanblung
lann jt<h ber Verfaffer nicht enthalten, baS Refultat
feiner mühfamen ©anberung in bie ©orte jufammen*
jufajfen: „Ueberatl tönt un8 ba8 VefenntniS entgegen:
@8 gibt einen ©ott, einen Vehertfcher unb ßeiter ber
©eit unb ber SRenfchen, einen ©cbüfcet bet frommen,
einen Rächer ber $re»el, einen Ridhter über ©ut unb
Bö8. — $ter ftnb e8 ge©altige Raturereigniffe, bie ben
SJlenfcben an eine höhere SRa<ht erinnern; bort blidt
ber ©rbenfohn auf ju ben leu<htenben ©eftirnen unb
erlennt in ben georbneten Bewegungen unb in ber grofearti=
gen ißracbt ber $immel8förper ba8 ©erl eine8 orbnenben
©eifle8 Don unbegreiflicher ©eiSheit. Roch häufiger ijt
ba8 ©efühl ber $ilf8bebürftigfeit, ba8 jum flarlen Retter
in ber Rot ba8 flehenbe Rüge ©enbet; ober bie ©timme
be8 ©ewiffenS, bie mit unabweisbarer Rutorität bem
oerftodEten Verbrecher Verwerfung broht ober bem Reuigen
Verleihung oerfpricbt. Valb blofeeS Rhnen, halb !lare8
©tlennen, balb lichte, unoerfälfdhte ©ahrheit, halb ftar!
entfleDte unb »erjerrte Rnfdhauungen. Rber für ben,
Duattalfärift >890- 0«ft I. 11
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162
Stentrop,
ber hören toill, tönt immer unb überall Har unb »er»
nebmlidbbaS eine@lauben8befenntniS beS gangen SJtenföen*
gefcblecbteS: SBabrbaft, eS ejifliert ein perfönticber ©ott!"
fÄottoeil. ißrof. Dr. $epp.
6 .
Praelectiones dogmaticae de Verbo incamato quas in
C. R. Universität« Oenipontana habuit Ferdinandus
Aloys. Stentrap e S. J. Pars altera. Soteriologia.
Yol.I.Ü. Oeniponte, Felic. Rauch. 1889. 696 et 1176 p.
®er früher in gtoei ©änben bebanbelten Sehre »on
ber ißerfon unb ben Naturen gefu ober ber S^rifiologie
im engeren Sinne reibt ftcb bie gleich ausführlich bar»
gefteHte Soteriologie ober bie Sehre »on ben Semtern
©brifii gleichwertig an. ®ie3)letbobe unb bie leitenben
tbeologifcben ©runbfäfce ftnb burcbauS biefelben. gene
ifl bie f<holafltf<be, Wie fte auS gasreichen ißublifationen
berfelben Schute in lateiniidjiet Sprache befannt ifl, biefe
ftnb burcb bie DrbenStrabition gegeben, toobei übrigens
toeniger ber grunblegenbe ^etaoiuS als grangelin für
bie Sebre »on ber gnfarnation majjgebenb ifl. ®ie
fortlaufenbe beoorgugte ©erüdjicbtigung beS b- ^bowaS
bängt, abgefeben »on bet tbeologifcben Sluftorität beS
gürflen bet Scbolafiif, mit biefet fErabition unb ber
»ortoiegenb tbomiflifcben Stiftung ber 9teufdbotaflif gufam-
men. ©inen fo umfangreichen Stoff fann man in folget
äuSfübrticbleit toobl nur »or einem Slubitorium bebanbeltt,
toeldbeS grünblicbe Stubien in ber fdjolafliftben Ißbilofopbie
gemacht unb für baS Stubium ber fEbeologie eine größere
3lngabl »on fahren gur Verfügung bat/ aber bie Seftüre
loirb auch für anbere, gereiftere Theologen »on gntereffe
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De Verbo incarnato.
163
unb Stufcen fein. SBenn man ft<h einmal an bie nicht
allen geläufige Terminologie gewöhnt hat/ fo wirb man
mit ©enufj weiter lefen unb bie Klarheit unb Sefiimmt;
heit bei 2lulbru<fl wie ber ganzen Tilpofition unb
TarfieHung boH anerlennen muffen. SBerben auch fiele
minutiöfe Tinge hcreingejogen, welche für bal Serftänbnil
bei Togma ohne Sebeutung ftnb unb oft mehr ber
Steugierbe all bem religiöfen Sebfirfniffe bienen, fo
»ermeibet el ber Serf. bo<h bur<hgehenbl, fpifcfinbige
©rohen bei bialeftifdj gut gefaulten ©elftes fiatt ernfier
geifiiger ©ebanfenarbeit ju gehen.
Tie Tilpojition bei ©anjen ifl burdh bal Thema
gegeben. ©I ftnb bal ©rlöfunglwerf ober bie btei 3lemter
©hrifli. Welche nach ber Drbnung: ©riefler;, Sehramt,
fönigliehel 2lmt jut Tarflellung fommen. lieber bie
weitete ©lieberung gehen bie Äapitellauffchriften Stuf=
fbhlufe: ber Qtoed ber ©rlöfung, bie Stotwenbigfeit ber
©rlöfung, bie ©rlöfung nach her Storni ber f ollen ©erechtig=
feit, bal SBerf ber ©rlöfung an ftch, bal Seiben unb
ber Tob Ghrißi/ bie Höllenfahrt, Sluferfiehung, Hammel'
fahrt ©hrifii, hal ©rieflertum. Sei teuerem wirb
bal blutige Äteujelopfer unb bal unblutige Dpfer ber
©uchariflie eingehenb hehanbelt. ©etbfl bal Sehen bei
Herrn unb feine SBirffamfeit but<h bie 6aframente
fommen jur Tarflellung. Ter Statur ber ©a<h« ent=
fprechcnb nimmt bie Unterfucbung über bie heiben anberen
äemter einen geringeren Staunt ein.
Ter etfie, grunblegenbe Teil befchäftigt flöh ntit
ben fdhtoierigen ©toblemen bei ©tlöfungiwerfel, welche
bie Sotaulfefcung ber Snfarnation unb bei Äteujel=
opferl im H^plane ©ottel bilben. ©I wäre wohl
11 *
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164
Stentrop,
hier befonber$ ju wünfchen gewefen, bag bie eigentümliche
©tlöfungSlehte bet Sätet bogmengef<hichtli<b bargeftettt
unb batauS bie ©atisfaftionätheorie entwicfelt worben
wäre, ba bet ©egriff bet göttlichen ©erechtigleit beibett
ju ©runb liegt. S)enn bamit jtnb nicht nut bie 2tnhalt3=
punlte für bie fcholaftifche Sehre gegeben, fonbern auch
bie ©Rittet jur ©Überlegung bet ©rtöfungSlehre beS
SßantheiSmuS. ©Mt Stecht bat bet ©erf. hier namentlich
bie neuefte hartmannS ins 9luge gefaxt. 3<h
hätte fogar gewännt, bag et biefelbe noch weiter net;
folgt hätte, benn im toefentli$en ifl biefelbe gegenwärtig
ba8 ©emeingut Weitet Äteife, felbfl in ber tationalifierenben
proteftantifchen %h e °^ogie. lucb ihr gilt bet ©ah, non
punienda, sed expianda peccata. Db aber bet Unter;
fbhieb in bet Sluffaffung bet Seiben, Welche bet herr
nach bem ©Sitten be3 ©aterö auf (ich genommen hat,
richtig erllärt wirb. Wenn man biefelben ©uSbrüäe beim
h- 2^h 0m aS bistorice, non iuridice etflätt, materialiter,
nicht formaliter, improprio et materiali , non proprio et
formali sensn eine Uebeteinflimmung jugiebt, hinlänglich
aufgebettt ifl, möchte ich trofc beS ©afce$, si duo faciunt
idem, non est idem bo<h bezweifeln. Such ich bin bet
Slnftcbt, bag man bie ©Botte nicht preffen barf, glaube
aber hoch, bag bie bogmengefchi<btti<h« ©ntwidlung biefeS
fchwietigen 2)ogma’$ nicht oon ©infeüigfeiten frei ifl.
©Benn man bieS für bie patriflifche ®atfleffung unb für
bie ftrenge ©atiSfaftionStheorie beS h- Snfelm jugefcen
mug, fo ifl auch Mne weitete Äonfequenj nicht ju um=
gehen. Qnäbefonbere wirb man mit ber ^Berufung barauf,
bag ©ott niemanben Stechenfchaft ju geben hat, bie
©egnet nicht überzeugen.
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De Verbo incarnato.
165
33on ben neueren Geologen ifi am na$brü<fli$jien
S^al&ofer »egen feine« Opferbegriffes, ber Slnna^me
eine« $ünmlifd>en Opfer« unb ber ©rftärung be« Opfer*
<$aralter« in ber ©udjarifiie befampft. SSon legerer
Wirb gerabeju gefagt: »Plaue repudiandam iudicamus
opinionem clarissimi Thalhofer, celebrationi eucharis-
ticae eo rationem sacrificii convenire, quod in actu
consecrationis Christus eandem quoad substantiam obe-
dientiam et caritatem sacrificalem in altari actibus
sanctissimae suae animae exerceat, quam quondam in
cruce, dando corpus suum et effundendo suum sanguinem,
exercuit (II, 418). äßie ju ertoarten toar, entfd&eibet
ft($ ber SSerf. für granjelin : »Sequimur vero senten-
tiam Cardinalis de Lugo, prout egregie ea exposita
et exculta est a Cardinali Franzelin, intrinsecam scili-
cet sacrificii Eucharistici forrnam sitam esse in conse-
cratione, quatenus per eam corpus et sanguis Christi
sub speciebus panis et vini constituitur secundum
quam dam sanctissimae suae humanitatis a functionibus
et rationibus existendi connaturalibus exinanitionem
ad statum cibi et potus« (II, 439). SDafj ber patriflifd>e
Setoei« fciefür gering an Umfang fei, giebt ber SSerf.
felbfi ju, nur befireitet er, bafe berfetbe unHar fei. Slber
auch &ieju reifen bie wenigen Stellen, welche jubem
burdj ben Saframeni«<barafter ber @u$arifiie eine ge*
nügenbe ©rflarung finben, ni<$t au«. SBenn er aber
toie 6 . 374, fo au$ ©. 440 auf ba« xfaiftevov (1. ßor.
11, 24) einen befonberen 9ta$bru<f legt unb bie Ueber*
fefcung giebt: »Hoc est corpus meum, quod pro vobis
positum est in statu cibi«, fo fyat er in bie SBorte be«
Sipofiel« bo<$ me$r ^ineingelegt al« eine nüchterne 3tu«Ieg*
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166
Stentrap,
ung barin finben fann. 2)iel um fo mehr all getabe
bal xldpevov tejtfritifch fc$t oerbächtig ifi unb auch
in ben neueften Ausgaben tion 2Hf<$enbotf unb SBeftcott
unb $ort aulgelaffen trotten ifi. SBal aber bie ratio
theologica betrifft, fo fdjeint mir bodj ber altföolafHfche
Dpferbegriff, treibet bie destruetio nic^t all unumgäng=
lichel SRoment betrachtet, nicht ohne guten ©runb ton
neueren Stogmatifern triebet ju @£ren gebraut toorben
ju fein. Um fo mehr bin ich aber mit bem Sßerf. ein»
oerftanben, toenn er toeber bie Opferung, fei el »ot
ober nach ber Äonfefration, noch bie ©rechung ber $ofUe,
noch bie Sulteilung ber ©ucharifiie mit bem SBefen bei
Opferl in 3 u ? ant men^ang bringt. 2tudj bie enge ©e=
jiepung bei Dpfetl unb ber ©naben pm Äreujelopfer
entfpricht ber biblifchen unb firdjlichen Sluffaffung gut.
SBenn i<h noch ben Slbfchnitt über bal Sehen bei
#errn hetoorhebe, fo gefehlt el nidht, tu eil ich ettoal
Stuffallenbel barin bemetft ^abe, fonbern treil ich meine
3ufUmmung ju beroerfuchten ©rflürung aulfptechen möchte.
3<h felbft pabe fdjon bei oerfchiebenen ©elegenheiten,
namentlich in meinen Kommentaren, ben ©egenftanb be=
fpto<hen unb auf bie Konfequenjen hi n 9 et1 »iefen. ®ie
Septe liegen auch in ben ©oangetien, jumal im Sufal--
erangelium ;u Har, all bafj man über ben mähren Sinn
im 3n>«ifel fein fönnte. Qm 3>ohanneleoangelium liegt
bie Sache ettoal anberl. 2>er ©erf. geht hierin ettoal
toeiter all ich, ohne baff er meinel ©rächten! ju tabeln
märe. 2lll 5£h e fe (teilt er auf: »Explorata est revela-
tionis doctrina, Christum iu statu viae vere et proprie
orasse« (II, 618). $n ber Slulführung bemerlt er noch:
»Itaque Christum tum pro se tum pro nobis orasse,
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De Verbo incarnato.
167
eat clara et manifesta scripturae doctrina« (619). ©afj
manche S3äter anberg gu benlen „feinen", ift bem SSerf.
befannt, »sed non ita est«. ©t hat aber ben „Schein"
nicht entfernt, benn eg liegen bemfelben Diel tiefere SRotiöe
ju ©runbe, »eiche fchlüfjlich bie gange ßhrifiologie be=
treffen, hierüber lauten bie Urteile ber SSäter burchaui
ni^t einjiimmig unb ftnb auch nicht furgtoeg mit ber
fcholafiifchen ©hrifiologie in Harmonie gu bringen.
ftnb fragen, »eiche gu ben nefiorianifchen unb monophhft*
tifchen Kämpfen geführt haben unb innerhalb beg fachlichen
©ogrnag heute noch nerfehieben gebeutet »erben fönnen.
©ie umfichtige ejregetifche ©ehanblung beg Schrift--
beweifeg »itb man bei biefer bogmatifdhen 2Rethobe nicht
immer ftnben. 3n wichtigen fünften geht ber 33erf. fogar
auf ben Urtejt gurfld unb läfjt ft<h in bhrt°l 0 9 if<he ©röt»
terungen ein. ©ie befannte Stelle aug 2Rala<hiag gibt
er in allen brei ©ejten toieber. ©en »eiteren Schritt,
ein pfammenh&ngenbeg S8ilb ber Schriftlehre gu geben,
tonnte er freilich nicht thun, ohne feine ÜRethobe aufgugeben.
Schang.
7.
1. Sit «li^rifiliibr Snbtttftitf in faftematifcher ©arfteüung.
gorm, (Einrichtung unb Slugfdjmüdung ber altcf)rift>
liehen ßirchen, Saptifterien unb Sepulfralbauten oon
Dr. f. #slh<norr, ißrof. b. Shinftgefchicbte in ©flbingen.
SRit 188 gituftrationen. Stuttgart, (Ebner unb Seu«
Bert 1889. XVI, 288 S. 8 ißreig: 8 SR.
1. 2Bag biefe Schrift bieten »iH, ifl bereitg giemlich
DoUftänbig auf bem ©itel angebeutet: eine fpftematifcije
ober archäologifche ©atfieHung bet altdhrifilichen 3Cr<hi=
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168 $oI|inger, bie alt^rifttidje Krd)itettur.
teltur gegenüber ben bisherigen oortoiegenb ^ifiorif^en
Bebanblungen be« ©egenftanbe«. 2Btr erhalten bemge--
mäfj eine öollflänbige ©efcbteibung 1. bet Jtird&en na<b
ben oerf<biebenen ©efi<bt«punften unb teilen, toeldje
befonber« in Betragt tommen: Sage unb Orientierung,
Ißetibolo«, Sltrium, Startbej, Sangbau«, ißreSbpterium,
3entralanlage, immobile UtenfUien, toie 3Utar, Gibotium,
5ßreSbpterium«f<btanten, Säulenfteflung uor bem Ißre«*
bptertum unb Olonojiaft«, Äatbebra unb ©ubfeüien,
Slmbo, ipta|abteilung, ®eloratton be« Innern, lünftli<be
Beleuchtung, SleufjereS, Anbauten unb Stebengebäube,
2. ber Baptiflerien, 3. ber ©epulfral* unb 3Jtemotial=
bauten be« <briftli<ben 2Htertum«. ©in jroeiter ®eil
toirb, toie bie Bortebe anfünbigt, bie eingebenbe Be>
fd&reibung unb ©ef<bi<bte ber einjelnen Sonumente (nebft
ausführlicher Bibliographie) ber alt<btifili(ben 8lt<biteftur
unb bie ®arfteHung be« gefammten ©ntnndlungSgange«
ber le|teren enthalten. ®er in ber Ou.©<bt. bereit«
öfter ertoäbnte Berf. bat ftcb mit ber <briftliChen ÄunfU
arcbaologte fotoobl burcb eingebenbe« ©tubium ber Sitteras
tut al« burcb toieberbolte Steifen unb Beft<btigung ber
betPorragenben Bionumente an Ort unb ©teile febr
Pertraut gemalt. ®ie ©cbrift geigt, bafj er ba« ©ebiet
porjüglidb beberrfcbt. ®ie ®arfteUung ift flar unb über«
fiC&tli<b. 3ablreitbe SHujtrationen erlei<btern ba« Ber«
ftänbni« unb erhöben ben 35Bert be« Serie«. 6« ift
bem SBerf. nur febr toenige« begegnet, too eine Äorreltur
ober eine eingebenbere Bebanblung angegeigt märe, nament*
lieh bet SbfC&nitt über bie Orientierung.
gunl.
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HI.
Änalcbtett
34 ^abc im 3 aljr 0 . 1885 6 . 638 ff. über ben gunb eine«
alten erangelif4en lejtfrögmente« in ben fRainer’f4en ?a*
ppru«hanbfdjriften berichtet unb bie Folgerungen, weMje
ber £ewu«geber $rof. ©icfell für bie fpnoptif4e grage baran
fnflpfte, befprocben. 3« ben ©Mitteilungen au« ber Sammlung
ber IfJappru« ®T$b* Rainer (1887 ©. 41) giebt nun $. ©icfell
eine Grgänjung feine« erften ©ericbt«. <£r t>erp4ert, bap ftatt
wq igfjyov (bgt. ©Matth- 26, 30) toielmehr wq iS H&ovq &u lefen
fei. t)arau« jieht er zugleich eine fachlich nicht unbebeutenbe
Äcnfeguenj. ©ährenb nemlich bie in ben apopolif4en Konftitutionen
in mefentlichen noch öorliegenbe gemeinfame ©runblagc aller fpftteren
fiiturgien Oon ber ©orau«fe|>ung au«geht, bap bie ftonjefration
be« ©rote« unb ©eine« unmittelbar nacheinanber unb jtoar gegen
Gnbe be« fcallel«, alfo n a 4 bem $af4ahmale, pattgefunben f)abt
unb ber h- $aulu« (1 Kor. 11, 25) bie« ^inflchtHch be« ftelche«
&n bepätigen fcheint, fo liege wenigpen« für ba« ©rot bie Annahme
gar $u nahe, bap e« ber §eilanb bei berfelben (Gelegenheit gefegnet,
gebrochen unb gereicht hobt* »o biefe Äfte auch int $afcharituale
norgefchrieben waren. 2)ie« fcheinc auch ba« ia^idvxatv ccbtwv
be« ©Matthäu« unb ©Marcu« ju bepätigen. ©Man werbe aber ©e*
benfen tragen, bie Konfefration be« Kelche« burch einen längeren
3wifchenraum Pon ber be« ©rote« &u trennen. (Erperer wäre [alfo
eher bei bem ^weiten ober $aggababecher, a(« bei bem oierten ober
$alletbe<her anaufefeen. S)afür fpreche fiuc. 22,17.18. 9Mo4 beut«
lieber fprcchen bie unf4äfebaren liturgifchen Dolumente in ber neu«
entbeeften urchriplichcn Doctrina Apostolorum. ©ie enthalten
«uerft eine (Eulogie über ben ©ein, bann eine über ba« ©rot,
offenbar beibe ben entfpreebenben jfibifeben nachgcbilbet.
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170
Hnaleften.
8mei mistige ©ebenfen finb ober meine« Er. &u gering an*
geflogen. S)er zweite äeldj bei 8uca« (22, 20) läßt fid* nicht
auf ©runb einiger occibentaliföen lejtjeugen al« Interpolation
au« bem Äorintljerbrief au«fcbeiben. 2)ic« um fo weniger at« bie
Mufeinanbcrfolge be« ©rote« unb ©Seine« bureb alle Berichte ge»
mäbrleiftet ifr Ebenfo auffaHenb märe e«, wenn bie ganje greier
ber Eucbariftie bor ba« Effcn be« ©afdjalamme« fiele. Sobann
haben, fo weit idj febe, bie alten fiiturgien ba« fiexa xd detnvr/oai
be« Äorintberbriefe« aufgenommen, tiefer muß auch a!« bie
ältefte ©runblage ber fiiturgie gelten.
3n berfelben 8ritf<brift öeröffentlicbt ©. ©icfell „ba« ältefte
liturgifebe ©cbriftftüd". E« ftammt au« bem Anfang be« oierten
Qabrb. unb lautet: 6 yewrj&slg iv By^Xehfi xcd dvaxQcupüq iv
Natyxpix, xaxourfoag iv xy raXiXaia, eiÖofiev orj/xelov Ö* ovqcc-
vov * (ra>) äoxipoq tpavbxog, noifiiveq äypavXovvxfq i&twfxaoav *
(oi) yowneobvxeq ZXeyov * 66£a xib Ilaxgl, dXXrjXoma * 66£a xö>
Y\Hji xal x(j> üvevfiaxi , aXXrjXovia, aXXrjXovia, aXXrjXovi'a.
©ebanj.
Ueber bie Ebrißologie be« bl* ©Uartu« b. Bottler« bringt
bie geftfebrift be« ß. ©gmnafium« ju Kottweil $um 25jäbrig.
Jubiläum 6. Kl. be« Äönig« tfarl o. SBürttbg. eine febr ein*
gebenbe unb grünblicbe ©bbanblung au« ber geber be« ©. ©tof.
Dr. theol. ©alper. 25er in ber tbeol. SBelt längft befannte
©erf. (ogl. f. ©ebrift über Äug.’« ©räbeftination«lebre, SBien 1871;
f. ftbbanblg. über bie Rheologie be« bl- ©il-, föottm. 1879) lommt
ju bem fieberen, überjeugenben Kefultat, baß ©il. ficb leine«meg«
in ©iberfprücben unb öermorrenen ©orftellungen bewegt (©arnatf),
Dielmebr bie beiben Katuren in ber Einen ©erfon ftreng feftbält
unb gegenüber ber Qrrlehre energifdj oerteibigt, SJtaria trop ein*
jelner mißoerftänblicber 2lu«brücfe bie wahre unb oolle ©lütter*
feboft juerfennt (gegen©aur), bafj aber©, trop aller©emübungen,
bie öollfommen menfcblicbe Katur ju wahren, bo«b mit feiner
eigentümlichen 25h cor * c über bie ßeiben«fäbigteit 3efu, be$w. über
bie Empfinbung«* unb ©cbmeralofigfeit be« Seibe« 3efu im
Reiben unbXob „an ber Klippe be« 2)ofeti«mu« hart oorbeifegelt";
jebodj febreibe ©. biefe Erhabenheit über jebe ©cbmeraempftnbung
bem wahrhaft menfcblicben fieib 3efu nur wegen feine« überna*
türlicben Urfprung« unb feiner Bereinigung mit ber göttlichen
Katur ju. U. E. war auch bie afl$u allegorifcbe ©cbriftau«legung
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Paletten. 171
beg bl- hilariug nicht ohne Cinflug auf feine biegbejügUcbe Sehr«
anficbt (ogl. fReinfeng, $tL ü. % S. 66 ff.).
flftep. Ä. ftoä).
©arbtbaufen beruft ftdj in feiner Srtabiftbttt©aläograpbie
(1879 S. 163) auf ben cod. D 2. 27 ber Bibi. Angelica $u 8 tom,
um ben terminus ad quem, big 511 meinem bie jüngere Unciale
gefdjrieben mürbe auf 1118—1143 anjufegen *). S. 161 $äblt er
benfelben Cobej ju ben liturgifdjen Uncial^anbfdjriften mit bem
©enterten, bag er noch nicht publiciert fei. S. 162 enbltd^ con-
fiatiert er bag gehlen jeöen Ornamenteg in bemfelben. 3)iefe
Angaben finb geeignet non biefem Cobej eine gan$ falfcbe ©or-
fteüung $u geben. ©g möge ba^er hier eine furje ©efdjreibung
begfelben folgen, rooraug jugleicb beröorgeben tuirb, tag bie bem«
felben entnommene „unterfte geitgrenae" für bie Uncial^anbfcgrif-
ten unhaltbar ift.
S)er Cod. AngeL D. 2. 27 ift feine einheitliche hanbfcbrift,
fonbern nur eine Sammlung t>on 10 hanbfcbriftenfragmenten
üerfdjiebenen Umfangeg, oerfdjiebenen gitbaltg unb oerfcgiebener
Schriftart. ®ag intereffantefte ift ein gragment in Uncialfcbrift
oon ben Sfcta eineg SRärtprerg Xheoborug, bag man bem 8—9.
gafjrhunbert ^umeifen fann. geh gebe b^r nicht näher barauf
ein. Sämtliche Angaben ©arbtbaufen'g belieben ftcb nur auf
eineg biefer gragmente, unb jmar auf bag fleinfte, ein ^albfolio
(0,16 X 0,22) eineg grieebifeben ©pangeliarg mit ben auf 2 Kolonnen
ftebenben ©erfenßuc. 6 , 1»’,2*. | 4*. | 7,12 b . 13. | 15 b . 16* | . S)er
legte ©erg bietet 2 ©arianten $u bem Xifcbenborf'fcben Xejt navraq
ftatt Satavxaq unb iyelyeQxai ft. tiYtyfhj- $ag Pergament ift
fein unb auf beiben Seiten faft gleich toeig. $ie höbe ber Settern
beträgt 0,05—06, auf ber SRücffeite 0,06—07 Cmtr.; ber Bbftanb
betSinien beträgt 0,06 Cmt. ®ie Siniierung enblid) ift febr forg-
fältig. (Sine auf biefeg gragment bezügliche 9toti$ in bem codex
felbft berlegt bie ©ntftebunggjeit ber hanbfdjrift, tooju eg gehörte,
bor bag 9. gabrbunbert. ©ei bem Mangel an auggeprägten
Äriterien für bie Chronologie ber Uncialfcbrift überhaupt lagt
ftd) jene Seitbeftimmung noch berabbrüefen big tief ing 10 . 3 abr*
bunbert hinein, ©arbtbaufen lieg fttb burch eine SRotii in ©ti*
nugfelfdjrift „ßißXog lwdv(vov) xofiv^vov u oerlciten, bag 12. gab**
1) SBicberbolt aug f. ©eiträgen $ur grieebifeben Paläographie (in
Sigunggber. b. fächf. ©ef. b. SBiffenfcb- ©b«-^ipor. * 1 . 1878 ©. 56).
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172
Stnaleften.
ßunbert als GntfteßungSjeit anjugeben. Slbgefeßen jebocß baoon,
baß biefe SRotij augenfcßeinlicß t»on fpätcrer £anb ßin$ugefügt
würbe unb ber iüngften SinuStel angeßört, fo $eigt ein oon
Garbtßaufen nicßt gegebener 8ufa| vvv 6* ehai yeotgylov
x(o)n{rpoq) xov xoqIv&(ov), baß biefe SRotij mit ber GntfteßungS-
jeit ber $anbfcßrift gar nicßtS tßun hat, fonbern nur ben
Secßfel beS GigentümerS angibt. SKefer GeorgiuS, ben Garbt*
häufen in feiner ©c^reibertifte (©. 322) als Verfaffer eines gufaßeS
$um cod. Neapol. II A. 11 nennt, war bereits Sontfaucon be*
fannt als Veftper einer Vibliotßet, bie früher SarcuS Samuna
aus Äreta gehörte unb aus ber mehrere ©anbfcßriften nach Sicn
unb Ojforb famen (Palaeogr. gr. Paris 1708 ©. 99. 111). 3n
einer ber (enteren ift ber Secßfel beS GigentßümerS mit ähnlichen
Sorten auSgebrücft: xxf/ßa M&qxov Mavovva xov xQijxdq’ xd
vdv dfc yewgylov xöfxrjxoq xoqIv&ov xov ix MovefiBaoUxq (1. c.
©. 93). GeorgiuS hatte atfo bie Gewohnheit, bie$erfunft feiner
$anbfcßriften ju notieren. 2)urcß unfer Fragment erfahren wir
nun, baß er auch $anbfcpriften aus ber ©ibliotßet beS StaiferS
SoanneS GomncnuS befaß, was Sontfaucon unbefannt geblieben
war. 3n einer fmnbfcßrift epigrapßifcßen $nßalteS ber Bibi.
Casanatensis ju SRom (E. V. 47) finbet ließ ber Stame beS ge*
nannten GeorgiuS ü. Äorintß wieber in Verbinbung mit einem
Är/ypa^/ua inixvpßtov , bezüglich beffen eS mir jeboeß noch nicßt
feftfteßt, ob er nur als Stator beSfelben genannt wirb, ober ob
eS feine eigene Grabinfdjrift war. Säßrenb Sontfaucon nur bie
©ibliotßefen Oon GeorgiuS unb SarcuS Samuna erwähnt, §äßlt
Garbthaufen beibe ju ben #anbfcßriftenjcßreibern beS XV. 3aßrß.
Sit weitem ffieeßte, mag hier baßingeftetlt bleiben.
S eitere Beiträge jur grieeßifeßen Paläographie auS Biblio*
tßefen gtalienS, ©icilienS unb ber Patriarcßalbibtiotßef oon 3e*
rufalem werben feiner Seit folgen, ©efeßreibungen oon Heineren
grieeßifeßen SonbS italicnifcßer ©ibliotßefen bringt The classical
Review im laufenben ftaßrgang. 5)ie Angaben taffen jeboeß, wie
icß mieß bezüglich ber ©anbfeßriften oon Bologna bortfclbft über*
jeugte (ogl. baS gunißeft oon 1889), was gaßl, 3nßalt unb Seit-
beftimmung betrifft, feßr oiet §u wünfeßen übrig.
Gßrßarb (©traßburg).
®er oierte ©anb beS „SlrcßioS für fiitteratur* unb fcireßen-
gefeßießte beS SSI." bringt ©. 1—190 GßrleS ©tubien unb
fßubtifationen über bie ©piritnalen, ißr Verhältnis jum granjis-
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Änafeften.
173
fonerorben unb z u beit graticcllen , jurn Äbfdjjlug. ©. 175 f.
»erben bie Ergebntfte folgenberutagen zufammengefagi Die De*
Zeichnung „graticcllen" erfcheint in erger ginie ald ber Sterne
einer ©eite, welche im 14. u. 15. gohrhunbert in Italien bie
ftirtge beunruhigte. 3h re Urheber mären bie extremen ©piritualen,
welche ftch nach bem fconzil non Dienne unb befonberd in ben
ergen fahren Johanni XXII aud fpiritualiftifchen Demeggrunben
non bem Orben unb ber ßirche abtrennten unb in noneinanber
unabhängigen ©nippen pfeuboretigiöfe ©cnoftenfchaften bilbeten.
Sie gellten bie abfolute minoritifche Armut bem enangelifcgen
geben bed #eilanbed unb ber Äpogcl, bie Siegel bed %\. grartz
bem Eoangeüum gleich unb fahen bähet bie Defrctalen 3oh°und
XXII ald hätetifch an. infolge beffen glaubten ge allein bie
wahren fratres minores, allein im Degp ber gäfegewalt, allein
auf bem ©ege bed |>ciled ju fein. Doll träumerifchen joachimi*
tifchen Drophetentumd erwarteten ge bie Erwählung rinei grati*
ceflenpapged unb burch ihn bie Erneuerung ber Äirdje burch ihr
graticellentum. 3« jweiter ginie unb zumal ohne bie 3nfäpe
de opinione unb de paupere yita, welche jener ergen flöge gelten,
bejeichnete ber tarnen zuweilen rechtgläubige Orbendfeute, noch
häugger nach Ärt ber Orbendleute augerhalb ber fachlich gutge-
heigenen Orben lebenbe $erfonen, indbcfonbcre Eingebier. Drop
aller ©egnnungdoerwanbtfcbaft feien bähet bie häretifchen grati*
ceüen wohl z u unterfcheiben oon ben Äpogelbrübern ©epareüid
unb Dolcinod, oon ben fübfranzögfchen unb ben beutfdjen Deghinen
unb ©egharben, ja felbg oon ben ©piritualen. Denn ©piritualen
hiegen zunäcpg bie im Orben Oerharrenben Ärmutdeiferer; oon
ihnen behnte geh biefer Sterne nur in ©flbfranheich auf bie aud
bem Orben audgefchiebenen ©piritualen aud, welche aüerbingd in
©egnnung unb gebendweife ben (italienifcgen) graticeHen ber
älteren Seit um näcpgen ganben. Die Äudfüfjrung wirb richtig
fein. Dagegen bflrften bie ftWei mit bem tarnen barilotto bc*
zeichneten Vergehen, gefchlecgtliche Dermifchung beim ©ottedbieng,
Xötung eined finbed unb Derteüung bed aud ihm bereiteten
$utoerd, ben graticellen hoch nicht fo ohne weitered zur gag
gelegt werben. Die teilweife burch bie göltet erpregten ©egänb*
niffe gnb bei begleichen Dingen im SRittelalter mit Dorgcht auf*
Zunehmen, wie E. felbg ©. 138 zu erlernten giebt, unb ber Umftanb
bag bie ©aege im©lauben bedDolled bereüd feg begrünbet war,
hat in meinen Äugen ebenfo wenig zu bebeuten. — Ded weiteren
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174
Änaleften.
Bringt @l)rle außer einer Mitteilung über ben „Konftantinifchen
6<ha|" in ber päpfHkben Kammer beS 13. u. 14. SohrhuntotS
(8. 191—200) ein ©rudjflÄd ber Bften beS ftanjUS bon ©lernte
(6.361—470). GS entftammt bem Kobes 1450 ber ©arifer
tionalbibliothef 331. 23—47 unb enthalt ÄuSjüge aus bem Gut*
achten ber Prälaten unb ®orfd)Iäge beS feitenben Komitä’S jur
Grlebigung ber bon ben Prälaten eingereidjten ©efchmerben. Qu-
gleich berbreitet eS Sicht über bie GefchäftSorbnung be$ Konzils.
©. bermertete fte bereits mit ©djarffinn nach biefer Richtung.
3)en ©chluß ber mertbollen ^ublifation bilbet eine Unterfuchung
über bie ©ienner Kon^ilSbefrete unb ber Klementinen fomie eine
furje Erörterung beS Kampfes um bie greiljeit ber Kirche im
13. u. 14. gabrbunbert. — 3)ie übrigen ©iütfe beS SöanbeS oer*
banfen mir ben ©emfihungen $)enifleS. 2)erfelbe bietet außer
einigen Heineren Mitteilungen bie altefte bisher betannte Xaj*
rolle ber apoftolifdjen *ßönitentiarie, bem 3 * 1338 angehörig
(6. 201—238), Urtunben $ur Gefdjicbte ber mittelalterlichen Uni»
berfitäten (6. 239 -262), Unterfuchungen über bie ftanbfchriften
ber ©ibebKorretturen- beS 13. 3ahrf>unbertS (6.263-311; 471
—601), über SfifoIauS t>on ©traßburg aiS Plagiator (6.312 -329),
über ben Urfprung ber ©iftoria beS 97emo (@. 330—848), enblidj
einen Quaternus rationum beS MalerS Matter Gianotti bon
»iterbo in Noignon (@.602-630). ©ejüglidj beS 9tifolau$
ü. 6tr. mirb gezeigt, baß er für feine ©chrift De adventu Christi
t). 3 * 1326 bie ©djriften De adventn Christi secundum carnem
unb De Antechriato beS Magifter 3<>h an neS ^ariftenfiS mit bem
©einamen Qui dort b. 3 . 1300 auSfchrieb. SBaS ben Remo
anlangt, fo öerfaßte ein gemiffer IRabulfuS ingranfreid) um 1290
einen ©ermo, in bem ©teilen aus ber hl* ©chrift, fomie auch auS
anberen ©üchern, in benen baS SBort nemo borfommt, fo gebeutet
merben, baß Sßemo als eine ^erfon erfcheint. $)ie närrifche Arbeit
fanb burch ©tephon be 6. Georgio, beffen ©chrift erhalten ift,
eine ©Überlegung, burch anbere, mie mehrere $anbfd)riften jeigen,
eine Grmeiterung. 3n ©etreff ber umfangreichen unb bebeutfamen
©bljanblung über bie ©ibel»Kor reftorien fei auf baS Krchib
felbft bermiefen.
®le ©tettnng beS K. gerbinaub I mm Xrienter KonjU bom
Oftober 1561 bis $u m Mai 1562 bilbet ben guhult einer ©onner
S>ottor»5)iffertation b. 3 . 1887, berfaßt bon $. Söme (öonn,
Gohen unb ©ohn 1887. 88 6. 8.). S)ie fleißige unb grünbliche
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Hnoleften.
175
Unterfudjung jerfäüt in toter Äbfdjnitte unb $toei bffurfe. (£g
toirb erdrtert 1) bie Sufauftion, bie ber Äaifer feinen befanbten
jum Äonjil am 1. 3an. 1562 gab, nnb ihre bntftehung; 2) bag
SReformatioitglibell, bal bie faifertichen Oratoren toom 11.
1562 in Xrient üorlegten; 3) bie bntftehung begfelben; 4) bie
bintoirfung beg SRinoriten granj toon Sorbooa auf bie faiferlic^e
SReformpolitit. ßepterer toirb als ber ©erfaffer bei anonymen
butachteng bei ße ©lat V, 213 ff., nachgetoiefen unb gezeigt, bag
er auf einzelne im tarnen beg äaiferg erlaffene ©chriftjiücfe,
Äunbgebungen oertraulicher Statur, einen getoiffen binflug aug-
übte, aber bei ben für bie ßeitung ber faiferlichen ©olitil aug*
fcplaggebenben ÜRännern, unter benen ber fRei$*oiaetan$(er Selb
bie erfte ©teile einnimmt, für feine toeiter gehcnben unb fchärfer
gefaxten SReformanträge fein geneigteg behör fanb. 3 n @jfurg I
toirb bienger alg ©erfaffer ber an ben ©apft gerichteten Sent-
fd&rift oom 3uni 1560 bargcthan. Ser <S|fur$ II befc^äftigt fid)
mit ben Säten üerfdjiebener Eingaben ber faiferlichen Oratoren
an bie päpftlidjen ßegaten auf bem £on^il, in benen fte nach ih rer
Änfunft in Orient bie Vornahme ber Reform forbem.
gunt
Unter ber ttuffchrift: Ser fcppnotiSranS nnb bie Crsiebnng
giebt blie ©lanc, ©rofeffor ber ^ß^ilofo^ie, in ber 3*ttfd& r ift
L’Univertit4 catholiqae 1889 Nr. 4 p. 526—552 einen intereffan-
ten referierenben unb fritif<hen©eri<ht über bie ingranfreid) noch
mehr alg bei und im ©chtoang gehenben ©erfucbe, bie §ppnofe
päbagogifchen Qtotdtn bienftbar ju machen unb aug bem §ppno-
tiämuS eine intetleftuefle unb moralifche Orthopäbie heraugjubilben.
Sie Vertreter biefer Dichtung tooHen allen ÜRigbrauch auggefchloffen
unb bie bjperimente erfahrenen Äerjten oorbehalten toiffen; ferner
bekrönten fie felbft bie fHntocnbung ber $>^pnofe $u befugtem
3 toecf auf eigentlich lafterhafte unb unoerbeffertiche Naturen, an
toelchen alle anbern päbagogifchen Mittel fiep abgeftumpft ^aben;
fie ho^n ed namentlich auf bie gucpthäufer abgejehen, unb eg
tourbe bereitg an ben ©olijeipräfeft ber ©eine bag Änfiunen ge¬
pellt, an einigen iungen befangenen bag ©erfahren &ur Äntoenbung
ju bringen; toon biefem ging bag befucp an ben ÜRinifter beg
Qnnem, tourbe aber, toie eg fcheint, abfdjlägig befchieben. 2Ran
beruft fiep auf eine groge SReihe toon güHen, in toelchen bag ©er*
fahren beften (Erfolg gehabt hübe; bie intereffanteften führt ber
©erf. beg 2lrt. an. Um religiöfe unb moralifche ©ebenfen
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176
Hnaleften.
fiftiren erllärt man bie hhPnotifche ©uggeftion ganz analog ber
(ErzicljungSfuggeftion im machen Suftanb burdj bie Wittel ber
(Ermahnung, beS XabelSK.; nur fei im flupanb hppnotifchen
©chlafeS auch ein fonft ganz unempfänglicher (Sleifk burchauS be«
leprbar unb willfährig; bie SRatur, weich geworben wie ©ach«,
taffe nun mit beinah fixerem Erfolg ftch bearbeiten unb mobein.
S)ie JRefultate unb bie (Erllärungen ber Serteibiger biefer hPpno*
tifchen $äbagogit haben in ber Zt)at etwas iöeftechenbeS, unb ber
®erf. inerft auch an, baß mehrere ftanzöftfdje Theologen unb fa-
tholifche ©chriftfteder bie Änwenbung jene« Wittels nicht unbe«
bingt unerlaubt gefunben haben. (Er felbft möchte ftd) eher auf
bie ©eite beS ®r$bifchofS üon Wabrib ftefleit, welcher jebe Än-
wenbung beS ^ppnotiSmuS, auch für §eif$wec!e, für unerlaubt
erflärte. ©eine äritif ber hhpnotifchen Orthopäbie ift fcharf unb
treffenb. $n welchem gall man benn fagen fönne, alle anberen
erziehlichen Wittel feien fruchtlos erfchöpft unb barum nur noch
bieS (Eine möglich? biefeS (Eine, nach ben eigenen ©efiänbniffen
ber §hpnotiter nicht unbebenllidje ? 5)enn wäre eS nicht bebenf«
lieh, warum Wörbe eS benn auf bie fchlechteften unb lafterhafteften
©ubjelte eingefchränft? Ueber bie Wißerfolge, tfataftrophen,
fchweren ©chäbigungen, welche ben ÄuSgang oieler (Experimente
bilben, habe man leine Kontrolle; bie angeblichen Teilungen lenne
man bloß aus bem ßeugnis ber gntereffterten. S)aS wirb man
ficher mit bem SBerf. verlangen mflffen, baß ehe man in ber ftppnofe
einen ganz neuen gaftor ber (Erziehung anerfemtt, noch ganz an«
bere Garantien för ben (Erfolg unb gegen ©djäbigung beS Wen«
fchenwefenS geboten werben. S)er ®erf. hat baS JBerbienft, zum
erpenmal mit (Ernft eine grage zur ©efpreeßung gebracht zu haben,
welche ben ©Jpchologen, ©äbagogen unb Woraliften interefftert
unb oon eminent praltifcher ©ebeutung ift.
Äeppler.
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£itfet«tur-3Ujeiger
ber
SfteologtfdKit jDuartalf(ftrift
fferiitrTdje Perlaga^anMung, $retburg im fteiggau.
Soeben ift erjdjienen unb bureb alle Budjhanblungen $u begießen:
«onger, 3., $ad Sud) 3«l) ^
fefcnng nach berätalgata, mit f orttoährenber ^Serüdfic^ti-
9 "■tfÄffÄ - 350« #0l)tli£b
(Sine s J$araphrafe.) jlmeiie ^Auflage. iRit Approbation be8 poc^m.
t errn SrjbijdbofS oon greiburg unb be8 poepm. ©errn ©ifchofö oon
ujemburg. 'gßeibe 38erfie in einem 'g&aub. gr. 8°. (XX u. 219 S.
ÄLt $n« ®n<f) bet $falmen
in neuer nnb treuertteberfefcung nach ber Aulgata, mit forttoährenber
Berücffichtigung beS UrtejteS. piitte -Auflage. 9Wit Approbation
beS ljodjto. Jperrn SrjbifchofS Oon greiburg. gr. 8°. (VIII u. 521 ©.)
M. 5; eleg. geb. in §albfran$ mit föothfepnitt M. 7.
£ittrarifd|cKnnb(d)im {erlaub. £erau«gegeben
oon Dr. $. Järieg. Monatlich eine s Jhunmer, jmei Ouartbogen
ftarf. v $rei« beö Jahrgangs M. 9.
3n ber „Siterarifien aHunbicbau" gelangen jur Befpred>ung:
3Berfe ber ^ßedfdgie, ber mifienfchaftlicben unb praftißhen; ber
jtfdfdpljie, $äbagogift unb djrifffidjen $ociafpofiti&; ber g>ef<ji4te,
iirdifiejen jftun|l unb Jrdjäofogie; ^atnrmiflenfdiaftfidje §Berie,
fofern pe Stellung nehmen ju mistigen gragen ber Xljeologie
ober ^pilofophie; erjeugnifle ber allgemeinen cSiteraforgeftfidjte,
§ngenbfiteratnr, ^pradjmifleufdiaft, c$£n&er- nnb ^of&ergnnbe, unb
wichtigere biepterifepe ^JroDufte. — ®ie äußere Sinricptung ber
„Süterarifcpen Aunbfcpau" bleibt bie bisherige: pe wirb größere
^leßetPtften unb gßaraiterittifien, über bie Literatur eine« beftimm*
fen Jacjes, fobann SUecenftonen unb Referate, fifeine jfcritiien,
fördere literarifcpe ober perfönlicpe 'gSUdJridjten, enblicp im ,,3&ü<het'
tipp“ bie Bibliographie bringen.
ijefele, Sari 3of. oon ^ Rottmlurg), Sands
9tach ben Quellen bearbeitet gortge-
fefct 00 n X «arbinal lergenröther.
8weite Auflage, ^eue Jüttögaße in «ÄafMcra&en. 3weiter
©albbanb. gr. 8°. (©.417—844.) M. 5.
Um bie Anfdjaffung biefeS hochüebeutenben SöerteS ju erleich«
tern, hüben mir eine Jfosgaße in ^alößanben &um greife oon M.5
pro $atbbanb oeranflaltet. Utit bem 15. Oftober 1889 beginnenb,
wirb oierteljährticp ein $albbanb auSgegeben, fo baß bie 6ub«
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fcribenten im Slaufe Don 4 Safjren in ben ©eftp bet bis je&t
oo rite ge Eben a cb t © i it b e gelangen. — Ruf SEBunfdj »erben
bie fertigen ©änbe aud) in für$eren griffen ober auf einmal, bro*
fcbirt ober in fdjönem Driginalbanb, geliefert.
Pesch, T., s. j., Institutiones logica-
Iaq secundum principia S. Thomae Aquinatis ad osum scho-
laeticum Cum approbatione Rev. Archiep, Friborgensis
et Super. Ordinis. Pars II: Logica major. Volumen 2, conti-
nens logicam realem et conclusionem polemicam. gr. 8°.
(XVIII n. 656 S.) M. 5. 50; geb. in Halbfranz M. 7.
Das Werk, welches einen Bestandtbeil der „Philosophia La-
censis“ bildet, ist hiermit abgeschlossen. Früher sind erschienen:
— ParsI: Summa praeceptorum logicae. gr. 8°. (XXIV u. 589
8 .) M. 6; geb. M. 7. 60. — Pars H: Logica major . Volumen
n. complectens logicam criticam et formalem, gr. 8°. (XXIV
1, 645 S.) M. 6. 50; geb. in Halbfranz M. 8. 20.
Jtoßor, Dr. ©efdiidjte her köpfte
feit bem RuSgang M 9ftittelalter8. Hftit ©enu&ung be$ pfipft*
licken @ebeim*Rrcbtoe8 unb vieler anberer Rrdjioe. Steifer ©anb:
©efcbidjte ber tüpfle im Seitalter ber Renaiffance bis jurn lobe
6 i|ttt&’ V. gr. 8 U . (XLVll, 687 ©. u. 38 ©. Radjmort) M. 10;
in Original-Einbanb, ßeintoanb mit Sieberrüden unb Dedenpreffung
M. 12; ©inbanbbede allein M. 1. 20.
Der britte ©anb wirb bie Regierungen oon gnnocenj VIII.,
Rlejanber VI., gultuS II. unb Seo X. umfaffen unb bamit ba3
Seitalter ber Renaiffance Rbföluß bringen.
(©erfaffer ber ©efdjidjte
be$ beutfdjen ©olfeS),
©ierte, oernteljr
♦ läge in§toei©änben.8°.(XXXVI
u. 748 6.) M. 8; elegant geb. in ßeintoanb mit ©olbtitel M. 9.40.
Dtefe bierte Ruflage iß um brei ausführliche Ruffä$e über
©iriot Rirnä $uber, Ridjarb Rothe unb Rbalbert Stifter ber*
mebrt morben.
§n 6 aft- cfirffer 'g&anb: I. ©iltor Rimö #uber'$ SBirfen auf
literarifdjcm, politifdjem unb focialem ©ebiete. — II. Ru$ be$
©eographen ©arl Ritter ßeben unb ©riefen. — III. Sur ®h arfl f s
teriftif be 8 RaturforfcherS Rlejanber oon ftumbolbt. — IV. ©ine
©ulturbame unb ihre greunbe. — V. 35er ©hilofabh Rrthur
©dpppenhauer, au§ perfönlicpcm Umgang bargefteüt. — VI. Der
proteftantifdje 3Geologe Ridjarb Rothe, aus feinen ©riefen gefdjil-
bert. — VII. Erinnerungen an einen beutfdjen ©apuciner.
$n>eifer 'gfanb: I- Rbalbert Stifter^ Rnfcpauungen überleben,
Literatur unb bilbenbe Ihmft. — II. Rnfcpauungen be 8 ruffiftpen
Didiers goulofföfp. — III. ©olitifepe unb finplicbe Rnficpten ber
preußifepen Diplomaten Raaler unb Rocpoto. — IV. griebrid)
©brißopt) Dahlmann unb feinSörieftoecpfel mit griebriep SGBilhelm IV.
— V. greiperr oon ©unfen unb fein ©erpältniß $u griebriep
äBilpelm IV. — VI. griebriep ©ilpetm'a IV. politifepe unb religiöfe
®eflept$pun!te.—VII. ©eroinuO über Deutfeplanb unb feine 8 «fattft.
3tit=
e Ruf*
Johannes
uttb Meustöilber
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Sljeotojtfibt
Cluartalfdmft
3« S3etbinbung mit mehreren ©elebrten
(ierau«gegeben
von
D. t». Äober, D. ^auk, D. Sdjattj D. ftepjtler
unb D. Helfer,
^rofefforen her fat$o[. ^eoUßie an ber Ä. UntoerfUÄi Sübtngen.
3toeiuttbfieb$igfler ^aljrgaiig.
3toeitcö Duartalljef t.
)~^-| ~i
Änbingeu, 1890.
Sertog bet $. Saupp’föen 8u$$anblung.
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5t>ru<f ooit $. Äoupp Jr. in Sfibi «gen.
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äbljaitMitttget!,
1.
Sur djrtftlidjen gbigrabbtt-
Sou Dr. V- Stjr&arb,
$roftfior ber Urologie in ©tra&fcurg.
Sie 2Biffenf<baft bet cbrifUi^en ©pigrap^if ifi no$
imSBerben begriffen; fte bat jebod) in ben lebten Sejennien
bebeutenbe gortfebritte gemalt, befonberS bejfigltcb ber
SRaterialfammlung, beten 3Cbf<$lu§ in abfebbarer Qeit
benotfiebt. 3m meiften bleibt in biefer §inft<bt no<b für
bie im grofjen unb ganzen grie<bif<b«* Snf^riften beS
<brifHi<ben Orientes §u tbun, unb bo<b wäre gerabe bin
eine möglicbft forgfältige unb DoUftänbige Sammlung
bonnöten. Senn auch baS peinlicbfle 3ufammenlefen
bet je|t nodj oorbanbenen grieebifeben 3nf<briften lann
uns nur ben aEerfleinften Seil berjenigen bieten, bie
einjt toirflidb gefegt würben. Ser -Mangel an großen
unteritbifeben Metropolen erbitterte ihre gnfiötung
wäbtenb langet Sabrbunberte; baju {amen bie jablreW&en
Umwäljungen b&<bft oanbalifdjer Statut, beten ©<bau=
12 *
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180
(Etjrljarb,
plag bie altdjriftlicben Äulturflätten in Hleinafteti, ©prien
unb ^ßaläftina bis in bie neuefle 3eit hinein ge»efen
ftnb. ßnblid? barf aud) oielen 3nf<hriftfammlern be«
Orient« bet 33or»urf nid^t erfpart »erben, bie <$tiflü<$en
3nf<hriften über ©ebü^r ben flafftfd^en ^intangefe^t unb
fo noch ntan$e non benett, bie 3 a $ r &unberte überlebt,
in tefcter ©tunbe bem Untergang überantwortet §u Ijaben.
50ie erfte nennenswerte ©ammlung oeranjlaltete ÜJtarini,
beffen oatilanif^en, ton Harb. Mai nur jum SEeil pub-
lijierten Sieben ungefähr 750 grte<bifd)e meiften« au«
bem Orient ftammenbe enthalten *). SBeit
gröfjet ift bie 3lnjabl berjenigen, bie im Soedfc’föen
Corpus Inscriptionum graecarum Süufna^me fanben. ©eit=
bem ifi feine eigene ©ammlung mehr oerfucpt »orben.
3n ben lebten Sauren b«t fid? iebod) bie 3atyl ber be=
fannten d)rifltidj* griedjifi^en ^nf^riften noch bebeutenb
üermebrt. 2)iefe« 3Jf aterial ju einem einftigen Corpus
ber <hrifili<ben Qnfd^riften be« Orient« liegt }ur 3«t nod?
jerfireut in einer Unmaße non ard^äologif^en unb epi--
gtaphifäen , Sfteifeberubten, Monographien
übet orientaliföe Sänbet, Qnfeln unb ©täbte, teil« ge=
fonbett, teil« toermifd^t mit ben flaffifdjen 3nf<hriften *).
1) ©gl. Scriptorum veterum nov. collect. V. ©ie ©4eben
felbft in codd. Vatican. lat. 9075—9105 üon be SRoffi georbnet.
2 ) 5)iefe allgemeinen Angaben mögen (ier genügen, ba eine
ausführliche ©efpredjung ber d)riftlid)en 3nfc(nften griec(ifd)er
©pradje anbern Crteö erfolgen toirb. 2)ie banfenätoerten ©eiträge
non SuliuS SRitter jur Kenntnis berfelben, fotoo(l ber fepulfralen
(De compositione titulorum christianorum Bepulcraliam in
corpore inscriptionum graecarum editorum Berlin 1877) al&
ber monumentalen (De titulis graeois cbristianis commentatio
altera in Symbolae Joachimicae Berlin 1880 ©. 255—80) be*
rücffidjtigen nur bie im C. I. Gr. enthaltenen.
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Sur (^rifttidjcn gpigrapljif.
181
SGBeit oorgerücEter ifl bie ©ammeiarbeit auf bem
©ebiete bet dhrifttidhen ©pigraphil be$ SlbenblanbeS.
Siefe im großen unb ganjen Iateinifd^en 3nf«briften liegen
}um Seil in ©pejialfammlungen oerfcßiebener Sänber
unb ißrooingen bereits öor ’), ober bilben einen Sefianb=
teil be$ großen Corpus Inscriptionum latinarum beffen
ijiublilation fdjon weit gebieten ifl.
SSon ben abenblänbifdhen 3nf(hriften nehmen natur¬
gemäß bie StomS baS größte Sntereffe in Slnfprudh. 9tom
bat gunädhft Sani feiner auSgebehnten burcß prooiben--
tieDe gfigung bem Mittelalter, baä baffir lein SBerftänb=
ni$, toeil lein SebfirfniS gehabt hätte, entriidten 9lelro=
polen bie größte 3“ht c^ri^lidber Snfdßriften aufjutoeifen.
©obann hat jtdh aber bie centrale Stellung ßtomS wie
auf anberen ©ebieten, fo au<b auf bem ber ©pigraphil
geltenb gemacht. Um bei bem ber ©pigraphil fo nahe
penoanbten ©ebiete ber Äunftat^äologie flehen ju bleiben,
fo lönnen jum Seifpiel bie außerrömifd&en ©epullral=
flulphiren unb lird&licßen Saubenlmäler im allgemeinen
betradhtet unb felbjiperflänblidhe Sifferenjen jugeflanben,
ihre abhängigleit non ben römifdhen uicht Perleugnen.
3ene 33eeinßuffung hat R<h aber au<b birelt ertoiefen
burdh Me intereffanten llnterfudhungen Se SJlant’S, wo=
nadh bie einjelnen SSeränberungen in ben ©rabformeln
Sornö innerhalb eines 3ahrhunbertS in ©aQien ihren
fteten ffiiebethaH fanben *). ©8 hieße aber bem 3 u fa0
einen für bie SEBiffenfdhaft hödhfl bebenlUdhen ©pielraum
1) Cgi. ÄtauS, Roma Sotterranea 2.A. ©. 434 ff. — SReal*
Sepfon bet djrifll. Altertümer II, 40. 41.
2) Cgi. Le Bl&nt, Marmel d’4pigraphie chretieDne Paris
1869 6. 29 ff.
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182
©tjrtjarb,
jugefieben, wenn man hierin nicht einen HaufatnejuS
erlernten wollte. @3 würbe nicht fchwer galten, biefetbe
Veeinfluffung auch für bie übrigen ißrooinjen beS wefl=
römifchen Steimel nachjuweifen. SJlit biefer SBabrnebmung
lenktet jugteidj ein, bag bie Arbeit in ber röntifdbeu
©pigrapbit für bie <hriflli<he (Spigrapbil überhaupt non
ber grüßten Vebeutung ifl, unb jtoar nic^t nur materiell
als Sammlung beS anfebnlichften Seiles ber chrifllicben
Qnfdhriften, fonbern auch formell, als fjefiflellung einer
epigrapbifcben S^beorie, beten ©efe|e mit ben bur<h bie
©igentümtichleiten eines jeben SanbeS geforberten 21b»
ünberungen meljt ober weniger für alle anberen abenb*
länbifd^en Qnfc^riften gelten müffen.
Sitte Verfuche um ein ÄorpuS ber <hriftli<hen 3ti=
fünften StomS ^er$ufletten waren bis in bie neuefle
3eit hinein gef «beiter t. Von ©ori an, ber juerfl bie*
fen ©ebanlen faßte, ben SJturatori, SJtaffei, Vaccbini,
Vottari, Sertibilini, Steggino u. a. weiter oerfolgten,
bis auf SJtarini, ber ibn feiner Verroirllichung am näcbflen
gebracht batte, lam eS nur ju Vorarbeiten böcbfl unoott=
lommener Statur. ©S lag biefer SJMgerfolg an einer
Steibe »on Umflänben, bie teils bie Schwierigleit beS
Unternehmens felbfl mit fi«b brachte, teils oon äugen
her }u jenen bin}utraten, teils enblich bureb bie $eiten
felbfl bebingt waren, liefen Umflänben unterlag auch
Harb. SJtai’S Vorhaben, bie epigrapbifchen Sieben SJtarü
niS ju oeröffentlichen. SllS bager SJtai nach Verausgabe
eines etfien VanbeS bie geber nieberlegte, fchien baS
ÄorpuS Wiebet in eine ferne $eit gerüeft. ®a nahm im
Sabre 1842 3- 33- be Stoffe als junger Archäologe bie
Sache in bie Vanb, unb feine rafilofe Sbätigleit, geleitet
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3ui <$rißli<$en (Epigraph^. 183
bon einem für ^tfiorxfc^e unb ardhäotogifche gorfcßungen
einjtg befähigten ©eifte, getragen bon ber reinften 33e=
geifterung für bie SBiffenfd&aft in SSerbinbung mit ber
finbltcpften Siebe ju feinem angefiammten ©tauben, be=
gänftigt bur<$ ein felteneä ©lüd, galt feitbem nicht jum
geringften Seile bem Aufbau ber cprifllichen ©pigtaphtl
überhaupt fotoie ber römifchen inäbefonbere. Sie fjrüdjte
berfetben liegen in einer Steihe bon Spejialarbeiten borab
in feinem eigenen Bnlletino di archeologia christiana
vor; al« SDlittelpunft feiner ganjen epigraphifchen Shätig-
feit fleDt fiep jeboch fein Corpus inscriptionum chris-
tianarum Urbis Romae bar, bejfen I 33anb in ben fahren
1857—61 erfdjieuen ifi. 3n eine nähere Snalpfe beä=
fetben treten mir hier nicht ein; ei genügt feine 89ebeu=
tung für bie chriftlidhe ©pigrappil überhaupt herborju--
heben. SEBtr ertennen fte fchon an ber erfien queflem
mäßigen ©efdjicpte ber thriftlid&en ©pigraphil oom 3ett=
alter ÄarlS beS ©roßen bis auf unfere Sage, bie er
bietet unb bie feitbem allenthalben mafjgebenb geblte*
ben ‘); fte liegt aber befonbetS in ber barin angeroanbten
3Jlethobe. ®te Neuerung welche be SRofft hier bornahm
ifl toeitgreifenber, bie gortfcp ritte, bie er gegenüber feiner
Vorgänger auftoeifi, größer als ei auf ben erfien ©lief
fepeinen möchte, @r juerfi h at bie gunbgruben ber
«häßlichen Qnfdhriften in 3tom, bie ßatalomben feinen
3roeden bienfibar gemacht, er juerfi bie -ganbfepriften
epigraphifcheu Inhalte« herangejogen unb felbfi bie
fteinfien Fragmente mit größter Sorgfalt unb überragen*
1) S5gL Inscriptiones Christian ae Urbis Romae septimo
saeculo antiquioree edidit Joannes Baptista de Rossi 1©. VI—
XXXVI.
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184
®Ijrfjart>,
bem ©rfolg gefammelt. 2Ba8 aber von burchgteifenber
SEragtoeite ift, er »erliefe bic früheren ©inteilungSprinjipien,
um ben topographifchen ©efichtäpunlt in ben SSorber«
grunb )u rüden, tooburch bic ©pigraphil aufgebört hat/
vom jetoeiligen theologifcpen Stanbpunft abjuhängen unb
jum Stange einer toahren SEÖijfenfcbaft erhoben tourbe.
Stur bei ben 3nf<hriften von befonberer SSebeutung
finbet be Rofft ba8 Sbgehen von ber topographifchen Sn«
orbnung angebracht, bei ben batierten nämlich, ben hi*
ftorifchen unb enbUch ben theologtfchen, toie man bie«
jenigen furj bezeichnen fann, »eiche über ben @lauben,
bie Sitten unb heiligen ©ebräucpe ber erften ©hriften
SuSfunft geben. S)ie gufammenfieQung t>er batierten
erforbert f<hon ber rein epigraphifche Stanbpunft, benn
fie allein ermöglicht bie Ueberftdht ber ©ntroidlung ber
epigraphifchen ißalaeographie, unb gibt überhaupt bie
Kriterien an bie $anb, »onach bie meiflenä unbatierten
«hrifilichen 3nf<hriften «hronologifch }u reihen ftnb. SuS
biefen ©rfinben vereinigte be Rofft in bem ermähnten
erften Sßanb alle bil bahin belannten batierten 3nf<htiften
Rom«, um eben, toie er felbfl betont, ein ftchere« gunbament
für bie chronologifche Reihenfolge ju getoinnen, in ber
er bie übrigen Saf^tiften Vorführen toirb, ba ja gerabe
von bem Stter einer Snförift ih r eigentlicher 2Bert in
epigraphtfcher toie befonberä in theologifcher SSejiepung
abhängt. Sehnliche ©rünbe fprechen auch für bieSu8=
fcheibung unb 3ufammenfteHung ber 3»f^tiften mit
bejtimmtem hifl°rif<hen Snlag ober Schalt, dagegen
lägt ftch ein Sebenlen gegen bie britte Serie ber
theologifchen 3nf<hriften, toie ich fie oben nannte, nicht
unterbrüden. Sn tiefer Sufammenftetlung hat ber fEheo*
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3ur $riftlid)en Epigraph^-
185
löge offenbat ein größeres ftnteteffe al8 bet @pigrap$ifet
unb oom Stanbfpunft beS Geologen an2 lann man jene«
Sot^aben nut begrüßen '). SHein rein epigraohifch läßt
fUß biefe Älaffe nicht genau umfchreiben; eS toitb ja
faum eine große Stajahl oon ^nfc^riftcn geben, bie nicht
in irgenb einet SBeife ettoaä oon ben 2lnf<hauungen bet
etfien ©hriflen, über Olaube unb Sitte, fieben unb fEob
burcßbliden Iaffen. SBill man fidj auf bie bauptfätylicbften
bef^ränfen, fo entfielt toieber bie grage nach bem 33er;
bältni« biefer Älaffe jur ^iftorifd^en, oon benen oiele
auch bie ®lauben«lehre Uluftrieren. Um fobann ßlarheit
unb Orbnung in eine fttaffe oon Snfchriften jebet 2lrt
}u bringen, bie nur butch i^rett 3«halt oertoanbt ftnb,
toirb man fie tooßl nach ®ogmen Hafftßjieren müffen;
biebei toitb aber oft fchtoer }u entleiben fein, tooßin
eine jebe 3nfd>rift eigentlich gehört. 3)a enbUch viele
3nf<briften oerloren gegangen ßnb, oon benen toit nicht
Buffen, ob fte nicht intereffantere 2luff<hlüffe übet bie
Dogmen be« chrifUichen SUtertum« enthielten, fo toitb
1 ) Set ßroed, ben be Sofft babei netfolgt, ließe ftd) nieHeicfjt
mirtfamer erreichen buttp Veranftaltung einet Sammlung au«*
getoählter 3nfd)riften, bie in ben nicht facbmünnifdjen ttjeologifchen
Steifen eine größere Verbreitung finben mürbe als bie foftfpie*
ligen Folianten be8 Corptu. Set Cerfaffer hofft feinet Seit foltpe
Heinere Sammlungen füt bie lateinifchen unb grtecfjifdjen gn*
fünften beS chriftlidjen Sltertum« oeranftalten ju tonnen. Sie
duiftlidfe Epigrappif hätte bann ma« bie llafftfdje an Sittenberger«
8 ylloge inscriptionum graecaram Lipeiae 1883 u. SBidmann«,
Ezempla inscriptionum latinarum in tuum praecipue academi-
enm Berlin 1873 beftfct. Sie banlen«mette Etjreftomatfjie oon 3ot)n
SK’ Caul (Christian epitaphs of the first siz Centuries. Toronto
and London 1869) entfpricht biefem Sebürfni« nicht in genügenbet
Seife. Sie bietet nut 100 batierte @rabinjd)riften, bie meiften«
(ateinifch finb unb au« Som flammen.
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186
<£f)iljarb.
baS aus ben erhaltenen ftdh ergebenbe Silb beS alt:
<hriftti<hen ©laubenS» unb ©ugenblebenS launt als oott»
ftänbig gelten tönnen. SBenn fomit btefe ©onbetung
unoerfennbare Stadjteile hat, fo barf man bo<h barübet
ben theologifchen unb bogmenhiftoriföen ©ernenn nicht
aufjer Sicht lajfen; auch toitb bem gerügten Uebelftanbe
§um 5Ceil baburdj abgeholfen, baft be SHoffi alle bot:
»eggenommenen Snfchriften in ben topographifchen Serien
an Drt unb ©teile »ieber nahmhaft machen »irb.
©er erfte 83anb, »orin be Sftoffi baS gunbament
ber (hrifilich-rbmifchen ©pigraphtf mit aller wünfchenS»
werten ©olibität aufgebaut, war oon ber gefamten ®e=
lehrtenwelt mit ber grüßten Snerlennung begrüfjt worben
unb man erwartete mit Spannung ben {Weiten. @8 er*
fehlen enblich (1888) nach einem gwifchenraum oon brei=
feig fahren bet I ©eil beSfelben, auf ben Wir feinet
grunblegenben SBebeutung wegen nähet eingehen müffen.
©et lange geüabftanb, ber bie beiben 33änbe trennt, er:
fcheint auch abgefehen oon ber oieloer{»eigten litterarifchen
©hätigfeit beS SSerfafferS unb äußeren SSerjögerungS:
umftfinben nicht auffaHenb, wenn man bie ftaunenäwerte
©eifleSarbeit betrachtet, beren grucht oorliegenber 33anb
ift. Stach bem urfprünglichen $lan beS SBerfeS fottte
er bie oben erwähnte {Weite hifiorifche Älaffe oon 3n=
fünften bringen; ber 2Bunf<h jjeboch, bie <hriflli<he @pi=
graphil Oon ©runb aus wiffenfchaftlich {u gehalten, Oer»
aniahte be Siofjt jenen urfprünglichen Sßlan {u oerlaffen
unb bie epigtaphifchon $anbf driften, bie am ©chlufj beS
ÄorpuS hätten fur{ charalterijtert werben foHen, {um
©egenftanb einer befonberen Abteilung beS {Weiten SJanbeS
{u machen, bie nun auch ben ©itel führt: Series codi-
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Sur griftUdjen (Spigrapljit.
187
cnm in qnibas veteres inscriptiones christianae prae-
sertim nrbis Romae sive solae sive ethnicis admixtae
descriptae snnt ante saeculum XVI. ®ie ©rünbe für
biefe Aenberuug entwicfelt be SRofft in bet Sorrebe jum
Saube; ausführlicher h at er fte in einer Siebe bärge«
legt, bie er in ber R. Societa Romana di storia patria
hielt ’). Sie chrifllichen Qnf^riften nämlich ^ifiorifc^en
unb theologifchen Inhaltes ftnb jum weitaus größten
Seil nicht mehr im Original üorhanben. Stele gingen
unwiberru flieh oerloren; non nieten befonberS non ben
metrifchen ftnb unS jeboch Kopieen ermatten. Siefe liegen
nun in ben $anbf$riftli$en Snfchriftenfammlungen unb
Anthologien not, auf beren Autorität fomit ber chriflliche
©pigraphiler in ben meiflen gäQen angewiefen ifi. Sei
biefer Sachlage fanb es be Sofft mit Sed&t für unjuläng«
lieh nur bie Sarianten aus ben #anbfchriften anjugeben,
wie bie« in ben Hafftfchen Korpora gedieht, er unter«
30 g jt<h ber mfihfamen aber auch lohnenben Aufgabe
alle nor baS XVI. 3<*h r h- faQenben epigraphifchen J&anb«
fünften ju fammetn, ju orbnen, auf ihren Sßert unb
ihre gegenfeitigen Sejiehungen hin ju prüfen, ihren jewei«
Ugen Urfprung, 3 we<!, innere ober topographifch« Orb«
nung fefljuftetlen unb enblieh ben non ihnen gebotenen
3 nf<htiftenteftim 3 ufammenhang jubieten: lauter Sunlte,
oon benen bie meifien noch nicht genügenb aufgeflärt
waren. Sarau$ leuchtet ein, baß oorliegenber Sanb
für bie gefamte cprifttiche (Spigraphif oon einer Sebeutung
geworben ifi, wie fte größer laum gebaut werben fann.
1) Sgl. Archivio della R. Societä Romana di Storia pa-
tria X. 2lu($ feparat erf^tenen in Corso pratico di Metodologia
della Storia foscicolo III. Roma 1888.
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188
S^tfjatb,
Siefe ©ebeutung liegt nicht auf eigentlich epigraphifcijem
©ebiete, ©ie benn be Sofft felbfl barauf aufmetlfam
macht, bafj bie 3nf$riften nicht immer in ihrer ©ähren
©eftalt, fonbern ©ie fte in ben 4?anbf<$riften faltig bor=
liegen, geboten ©erben, ©ie ift »ielmehr auf bemjenigen
bet GueHenfriti! ju fuchen; ift aber auf biefem grofj
genug, um bie ©erjßgerung in ber abfdhliefjenben 5ßu=
blifation ber einzelnen Qnfdhriften ©eit aufjuwiegen.
Sen Unterfudhuitgen über bie einjelnen epigraphifdhen
ÄobiceS fleht als Prooemium eine Sbhanblung ooran,
in ©eichet jum erften Stal bie chriftlichen metrifchen unb
rpthmifchen 3nf<hriften unb ihre Sichter oom 2—8. 3ahr*
hunbert jur Sprache lommen *). (SS ©irb hier nicht
nur ein ©iDlommener Beitrag geliefert fo©ohl jur
ißatrologie, bie bisher öon 3nf<hriftenbi<htern nicht toiel
}u berichten ©ufjte, als jur ©efchichte ber <hriflli<ben
Sichtfunft, »eiche bie metrifchen 3nfchriften ©enig be=
rüdftdhtigt; be Sofft weift auch biefe metrif^en 3nfdhriften,
unb baTauf fei ein befonberer Sachbrud gelegt, als
Quellenfüt bie^hmnologienachunb gerabe für ihre
ältefle ißeriobe. (SS ©ar eine oon 2e ©lant, $irf<hfelb,
be Sofft felbft u. a. bereits feftgefteüte Xhatfadhe, bafj
©ie in ben heibnifchen fo auch in ben chriftlichen 3nfchriften
©erfe auS älteren flafftfchen Sichtern, befonberS aus
©ergil mannigfach ftch htneingewoben ftnben; hier fpricht
aber be Sofft juerft ben ©ebanlenauS, bafj auch <hrifUi<h
metrifche Qnfdjriften, bie auf ben erften ©lief ganj felb*
ftänbig erffeinen, aus alten $pmnen entnommen ftnb,
oon benen wir bemnach in jeneu 3nfdhriften glüdlich
erhaltene ©tuchflüde befäffen. Siefe ©ehauptung ftüfct
1) ©. VI-LXVIII.
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8« cgriftlicgen eptgrapgif.
189
{ich auf SBeobacgtungen getoicgtiget 9tatur. Richer gehört
junäcgft bie Sufammenfegung ber berühmten 3nf<hrift
be$ Spetloriuä ». Slutun ’). Sie befielt offenbat aus 2
teilen, bie einmal in oerföiebenem 33er2maf) gefcgrieben,
fobann auch inhaltlich ganj »on einanbet Betrieben
jtnb. „2)o8 etfte Epigramm ifl ganj bibaftifch unb
mpftifcg; bejiegt {ich nicht auf ba«, t»a$ im 2. Seil er¬
mähnt toitb unb roeifi fetbft bie gewöhnlichen 6epulfral=
formein nicht auf". (6. XIX.) 9lo<b Hatet belunbet
ft<h bie $erübernahme be« erjieten ©pigramm« burch
feine Unoollflänbigleit. ®ie fünf erfien 35etfe beSfelben
bilben nämlich ba« älroftichon v IX9YC . ©8 brängt
ft<h bähet auf, bafe mit bem E be« 6. unb legten SBerfe«
ein neue« airofticgon anfängt, ba« be Stoffi als EAIILG
ju ergänzen ootfchlägt: eine Äonjeltur, bie {ich auf ba«
belannte gufammentreffen »on gifch unb Slnfet auf chrifl=
liehen ©rabmonumenten {tilgt *), unb für beten hob*
ÜBahtfcgeinlicbfeit eine Steige »on be Stofft’fchen Äonjel*
tuten fpriegt, bie fteg fpäter glänjenb beftätigten. ©in
nicht meniget Hatet $inroei£ auf bie gemeinfamen Quellen
metrifchet Segrgebicgte ifl bie eigentümliche SSertoanbtfchaft
jtoifegen bem befagten Epitaph »on Slutun unb bet nicht
1) Siefe 8ufammen|egung gatten frühere Bearbeitet btefer
Qnfdjrift fegon toagrgenoratnen. S. Gcgulge (Sie Äatafomben
fieipjig 1882 <S. 119) fetbft tagt bie 6 erften Seife gelten „a(8
ein filtere« 6tüd, ba« »ieOeicgt noeg in ba« jmeite 3agrgunbert
jurfidreiegt unb magiftgeinticg Weft eine« aitegdfttiegen $gmnu«
ift". Siefe Seimutung betommt jeboeg erft bung bie 8u«fflgrungen
be ttoffi’« einen fiegeten Untergrunb. Stgulge gebt anig mit Un*
reegt gegen Sogt (ba« 3f(gtgt)8—SPonumetit non Tluhm Seiiin 1880)
gettior, bag S. 7 genau an S. 6 anfegtiefje.
2) Sgl. De Roeai, de Christian» monumentis fx&w exhi-
bentibna Spicileg. Solennen. III.
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190
dljrbarb,
ntinber berühmten, neuerbingä aufgefunbenenörabinförift
be8 83if<bofe8 s. ^terapoltä, StöetciuS, bie be SRofft ein-
gebenb erörtert *). Eine fol<be SSertranbtf<baft in tucit
auSeinanbergetegenen ©rabinf^riften träte gerabeju un=
erltdrliib, trenn j|ebe Sn^rift für ihren 3 toe< * «i0 enS
gebietet trorben träre. gur Seftäfltgung befpri<bt be
SRofft (©. XXIV—XXXI) no$ einige metrifdbe $nf Triften
ans SRom, treibe in Spraye, Spmbol nnb Inhalt unter
ftd> unb mit ben ermähnten 3nf<hrtften eigentümlich über»
einfHmmen, trähtenb fte in bireftem ©egenfajj flehen §ur
metrifthen ©rabinförift einer grau, bie, trie barau«
hersorgef)t, jur ©ehe ber SSalentinianer gehörte. 3tuu
treifj man aber, bafj bie ©noftifer eine befonbere Vorliebe
)u £ebrgebi$ten batten unb bafe bie ©hriften ihnen ortbobof e
gegenüberftellten. @8 muß einet anberen Arbeit Sorbe-
halten bleiben, auf biefen ©ebanfen be Jtoffi’a näher
einjugeben, bet, toenn jener metrifdjen ©rabinfdjriften
ni<bt gar )u siele serloren gegangen, ba$ -Kittel an
bie $anb gäbe, bie ätteften ^pinnen unb fiebrgebidjte
be» djrijHithen Sltertumä triebet berjufletten. äBir müffen
eö un« auch serfagen, länger bei biefer einteitenben
1 ) S. XII ff. Da# (Epitaph war bur«h bie Hlten beb Aber*
ciu# (griedjifdb juerfi in Boissonnade, Anecdota graeca V, 462 ff.)
längft betannt unb na$ darb. $itra (Spicileg. Solesm. III, 852 ff.)
ard)&o(ogif<b gerofirbigt. Der Stein felbfi würbe glürftidjertteife
non SB. Siatnfap im galjr 1883 aufgefunben unb publiziert (fieme
Arcbdolog. 1883, S. 194; The Citiee and Bishopies of Phrygia
in Journal of Hellenic Studios 1883, 474 ff.; The Academy
1884 8.174). Seitbein bäte# eine weit größere »ebeutung erlangt.
Sgl. Lightfoot, The apoetolic Fathers II. 1. S. 476 ff. $u(ept
berief ficb ffiilpert barauf in feiner Solemil ($rin$ipienfragen
ber ibrifiliiben UribSoiogie greiburg 1889 S. 50 ff.) gegen $ant
Wdjelt# (Da# Spntbol be# gifd)e# unb bie gifchbentmiler ber
römifd)en Satacomben Warbucg 1888).
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Sut djriftttdjen (EoigrapIjiT.
191
Sbhanblung be SRoffi’S flehen ju bleiben unb bie @efdji<hte
bet epigtaphif<hen Sichtung non ®amafuS an, bet mit
feinen ©pigrammen faft alle Äatalomben unb 2Rärthter=
gräbet SRomS fömädte, bis auf bie ®i<hter beS foro*
lingifcgen 3eitaltetS }u »erfolgen, beten eigenen 3)i<htungen
niele SSetfe aus Snf^riften früherer 3 eit beigemifcht
ftnb. SHefe Uebetft^t, welche unS bie heutige Slrmut
bet chriftlichen @pigtap^if gegenüber intern früheren 9teich=
tum fo recht bittet empfinben lägt, (teilte be Stoff* mit
Stecht feinen eigentlichen Ausführungen ootan, um ben
SBert bet hanbfchriftlichen Sammlungen biefet tätlichen
Uebettefie ins rechte Sicht ju fteden.
3n feinen frühsten ©Triften halte be Stoffi ben
beginn bet epigraphifdjen ©ammeiarbeit in baS larolingi*
fdhe Spaltet netlegt 1 2 ). SIS bie ätteften Sammlungen
galten bet (Einfteblet SnonpmuS unb bet non ©ruter
publizierte Codex Palatino-Vaticanus , beibe aus bem
9.3ahrhunbert unb mit bet Utterarifchen Schule SlcuinS
in näcbfter SSetbinbung gebacht. 2)iefe Angaben blieben
bie mafjgebenben, bis be Stoffi im notliegenben 8anb
fuh felbfi lorrigierte. ®a8 Stubium aller bisher befannt
geworbenen haubfchriftlichen ^nfchtiftenfammlungen, bie
be Stoffi aus etwa 80 Sßibltothelen mehr als 300 an bet
3ahl müeinanbet netgli<h *), nerbreitete ein ganz neues
1 ) ®gl. Le prime raccolte d’antiche iacririoni. Rom 1852.
6 . 3; Inscriptiones 1.1. e. u. f.to. Äudj <ßiper formte in feiner
©cfdjidjte 5er cpriftlicpen Gpigrapljil im Äbenblanbe bom 6—8.
3 a1pl)unbert nur gelegentliche Erwähnungen non ^nföriften bei
Gregor bon XourS, ©eba unb ©auluS 3)ialonuS namhaft machen
(Einleitung in bie monumentale Geologie. ©otha 1867. 6.
828-30).
2) 3ufammengeßettt mit Angabe ber ©tbliotfjefen im Syllabus
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192
(Spthatb,
Sicht übet bie ältefie ©eföichte nicht blofc ber chrifllithen,
fonbern bet ßpigraphif überhaupt. fftamentlich burch
bett ßoroep’fchen Kobey fteOte {ich h etauä / baff jene
Sammlungen nicht bie etften, fonbern im (Segenteil nur
bie fpärlichen Ueberrejie von »itllich epigraphtfehen €>«mm*
lungen enthalten, bie bis in baS feiste Sahthunbert
jurüdreichen. ÜRa<h be Siofft’S lichttooHet 83e»ei$führung
barf baher junächfi bie ©nfiebler Sammlung nicht mehr
als baS Originaltoerl eines SRöncheS auS bem 9. 3«^'
hunbert gelten; fie ift eine Kompilation auS »iet »eit
älteren epigraphif(h«n Sammlungen, non benen bie 3 etflen
gnfehriften auS Stom unb ißaoia, meifienS llafjifche unb
in ifkofa gefafjte boten, »ähtenb bie oierte uifprüngticp
ju einem Qtinerar an bie tömifchen 8Rärtpretgräber
gehörte. Solche Kompilationen »urben auch *>on änberen
oorgenommen, bie aus benfelben Quellen »ie ber 6in=
fiebler StoonpmuS ober auch aus batoon nerfchiebenen
fchöpften. SSon biefen ältejien Quellen h®t fUh nur
noch Fragment erhalten. $etet pthou fanb eS
im XVI. ^ahrhunbert. ©iefeS ging feübem felbfl »ieber
»erloren; eS ifl aber glficflidherteeife bie Kopie »on
Scaliger erhalten. ©tefe Kopie mit 3nfchriften aus
9tom, Stooenna, SHmini, Syrier eröffnet baher mit Siecht
bie Serie ber Codices epigraphici (S. 1—6), »orauf
bie ßinfiebler Sammlung, ber be Stofft ihren »ahren
Siamen »sylloge Reichenanensis« »iebergibt (bie $anb-
fchrift flammt auS Reichenau), eingehenb analpfiert unb
codienm ®. 466—78. Sine genaue (Eiitjelbefchteibung bet fcanb*
feptiften gept ben jetoeiligen SluSfühtungen übet bie batin ent*
pattenen Sammlungen botauü.
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Sur (priftlicben Spigraphif.
193
bie ihr ähnlichen Kompilationen nachgetoiefen »erben *).
$>er »eiteren burch ©ruter f<hon längft befannten aber
ihrer Kompojttiou unb Tragweite nach fehr oerfannten
Sammlung beS Codex Palatino-Vaticanus 833 läßt be
Sflofft biefelbe fruchtbare Äritif angebeihen. Abgefehen
baoon, ba| man fte nach ©ruterS Ausgabe fälfcblid)
al« eine epfluftoe Sammlung chriftticbet Qnfchriften be-
iradhtete, glaubte man in ihr auch nur eine einheitliche
Sammlung aus bem neunten Sahrhunbert etfennen ju
müffen. ©emgegenöber toeift be SRofft nach, baß bie
Driginalfammlung beS Schreibers im 9ten 3<>hrhunbert
nur aus bem fleinften Xeil befielt, alles übrige aber
©fcerpte aus älteren Sammlungen ftnb beffelben ©haral*
terS »ie bie üom ©injiebler AnonpmuS benähten, alfo
fo»ohl htibnif&flafjifcher als cprifUichet Sftföriften.
S)er 3Jiön<h Bon Sorfch (»o bie ßanbfdjrift getrieben
»urbe) »ill afletbingS eine fpejiftfch cpriftliche Slnfchriften-
fammlung oeranjialten, er oerrät aber bie ©eftalt
feinet Quellen burch einige h«ibnif<he Snf^riften, bie
er nebenbei jur Ausfüllung einiger Süden aufnahm,
infolge biefer 3ufammenfehung erhält biefe Sammlung
ben Sftamen »Veterum syllogarum corpua Lauresha-
mense«, beffen einzelne »syllogae« be 3toffi mit gewohnter
Steifterfdhaft auSeinanber fcheibet unb jeher im Verlaufe
1) Auf biefe Ausführungen folgt hier, wie burchgängig, ber
Snfdjriftentejt. Aufjer ben burch bie Ausgaben oon AtabiHon,
$änet, ßenfen, UriichS unb Sforban betannten ©lüden bietet be
SRojfi sunt elften SRat eine ber SRombefdjreibung angehängten Don
einem Augenjeugen gefchriebenen Bericht über bie päpftlichen
Cerentonieen ber Shanooche (©. 34 f.). 5)er Herausgeber oerlegt
ihn in bie Seit beS $apfteS $abrian I.
X^fol. Ouartalförtft. 1890. $eft II. 13
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194
ffiljrfjarb,
feinet Unterfudfeungen ihren d^ronotogifc^en juweift *).
SDerfelbe Scharfjtnn liefe ihn non jenen älteften 3nf<$riften=
fammlungen in alten ^anbf^riften ober ^anbfd^riften=
fr agm eilten auS Serben, SBafel u. f. tt>. weitere Uebettefie
etfennen. 5Dafe nun biefe ältefien Sammlungen bis in
baS feiste Sla^rfeunbett jutiidge^en beweift f<hon bet
Umftanb, bafe bereits im fünften Sa^r&unbert metriftfee
Snfchriften aus 3tom ft$ auf 3Jlonumenten »eit entlegener
Stäbte, ja bis in Stfrifa entmeber teilweife ober in intern
gaujeu Umfang mit ben notwenbigen Slenberungen 3 . 93.
in ben Flamen »iebetftnben. @S »urben alfo römiföe
Snfchriften bereits im 4.—5. 3afer$unbert abgefeferieben.
Ob nun jebe Qnfchtift für fi<h unb aus irgenb einem
3 ufättigen ®runb abgetrieben, ober ob fie gleich in
größerer ober fleinerer Ütnjahl 3 U einem ©aujen Oereinigt
»urben, baS »irb ftch faum mehr entleiben laffen.
2 )e Sftoffi läßt audf) biefe grage offen; ftcher ifl aber,
bafe folche Sammlungen dE>rifttid^er unb ^eibnifd^er, metri»
fchet unb uid^t metrifcher Snfchriften im VI. Qahthunbert
entfianben, »ie be SRoffi im einjelnen übet 3 eugenb bar»
thut. %üx biefe @ntjiehungS 3 eit fpricht befonbetS ber
Umjlanb, bafe bie Vorlagen ber Slbfchreibet beS neunten
SahthunbertS feine jüngere Qnfchriften als bie beS feisten
SahrhunbertS enthielten. SBer biefe Sammlungen »er»
anjialtete baS waren nicht bie ©eiehrten beS VI. 3ahr*
hunbertS, auch nicht bie 3 nfchriftenbi<hter »ie im faro»
lingifdfeen Seitalter, eS waren bieS »ielmehr fcfelichte
Pilger unb fßilgerführer, beren Qntereffe burch ben
Sfablid felbfi gewedt Worben war, auch ißäbagogen, bie
1) SS »erben beren fünf (einfötiefjliib ber Ueberrejte ber
ätteßen Sammlung) unterjdjieben. S. 36 ff. 95 ff. u. f. ».
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Sur $rifHi$en (Spigraptfif.
195
ihren göglingen 3nf<hriften als SRufler beS quabratifchen
Slp^abetS vorlegten *). Siefe Sammlungen waren wenig*
jtenS jum teil mit ar$äologif$em Sinn veranflaltet,
wie bie$ be 9tofft uo<h in ber ©infiebler Hanbfdhrift an
bcn griedhifdhen Snfd^xtftcn mahrgenommen; ba nämlidh
ber Sbfdhteibet beS 9. SahrhunbertS wohl bie lateinifche
SRajuSleln in bie SJitnuSfeln (einer Qeit abänbem fonnte,
nicht aber bie grie$if<ben Settern, fo bewahren lefctere
noch in (einer 3Cb(c^rift ben verfchiebenen palaeograbhifdhen
Sdhriftcharafter ber 3 f it, ju ber fte entfianben. Seiber
ijl aber meiflenteils ber palaeographtfdhe ßhatalter in
ben Äompilationen beS 9. 3ahrhunbertS eingebüfet unb
jugleich au<h ber genauen Ortsangaben, bie fity im
Original vorfanben, nicht Rechnung getragen worben.
(Die beiben befprodhenen Sammlungen galten nidht
blo| für bie älteften, (onbem auch für bie einzigen beS
früheren (DtittelalterS. (Demgegenüber erörtert nun be
(Rofft weiterbin eine (Reibe von epigrapbifdben ©amm*
lungen, beten Vorlagen mit ben topographtfdhen 93e=
(«breibungen ber Heiligtümer (RomS unb anberer Stäbte
}u(ammenbüngen unb au<b jum Seil bis in baS 7. 3abr*
bunbert jurüdgeben *). SBaS junüdhft bie römi(<ben an*
gebt, fo batte be (Rofft bereits im I. S3anb feiner Roma
Sotterranea bie Fragmente ber älteften topograbhtfdhen
1) (Einen intereffanten (Beleg braute be fRoffi fäon
in feinem Bulletin«) di archeol. crist. 1881 S. 136 ff -, nämlid)
eine SRarmorptatte »om gufiboben be? ©ircu? Ölaminiu3, auf
bem bie Snfcbrift be$ (entlegenen) Xitubbogen? unb baneben ba$
qnabratifcbe fUplfabet eingerißt fteljt: offenbar baS ©erf eine?
©djfiler«, ber bei biefer Sdjreibfibung befagte Qnfdjrift al? SDiufter
bar fid) batte.
2) ©. 50- 238.
13*
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196
®ljrl)arb,
$ef<hteibungen Storni, bie Sfnfötiften feboch ausgenommen
mitgeteilt. 2)a3 hanbf<hriftli<he Material, baS er feit«
bem jur $anb befam, lieferte ihm elf epigraphtfche Samm¬
lungen aus bem 7—9. 3a&r$unbert, bie nun hiet chrono«
togifd> aufgefühtt unb auf Urfprung unb gegenfeitigeS
SSerhättniö bin geprüft »erben. @S ftnb bieS bie 4 fpäteren
Sammlungen beS oben befprochenen Corpus Lauresha-
men8e, bie »sylloge Turonensis« auS ben 4fanbf$riften
oon Älofterneuburg unb ©ottmeih, auf bie be Sftoffl nach
©arampi, SJtarini unb üftai bereits früher aufmerffam
gemacht hotte *), ferner bie »on ihm aufgefunbene Samm«
lung oon SSerbun, bie na<b ihrem ©ntftehungSort, baS
Älojler beS h- Sfti^armS ju ©entula benannte sylloge
Centulensis auS bet ©otoep’fchen $anbf<hrift, bie für be
Sftofft eine gunbgrube neuer ^Beobachtungen würbe*),
enbUch bie »sylloge Wirceburgensis«, ein intereffanteS
in einer SBürjburger |>anbfcbtift erhaltenes gragment
einer leiber auch oerfchollenen oon allen erwähnten oer«
fdjiebenen Sammlung. Sin biefe faft auSfchlie&lich jiabt«
tömifche Sammlungen fcbliefjen ftch an eine oon be
Stoff! »sylloge Circumpadana et Subalpina« benannte auS
bem 8. Sahrhunbert, eine fpejieH mailänbifche unb enb«
lieh bie Qnfchriftenfammlungen ber SSafilifen ber hl-
SWartinuS inXourS unb gelij in Stola, bie einjigen erhol«
tenen ©injelbefchreibungen oon altchriftlichen $eiligtüm«
etn, wooon erftere jugleich bie ältefle ber in ihrer urfprüng«
1) ®gt. Roma Sotter. I, 151 f.
2) S)iefer foftbaren ©ammhing jehenft be eine befonbere
&ufmerffamfeit unb macht e$ nicht unmahrfcheintich, bag fle mit
Ängilbert, bem *$omer" ber patatinifchen ©djute, ber 790 ®bt
non (Eentula mürbe, in SBerbinbung gu bringen ift (©. 72—95).
3)ie ^anbfehrift beftnbet ftch jept in Petersburg.
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gur chriftlichen ©pigraphif.
197
liehen ©efialt auf uns gelommenen 3nf<hriftenfammlungen
ifi, ledere aber h^* juerfi belanitt gemalt mirb *).
2Bit fönnen leibet aus Mangel an Staunt bie AuSffih*
rungen nicht näher verfolgen, tootin jjebe bet genannten
Sammlungen mit ber größten Alribie unterfucht toitb *).
SJlit ben getoonnenen Stefultaten bi^t i*bo<h be Stoffi
bie ©arftellung ber Quellen ber <hrijili<hen ©pigraphi!
noch nicht für abgeföloffen. @r prüfte auch bie älteften
lateinifchen Anthologien oermif<hter ®ichtungen auf ihren
epigraphif<hen Inhalt unb toeifi nun in einet Steihe Don
Anthologien j. 39. in ber Anthologia Salmasiana u. a.
1) gür Me erfterc berweift M e r be flflofft gegen feine (He*
wohnheit auf bie früheren Ausgaben, beren 6efte non Le Blant,
Inscriptions chrltiennes de la Gaule I, 227 ff* geliefert würbe.
$ie ber ©aftlifen beS h* SW? au Nola gibt er hier juerft (©.
189—92) ouS einem fßariferfobej heraus, ben ßeopolb S)eliSle
ihm befdjrieb.
2) hierauf folgt (©. 193—222) eine fehr banfenSroerte, biel
Neues bringenbe Unterfuchung über beS fßerfuS MaHiirf ©efdjrei-
bung ber alten ©t. ©eterSbafilifa auS bem 12. gahrpunbert, mit
fterborhebung ber barin enthaltenen epigraphifchen Nachrichten
unb &um beffern ©erfiänbniS ber befprochenen rdmifchen ©amm«
(ungen, worin bie 3nfchriften ber alten batifanifepen ©aftlifa ben
erften Nang behaupten. 8 ur ®eranfd)aulichung ber Monumente,
an benen Mefe ftnfdjriften angebracht toaren, fügt be Noffi ein
olteS Enchiridion de saceUis et altaribus basilicae vaticanae,
ben fßlan ber ©afilifa felbft non XiberiuS ÄlpparanuS (1590)
fotoie bie $läne ihrer Jfrppten nach Benedictus Drei (1635) unb
Rohault de Fleurj (La messe, Itudes arcbSologiqnes sur ses
monument8 II pl. 131) hinju (©. 224—38). ÄnblidS biefer
groben ßapl non altehrtoürbigen Monumenten, bie biefe alte 33a*
ftlifa mit ihren Nebenbauten barg, fann man eS, trop ber (Hrofj*
artigfeit ber mobemen ©t. fßeterStirche bom archäologischen ©tanb*
puntt auS nicht genug beflagen, ba§ bie maestri guastanti beS
XVI. gahrhunbertS fo wenig ©erftänbniS für baS cpriftliche Älter*
tum hatten.
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198
(Stjtljarb,
au« ißarifer» unb 33atifanif<ben $attbf<briften be« 7.—10.
Sabrbunbert« metrifd>e 3nf<briften au« SRom unb anberen
Orten nach, bie gurn Seil auf biefelben utfptünglicben
Sammlungen jurüdffibren, bie wir oben al« bie älteften
begegneten. 2lu« ber Indologie oon SSalencienne«
fonnte er fogar mit $iilfe feiner au«gebebnten Äennt*
nijfe auf epigrap^ifd^em ©ebiet bie urfprünglicb« 8 Us
fammenfe|ung einer biefer älteften Sammlungen mit
großer 2Ba$rf$einli$teit erföliefjen: biefe hätte guerfl
bie SBatifanifcben, bann bie ftabtrömifdben unb an britter
Stelle bie ci«* unb tranäalpinifcben 3nf4»riften oorgefübrt.
SSon eben fo großer SBebeutung für bie gefammte <brifl=
lid>e@pigtapbif ifi weiterhin bie au« biefen Slntbologieen
erföloffene ©jiftenj einer alten ^nfdbriftenfammlung ber
Stabt SBienne in ©aEien unb toieHeid^t ©aUien« über=
baupt, fo wie einer folgen Spanien«, bie befiimmt oor
ba« 8te Sabr^unbert fällt. 3tud) ber epigraphifcfw SBejlanb
ber berühmten grie<bif<be«t Anthologia Palatina wirb nanu
baft gemalt unb enblidb »ereinjelte 3nfdbrtften in alten
$anbfd>riften jfeber Slrt an« Siebt gezogen, ohne 21nfpru<b
auf SSoEftänbigfeit, wa« übrigen« audj für bie Slntbo*
logieen au«brüdli<b bermerlt wirb 1 ).
9luf bie in ben SBerlen ber alt<brifllidjen unb früh¬
mittelalterlichen Sichter enthaltenen Snfdbriften, bie in
ber einleitenben Slbbanblung befproeben, fommt be fftoffl
nicht mehr jurüd. %ixx bie Sinter be« farolingifdben
3eitalter« macht er jeboeb eine 9lu«nabme, ba er an
ber $anb ber alten 3nf<briftenfammlungen in ben $anb=
fdbriften biefer Siebter ältere Snfchriften erfannte, bie
1) ®. 288-282. 290—98.
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8ut d;riflitzen Spigrapf)if. igg
noCh inebiert ober aber oon bett Herausgebern als
SBerle jener dichter angefehen worben waren 1 ).
PuS ber bisherigen ©arftellung iß erftChtliCh, baß
bie epigtaphifchen ©tubien im ganzen $rifHi$en abenb»
lanbe oom 6—9. 3®h*hunbert ftc^ einer 83lüteperiobe
erfreuten, Oon ber bie fatolingifChe 3eit nicht ben Höpepuntt
bezeichnet. Wie man bisher annahm, fonbern eher ben
9tiebergang bilbet. ©ie lieg ja bie alten ©ammlungen
in ihrer wahren ©eftalt zu ©runbe gehen, ba fxe flatt
ooßßänbige Kopieen zu liefern, nur SSrud&ftüde berfelben
in meißenS ungefcpidte Kompilationen aufnahm. 6S
fehlte ihr an eigentlich hißorifchem unb arChäologifchen
SSerßänbniS unb Qntereffe. Sßut baS PebürfniS SBerfe»
mußer zu beßfcen veranlagte manchen Siüeraten jener
3eit zu ben bereits oergilbten pergamenten zu greifen
unb aus bet reichen Anzahl oon 3nf<hriften jeber Srt,
einige metrifChen, bie ihnen eben geßelen herauszugreifen.
3a manchmal iß bie Peranlaffung, ber Wir bie (Erhaltung
fo wertvoller SDenlmäler ber erßen epigraphißhen !®hätig»
leit oerbanfen, eine noch oiel äußerlichere: eS galt einige
Süden auf ben Pergamentfolien auSjufüQen unb bafür
Waren ja bie meißenS furzen 3nf<htiften baS geeignet»
ße SKaterial. SBenn wir bieS offen anerfennen, fo
teilen Wir hoch nicht bie Unbanfbarfeit anberer gegen
eine 3«it, bie in mancher Hinficbt über ber unferen fleht,
befonberS was ßttliChe unb bilbenbe Kraft betrifft, bie
aber ben Sahrpunberten nicht oorgreifen fonnte. ®en
fChlichten 3Rön<hen ber fatolingifChen Klößer, bie bo<h
1) ©. 280 ff. @o noch Oon Summier in feinen Poetae la-
tini aevi Carolini, j. S. I, 345 too er bie 3nfd)rift oon S. Pietro
in vincoli als ein CBebicht SUcuinS gibt.
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200
immerhin irgenb ein gntereffe an ben ®enfmäletn bet
chriftlichen Sßergangenheit Ratten, fei ffir ben ®ienft,
ben fte bent ntobemen ©pigraphiler, unb wahrlich nicht
bem chriftlichen allein, wenn auch unbewufjt geleifiet,
beglichen 2)anf gefagt. Sie ^aben inSbefonbete bie
cprifiliche ©pigraphif mehr geförbert als bie ^jumaniften
beS XV. gahrhunberts, weMhe bie chriftlichen Sllter-
tiimer mit bewußtem unb barum um fo unnerjeihlicheren
Stolj »erachteten. — 2)er SRiebetgang nun, ben bie
latolingif$e 3eit aufgehalten, »oüjog fi<h »oHenbS im
10. gahrhunbert. SBährenb brei gahrhunberte lag baS
gelb ardhäologifdher unb epigraphifcher gorfdhung brach;
nicht nur bie SEBiffenfchaft ber ©pigraphil war abhanben
gefommen; man »erftanb nid&t einmal mehr bie einzelnen
gnf$riften ju lefen. ©efteht bo<h ein ißrofejfot bet
Siebte an ber Unitoerfität Bologna im gahre 1213;
»Olim bebaut sculpturae mirabiles i n m armor ibus electis-
simis cum litteris punctatis, quaa hodie pleuarie legere
vel intelligere non valemus«. SSon ben alten Sammlungen
wufste man nichts mehr; als Seleg baffir jieht be 9toffi
einen Stein heran, ber bie erften SSerfe einer gnfchrift
auS ber Sebaftianfatalombe wieberholt, bann aber plöblich
abbricht, ohne 3toeifel wo» nur ein gragment ber
Driginalinfchrift »or fich hatte- 2)ie »oltftänbige Ibfchrift
berfelben bewahrte jeboch mehr als eine römif<he$anbfchrift.
©ine fleigenbe Unwiffenheit in epigraphifchen Gingen
»erraten bie betannten Mirabilia Urbis auS bem 12.
unb 13. gahrh., bie ben ÜHonumenten, beten gnf$riften
noch »orhanben ftnb, falfche Flamen geben, bie gnfchtiften
wunberfam erllären, ja felbfi ganj anbere SBorte aus
ben Settern herauSlefen. ®ie alleinigen Ausnahmen
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3ur djriftlidjen Spigraplfit.
201
inmitten biefer allgemeinen Sgnoranj bilben bie fd&on
oben ermähnte, an« bem 11. 3<*&*&wtaert fiammenbe
SRailänbet Sammlung unb eine futje lateranenfif$e
au« bem 13. 3a^., bie ft<$ jebod^ in leinet Söeife
mit ben früheren Dergleichen läfet *). 6tfl feit bem Sin*
fang be« 14. 3a$tty. taffen ftd& toiebet einige fd^fl^tetne
Serfud^e epigtap$if$et Betrachtung toahtnehmen, bie be
Stoffi mit grojjer Sorgfalt jufammenfleHt (S. 308—316).
®a« inteteffantefle Beifpiel baoon ifl bie Beitreibung
be« infd^tiftlid^en gunbe« in £tjon im 3. 1308. $)er
etfle jebodh, bet jt<h beim 6rtoa<hen bet Stenaiffance
bet Sammlung altet unb mittelalterlicher 3wfdbtiften ju=
toanbte, ifl fein anbetet al« bet betfl^mte Bolf«ttibun,
Sola bi SRienji, beffen ungeflüme Betounberuitg bet alten
®röfee SRomS nicht ohne belebenben ©influfi auf bie @pi=
grapbil blieb. 5Dafj er „bie alte Marmorftatuen betoun*
bette, et allein bie 3nfd&riften lefen unb tintig intet*
pretieten tonnte", ba« toat butdh feinen Biographen au«
bem XIV. 3«^h- belannt; be SRofft fanb aber juerfl
feine epigraphif<heu «ufjeid^nungen in anonpmen $anb*
fünften toiebet. 2Ba« et nun früher in »etfdhiebenen
Schriften baoon nacheinanber mitgeteilt, ba« ftnben toit
hier jufammengefleHt unb »erooHflänbigt, bie »etfdhiebenen
SRejenftonen forgfältig nachgetoiefenunb enblidh bie dhtijllich*
en 3nf4?iften au« SHtettum unb Mittelalter totebetge*
1) 299—306. diner ©eföreibung ber tateranenfifdjen
©ofilifa angeljängt im cod. Sessorian. 290, bereit ©runbftocf auf
Joannes Diaconus at8 Serfajfer jurüdgeijt (©. 222). — hiermit
beginnt ber 2. Seit bc3 ttanbeS a saecnlo XIII ad totum XV.
Siefe Ginteitung fönnen mir, ba fie rein tyftorifä ijt, füglic| un*
beamtet taffen.
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202
Cfjrfcarb,
geben 1 2 ), ißetrarca bec äßater beb $umani*mu* ging
nicht fo »eit al* Sota; bocb oerf$mä$te er e* nidbt
SBerfe au* metrifdben 3nf<briften Hafftfc^er unb cbrißlt-
dber 3^it nadbjuabmen. 3« feinem £obe*jabr (1374)
obet batb nadlet madbte fein greunb, Sobanne* S)onbi
au*$atia eine Steife nadbStom; bie hierauf bezüglichen
Stufjeidbnungen mit loertoollen Stadbridbten über bie 2Ronu=
mente bet SBeltßabt, erbliefen biet juerß ba* Sicht"),
toäbtenb bie barin entbaltenen 3nfcbriften im Corpus
Inscript. Latin. VI 1. ©. XXVII ton $en}en bereit*
publiziert maren. Sn dbrißlicben ifi jebocb barin faß
gänzlicher SDtanget. ©ajfelbe gilt felbß ton Stilolau*
Signorili’* Sefdbreibungen ber Äird&en unb Steliquien
Stom* au* bem Snbe be* 3abrbunbert*. 3 ut feiben
3eit unter Sonifaj IX. foQ aHerbing* ein Sartbäufer
ÜRöndb Steginalbu* Sbeutonicu* bie dbrißlicben 3nf$riften
ber Tempel Slom* nadb einem fpäteren fpanifchen9taonb=
mu* gefammett haben. S3on biefer Sammlung bat ftcb
jebocb nidbt* gegeigt unb be Stofß fragt ßdb fogar, ob
ber Stame be* Steginalbu* nicht eine SJtpßißlation fei,
tta* mir aUerbing* nidbt ttabrfdbeinlicb iß. ©idbet iß,
baß man ßdb bamal* um «brißlicbe ^nfdbriften ttenig
lämmerte. SMe erßen $umanißen batten mit ber $erau*=
gäbe ber titterarifdben SDtonumente be* Altertum* toHauf
)u tbun; aber auch nadbbem Sticolau* Sticcolo, Sotucciu*
©alutatu*, Seonatbu* 9retinu*, befonber* aber ißoggi
auf bie ^nfdbriften aufmerlfam geworben, blieben bie
dbrißlidben febr im ^intergrunb. S)et letztgenannte
1) S. 316—29.
2) ©. 330-34.
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8ut djtiftlidjen 6ptgrapt)if. 203
»oibmete ft<$ ben eptgraphißben Stubien in befonbeter
Seife, als ec ben etfien Ouaternio einet epigrap^ifd^en
Sammlung in bet S$tteij fanb, in bet be Sofft eine
bem codex Einsiedlensis ähnliche Kompilation älteßet
Sammlungen erlennt. Satp ihm bieten ißettuS S)onatuS,
Sifdjof von Sßabua, fieonarbuS SanutuS u. a., befonbetS
aber ÜRapbaeuS SegiuS in feinem Serl über bie öati=
!anif<be Saftlila einige $rifHi$en Qnf^riften. Son
allen ©pigrap^iflen beS XV. SabrbunbertS ifi jebodb
leinet beräumtet als (SpriacuS IßijjicoHi non Sncona.
Sei biefem oetmeilt benn au<b be Sofft mit ßd&lbaret
SotUebe unb bietet uns auf 32 goliofeiten (S. 366—88)
ben etfien quellenmäßigen SebenSabriß biefeS berühmten
SltettumSforfcherS mit teilen neuen Suffd&lüffen übet
feine fämtlid&en Seifen unb feine oielfeitige ^hätigleit
fotoobl auf bem ©ebiete bet Sr$äoIogie unb ©pigrappil
als auf bem politifd&en unb litd^licben. Sen leibet
jum größten £eil oerlotenen, ganj auSeinanbetgetiffenen
Kommentaten, toorin GpriacuS feine ard&äologißhen
ßntbedungen aufgejei^net batte, ging be Sofft feit 1863
nach; ttofc angeßrengten Südens betennt et fte toebet
aufgefunben ju haben noch au<b in ihrer urfprünglidjen
©eftalt retonßruiereu ju lönnen. SDod) gibt et na<h
»oüßänbiger Sammlung bet jerftreuten Ueberreße beten
allgemeinen Inhalt an unb fteUt enblich feß, baS GpriacuS
itn@egenfa| }u feinen Seitgenoffen bie cptiftli<ben Snßbtiften
toenn audh nicht eigens fammelte, fo bodj au<h nicht
oon feinet Setrad&tung ptinjipieH auSföloß: lautet
Unterfudhungen, toobutih juglei<b bie in neueßet 3*ü
von SRommfen unb Kubitfchel toiebetholte Stellage gegen
ßptiac’S SutorÜät in epigraphißben Gingen als übet«
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204
®tjrf)arb,
trieben prüdgetoiefeit »erben'). Ob ©ptiacuS felbft
ein Corpus Inscriptionum, beffen SRaterialien in feinen
SReifelommentaren Vorlagen, au8arbettete, lüft ft<b ni<bt
mehr fefifteden; fidler traten e8 gelicianu8 to. SBetona,
QoanneS SRarcanotoa, SRicbael getrarinuS, ber 9lnonpmu8
5Rebianu8, Qototanu« SßontanuS, bie Gpriac’8 Kommen«
tare benähten, ohne fie jeboib irgenb»ie erfefcen p
fönnen. $ur fetben 3eit, in ber 2ten ^älfte be8 XV.
3a$rbunbert8 entftanben einige ©eparatfammlungen von
Snfdjriften JRom’8 unb SRaöenna’8, bie be SRofft bet
iReibe na<b befpri<bt; nach Unterfu<$utig berfelben jebocb
pm S<blufj tommt, bajj biefe für bie ftaffiföe Spigra«
Pbif fab* fru^tbare St^Stigfeit bie $riftli<be fo gut »ie
gar nid^t förberte. S)a8 Corpus Inscriptionum be8
3oanne8 3ucunbu8 von S3erona, ba8 neben <5priac’8
Kommentaren für bie epigtapbif<ben Sammlungen be8
XVI. Sabrb. mafjgebenb »urbe, be»egt ftcb in benfelben
©ahnen. Slu8 einer genauen Slnalpfe ber betriebenen
Stejenftonen biefer Sammlung »op be SRoffi perft ben
früher unbelannten 2lfbburnbamm’f<ben Kobef (je|t in
ber Laurenti&na p glorenj) b e *nnpg, gebt nämlich
hervor, bafe au<b 3ncunbu8 bie dbrifllidben 3nf<brtften
perfl au8f<blo& unb al8 er fpäter von feiner etfien
Strenge abgieng, immerbin nur febr »enige aufnabm,
bie pm größten Seil ©etru8 SabinuS entlehnt ftnb *).
fiefcterer bra<b ben ©ann, in bem aud& bie berühmte
römifcbe SWabemie, ©omponiu8 2aetu8 an ihrer ©pifce
1) Sgl. C. I. L. IX. X im Index Auctorum (SKotnmfcn);
Rubitjd»ef, Strd|. epigr. SDüttl/eitungen au9 Oeftemtdj-Ungam
VIII. 1884 ©. 102 f.
2) 6. 895-401.
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205
Sur <$rift(i<f}en Spigrap^it.
bi« auf ihn befangen mar unb bet in allen übrigen
epigrap$if$en $anbf$riften be« au«gehenben 15. unb
beginnenben 16. gahrhunbert«, öon benen be Stoff! noch
bie ältejten namhaft macht ’), feine $errfchaft behält.
Son aßen $umaniflen §u beten SUabemie er auch ge*
hörte, erflärte ißetruä ber erfle: „bie cfetijUicben 3 n =
fchriften feien ni$t ber ißeraihtung prei«§ugeben" unb
oeranftaltete eine Sammlung non 240 chrifUichen Qn*
fünften au« bem 4.—16. Sahrh-, bie er im Sabre 1494
ifarl VIII., bem Äönig non grantreich bei feiner Stnroefem
heit in SRom mibmete. ®e Stoff! fanb fte im g. 1853
in ber ßRarcuSbibliothef non SSenebig *) unb hat feitbem
burch öfteren (Gebrauch berfelben gezeigt, baff mir in
ihr eine« ber bebeutenbften SDofumente be« 3 u ftanbe«
ber alten SöafiÜfen Sftom« beftfcen, in bem fte ftch befanben
benot fte »om XVI. Sahrh. an erneuert, ihre« antilen
ßharafter« oielfa<h entfleibet, ja fogar jerftört mürben.
@« jntb un« baber eine Steife non gnfchriften befonber«
au« ben Heineren Äirchen 9tom« barin erhalten, bie
auf feinem anbeten SBege auf un« getommen ftnb.
fßetru« oerfchmähte nicht bie geringfie gnfchrift, bie ihm
unter bie Sugen fiel; leibet liefe er aber bie non ber
3eit hart mitgenommenen, jetfiüdelten unb ferner §u
entjiffernben aufeer 9<ht. 2lu<h behnte er feine Stubien
nicht über 9tom unb feine SSaftlifen faorile mura au«,
fomie auch in ben Tetustissimi Codices au« benen er
gefdjöpft haben miß, feine oon ben älteren 3nf$riften>
fammlungen }u erfennen ifL SDie« tann jebocfe ber
1) ®. 401-407.
2) 3 uer ft angetfinbigt in Dae monumenti inediti epettanti
a dae concilii Romani de’ secoli VIII ed IX. Rom. 1854.
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206
£ty$atb,
©ebeutung biefer Sammlung leinen wefentlicben Eintrag
tbun, beffen etße Doüflänbige ÄuSgabe ben Dotliegenben
©anb in bet toürbigflen ©Seife abfcbliefjt *).
3la<b ©orfübtung be$ Hauptinhaltes beSfelben, ben
mit im ©orauSgebenben mehr füjjiert als befprocben, wirb
ed laum notwenbig fein bie ©ebeutung beSfelben für bie
gefamte cbrifUicbe ©ptgrapbif Weitet ju betonen. ®ur<b
baS ©ingeben auf ben 3nbalt bet gebotenen 3nf<briften
felbft unb mit Hilfe bet mufterbaften SnbiceS *) lönnte
man bie biftarifebe unb tbeologifcbe ©ebeutung beS weiteten
erörtern unb feigen, wie lein einiges altcbrifllübeS 3Ronu=
ment ÄomS unb feinet Umgebung fowie Dieter anbeter
Stabte unberührt bleibt, Sßerfonen unb Sachen auS ben
entlegenen ©egenben unb bis tief inS SKittelalter hinein
beleuchtet, ißäpfte, Jtaifer unb Könige in buntefier 9leiben=
folge »otgefübrt, profan= unb lircbenbiftorifcbe, arcbäologU
fcbe unb tbeologifdje fragen bet Derfcbtebenfteu SCrt bebanbelt
Werben. 2)o<b biefe Ausführungen würben {ich Dom eigene
lieben ©orwurf beS ©anbeS allpmeit entfernen *); biefen
1) 6. ,407—457.
2) 6. 474—525. ttußer ben forgfältigen Indices epigra-
phici unb bem reichhaltigen Index reram notabilium bietet be
Stof ft noch eine tabula topographica , in meiner afle im ©anb
ermähnten Haffifchen unb cbrifHicben 3)enfmäler SRom$ aufgewühlt
»erben. — Huf 6 paläograj>hif<h*n Xafeln »erben fobann bie
ölteften epigraphifä«n ftanbfdjriften öeranfcpaulicht.
3) Sie fönnen übrigens mit oofler Sicherheit erft erfolgen,
toann un$ biefe 3nf<hriften in ihrer »ahren, früifch ermittelten
©eftalt unb mit ben nötigen Kommentaren, toomit be ffioffi hier
nur bie {fingeren unb aufjerrömifchen bebenft, oorliegen »erben.
ßSBir halten e$ bemnach für oerfrflht, fchon auf ©runb biefe#
©anbeS bie 3nfch*iften Storni „theologifdj, äfthetifch unb gefehlt*
lieh" $u »ürbigetu ©gl. ©rifar, $>ie chriftlichen Snfchriften Storni
(in Qtfchrift f. fath. Geolog. 1889 ©. 90-152).
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Bur (brifilidjen (Sptgrapljil.
207
bilben ni<bt bie 3nf<$riften, fonbern beten Quellen; unb
bie QueDenftilif fomof>l bet $ttfili$en als fetbfi bet
flafftf$en ©pigraptiif im grofjen unb gangen gum Stbfc&lujj
gebraut gu fcaben, baS ifi baS SSetbienfl, ba$ ft<$ be
Sloffi bur$ btefeS SBert gu feinen nieten anbeten erworben.
®ie eintägigen llntetfuc&ungen non £enfen, SJtommfen
unb ben anbetn Herausgebern beS Corpus Inscriptionum
latinarum Ratten manches iRefultat föon ergeben ober
norbereiiet *). 233o fte non be SHofft abtneic^en unb in
mannen unietgeotbneien fünften wirb man be Stoffi’S
Stapften mit ©runb nettaffen fönnen. ©eitere gorfc&ungen
unb nieDeib^t neue ©ntbedungen werben feine fRefuttate
unfragtid) nernoflfiänbigen, roa^rföetnlid) au<t) mobifigieren
befonbetS was 3a&l, Sitter unb ©eföaffen&eit bet ölteften
3nf<$riftenfammtungen antangt*). ©S fte$t aber !aum
gu ermatten, bafj fte je eine mefentti<$e Sötobifitation
erleiben werben.
28aS bie d&rifHid)e ©pigrap&if angelt, bet ja be
Stofft’S Slrbeit in erfiet ßinie gemibmet ifi, fo beruht
fte nunmehr auf einem unerföfitterli^en gunbamente,
1) SnSbefonbere ^at SJJommjen bereits im Baljre 1850 ben
(Bebanten auSgejprod)en, bei ©djreiber beS Cod. Einsidl. ^abe
ältere Vortagen benüfet (SibgSberidjte ber ®äd)|. (Bef. b. SBijf.
1850 ©. 288). Sin Sergleid) ber Indices auotorum in C. I. L.
UI. VI. 1. IX etc. geigt iebodj gut (Benüge, tote oiel aud) bie
tiaffifdje Spigrapbit ber neuejten Slrbeit beSRoffi’S oerbantt. 3b r
gelten faft alle SuSfübrungen über bie Qnfdjriftenjammlungen
beS XIV. u. XV. BabrbunbertS, eorab bie Unterfuebungen über
baS Corpus non Joannes Jucnndns unb bie Kommentare oon
SpriatuS.
2) Dies märe befonbetS ber gaH, menn eine oon ben alten
epigraobifötu $anbf<briften bie be SRoffi als oerloten bezeichnet
(©. 60. 175. 253) auf taueben mürbe.
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2C8
(Sbrlfarb, ßur <hrifttid)en (Sptgtap^if.
auf bet- ft<h baS majeftätifche ©ebäube beS Corpus
Insoriptionum bei «hrifUichen Fiom unb weiterhin ein
Corpus Inscriptionum orbis aatiqui Christian i toirb
aufbauen fönnen. Söge ei bem Altmeijler ber <hrift=
licken Archäologie belieben fein, fein römif<heS Corpus,
baS 6<hmerjen8linb feiner epigrap^ifd>en Xh«tigfeit unb
»ahrlich nicht ber geringfte Xitel feines unoergänglichen
SftuhmeS, in Bälbe p Dollen ben. ®iefen Sunf<h ^egett
aDe Verehrer beS djriftlichen Altertums; eS »erben ihn
aber alle biejenigen in befonbeter Seife teilen, benen
eS oergönnt »arb, „ben ©eiehrten erften SRangeS unb
jugleich biefeS feltene Beifpiel ber Bereinigung ber
eblen unb UebenS»firbigen ©igenfchaften beS Senfdjen
mit ben gtänjenben ©aben jenes 1 )" in 9tom lennen p
lernen, mit ihm in bie Jtatalomben hinunterpjleigen
unb feinen begeifierten Sorten taufchenb jene hehten ©eftaU
ten ber (brifilidjen Heroen geifHg p f(hauen, bie auf aDe
Seiten hin baS Qbeal beS 3Wenf<hen unb beS ©h^fan
bleiben »erben unb beren Erinnerung bie »eiheooHften
unter ben chrifUichen $nf<hriften ge»ibmet ftnb.
1) fftau«, lieber ©e griff, Umfang unb ®ef$id)te ber cbriftt.
Strcbäot. greiburg 1879 ©. 17.
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Google
2 .
Sie Xanten int JÖudje gftljer.
Sott Sßtof. Dr. £«|(4.
S9ei bet ©rllärung bet 3933. 3ubitb unb Sobtaö
haben p<h mir bie Xamen als ein mistiges SJHitel er«
triefen, ben ©inn, in meinem ber ober bie Serfaffer
ihre 39ü<bet wollten rerpanben toiffen, unb toeiter bie
Suffaffung berfelben bei ben dltePen, ben 33erfaffern
no<h seitlich nahePehenben ©rflärern, bie ihre ferner«
hingen nicht fetten in gorm toon Xanten unb ©eneato«
gien in bie Sejte eintrugen, ju ermitteln.
Sie 3983. SobiaS, 3ubüh unb ©Pher behanbeln
©in jufammenhängeube« prop$etif$e£ 2^ema, baS nfim«
Uc^e, toelcheS ©j. cc. 88. 39 befpri$t: bie XiUßehr
3fraelS §u feinem SRefpaS gegen baS ©nbe ber Seiten
unb ben barauf folgenben Singriff ©og’S b. f». be« lebten
fJeinbeS unb beffen rollen Untergang bei biefem Unter«
nehmen. Sie lönnen alfo wohl urfarilnglicb ©in 83u<h
getoefen fein, baS auf ben SRarbocbäuStag, ißurim, ror*
gelefe» mürbe. SUl nun infolge be« rieten @ebrau<he8
eine umfangreiche ©rllärung f«b b«au$gebilbet hatte,
Utel QuattalMrtft. 1890. $«f‘ II. 14
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210
@4ot}>
unb ben Sägern einttetleibt war, eine ©loffterung, bet
übet bie ^älfte be« bermaligen Sejte« biefer Suchet
angehört; unb al« fo biefe btei SS. jur Sorlefung an
©iuem Sage ju grofj geworben waten, nahm man ©ine«,
unb jwar ba«jenige, welche« bem hatten 6inn be« fpä*
teten Subentum« am meiften jufagte, ©jther, h«au«,
unb la« biefe« allein am Sefte. Unb man Eonnte ba«
mit einigem ©runbe, ba „©fther" ba« nämti$e Shema
Wie Subith, mit einet Eieinen HJiobififation, hehanbelt,
»gl. ©dholj, Äommentar ju Sobia« 6. 5. — „Sobia8",
beffen ©ebanEe in „©jther" al« beEannt üorau«gefe|t
witb, ifi bielleicht be«halb bei bem na<h<httfilichen Suben=
tum »etfchwunben, benn früher hatten fie e« nach bem
3eugniffe be« hl- fpieronpinu«: libram Tobiae Hebraei
de catalogo dirinarum scripturarnm secantes, his, qnae
Apocrypha memorant, manciparont — Weil e« bie
Setfiodtheit bet Suben bem mefjtanifchen Fteiche gegen:
übet fo beutlüh befchteibt, bah & eine fchatfe polemifche
SBaffe gegen fie gewefen Wüte. — Siefleicht auch blieb
e« fpäter weg, weil fein Sbetna im ^ohenliebe behan»
beit ift, wo bie ©uHamith bet ©ata, unb ©alomo bem
Sobia« be« Suche« entfpricht, iubem man eine mehr*
malige Sehanblung beffelben Shema’8 nicht beibehalten
woDte. SDiefer enge 3ufammenhang unfere« S. mit ben
SS. Sobia« unb Subith macht öon ootne herein wahr«
fcheinlich, bah auch bei ihm bezüglich bet Flamen ba«
gleiche Seth<ni« obwalten Werbe wie im „So6ia8" unb
in „Subith", bah alfo bet ©ebanEe be« Suche« öom erften
Setfaffet in ben Flamen niebetgelegt unb oon ben älteflen
Snterpreten mit bemfelben FKittel weitet etElfttt fein witb.
Ob biefe FBahrfcheintichEeit ftch bewfihte, Eann na:
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Sie Kamen im 8uc$t Cflfjer.
211
nur bie Unterfu^ung bed SSuched nach biefer
Stiftung ertoeifen, unb toir haben bemnach bie und er«
haltenen &eyte barilber ju befragen. Qn grage fommen
junächfi fed>« Sie jenfionen:
1) ®et maforethiföe £eyt.
2) ®ie SSuIgata. ®a biefe jeboch mit bem ma=
foretbifd^en ®eyte genau übereinjlimmt, »ie S. Hier.
Praef. in librum Esther felbft fagt: Yos aatem tenen-
tes Esther Hebraicnm librum per singula verba nostram
translationem aspicite, ut possitis cognoscere, me nihil
etiam augmentasse addendo, sed fideli testimonio sim¬
pliciter, sicut in Hebraeo habetur, historiam Hebraicam
latinae linguae tradidisse: fo finb beibe »efentlich old
6in ®eyt anjufehen, unb braucht im golgenben nur
erfterer berfidfichtigt ju »erben.
3) Vetus Latina, ed. Sabatier. ®em gelehrten
Herausgeber ftanben nur brci, in nicht gutem guftanbe
{ich befinbenbe ßobiced jur Verfügung, fo bafj ber ge-
botene ®eyt flarf mangelhaft ijt.
4) ®te gewöhnliche grie<hif<he tteberfefcung ber äl=
teren Sudgaben, bie jt<h jiemlich enge an ben mafore*
thifchen ®eyt anf<hlie|t. 2Bir nennen fxc mit ber Sud*
gäbe non Sagarbe Gr. B.
6) ®ie nach ben Hanbfchriften 19. 93*. 108 b oon
3ac. Uffer im Syntagma de Gr. LXX interpretum ver-
sione, Londini 1666, beröffentlichte, bann Bon grifcfche
jtoeimal h^taudgegebene unb bon Sagarbe im 1. Sbe
feiner LXX* Sudgabe aufgenommene, bon ihm Gr. A.
genannte. Sie repräfentiert toabtfü&einlich bie SJerjton
ber LXX, unb »eicht bon B, »ahrfcheinlich bem Xeyte
Sheobotion’d, bebeutenb ab.
14*
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212
6) Flavias Josephus, Arch. 11,6. ©a bie 9tu$gabe
oott SRiefe erfl bis §um 10. Suche borliegt, iß bie bon
Seiler (bei ©eubner erfd&ieneti) benu|t. Ob glabiuS
3ofephu8 eigene Arbeit bietet, ober ob bie in 9tom,
feinem Aufenthaltsorte, bei ben 3uben gebräuchlich*, alfo
ihm als 3uben tooblbelannte ©ejtform, ju ©runbe liegt,
iß jroar nicht boHlommen fidler, le|tere3 aber mit 3iüd=
ficht auf bie ©fite ber Ueberfefcung febr toahrfcheinlich.
Um einen AuSgangSpunlt für unfere Unterfuchung
ju gewinnen, iß eS nottoenbig, Älarheit barAber ju er*
langen, an melden Stellen bie ju unterfuchenben Flamen
bortommen, unb wie R<h bie eben genannten 3 eu 0 en
betreffs ihrer ju einanber bemalten, ^iebei lönnen bie
öfter borfommenben, ober in alten ©eften gleichmäßig
bertretenentarnen: ©ufan, Achafchberofch, Saßhi, @ßh«,
SRorbechai übergangen toerben.
©er toichtigße -Käme im Suche iß ber beS SofeS
unb be$ geßeS Pur, Purim. — @8 lommt bor:
1. 3m ^ebräifchen: 3, 7. 9, 24 (Pur). 9, 26. 28.
29. 30. 31 (Purim).
2. Vulgata: 3, 7. 9, 26 (sors). 9, 24 (phur). 26.
28. 31 (bis) phurim, dies sortium.
3. Gr. A: 3,12: xkrjgot. 9, 26 tpovqdaia.
4. Gr. B: 3,7 ipij<puJfia. 9, 24 tprypufta xai xiSjQov.
9,26. 28. 29: (pqovQau ©a$ SBort mirb nicht belliniert:
enwxohrj tüt> epQovQtu.
5. V.L. h«t nur 3, 7: sors; fonft lommt baS SBort
bei ihr nicht bor.
6. glaoiuS 3afephu0 hat nur 9, 26: yttigag q>Qov-
galovg.
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Sit Kamen im S9u$e Sfifjet. 213
Sie -Kamen bet ©unudjen, bet Seifen, beS
SeibeS unb bet 6B$ne ^aman’*.
1,10. Flamen bet fieben @nnu$en:
int 6. 5. nqj? 4. Kjlrnrj 3. «pp 2. pint? 1.
D3*pl 7.
V. L.: 1. Maosma; 2. Narbona; 3. Nabatha;
4. Zathi; 5. Achedes; 6. Thares; 7. Tarecta.
Gr. A.: nälSeg, ohne Kamen.
Gr. B.: 1. afxav ; 2. /ua£av (ßa£ea, ßa£av) ; 3. fhxQ-
qci (oaQeßaa) • 4. ßtoQaty (tyßa&afra); 6 . fc&ol&a; 6 .
aßcna£a; 7. &ccQaßa.
FL Jos. in v. 12: evvwxoi, ohne Kamen.
1, 14. Sie Kamen bet fieben Seifen:
;*Wf0 4. ; KQPl» 3. ; nn# 2. jtejgh? 1.
PUM} 6. ;d*j9 5.
Y. L.: 1. Mardochaeus; 2. Soratha; 3. Eas; 4.
Papateleus; 5. Meleseath; 6 . Machaeus.
Gr. A.: Jeine Kamen.
Gr. B.: 1. aQxeoaiog; 2. aaqaafhxiog; 3. fiaXrjosaq
Fl. Jos. ol kntä ttüv IUqow, ohne Kamen.
1, 16. 21: Karne eines @unu$en:
PW?.
V. L.: Mardochaeus.
Gr. A.: Bovyaiog; v. 21 —
Gr. B.: o Mov%aiog.
FL Jos.: Mov%aiog ; v. 21 —
2, 3. 8. 16. Karne beS @unu$en:
W V0
V. L.: Oggeus; v. 15 —
Gr. A.: v. 3: ywyatog; v. 8 : ßovyaiog; v. 15 —
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214
Gr. B.: y. 3 —; v. 8: yai (bis); v. 16 —
Fl. Jos.: leine kanten.
2, 14 9tame beS ©unud&en:
X»tW
V. L.: spado — leinen 9lamen.
Gr. A. —
Gr. B.: yau
Fl. Jos. —
2,21. 6,2. SRamen bet jtoei ©unucben:
#101 Mir??
V. L.: Partageas et Thedestes (Hastageas et The-
desteus).
Gr. A. —
Gr. B. —
Fl. Jos.: Baya&ioog xat Beodemrjt;.
2,22 bat Fl. Jos. allein ben Flamen eines ©Haben:
BaqvaßaCos-
3,1 u. ö. SJlarne ^antanS:
H.:
Y. L.: Aman.
Gr. A.: A^iay Atiada&ov Bovycuog.
Gr. B ebenfo, mit bet lectio varia: va/utäa&ov unb
9,46 a(nx-da9ov S., tnobei für jtnei 8u<bflaben, etwa:
va, leeret älaum in ber 2Jlitte be$ SBorteS ifi.
Fl. Jos.: Aftanjg A(iada9ov viog 'Aficdmdtrje.
4,5.9. 9lame eines ©unudben:
m
V. L.: —
Gr. A.: -
Gr. B.: tv. 5. 8.10: ay^a9aiog {a%9(>a9aiog)
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t»ie Kamen im ®ud(Eftljtr.
215
Fl. Jos. v. 5 axßttfaos; y. 9 —
6.10.14, 6,13: S)aS 355ci6 ftamani:
H.: l£hj
V. L.: Zosarra.
Gr. A.: Zuaaqa (fefclt in 1 Cod.) 6,13 —
Gr. B.: ZtaoaQa ( auxjaqa).
Fl. Jos. Zaga^a; 6, IS —
6.14. Slante eine« (Eunuchen:
Fl. Job. allein: 2aßovya&ag; ebenfo 7, 9.
7,9. SJtame eine« 6nnu$en:
H.: «Jlano
V. L.: Buzathas.
Gr. A.: ’Aya&as.
Gr. B.: Bovyad-av.
Fl. Jos.: ZaßovyaSag.
9, 7 ff. Sie Flamen ber ®ö$ne ^aman«:
;«?^6. ; «nnlB 4. ;«ofp# 3. ;PD^|2. ;«o?J^n©l.
;«0J110. 9. ; VJfcf 8. ;«ppsne 7. ;«0}nt$ 6.
V. L. —
Gr. A.: 1. OaQOccv; 2. adekpov avtov (Jelfpwv);
3. 0ct^va(aq>aqvaQ); 4. rccycupaQda&a; 5. Maqfxaöcu-
(Aa(v); 6. l£a&ov&.
Gr. B.: 1. Oagoccveoiav; 2. Jihpm; 3. Oaaa
(qxxoya <paya); 4. QaQaöa&a; 5. Bctqea (ßccQda&a y ßaoa,
(paQaaxhx); 6. 2aqßa%a; 7. MaQftaoifta; 8. Powpcuog
(Qovgxxvog); 9. Aqoaiog ; 10. Zaßovdcuog (£aßovya9av,
i^aßovde&av).
Fl. Jos.: —
3« bem £raume be$ 2Rarbo<$äu$ lommt 1, 9 beiA t>or:
AOTaqg unb Qeöevrqg;
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216
6<$olj,
bafüt bei B: raßa&a unb QaQQCt;
bei FL Jos.: Bayafhoog unb Qeodemjs.
Pur, Phur, Purim, Pburim.
®a8 8etjei#ui8 bet ©teilen, an benen ba8 ffiort,
im Siug. ober im Plural, oortommt, le$rt, bag el äuget
bet ©teile 3, 7 nut in bet emoioJj} %ün> <pqovq<u
b. L in bem ©riefe be8 3Äarbo$äu8, unb in bem »ei»
teren biefe8 unb bet Sjlget, in benen »Purimc ange*
orbnet wirb, 9,24—32, jle$t. Um junä<bfl non erfterer
©teile ju teben, fo fallen mehrere 6igentümli$!eiten
betfelben auf. ©ie fe^lt bei glauiu« 3ofep§u8, fle$t
in A an anbetet ©teile, unb ifl von ben 3 eu fl en i«nt s
lidj oetf(Rieben überliefert: btei Momente, bie fte !tttif<§
oerbädjtig madjen. 3ofe^u8 $at, toenn au<$ $ie unb
ba in freier SBiebergabe, ben £e?t be8 ©u<$e8 getreu
überliefert, unb e8 ifl unbenlbat, bag et biefen feinet
©eftnuung fo gan) jufagenben ©ebanfen au8gelaffen
fcabe. @8 fann fo al8 fidler angenommen werben, bag
bie oon i&m benufcten @?emplate ben 3Set8 nid&t Ratten.
S)a er bi8 in bie jtoeite ^älfte bet fewiger 3a$re n. 6$.
inSerufalem unb bann bi8 ju feinem£eben8enbe 92 n. &$.,
mit einet Unterbietung oon etwa Sinem 3a$te, inSftom
lebte unb al8 eifriger 3ube in 3tom fc^rieb, fo $aben
wir in feinem SJejte am toa^rfteinlitflen bie in Sftorn
bei ben 3uben gebrauste SRejenfton ju etlennen, bie
oon bet tym oon 3erufalem $er belannten md?t t»efent=
lit oerföieben getoefen fein lann, ba et oon einet $3er=
ftieben&elt bet UebetUefetung nicfot3 fagt. — A $at ben
©ebanlen in anbetem 3ufammen^ange al8 t. 12. 3m
3ufammen$ange mit bem Umfianbe, bag bie Raffung
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Sie SRamen im »wbt (Bfaer.
217
beSfelben er^eblidg berfd&ieben iß, muß barauS gefcbloffen
(oetben, baß bet 83erS aus einer urfpriinglüben 9tanb=
benterfuug entßanben, ton SSerßbiebenen berf«hieben aus*
gearbeitet, unb ba er leine beftimmte Stelle im SJeyte
einnabm, an betriebener Stelle eingefaßt mürbe.
©et £ebräif<be ©ejt lieft: „3m erfien SWonate,
b. L ber SDtonat -Rifan, im jroölften Qa^re beS Sfobaßb 5
betoßb warf man baS Pur, b. i. baS £oS, bor $aman
non ©ag §u ©ag unb non Sftonat ju HJtonai bis jum
jtoölften SWonat, b. i. ber SJtonat Slbar“.
Gr. B.: xal enoirfle» xfrr^iajia ev stet diodexcttqt
trjg ßceai^sias'Aqva^iq^ov, xal ißaXev xXr^Qovg ) j/iigax
iS y/ufyag xal fojra ix firpöe, wate anoleoai er fuqi
rjnkfxf to yivog MaQdo%aiov. Kal snsaev 6 xXfjQoe
sie *rv teaaaqeaxaidsMxtrjx tov fojvos OS iativ 'Adaq.
B b«t alfo bie Angabe bom SoStoerfen hoppelt,
gibt ben 3 roe <f beSfelben mit + wate xth an, unb nennt
ben SWonatStag, an bem bie ßrmorbung bor ß<b geben
foß, toäbrenb er bie Angabe beS H., toann baS 8oS
geworfen ttrntbe, ni<bt bietet SJtit B ftimmt imroefent*
lieben V. L. , bie febo<b mit H. b°t + Mense autem
primo + Neomeniae. £e|ieteS iß richtige ©rflärung,
benn eS iß gemeint, baß baS SoS genau im Anfänge
beS SabreS, alfo am SReumonb beS Stifan, bgl. „Sbat»
SRifan" in A, geworfen tourbe. SBeiter nennt ße ßatt
beS breijebnten — ben bierjebnten Slbar als ©ag beS
SWorbenS, toaS jebod? mit 9tü<!ß<bt auf 9,18, h>ona<b
an ben beiben ©«gen gemorbet tourbe, leinen ttuterßbieb
ergibt
Gr. A bietet als v. 12: xal inoQevdt] 'Af*ax rrpc's
tovg &tovg avtov iniyxwmi rjfisQav üomäxov avrwr •
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218
€<$ 0 ( 3 ,
ml ßälAei xhjQOvg dg %rp> tQismidexdrtjv tov fojvog
'Adaq Ntaav q>ovsvetv navcag tovg ’lovdaiovg äno aQ-
aevixov Sag dijlvxov ml oQno^eiv za vrjnia. Men
Seiten gemeinfdjaftlicb tjl bemnad) nur bie Slngabe, ba|
#atnan ba« So« warf, wa« au« 9, 24 flammt. Sie
Seitangaben unb bet S>»ed be« 2o«»erfen« ifi nach
9,1 u. 5. gebitbet.
31 fo 3, 7 (12) in jidj frttifdh oerbftdhtig, fo wirb
biefet ©erbaut fe$r oerflfirtt burcb bie wetteren Stellen,
in benen ba« SBort ©ur, ©urim oorlommt, unb jur
tooHen ©idjerheit bur<b beu ÜRadjWei«, bafj bet 3tame
gtie<bif<ben Urftmtng« fei, unb fo unmöglich bie wid^tigfle
^Benennung in einem bebräiföen ©udhe fein lann. —
Ser 9tame $ur, Sßurim fommt nur nodj in bem 2lbf<bnitte
9, 24—32 oor. ©er ©affu« 9 , 20—32 unterfdheibet
ft<h aber nadj jiemlidj allgemeiner Snjtd^t ber ©rlläret,
Ogi. ©ertheau, @inl. j. ©ritt. b. ©. Gflber, 6. 277, felbft
fpradjlicb oon bem übrigen ©u<be fo beutti<b, ba| et
nicht wo$l benfelbeu ©erfajfer haben lann. ©em Snbalte
nach geben bie ©erfe jwei ©riefe, einen be« 3Jlatbo<häu«
nnb einen be« SDtarbocbäu« unb ber ©über, welche ft<h
mit ber ©infflhrang be« gefte« unter bem tarnen ©urtrn
befdbüftigen, fo bafj alfo ba« §eft f$on oorber beftanben
haben lann, unb nur einen anbeten tarnen erhielt.
Ueberwiegenbe ©rünbe fpredjen fo bafür, bafj ba«
urfprünglidhe @ftherbu<h ba« ©fort ©urim nicht nannte.
Um welche Seit wirb ba«3Bort aufgelom*
men fein, unb wa« mag e« bebeuten?
3m 2. 2Ra!f.=S8u<be 15, 36 wirb berichtet, ber 91U
lanortag foQe gefeiert werben: „am breijeljnten be«
jwölften SWonate«, ber in ferifchet Sprache Stbar heilt/
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Sit Kamen im Bucht (Eftljtr.
219
nqo fuäe ycepag tijs Maydoxaurijs W&Qag. u Sluf ben
bteijehnten Bbar, beit bamaligen Bilanottag, fällt „Saften
©Pher", unb auf beu bamaligen 3Matbo<hfiuStag— ißurim.
Sa bte Benennungen „Bilanottag" unb „2Watbo<häuSs
tag" »etfd&munben pnb, unb ba pdf bie 3bee biefet
§ePe mit bet Don „gaPen ©Phet" unb „Burim“, (nie
mit fe^en merben, be<ft, fo iP bet Schlup beteiligt,
bap biefe geiettage im ßaufe bet 3“* ih*< Flamen ge-
mechfelt haben, bap alfo bet Bilanortag $u fJaPen ©Pher,
unb bet BtarbochäuStag ju ^ßutim mürbe. Sefctere 2tn=
nähme emppehlt p<h um fo mehr, als man baS Bur im=
feP heute no<$ ebenfo gut „3Jlarbo<häuSfeP" nennen lönnte.
Set Betfaffet beS jmeiten 33. bet SBaffabfier nennt
bemnach baS — BlatbochäuStag. SaS fefct
ootauS, bap ba« ju feiner 3 e »t ber gewöhnliche Barne
beS gePeS gemefen fei, bap alfo bamalS bet Barne ißutim
noch nicht, °bet menigPenS nicht oorhettf^enb ober all«
gemein, R<h eingebürgert hatte.
Sie BbfaffungSjeit beS jmeiten SWaHabäerbudheS
iP aSetbingS bis fe|t nicht mit einiget Sicherheit bes
Pimmt motben. Sa aber baS Buch eine ©pttome aus
einem gtöperen SBerfe eines fonP unbelannten Qafon
von ßptene fein miQ, bet einige 3^it nadh bem Siege
übet Btfanot, 165 t>. ©ht., getrieben hat, ba et biefe
©teignifte bepanbelt; unb ba bann toieber eine 3eit toet=
ging, bis bet ©pitomator feine Arbeit unternahm, fo
metben mit für bie BbfaPungSjeit beffelben faum übet
baS 3aht 100 ». ©h- hinaufgehen bütfen. Sa eine 3 e Ü
ton mehreren ©enerationen notmenbig erf«heint, bis bet
gtope Sieg übet Bifanot, mohl in bet Bot fpäterer
Seiten, in feinet gerichtlichen ffiertfchähung in bem
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220
(Stabe jurüdtrat, ba| et mit bem tarnen „Mafien 6ftbet"
alä Sorbereitung jum „2Rarbo<bäuStage", bet felbet
f$on eine SSerwertung be$ urfprfinglidben -JlilanortageS
im eSdbatologifdben obet mefjtanifdben Sinne ift, bejeidjjs
net würbe; ba ferner bet ERifanortag nadb bem SRats
bodbäuStage als bem belannteten beftimmt wirb, was
eine getaume Seit beS SBeftanbeS biefeS gefieS oorauS»
fe|t: fo ift ba$ 2. HRa!f.=33udb wabtf<beinli<b jiemlidb
lange na$ bem 3a^te 100 o. &). gefdbrieben.
®aS JRefultat ift bemna$: S3iö einige S c ü na<b
bem Sabre 100 o. ©b- ift bet -Rame ißutirn nidbt all*
gemein angenommen gewefen: ein weiterer Seleg, bafj
baS SBott urfprünglidb nicht in bem SBudbe oertreten toat.
©ine weitete Sfogabe, bie bienlicb fdbeint, baS ®atum
bet ©nfübrung beS ERamenS ißut, Sßurim ju beftimmen,
bietet bie Unterfdbrift in B, bie aud& in 1 Cod. oon A
übergangen ift: etovg zezdfrtov ßaadavovzog Ihole-
ftalov xal KXeonäzqag elorjveyxev Joal&sog, og eg>tj elvai
ieQSvg xal Aevlzrjg xal Ilzoiefidiog 6 viog avzov zrp>
nQOxtinbrrp iniazoXrjv zwv Qqovqc ti — S. bat bie in=
tereffante SeSart cpqovQifi — ijv eq>aaav ebat, xal rjq-
(ievevxivai Auolpaxov Ilzolefxalov zov ix 'ItQovadfojfu
3Rag audb bie ©efdbicbtlidbleit betSRotij berechtigten
Siebenten unterliegen, unb bie Slnnabme jtdb empfehlen,
— fdbon weil baS SBott q>QovQai griedbifdb unb fo wahr«
fdbeinlidber in Stegppten als in ißaläftina entftanben ift,
— fte fei ebenfo wie ber SlrifteaSbrief fingiert, fo ift bo$
fooiel mit Sid&erbeit anjunebmen, baff fte ben gwedl
oerfolgt, bem wa$ „bet Srief bet $urim" anotbnet, in
Slegppten ©ingang ju oetfdbaffen. SEBenn baS SBBort,
weil griedbifdb, in 8egppten juerfi auflam, fo bat bie
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J>ie Kanten im ©iuge liftgtr.
221
©ngabe ba« 3* e ^ mit einet non 3erufalem unb non
©riefletn abgeleiteten ©uiorität ben SBiberftanb, bet non
mancgen Seiten bet Steuerung eutgegengefegt tnutbe,
ju überwinben, unb tnitb fo nwgt lange natg „bem ©riefe"
entftanben fein. Die ©ugtigleit bet Angabe, bag im
oierien 3a^te bet .©egierung be« ©tolemäu« unb bet
Äleopatra biefet ©rief na<g ©egppten lam, unb bie 3tn=
nagme, ba§ etwa« na<g biefet 3*ü unfete ©emethtng
entftanb, iftum fo weniger in ©nfpru# ju nehmen, al« eine
gänjlüg erbidgtete Angabe bie 3 e ^ bet Cinfügrung be«
©amen« ©urim in ©egppten im 3nter«ffc bet 3iW°n
wogl bebeutenb ginaufgerüdt gaben würbe.
SBelcge« ift ba« eros terccfnov ßaadevorrog ütolsfuxlov
xal KXeonätQasi
Clinton, fasfci hellenici p. 379—400, nennt non
©tolemäu« Sagi, Soter I., 312 o. (St)., an, bt2 jum
Dobe bet Jtleopatra unb bem Anfänge bet rbmifcgen
#etrfdgaft, 30 n. Cg., 10 ^Regierungen, ©on ben etften
niet Königen gatte leinet eine Semaglin mit bem ©amen
Äleopatta. Die etfle ägpptifdge Äönigin biefe« ©amen«
ift bie SemagUn be« ©tolemäu« V, Cpipgane«, reg. 205—
181 n. Cg., bie Doptet be« ©ntiotgu« be« Stögen.
©a<g S. ßieronpmu« }U Daniel c. XI erfolgte bie ©et«
lobung im fiebenten 3agre feinet ©egierung, nicgt feine«
fieben«, ngl. Clinton 1. c. S. 385, unb würbe bie
Cge im breigegnten 3<*gw frfner §errf<gaft geggtoffen,
alfo im 3<*gw 188 n. Cg. Seine Docgter Äleopatta
geiratete na<g einanber igte ©rüber ©tolemäu« ©gilometor
unb ©gp«Ion. — Äleopatta, bie Dotgter be« ©gilometor,
geiratete igten ©tubet ©tolemäu« Cuetgete« II. — ob
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222
@4o(},
nimiara cradelitatem fo genannt, ©iefer tourbe in feinem
16. SRegierungäjabre non bem über feine ©raufamleit
erbitterten Solle bertrieben unb floh na<b Supern. ©ie
Regierung erhielt feine bon ihm berfiofjene ©emablin
unb ©cbtoefier Äleopatra, bie mit ihrem ©ohne Ißtole*
mäu« ©oter II, Satburu«, Satbpro«, gemeinf<baftli<b
regierte, bis fie i$n nach je^njä^riger gemeinf<baftli$er
Regierung toegen feiner ©raufamleit nadj) ©ppern Der«
trieb, unb feinen Jüngeren Sruber, Stlejanber, als 3Jlit=
regenten annabm, oon bem fie na$ jtoei fahren ermorbet
tourbe. Sb* £ob füllt in ba« S a b* 89 b. ®b. 5Ra<b
neunjebntägiger $errf<baft Sllefanber«, be« ©ohne« be«
3llepnber, erhielt Stolemäu« ©oter II toieber bie $ert=
fdjaft unb behauptete fie bi« ju feinem ©obe, 81 b. 6b-
Sßtolemäu« Slulete« 6 emxfoj&els veog Jihvvoos, ein
unehli^er ©ohn be« ißtolemfiu« ©oter II, regierte 29
Sabre, bi« 52 b. ®h- — ©ein« Softer ifi bie belannte
Äleopatra, fj xal T<wq>aivt] (ißorpbbr.), bie legte be«
©cf<ble<bt« ber Sagiben, ©ie regierte 22 Sabre, ißt.
Slulete« btoterliefj hier Äinber, jtoei ^tolemäu«, unb
jtoei 2ö<hter, Äleopatra unb Serenile. ©ie #errf<baft
erhielten na<b feiner Slnotbnung feine jtoei älteren Äinber,
tßtolemäu« unb Äleopatra. Sh te gemeinf^aftli^e 9tegier=
ung beginnt mit bem 4. September 62 b. 6h-/ unb
ba« bierteSflh* — Äalenberjabr, na<h benen geregnet
tourbe — läuft bom 4. September 49 bi« 3. September
48 b. ®h. Porphjrius: wv ovftßaotfovovcw tetQaettjs
duyiveto %qwos- S« feinem oierten 3<*b*e, al« er im
^Begriffe fianb, bie SWeinberrfdjaft an fi<h ju reifen, fiel
er in ber ©eef<bla<bt gegen 6äfar, unb fein jüngerer
Sruber tourbe na<b Snotbnung 6äfar’« SRitregent. $Ra<b
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Sie Kamen im Ou<$e (Eftljer.
223
vier fahren gemeinfdbaftlidber Stegterung würbe er non
feiner ©dbwefiet ermorbet. — S3gl. ißorpbpriu* bei @ufe=
bin*, ©btontf. L p. 161 168, ed. Schoene; Suftinu*
39, 3. ©trabo. XYII. — ©er bö$fie ©ermin bet 6in=
ffibrung be* SRameit* <pQovQeu in Kegppten Könnte bem=
na<b in bie Sftegieruugäjeit be* Sßtolemäu* ©pipbane* unb
bet Äteopaira ber ©ödster be* Intiocbu* be* ©rofjen fallen,
in ba* 3abr 1^4 ». ©b. ©iefer Stanabme fiebt entgegen,
baff ba* äufjerft um ba* Saht 100 o. ©br. »erfaßte jweite
SKaKKabäerbucb ben SRamen ißurim no<b nic^t Kennt, fonbern
ba* gejt ff 2Ratbo<bäu*tag" nennt, fo bafj e* nidjt über 80
3abre toorber unter biefem tarnen in Segppten eingefiibrt
worben fein Kann. 3te<b mehr ifibiefe Stnnabme bur<b ben
3nbalt be* ®u<be* felbft auögefdbtoffen, ba* Wie bie 39®.
©obia* unb Qubitb bie SßaKKabüifcben ÄSmpfe, namentlich
ben©ieg Aber StiKauor, jur SSorauafefcung bat, inbem e*
biefen im e*<batologif<ben ©inne verwertet Stuf jeben
galt ift nach ber in grage jtebenben Angabe bieSntftebung
be* ^urimfefle* unb bie ®inffibrungbe*felbenunter biefem
■Kamen unter Xerfeö, faft 300 3abre früher, ober einem
anberen $etferKönige au*gefcbtojfen, benn SDtetbodbäu*
unb ©flber orbnen felbft nach 9,20.29 ff. ba* geft at*
Sßurimfeft im gan}en Steife be* Slcbafdboerofcb, ba* von Sn*
bien bi* Sletbiopien reifte, alfo auib Slegppten umfaßte, an.
©er 2lu*btu<K ßaoiXavonos Jltohftctiov xai KXeonöiqos
fdbeint weiter nicht ein gewöhnliche* eheliche* SSerbdltni* im
#uge ju haben, ba biefe Angabe auf alle Jtönige von @pi*
Pbane* an paffen unb alfo §u unbeutlicb fein würbe, fonbern
von einer SRitregentfcbaft ju fprecben. äRitregentf$aften
eine* ^tolemäu* unb einer Cleopatra Kommen nach bem
©efagten in ber ©efcbicbte ber Sßtolemäer brei vor:
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224
@4otj.
1. bie beS ^tolemäuS ©oter II. mit feinet SRuttet
Äleobatra. 3h« gemeinfdhaftlidhe ^Regierung umfagt ben
3eitraum oon 117/116—107/106 b. 6h- 3h* bierteS
3agt iji 113/112 b. <Sf). —
2. bie ERitregentfdhaft bet Äleobatra, bet £o<hter
beS SfoleteS, mit intern älteren SBtubet IßtolemäuS XIV.
3h* bierteS gemeinfdhaftlidheS fRegierungSjahr ift baS 3«h r
49/48 b. 6h- —
3. bieSRitregentfdhaft betfelben Äleobatra mit intern
jüngeren SBruber, polemäuS XV., bie non 48—44 b.
<Sf). bauerte.
2Rit SWdffidht barauf, bag baS 2. 8ud& bet SRafl.
ben tarnen ißurim no<h nidht fennt, unb meitet barauf,
bag bet SRame „©oter" IL unb bei Äleobatra bet 8eifa|
„feine SRuttet" ober „Tochter beS ^Uometor" nidht fehlen
bütften — tonn bie erfte3Ritregentf<baft nidht gemeint fein.
@4 fällt auf, baff bet an unfetet ©teile genannte
$totemäu4, unb ebenfo biefe Äleobatra (ein untetfcheiben*
beS ©pitheton haben, tnie bo<h alle Sagiben bon bem
@tfien an, ba fie ben fRamen $tolemäuS toie einen ga=
mitiennamen alle ohne Ausnahme fügten, fo bag bet
IBeiname allein bie einjelnen Äönige bon einanbet unter*
fdgeibet unb ebenbeShalb nidht toegbleiben (ann. ffibenfo
mug too^l biefe Äleobatra, ba fie nicht nft^et bejeidgnet
iji, eine fo befannte ^etfönliibleit fein, bag fie audg
o^ne nähere $ejtimmung bur<h ihren ÜRamen allgemein
gelannt ifl. $aS trifft ein)ig bei bem fRamen bet belannten
Äleobatra bis b*ute ju. SWid^t minbet entfprid^t bet
SRangel eines Beinamens ihren beiben SRitregenten, bie
(einen folgen führen, toahtfdheinlidh toeil fie gegen ihre
©«btoefter an gefdhidhtlidhet SBichtig&it jurücftreten.
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Sic Kamen im SBudje gfilicr.
226
3>ie ©infütyrung bet Benennung <pqovqcu für ben
3Jlarbo<tyäuStag in Stegtypten fällt fo in baS gatyr 48 ober
44 t». ®ty.
9BaS bebeutet baS SBort Purim, <pQovQai;
Ueber bie Sebeutung beS SBorteS Witt, wie eS
f<tyeint, B. 9, 61 Setetyrung geben. ®ie ©teile lautet:
did tovto inexhföijaccv cd TjfiiQai avrai (Dqovqcu, dia
tovs xlqQWS, Ott tfj diaXixzq) aitüv xaXovyiai (Dqov¬
qcu, dia tovg lioyovg tijs imotolrg tavtrß, xai ooa
nenov&aoi did tavta xai ooa avtols syevsto. @S
fdtyeint unbegreiflich, wie bet SSerfaffer fagen fann, cpQovQai
bebeute in bet ©pta^e berauben — benn t>on biefen
ift bie Siebe — baS ÜJtämlidtye, wie xlfjQoi im ©riectyifdtyen,
ba itytn bo<ty als ^eüeniflen bie Sebeutung beS SBorteS
ftchcr belannt war. ©practye im gewötynlutyen ©inne
beS SBotteS fann fo dtaiextos hier unmöglich bebeuten,
eS muff otelmetyr bem SBorte eine befonbere Sebeutung
jufommen. SuSfunft gibt gef. 19,18: In illa die erunt
quinque civitates in terra Aegypti loquentes lingua
Canaan et jurantes per Dominum exercituum — nefog
aoedsx pnsn xbjihjoBtca r\ fda nöXis (LXX). ®er mafo=
rettyifdtye 5Cejrt lieft bafür „©tabt Dian", baS nur „Stabt
beS ttUeberreifjeuS" bebeuten fann. ©egen bie Urfprüng=
liefert beS üepteS bet LXX wutbe etngewenbet: „5)et
griectyif(tyen SeSart ftetyt baS Siebenten entgegen, warum
benn getabe nur ©ine ©tabt ben Stamen beS „meffianifctyen
heiles " tragen fott, ben Slamen, bet als folget bet
ganjen ißetiobe eignet" (Änabenbauer ju gef. 1. c.).—
S)ie fünf ©täbte — bie günfjatyl ift tyier felbfttoerftänblicty
ftymbolifh — fotten als wefentlidj gleich, mefftanifdty,
Xtytol. Duartalj^rift. 1890. $«ft II. 15
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226
©<$oIj,
bargeftettt »erben, unb fommen nur nach biefer ©genfchaft
in ®etracf)t. SGBenn man aber fünf unter ftd& gleiche
©egenftänbe tior fi$ hat, unb man fagt non ©nem
baoon: ba£ iftj. S. ein Stpfel, fo fc^eint e£ nicht geboten,
beijufügen, bafj auch bie toter anberen Slepfel feien.
habe an bie ©inwenbung bamalö, ®ie 2Ue;anbrinif<$e
Ueberfegung be£ 39.3efaia£ S. 10, »obl gebaut, nahm
aber SSfoftanb, ba£ fleine Stätfel einem getüä^lten ißu=
blilum ju etflären. — £)ie brei Sägd) en: loquentes
lingua Canaan, jurantes per Dominum exercituum, unb
rtöiis aaedsx civitas justitiae finfc unter jt<h fbuongm:
ba£ legte gibt bie au£ ben erfteren ftd> ergebenbe
©genfd&aft, »a£ tooHlommen ftd^er be»ei(i, bafj nid)t non
einer „Stabt be£ SUeberreifjen«“ ober >solis« im Sinne
non ©ögenbienji bie Siebe fein fann, fonbern bafj eine ba£
mefftanifche $eil bejeichnenbe ©igenfd&aft genannt fein
mufj. „®ie Spraye Äanaan« reben" bebeutet alfo: bie
Steligion be£ SRefftaS, ber in Äanaan erfdjeinen »irb,
belenneu. S)ie ©flärung ber Slamen »irb, »ie ich
hoffe, ruhet fteHen, unb bie ©njetnerflärung be£ 39u<he£
beftätigt ba£ überall, bafj unfer 39ud&, »ie „Subith"
ben Äampf @og’£ gegen ba£ mefftanifche Steich jum
©egenftänbe hat, bafj alfo 2l<haf<ht>erofch nicht ein ge*
»ähnlicher, et»a perftfcher, Äönig unb fein Steich nicht
irgenb ein SBeltreüh fei. ®ie ©tlafje 1, 22. 3,12.8, 9
lönnen bann natürlich nid^t gewöhnliche ©bitte fein, fonbern
müffen fi<h ebenfo auf religiöfe ®inge beziehen. 6$
mufj alfo „33oll" unb „3unge, Sprache" bie religiöfe
©igenart, bie Sieligion ber angerebeten 33öllet bezeichnen.
So ift ba$ Söort »ahrfdgeinlich auch 4jof. 7,16 gebraucht,
biefem Sinn fieht in 3faiaS 2,6 bas 2ßort „Dp 33oll“;
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S)ie tarnen im ®udje (Sftijer.
827
unb unfet 95u<^ bat ben Sluäbntcf tote »lingua« »ohl
»on ihm entlehnt. 3efaia3 felbji aber fd}eint auf Gen.
cc. 10. 11, namentlich lefcterem, $u ruhen, darauf
»eift auch baä eigentümliche anpo 1. c„ baä auffaüenb
mit bem f<h»ietigen cnpö Gen. 11, 2 jufammentrifft.
3u überfein ift eä am beften: „SUUt 3Jtorgenlänbif<hem"
b. h- 8 au & ere i/ ©ö^enbienfL . (3<h bin nämlich, salvo
meliori, geneigt, Gen. 11 für einen SRibrafch ju f)aU
ten, in bem baä »orhergehenbe £ap., bie fog. Sollet*
tafel, »eitet unter bem ©efichtäpuntte ber Trennung
ber SBölfer nach Stationalreligionen betrieben »irb. ®er
„%urm“ — auch bei Qef. 2,15. 30, 25, toohl auch auf
©runb ber ©eneftä, ©pmbol beä SBibergöttUchen — ben
bie SRenfchen bauen wollen, ift baä einheitliche fpeibentum,
baä nach ©otteS Statfchlufj, bamit baä Uebel »eniget
grofj wäre unb ben Äeim feiner Vernichtung fchon in fid)
trüge, fleh in Stationalreligionen teilte. — ®er Verf. »eift
mit ber Ableitung beä SBorteä „Vabet", beffen ©hmologie
er al$ ©emite fannte, oon „^3 mengen" felbft auf eine
befonbere Vejiehung beä Stamenä. —SGBenn c. 11 ein SOtib»
tafch ift, fo »irb er »obl nicht allein geblieben fein, unb
mit ben „©rjählungäfäben" berneueflen „$e?ateuchlritif"
fteht eä »brüchig" auä. SHefe jtritil fcheitert weiter an
ihrer Vorauäfefcung, bafs ber ißentateuch, baä feiner
Statur nach meiftgelefene unb meifterllärte Such beä 91.
nach »hr nicht ober nur alä unbebeutenb glofftert atige*
nommen »irb, »ährenb an fo fpäten Suchern wie ©fther
bie gute Hälfte beä maforethifchen &epteä ©loffe ift; unb
toeüer baran, bafj#ofeaä, 3efaiaä, 3«remiaä, ben Venta*
teuch lennen). — ®elifcf<h beanftanbet bie Vebeutung oon
DU „Voltätum", Nationalität alä fprac&li<h unmöglich-
15*
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228
©d&otj,
Db ba« richtig fei, foH ^iet nidbt unterfudbt werben.
Allein bie SRetigion Sfrael« be$ a. unb n. 35. fann mit
oy bezeichnet werben. SDiefe SReligion ift nämlidb ba«
biefe« 33olf bilbenbe ^ßrinjiy. „33olf H unb „Aeligion"
»erbalten ftdb alfo ju einanber wie bie SEBirfmtg, ba«
©ewirfte, ju ihrer Urfadbe, bem SEBirfenben. ®a man
aber biblifdb nidbt feiten flatt ber ffiirfung bie Urfadbe,
unb umgefebrt, nennt, fo »erfleht ftdb ton felbft, baff
man audb ihre 35ejeidbnungen für einanber fefcen fann:
alfo „SSolf" flatt „Religion". -Jladbbem ferner »on 33er=
bältniffen ber mefftanifdben Seit bie Siebe ifl, fann mit
diähxios avidiv natürlich nidbt bie Religion be« a. t.
33unbe«»olfe« gemeint fein, fonbern biefe „Suben" jinb
mit Gr. B. unb Vulg. im Traume be« ÜRatbodbäu«:
dutalm e&vog gens justorum, $an. 7, 21 sancti 3)et
Saft: dia zovto mL fagt alfo, bafe q> qovqcu ber religiöf e
ERame be« gefte« fei, wa« barauf binweifen wirb,
baff ba« geft bi« babin einen anberen -Warnen führte.
SnSubitb 4,6.16,12 wirb Don ben 33ewobnern 33etbulia’«,
b. b- ben Angehörigen be« n. t. Serufalem, gefagt, bafj
fie biefe 6tabt befd^ü^en, bewadben, Derteibigen. Diefe
33erteibigung unb 33ewa<bung ifl, ber SWatur biefer Stabt
entfpre<benb, feine foldbe burdb äußere ÜRadbtmittel, fonbern
bie witffamen SEBaffen finb ba« ftetig erwähnte ©ebet,
Subitb 4, 9—15 u. o. Auch in „©flber" beftebt nadb
ben ©r. ber ayun ber ©ftber in 33ufje unb ©ebet. —
®er AuSbrudf q>QOvqovvrss vtjv nöhv finbet ftdb * n 3 (9 r -1)
@«ra 4,56, wo ba« 3^b ema unfere« 33udbe« in einer anberen
gefdbidbtlidben ©infleibung bebanbelt wirb. An Stelle
be« A<bafdb»erofcb, tritt hier ,,®ariu«"; bei 2)an. 9,1:
2)ariu«, ber Sohn be« Acbafdboerofdb, de semineMedorum,
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Die Kamen im ©udfe Sjtljer.
229
wofür im gleichen Sinne bei Daniel aud; 5)ariuS SBtebuS b.i
ber Äönig ber 2Jteber unb ißetfer 5, 31, 93alt&affar unb
■Jtabud&obonofor fielen. ®ie Stelle bei ©Sra 1. c. ift —
unb baS bient ber gegebenen ©rflärung jur weiteren
93efiätigung — aud) in intern jweiten Steile mit ben 9393.
Tobias unb ©fttyer Oerwanbt: xal näoi tois q>Qovqovoi
trjv noJUv eyQaxpe sc. ®ariuS dovvai xItjqovs xal otpoi-
na. $iebei ftnb xXrjqoi unb drptinna fpnontym. Jiadj
£ob. 2, 2 ftnb oipdqia bie ©nabengaben beS a. 93.;
na<$ 7, 9 ßipa nlelova bie beS 9teuen, waS paffetib er-
fd&eint, ba ber 9t. 93. gerne unter bem 93übe eines 9JtatyleS
bargefteHt Wirb, 3ef. 25, 6. ip 22 (21), 27 ff. Gr. A
nennt B, B au$ baS 3Jta$l ber @ft(>et b. ber meffianifd&en
ßirdje ein detnvov nohnel&g , t>gl. 1, 7. StefjnlidE) ift
ber ©ebanfe in 9, 19: „man fenbet ©iner bem Stabern
©ericbte", waS A mit „an&orede fteQldag tois n&vrjot
b. ty. ben D”3J? ben Stanen im ©eifie, ©ered&ten, belehrten
Reiben" erflärt, weil Sfrael nad^ $£ob. c. 4 nur mit
ben Reiben, als ©teid&er unter ©leiden, begnabigt Wirb,
liebet ben 93egriff, ben unfer 93udfj mit xXrjqoi , unb bann
audb mit bem bamit fpnontymen <pQovqai , oerbinbet,
belehren bie ©r. 9, 55: dia tovto inolrjoev xirjqovg
dvo Iva tip Xaip tov &eov xal £va näai tois s'9vsoiv...
xal idixahooev Trjv xhjQOvoftlav avrov. KktjQOt ift alfo
bie 9luSerwä^lung, wo „baS ©rbe beS $errn" in
ben 93eftfc beS ^etrn, unb bet $err „baS ©rbe ^fraelS",
3er. 10, 16, in ben 93eftfc QftaclS beS 3t. 93. fommt.
$aS SoS ber 93öfen wirb, obgleich bei i&nen toon einem
„©rbe" nid&t bie 9tebe fein fann, gegenfäfelicf) xlrjqos
genannt. Wie f$on3et. 13, 25: Haec sors tua ... quia
oblita es mei. cpQovQat ift baS <pQovqelv baS 9EBa<$en
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230
6d)0la,
unb 33eten bet ©eredfjten, bie ©ere#tig!eit, womit fte
bie xlr t Qovs ober ben xfojqov oerbienen; unb beibe Debatten
ft$ ju einanbet rate Söirlung unb Urfatfce, bie nad&
biblifd&er Sftebetoeife für einanbet gefegt »erben fönnen.
S)iefe@ered>tigleit befielt in bem betyarrlid&en Äutttpfe
gegen ba« 39öfc, bem ber enbli$e Sieg bom $errn
»erliefen »irb.
Purim ift alfo bie geier be« enblidjen Siege« be«
mefftanifd&en gfrael über ben wieber ju 2Jla<$t gefommenen
lebten geinb. ®a« $efi ift fo ein Zeitige« unb fc^one«; bie
©raufamleiten, bie ba« 23uc& er jä<, ftnb fonlrete SDar=
ftellungen be« Untergange« be« SBöfen, ben alle ißtop&eten
befd^reiben, unb biefer ift, ba biefer 33öfe ein folget bi«
jum 6nbe bleibt, wo&loerbient unb geregt.
3m maforet&ifd&en Xepte ftetyt ißur, wo ba« So«
gemeint ift, 3, 7. 9,24; bagegen: ißurim, »o bie $eft=
tage. ®er Drbner biefe« fEejte« war ft<$ fo toaf>rf#einli#
über bie Sebeutung be« ffiorte« ni#t me$r Elar. 2)afj
e« au« grie#if#en ©jemplaren in ben mafore#if#en
Seit fam, legt ba« Sßort al« grie#if#e« nafce. SEBenn
ber Äampf um bie ©infü&rung biefer Benennung, wie
nacbgemiefen, um bie 3Jiitte be« erften 3a$r$unbert« in
Slegppten geführt würbe, fo lann e«, ba e« erfi feinen
2Beg in grie#if#e ©jemplare finben mufjte unb erfi ton ba
auf $ebräif#e übergeben lonnte, fautn vor @$rifii ©eburt
in $ebrüif#e |ianbf#riften gelommen fein. $afür fpridjt,
baff V. L. unb Fl. Josephus ben Flamen nur je einmal,
unb ba allem 9lnf#eine na# al« ©loffe ober Äorreftur,
erwähnen.
Stäubern bie ©ef#i#te ber ©ntfie&ung unb bie S9e*
beutung be« SSorte« <pqovQai Purim — bie ^bentität
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Sie Kanten im ®udje gftljer.
231
biefer beiben ÜBörter wirb feines befonberen SBetoeifeS
bebürfen — flat ftnb, fönnten bie S3erfucbe, baS ffiort
aus bem #ebräifcben obet aus bem Sßerftfcben ju etflären,
übergangen »erben. ®S wirb aber jur »eiteren ©über*
jleüung beS gewonnenen SftefuttateS bienen, »enn auch
bie Unmßglicbfeit, oon baber eine befriebigenbe ®rfläruug
beS SBorteS ju gewinnen, bargetban ifl.
3lm nädbfien liegt, in einem b^bräi^en ©u<be unb
als 9lame eines jübifcben gefteS, ein bebräifcheS 2Bort
§u oermuten. Stfefer SSerfucb ifl feit langem nicht ge*
ma<bt »orben, liegt aber oieHeicbt fd^on ber Ueberfefjung
in B 3,7. 9,54: yj^tputfia ju ©runbe. ©über aber »er*
tritt baS Targum biefe Ableitung, inbem eS 9, 25 kdb
Pissa, ton aram. „DDB trennen föeiben, brefcben“ b. b-
bie Äbrner bom ©trob f<beiben, £eop, Chald. WB., über*
fefct. #ebr. würbe *nB, im ißoel „fpalten", entfpre<ben,
alfo etwa ©<berbe, jerfd&lageneS ©teineben. SlDein biefer
Sftame für „2oS" fommt im 3L2I., fo oft au<b ©elegenbeü
baju ifl, nie oor. SBenn man bafür geltenb machen
wollte, $ßur bebeute nicht „SoS" überhaupt, fonbern „£oS
bot £aman", fo baß eS Wie ein Nomen proprium jiebe,
fo fehlt bafür ein ©runb, ba nicht abjufeben ifl, warum
bem SEBorte biefe Sebeutung jufommen foD, unb jwat
um fo weniger, als )u bem gewollten jebe Slrt
oonSofen brauchbar wäre. ®er SluSbrucf „bor^aman"
fommt jubem nur im $ebr. oor, iß alfo ©loffe, unb wirb
entfprechenber mit ^Bn oetbunben: man warf oor #aman,
b. b- auf feinen Befehl unb in feinem SMenfie, baS SoS.
S)a$ 33u<b ©flbcr macht beim Sefen ben unmittel*
baren ®inbruef, baß eS eine @ef<bi<hte erjäblen wolle,
bie am perftfchen $ofe fuh ereignet habe. 3nbem man
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232
biefen ©<bein für bie SBirllidbfeit hielt, unb wohl auch hie
unb ba auS bem ^-Beftreben, jübißhe religöfe 93orftettungen
mit beibttiföen, namentlich petftf<ben, aus jwar nicht eins
geftanbenen, aber tbatfäcßlüib }u ©runbe tiegenben polenti*
fchen ©rünben in 3 ufammenhang ju bringen, oeranlaßten
bie gewöhnliche Annahme, Purim fei auf ein perftfdbeS
2 Bort jurüdjuführen.
Pur foE »on perftfchem: bahre, behre pars, portio,
sors abjuteüen fein. ®a ich felbft baS Sßerftfd&e unb
bie tertoanbten inbif($en ©praßen nicht fenne, erfucßte
ich einen ©eiehrten oom gacß um Sfafllärung. ®ie Antwort
fagt im SBefentlicben: „baS SBort lautet im Pehlevi
bahar unb im Parsi (Pazend) ebenfttüS bahar, ogl. Harlez,
Manuel du Pehlevi p. 215". ®aS SBort ßöt alfo mit
Pur, Phur leine große äebnlichfeit, unb bie Ableitung
fcheitert fdjon baran, baß unerllärt bleibt, warum im
$ebräif<ben h nicht auSgebrüdt ift.
©eit Qofeph t>. Jammer, SBiener Jahrbücher XXXVIII.
49; Jbeler, Shtonologie ©. 481.1831. ßagarbe, ©efam=
melte 3lbhanbtungen ©. 161 ff., 1866, wirb Purim mit
bem angeblich perftfchen Jefte »Phurdigan« ibentijtjiert.
$iebei Wirb bie nur einmal unb 3 war in A 9, 49 Pots
lommenbe fjorm q> ovqöata, wofür bie Variante cpovQficua
oorfommt, als urfprünglich torauSgefeßt. ®ie SSorauS*
feßung ift alfo fritifdj feßr f<hwa<h, unb witb nodh hi »* 5
fälliger, wenn bie gorm mit bem tarnen eines ©oßneS
^aman’S ttmiB 9, 8 , wie wahrf<heinli<h, oerwanbt ift- —
5Die erfte 9la<hrt<bt über baS ißhurbiganfeft flammt
aus bem SobeSjahr Juftinian’S, 565 n. Sb*- — Sei
©elegenßeit beS Berichtes über bie ©efanbtfchaft, welche
ber 9ta<hfolger Juflinian’S, Juftin, an Chosroes fchidte.
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Sie üßanten im ®ud|e (Sft^er.
233
fagt ber SSpjantiner SUtenanber: d<plxeto etg to Jagag ...
dtrjyaye di avrov ljfitQae dixa ztp vrjv iv zfj Ntoißet
nölei nanffvql^eiv te xal ceyur eogtrjv, xax zovtov trjv
ngeoßeiav fir} vnoöit-ao&ai. 6 di Iwnnrß de%9el$ fierd
xrp ioqtrv zrv OovQdiyax nqogcrf oqevotüvrp, b ianv
iilrpiaii vexvia xzL — 3ft bie $eit ft^on eine fo fpäte,
bafj eS bebenfltd) fein muff, einen 3 ufammenbang an j U .
nehmen, fo fpridbt weiter in biefer -Haebridtt ade«, mit
SluSnabme ber gemeinf$aftli$en ©plbe <p ovq gegen bie
3bentiftjierung. 9lifibi$ ifl feine perftfdbe, fonbern eine
mefopotamifdbe ©tabt, am $ u 6 e beS SOtafifdben ©ebirgeS
in aJlpgbonien, ©trabo 527. 622. 747, feierte atfo fdbwet*
Kd? petftfcbe gefle. 3Benn ber Sßerferfönig baran teil*
nimmt, fo beobadbtet er nur bie ©itte ber petftfd&en Äönige
Oon (SpruS an, bie gefle ber SBötfer, bei benen fie fid>
eben befanben, mitjufeiern, ©apce, alte ©enlmäler, ©.
185 ff. — $b“rbtgan ifl ei« ffcobtenfeft, was ißurim nid)t
ifl; erwürbe am@nbe beS adbten 3J7onatS, etwa ■Jlottember,
fünf, mit ben ©pagomenen jebn tagelang gefeiert, roäbtenb
ißurim nur einen, bbdbflenS jwei f£age wä^rt, unb in
ben le|ten 3Jlonat beS SabreS, ben le|ten »ot ber grfib*
jabrStagunbnadbtgleidbe, fällt; bie ißerfer haben ein Sonnen*
bie 3uben ein SJtonbjabr, fo bafi ein ßufawmentreffen
perfifdber unb jübifdbet gefle unmöglidb ifl. Sagarbe 1. c.
©. 164 übetfdbä|t bie ©eneigt|eit ber Suben, fidb gefle
„ihrer betreu unb wirtbe" anjueignen. ©ie mögen fiep in
äußeren Gingen, oieHeidbt audb im ©pradbgebraudbe, etwas
accommobieren, ein geft ober audb nur ben Flamen eines
gefleS einer anberen Religion b«t baS ^ubcntum erweis*
lieb ni^t angenommen. —
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234
Sie Flamen bet ©unudben u. f. n>.
1,10. 1. SaäPart. Pual plHD Mehuman ift Um=
bübung beä ÜJtamenä pn Haman, beti bet ©loffator
9,24 »ott „con larmen, »erwitren, fcbredfen" ableitet.,
^aman ift bet legte große geinb, bet „SBerberber bet
SBöller" 3er- 4, 7, Aber ben, wenn er fein 3Berf am
SBoIte ©otteä »oEjogen unb ß<b babei »erfdgulbet b°t>
baä fommt, »aä et ben @ere<bten ant^un »oEte, $ef. 33,1
u. ö., fo baß et mit 9te<bt: „in ©Freden, Slngft 33er=
fester" genannt wirb. B bat bafür, »obl telatito urfprüng=
Ii<b, apav. Sie (Snbung »an« ift bei tarnen nidgt feiten,
unb toitb in unferem SBudge öfter ju a n t abgefcbliffen,
»gl. }. iß. No. 4: Bigthan, Bigthana unb Bigtha.
2. «n-ia Bistha. Qn B entfpridbt bie gorm ßa£a»,
too}u fiuCa» unb fta£ea Varianten finb, entftanben bur<b
SBerwedbälung bet Sabiale. 3 U ®tunbe liegt, tote Sagefdj
forte in Sajin, in bet ätuSgabe ton SöätsSelißfdb, nodb
anbeutet, „na plünbern", »eil ^aman — alle Stamen
»erben ß<b als SSariationen ton „$aman" erweifen —
na<b 3, 13 Sfrael plünbern »iU, nadb 8, 1 aber felbet
geplünbert »itb. Sie urfptrünglicge gorm ift na<b B:
JT3, baä wie „pn" gebilbet iß. Sie ©nbung «n, bie
noib öfter norfommt, lönnte st. emphaticus betNomm.
feminn. fein; oieEeidbt auch iß ße nadb EBegfaE beä n,
Bissan ju Bissah, baä mit n gefdgtieben »at, auä biefen
entßanben, inbem He ju Thau unb bann nodb einmal
N angebfingt »utbe, »gl. ju No. 4.
3. toiann Charbona iß »on am baä ©<b»ert
abjuleiten, weil bet bamit ©ejeidbnete im Aufträge beä
.fjerrn baä ©<b»ert fährt, baä ßdb am ©nbe gegen ibn
»enbet, £ab. 2,8. Sie ©nbung toi iß »obl bie bebtäifcbe
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Sie Kamen im Suche Kftljer.
236
(Snbung )1 ober ]- im st. emphaticas. A entfprttht
am nädbfien bie SeSart oageßioa, mä^renb bei &aQQa
ein anbereS 9Bott ju ©runbe Hegt, »gl. ju 5, 10.
4. »ri33, Bigtha, toofür 6,2: Bigthana; 2,21:
Bigthan — bie ©nbung ah ifi abgefcbliffen aus an,
toie Hos. 2,14 Hin» flatt beS ge»öl»nU<ben pn» 9,1 —
VL. Bartageus, Jos. I, 9 ßuya&utos; B yaßa&a , mit
UmfMung »on ß unb y, ifi »on „133 rauben", 3 e f- 33,1
abjuleiten. ®er ÜJlame ifi ber SSebeutung nach ibentifdj
mit Brntha No. 2. ®aleth ifi »or Thaa ausgefallen toie
im Femin. »on in». B. hat bafür ßo<ja£>?, fyßa&a&a.
®ie ©plbe melc^e erfierem anbängt, bem jtceiten
»orfiebt, ifi ibentif<b mit £a, ba$ ebenfo in £a#ol#a,
t£a&ov& 9,10 »orauSgebt unb in aßata£a folgt, unb
mit ben ©ptben fw (Zosara 5,10), £a 9,10 (^aßovdaiog),
aa bei Jos. aaßovxa&ag 7, 9, unb bebeutet: febr,
bialeltif<b für dia. ®et na<b SBegfaH beS £rj bleibenbe
•Jiame ßwqa ifi ibentifd) mit ben 9, 8 genannten Poratha,
unb bem grie$if$en ßaqea ibid. dagegen ifi ba$ »er=
bleibenbe ßaßad-a na<bläfftge SluSfpradbe »on: Bagatha
be$ Hebr. —
ajlit biefem ifi bur<b 1 »erbunben unb bamit als
befonbetS »ertoanbt begegnet:
6. »n33K Abagtba. » ifi ber urfprünglidje Slrtilel,
ber bei ber Uebertragung in ba$ ®rie$if$e mit a, »gl.
aoedex 3ef. 19,18, getrieben mürbe, meines a bei ber
Slädfibertragung, ba man eS nid^t mehr als Slrtilel
erfannte, mit N auSgebriidt mürbe. ®afj nämtid) griechifche
©inflüffe bei ben tarnen beS SBudheS ©fiher ftd} geltenb
machten, mirb baS $olgenbe jur ©emi&heü erheben.
3m Weiteren ifi ber SRame ibentif<$ mit No. 4. 3“ B
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entfpridjjt No. 6: aßara^a, £t]ßa&a9a. Sttbgefe^en oon
£a ift in aßen« burch oberflächliches 2tu8fpre<hen oor
z baS x (y) ausgefallen: aßcoaa, baS mit bem Hebr.
übereinftimmt. 3» VL. fdheint ber an lebtet ©teile
genannte -Karne Tarecta p entfprechen.
Za&ol&a beS ©riech, ifi im $ebr. hier nicht oertreten.
Oh“« Sweifel ift eS auS "rbn häufle»,, gebildet, unb
bejeichnet ^arnan als ben ©ehenften. ©S ift mit bem 9,9
oorfommenben xnr Jezatha, Gr. A t£a&ov&, ibentifch,
unb oon bort hierher oerpflanjt. ®afür fpricht, baf?
eS 9, 9 bei B fehlt.
6. Schmierig ifi int Sethar. ®ie Äonfonanten
fiimmen, ba bei fo aufjerorbentlicher Sermirtung unb
Korruption auf einen Unterfchieb ber 3tfth laute fein
Sßert p legen ifi, mit bem v. 14 oorfommenben inttf
Schethar. 3m ©r. entfpricht oaQaod-aios v. 14, baS
nach SBeglaffung oon ftaiog = xn No. 2 — aaqaa ifi. —
^ieher gehört auch ber -Kante beS SBeibeS ßaman’S 5,10.14.
6, 13. ©injig ber maforethifdhe &ept hat bei biefem am
@nbe ein 'S) b. h. einen s=fiaut; alle anberen bieten bafür,
nach Sßeglaffung ber ißartifel £a, bie gorm aaqa;
bei Fl. Josephus finb hier, maS in unferen Flamen öfter
gefchieht, bie Äonfonanten q unb s umgefieQt. ^ebräifch
fönnte baS: rnt fjrembe unb ober ms SebrängniS, ®räng=
erin geroefen fein. ®a ihr 3Jlann, $aman, 7, 6ts geinb,
3,10 unb ö. ns SDränger heiftt, fo ifi lefctereS oorp-
jiehen. Sei ber Uebertragung in baS ©riedjjifdhe mürbe
n, mie bie LXXamßnbe ber-Kamen burdhauS thun, mit
8 gegeben $. S. QefaiaS fi. Qefaiah, unb fo entfianb bie
ftorm aaqag. Sei ber SRücIüberfefcung aus bem ©riedhifdhen
in baS ^ebräifdhe mürbe bie ©ntfiehung biefeS s nicht
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$ie Kamen im ©u<he Sftfjer.
237
ertannt, unb fo v) bafür gefegt ©in ganj gleitet galt
ftnbet ji<h in ben hebräifdhen Ueberfefcungen öon Raga (h)
in Tobias, baS bei ber SRücfübertragung mit tfton ge»
geben würbe, »gl. Sdpol}, Kommentar }u Xob. 6. 13.
14.17. @4 fann fo nicht zweifelhaft fein, bafj bie mafo»
rethifdhe SBortform t£ht aus ms in golge einet Heber»
fe|jung aus bem $fbräifd?en in baS ©riedhifche, unb aus
biefem in baS $ebrüifdhe jidh bilbete. ©in auf biefelbe
©efchtdhte beS maforethifdhen »EefteS weifenbe ©rfdheinung
ift uns bereits in bem »orgefefcten n, baS urfptünglich
n, ber Srtifel, war, begegnet, »gl. ju 9, 9. 3m ©r.
entfprid>t No. 7: dagaßa. Sßenn ßa, baS in ben tarnen
beS ©ucheS nicht mehr oorfommt, nid^t 3mitation üon
Oholi-ba „3Jtein Seit in ihr", ©j. 23, 4 ift, alfo: ,,8e»
brängniS in i^t", fo fann eS nur Korruption oon
fein. 3Jtit 9aga ift I, 9: 9agga, bei A 9edeinys,
ibentif<b, wofür ber maf. SCejrt 2,21: Bhn bietet. 9aga
unb aaga(s) , bie bemna<h ibentifdh fein müffen, haben
baburdh bie »etfchiebene ©eftalt erhalten, bajj ber Schreibet
oon 9aga-9 als 3if<blnwt »erwenbete — »ieHeicht abficht»
lidb, — Wie in Tob. 14, 4. 5 im Sin. ftatt Assur
afrjQ getrieben ift. SBenben wir baS auf bie formen
int unb "intf an fo haben wir in ihnen junädhft biefelben
Äonfonanten wie in 9agag, unb wenn wir n, womit
griedhifcheS 9 gegeben würbe, mit ber sibilans W aus»
brüdfen, fo ergaben fidh bie formen: IBM, itaus
benen butch ©udhftabenoerfehung, bie in unferen “Kamen
nidht feiten ift, Ehtitf) entftanb. S)aft bieS mit Ehn-
wobei ebenfo n als sibilans fungiert, ibentifdh ift,
bebatf htenadh feines weiteren ©eweifeS. — ®aS Stefultat
ift bemna<h: Stelati» urfprünglidh ift; ms ©ebrängniS,
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238
©djolj,
®rängerin. 2lu3 biefem entflanb beim liebergang in
baS @rie<bifd)e aagaa(9cuos) unb Saga, d-aQga — baS
4>ebräifdbe ift alfo mehr als einmal iiberfeftt worben; —
aus aaQas würbe bei ber Stücfüberfebung: Bht unb tthn;
auS^opag mürben bur<b Suchftabenberfefcuug bie formen
int unb -tnttf. ®em Flamen „dränget" entfpricbt in
Susanns 0. 5 in Syr. Heracl. „TOy ber 2lufgerichtete*
als -Kante eines ber Sllten.
7. D3*i3 Karkas. ®er -Karne fehlt in B, ber, um
bie @iebengabl ju erbalten, auS 9, 9 Zatholtha als
No. 6 eingefefct bat. ®er SWibrafcb, 2Bünf<be ©. 30,
erllärt baS SBort als gried)ifcb : *&qxos cauda; nach
3ef. 9, 14(15) ber fiepte, ber SSerworfenfte. 6s ift fein
@runb erjt(btli<b/ biefe 6rflärung ju beanftanben, ba
eine be&*äif<be Ableitung nicht fhtbbar, unb an perftfd^e
äbftammung überhaupt nicht }u benfen ift SKöglitb
wäre auch bie Ableitung non xaxds, bei bem, wie in
rvQHP ft. rotf 6,2 ein r eingefcbaltet wäre. 3n biefem
galle würbe bas SBort bem ißräbifate £aman’s jnn
ber 83öfe 7, 6 entfprecben.
3n einem üblen ^ufianbe befinben ft<b biefe tarnen
in VL., wobei jebodb ju beachten ift, bafj ber uns bor=
liegenbe Xept aus nur brei in fritifcb fchlimmem 3uftanbe
ft<b beftnbenben ^anbfcbriften flammt, fo baff wir uns
bemnacb nur ein unoottlommeneS SBilb non bem ur=
fprünglid&en rEejte machen fönnen. — 2öenn fte auf
bie im maforetbifcben £e?te unb in B gebotenen Kamen
jurücf geführt werben, fo bat baS oorjüglicb ben 3wedE,
bem Sefet ein anfcbauKcbeS Mb oon ber hier betrfchenben
Korruption ber tarnen )u geben, unb ihn }u Überzügen,
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Sie Warnen im Sudje Cft^er. 239
baff bie oerfucbten ©rflärungen nicht fo grunblo« ftnb
al« e« Unerfahrenen feinen tönnte.
1. Maoema-wabrfch. Maoma-=Mehnman; 2. Nar-
bona = Charbona; 3. Nabatha, wabrfch-= Abagtha;
mit in bet Stuäfprache oorgefejjtem n, wie in Tob. 1,1
Valg. Naasson für Edisse ber VL. bat; 4. Zathi =
Setbar, inbem 1 unb oerwecbfelt würben; 5. Achedes,
wabrfdb. Bigtha, inbem N unb a »erwecbfelt würben;
ber g- unb d-£aut ftnb oertreten, aber ftatt g fleht ch
unb ftatt th ein d. 6. Tbares ift nach No. 6 Sethar.
7. Tarecta fcbeint eine ßufammenfebung au« ber erften
©ilbe oon Tbares unb einem oerborbenen Elemente toon
Bigtha §u fein. — VL. bat alfo in Zathi unb Tbares
benfelben Flamen jroeimal, unb bann no<b einmal bie
ßufammenfebung oon Thares unb Bigtha in Tarecta.
S9ei ibr fehlen bie im gebr. oertretenen Flamen: Bistha
unb Karkas; oon B unterfcbeibet fte fttb baburcb, bafe
fte n<£,cn, ßa>Qa£t) unb £a&otöa nicht bat. 6ie flammt
bemnadb au« einem ©jemplare, ba« Weber mit unferem
gebr., noch mit einem ber beiben ©riechen, noch mit
Flavias Josephas berwanbt ift.
1,14. Unficber ftnb No. 1.5. 6. S)a tooiü No. 6
Mars’na ohne 3®eifel D"iD> No. 6, mit giujufügung ber
©ubung na, wie in Charbona ift; ba Wir ei mit fehr
fpäten SBortbilbungen gu tbun haben: fo fcbeint nicht
unmöglich, bafj »Mars* ju ©runbe liegt. 3 n VL. ent«
fpricht, nach oberflächlichem .gören: Eas. 3m ©t. ent;
fpricbt fidhjataQ, bei VL. Maleseath. giebei ift vielleicht
mit 9tüdftcht auf Malzar, Valg. Malasar, SDan. 1,11,
ba« uTfprüngliche r in 1 übergegangen; unb ar unb ath
Werben Äorruptionen au« na ober tha fein. ®er erfie
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6<$olj,
9tame {OBh3 Earsch'na, beim @r. mit ©u<bftabenVer=
fe&ung a^xeaaiog, ift mir in bicfer ©eftalt nid&t erflär=
bar. 3SieHei<bt ifl 3 ein alter, »eil audj beim @r.,
jebocb ni<$t am Slnfange, fonbern im Sffiorte, vertretener
©cbreibfebler für ba8 äbnlidj au8febenbe B. ®afür
fpridbt, bafj bei VL. »abrf<beinli<b Soratha, »o ein s
ftatt k {lebt, entfpri<bt, »a8 barauf binmeifi, bafj ber
erfie 93u<bftabe unft<ber »ar. 2Benn man ftatt Soratha-
Poratha lieft, fo ift e8 berfetbe 9tame, »ie ber be8 an
Vierter ©teile 9, 7 ff. genannten ©obne8 #aman’8. lieber
bie Sebeutung ber ©blbe Por, Pur f. ju 9, 7 ff. Karsch’na
toäre bann urfprünglicb Parsch’na, unb na<b SBeglaffung
ber entbebrlidben ©nbung datha, mit bem 9, 7 an erfter
©teile genannten KMiBhB Parschandatha ibentiftb.
2. ift ju 1,10 Nö. 6 erflärt.
3. NnotN Admatha ift ohne 3® e *f e l »bie 6rbe,
bie $ölfer»elt"; fpnonpm mit
4. BWin Tharschisch ber SEBeften, insulae gentium.
3m ©t. fdbeint oaQOa&aios, anfpielenb auf onD 6unu<be
gu entfpredjen: ni<bt unpaffenb, »eil bie „@unu<ben"
bie SSölfer repräfentieren.
7. piDö Memuchan, ba8 fi<btli<b eine fpielenbe
Umbilbung von Mehumau 1,10 ift, fo baff bie j»ei
Steiben mit bemfelben Sftamen ftblie&en, mit bem fte an=
fangen, ift na$ »t]lö verreiben, betunterfommen" gebil-
bet. £>er fo ©enannte, ben ba8 Targum fcbön „einen
Sfteffen" $aman’8 nennt, foü bamit al8 ein bem unent=
rinnbaren S3erberben ©eweibter bejeidjnet »erben. ©p=
nonpm ift Dalpbon 9, 7.
3ln biefe Umbilbung reiben ft<b mehrere öfter vor=
lommenbe SJtamen. 3 un ä$ft entfpricbt in B1,16. Flav.
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$it Kamen im 9u<be Cftljev.
241
Jo8ephus unb YL.: Muchaeus. 3u8 biefem entftanb
but<b äenberung bet Sabiate, bieHeicbt mit 9tfi<fß<bt auf
baS gtie^ifdje SBort „ßovyaiog, Ilias 13, 824, ©rabler",
bte gorm ßovycuog bei A1,16. 2, 8. 3,1; B 3,1. 9,10.
®aju geböten bie gönnen ßovya&av; gof.: ßceya&toog;
YL. 7, 9: Bartageus. ©ertoanbt bamit iß ba« toielge-
ßaltige ytayaiog A 2, 8; (td'in Hege, Hegai 2, 3; 8,
15; yai in B 2, 8.14. gebetet fab alfo ba£ n tintig
als SCrtiTct an, unb fiberfefct bementfprecbenb au<b 1,16.
21: 6 Movyaios ; Oggeus bet YL. »irb au8 6 yioyatog
forrumpiert fein. ®er gorm 6 ycjyatog entfpricht im
hebt. 'Mn, unb biefe iß im |>ebr. in 'in, toobei ein g
betloren ging, erbalten. ®er ©unftatot, bet es mit Zere
berfab unb bie bei Yulg. bertretene fübifcbe Srabition:
Egens b^ben bie Statut beS n als Strtifel nidjt mehr
getonnt. ©ei bet Ueberfe|ung in baS @rie<b. »utbe
batauS: ayto(a) yi (atog), bgl. aoedex oben, unb bei bet
SHUfflberfe|ung: ’MN- Stäubern fo bie ©ebeutung beS
K als Srtifel benoif<bt mar, »utbe eS jum 6tamm ge:
regnet, unb bet Slrtilel no<b einmal gefe|t. SluS bem
fo entßanbenen 'Mttn »urbe nun leidet bet Stame bet
SlmateKtenlönige: Agag, 4 M. 24, 7 , unb gofepbuS iß
getoiß nic^t bet 6tße, bet ben ^arnan auf biefeS bin ju
einem dfudexlnjs ma<bte. 2Benn Dppert eine ©tabt Agag
in ©lebten entbecfte unb ben $aman babet fein läßt,
fo iß baS bon feinem ©tanbpunfte aus, bie ©efdßdbte
ettta« plaußblet ju machen, begreiflich; »ie aber to=
tbolifcbe gfagogifet, ttoßbem ißn bie Yalg. 16, 10 Ma-
cedo nennt, ß<b baS aneignen mögen, iß fcb»erer bet:
ßebbat. ®er Stame „Slmalelite" ober „©tacebonier"
ßeßt »abtfcbeinlicb fogat baS ©u<b richtig, benn man
Xtat. Cuarlall^rift. 1890. $cft II. 16
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242
fanti ben lebten $etitb Sfrael« mit bem tarnen beS
erften bejeidgnen, — maS bie Imaletiten mären; ober
mit bem Hameu beS jeitgefcgidgtlidgen, als meiner für
unfer ©ucg, ba bie aRatfabäerfämpfe fein gefdgicgtlidger
4>intergrunb ftnb, bie Hiacebonier genannt merben. ®er
Sinn bleibt berfelbe. — ®er HuSbrud „ber ©ogifdge"
fagt übrigens mit bolllommener 2>eutlidgleit, bag feine
Srftnber baS ©udg eSdgatologifdg, als Htibrafdg, auffagten.
2, 14. T3t£ >yü Scha’ascbgas ift bis fegt nidgt ju
erflären oerfudgt roorben. ®aS SBort gat über 3 audg
fonfl in unferem ©udge, ogl. 1,10, auffallenb ftegenbeS
Raphe. ®a bie bisherige ttnterfudgung gezeigt fiat, bag
■Hamen oorfommen, bie burdg ©ermittlung beS ©riedgi=
fdgen in ben maforetgifdgen fEejt tarnen, fo fönnte ber
Strttg über g audg baS in grtedgifdgen #<*nbfdgriften
gemögnlicge HblürjungSjeidgen fein, baS fagt, bag nur
ber erfte unb legte ©ucgftabe beS betreffenben SBorteS
gefdgrieben fei, alfo: U = ys = ywyaiog. ®aS ÜEBort
fegtt in allen SCepten auger B, ift alfo als eine fp&te
©Übung attjufegen, unb eS liegt nadg bem, maS aus
ben biSger ertlärten Hamen ft cg ergibt, nage, anjuneg>
men, bag eS nadg einem fdgon betannten gebilbet fei,
als meldgen B, paffenb ju unferer $gpotgefe, yai = yta-
yatog angibt. — 2>ie Oerfdgiebenen SBortformen ftnb ein
meiterer ©emeiS, bag B unb maforetgifdger $ept nidgt
unmittelbar jufammengängen. — ®er erfte 5£eil beS
SBorteS v/yv ift jufammengefegt aus ben Helat. i V unb
„ntyp madgen, ermetben, berbienen", 3fef. 15,7, unb be=
beutet: „SBaS ©ogäuS oerbient, fein Sdgidfal", fgno*
ngm mit yoyotpada&a 9,7 No. 4. Dgne 3*®eifel gat
berjenige, meldger Scha’ascbgas bilbete, ben Sinn ber
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Sie Kanten im Bucht (Ejtyer. 243
formet ys gelannt, unb wollte eine rdtfel^afte gorm
be« ihm »orliegenben Stowen« bieten.
3, 1. ttmöifp Ben-Hammedatha bat YL. allein
nicht- ®er ißunhator bat, wie bie alten Ueberfefeer, n
für ben ärt. gebalten.
3,1 bat 1 Cobef bon B vafiadu&ov, Wobei v wie
in Narbona »orgefefct fein lann, inbem an bie Stelle bei
h ein n tarn; 9,46 bat S. a/ia.. da&ov, wobei ber
Staum für jwei ©ucbftaben frei ift. Söfitbe man al«
biefe bie (Enbung va, Wie in Charbona, Carschena, Mar-
sena, annebmen, fo Wäre afima hier urforflnglicb ge:
wefen. da&a m ©efefc ifi ba«felbe S3itbung«element
wie 9,7 in Parochandatha. 3JJU bober 2Babrf$einli$feit,
um fo mehr, ba e« ft<b ja nur um SSariationen bon
B $aman" banbeit, ftanb urfprüngti#: Hamandatha,
beffen n bem d afftmiliert würbe. @8 wäre alfo Daleth,
nicht Mem, mit Dagesch forte ju oerfeben. „$aman"
tfl ebenfo Sohn „^amanbatba’ä" wie „fcobia«" Sohn
„®obier«" ift, ®ob. 1,1.
4, 6. 9. '•jnnHathaeh lefen A unb VL nicht; B: axQa-
9aios, a%&Qa&cuos, Jos.: ayfia&tos- ®em $ufammeu=
bange nach lann e« nur Hegai fein, ber jurn (Eunuchen
ber (Eftber beftimmt ift, ba |>atba<b hier beffen 3lmt ber«
ftebt. 3)er Stame muh bemnach wobl eine Variation biefe«
Stamen« barftellen. ®ie gorm ax&QaSaiog f<beint auf
ixfyos anfoielen ju wollen, wa« bem Sinne, nicht aber
ber Ableitung be« SBorte«, ba a ohne 3weifel ber Slrtitel
ift, entbricht, benn ßarnan—$egai ift bet geinb 7, 6.
®a pim £ebr. nicht bertreten ift, lönnte e«, wie in rvsntf
wegen be« Stnllange« an ix^QÖe eingefcbaltet fein, unb
e« bleiben al« entfprecbenb bie Äonfonanten: ran, wobei
16*
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244
bebt. D grietift mit % auSgebritdt mite. Slttöglit ift
aut, ba| bei bet SSerfion in baS ©rietifte unb jurüd
urfprüngltteS n burt Vermittlung bon x 3« 3 würbe,
©ie Vutfiaben entfpreten fit bemnot, jebot finb fie
in einem ©ejte umgeflettt. tlrfprünglit lann fein: ?jnn
unb nnn, inbem ftt für beibe paffenbe 2tbleitungen aus
bem ^ebtäiften ftnben: rjn Vebtüdung, fpnonpm mit
ms. unb rtn ©tteden, ©ttedltter.
7,9. ©ie bem» Charbona» im ©rietifte» entfpretenben:
B: ßovyaSav; A: aya9-ag; VL.: Buzathi. Jos.: aaßovya&ag
finb nitt flar. 9lat SBeglaffung bon aa fUmmt gofepbuS
mit B, nut las et fiatt bet ©nbung an-ab , beffen n et
mit 8 auSbrüdte. a&av lönnte bie ©nbung a9av wie
in Leviathan fein; ßovy enfpr&te in biefem gatte bem
SRamen ßovyatog, 2, 8. 2Beil aber an feinet Stelle in
A aya&ae (lebt, tbobei a = n bet Stttilel fein wirb, fo
bleibt bie Äonfonantenreibe: y&g (v) ; nat ÜBeglaffung bon
ag, av, bgl. oaßovya&ag,: y&. üßenn, bgl. oben, & = g
ifl, fo liegt yg = ywyatog ju ©runbe.
9, 7. YL unb gofepbuS nennen leine Flamen ber
©ebne #aman$. A fetS; B jebn, wobei jebot bie
Flamen fit nitt ganj mit ben im $ebt. angegebenen
beden.
1. NmitthB Parschandatha, B: (pagaavemav, A:
(faQacev. ©ie ©tieten wollen wobl auf garfaniflan,
fßerfien, anfpielen, was jebot weniger pafjt, ba „Werfet"
ober „3Jlebet unb fßerfer" in unferem SBute bie belehrte
^eibenwelt barfietten. ©ittlit ftnb beibe gormen aus
bem #ebr. berborben, inbem B fiatt da&a — e<nca> fefcte.
-© ifl befeltib geftriebeneS HD, bgl. No. 4, wie eS
aut «>b No. 7 fiebt. Vei ben ©rieten erfteint es als
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Sie Kamen im SBudje (Sjifyer.
246
(paQ unb ßaq ; No. 4. M iß Sbfütpng »on ijty, unb
(»)m iß: ©efeß, ©»laß. ©er Stame bebeutet olfo: Pur
(ßo3) beä jtoeiten ©bitte«, i»ona<b bie Quben ihre geinbe
umbringen bfirfen, 8, 9. SJJöglüb märe, baß ber 93er«
fajfet auf ben nur im $ebr. nicht »ertretenen ©rlaß
8,13 ff. bintueiß.
2. Dalphon iß »on binf<btt>inben" ab«
pleiten, »gl. p Memucban, 118,28: ber bem Unter«
gange bur$ unbemerfbar toirfenbe Kräfte, Hob. 5,12,
Ueberanttoortete. 3n adeAtpo(a>)v avzoii iß avrov, ba«
1 Cod. ni<bt ließ, irrige ©lojfe, unb a = n ber Slrtilel.
S 2 ließ t»irlli<b zov dehptav.
3. nhbdn Aspatha »on „f\DH pfammenraffen" iß ent«
toeber: Staub tote 1,10: Bistha unb Bigtha, ober:
3ufammengeraffter unb in bie |>ölle ©etoorfener, 3ef.
24, 22. 3n q>aaa bei B iß q ausgefallen: eS ßanb
qxxQOa. ©a« aa iß = fa, ogl. ßaaa B No. 6 b. b-
ßaq = (povq unb aa — fa. SSieSeidßt iß in ber ßeSart
tpaaya ba« s unb g Dom: 93i«iba unb SBigtba Dertreten
unb in q>aya bie erßen SBucbßaben »on q>(ovQ) unb y(a»y),
etma in golge »on Slbbreoiaturen. A bat baffir tpaq-va;
B (paq-aa. ©a« g>aq, <povq ^amanS beßebt barin, baß
er in bie $öHe getoorfen wirb, bie beiben Stamen be«
fagen alfo ba« Stämlicbe; atpaqvaq be« A beßebt au«
a = n unb q>aQ-va, toop irrtümlich r t»ieberb»lt tourbe.
4. nmiD Po(u)ratha iß ßcber: Pur. Sßiettei<bt
ßammt ber Stame be« geße« < povqdaia bei A baber,
ba n unb n toobl »ertoedhfelt fein fönnen. A bat bafür
yayaq>aqSa9a b. b- yay — y<oy; (paq = (povq, unb da&a:
©bift be« ßofe« ©og’3, ba« ben Untergang ©og’3 »er«
bängt, B bat ba« tautologifche yaya nidßt, unb bietet
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246
baSfelbe SBoit al« tpoQada&a = <povQ unb da&a. SDer
9lame iß fhnonpm mit Parschandatha. B bringt ben
tarnen noch einmal unter No. 6: ßaqea, ßaqda&a, ßaoa,
qxxQaa&a, Schreibefehler für qxxqada&a, wobei überall
»Pharc )u ©runbe liegt.
hierher gehört auch her nur bei 3ofepbu« genannte
•Warne be« (Eunuchen: ßaqvaßa^og, au« ßaq = q>ovQ unb
ber ©nbung va. ßa£og fönnte auf biefe petßfche ©nbung
anfpielen; bei ber Äunß aber, mit welcher ber ©lojfator
ben perßfchen tarnen in einem anberen Sinne »erwen=
bet, fönnte auch ß<* unb Jo 1,10 No. 6.7 oerwenbet fein.
5. rv^lN Sbalfa. A hat nicht« bafüt. 3)er -Warne
iß alfo fehr fpät gebilbet. Such B hat an feiner Stelle
ba« fchon erflärte ßaqea — Pur. ®a« SBort fd&eint fo
etwaö biefem Sehnliches bebeuten ju füllen. Sei lieber-
gangen, wie fte in ben 'Warnen unfere« Suche« ßnben,
iß ein foldher ton einem urfprünglühen n in wohl
glaublich, unb ber Warne wäre (N)^nn ber ©ehenfte,
»gl. 1,10 No. 6 unb ju 9,19.
6. 9. ttmnN Sribatha unb nntt Sribi gehen ßd&t*
lidh auf biefetbe SBurjel jurüct. ©rßere« pul hie ie>
fannte ©nbung tha, le giere« bie eine« ©entilicium«.
3u ©runb liegt in umherfchweifen, abtrünnig »on ©ott
fein, 3er. 2,21. A hat beibe Flamen nicht; B: aaqßa%a.
Süßt man hiebei bie Silbe aa = Ja weg, fo bleiben
bie Äonfonanten: qß%, bie bei UmßeHung ber beiben
erßen bem Serb. „ma ßieben" entfprechen. Hebr. unb
B brüdfen bemnadh benfelben Segriff mit fpnonpmen
SBörtern au«.
7. NnttfOIB Parmaschthaiß: Par unb nnt^O ba«
SWapl: So« be« 2Rahle«, ba« ben $aman beim SWaple
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Sie Kamen im ©ud>e
247
ber (gfl^er traf. Sie grtcc^ifc^en formen fiaqfiaaatfM-
aifta finb bur<b ^örfe^Iet entftauben, unb lehren tote
fe$r bie Flamen burcb falfdfj Sprechen unb .gören ent=
jlellt würben.
8. ’D’TK Arisi; B: aqaaiog; A bat ni<$t$ @ntfpre<ben*
beö. Sei bem guflanbe, in welkem un$ bie Slamen
überliefert ftnb, fann eine SJerwetbölung bon ^if^lauten
nic^t befremben. @4 fönnte alfo wopl „ptt Erbe" ju
©runbe liegen, unb baS SBort ein anberet SluSbruct für
Admatha 1, 10 fein: etwa gigas. Qovq>(cnoe) in B ifl
UmfteHung ber Äonfonanten ton: q>ovQ.
10. Nnv Jezatba, A: t£<*9ov&. B^at anbere abge=
leitete SB Örter: £aßovdatos, £aßovya&a», unb au$ lefcte=
rem lorrumpiert: £aßovde&ar, ba8 ftd^tlit^ na<b Slbjug
ber borgefefcten Silbe £a unb ber ©nbung a&av, bgl. ju
7, 9, — ßovy = ßovycuos ifl. — 3n NflP ifl nach A J =
£ a , unb ’ bemnad> pro8tbetif<b, wie in 'lzaßvqiov oqos
Sabot. Sie no<$ bleibenbe Silbe ten lönnte bie öfter
borlommenbe ©nbung fein, entgegen (lebt aber, ba§
baö SBort bann leine Sebeutung mte. @3 mit „nt:
oor S<bredfen auffpringen", 3ef. 62,16, ober, mit ber«
änbertem s = Saut, mit „ntr brennen" in Serbinbung
bringen, ifl burdb i£a&ov& wiberraten. Sov& ifl un»
bebenflicb 9ol&, inbem berllebergang bon 1 in ü ni<bt
feiten ifl, unb baS SBort ifl ibentifd) mit £a&otöa ber
©ebenlte, 1,10, ba$ aus unferer Stelle bei B bortbin
berpflanjt, unb bist burcb ein fpnonpmeS SBort erfefct
würbe. 3m maforetbiföen Serie erfcbeint ba« SBort in
feiner lorrupteflen ©eflalt. — Syr. Heracleens. gibt,
um benfelben Sinn wie bie Slawen ber Söbne ßaman’ö
auSjubrüden, in »Susanna« einem ber Sllten ben Slamen:
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248
TON bet )U ©runbe ©egangene. ®ie Unterfudbung
bet tarnen ergibt:
1. Sie finb fämmtlidb, mit SluSnabme von Carcas
1,10, unb bet 3ufammenfe|ungen mit g >ovq, auf b« s
btäifdbe SEBurjeln jutüdjufii^ten. fiebere ftnb aber
ebenfalls tvobl im $ebtätf<ben entganben, ba ihr S3er=
fajfer Phur in bem abgeleiteten Sinn: „2o8 beS Unter»
ganges" nahm.
2. Sie flammen, tote ge vorliegen, toeniggenS jum
®eile, aus einem gtiedbifdben ©jemptare, unb unter»
fdfeiben g<b von bet Spraye beS VudbeS burdb ihre
dbalbäifdben ©nbungen.
8. ®a »Purim« etfl unt bie 3Jtitte beS erflen 3al)t=
bunbertS vor GbriftuS in Slufnabme lam, fönnen bie
mit biefem 2Borte jufammengefe|ten tarnen, faum vor
©brigi ©eburt entflanben fein. ®amit flimmt, bag A,
beffen ®ejrt nadb bet Analogie mit bem ®eyte von
»Su8anna« , bet bet LXX ifl, biefe tarnen nodb nidbt
bat. ®a Fl. Josephus bie Flamen bet Söbne, ber ©unudben
unb SBeifen noch nidbt bietet, fo ftnb fte bis gegen ©nbe
beS erflen 3abrbunbert8 n. ©b- in ben bei ben Quben
gebräuchlichen ©jemplaren nidbt allgemein gelefett tootben.
4. ®et Vebeutung nadb ftnb biefe Flamen fämtlicb
Variationen ju „|>aman", unb baS urfptänglidbe Vu<b
batte leinen von ihnen. Sie brfiden bie greube bet
Vetfaffet an bem Untergänge beS lefeten geinbeS aus.
3m gleiten Sinne lägt baS ®argunt bie Söbne $aman’S
an ben 60 ©Ken hoben Vaum fo hängen, bag ge von
oben bis unten unter ober äbeteinanbet lommen: Hoc
autem ordine suspensi sunt. . . tres cubitos defixum
erat lignum in terra et quattuor cubitos cum dimidio
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Sic Kamen im Suche 6ftf)er.
249
distahat Parsandatha a terra. bet ©öbne nimmt
3 ©Een Saum am Saume ein, unb jebet ift non bem
näcbfien Vi ©He entfetnt. 3 U oberft bängt £aman, übet
ben bas $oIj, bamit bie Sögel ihn ni$t freffen, btei
©Den binauStagt. SIS eine gortfe|ung biefet Flamen*
bilbungen ift anjufeben, bajj ba$ Targum jtnanjig Sätet
.gaman’S bis auf ©fau nennt, untet benen Slawen feinet
©öbne etfcbeinen j. S. Sejatba.
5. S)et am meiften gloffiette, alfo Dom Originale
am meiften jt<h entfernenbe 5Cejt ift bet maforetbif^e.
®et befte ift A, bann VL. unb manchmal Fl. Josephus.
6. ®ie Setfaffet feben baS Such nicht als ®ef«b«bte,
fonbetn als Slibtafcb an. liefet ©ebanfe bat fogat,
Wie eS fcbeint, in bem b*&räif$en Xeft eine ©teile
gefunben. 10, 2 beift eS: „Unb baS ganje „nfc>j>Q
SKa’afeb" feiner SWadbt unb ©röfje unb bie „nithB
©tjäblung" feinet ©röfje u. f. to." Seibe SBörter finb
einzig im Hehr. Xepte bertreten, unb bemnacb erllätenbe
©loffe; jubem ift Ma’aseh in bem ©inne bon „2Jlibraf<h"
jiemlicb beutlicb bur<b baS fpnonpme „Paraschah @rjäb=
lung“ beftimmt.
7. ®a8 Such nannte urfprünglich nur bie Samen: Susan,
AchaschTerosch, Esther, Mardochaeus unb Haman.
®ie übrigen Samen beS SucbcS.
1. fBh \tf Susan obet Sosan , toie »Susanns« unb
»Sosanna«, ift bie $auptflabt beS SeicheS beS Sdjafch 5
betofch unb wirb öfter bei ben ©riechen als gleichbebeutenb
mit biefem Seiche gebraucht. 2>a bet Inhalt bon „©ftbet"
nicht ©efchichte, fonbetn propb«tif<he Sefchreibung beS lebten
ÄampfeS jtoifchen bem Seiche ©otteS unb feinem geinbe,
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250
©<potj,
@og, ifi, alfo baSfelbe Sterna befpriept, tote ba$ S9u<p
„Subitp", fo fann natürliip »Susan« ebenfotoenig bie
#auptfiabt SßerftenS bejeiepnen, als in „Sobitp" @ibatana
bie oon ©ebien ifi. Sa oom mefftaniftpen 5Rei<pe bie Siebe
ifi, muff eS ein -Harne für biefeS fein. Susan, Sosanna —
ber ©prer bat für beibe leine befonberen ©ortformen—
bebeutet „Silie". ©iefe aber ifi, 3ef. 36,1. ^of. 14,6,
©prnbol beS meffianiftpen 3lei<peS, unb jtoar toegen ihrer
©^önpeit unb fjnuptbarleit, ogt. ©(pol) ju $of. 1. c.
„©$önpeit" ifi nur ein anberer SuSbrud für „£eiligieit"
toeSpalb in ben 8999. Tobias, Esther, Judith, Susanna,
„£opeSlieb*— ©ara, (Sflper, ©ufanna, bie ©ulamilb als
„ftpön" gepriefeu toerben. gnuptbarleit b. b- jahtreüpeS
83oH ifi oft genannte 6igenf<paft beS 9lei<peS beS ©efftaS,
3ef. 9, 2.
2. tthTVtfn« ä<paf<pOerof(p, 10, 1: ©er
5Hame toirb ©Sra 4, 6. 7 bem SlrtajerfeS beigelegt, toeil
biefer ben ©empelbau einfieUte. 8luS bemfelben ©runbe
haben B.VL., Vulg. in ben „Sufäfeen", Fl. Jos.: Artaxerxes.
3n biefem ©inne I4|t baS Targum ju 6 , 3 ben Aönig
jU efibet fpreepen: tantummodo ut exstruatur domus
sanctuarii, quae stat in termino dimidii regni mei, haud
largiturus sum tihi. ©an. 9,1 führt ber 83ater beS
©ariuS de semineMedorum ben -Hamen 2I<paf<pterof(p.
SllS Äennjeüpen beffelben ifi (Sfip. 1,1 angegeben: „baS
ifi ber 3l<paf<poerofcb, »eltper perrfipte ton Qnbien bis
Sletpiopien über 127 Sßrooinjen". ©bcnfo perrfcpt ©ariuS
in 3 (gr. 1) Esra 4,2 „oon 3nbien bis äletpiopien über 127
ißrooinjen"; unb ©an. 3,1 sec. LXX toirb bem SRabuepo*
bonofor bie $errf<paft „oon 3nbien bis Stetpiopien" au*
gefeprieben. — ©it toiffen, bafj eS einen mebifepen Aönig
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Die Kamen im 99iu!)e
261
mit bem tarnen XariuS, Sohn beS a^afdjterof^, nicht
gab, unb mußten fc^oti lange, bafj lein mebifdjer flönig,
unb auch SRabuchobouofor ni$t, „non Snbien bis Sietbio=
pien" benote, bat öielmehr jur Seit beS leiteten Sflebien
fchon baS ttebergewicht batte. 3hhaf<hterof<h ifi fo nidbt
■Jtame eines gef<hi$tli<hen ÄönigS. — S)aS pafjt ju unferer
Sluffaffuug beS SucheS. 2)ie Elemente beS SBorteS jtnb
tfrot petf. khsah, neuperf. Schab, Äönig, unb t£h”i, eine
ben Sinn etwas öethüHenbe, »ergebene Schreibung ton
tftn ^aupt, ®eut.32,32.—10,2 ifi eS tth getrieben,
was toobi ttfn fein fott. 3)ie Sßunltation beS i mit
Zere fiatt Schwa mobile lönnte aus UnfenntniS entflanben
fein, ifi aber möglicher SEBetfe au<b Slbficht, um baS SBort
nicht ju föbnett ju erflären. S)ie ©chreibweife EhtfriM
ohne 1 entfpri$t bem Xitel ©ogS bei ©jechiel 38,2.39,1
tftn jofco unb bem beS DlopherneS xecpaXr aQxw,
Subitb 13,18. &<haf<hterofch fleüt bie in baS meffianif^e
Steicb eingetretene 3Jlenf<bbeit bar, mit ber nach 3ef. 46,14
ber SWeffiaS, ber ften, eins ifl, fo bafj in getoiffem
©inne bie ©igenföaften biefeS auf jenen übertragen Werben
lönnen. — @S ifi bem Suche oftmals jum Sorwurfe
gemalt worben: „Obwohl eSStaumhat, ben perftfchen
Äönig 187 mal unb fein Königtum 26 mal ju nennen,
fo fanb es hoch {eine ©elegenheit, ©otteS auch nur ein
einjigeS ÜJlal ju gebenfen", Sunj, ©otteSbienfl. Sortrfige
6.14.16. — 2>ie Semerlung ifi richtig für ben mafore*
thifchen Xejt unb Vulgata. ®ie Sufäfce nennen ben
tarnen ©otteS oft. SBenn A unb Jos. j. S. 4,14 ben
Flamen ©otteS, wo er im H. unb B, festlich abfichtlich,
umfehrieben ifi, haben, fo fpricht bo<h ber Umfianb, baff
er uur ganj oereinjelnt toorfommt, für bie Urfprünglichleit
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262
Sdjoij,
beS maforethiföen SepteS in biefem gaHe. Mein bie
©a$e ifl nic^t fo bebenfliih, rote man meint. 3>er 2Ribraf<h
fagt barfiber: „SebeSmal, wo „Äönig" — „Äönig" ifl
eine namentliih in fpäteren 9999. gewöhnliche 99eget<bnung
©otteS, Jer. 10,10. Tob. 13,6.11,16 u. ß. — allein im
9. Sftyet fleht, ifl ©ott gemeint, too Std^afc^öerofd^
babei fleht, bet Äönig biefeS StamenS". ^iebei ifl nur
bie Untertreibung jjotf^en „Äönig" unb „3l<haf<hoerof<h"
falf«b, benn baS 99u<h brauet, ohne bajj ein Unterzieh
erlennbar tofire, beibe tarnen promiscue j. 99. 8,1. 2;
ja eS werben non bem „Aönige" 5Dinge erjählt, bie für
©ott ni<ht paffen, j. 99. 3,16, Wo et mit $aman trinft.
8l{haf<h»erof<h ifl bie mefftaniföe 3Wenfd>^eit in abstracto,
bie, aüerbingS nitht ganj, ba fie na<h ben SÄuSfprüd^en bet
Propheten bie ©abe bet 3nbefeftibilität befifct, abfaüen
fann unb wirb, ©ie lann alfo in „#aman“, bem 99öfen,
ober in „SWarboöhäuS", ihrem wahren meffianifihen Sßefen,
aftito Werben, ober »ielmehr beibe ringen um bie $errf<haft,
wobei halb ber ©ine halb bet Stnbere bie liebermacht
erlangt, ©obalb baS 99öfe aber baran ifl, bas meffianifehe
SReüh }U Bemühten, befinnt fi<h „9l<baf<boerof$" auf
feine eigentliche Statur, unb bereitet ihm ben Untergang.
3. ’3T10 Mordechai, ifl nach Ghull. 139 b bie <hal*
bftif<he Ueberfefcung oon: tftn QVb 2 SR. 30,23,
tran taiö bie reine SRprrhe. ©ie wirb HL. 4,8.14.5,5
ogL @fih- 2,12 ber 99raut, ber meffianifihen Äirdje,
beigelegt als ©pmbol ber $eitigleit. ©benfo fagt baS
Targum in betreff biefeS StamenS: ... eo quod similis
esset myrrhae purae, o/wqvcc extern; bei ben LXX.
SRarbochäuS repräfentiert in ber meffianifihen 3eü gunäihfl
baS enbliih belehrte Sfrael, bann baS gange SBolf beS
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Sic Kanten int Cudj« @ftf)cr.
263
SWeffia«, ngl. p „©fther". J)afe bet 9tame (Sita, 2, 2.
•Jteh- 7,7 al8 ißerfonenname norlommt, fleht biefer
»uffaffung ni#t entgegen. Sfa# bet SRante „XobiaS",
bet im 35. £obia8 fpinbotif# ba8 belebtte 3ftoeI be»
jei#net, baäfelbe, was im 35. „(Sflher" »Mardochaeus«,
fommt al3 ißetfonenname not. 3lu# »Salomo« im
^obenliebe ifl ni#t bet Äitoig biefeS -JlamenS, fonbetn
bet ©mpfänget unb auch toiebet bet 33ermittler beö
mefftanif#en gtieben« an bie „SÖraut", 8,10.
4. triDK (Sflher. S)a$ SBort fott ft# nach bem f£al=
mub auf 5 3JI. 31,17 beziehen: *3# netberge ’mmDn
mein 9lngefi#t". ®er Sinn ifl paffenb, bie 35ejiehung
aber nicht nottnenbig, ba e« ft# au« bem 35u#e felbft
erflätt, inbem (Eftljet 4,11 fagt: Siiemanb bilrfe pm
Äönige, „i# aber bin ni#t pm Äönige gerufen worben
nun f#on breifeig Sage“. So lange bat alfo bet Äönig
fein 3lngefi#t not ihr netbotgen, toat ungnäbig gegen
jte. ®et hebräif#e £ejt allein — unb na# #m Vulg. —
fügt no# einen 9iamen bei: „nD“in Süpttbe", bet eben
beShalb, weil et ©loffe ifl, erflätenb fein WiH. ®ie
HJtprthe ifl, wegen beS angenehmen ©eru#e8 ihrer 35lätter
unb #tet 35lüten, Qef. 41,13.19. 65, 13. Q a#. 1, 8.
10.11, Spmbol beS mefftanif#en Sftei#eS. 3m 35.3ubitb
wirb ebenfo „3ubith" 15,13 mit q ilala bet Delbaum,
bet na# 3er-11,16 Spmbol 3ftael8 ifl, erflätt. „ (Sflher"
repräfentiert pnä#fl bie belehrte ^eibenwelt, unb ifl
fo ibentif# mit Sara im 35u#e £obia8, unb bann bie
mefftanif#e fiit#e überhaupt. „2ftarbo#äu8" unb „(Sflher"
fteüen wie „StobiaS" unb „Sara" bie mefftanif#e 2Jtenf#=
heit bat — erflere, SRarbo#äu$ unb &obia$, pnä#ft ba§
belehrte 3frael; testete, (Sflher unb Sara, bie belehrte
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©<$oIj,
$eiben»elt. Sie UnterfcheUmng bient feboch nur bec
Sarßettung, »eil beibe bann ohne baf) man bie Elemente
unterfdheiben tann, bie (Sine Äird&e be8 SOtefftaiS ftnb.
Sa8 richtige SerßfinbniS be« Sud&eS fdfjeint ba$ Targum
mit ben äBorten auSjubrüden: Vocabat autem eam
Hadassa eo quod esset justa; justi vero sunt, qui
assimilantur myrtho; Esther vocabat eam, qnod vere-
cunde se absconderet domi Mardochaei Septuaginta
quinque annos b. eine ©fil= ober ßeibenäjcit, bie 70
3ahre bauert, 3er. 25,11. San. 1.24, unb 110 $ barüber,
benn fte erhält nach 3 e f- 40/ 2: duplicia pro omuibus
peccatis suis. &uf benfelben Sinn toeiß ber Same ihres
Saterä: B nennt fte SvyaxrjQ „apmtdaß — mein Soll
ifl mittig" b. h- bem mefßanifchen ©efefce freubig geborfam.
»Nadab« beifit auch Tob. 11, 17 bie belehrte Reiben«
»eit. H. nennt fte „Softer ^rt’3K 9U>i<hail’8", beS
SaterS ber Äraft, @otte«. Sa8 SBort iß bei VL. ju
Chilchel lorrumpiert.
6<h»terig iß ber Same ber oerßofjenen Königin
„Saßhi".
5. ’nttfi; A: Ovaouv; Jos: Ovaattj; B: Aaxv».
SaS v am 6nbe iß, »ie bie gorm bei Fl. Josephus
lehrt, nach ber getoöbntichen ©chreibtoeife ber LXX beb
gefügt, um ba$ SBort mit einem Äonfonanten ju fdfiliefien.
Ser Same lommt nur in bem Äap. 1. unb 2,1 oor, bie
erß entßanben ßnb, als ba« Such au£ bem 3ufammen>
hange mit ben SS. SobiaS unb Subith genommen
»utbe. — Sur hißorifdbeS Snterreffe hoben bei unferer
(Srltärung beS Suchet bie Serfudhe, ben Samen aus
bem $erßf<hen na<hju»eifen. Stein @e»ührSmann fagt
barüber: Vastbi mit Zend vahista ober neuperßfch be-
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Sic Kamen im S9ud)c (Eflljcr.
255
hisht-paradisiacajufammenjuftcllen liegt } war nabe. ©rofje
6<btoierigfeit macht aber bie fjemininenbung e ober i,
welche }toar im Slltiraniföen toorlommt, aber gerabe in
biefem ©orte nid^t. 3ta<b Justi s. v. vahista lautet baS
Fern, vahista ; WenigftenS !ommt ber Acc. vahistäm vor,
auch anbere Casus bom Stamme vahista, alfo nicht
vahistl ober vahi^ti. ©öglidj ifl bie gemininenbung
i, bei bem ©orte aber nicht belegt. — ©eiter fprkbt
gegen biefe Sufammenfteflung, wie bei pur mit bahar,
bafj h im $ebräif$en nicht auSgebrücft iji, was um fo
fixerer gegen bie urfprfingli$e ©inbeit jeugt, als baS
4jebräif<be bie ©utturale liebt. Stacbbem baS 89u<b nach*
maffabäifcb ifl, unb bie cc. 1.2, in benen baS ©ort allein
oorfommt, noch fpäter finb; naebbem lein perftfeber Stame
mehr oorfommt: ifl baf ©ort fidler ni<bt perftfeb- 9lu<b
nennen ber ©ibrafdb unb baS Xargum Saftbi „Tochter
SRabu^obonofor«", ber fte gewif? leinen perftfeben Stamen
jufdbteiben wollten. ffiertooH ifl, baff Gr. B baS i nicht lieft,
fonbenu/ortvbttt, 1 alfo nicht als rabifal, fonbern als &on=
junftion anfiebt. 3« unferem 8. ifl öfter »on einem HRable
bie Siebe: 1,3 oon bem, baS 9l<baf$toerofcb ben SKebern
unb ißerfem gab; 3,16 oon bem $aman’S, an bem
ber Jtönig Xeil nimmt, unb 6, 5. 7,1 oom ©able ber
©ftber. ©S {leben ft<b fo baS SKabl beS $aman unb
baS ber ©ftber entgegen. J)aS meffianifebe Sleicb Wirb
öfter im 91. %. unter bem Silbe eines ©ableS bargefteDt,
unb ba ber Söfe baS naebabmt, fo gibt auch er ein
©abt, 3ubitb 12, 15 ff. ©ie baS mefftanifebe ÜJtabl
©otteSbienft ifl, fo baS beS Söfen ©öfcenbienft, an bem
bie ©ere^ten ni^tXeil nehmen. SJeSbalb fagt ©r.6,35
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266
(Eftyet in intern ©ebete: ovx egxryev rj doiilrj oov fQane^av
a/ucev... ovde smov olvov anovöwv, unb erftärt ba8 0.32:
ßöeXvaaofjai xoirtp> dneQivfir^tm xal navrog äXXoiQlov
0. b-icb habe feinen ©öfcenbienft getrieben, toaS Sftbitb 8,20
toon Quba fagt, unb Sara, Xob. 3,14 mit benäBorten and«
briictt: xa&aQa elfu atto näorjg C'xaQ&ctolag c tvdgcg,
toobei avrjQ Ueberfefcung oon ^ys ift, ogl. 6<bol§, Äom=
mentar §. b. 6t.
6u<ben mir für — Asti(n) Vasthi ein ^ebr. ffiort,
fo bietet ft<b ’nttfn Hasch’thi, unb mit 1 —: THtfiTi
yehasch’thi, TiBh Vaschthi. intf fommt nur in bem
fpfiteren, mit ben 9333. (Sftyer, XobiaS, Sfubitb u. f. ».
Oertoanbten 93u<be Koheleth, 10,17, in ber 99ebeutung:
äßötlerei—toabrf<beinlkb in bem6inne unferer Stelle —
oor, unb ift ohne 3toeifet ebenbeSbalb baber entlehnt
S)er ißunltator, ber Dagesch forte ni$t fefcte, bat bie
SJebeutung beS SBorteS ni<bt erfannt.
5E)a$ SDBort toirb bemncub }u erllfiren fein „Unb
Sölabl, auSgetaffene« SJiabl" b. b- ba8 bem SRable be8
99$af(boetof<b entgegengefefcte SJJabl, an bem biefer, toie
on bem be8 ^aman, Xeit nimmt. 35a8 SRabl ber SBaflbi
unb bas be8 ßaman ftnb ibentif<b. 1,9 toieberbolt alfo
unter anberen formen ben ©ebanten oon 3,16.
3Rit „93afibi" ftnb bie tarnen ber ©unucben A I, 9:
Aatcajs unb VL.: Hastageas oertoanbt ober ibentif(b.
®iefe Flamen be8 urfprfinglidjen, ober relatio ur*
fprüngli<ben 93u<be8 betoeifen fomit, ba|ibre93erfafferba8
93u<b als ^Sropbetie in gorm eine« äJiibrafdj tooDten
oerfianben haben, unb lehren, bafj biejenigen, toel<be
„ißurim" unb bie Spnonpina oon „$aman" aufbra^ten,
baö 93ucb ri^tig etttärten.
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Sie Kamen im 8udje OEfttjet. 257
8lu3 biefer ©rflfitung oon „©flher" ergeben fi<h
einige ni$t unbebeutenbe Folgerungen.
SBenn „@üh et ' eine Sßrop^etie in F orm eines
SRibtafd^ iß, fo Bitbet baS einen weiteren 93eleg für bie
9ti$tigteit meiner Stuffaffung ber 93$. $obia$ unb Sfubith
in bemfelben Sinne.
®ie Sinnahme, ba§ bie ©rjählung oon „Sufanna",
b. h- ber93eWohnerinSufan’$, ber .gauptftabt be2 Slchafch;
oerofeh, in anberer Form bie ©ef$U$te beS 93ucheS ©fielet
Wieberhole, liegt nahe, unb wirb bur<b Fn^alt unb 3)ar=
fieüung betfelben ooH betätigt. Stte jwei Sitten jinb
ibentif<h mit ben jwei ©unuthen, bie ©fty. 2,21 bem
SebaföOerofö nach bem Seben fiteben. ©iefelben tönnen,
ohne baf? babutch ber Sinn fi<B änbert, ate ©inet —
$aman; als fteben — bie ©unudjen unb bie Sßeifen;
al« je^n — bie Söhne #aman’S, erfdjeinen, weil eine
3bee atd ©ine unb na<h ihren betriebenen Seiten bar=
gefleDt werben lann. Sufanna repräfentiert bann bie=
felbe 3bee, Wie Sara im 33. Tobias; wie ©flper unb
Fubith in ben 3993., bie beten tarnen tragen; unb
„Daniel" biefetbe wie £obia$ unb SJlarbodjäuS. — SBenn
„Sufanna" pm 93. Daniel getrieben würbe, fo ifi
©in ©runb gewifi in bem -Kamen „S)aniel" p fu$en,
ben „Sufanna" erflftrt.
!Ka<h ©ufebiuS unb 3lpolIinariu8 bei S. ^ieronp;
mu8, Prooem. comment. in Dan., fianb bie lleberfd^rift:
ex ngotpr/relas ’Afißaxovfi vioi ’bjoov ix %fjg tpvlrs
Atvt, bie jefct oot „33el" unb „®rache" [ich ftnbet, ehe=
bem oor „Sufanna". S)ajj bie nQognjzsia früher umfang;
reicher war, lehrt „ex." Sie hoben jwar leinen ©runb
für biefe Angabe angeführt, pr Stüfce aber bient ihr
S^eol. Quartalfdjrift. 1890 . $«ft II. 17
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bie Ueberfebrift Dot „©ufanna" in Cod. 232 bei Holmes-
Parsons, V. T. graec.: ogaaeig zov nqoq>rjtov JanajL
za xccicc zovs ngeaßvzegovg xai 2ovaawav. Cod. 23& ib.
bat bie allgemeine Ueberförift in eine befonbere bet»
manbelt: opafftg zov aoiponazov davajk xaza Sovoawijg,
f. unten. ®er Araber, bei SBalton, -bat al8 Ueberfdbrift
)U „Sei“ unb ,®rad>e": Visio dnodecima. Historia
Bil idoli; Historia Draconis. äBenn bie beiben Heber*
f<btiften, toie laum ju bejtoeifeln, urfptünglicb ibentif<b
ftnb, fo ift fiatt „^abaduf" ol8 fbnonpm „Xaniel" ge*
fefct, toa8 ri<btig ift, ba jeher 3ftael repräfentiert. 3)ie
aenbetung erfolgte batmreb, ba§ „©ufanna" an oer*
f<biebener ©teile eingefe$t tourbe: Xb e °botion bat ba8
©tüd Dor „S)aniel" toie ein argumentum ju biefem
Suche, toa8 e« in ber Xbat ift; LXX am Snbe, toie
einen Nachtrag.
2Benn „©ufanna" ba« Xbema Don „ßftber" unter
anberer gorm bebanbelt, fo fann e8 feinem 3 We *fel
unterliegen, baf? bie bamit unter gleichem Xitel (leben*
ben ©rjäblungen Dom Sei unb Dom Xradjen nidjt ©e*
f(bi«bte, fonbetn propb e ttfc£>e 'Utibrafdbim, bie benfelben
©inn haben, fein tooQen; bajj fie Variationen be8 näm*
lieben Xbema’8 ftnb. 3)er Qnbalt unb bie XarjteUung
betätigen biefe Slnnabme oottfommen.
©ine mpfteriöfe ©rfebeittung ifl ber $ropb et ^abaefuf.
Nomen Habacuci ad abstractiva, quorum vocalis u ...
propria est, et simul ad iterativa, quae reduplicatione
formantur, pertinet. Significat igitur vel luctationem
vel amplexationem, Delitzsch, De üabac. proph. vita
atque aetate p. 3.
®ie Sebeutungen „Äampf" unb amplexatio, fei e8
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Sie Kanten int Sudje (gfiljer.
259
lefctereS in bemfelben Sinn, ober in bem ton enger
Serbinbung, toie jttrifdjen Tobias unb Sara, weshalb
im S. Tobias gerne ber SluSbrud oi dvo gebraucht
wirb; wie zwifdjen 3Karbo<häuS unb ©ft^er, entfprechenbem
Sinne ber uns unter biefem Flamen erhaltenen Stüde,
©rflere perbient jebodti ben S3orjug. pan iji oertpanbt
mit patt» bas im Niphal bom Kampfe Safob’S mit bem
6nget am gtügchen Sabbof, baS baher feinen Flamen
erhielt, gebraust ifi, 1 9R. 32, 26. liefet Äampf iji
f<hon bon $ofeaS 12,5 (4) als ©ebetsfampf erftärt.
S)aju fiimmt trefflich, bag ßjther ihr ©ebet im Jtampfe
gegen £aman als ayurv, im @r., bezeichnet, unb bag
auch im 33. Subith ber Äampf ber „Suben" nur im
©ebete beflebt. §ür bie rein appellatioe Sebeutung beS
SBorteS ^abadul lägt fich noch anführen, bag berfelbe
unter ben zahlreichen Flamen, bie namentlich bie fpäteren
©efchichtsbücher nennen, im ganzen 3t. %. auger in bem
prophetifchen Suche unb in „Sei" unb „S)ra<he" nicht
mehr porfommt.
■Kach 3)orotheuS in feinem Syntagma de Prophetis
(in baS Ghronicon paschale aufgenommen) unb @pi=
phaniuS fott^abadu! aus bem Stamme „Simeon" fein.
2>ie pon latholifchen ©eiehrten Pertheibigte Meinung,
bag toir zwei £abaduf zu unterfcheiben hätten: ben
Serfaffer ber unter biefem -Kanten unter ben Äleinen
Propheten jiehenben SBeiffagung, unb einen, aus beffen
Such „Sei" unb „®ra<he" flammen, hat bemnach einen
getoiffen ©runb. ®ie Schwierigfeit ifl jeboch anberS
Zu erfläreu. 3Bir haben nämlich noch analoge gäUe:
ber „Sube" bei ben ©r. SJlarbochäuS unb bie Tochter
feines Perftorbenen SruberS finb mit bem Stamme „Sen-
17*
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260
Sdjolj,
jamin" ©fib. 2, 5.7; ©aniel ift aus bem ©tamme „3uba"
©an. 1, 3. 6 — na# „Sei" v. 1 ^rieflet; DjiaS ifi na#
Subi# 6,15 aus bem ©tamme „©imeon" — na# bem
SDtibraf# baju ^rieftet, gerabe tote |>abachif, Dgl. ©#otj,
3lubi# eine ißrop^etie ©. 40; ©ufanna ifi na# v. 57
aus „3uba" na# bem ©pr., Edit. Heracle., bie ©o#ter
beS ißriefletS ^ellana. — ©obiaS unb ©ata finb aus
bem ©tamme „3lep^tBali" 1,1. 6,11. — ©a überall
biefelbe Qbee, baS ^Srael beS 31. 35., bargefieHt ifi, fo
lönnett bie -Kamen ber ©tämme beliebig gemäht »erben,
ba jie ja bo# fpnelbo#if# ju uerfieben finb. ©ie
•Kennung ton jtoei ©tämmen ifi als eine rätfe#afte
©rllätung beS ©inneS beS ©anjen anjufeben, toie na#
Vulgata in 3ubi# 8,1 ^ubitb »ott ©imeon unb Don
Stuben abflammt, ©ie Serf#iebenbeit in ben Angaben,
tt>el#ein ©tamme ^abacEuf angebßre, ifi alfo ein $intoeiS,
baf? betfelbe ni#t als pbbftf#« s j5erfon angefeben »urbe.
2Bie haben mit unS bie nqoq>tjisia beS ^abacfuf
ju benlen? Sta# bem ©efagten gehörten ju bemfelben
baS Su# ^abaduf, ©ufanna, Sei unb ©ra#e. „@u=
fanna" ifi aber ni#t nur bem Inhalte na# mit „©fibet"
eins, fonbern es lebrt barin au# ein »efentli#er-Karne
biefeS Su#eS triebet: „©ufanna", »ofütbie ©prer eben=
falls „©ufan" haben; unb fleht bur# ben Stamen „©aniel"
bet barin erllärt wirb, in glei#et Sejiebung jum S.
©aniel, baS ft# als eine Sammlung toon propbetif#en
9Kibraf#im über unfet ©bema ertoeifi. „©ftber" bat
»abrf#einli# mit „Subi#" unb „©obiaS" früher ©in
Su# gebilbet, „$obeSlieb" bebanbelt baS ©berna »on
„©obiaS" unter anberen formen.
®te nqofprjtsla §abaduf’S f#eint fo eine grofje
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2>ie 9tamen im fflutfjt ©ftbet.
261
Sammlung non prophetifchen SJHbrafcbtm gewefen gu
fein, in benen bie Äämpfe Israels beS 31. 33. gegen ben
lebten geinb bargefteHt waren, unb woju bie mafla=
bäif$en Äämpfe unb Siege ben jeitgef$i$t(i$en hinter*
grunb abgaben. Xagu paßt bet ißame „|)abaduf, äymes,
Äämpfe“ als lleberfchrift trefflich- Xer Xitel nQoqnytela
lehrt, baß baS unter biefem Xitel Stehenbe als ^$ro=
phetie, nicht als ©efdjichte, angufehen fei. XaS 93uch
war fo eine 2Crt oon ©egenftüd gum über bellorum
Domini 4 9W. 21,14. Xa eine grie$if<he ^anbfd^rift
oQaaeis, bie anbere ÖQaatg bafiir fefct, fo flanb urfprüug=
lieh: ptn Xan. 11,14. 9teh. 1,1, ©eftcht, baS mit bem
ißlural ober mit bem Singular im ©riedufd&en iiberfefct
werben lann.
gür bie ©efchichte beS Äanon ift biefe ©rllärung
»on „©fthet" Pon hoher SJebeutung. Xie fo Piel na<h=
gefprochene Sngabe beS Flavias Josephas, c. Apion. I,
8, baß baS feit SlrtajerjeS, bem Sohne beS XeryeS,
©efchriebene: nlarswg ov% o/uolag tj^lunat töls ngo
avrwr, gehört gu ben nicht feltenen SluSfprfichen biefeS
SdhriftfleHerS aufs ©erabewohl, unb ifl nach bem 3»ölf=
prophetenhudhe fingiert, weil er bie unter SlrtajerjeS
wirlenben Propheten fälfchtich als bie jüngflen anfah-
ÜRir wirb immer wahrfcheinlicher, baß bie SBflcher unter
ben kleinen Propheten, bie leine Ueberfchriften hohen,
atS' bie fpäteflen fich erweifen werben. — @ine anfehn=
liehe 3ahl ber gum Äanon beS 91. X. allgemein gewählten
©üchet fuib nachmatlaböifch. ©inen eigentlichen Äanon
haben bie $uben bis lange nach ©hriftuS nicht gehabt,
fonbem man richtete fich wie in ber tatholifeben Äitche
bis gum Xribentinum, wo bie ißrafiS fanftioniert würbe,
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@d)oia,
nach bcm ©ebraucbe ber Synagoge. Daburch würbe
möglich, bafs Sücher, bie früher in ben Spnagogen, auch
in ^ebräifc^et Sprache, im ©ebraucbe waren, wieber
eliminiert würben, unb jwar um fomehr als ber Slbfcblufc
be« jübifdben Äanon in bie <hrifUi<he 3eit fällt, wo ber
©eiji ©otteö nach chtiftlicher Sehre »on Sfrael gewichen
unb auf ba« ©hriflentum übergegangen war. möchte
aber nicht annehmen, bafj bie ©timinierung früher als
lanonifch geltenbet Süd&er auS Solemil erfolgte; ftc
fcheint oielmebr bie SBirfung einet jwar richtigen, aber
falfch angewenbeten ©rlenntnis ju fein: „Tobias" be*
fpricbt baS nämliche Db e ma wie „fpobeälieb"; „Subith,
Sufanna, Sei, Drache" baSfelbe wie „©Über", unb
fcbienen fo entbehrlich- DaS Setfahren ifl falfch, weil
biefelbe Sbee als eine oielfeitige »ielartig fattn bargefteHt
Werben unb bargeflellt Wirb, Wie bie SS. ber Propheten
an ben jablreichen ©teilen, bie baS nämliche Schema be=
fptechen, lehren; unb hier inlonfeguent, weil bann auch
baS Such Daniel jum großen Steile unb baS S. „SonaS",
baS ben ©egenfknb oon „DobiaS" in anberer ©eftalt
befpricht, hätten weggelaffen werben müffen. Die Addi-
tammenta in „©ftber" Oerwerfen unb baS Such ©Über
anerfennen ift unbegrünbet, ba, wie f<hon ba8 SetjeichniS
ber -Kamen lehrt, unb bie ©yegefe be$ Suche« burchau«
beweifl, bet bebräifche Dejt am meifien glofjiert ifl,
unb e« leinen Sinn hat, hebräifdje ©loffen beijubehalten,
unb bie griedhifchen ju oerwerfen, unb jWar um fo weniger
als eine Setgleichung ber Additamenta bei ben ©riechen
unb bei gla&iu« Sofephu« mit ooller Sicherheit beweifl,
unb auch UeberfejjungSoerfchi ebenbeiten entfcheiben bafür,
bah auch biefe urfprünglich hebräifch gefchrieben waren.
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SMf Warnen im SBucfye ®ftt)cr.
263
SttS fRefultat ergibt aus bem ©efagten bie tooKftänbige
wiffenfdbaftlidbe ^Rechtfertigung be$ fatbolifcben Äanon,
bentt e$ ift unmöglich jroifcben einer Slnja^I allgemein
als fanonit angenommener Südbet unb beuterotanonifcb en
eine fac^Uc^e ober seitliche Unterfcbeibuug ju finben; ja
ei ift fogar gut möglich baff einzelne ber leiteten Äate=
gorie angebörige SSxic^er biefelben Serfajfer ^aben mit
folgen ber erfleren.
SBertooH finb bie gewonnenen Stefultate für bie
@e tt te ber ßjegefe. 2)ie altegorifc^e ©rtlärungS*
weife ruhte auf guter Xieberlieferung, benn ei gibt eine
Slnjabl allegorit getriebener ©üeä^er unb ©lüde in
ber Sibel. ©ie fehlte baburch, baff fie bie 3lQegorie
willfürlicb unb tantaftifd) betrieb, unb auf Sücber, bie
nicht allegorit fein wollten, anwenbete; bie ^iftorifcb-
grammatifcbe behütete eine ÜDtenge non SRiffbräudben,
bie mit ben bl- Sücbern getrieben werben tonnten unb
würben, allein fie binberte baS SerftänbniS ber aHegorifdh
getriebenen Südbet unb ©tüde, unb tuf eine SDlenge
oon bibliten Unerflärlidbfeiten.
3um ©bluffe fott noch eine, wie ei teint, neben=
fachliche ftrage berührt werben.
SMe Sebeutungeu ber Flamen im S. 6ftber feftju=
{teilen ift bodb nidbt fo twer. 2Barum finb fte nidbt
längft ertannt?
Obgleich nadb latboliten ©runbfäben VL, LXX unb
in unferem Suche auch Xb>eobotton, weil fte in ber
Äirdbe gebraudbte Serftonen waren ober finb, ebenfo
autbentifcb finb als Vulgata; unb obgleich ber hebräite
Xe;t ihnen nicht nachfteht: würbe bodb auSfdbliefjlich bie
Vulgata ertlärt. Stuf ©runb biefet aber bie Sebeutung
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S)ie SRamen im 83uc$e £fif)er.
bec kanten, beiten man mohl auch leinen entfCheibenbeu
SEBett beimah, entziffern, ift unmöglich. Sonft aus ber
Yulg. ben wahren ©inn $u finben, ift baburch etfdjteert,
baff bie Additamenta, ganz unjtoedmäfeig, einen Anhang
jum Suche bilben. — Auch mürbe baS Such, allgemeine
Sefptechungen abgerechnet, fe^r toenig erfläri, tvo^l Weil
man an einem fixeren SRefultate terztoeifelte, unb bielleicht
auch tnegen feines Inhaltes, ba eS, gerichtlich »erftanben,
maS allgemein ber $aU mar unb ift, bem Apologeten
ber SBibcl eine nicht ju bemältigenbe Aufgabe fteHt.
5£>ie ißroteftanten nahmen bie Sücher beS iübifdjen
Äanon an, unb teilen mit ben 3>uben bie Ateinung bon
ber faft abfoluten gehlerlofigleit beS maforethifchen XejteS.
SBenn man aber bei unferem Söuchte bie Setftonen nicht
als gleichberechtigte 3eugen anerkennt, unb bie „3ufä|e"
berroirft, muh „ßfther" unerflärbat bleiben. @ine @r=
tlärung beS SudjeS ift bemnach hi er aus bogmatifChen
©rünben nicht möglich getoefen. — SDie 3ufÄ|}e finb
©loffen unb reprafentieren fo bie ältefle auf uns getont*
mene ©pegefe beS SucheS. äBenn man bemnaCh bas
Such unter 9ti<htberiictrtchtigung berfelben einzig nach bem
$ebrdtf<hen erllärt, fo ift baS berfehlt, jeboch, menn
auch mit fehr befChräntten Stefultaten, möglich; menn
aber grifcfche bie „Sufäfce* b. h- ben Äommentar ohne
baS Such erflürt, unb noch baju, aus polemifchen ©rünben,
ftCh bemüht, fte in ©egenfafc zum Suche zu bringen, fo
ift eine größere Sertehrtheit niCht benfbar, unb baS
Stefultat muh fein, mie eS ift, bah man nach $)urch*
mufterung ber Arbeit über bie 6ache fo tlug bleibt als
man oorher mar.
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3.
goteinifdje Junten, ftnttyljimen u. f. m. aus bet e&e«
maligen ttaDegiatfirdje, bejm. beut früheren Senebiftiner*
Hafter ju @Hmangen.
Cin Settraft |sr {ftmnabgie nnb inr SeWiiftte fcer
Benannten ftird&e.
«o n $rof. Dr. Sagelntann.
6djlu&.
[Kol. 68] 49. Responsorium Nonum.
lmperatoris filius
a demonio vexatus
per 8anctum puerum Vitum
Sensum recepit pristinum.
f Magnificavit illum Deus in conspecfcu regum et
in verbis suis monstrum placavit. Sensum.
50. Landes. Ano.
Extensum penaque carperet ossa tenella
Yitum cum sociis statutum cura Tonantis, Arm.
Incumbit precibus, dum tendit ad ethera Vitus,
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266
Sogtlmann,
ad quem vox Christi fit: siut rata queque pe-
tisti. Ann.
5 Quas afflant animas Vitus sociique beatas,
Christe, loeas celos glebas florencia gl-bis
0 Benedicte Deus, cunctis beuedicere rebus,
premia qui Vito reddis gratis benedicto.
Celorutn dominum collaudant quoque beatum
10 et Viti martiris iam Spiritus ymui et omuis.
1 unb 2. ®a« banbfcbriftlid^e penaque ift ttid>t nur
gegen baaüRetrum fonbern auch ohne Sinn; pena quae
»äre ebenfalls unoerftänblicb. 6« bebarf eine« Sorber*
fafce« §u v. 3. SDarum lefen toit quum, »oju ftdj ber
Äonjunftto carperet trefflich fdbicft. Ossa tenella ifi al«
fog. Accusativus graecus mit carperet ju oerbinben (uergl.
oben n. 11 cor dilatatus), unb cura ift ©ubjeft. Sonadb
erflären toir: 211« ben auf bem 3Jtartertoerf}eug au«ge*
fpannten Situ«, ben famt feinen ©enoffen (bieju) bin-
gesellten (unb beftimmten), an feinen jarten ©liebem
bie Sorge um ben ®onnerer ftücftoeife jerfteifcbte; ba
toanbte ftdb Situ« ju inbrünjiigem ©ebet u. f. to. Cura
Tonantis ifl genau fo gefagt, toie Sitoiu« 6,41 (gegen Snbe)
deorum cura = Sorge für unb um bie Serebrung ber
©ötter. Tonans brauchen befanntlicb bie flaffifcben dichter
nicht feiten §ur ^Bezeichnung ^uppiter«, unb biefer ift,
toeil oberfter ber römifcben ©ötter, bi er al« Settreter
ber gefamten beibnifchen ©öttertoelt gebaut. ®et Sinn
ber Stelle ift atfo: ®ie Stömer ueranftalteten bie harter
be« bt- SHtu« au« Sorge unb ©ifer für bie Serebrung
ihrer beibnifchen ©ottbeiten. — 4 queque. Such ißlautua
unb ©iboniu« brauchen quisque für quicunque. — 6 güt
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Sütoanger fttjmntn.
267
celos märe celis ju ertoarten, weniger toeil bie Hafftfdhe
Spraye locare mit bem SSlblatiü öerbinbet, als bamit
ber Binnenreim gewahrt märe. ®udb ftünben bann nid^t
brei gleite ÄafuS neben einanber. ©et erfie Bofäl im
lebten SSorte biefeS BerfeS ifi ganj unfenntlidb, nur
burdb einen Wagred&ten Stridb angebeutet, unb bie brei
lebten Budbflaben (bis) ftnb oiefleübt, wenn auch non
gleicher $anb, bo<h erjt fpäter beigefe|t. 3Bir oermuten
glebis unb erfläten florencia burdb fiampen ober Seudbten,
Orgl. Du Cange, ber inbeffen nur lib. 2 Paralipom. 4, [21]
bafflr angufübren weife. Brgl. auch bie blütenäbnlidben
Berjierungen beS fieudbterS 2. Sftof. 37,17 fgg. Gieba fdbeint
ben aus 6rbe geraffenen SKenfdben anjubeuten, fo bafe
ber BerS auSfprädbe: „GbrifhxS, bu oetfe|efl fte, bie
3rbif$en, in ben ^immel als ßeudbten für bie (übrigen)
3rbifd&en. — 7 Benedicte bat in b. $f. grofeeS B nur
barum, toeil bem Schreibet bie ^nterjeftion 0 gur 3uS=
geidbnung beS Anfangs biefeS BerspaareS wohl nicht
auSjureicben fdbien. ©er ^nfinitio benedicere ifl unfereS
(SradbtenS nach griecbifchetSBeife imperatioifdb gebraucht. —
9 quoque enthält einen ißrofobiefebler unb präfentiert
fidh als blofeeS glicfwort. Söabrfdbeinlidb flanb urfpriing=
lidh usque. — 10 ymni. SangeS i ttirb audh in ber
flaffifdhen Ißoejte oor Bofalen guweilen nidht elibiert,
fonbem nur üerfürgt; omnis fteht bem 3teim gu lieb für
omnes (et omnes hyrnni), wiewohl biefe Snbung flafftfdh
nur für ben Slffufatio im Braudbe toar.
Such hier toie oben n. 17 unb n. 23 Ieonifdbe
meter in gmeigeiligen Strophen.
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268
$oge(mann,
51. Ewan. Ann.
Gaudens ecclesia dominum benedic benedicta
missa domo David, quam vera redemptio fisit *),
dum dedit hec festa tantus puer iste propheta,
hic , per quem noxis sit ut ipsa remissio uostris,
in tenebris verus nobis oriatur Eous.
[Fol. 69] 52. Ann. Ad Terdam.
Qui Syon es dominus celestis, te decet ymnus,
cuius hic electus tenet atria gratis adeptus.
Gratis ift unnötig mit futjer ©nbfilbe gebraust.
Ann. Ad Sextam.
Vitus ceu palma celorum floret in aula,
inque domo domini viret ut plantacio cedri.
Ad Nonam. Ann.
Quem prevenisti dulcis benedictio Christi,
iam Vito vitam tribuisti sepe petitam.
Fol. 81] EC. In Festo Deoem milinm m&rtyrum *).
1) fisit ft. viait. —
2) alte (Sfltoanget Äatenbarium f)at biefeS fjeft, für bas
fonft allgemein, auch im Äalenber be$ Lib. cerem. Elv. unb im
proprium bon 1681, ber 22.3uni angefept ift, a($ jpatercn Eintrag
(14. ^fa^r^unbert) am 21. 3uni hinter Albani martyris, enttoeber
aus Serfrijen, ober, toa$ toaljrfdjeinlidjer ift, toeil ftd) Ijier mepr
(Raum barbot a!8 nad) »P&nlini episcopi Nolane civitatis« beim
22. 3iim* 3n Augsburg tourbe am lepteren Sage juerft nur
SRartprer Qutianuö, bann aud) ^aulinu«, unb erft bom 14. 3>apr*
tyunbert, fpäteftenS oom 3a^r 1386 an, aud) bie 10000 3ßärtprer
gefeiert. 3m oben genannten ^affauer Äalenbarium flnbet ftd)
feine ©rtoäpnung biefer SJMrtgrer. SBaS $öpnd 253 beibringt,
tönnte ben Gebauten nape (egen, baö fjeft pabe oon ÄugSburg
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dflnrnnger Knuten.
269
Ad vesperas. Super omnia Laiidate *).
53. Antiphona.
0 quam felix exercitus est iste,
qui, per te mortem imitans,
crucifixus tecum gaudet rex Christe.
54. Responsorium.
Salve acies indevicta
mortique crucis addicta,
Per victoriam
transiens ad gloriam.
Ir Odor bonns eras Christi, cui te obtulisti,
ipsum imitans in morte sua, nos defendens
prece tua. Per victoriam.
SBenn biefer SBerfifel jtoei quantüierenbe ba!tylif<$e
^ejametcr toorfteHen fott, fo enthält er mehrere SSerflöfee
gegen bie SJtetrif; ber 2. SSerS ift überbied ein 4>epta*
nteter unb tua rnufc al$ ©ponbeuä fungieren.
55. Hymnus.
($)iefe Ueberj<$rift ifi bon fpäterer ^anb eingefägt).
Rex gloriose martirum
corona confitencium.
aud feinen SBeg nach (gflmangen gefunben. 2)a jebod? baS Slugg*
butger S)turnale 0. 1584 biefe« Offizium ganj fürs abtf)ut, bie
hieftge #anbfchrift Dagegen e$ fo reich bebäc^t bat, wirb man
anne^men bürfen, bafj toenigften« bie ©ejängc nicht öoit SlugSburg
eingemanbert ftnb.
1) Ueber bie häufige Biubrif: Antiphona super omnia Lau-
dato f. Jpötyncf 81 fg.
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270
Sogttmann,
D. I 248. De communi plarimorum Martyrum.
M. 732. De martyribus. ad vesperas. fieSatten bcr 6Hto.
4>f.: 3 terrena, toie 9Jlone’8 betbe $ff. unb SRotb’8 £f.;
terrea ift Äorteltur, nrgl. D. a. a. 0. — 8 deliquimus.
®oyologie loie bei M., nur bajj bet le|te SSerS lautet:
et nunc et in perpetuum Amen. — 3lug3b. Diurnale
aestiv. Commune Sanctorum €>. 8 ftimmt genau mit
bet ^iefigen 4jf.
56. Ewang. Anna.
Gloriosa recolitur
dies, in qua grex mittitur
ethereis ovilibus,
constans ex decem milibus
fortissimorum militum,
quorum insigne raeritum
iuvando nos letificat
et dominum magnificat.
[Fol. 82] * 57. hmtatorimn.
Ad dominum vigiles cuncti convertite mentes,
tot sua qui pugiles elegit castra sequentes.
58. In primo nocturno.
Ann. Achacius legem Dei
meditando iugiter
et cum suis semper ei
militat humiliter,
Gesaris tormenta rei
pertulit viriliter. Ps. Beatus vir.
Ann. Principes dum conveniunt,
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(Sllnxmger £>tymnen.
271
Acfaaciom inveniunt
cum acie christicola
despicientem ydola. Ps. Quare fremuerunt.
Ann. Invocantes se dominus
exaudivit hos cominus,
dum Christi nomen colerent
et deo8 vanos spernerent. Ps. Cum invo-
carem. ir Exultent iusti.
[Fol. 83] 59. Responsorium.
Dum Rome teneret vanus
culmen rerum Adrianus,
Christi persequens famulos
libare cogit ydolie,
Plures ingerens stimulos
tormentorum Christicolis.
ir Beatus vir suam duxit Achacius
legionem, animavit pius. Plures ingerens.
[Fol. 84] 60. Responsorinm.
Videns Rome dux Augustum
ymolantem demoniis
elongavit agmen iustum
eins a cerimoniis,
Celorum regem colendum
docens solique serviendum.
ir Quoniam, dum vir erat,
et illi serviebat. Celorum.
61. RespoDsorium.
Propter irrefragibilem
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272
Sogetmann,
firmitatem veritatis
Cesar sanctis mirabilem
yim intulit feritatis,
Sed victus a martiribus
est regia Christi viribus.
y Nec fecit Cesaris furor dirus,
ut a domino deviaret
dux miles fortis ve *) mirus. Sed.
[Fol. 85] 62. In secundo nocturno.
Ann. Ut scuto coronabitur
hoc agmen et letabitur
cum angelorum cetibus
in gaudiis perpetibus. Ps. Verba mea.
Ann. Nomen dum admirabile
Jhesu collaudant stabile,
cum duce decem milia
celi scandunt sedilia. Ps. Dfie dns.
Ann. In monte sancto domini
quiescunt suo nomini,
qui sese toto *) dedicant
quem moriendo predicant. Ps. Dne quis
habitabit. i? Justi autem.
1) Steint betrieben ft. vel, maSmittellat. oft für et gebraust
ift, f. Da Cange unter vel.
2) SBfirbe tlajfifd) totos feigen. Mein eS föeint bod) fein
gelter eines ÄbföreiberS bor$uliegen. $enn toto fteljt mitteflat.
aud) abberbial im (Sinne bon omnino. 3ubem enthält je bie 5.
Silbe aller 4 Serfe biefer Strobb*, unb jtoar immer am dnbe
eines SBorteS, ben Söofat o, ein @(eid)ttang ber bem DIjre beS
$id)terS mobttljuenb getoefen fein mag.
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SHtoanger $tymneit. 273
63. Responsorium.
Dam m&ndaret imperator
Christi servos interfici,
Achacius gabernator
exercitus magnifici
Consensa türme comparis
edicta spemit Cesaris.
Ir Qaia sacro baptismate pridem imbutus fidem tene-
bat, a qua nullatenus flecti poterat. Consensu. [Sßrofa.]
[Fol. 86] 64. Respoii 80 riam Quintum.
Hortante beatissimo
exercitum Achacio
baptismatis post lavachra
despicuit simulachra.
Ir Multum enim valet exhortacio ducis indastria.
[Fol. 87] 65. Responeoriom.
Hodie dux Achacias
et Hermolaas episcopas
cam hiis, qaos baptisaverat,
cracis tormenta tollerat
Intrans per hanc victoriam
cam illis celi gloriam.
f Ecce vere Israhelita saos preit ita. Intraas.
66. Id 3° nocturna.
Arm, A domino laadabitur
et celo coronabitor
miliom decem agmina
yincens pro Christo maxima. P$. Conserva
me domiae.
Quartftlföiift. 1890. 4>cft IL 18
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274
Sogelmann,
Ann . Verba tune prevaluerunt
iniquorum super hos,
et isti nunc supervenerunt *)
ad bonores superos. Ps. Dni est terra.
Ann. Horum sanguis est effusus
a crucifixoribus,
quos baptisans presul usus
equis est bonoribus. Ps. Beati quorum
re. ir Justorum autem.
67. Ee8pon8oriam 7 m .
Sanctus ductor cum acie
domo triumphans gracie
decem precessor milium
nobis prestet auxilium,
Ut superatis hostibus
celi reddamur postibus.
7^ Innocens acies vincens in cruce,
que non expavit tot penas pro Christo
duce. Ut superatis.
68. Responsorium octavum.
[Fol. 88] Vere beatos milites,
qui, ut fierent celebes *),
1) Jöerförieben ftatt pervenerunt. $a8 öorljergeljenbe super
hos ober ba$ folgenbe superos Ijat ben gefjler öeranlafjt.
2) D. III, ©. 272 uttb I, ©. 77. 78 weist nidjt nur an $Wei
©teilen in $ptnnen (bet iljm n. 74, bei M. 88 , v. 15.16. unb D. n. 894
[wofür im ßitat unrichtig 348 fielet] v. 25—28), fonbern auch
au$ Sßrofaiften nach, baß caelebs im ÜRittetalter auch im ©inne
oon caeles gebraust würbe, unb M. fagt ju n. 697 y. 27 „caelibum
bie feligen 2Renfd)en unb bie @ngel. aJtottlj. 22,30". ©ie^e audj
M. änmerl. $u 271, 30. S)ie ©teile im obigen föefponforium ift
fomit ein weiterer Jöeleg für biefen ©ebraudj oon caelebs.
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(Sttwanget $pmnen.
275
omnes Christi pertulerunt
penas et apparuerunt *),
Cuncta visa sunt pridem,
dum in cruce vicit idem.
I V A domino sunt iterata
propter hos martires et renovata. Cuncta.
69. Responsorium nonum.
0 felix exercitus,
qui crucem imperterritus
conscendis unanimiter,
recolentes suppliciter
Cristi commendans nomini
Nos infer regno domini.
f Memor esto ienunacium,
tibi quos annuum
petisti complesse ieiunium. Nos infer.
70. Landes.
Amt. In hiis regnavit dominus,
et isti nichilominus
passi sibi similiter
1 ) 3Rag apparnernnt (b. h* in qnibus apparnernnt) Dom
SDidjter fetbft ^etrü^rcn, ober mochte ettta urfprfingltd) aperuerunt
getrieben fein, in beiben Sailen öermi&t man toor Cuncta baS
SRelatioum quae, unb auch baS SRetrum oerlangt toor cuncta nod)
eine Silbe. bem ®erftfei fteljt allerbingS Cuncta als Anfang
beS ÄehrreünS. 2lber enttoeber fanb man bei ber SBieberljolung
baS quae nicht angemeffen, unb infolge beffen tourbe bann bicfeS
©ort auch f$on im fRefponforium felbft toeggelaffen, — ober ift
in biefem baSquae irgenb einmal burch einöerfeljen ausgefallen,
unb Cuncta burch grofjeS C ausgezeichnet toorben.
18 *
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276
$ogefmann,
cum eo regnant iugiter.
Ann.
Hii sancti Deo iubilant,
nulleque res obnubilant,
quam perceperunt gloriam
per celebem *) victoriam.
Ann.
In Deum sancti siciunt,
quos iugiter aspiravit,
nec sitis hec est anxia,
nec sacies dat tedia.
Ann.
Creata, benedicite
Deum, qui tanto milite
celi stipat pallacium
insigne per Acbacium.
Ann.
Istorum per memoriam
intremus celi gloriam,
ubi Deum medullitus
collaudat omnis Spiritus.
71. Ewang. Antiphona.
Gristi miles Achacius
deos spernens audacius
cum suis crucifigitur
et angelis coniungitur,
qui iunctis tot victoribus
assit suis *) memoribus.
Unmittelbar barauf folgt:
1 ) SBirb rieüei^t celebrem feigen rnüffen. Ober follte $ier
c&eleta a($ Attribut gu einem ©ubftantio auch Zeitig" bebenten,
brgt. oben §u n. 68?
2) Siefleidjt sai ba8 SRidjtige.
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©nwanget ^qmnen. 277
72. Collecte.
Exultet, domine, plebs tua in sanctorum
decem milium memoriam tuorum,
Acfaacii, Hermolai,
Heliadis, Theodori,
Carcerii ac sociorum
eorundem florigera
passione, ut, quorum
votivo letatur officio,
relevetur auxilio.
[Fol. 89] In secundis vesperis !ommt ba$ Responsorium
*0 felixc tnieber oor, unb batauf folgt
73. Ew&ngel. Anna.
0 Achaci dux strenue,
tibi devotis annue
sacris cum decem milibus:
da dexteram bumilibus
nos solvens a piaculis
et omnibus periclis *).
[Fol 90.] X. In festo aaneti Benigni martiris patroni qoieaeen-
tia In noatra eoeleaia Collegiata Eiwangen, quod eat in
die Omnium aanetornm. Prime vespere non habentur Sed
tantum auffragium.
[Fol. 98] In secandis vesperis.
74. Ymnuß.
Deus tuorum militum
sors et corona premium.
J)ie 6. #f. ftirnmt aufcer Hinc ft. hic im v. 5 gatij
1) ©ollte wegen be& öotange^enben piaculis perionlis fjeifjen.
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278
Söogelmann,
mit b cm Slbbrud bei D. I 109 unter SBeglaffung ber
bafelbfi eingettammerten Strophen unb mit bem 2lug$b.
©iurn. Commune unius martyris p. 19. ©ie in ben
uerföiebenen toerfdjieben geftaltete unb toon D. nur
im Anfang mitgeteilte ©ojologie lautet in ber 6. #f.
Laus et perhennis gloria
deo patri cum filio
sancto simul paraclito
in sempiterna secula.
©ad 2fagdb. 99reb. meidet nur burep bie bei ihm
fiänbige Schreibung paracleto ab. SBrgt. M. 740. R.
272. 376.
[Fol. 106] ZI. In Festo Presentationis Marie Virginia. Ad
vesperas super psalmos omnia Laudate *).
75. Antiphona.
Fons ortorum *) redundans gracia
mundum replens celi muneribus
mater Dei fecundans omnia,
nos restaurans supernis sedibus,
florens ortus mox ab infancia
admirandis fulsit virtutibus.
76.
Rore celestis gracie
in utero perfunditur
mater misericordie
1 ) $a8 super omnia neben Laudate toar fo fehr §ur fteljenben
Sformel getoorben (ürgt. oben n. 53), bafj ^ier fogar psalmos
toor omnia hingetreten ift.
2 ) SlugSb. $iutn. p. 301 hat richtig hortorum unb v. 5 hortus,
lägt auch am ©chluffe ben Ps. Dixit dominus folgen.
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eUhmitger Rinnen. 279
ut stella splendens *) oritur.
A piia parentibus
per vota *) impetrata
templi penetralibus
est trima 8 ) dicata.
Tantilla puellula
virtutis exemplum
nulla freta gerula
ascendit in 4 ) templum.
Erudita puellula 8 ) regia
contemplatur mente celestia,
caritate flagrant precordia.
2lug$b. $)iurn. p. 301 unb SRorel n. 130. De Prae-
sentatione 6. V. Mariae. Antiphonae. Ad vesperas.
77. Responsorium.
Recolamus Virginia inclita
ac miranda laudum preconia,
infantilis 6 ) etatis merita
Et virtutis grata primordia.
ir Radiat gracia in puellula *)
et sapiencia folget in parvula. Et.
ßeSarten: 1) fflorel folgen«. — 2) SRord unbBugSb. votie
ft. per vota. — 3) ffioret trienni« ft. eat trima. — 4) $erfetbe
ad ft. in. — 5) HugSb. richtig puella. — SDie 4. ©tropfe fe^tt
bei ©torel.
$ie 1. ©tropfe iambifd), 2. u. 3. trodjätjd} unb in ben ge¬
raten Werfen um eine ©ilbe fftrjer als in ben ungeraben; 4.©tr.
breimal 5 Jamben.
6 ) $lug8b. $iurn. 302 infantule. —
7) $a$fe!be: radiat gratia iam in poella. $amit ficf) ttiie
im näcfcjten $er$ unb nne nadlet in bem Setfifel unter n. 82
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280
Sogelmann,
78. Ymnus.
0 Dei sapiencia,
attingens cuncta fortiter,
hamani lapsus vicia
sublevasti suaviter.
5 Snmpsisti formam hominis,
in qua mortem susciperes,
ex alvo nascens virginis,
ne consors culpe fieres.
Replens matrem dulcedinis
dono, dum alvo clauditur,
fit pena bonis inclitis,
ut stella fulgens oritur.
Amoris dans indicia
certa tarn efficaciter
15 tota nostra precordia
ad te traxisti dulciter.
Gloria tibi, domine,
qui natus es de virgine
idem manens in numine
20 patri cum sancto flamine. Am.
Ad completorium. Ymnus.
Eterni patris ordine
pdf? Silben ergeben, mirb p fdjreiben fein: Radiat gracia iam
in puellula. SBoHte man aber beibe Serfe gleich ben $erfiteln
faft aller SRefponforien jeljnfUbig gepalten, fo märe p fdjreiben:
Radiat gratia in puella unb im lepten Ser8 sapientia breifilbtg
p lefen.
[Fol. 107]
10
©ttnmitger $Qmnett.
281
in templo virgo conditur,
ubi mira dnlcedine
contemplando perfruitur.
25 Orationi dedita
et divinis obsequiis,
a mnndo prorsus abdita
archanis vacat stndiis.
0 miranda redundancia,
30 gracia data virgini,
que cnncta sunt flagrancia
et grata summo numini.
Mens, lingua, caro, Spiritus,
sensu8, affectus, actio
55 electa monstra celitus
in matrem Dei filio.
Gloria tibi, domine, etc. toie oben.
M. II342. D. I 299 unb IV 233. SlugSb. fciurn.
p. 302. — SeSarten: 4 M., D. unb SlugSb.: feliciter
ft. suaviter. — 9 M. unb D. Servans matrem a fomite. —
10 M. unb D. labis dum a. cl. — 11 M. unb D. plenaque
donis inclite. SlugSb. sic plena bonis inclitis (pena
in bet $f. natürlich fatfeh für plena, unb bielleicht
auch fit oerfchrieben für sic). — 29 M., D. unb SlugSb.
richtig: 0 mira ft. miranda. — 30 M., D. unb SlugSb.
gratiae unb D. datae. — 32 M. unb D. quae cuncta
sunt fragrantia. — 36 M. unb D. electam monstraut.
SCbet t>on ben brei #ff. ÜRone’S hoben jtoei, unb auch
baS SlugSb. ©regier, monstrat, toohl baS Urfprüngliche,
inbem ftch baS Sßräbüat nur an baS lc|te ©ubjelt an-
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282
Sogelmann,
lehnt. — 36 M. unb D. te matrem. 2)a aber 9Jtone’8
fämtlühe btei in matrem bieten, Wie ®. $f. unb
SlugSb. Stet?., fo barf te matrem al8 grammatiföe
Äorteftur gelten.
©iefe beiben Rinnen, weldhe urfptiinglidh einSanjeg
bilbeten, finb ^icr, toie in einer ©amberger #f- beä 15.
SahrhunbertS (orgt. Sllone a. a. 0.) in jwet fetbflänbige
Hälften jetlegt, non melden jebe mit berfelben SDojologie
fdhtiefjt. 3m Slufl^b. ®iurn. p. 303 fte^t jum Äomple=
torium ein eigener £pmnu3, welcher beginnt:
Sacre parentes virginis
steriles naturaliter,
unb beffen 5. ©tropfe bie gleiche ®oyologie ifl, wie jum
4>bmnu$: 0 Dei sapientia.
3n ber ©Hw. $f. fleht jwifchen beiben #hmnu8=
hälften (jur SSefper unb jum Äompletorium) folgenbe
mit ber im Slug«. SMurn. 303 faft gleichlautenbe
[Fol. 107] 79. Ewang. Antiphona.
Nove laudis adest festivitas
grata mundo ac celi civibus,
qua beate Marie sanctitas
templo data est a parentibus,
ut olive pinguis suavitas
uberius l ) redundat fructibus.
[Fol. 108] 80. In laudibus. Inyitatorium.
Votis et vocibus laudantes dominum
Instemus laudibus virginis virginum.
3lud& 2lug3b. SJlofturttale fol. 250.
1 ) ÄiigSb. 2>iurn. richtig: nberibus.
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(Sflnrnnger Junten. 283
81. In primo nocturno,
Ann. In templum Dei gradibus
ter quinis erat aditus,
quos compositis *) gressibus
ascendit fulta celitus. Ps. Dome dnus.
Ann. Nichil insolencie
virgo pretendebat,
nam lax sapiencie
in ipsa fulgebat. Ps. Celi enarrant.
Ann. Ex affectu supplici
Deo famulatur
sed ex gesta simplici
cernentes hortatar. Ps. Dni est terra.
"fr Specie tua.
Sei SJlorel toieber unter n. 130. Ad nocturnos.
SlugSb. 9toft. fol. 260. In primo nocturno ganj über-
einfiimmenb mit obigem $eft.
$)iefe brei ©tropfen finb gebaut toie bie erfien
brei unter n. 76, ausgenommen, bafc bort bie erfie ©tropfe
jtoeierlei Steime enthält. — ©ie finb in ber @.
(fol. 117 u. 118) unb im SugSb. S)iurn. p. 305 toieber»
$olt §ur Sßrim, £er$ unb ©ejt.
[Fol. 109] 82. Responsorium primum.
Mente sancta fuit et hnmilis,
splendens *) ornatu gracie
virgo pia, unde sit 3 ) nobilis,
Thronus dignus fit regi 4 ) glorie.
1) Compositis quos bei Sflorel fc^etnt jur Serbeffetung be8
3Jietrum$ umgeftefli.
SlugSb. SRoft. fol. 250 $at 2) non splendens baS üont Metrum
geforberte omni — 8) fit — 4) regia.
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284
Sogelmantt,
Ir Throniis eburneus cum auro fulgido,
venter virgineus cum corde provido.
[Fol. 110] 83. Responsorium secundum.
0 quam pulchram *), quam sanctam decuit
matrem esse, que Deum genuit,
lacte quoque uberum aluit,
Strinxit ulnis, manibus tenuit.
'fr Tanto regi fit tanta *) domestica,
quem vestivit humana tunica. Strinxit.
[Fol. 111] 84. Responsorium tercium.
Ordo rectus servatus noscitur,
dum Maria in templo conditur,
nam contemplans Deo perfruitur,
Sic ad alta mens eius rapitur.
Ir Cum in mente verbi lux oritur,
digna verbi mater disponitur. Sic.
äugSb. ebenbaf.
85. In 2 do nocturno.
Ann . Omni virtute predita
totum dat ad hoc Studium
ut Deo tota subdita
devotum dat 8 ) obsequium. Ps. Eructavit.
Ann. Rex virtutum sibi mirabilem
matrem fecit, mitem et humilem,
omnique 4 ) dote spectabilem. Ps. Deus noster.
ShigSb. ebenbaf. 1) puram — 2) richtig tarn.
3 fog3b. SRoft. 251 in ber 2. Slolturn bietet richtig 3) det obse-
quium — 4) omni quoque, unb ljat bie erfte Strophe Wie (6. $f.
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©Ilmanger $hmnen.
285
Arm. Desponsata cor docile
ad angeli Colloquium
mite prebet, et humile
prompta spondet obsequium.
[Fol. 112] 86. Responsorium qaartum.
Eminenti J ) celi dulcedine
stans in templo virgo reficitur,
Eius quoque mens pulchritudine
graciarum ibi perficitur.
i? Magna semper exerces a ) opera
graciosa meretur munera. Eius.
[Fol. 113] 87. Responsorium quintum.
Alma virgo propositum
numquam nubendi statuit,
Semper 8 ) Dei placitum
in hoc voto supposuit 4 ).
y Gratus virga 6 ) Joseph flos emicat
auch bei bet Ron, Siurn. 305. — Am ©(bluffe fehlt in ©. £f.
»Ä. Fundamental, mag bag Auggb. ©reü. beifügt, unb finb für
bie $oren immer nur bie Anfanggmorte ber Antiphonen zitiert,
fo bog bie gehler nur einmal flc^tbar finb.
©ei SJtorel nur bie erfte ©trophe, unb jmar unter n. 130
al8 4te ber brei Strophen angefügt, bie oben unter n.81 ln primo
nocturno flehen. 3m 2. ©er8 hot er datur ad ftatt dat ad hoc.
$ie£ bürfte faurn alg eine ©erbefferung beg Sejrteg gelten. Senn
nach ber©.©f.unb bem Äug8b.©reöier ifl ber Sinn: „Sie giebt
bag ©an§e ober alleg an bag Stubium", mäh«nb totam datur
ad Studium bebeuten mürbe: „Sie überl> ftch bem ganjen
Stubium". 3m 4. ©erg hot Störet mie Auggb. det.
Auggb. Roft. 251 — 1) eminente — 2) richtig exercens.
Auggb. ebenbaf. 3) richtig Semperque, mie auch om ©nbe
bei ber ©ejeichnung ber Repetition — 4) sepesuit — 5) virgo.
Aber virga ift bag Richtige, fo biet alg e virga Josephi flos emicat.
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286
Sogelmann,
et hunc sponsum virginis indicat. Semper.
88. Responsorium Sextum.
[FoL 114] Nuptam sic ex indicio
x ) sancti Spiritus
in columbe misterio
Gabriel missus celitus
salutat magno gaudio,
Que concepit divinitus.
f In parentum manens hospitio
invenitur a Dei nuncio. Que concepit.
89. In tercio nocturno.
Ann. Flos in a ) floris tempore
ad locum floris mittitur,
sic de floris corpore
gloriose concipitur. Ps. Cantate psalmum.
Ann . Jhesus flos, Maria virgula 8 ),
ver, quod 4 ) tempus floris,
flos Nazareth patria
plena fuit 5 ) decoris. Ps. Dns regnavit,
exultet.
1 ) Qn bcr $f. ftnb üor sancti spiritns bie SBorte floris et
toeldje im RugSb. 9loft. 251 fielen, ausgefallen. 9lm Sdjlujj Ijat
ÄugSb. $ur Repetition Salutat für Que concepit
RugSb. Roft. 252 ln 8* nocturno l)at 2) in, toeldjeS $nmr
unflaffifdj, aber bom RerSmafj geforbert ift, auSgelaffen; 3) flos
Maria, nm$ allein bem Inhalt me bem SRetrum entfpridjt, ftatt
Maria virgnla; — 4) uterque, nm$ au$ ver qnod entftanben $u
fein fdjeint; — 5) sunt (für fuit). — S)ie ^fatmen, in ber
$f. fetjr ungenau zitiert, ftnb ber 95., 96. unb 97., brgl. WugSb.
Rott. 252 unb (Ad matutinum) 54 unb 55.
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(Sttroanger Rinnen.
287
Arm. Candens flos multiplicat
virgule decorem,
conceptus glorificat
Marie pudorem. Ps. Cantate domino.
ir Adiuvabit eam Deus etc.
[Fol. 115] 90. Reaponaoriam Septimam.
Archa Dei, in qua reconditur
dulce manna, cibus etherius,
quo plebs Dei sancta reficitur,
Est*) Marie venter virgineus,
ir Thalamus regis glorie
quo iungitur ecclesie. Est Marie.
[Fol. 116] 91. Reaponaoriam Octavum;
Mirabile Deus conmercium
cum bumano inivit genere
suum nobis dans vastigium *),
Nostra dignans infirma sumere.
ir Nam ut sanaret nostrum vicium,
sic amoris Dei 8 ) dedit indicium. Nostra.
92. Reaponaorium Nonum.
Maria Yesse virgula
de qua Jhesus flos oritur,
1) Äug. 91olt. 252 ljat ungut Et y toaS au$ am ©bluffe
nneberfeljrt ftatt Est Marie.
Äug. Sßo!t. cbcnb. 2) donana refagium; erftereS (für dans)
richtig; bagegen bürfte refagium für ba8 fernerer öerftänbli<$e
fastigiam ($ol)ett, SBürbe) erft fpäter eingefefet tuorben fein; —
3) Dei feljlt mit fted)t tni Äug. 9to!t.
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288
Sogelmann,
Spiritus sancti regula
manens in templo domini,
t Ibi divino dogmate
de divinis instruitur,
omni qnoqne carismate
graciarnm imbuitnr. Spiritus.
2ln ©teile biefeS atefponforiumS $at Slug. 9toft. 252
ein anbereS, beginnenb: Omnes gentes attendite.
gegen fommt e$ im ®iurn. 306 AdLaudes (in 2. Vesp.)
t>ot, nrie (jum jmeitenmal) in ber £f. fol. 118,
$at aber im SSerftfel Ubi fL Ibi unb omnium ft omni.
[Fol. 117] 93. Ad Landes Antiphone.
Lauda, felix ecclesia,
alme matris infanciam,
cuius inmensa gracia
tibi paravit gloriam.
In templum Dei laudibus x )
virgo dedicata,
a supremis *) civibus
gaudet yisitata.
Omnis eius actio
in Deum tendebat,
toto vite spacio
meritum augebat.
Quicquid egit, penitus
Sei SJlorel tnieber unter v. 130. Ad landes. ftuggb. 3)iurn.
304 Ad Land. Ann. 3)er Xejt toeidjt bon ber & $[. an folgenben
©teilen ab: 9Koret unb Äug. 1) In Templi dei foribus — 2) SJtorel:
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(SQtoanger $tymiten.
289
est forma virtutis
et doctrina spiritus
et causa salutis.
Quantum facultas sufßcit,
laudent mentes pie 8 ),
nam omnis lingua deficit
in laude Marie 4 ).
94. Ewangel. Ann.
Benedictus virginis filius,
replens matrem misericordie,
advocatam dans haue propicius,
ne sit quisquam expers venie 1 ).
[Fol. 118] 95. In secundis vesperis. Ewang. Ann.
Oliva fructifera,
mater pietatis,
fugans mundi scelera,
stella claritatis,
per quam cuncta prospera
dantur nobis gratis,
nos tandem in ethera *)
transfer cum beatis.
a aerenis civilibus, Äug. a supernis o. — 3) SWor. unb Äug.:
laudate mentes piae — 4) 2Ror.: a laudibus Mariae. — 3)ie
SeSarten ber 6. §f. bürften bie älteren [ein. ÄugSb. $iurn.
bat öor [eher 6trop^ »Anne unb bie le&te ©tropfe auch Mott
üorljer einmal auf berfelben «Seite als Euang. Ann. beim ftom»
pletorium, tneldje IRubri! in $. fehlt.
1) ÄugSb. $iunt. 304 ne sit quisquam auceps de venia,
n>obur<b ba8 Metrum üoD, ber IReim aber üerloren ift.
2) ÄugSb. $>turn. 306 falfd): in etherea.
Duartalförift. 1890. $eft II. 19
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290 Sogtlmamt,
[Fol. 120] XII. Ad proMMioum Altsris Soti Esuaerami.
@0». Äalenbarium beim 22.©ept. non früher $atib:
Mauricii sociorumque eins. Emmerammi episcopi et
martyris. SStgL ^öpitd 265. 270.
96. Ymnns.
Hic est verns cristicola.
2)ie fiimmt mitD. IV. 192 (De unoConfessore),
nur bafe jte v. 7 bur<b einen ©$reibfe^Ier celienarum
(»at fi. celigenarnm, unb v. 11 placita jiatt debita. D.
bat nur gebrudte Srebiere benüfct, M. 749 (De confessore,
qui non fuit pontifex. ad landes, hymnua) eine
ju ©ra|} be8 14. 2Bir tnerfen folgenbe 3Ib*
meicbungen ber 6. $f. »on M. an: 3fene b at 5 toie
bie ©rafcer qnis ille, M. forrigiert im 5Lej:t qui ille. —
8 perhemnibus, M. coelestibus. — 9 hnius, M. cuins. —
11 placita, M. debita. —12 deferamus, M. digne demns.
2)a M. über bie SeSarten non v. 8 an in ben Slnmerf=
ungen fdjineigt, fd^eint alles biefeS in ber ©rafcer
ju fteben. — ®a8 SlugS. ®ium. 240 fcat bafür ben
,§pmnu8 auS bem Commune plur. mart. »Rex gloriose«.
[Fol.121] XIII. Ad proeessionem Altaris Diri Jeronimi.
©Hln. Äalenbarium mit roter £inte beim 30. ©ept.
Jeronimi presbiteri.
97. Ymnufl.
[Fol. 122] Laade landet laxa mag num
Cristi plebs Jeronimum,
qui doctrinae fuit stagmim
rigans mentes hominum,
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(Etttoanger Junten.
291
5
10
15
20
25
30
patet iter nunc ad agnum,
pium Jhesum dominum.
Lucis lumen lucet darum,
quod gignit Sclavonia,
vasta mundi graciarum
luce lustrat spacia,
cedit ymber tenebrarum
rutilat ecclesia.
Patrem patri parens Deo,
linqueus Romam petiit,
tanta didicit, quod eo
maior nullus exiit,
greco verbo et hebreo
puer artes habuit.
Sumit summu8 summos Status
cardinalis apicis,
ludo fugit deturpatus
muliebris tegminis,
in deserto duros actus
fert amore uuminis.
Rüdes roret ros ut mentes,
construit cenobium,
libros scribit et disceutes
docet Dei Studium,
tune errores vim perdentes
petunt precipicium.
Mortis morsu mortem pendens
celi scandit atria,
19*
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292
Sogetmann,
sibi currit Christus presens
cum celorum curia,
35 quod Cyrillus visu cernens
acta pandit gaudia.
Regi regum reddant laudes
concio fidelium,
quem Jheronimi pregrandes
40 preces dent propicium,
donec celi donet dapes
ipso Deus omnium.
^ Posuisti domine super caput eius cofronamj.
2Bir $aben biefen ^pmnud aus mehrerlei ©rünben
»oDflänbig reprobujiert, obwohl er bereits in }Wei ©amm=
lungen gebrudt ifl. @r ifl feiner metrifchen §orm nach
fo eigenartig, bajj ftdj uielleicbt fein jWeiter finbet, ber
ibm in biefer Sejiehung ganj gleich fäme. 5Denn 33tHi=
terationen ftnb jWar auch in manchem anberen £pmnug
angewanbt, aber wobt nirgenbS in biefer SEBeife, bafj fie
fonfequent am Anfang einer jebett ©tropfe in ben Sn*
lauten ber brei erflen SBorte auftreten, ja mit wenigen
Ausnahmen als Steim ber brei SlnfangSfilben, inbem
fowohl Äonfonanten als SSofale jufammenftingen. — SJtorel
(n. 436) fonnte nur ein gebrudteS Sßenetianer Steoier
oom 3-1527 benii|en, welches ben $bmnu8 in §iemli<h
mangelhafter ©eflalt bietet, unb worin bie 6. unb 6.
Strophe ganj fehlen. — ®reueS fonnte brei $anbf<hriften
aus bem 15. unb eine aus bem 14.3ahrhunbert Dergleichen,
©ein ®ejct Weicht »on ber 6. §f. in folgenbem ab:
3 doctrinarum fluit stagnum. — 4 mentis. — 16 —exsti-
tit (hoch in einer feiner $ff. exiit). — 17 vel Hebraeo. —
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(Stttoanger Rinnen.
293
27 scripsit (aber worbet construit unb na^er docet
unb petunt fpred&en für scribit). — 34 coelesti curia. —
41 Douet (luo^l ®ru<ff ebler) coeli donet. — ®a$ 2lug$b.
®iurn. 267 bat bafür beit $^mnuiS Iste confessor.
98. Ew&ng. Antiph.
[FoL 123] Jeronimus, lumen fidelium,
orbis decus, candoris lilium,
norma vite, lex morum omnium,
felix celi sortitur bravium *).
3Hp$abetif<&e3 Stegifier.
3n biefed 33erjei<bnid mürben nur bic ^pmnen unb
2lntipbonen, nid^t aber 9?efponforien, Snoitatorien u. f. m.
aufgenommen. ®er SBucbfiabe h. bejeid^net ^mnud,
a. 3tntipb°ne, e. a. ewangelicalis antiphona. (Sin Stern*
d&en beutet an, bafc bad Sieb bereite audb in einer ber
non und oerglid&enen Sammlungen gebrucft ifi. S)ie
3ablen beheben ft<b auf bie -Kümmern ber Sieber in
oorftebenber Slbbanblung.
Achacius legem Dei. a.68
A domino laudabitur. a.66
Armis precinctus vere fidei. a.17
Astitit hic mane domiui vineta. a.46
Benedictus es domine. e. a.18
Benedictus tarn nomine, a. 5
Benedictas virginis filius. e. a.94
♦Criste fili Jhesu summe, h. 2
1) Srie<$. ßgaßuov. JBrgL 1. ftor. 9, 24 unb ^bitity.
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294 JBogelmann,
Crißfci miles Achacius. e. a. .
71
* Deus tuorum militum sors et corona premium, h. 74
♦ Eterna Cristi muuera nos sacient perhenniter. h. 28
Extensum penaque carperet. a.60
Flos in floris tempore, a.89
Fons ortorum redundans gracia. a.76
Gaudens ecclesia dominum benedic. e. a. . . 61
Gaude pia plebs iustorum. e. a..27
Gloriosa recolitur dies. e. a.56
* Hasta regis glorie Christum cruentavit. a. . 31
* Hic est verus cristicola. b.96
Hic felix vere cepit fructificare. a.38
Jam lacius innotuit. a.13
Jeronimus lumen fidelium. e. a.98
In domino fisus transmigravit. a.42
In hiis regnavit dominus, a.70
♦In templum Dei gradibus. a..81
♦ Lauda felix ecclesia. a..93
♦Laude laudet laxa magnum. h.97
Magna semper et preclara. e. a. 3
Magnificemns dominum, e. a..36
♦ Martirum virtus simul et corona. h. . . . 34
Maurus verbo currens patris. a.19
Nove laudis adest festiyitas. e. a..79
0 Achaci dux strenue. e. a..73
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Sntoanflcr Knuten.
295
0 celestis norma vite. e. a.24
0 crux gloriosa, o crax adoranda. a. ... 36
* 0 Dei sapiencia. h.78
Oliva fructifera. e. a.96
*Omni virtute predita. a.85
0 quam felix exercitus. a.63
* Pange lingua gloriose lancee preconium. h. . 26
Praeclarum late tibi vir. a.23
Principes et populi. a..30
Qui Syon es dominus celestis. a.62
* Rex gloriose martirum corona confitentium. h. 55
♦Rore celestis gracie. a..76
*Sanctorum meritis inclita gaudia. h. . . . 1
Sanctum Romauus habitum. a. 9
Ut scuto coronabitur. a.62
* Vita sanctorum decus angelorum. h. . . . 32
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4.
Sie Seit ber erflen ©ijnobe Don SlrleS.
S5on tprof. Dr. gttnf.
Sie etfle Stynobe Don StrleS toirb allgemein bem
Qa^re 314 jugetoiefen. Sie (ober einige) ^anbfd&riften
geben in ber ©ubflription ju ben ÄanoneS ber Stynobe
als Äonfuln Soluftan unb Stnnian an. Set Sag beS
SufammentritteS mar nach bem SerufungSfcbreiben beS
ÄaiferS Äonflantin an ben SSifdjof GbrefiuS non 6btaluS
(Eus.10,5) ber erfie Sluguft. ®o ergiebt ft<b als Seit
ber ©pnobe ber Stuguft 314. Sie 3uoerläffigfeit jener
llebetlieferung fönnte jtoar infofern als jmeifetyaft er=
fdbeinen, als bie 3<*bt ^ et Derfammelten Sifd^öfe in ber
©ubffription pgleicb, offenbar mit grofjer llebertreibung,
auf 600 angegeben »irb (£arbuin 1,266). Snbeffen
toirb baS Saturn butdj biefen Sßunlt bod& nicht eigentlich
in grage gefleHt, unb fo einigte man ft<h aQentbalben
auf baS 314. SaS Saturn b<*t f<bon SaroniuS
(Ann. 314, 51). Sillemont (Memoires, Sur les Doua-
tistes not. XV) erhob jtoar ben ©inroanb, bafj Äon=
fiantin, ber ohne S^eifel noch oor bem SJionat Sluguft
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gunf, Die 8«ü btt crften @t)nobe bon Stile«. 297
bie Vorbereitung ju beut Ärieg traf, bcn er im Ditobet
gegen Siciniu« führte, bamat« toenig 3 e 't batte, um an
bie Angelegenheiten ber Äird&e ju benfen, unb bafj er
bie fomit eher 315 »eranftaltete. Qnbem er
aber alle« näher ertoägt, giebt er bo<b bem 3ab* 315
ben Votjug. Unb fortan galt ba«felbe als fo ficber,
bafj ber neuefte @ef(bi<bt«fdjreiber ber Äonjilien bie 3 *it
ber ©tynobe i u erörtern ft<b nid^t einmal oeranlaft fanb.
3 üngfl taud&te inbeffen über bie $eit ber ©pnobe
eine anbere Stuftest auf. 3nbem D. ©ee<! in ber 3eit=
fötift für Äir<bengef$id?te 10 (1889), 505-556 bie
Quellen unb Urhmben über bie Anfänge be$ 5 Donati«=
mu« in Unterfu$ung 30 g, batte er ft<b audb mit jener
fttage ju befd^äftigen, unb er glaubte bie ©tmobe um
jtoet 3 abre toeiter betabrüden, in« 3 - 316 »erlegen
ju füllen.
S)ie ©tunblage ber neuen ©bronologie bilbet bie
Vita Constantini 1 , 44—45. ©ufebht« giebt, naebbem
er ben ©ieg Äonfianün« über SDtajentiu« bargeftettt,
eine ©<bilberung bet eblen Saaten be« Äaifet« unb
feiner menftbenfreunblidben unb frommen Aidjtung. @r
erjäblt c. 41: wie bie ^Beraubten buvcb fein ©bift ihre
©üter, bie Verbannten ba« Vaterlanb, bie ©ingelerferten
bie greibeü toieber erhielten; c. 42: toie er bie Wiener
©otte« geehrt, fie an feinen Sfcifcb gezogen unb überall,
mobin er fi<$ begab, mit fi<b genommen, mie er ben
Äirdben febr »iele« jugetoenbet habe. 3 » c - 43 fyrid)t
er meiter oon feiner SBobltbätigfeü gegen bie Atmen
unb oon feiner fjreigebigleit 8 e 9 en alle, bie ihm eine
Vitte »ortragen. 3“ c - 44 fährt er bann fort: „60
mar er in«gemein gegen alle. Vefonber« aber trug er
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298
Sun!,
für bie Äirc&e ©otteS Sorge. ®a einige in Oerfchiebenen
Sänbetn mit einanber firitten, oeranflaltete er, gleichfam
als von ©ott jum gemeinfchaftUchen ©ifehof befieHt,
Spnoben ber Wiener ©otteS, unb inbem er eS nicht oer=
fehmähte, mitten in ber Betfammlung betfeiben §u fein
unb }u ft|en, nahm er teil an ben Beratungen, allen
baS @ut beS gtiebenS ©otteS oerfchaffenb. ©r faß mitten
unter ihnen toie einer ber oielen." 9to<bbem bann be=
merft toorben, toie et biejenigen belobte, »eiche auf bie
beffere 2lnfi<ht eingingen, oon ben #artnäcfigen aber
ftdh abtoanbte, »itb c. 45 fortgefahren: „3a er ertrug
auch einige gebulbig, bie gegen ihn felbft ft<h heftig
benahmen, inbem er ihnen mit milbet unb fanfter Stimme
befahl, fi<h gemäßigt $u oerhalten unb leinen Aufruhr
}u erregen. Bon biefen aber gingen bie einen hintoeg,
feine ©rmahnungen fürchtenb; biejjenigen aber, »eiche
gegen oerniinftige 6rȊgungen jt<h oerfchloffen, entliefe
er, inbem er fte ©ott übergab unb felbft nichts $arteS
gegen fte oerfügte. ®aher {am eS »ahrfcheinlich, baß
bie in Säfrila Streitenben fo toeit im Aufruhr gingen,
bafe fte auch geroiffe oertoegene Saaten ooUbrachten."
gu biefer Stelle macht nun Seecf bie Bemerfung:
Bleiches bie oertoegenen toaren, ju »eichen ft<h
bie Slfrifaner infolge bet Hrdhli^en BerföhnungSpolitil
ÄonfiantinS hinreißen ließen, fei fonfi nicht belannt.
2Jtan »erbe »ohl an BollSauffiänbe benien müffen, bie
oon ben ®onatiften angeftiftet »orben feien. ®aß uns
(ein anberer SchriftfteHer oon biefen fo aufregenben
©reignijfen ju berichten »iffe, fei ein 3 e *<h en bafür, »ie
gänzlich jur Seit beS DptatuS bie lebenbige ©rinnerung
an jene Borfälle bereits erlofchen »ar. 9lo<h Wichtiger
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Sie 3eit bei elften ©gnobt bon Stile«.
299
fei bie 9ta$ri$t, bafj Äonftantin einer Spnobe, welche
bei irgenb einer fachlichen Uneinigleit gut ^erflettung
be« ^rieben« gufammenberufen war, halb nach bem Siege
über 3Kajentiu« perfönltch angewobnt höbe. ®« bie«
bie römifcbe Spnobe, gu beten 3eü fi<h ber Äaifet in
$rier befanb, nicht gewefen fein fönne, fo laffe ftch
biefe Angabe nur auf ba« Äongil »on Strte« belieben,
wie fchon 33aroniu« gefeben höbe. Äonftantin« 8ln=
wefenbeit bei bemfetbeu fei übrigen«, auch abgefeben
non bem &eugni« be« ©ufebiu«, au« anberen ©rünben
febr toabrfdbeinlibb- ®afj er bie 6ntf<beibung über ben
bonatiftifcheu Streit nicht inmitten be« leibenf<haftli<h
erregten Süfrifa fallen lieg, begreife ftch leicht. SBarum
er aber bie afrifanifchen SBifc^öfe gerabe nach SKrle«
befleiße, wohin fte Sötonate gu reifen batten, fiatt ba«
Äongil in irgenb einer näher gelegenen Sßrooing, g. 39.
Sigilien ober Sübfpanien, gu oerfammeln, ba« laffe ftch
faum etflären, wenn er nicht eben in ©aUien weilte
unb felbfi an ben SBerbanblungen teilnebmen wollte.
311« er ben Orient erobert hotte, höbe er bie erjle @e*
legenbeit benüfct, um ftch ben SBifc^öfen be« neugewonnenen
9teich«teile« in -Wieda oorgufieQen; Wir feben je|t, bafj
et nadb Unterwerfung oon Italien unb Slfrila im Dcci=
bent ba«felbe getban höbe. ®amit werbe aber gum
erfienmal eine fiebere 3ettbefKmmung für ba« Äongil
oon ärle« gewonnen. 5Dafj ba«felbe am 1. Slugufi eröffnet
Würbe, flehe fefi. §ür ba« 3 a b r ober gebe e« leine
Ueberlieferung, aufjer bafj e« fpäter al« 313 fei Slm
8. Oft. 314 höbe Äonftantin ben Siciniu« bei ©ibalä in
fßannonien geflogen; bafj er faum grnei SDtonate »or=
her in aller SRube bem Äongil präfiebiert hoben foüte,
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300
Sun!,
liege außer aller 2Babtf#einli#fett. ®ie ©ntfernung bon
SlrleS bis $um ©#la#tfelb betrage fafl 1500 Kilometer,
unb unterwegs feien jtoeimal bie Sllpen }u übetf(freiten.
®aß ein Heer mit allem ©epäd biefe 3Warf#leiftung
in etwa 60 £agen ju ftanbe bringe, rühre bi#t an bie
©renje beS phpjtf# 2Jiögli#en. 314 {önne alfo baS
Äonjil ni#t ftattgefunben haben. ©benfo wenig 315,
wo ber Äaifer ben Sluguft in Stom jugebra#t habe,
ffiagegen fei er im Slnfang 316 in Stier; bon ba jiehe
er halb fübwärts, unb am 13. Sluguft, alfo gerabe im
üWonat beS ÄonjtlS fei er in SlrleS. Sann jieße er
na# SHtprifum unb fei nie na# ©aUien jurädgefe^rt.
SBenn man alfo baS 3 eu 9 n ‘ 2 beS ©ufebiuS ni#t ber=
Werfen woDe, woju gar lein ©runb oorliege, fo lönne
baS Äonjil nur in baS 3>aht 316 gefegt werben (©. 508 f.).
Sie Setoeisführung unterliegt aber berf#iebenen
©ebenlen. 3# febe bon ben untergeorbneten fünften
ab unb bef#ränfe mi# auf Hetborhebung ber wi#tigeren.
SBBie man fieht, ift eS eine Hauptfrage, ob wir
einen genügenben ©runb }u ber Sinnahme haben, baß
Äonftantin ber ©pnobe bon SlrleS perfönli# anwohnte,
be§w. ob ber angeführte 8eri#t nur auf bie erfte 3*it
na# bem ©ieg über SKayentiuS ft# bezieht. ©eed be=
jaht bie grage. SW. ©. ift fie ju berneinen. ©ufebiuS
beri#te, wirb bemerlt, a. a. D. bon ben eblen ©igen=
f#aften, bie Äonftantin unmittelbar na# ber SSeftegung
beS SWajentiuS entwicfelt habe (6. 507). 9ti#tig ift,
baß ber SBeri#t junä#fl 3 ü 9 e aus ber fragli#en 3 £ it
bringt. Slber unberlennbar ift eS anbererfeitS, baß er
ft# ni#t bur#auS auf bie Sßetiobe bef#ränlt, baß @u=
febiuS, ber 3fii borgreifenb, eine Weitergehenbe ©#il«
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Die Seit bet elften Stjnobe non Hrleä.
301
beruttg giebt. ®aS beträt ebenfowobl bie ©efamtbars
fteQung als einige befonbere fünfte. Ober gebt eS nur
auf bie nächfle gotgejeit, tbenn c. 42 erjäblt wirb,
Äonftantin habe überallbin, wohin er gezogen fei, SU
fd>öfe mit fi<h genommen? ©ebt es nur auf jene 3eit,
trenn c. 44 weiter berichtet wirb, er habe jut Erhaltung
ober 2BieberberfMung beS fachliche« Sriebenä ©poben
berufen unb benfelben perfönlicb angewobnt? SBelcbeS
ftnb benn biefe ©poben in ber fraglidben 3«it? ©eed
weife nur eine einzige ju nennen, ©ufebhtS fpri$t aber
auSbrfidltcb im ißlural, unb wenn ©eed ibn tropent
nur bon einer ©pobe berieten läfet, fo jeugt bas jur
©enüge für baS Unjureichenbe feiner ^Beweisführung.
greilich foH bie Slnwefenbeit beS ÄaiferS auf ber
©pobe no<b aus anberen ©rünben febr wabtfcheinlicb
fein. Schon ber Umftanb, bafe er bie afrifanifdben SB u
fdböfe in bas entfernte StrleS berief, weife barauf bin.
3ti<btig ifl, bafe ber flaifer fi<b bei ber Berufung wobl
bon ber bezüglichen Erwägung leiten liefe. Stber barauS
folgt noch ni<bt, bafe er auch wirflich ber ©pobe an*
wobnte. 3 tt >if (3 & cn ber ^Berufung ber©bnobe unb ihrem
3ufammentritt lag etwa ein SBierteljabr, unb in biefer
3eit fonnte fi<b bie politifd^e Sage leicht fo beränbern,
bafe ber Äaifer fein anfängliches Sßorhaben, an ber ©b*
nobe felbft teiljunebmen, aufgeben unb auf ben ÄriegS=
fcbauf)la| ftdb oerfügen fonnte. 3nbem fpricht ein 2ln=
Zeichen in ber 5Eb at bafür, bafe er auf ber SSerfammlung
nicht jugegen war. @S liegt uns noch bas ©chreiben
bor, baS bie ©pobe an ben Sßapft ©ilbefler richtete,
hätte nun ber Äaifer bie SBerfammlung mit feiner ©es
genwart beehrt, fo bürfte baS in bem ©chreiben ebenfo
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302
guttf,
ermähnt rnorben fein, als ba« fpäter in einem ähnlichen
galt gefcßaß, in bem Schreiben ber ©ßnobe non Sticäa
an bie ftirdje non Sttejanbrien (Socr. 1, 9). SDie be=
jügtüße Grmähnung fud^t man aber in bem Schreiben
»ergeben«.
Stuf ba« 3aßr 316 fomrnen mir übrigen« noch
nicht fußet, felbpt rnenn mir Äonfiautin noch im Stuguft
in Strle« meilen taffen. ®r tann tro|bem nodß recht*
jeitig auf ben ÄtiegSfcßaupIaß nadb Pannonien getaugt
fein. 2Ran muß Ja leine«meg« notmenbig annebmen,
baß er ben $ug mit bem ganjen #eere gemalt habe.
@« läßt fuß »ietmebr febr leicht benlen, baß er ba«
4?eet pm größeren Seit »orau«fcßidte, unb bei biefet
Stnnaßme flreift bie SOtarfcßleiftung nicht meßt fo hart
an bie ©renje be« SRöglicßen, at« behauptet mürbe,
©eed bürfte in«befonbere bagegen um fo meniger eins
pmenben haben, at« er fetbfi für ba« Sfaßr 316 eine
febr ftrenge Steife annebmen muß. Qm Stuguft mar
nadb feiner Berechnung Äonftanttn no<b in Strle«. Stm
4. Dejember ift er in Sofia nadßmeisbar. Die ©trede
jmifcben ben beiben ©täbten mar aber nicht btoß ein*
fach prüdptegen. Äonftantin muß pnäcßjt noch nadb
Stom sieben unb bernadb in SOtaitanb ba« betannte ©e=
ridbt über bie Donatifien abbatten (©. 523). Da« ift
eine Steife, metcbe ber neuen Gb?onotogie gemiß audb
nicht pr ©mpfeßtung bient.
Stodb ein meiterer Sßunft mag hier gegen ba« Saßt
316 angeführt merben. Unter ben Bifdßöfen »on Strle«
erfcßeint auch 3Jterocle« »on SDtaitanb. Stadb ©am«
(Series episc. p. 795) flarb aber berfelbe bereit« 315.
Da« fotgenbe Saßt tann baßer für bie ©pnobe nußt
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Sie geit bet erfien Stjnobe t>on StleS.
303
me^r in 8etra$t fommen. 2)abet befielt attetbingß
bie SBoraufefcung, ba§ baß SEobeßjatyr 315 richtig ift.
3$ bin augenbtidliib ni<$t in bet Sage, baß ju prüfen,
äbet immerhin war bet $unlt ju erwähnen. Unter
Umjiänben ifl et aQein fdjon entföeibenb.
Unfete Unterfud)ung ifi inbeffen no<b ntd^t ju ©nbe.
©eed glaubt für feine ©(»ronologie no<$ einige anbete
©tü|en §u fyaben. ©ß foU it>r bet 8rief Äongantinß
an ©umeliuß, SSifat ton Sfrifa, jur ©mpfeblung bienen.
®atin wirb über baß Äonjil Don Stieß, bie biefem
folgenbe Sppellation bet ®onatiften unb bie enbgültige
©ntföeibung beß ©treiteß burcb ben Äaifer berichtet.
®er 8rief würbe am 10. SWonember 316 erlaffen, unb
baß fott, witb bemerft (6. 523) fotoobl }U bem feftge=
Pellten ®atum beß Äonjilß non Stieß (1. Sug. 316) alß
audb }Ut Smtßjeit beß ©umeliuß paffen, an welken ein
©efefc beß Codex Theodosianus Dom 21. 9Härj 316
gerietet fei ®et 33rief pafjt aüerbingß ju jenem ®atum.
®r wiberfprid&t aber aud? feineßwegß bem anberen. ®enn
auß allem, waß Don tym erhalten ifi, iP nur ju eiferen,
bafe et nad> bet ©pnobe Don Srleß gef<$ rieben würbe.
2Bie lange aber nacbbet, batüber lügt et unß DöHig
im Ungewiffen.
Sud) bie Unterfu$ungßaften gegen gelif DonSptunga
feinen in $etra$t ju fommen. ®ie 8et$anblung fanb
nad) bet bePimmten Sngabe SuguPinß (Ad Donatistas
post Collat. 33, 56) Volusiano et Anniano consulibus
XV Ealendas Martias, id est post menses ferme quattaor
Patt, alfo am 15. gebruar 314, nach ungefähr Diet
SJlonaten, nämlidj nach bet tömiföen ©pnobe, wel$e
am 2. Oftobet 313 abge^alten wutbe. ®iefe Sngabe,
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304 Srunf, 35ie Qeit ber erften S^ttobe Bon SttleS.
bemerft aber 6 eed (6.516), fei offenbar falfd&. 60
halb nad& ber römifd&en ©tynobe tyabe bie Unterfuclpng
ni$t ftattfinben fönnen, ba ber ftaifer barnal« in Srier
ft<$ befunben habe unb bei bem ©inbrudf> ber 2 Btnter«=
geit ber ©d&iffa&rt 8 toerfe$t eingefieüt toorben fei. @4
liege o$ne 3ü>eifel <i» SSerfe^en toor. ©tatt be« Sßofi:
fonfulatsjafyre« habe augufiin ba« ÄonfulatSjatyr ge:
nommen. 6 « ifi nun aüerbing« nid&t gu oetfennen, bafj
ber furge 3 toifdbemaum gtoifd&en ben beiben SSer^anb*
lungen etwa« Sefremblid&eS (lat. aber fo gang unrnög*
Kd&, Wie ©eed fie barfleHt, ifi bie ©adje bo<$ nid&t.
5Dte ©d^Wierigleiten be« Seifest« gur SEBintergeit würben
burdfj i(m ftd&tlid& übertrieben, unb bei ber gang befiimm=
ten Angabe augufiinS, bet nid&t blofj bie Äonfuln nennt,
fonbern au<§ bie 3 Jlonate, muffen fte meines ©ragten«
gurüdtreten. 3 Bie ei fu§ aber bamit »erhalten mag,
ob wir bie 33erf>anblung bem 3a$r 314 ober bem 3afcr
315 guweifen, in jebem gaH ergiebt ftd& für ba« 3a(ir
316 als 3«il ber ©pnobe oon atle« fein SeweiS; wir
müffen fte guna$fi nur auf ba« Saijr 315 ^erabtüden,
unb bei ben ©d&wierigfeiten, bie bem fta&t 316 entgegen
fielen, bürfen Wir fogar nid&t weiter gefyen.
9lad& bem SSorfietyenben befielt fomit fein ©runb,
bie bisherige Chronologie gu oerlaffen. 6 « ifi gwar
möglih, ba§ bie ©pnobe erfi 315 gehalten würbe, aber
©id&er&eit fommt auch biefem S)atum in feiner SEBeife gu.
Unb bei biefem ©adfjberfyatt wirb tnan am beften bei
bem (lerfömmtihen $a&r 314 fielen bleiben.
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n.
Ktje tt f i 0 tt e n.
1.
1. Uber Me bnalipifdjra gtifäbe unb bie fiaiferanrebeit bei
Sactantiuä. Stebfi einer Unterfudjung über baS Seben
beö SactantiuS unb bie entftehungSberhöttniffe feiner
©rofafchriften. Son Dr. ®. »raubt, fßrof. in $eibelberg.
I. 66 <S. H. 70 @. III. 42 <5. SBien. Dempafp
1889. ©onberabbrud aus ben @S. ber faif. Stlab. b.
SBSB. in SBien. 5ßf)il. §>ift. fit. Sb. 118—120.
2. ©efammelte patripiföe ttuterfmbnugra hon Dr. 3. Drafefe,
Oberlehrer am ©bmnafium p SBanbSbecf. XIII, 247
@. 8. Stltona unb Seidig, Steher 1889. ©reis: 5 M.
3. Dionysiaca. Sprachliche unb fachliche ptatonifcbeStüten*
Iefe aus DionpfiuS, bem fog. äreopagiten, pr Stnbapn«
ung ber phi(ologifd»en Sehanblung biefeS Hutor8. Son
«. 3ahtt. X, 86 @. 8. ©reiS: M. 2, 26.
4. Die einbeit beS $mu*8*»ttibe«. Son f. Saumgarteu.
©etrönte ©reisfchrift. ffreiburg, SJtohr 1889.96 @. 8.
fßreiS: 2 M.
5. Der £e|riegriff be8 Wirten, ©in Seitrag pr Dogmen«
gefehlte be8 jroeiten SahrpunbertS bon Dr. <|. QfttfpSbt,
fßaftor. «nflam, Scpmibt 1889. 66 <3. 8 ©rei«:
M. 1, 20.
tfcd. Ouutalf^rift. 1890. $eft II. 20
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306 Sronbt,
6. Studia Patristica. Ktudes d’ancienne littdrature chre-
tienne publiees par l’abbö P. Batiffol. I Fascicule,
Paris, Leroux 1889. 80 S. 8.
1. 3n einigen $ff. beS Sactanj finben ft<b ©teilen,
welche über bie bualifiifdbe S)enfweife be$2IutorS hinaus*
ge^en unb mani$äif$en ©eifl »erraten, w&^renb fie in
ber SRehrjahl ber $ff. fehlen. S)ie ©teilen, in Instit.
II, 8 ; VII, 5; De opif. Dei c. 19, $aben $u »ielfadjen
Skrhanblungen Slnlajj gegeben, unb halb tuurben jte
Sactanj ju=, halb abgebrochen. ®ie Urteile gingen bis
in bie lefcte 3eit auSeitianber. SDtit ber SluSgabe beS
S. für baS Corpus script. eccles. lat. Vindob. betraut,
hatte ber SSerf. Stellung ju ber ^rage ju nehmen, unb
er that bieS mit fol<her Umficht unb ©rünblichfeit, bafi
fte fortan als erlebigt gelten bürfte. ®ie Prüfung ber
hanbfbriftlichen U eberlieferung, faßt er 1,61 baSßrgebniS
ber Unterfuchung jufammen, bie Unterfuchung ber fpra<h=
liehen gorm, bie $erglei<hung ber Sehre biefer ©teilen
mit ber beS Sactanj h at uns, abgefehen »on mehreren
einjeluen fünften, übereinftimmenb baju geführt, einen
Interpolator anjunehmen, ber im ©pftem beS S. §olge=
ricfctigfeit unb 3 ufammenhang »ermijjte unb bem ent*
fpredjenb, »ielleicht unter manichäifcbenßinflüffen ftehenb,
baSfelbe »erbeffern 311 lönnen glaubte. — 9Jlit ber gtage
hängt eine anbere sufammen. ®iefelben $ff. enthalten
Slnreben an Äaifer Äonftantin, unb audh biefe forbetn
in hohem ©rabe bie Äritil heraus, ba fie mit ber Situation,
bie uns in ben Sfnftitutionen entgegentritt, in jiarfem
3Biberfpru<h flehen. 3)ie Unterfuchung weift au<h fie
als Interpolation nach, unb jwat als eine ^älfdhung
feitenS beSfelben 2)ianneS, ber bie bualiftifdhen 3ufäfce
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Übet bi« bua(iftifd)en 3ufäge.
307
machte. 21s 3eit bet ftälfdgung Wirb baS ©nbe beS
4. SogrgunbertS, als Ott Stier bargetgan. Sotg Wirb
für legtereS nur eine gewiffe Sßagrfdgeinlicgteit in Dnfprudg
genommen. Sn bet Sgat lägt fug gier ein ftrenger
©eweiS nic^t führen. — Sie brüte Slbganblung befdgäftigt
ftdg mit bem geben beS g. ©S toitb bargetgan, bag
feine Flamen ftnb guciuS (ißränomen) ©äliuS (Damen)
girmianus (©ognomen) gactantiuS (Signum), feine #eü
mat Slftifa, nicht ftirmum ißicenum. Sie ©ntftegung bet
3n|Ututionen toitb in bie biofletianifdge, nidht licinianifcge,
Verfolgung oetlegt, näherhin in bie Qahre 306—309.
Sie Ueberftebelung oon Ditomebien na<g ©aUien toirb
in bie 3*ü uw 308 unb in biefelbe 3«l fofort audg
bet ©eginn bet Sgätigfeü als gehret beS ©riSpuS gefegt.
2. SecgS patriftifege Unterfudjungen, f<gon früger
in oerfdgiebenen 3 e * t f^ r if ten oeröffentlügt, werben uns
gier „in grünblicger, au«g foracgUtger Surcgficgt unb
©etbefferung, jum Seil in beträchtlicher Umarbeitung
unb ©rweiterung, bejw. Äütjung" geboten. Sie etfle
toitt als ©etfaffet eines SdgriftflücfeS, baS in SUuS oon
©oflra 2Berf gegen bie ÜRanidgäet gieneingeriet unb fegon
but(g gagarbe 1858 als ©infcgaltung bejeidguet würbe,
@eorg oon gaobicea na<g weifen, bejw. mit Sidgetgeü
etmittelt gaben. 3« bet jweiten, einet Slbganblung übet
bieSiongftuSftage, werben „bie unwiffenfdgaftlicgen Unter*
jtellungen jweiet neueren ©elegrten, Station Äanafis
unb D. gog, jutüdgewiefen unb §r. ^iplerS grunblegenbe
gorfegungen übet SiongftuS oon Dginololuta naeg allen
Slicgtungen gin gefügt unb oerteibigt", aueg übet ^iplerS
Arbeit ginauS ©ejiegungen beS SlegggterS SiongfiuS ju
SgoDinariS oou gaobicea unb feinen Schülern nacgge=
20 *
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308
»räfefe.
wiefen, inSbefonbere bie unter Flamen über*
lieferten ©rucbfiüde TJept d-eoloyiag ml aaQxwaeotg als
©ejlanbteile ber „^beologifö&en ©runblinien" beS ®ionb=
jtuS bargetban. „9ti<bt minber bringt au<$ bie britte
Unterfucbung eine ä^ttltc^e patriftifdhe Slufltärung wie
bie 3 weite". @S wirb „aus äußeren wie inneren ©tflnben
ber -Jladjtoei« erbracht", baß baS ton ©tegor ton fflajianj
in bem jweiten ©riefe an ÄleboniuS berührte ©laubenS*
befenntniS beS©italiS ton 2lntiod>ien „uns in ber fälf<hli<h
unter ©regoriuS beS SBunbertbäterS Flamen überlieferten
Schrift xsgxxlaia neql hlozfms dutdexa beute no$ tor*
liegt". 3 n ber werten wirb bie ton ©. Styjfel 1880
als eine bisher unbefannte Schrift ©regoriuS beS SBunber*
tbäterS auS bem Sprachen teröffentlicbte Sdbrift „2ln
fßbil a 9 riuS über bie 9BefenSglei<bbeit" als bie Schrift
©regorS ton Utajianj ITqo g EväyQiov (xöva%ov hsqI &sort]-
tos nacbgewiefen. $n ber fünften wirb bargetban, baff
bie unter 2ItbanafiuS’ -Kamen überlieferten 6 <briften ttiber
ÜEtyoflinariS ton Saobicea ttobl aus Sllepanbrien ftammen,
aber nicht non bem großen ©ifdwf biefet Stabt, audh
nicht ton einem unb bemfelben ©erfaffet berrübren, fonbern
tielleidht SMbpmuS unb feinem $reunb SlmbrofiuS ans
gehören. ber feisten enblidb tnurbe „jum erflew
mal ber ©etfucb gemacht, ben bur<b 9Jt. |>auptS erft=
malige ©eröffentlicbung beS griecbifdhen SBortlautS ber
Vita Porphjrii episcopi Gazensis ton SDlarluS ®ialonuS
(©erlin 1874) uns jugänglicb geworbenen reichen fir<ben=
gefdhidhtlidben Stoff ju gehalten. @S !am barauf an,
über bie ©igenart ber ©erichterfiattung beS ÜJiarfuS fowie
über bie ©ebeutung feiner Schrift ein Urteil ju gewinnen
unb bamit jugleicb ton ben religionSgefcbidhtlidh fo wichtigen
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©efammctte patriftifdje Unterfudjungen. 309
S^atfadien, beten Beuge ÜJtarluS war, nämlich bem Äampfe
unb Siege beS GhriftentumS in ©aja, ein anfdhaulidheS
©Ub }u entwerfen".
So oiet, großenteils mit ben eigenen ©Sorten beS
©erf. übet ben Inhalt beS Sucres, ffiie man fie^t,
haben wir es mit einet Steife oon titterarifchen @nt-
bedungen ju thun. SKefelben werben auch, nur mit
teilweifet Ausnahme bet Schriften gegen Apollinaris,
als ganj ftdpet bargefleHt. 06 aber bie ßrgebniffe wirtlich
fo fefl flehen? gilt Aro. 1 nimmt ®r. in berAu8führ=
ung (S. 20) nur hödhfle SSahtfdheinlidhfeit in Anfprudh,
nicht Sicherheit, wie in ber ©orrebe. 2R. @. !ommt
ber ©eroeiS über bie bloße Sßahrfdheinlichteit nicht hinaus,
©ei Aro. 2 bin ich mit ber Abfertigung einBerjlanben,
bie goß wegen beS unwürbigen £one$ ju teil wirb,
ben er gegen £ipler anjufcßlagen beliebte. Aber anberer-
feitS finbe idh bie .gjiplet’fcbe &hefe, mit fo Diel ©eleht=
famleit unb Sdjarffutn fte auch Borgetragen würbe, nicht
begrünbet. @ben fo Wenig fann idh naturgemäß bem
beiftünmen, was 35. in biefer Aidfjtung „über $ipler
hinaus" glaubte beibringen ju fönnen. ®er pfeubepi--
graphif<h e ©harafter bet bionpftfchen Sdhriften fleht m.
@. unbejheitbat feft. ®en ©eweis werbe ich, wenn
nicht ein anberer bie Aufgabe juoor übernimmt, eingehenb
führen, fobalb anbere Arbeiten erlebigt jtnb. ©inftweilen
erlaube idh mir auf bie in ber Sitterarifdhen Aunbfdhau
1883 Sp. 712—713 porgebradhten Argumente ju oer=
Weifen, $ier füge idh 3 unädhfi nur eines bei: $ipter
erflärt bas SBort für bie ©ejeidjnung „©ruber
©otteS" für eine fpradhlich unmögliche ©ilbung unb
entfernt baS Söort burdh eine ßonjeftur, weil eS allein
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310
®rä(efe,
feine ^efe ftürjt, unb S)t. fHmmt wie fonfi fo auch
hier bei (©. 35). Son biefem angeblichen fpra<hli<hen
Unbing bemerft aber ©uicer: Ita a veteribus usitatissime
vocatur Jacobns apostoluB, unb eS »erben audj einige
SelegfteDen angeführt. ®ie ©teHenfammlung Wäre fidjer=
lieh öiel reichlicher ausgefallen, »enn ©uicer hätte ahnen
fönnen, welche Sebeutung einfi baS SBort in ber 2)ionp=
fiuSftage einnehmen füllte. UebrigenS genügen jur <Snt=
fdjeibung ber $rage bereits bie beigebrachten «Belege,
unb »enn je noch weitere oerlangt toürben, fo wären
jie bei 2)u ©ange ju finben. Sei «Rro. 3 oermiffe i<h
»ieber ben flrengen SeweiS. SDtan fann wohl nach ben
Ausführungen beS Setf. bei ben Anbeutungen beS ©regor
oon SRajianj über baS ©laubenSbefenntniS beS Sitalis
an bie fragliche ©dhrift benfen. ®ie Sbentität bet beiben
©chriftftiide mag auch als wahrfcheinlich gelten. Aber
fefl fteht fie noch nicht. Sei ber publifation Slpffels
hat S5r. baS entfehiebene Serbienfi, auf ben grie<hif<hen
&ejt ber in Siebe ftehenben Schrift juerft hingetoiefen ju
haben. Aber ber SetoeiS für bie Abfaffung ber Schrift
burch ©regor oon «Wajianj »urbe anbererfeits oon ihm
nicht erbracht, ©eine Ausführung bietet mehrere fehr
bebenfliche ©eiten bar. ®ie fchlagenben parallelen in
ben beiben ©chriftflüdfen, oon benen ©. 140—146 bie
Siebe ijt, befiehen eine nähere Prüfung nicht. 3<h f e h e
feineStoegS, »ie vovg, ev&vfi/pig, rpvyr\ einfach gleich
fein füllten vovg, leyog, nvetfue. ©benfo wenig ifl eine
Qbentität bei ben folgenben ©leichniffen ju erfennen.
3)ie SBorte tommen allerbingS auf beiben ©eiten oor.
Aber baS gibt noch feineSWegS ben AuSfdhlag. ®ie
©teichniffe waren mehr ober weniger ©emeingut ber
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(SefamHielte patriftifctje Unterjudfungcn.
311
Geologie bei 3. unb 4. Sa^unbertä. Nichtiger all
bal blofje 2Bort ift ^ter bet Segtiff, bet mit bemSBort
»etbunben toitb, unb wenn mir biefen inl Sluge faffen,
falten bie ©leichniffe nicht jufammen, fonbern auleinanbet.
@o fcebeutet q>iSs im 3 t» eiten ©leichnil einer feit! ©ott
SSatet, anberetfeül ben \)l. ©eift. Qm brüten ©leidhnil
»erfleht ©regor »on 3laj. unter nr//r ben ©ofin, bal
fragliche ©chriftftücf bat aber otp&al/jos Tijsmffijs—®ott
SSater. ®ie »ierte ©teile bei ©regor ift überhaupt nicht
ju »ertoerten; benn bal jur Sprache gebradhte ©leichnil
rnirb ja abgelehnt; el jeugt bemgemäfi nicht fo faft für
bie Stenhoeife bei Äirchenoaterl, all für bal ©egenteit.
Such übet bie »on S)r. jugeftanbene oetfdhiebene Sehanb=
lungltoeife bet ©teidhniffe läfjt ftd? nicht fo leichter ^anb
hintoeglommen. $a ©»agriul ein 3 toe W et toar, fo
hatte ©regor ihm gegenüber ntinbefienl ebenfo toiel ©runb,
auf bal Unjureichenbe ber menfdhtichen ©innbitber hin§u-
loeifen, all gegenüber feinen 3 uhörern in Äonftantinopel.
©I liegt alfo fchon hier eine SReihe »on ®ifferenjen »or,
unb bal ©etoicht berfetben ift fo gtojj, bafj bereitl um
ihretteillen fdjtoer an ©regor »on iRajianj ju benfen ift.
©in unb berfetbe Stutor gebrauchte bie angeführten ©leidh*
niffe }ur SSeranfchautichung bei ©eheimniffe! ber Trinität
nicht leicht fo, bajj er ben einjetnen ©eftanbteilen ober
Slulbrüien eine »erfdhiebene SSebeutung beilegte. Unter
biefen Umftänben wirb über bie burch bie hanbfdjjriftlich
bejeugte Stutorfchaft bei ©regoriul Shaumaturgul nicht
fo leicht hinwegplommen fein, unb 3 toar um fo toeniger,
all ber Inhalt ber Schrift eher für bal 3. all für bal
4. Sahrhunbert fpridjt. Sludj ber »eitere Umftanb füllt
hier toenigftenl einigermaßen in! ©etoicht: baß bie
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312
Qafyn, Dionjsiaca.
jtoeite öon Stpffel auä-bem ©ptifcben mitgeteilte ©dbrift:
An X^eopompuä übet bie ßeibetiäfä^igfcit unb fieibenS-
unfäßigfeit ©otteS, tote allgemein anerfennt wirb, bem
älteren ©tegor angebört. Sei bet fünften Abbanbluttg
fann »on bet pofititen 3^efe ganj abgefeben »erben,
»eil fie als bloße Vermutung auftritt. ©igentlidb fraglidb
ift nur, ob bie ©tünbe gegen bie Autorfcßaft be« Aibatta-'
ftu« burcbfcblagenb ftnb. 3<f> muß bei affet Anetfennung
be« ©dbarfftnne«, ben bet Setf. in bet Unterfudbung
betoie«, immetbin gefteben, baß i<b ihnen eine foldbe
Sebeutung nidbt perfennen fann. 3)ie tot veterum
testimonia nec non antiqaoram codicam auctoritas,
toeldbe SRontfaucon anfübtt, b a ^ en bei mit ebenfo toie
bei biefem »orjügtidben ©elebrten ein größere« ©etoidjt.
Sringen ^ienadt> bie Unterfudbungen bet patrijUfdben
SBiffenfdbaft fdjtoertidb fdbon einen fuberen ©etoinn, fo
ftnb fte bo<b nidbt ohne SBert; fte lönnen antegenb
toirfen. Qdb mödbte jungen ißbilologen unb Xbeologen
taten, bie btet erörterten £b ema t a forgfältig nacbjuprü=
fen. ©ine neue grünblidbe Unterfudbung öon unbefangener
©eite ifl biet »obl angejeigt. SSieHei<bt erfdbienen bei
ibr bie Aufteilungen be« SSerf. in einem befferen ßidbte,
al« bei einet bloßen toenn audb forgfältigen ßeftüre,
toie idb jte öotnebmen fonnte. ®o<b ift meine Hoffnung
nidbt gar groß. 2Bie i<b midb neueften« audb bei einer
anberen ©elegenbeit, bei Abfaffung be« Artifel« Sujtinu«
für ba« Äitdbenlejifon, überzeugen fonnte, nimmt S)r.
einige leidbte Snbicien fofort für einen Setoei«, unb glaubt
er affju leidet Aufgaben löfen p föttnen, bie ftdb einer
ftdberen ßöfung enttoeber oöflig ober faft ganj entjieben.
3. 2)ie ©dbrift toitb ben fünftigen SHonpfiuS*
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Stoumgaiien, 3)ie (Sin^eit M $>ertiia$*$udjeS. 313
gorföetn erhebliche Sienfte tciften. Sieben ben Bejieh*
ungen ju Btato werben auch fol<he ju ben ißlatonifern
berührt. 2fn«befonbete werben einige tnerfwürbige fpradh»
liChe Berührungen be« Sionpftu« mit ißtoftuS angeführt.
Ser Betf. jieht, ba et bie Stuffaffung $ipter« über Sionp»
fiu« teilt, au« ben bezüglichen ©teilen ben ©<hlufj, bafj
tßrollu«, ber e« als Aufgabe bei Bhit°f 0 Ph« n betrachtete,
%ov oXov xoofiov uQwpdvnfi }u fein, es nicht üerfchmäht
habe, auch au« ben ChrifitiChen ©Triften be« Sionpfiu«
ju f<höpfen, wie es fchon gelehrten Bpjantinern gefdjienen
habe. 3<h fchließe gerabe umgelehrt.
4. ^ilgenfelb unterfdjieb jüngfi im ißajlor $ermä
brei Beftanbteile: einen Hermas pastoralis Vis. V —
Sim. VII, einen H. apocalypticus = Vis. I—IV, unb
einen H. secundarius=Sim. VIII— X. Sem gegenüber
wirb in ber tootjiehenben Elbhanblung, Bearbeitung einer
non ber Tübinger e»angelif$=theologif<hen gafultät ge»
Peilten ißteiSaufgabe, h°uptfä<hti<h auf ©runb ber ©e--
f<hi<hte be« Buche«, ber Einheit ber Sprache unb bet ©emein»
beuetfaffung unb be« burchgdngigen Einfluffe« be« oierten
Buche« ESbta unb be« 3alobu«briefe«, bie Einheit be« 2lu=
tot« bargethan. Sabei wirb aber angenommen, ba« SBerf
fei nicht urfprüngli<h als einheitliche« beabficbtigt gewefen,
bie Bifionen I — IV einerfeit« unb ber übrige Seil anbeter»
feit«, ba« jehtite ©leiChni« ausgenommen, ba« fuh al«
3la<htrag oon frember ^»anb barftelle (©. 39), haben
junäChft für jt<h beftanben unb feien erft fpäter ju einem
©anjen »etbunben worben. Safür fpreChe, baß 1) bie
©prathe im 2. Seil gewanbter fei al« im erften; 2) bie
große Bebtüngni«, welche in ben Bifionen nahe benot»
flehe, in ben ©eboten unb ©teiChniffen hinter bem Elutor
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314 $ü<fftäbt, ®er Ce^cbegtiff beä Wirten.
ju liegen fc^eine; 3) ber in ben SSiftonen jo broßenbe
SSußruf fpäter oiel gemäßigter nnb ruhiger auftrete,
eben »eil nadß SSerfluß ber bort angelünbigten furjen
grifl baS ©nbe nicßt eingetreten fei; 4) ber Sßtojeß beS
allmäßlidßen -JladßtaffeS ber rigotofen Slnforberungen an
bie ftttlidße ©efdßaffenßeit ber ©emeinbe, »ie er fidß im
Sim. IX togl. mit Sßif. III jeige; 5) baß in ben SSiftonen
bie 6r»äßnung ton ©noftifern minbeftenS §»eifetßaft,
fpäter aber nidßt ju oerlennen fei; 6) baß ber fittlidße
3uftanb ber nädßften Umgebung be$ ^ermaS in beu
©teicßniffen ßßßer entwicfelt fei als in ben SSiftonen
(©. 95). Sie ©rßße beS 3 e i traumej8 /- bw jwifdßen beiben
Seilen liege, fei nid^t näßet ju beftimmen; für bie
Slbfaffung beS jtoeiten SeileS aber feien bie Qaßre
140—145 als ©nbtermin anjuneßmen, ba oon einem
eigentlidßen, offenen Äampf mit bem ©nojiiciSmuS in
bem SSudße nicßts ju finben fei. Ser getoidjtigfle unter
ben angeführten ©rünben iß offenbar bet j»eite. 68
gebrüßt ißm aber, »ie ber SSerf. mit bem „fcßeint"
felbft ju oerfteßen gibt, an ber tßatfäcßlicßen ©ußerßeit,
unb bemgemäß ift er unjuteidßenb. 9to<ß »eniger genügen
jum SSetoeiS ber Sßefe bie anberen ©rünbe. Sie ©cßrift
erfdßeint baßer natß biefer ©eite al8 einer fiorreltur
bebürftig. Qm übrigen oerbient fte, jumal al8 ©rftlingS*
arbeit, großes fiob.
5. Sie ©dßrift gibt eine fpftematifcße SarfieHung
be8 SeßrbegriffS beS Wirten, unb fte rußt, »ie ©. 2
angebeutet »irb, im »efentlidßen auf ^jarnacfs Äommen*
tar. Sie eingeßenbfte Unterfucßung »urbe begreiflicher^
»eife unter ben einjelnen fünften ber 2lnfcßauung beS
$erma$ über bie ißerfon (Sßrifti ju teil. Sarüber ßan-
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Batiffol, Studia Patrirtica.
316
beite 1886 im befonberen 91. Sin! in bet Slb^anblung:
©hrißi $erfon unb Sßort im Ritten beS £erma8. ®ie
©dbrift Weint aber bem Serf. entgangen ju fein. ÜBenig--
ßen$ wirb pe nirgenbs berüdp<htigt. Sie hätte ei
aber roohl öerbient, bag fi<b ber Serf. mit ihr auSein*
anberfegte. ®er einßblägige Slbfcgnitt hätte gemonnen,
auch trenn ber SSerf. ettoa feinen ©runb jur Äorreftur
feiner Stnpcgt gefunben hätte.
6. Hbbä Satifiol bietet uns in bem »orliegenben
$eft ben Anfang einer größeren patriftifcben ißublifation.
®ie ®<brift, bie junädhft toeröffentlidht roirb, ijt eine
©rjählung übet bie £eirat Sofeph«/ bei SohneS S^Iobä,
unb SfenetgS, ber Tochter 5ßutiph arS * ©t* ift jübifd&en
UtfprungS, mürbe aber halb, mabtßheinlicb im 6. 3ahr*
hunbert, butcb einen ©htiPen überarbeitet, fanb bann
in Uebetfegung in Serien, Arabien, Slethiopien, Armenien,
enblidh im Sbenblanb ©ingang, roo fte juerß im Speca-
lum historiale bei Sütcenj non SeauuaiS erfd^eint; in
Kerpen infpirierte pe im 15. 3 a h r hunbert bie Segenbe
non §)ufuf unb 3^lifh a - £ter erhalten mir jum erßen=
mal ben gried&ifdjen fEept. SMe ^Sublimation ruht auf
nier ^anbfdbriften: Vat. 803, Palat. 17, Barocc. 147/148.
©. 6 mirb au<h Palat. 364 als bie ©rjähiung enthaltenb
aufgeführt, ©. 7 eine $f. nom Serge SthoS. Sei ber
SepteSrejenßon fommen aber biefe^p. nicht jur Sermertung.
®a erp ein ^eftnorliegt, lägt p<h no<$ fein abßhltegenbeS
Urteil fällen. 2>o<h betraten bie ißrolegomenen ©chatfpnn
unb ©elehrfamfeit, ber SEept ©orgfalt. 3nt leiteten mirb
jtoar einiges »ermigt. ©. 47,6 fleht a*s in [ ]. ÜBatum,
erfährt man in ben-Roten nicht, ©benfo bleibt einiges anbere
jmeifelhaft. S)ie ©rflärung ber geidjen mirb fpäter mobl
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316
Weiising,
mehrere« beutlich machen, ©inftweilen begleiten bie lßubli=
lation unfere beiten 2Bünf<he.
Sunt.
2 .
Levens der pansen van Wensing Vermeiden. Paulus III.
en bet algemeen concilie van Bologna. Anteekenöngen
op het derde deeltje; vierde en vijsde deeltje. s'Her-
togenbosch, Stokvis en zoon. 1887. 1888. p. 638—970.
@« Inurbe 1887 ©. 507—613 auf bie erfte .gälfte
biefe« »erbienftöollen SBerfe« ^ingemiefeit; nunmehr ifi
ba«felbe — burcb ^injufiigung be« 3.—5. Seile« — ju
einem erfreulichen Slbfchluffe gebieben.
SDtit bem 33eri<hte über bie Verlegung be« Äonjil«
»on Srient hinweg nach Bologna wirb ber gerichtlich«
$aben an bie oorau«gehenbe Partie angetnüpft.
3Jlan wirb bem 33erf. faum beiflimmen, wenn er
bie bo<b nur nereinjelt oorgelommenen ^BefifäHe in Srient
al« einen au«reichenben @rtlärung«grunb anfieht bafür,
bafj bie italienifchen fßrälaten bie Verlegung nach 33 olo gn a
betrieben. Sa bie ©panier gegen eine ©pibemte fidhetlidh
ebenfo wenig gefeit waren wie bie Italiener, fo mufj au«
ber Unbeforgtheit bet erfleten wegen ferneren 33erbleiben«
in jener ©tabt hoch wohl auf einen gutmütigen ©harafter
.ber Äranfheit gefdjloffen werben. SSefremblich Hingt auth
bie 3umutung, welche ein päpfllid&er Segate, Äarbinal
Seroini, bem Äaifer Äarl V machte, er fofle bie in Srient
gebliebenen 33if<höfe jur Slbretfe nach 33ologna oermögen,
bamit fie Dort für bie SRüdlehr nach Orient wirten tönnten!
Sen Äaifer, welcher bie Abneigung ber Seutfchen gegen
eine italienifd&e ©tabt tannte; welchem auch, fdhon unter
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Levens der pausen.
317
bem ©eftdbtepunfte ber ißotitif, alle« baranliegeti mußte,
bie ißroteflanten jur Ktcblidben (Sin^eit jurüdjufübten —
tyn mußte bie Äunbe oon bet Ueberfteblung be8 ÄonjiI$
nadb Italien nottoenbig aufs fdbmerjlidbfle berühren.
3n biefem fünfte ftebt Steferent entfliehen auf ©eite
3 an ff en’8 (@ef<b- b. beutfcben SßotleS, III, 603) gegen
ben SSetf., bet in feinet SSegeifterung für fßaul III ju=
»eilen bodb aUju fiarf »on @efübl8ricbtungen beeinflußt
fein bütfte. greitidb war auch Jtart ein »iel }u leiben»
fdbaftlidber Spaniole, um bie bem Dberbaupte bet Äirdbe
unter allen Umftänben gebübrenbe Siüdftcbt $u beioabten;
ließ er ftcb ja gegenüber bem päpftlicben Legaten SßetaDi
fomeil fortreißen, ißaul einen „bocfbeinigen, alten ÜJtann*
ju fcbelten. SSegteiflidb, baß unter folgen Umftänben
bie beiberfeitige ©ereijtbeit mu<b§. 3)et SSerf. bat gewiß
redbt, wenn er bem fßapfle allein bie 39efugni$ einräumt,
ben Drt be$ ÄonjilS fefljufe|en; biefer wäre geneigt ge*
toefen, ba8 Äonjil nach ©enua, ßucca ober §etrara
p »erlegen, in leitete ©tabt bauptfäcblicb beSbatb, weil
fte ber laifetlidben SebenSbobcit unterftanb; ja ber SSerf.
regnet e8 bem fßapfte jum SSerbienfte, baß berfelbe bem
fortgefeßten Slnbrängen ber $eutf<ben n u r auf £ r i e nt
fortbauernb wiberftanb. 3nbe$ mar e$ unbefiritten »er=
bienfilidber, baß Sßaut III ben SJtänfen be8 franjöftfcben
ßönigS, mie febr biefelben audb auf einen S3tudb mit ®eutfdb=
lanb binarbeiteten, feineSmegl nacbgab; nodb größer jeigte
ftcb ber ißapjl gegenüber bem Äaifer, al8 leßterer in
angenfdbeinlidber Ueberfdbreitung feiner SBefugniffe burdb
bas SlugSburger Interim auf eigene gauft mit ben ißrote*
ftanten ftcb abjuftnben »erfudbt batte. 2lm 10. 3lo».
1649 ftarb Sßaul III.
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318
©dien
Mein bamit fcfjliefeen bie intereffanten MSfübrungen
beS SBerf. noch nicht ab. gn einem testen, fünften 5Ceile
hält et Mrecbnung mit betriebenen anbern |nftorifern
benen Sßaul III nicht, wie ihm, gerabeju als ein ^eiliger
erfchienen. ffienn er Riebet in Stlfreb o. SHeumont
einen Sßroteftanten »erneutet (p. 885), fo mag ihm bie«
als einem SRichtbeutfchen Weniger »erbaut fein. SDlancheS,
was in beS SEBerfeS erfiet Hälfte noch toermifst würbe,
j. SB. bie SBemübungen beS SßapfleS in ber ©flaoenfrage,
ftnbet fich ^ier nachgeholt; namentlich erfahren auch bie
unter feinem Sßontififate in« Sehen getretenen OrbenS«
genoffenfdhaften, in erfler Sinie bie ©efeHfchaft $efu, ihre
ebenfo eingehenbe, als gerechte Sffiürbigung. 3luS ber
gülle bebeutfamer ©ingelbilber, welche ber SHatur bet
®inge entfprechenb juweilen auch ©dhattenbilber fein müjf en,
fei nur noch bie getreue geichnung beS unglüdlicheu
ÄapujinergeneralS Dchino h er ®»rgehoben. Äurj, über
Sßaul IIT, feine $eit unb feine ßdtgenoffen, ift toohl
noch nie mit größerem gleifee unb mit hellerer, wärmerer
SBegeifterung getrieben worben, als bieS h^r gefehlt;
$euge befe bleibt bie an manchen ©teilen fogar poetifch
fdjwunghafte S)iftion. @S wäre nur noch ju wünfehen, bafj
burch bie nämliche erprobte gebet wenigfienS bie Sßäpjte
beS tribentinifchen ÄonjilS ju ähnlicher Vorführung
gelangten.
SRegenSburg. Dr. ©chenj.
3.
fiatholifcht Sogmatit in fech« Sichern oon Dr. germann
$djtll, Sßrof. ber SEheotogie an ber Uniberfität StBürj*
bürg, ©rfter SBanb. Sßaberborn. gerb, ©djöntngb. 1889.
XXI unb 425 @. M. 3.
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Satyolifäe J>o(jraatif.
319
©S ifi neuerbingS bet ben 3?erlag8hanblungen üblich
geworben, ben öffentlichen unb privaten Unterlid?! in atten
3»eigen beS menf$li$en SBtffenS mit Sehr-- unb ,§anb=
büdhern unb Hilfsmitteln aller 2trt §u nerforgen. -Dian
»artet vielfach nicht mehr, bis ein Sehrer aus feinen
eigenen SSorlefungen nach vielfachen Erfahrungen ein
päbagogifd? erprobtes Sehrbucg verfaßt unb hetauSgiebt,
fonbern veranlagt gleich bie Ibfaffung einer ganjen Serie
foldhet Sehrbücher. $at man in ber Qofephinifdhen
es jebem ®ojenten jur Pflicht gemacht, ein Sehrbuch }u
fchreiben unb nach bemfelben vorjutragen, fo »iü man
jegt burch allgemeine Sehrbüdher bie Sehrer biefer
3»ühe entheben. Ueber beibe ÜJtethoben lann man ge--
teilter Sfojtdht fein. 3 u nä<hft berbanfen fie bem Seftreben,
baS jeitraubenbe SJiftieren ju befeitigen unb ben guhörern
ettoaS ©anjeS in bie £anb ju geben, ihre SBeranlaffung.
§ür gefdgidhtliche unb ejegetifdhe %afyex fpringt ja auch
ber SSorteil ber Sehrbüdher in bie Slugen. SJtacht ft<h
aber bodh bei biefen bereits ein ©egenfag jttifdhen bem
ftemben Sehrbuch unb ber 3nbiöibualität beS SehrerS
geltenb, fo tritt biefer SDUgflanb in ben theoretifdhen
Rächern noch weit mehr jum Sßorfdhein. 2luch toenn nicht
jeber Sehrer »ie feiner 3«t jeber ißhilofoph fein eigenes
©pftem hoben mug, fo toäre berjenige bodh ein unbebeuten=
ber Sehrer, welcher feinen SSorlefungen nicht ein befon*
bereS geifUgeS ©epräge ju geben »ügte. 3n ber Siegel
»erben alfo für foldhe SMSjiplinen bie ftemben Sehrbüdher
mehr ben 3ugörern jum ißrioatfiubium als bem Sehrer
für ben Unterricht von Stugen fein, gür bie fatholifche
Rheologie bejtgen »ir eine gtoge Snjahl bereits in mehreren
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320
Auflagen bei gerbet erfdhienenen £ehr= unb #anbbfi<her.
©inb biefelben für ben Unterri^t ju umfangreich, fo
leijten fte für baS ^riüatflubium beflo beffete ®ienfie.
Um nun bem ©tubierenben Inappe Sehtbfidher ju bieten,
bie auch bem praftif$en ©eifllichen bei bet ©Überholung
unb gortfefcung feiner ©tubien behilflich fein unb bem
gebilbeten Saien ju leichter unb fdhneHer Orientierung
bienen lönnen, h«t bie ©dhöningh’fdhe 3SetlagSh«nblung
eine„Wiffenfdhaftli<he$anbbibliothel" ju publizieren unter:
nommen unb will junächft theologifche Sehr- unb .§anb=
büdher in lutjem Umfange, fdhönet AuSftattung, um billigen
ißteis erfdhetnen laffen.
Als erfle ißrobe liegt ber erfle S3anb ber auf brei
SBänbe beredhneten ®ogmatil non ißrof. ©dheU »or. @r
ifl unferen Sefern burdh fein ®u<h über baS ©irlen be$
bteieintgen ©otteS vorteilhaft begannt (Ogi. 1886®. 326 ff.).
Ueber bie SKethobe unb Aufgabe ber ®ogmatif fpridht
er fleh in ber SSortebe unjweibeutig au«. @t will eine
fdfjolaftifche S)ogmati! in fdhotaftifcher gotm fdhreiben.
©überholt belennt er füh in ber Ausführung ju ber
ariftotelif^4homiflifdhen ©dhule unb entfeheibet in allen
Sßtinjipünfragen btefem ©tanbpunlte entfprechenb. ®o<h
wahrt er fidh in ben ©injelftagen feine Freiheit. ®ü
Freiheit, Weldhe bie mittelalterliche ©chotajHl felbfl be:
feelte unb audh innerhalb ftrenger ßirchlidhleit ;u ben
oerfdhiebenartigjlenAuffaffungen ber ©laubenSlehren führ:
te, maeb.e e$ bon ootnherein unmöglich, eine theologifdhe
S)enlweife als bie fcholaflif <h e anjufehen unb als
Kriterium ber ßirdilicbleit in Anwenbung ju bringen,
deshalb oerwahrt er ftch auch gegen bie oft beobachtete
Steigung, in bet Äontrooerfe gegen angefehene ©dholaftiler
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ßatljolifdje Ssogmatif.
321
unb 9leuf<holafiifet eine llnehrerbietigfeit ju finben, auch
wenn bie Streitfrage burchauS objefti» unb ruhig behanbelt
wirb. „@8 giebt webet einen Sekret, noch einen Crben,
noch eine Schule, beren Flamen unb Sehrfpfiem ftcb mit
bet fatholif#en SBahrheit obet mit fir^lidjer «Richtung
bedt" (©. XV). SBit ftnb ^iemit ganj eintoerfianben,
glauben aber, ba§ bet £. Setf. ft<h nicht an bie richtige
Ülbteffe gewenbet hoi- Senn in einem SEBerfe, beffen
auSgefpro$ener ©horafter f<hotafiif<h unb jwar in einet
bejHmmten Stiftung ifi, braucht man ft<h hoch nicht gegen
ben Sorwutf bet llnehrerbietigfeit gegen ©cholafiifer unb
SReufdhotafüfer ju toerteibigen. Ser einjige fatholiföe
Sheologe, bet im Suche felbfi prinjipiell befämpft wirb,
ifi benn auch fein @<holajiifet, fonbetn ein Settretet bet
neuetn theologifchen ©chule.
©8 ifi faum notwenbig, übet bie SRethobe etwa8 ju
fagen. Siefelbe ifi ja au8 einet gtofjen Slnjahl neufcholajiü
f<het ÜBerfe in lateinifcher Sprache weiten Steifen befannt
geworben. -Hut bie8 ifi herootjuh e ^n / bofs ft<h biefe
©cholafiif in beutf^em ©ewanbe leichter in ben Kämpfen
bet ©egenwatl »etwenben läfjt, weit fte überall auf bie
mobetnen ©inwänbe gegen ba8 ©hriflentum fRüdftcht nimmt
unb bie ptinjipieQen fragen, welche fonfi bet philofophie
obet Sipologetif jugewiefen werben, feht grünblich, für ein
fiehtbuch bet Sogmatil oft §u ausführlich behanbelt.
Sie gorm ifi auch weit gefälliger, bie Satfiellung ge»
Wanbter als in ben meifien lateinifchen Sägern biefet
Dichtung, wenn überhaupt eine Sergleidjung jwifchen
jwei fo »erfchiebenattigen Singen erlaubt ifi. Sah bet
Setf. e8 nichts befio Weniger bem ßefet nicht befonbers
leicht gemacht hot, bemerft er felbfl. @t ifi aber ber
XftoL Duartalfdjrift. 1890. $eft II. 21
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922
©*tn.
Snftcht, ba§ baS ©tubium bei ®ogmatif titelt et» SBer»
gnügen, fonbetn ein sacrificium intellectus fein folle. Unb
JDer aHetbingS eine fpefulatibe ®ogmati! fhibieten Will,
ber barf bor biefen ©chwierigfeiten ntc^t zurüdfehreden.
S)od) ifl nic^t recht einzufepen, warum man fär Anfänger
biefeS sacrificium an ben ©ingang in bie Geologie als
Sluffchrift anheften foU, benn eS empfiehlt fiep hoch, burep
SBetbinbung ber pofitiben ©ogmatif mit ber fpefulatioen
ben SEBeg p lederet p ebnen, ©erabe in ber ©egenwart
ift ber Ausbau biefer Stiftung auch aus 9tfidfi<bten ber
ißolemif unb ©pmbolif fehr p empfehlen. S)er fchola»
ftifchen Aufgabe ber S)ogmatif fann biefe SBerbinbung
nichts fepaben, wenn auch baS „©pfiem" weniger ein»
heitlidh unb abgerunbet Wirb, bem Unterricht unb bem
praftifepen SBebürfniffe fann fte aber nur pm Vorteile
gereichen, bisher haben auep bie beutfehen Sehr» unb
ßanbbücper flets eine folcpe SBerbinbung beS pofitiben
unb fpefulatiuen SJtomenteS angeftrebt. SlnbemfaQS wäre
eS notwenbig, wieber Wie früher ztbifepen pofttiber unb
fcpolaftifcper SDogmatif p trennen. S)iefe fe|t aber bann
nicht nur jene botauS, fonbern auch ein grünblidheS ©tubium
nicht blofj ber Ißpilofoppie überhaupt, fonbern auch ber
ariflotelifcp» fcpolaftifcpen SBbilofoppie inSbefonbere. @o
Weit i<p aus ©rfaptung unb Seftüre bie SBerpältniffe in
©eutfcplanb fenne, trifft bie jweite S3orauSfefcung nirgenbS
p. ©ie Würbe für bie Theologen einen minbefienS ein»
bis zweijährigen philofophifchen ÄurfuS erforbern. 3<P
fenne aber nur eine einzige beutfepe Uniberfität, auf
welcher ben fatholifchen SEpeologen ein volles 3 a b* für
ppilofoppifcpe ©tubien borgefchtieben ift. ©onfl Wäre eS
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Jtatyotiföe Dogmatil. 328
au<b nicht möglich, baf? baS tbeologifcbe ©tubium in bet
Siegel in 3—4 Sagten abfoltoiert würbe.
S)a8 etjie S3ud> banbeit non ben Quellen bet <btifi»
li$en Offenbarung, baS jtoeite non ©otteS S)afein unb
SBefen. 3fi le|terer ©egenfianb gang befonberS geeignet
für eine ftbolajüföe SSebanblung unb non jeber als
SieblingSgegenfianb bebanbett worben, fo bat eS ber
SSerf. bo<b au$ bei ben Quellen ber Offenbarung »er»
ftanben, ben gegebenen Stoff burcb baS ßi<bt ber ©pelu»
Iation ju beleuchten. Siur wäre es in biefent Xette gang
befonberS erwünfcbt gewefen, bafj bie pofttiüe ©runblage
burdj ©ef<bi<bte unb ©jegefe »otber gefiebert worben Wäre,
©erabe in biefent fünfte ijt bie neuere tbeologifcbe
gorf<bung fo weit über bie bef$eibenen Anfänge ber
©cbolafiif hinaus, baff wenn irgenbwo fo hier eine neue
SRetbobe angegeigt ifl. 3m ©tunbe genommen ifi biefe
SRetbobe nid^t einmal abfolut neu, fonbem nur eine @r*
neuerung unb S3erbefferung ber patrifiifcben SSebanblung
ber b- @<brift. 2fn ber SSilbung beS JtanonS unb in ber
Auslegung ber b- ©<btift haben fo »iele gefdjt<btli<be
SRoHbe mitgewirtt, baf? eine S)arfteüung ber Quellen ber
Offenbarung nur auf bem ©runbe gef<bi<btli<ber ®batfa<ben
»erflänbli<b Wirb. 3<b Will nur ein paar fünfte, in welken
ber SBetf. »on meinen anberwärts »erteibigten Slnfcbau»
ungen am fiärffien abwetcbt, b^roorbeben. SRit einer be»
fannten Slitbtung bet ©egenwart, bie »on gang entgegen»
gefegten SSorauSfefcungen auS bei Äatbolifen unb ißrote»
fianten gepflegt wirb, befreitet ber SSerf., baff bie Stpofio»
ligität als baS Kriterium ber ^nfpiration gu betrauten
fei, benn fonfi hätten alte Sipofiel getrieben ober nur
Sipofiel getrieben. 3“t ©egenteil ifi aber bei ben SSätern
21 *
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324
6djefl,
gerabe bie 2Ipoftolijität fo fefjr baS entfcheibenbe Moment,
baff ftc bie apoftolifd^e Ueberlieferung, ob fie münbltch
ober fdbriftlich erhalten worben fei, als bie einzige 9torm
anerfennen. ©erabe weil ihnen baS münbliche unb
f<hriftli<he ffiort ber 2lpoftel für gleichwertig galt, tonnten
fte eS aus ben SSerhälniffen leidet etflären, Warum trofc
ber 3fnft>iration nicht alle 2lpojiel ©Triften toerfafjt haben.
Ohne beShalb bie ©ntflehung ber Schriften bem „gufaH"
anheimjugeben, haben fte bennoch bie Uebetjeugung ber=
treten, baff bie ©Triften beS 9t.£.’S ©elegenheitsfdhriften
unb als foldhe im einjelnen wie im ganzen unooHflünbig
feien. Siefe Slnftcht Wirb auch fo augmfd&einltcb burch
ben Shatbefianb in ber h* Schrift unb in bet @ef<bi<hte
beS ÄanonS betätigt, bah bie ©yegefe faft allgemein
berfelben jugethan ifi.
Heber bie in neuerer 3eit bon neufdholaftifdher ©eite
öfter wieberholte Behauptung, bah ju ber Annahme einer
infpirierten ©chrift eine befonbete ^nfpiration für bie
fiitche anjunehmen fei, habe ich mich in biefen Blättern
fdhon früher auSgefprochen. freilich wer baS ißrinjip
ber Slpoflolijität fo leicht preiSgiebt unb ben inneren
Kriterien nicht traut, hat feine anbere ÜÜBahl als ju biefem
deus ex macbina feine 3uflucbt ju nehmen. SXber baburdh
Wirb bie Shatfadhe nicht Wiberlegt, bah Weber in ber h-
©dhrift felbft noch in ber Srabition ein pofttioeS 3eugniS
bafür angeführt werben fann. Sie ßirche felbft hat jt<h
hierüber gar nicht auSgefprochen. Sie gefdhichtlidhe Bet»
hältniffe bieten feine BotauSfefcung bafür. Sie Berweifung
auf bie „Äitdhe" beS alten BunbeS ifi aber um fo weniger
entfcheibenb, als auch hier ber beweis nur apriori ge=
führt wirb.
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ffatljoHfäe Dogmatif.
325
3« ber ©ottc«le$re ifl felbflberftünblidh ba« geföidjit:
li<$e SJtoment tion geringerer Sebeututig. 2fn biefem Seile
ifl audj ber #auptoor$ug be« 33u$e« ju frühen. 9tatür=
lidp ftebt ber SBcrf. in ber SRetfcobe ganj auf bem Soben
ber @$olaflif, facblidi) gebt er aber in hoppeltet SBejiebung
Aber biefelbe hinauf einmal inbem er Safein unb Sßefen
eng Perbinbet, fobann inbem et bie Semonflrabilität infolge
bapon einerfeit« einfdhränft anbeterfeit« ertoeitert. 3m
erften fünfte fle^t er mit & Pon Äubn, ben er unter
ben fatbolif<ben Sbeotogen allein prinjipiell betämpft,
auf bemfelben Stanbpunft, jiebt aber aüerbing« bie ent=
gegengefefcte Folgerung. SBä^renb nämlich t». ßulm batau«
auf ein angeborene« ©otte«betoufjtfein föliejjt, folgert
ber SSerf. umgefebrt, bajj bie ©otte«beroeife audb für bie
©rfenntni« be« göttlichen SBefen« biefelbe SetoeiSfraft
beftfcen unb leitet barau« bie abfolute SBoHfommen&eit
©otte« mit allen ©igenfefcaften ber abfoluten Vernunft,
be« abfoluten SBiHen«, ber abfoluten 2Baf>r$eit unb ber
abfoluten SBorfe&ung ab. ©ief>t man aber nähet ju, fo
ifl ber Uuterföieb hoch nicht fo bebeutenb, al« er auf
ben erflen Slnblid erf^eint. 3»bem nämlich ber SSerf.
ber fo«mologif$en ©otteSerfenntni« eine pfgdhologiföe
jur Seite fteüt unb einen ibeologif$en Seroei« ©otte«
al« ber abfoluten Äunfl au« ber Qbeenbilbung, einen
noetifchen Seroei« ©otte« al« ber abfoluten SEBaljr^cit
au« ber urteilenben ©rfenntni«, einen etlichen Seroei«
©otte« al« ber abfoluten ^jeiligfeit au« ber fittlichen
Anlage beifügt, hat er fidj bo<h ber 31uguflinifd>en ©otte«'
erfenntui« fo fe^r genährt, bafj bet Sßiberfpruch gegen
ba« angeborene ©otte«beroufjtfein feine Stärfe perliert.
Sie« um fo mehr al« ber Serf. feinen Sfoftanb nimmt
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826
SdjeU,
baS SSorhanbenfein einer rein natürlichen ©otteSerfennt*
niS ju negieren (©. 194) unb baS 2Jl#etium jur ©runb*
läge ber ©otteSerfenntniS, ben SogoS §um ©rleudbter
auch ber $eibnif$en 9ieligion8hbilofohb en ju machen.
3um SSerjiänbniS beS Qnf^irationSbogmaS ift ihm bie
„bolle unb ganje (Strebung $um t^eijlif^en ©otteäbegriff"
notwenbig. „®iefer überbegriffliche ©otteSbegriff — ein
•äJtyfieriunt für ft<b — mufe im Sluge bemalten »erben,
um bem SDlpfterium ber Snfpiration in rationaler Seife
geregt ju »erben" (©. 100). 3lu<b biefer ©ott ifl ein
■äJlhfierium, allein nicht im ©inne eines unoerftänblichen
IßofiulatS ober eines unlösbaren SRätfelS, fonbetn im
©inne ber oon unferem fernen ©tanbpunlt nicht hin*
länglich begriffenen, aber in fleh felbfi unb für ftd>
felbfl lichtbollen SBahrheit, bie für uns ein ©eheimnis ifl,
fo lange »ir fte nach feiner abüquaten Analogie unb
nic^t oon ihrem inneren h^auS ju benfen oermögen"
(©. 231). 2)a8 ©eheimnisoolle bleibt alfo hier wie
bort unb wenn bet ©ebanlengang Äuhn’S für bie ange=
borene ©otteSibee „ju geiftreich iji, als bafj er Wahr fein
fönnte" (©. 199), fo »irb bieS mutatis mutandis aud)
auf ben tyn oerteibigten Seweiögang anwenbbar fein.
Sicher ifl bie Berufung auf bie ©fepjtS fein SeweiS
gegen baS angeborene ©otteöbewufjtfein, oielmehr be»eijl
fte gegen bie Semonfirabitität beS 5DafeinS ©otteS.
UebrigenS fann man bem Sftefultat beS SSerf. beiflimmen,
ob man fo ober anberS über bie ißrämiffen benft: „Sowohl
bie foSmologifche wie bie pbüofophifd)* Beweisführung
hat jum ejcalten (Ergebnis baS Ißoflulat beS ®afetnS
©otteS. ®et Sinn biefeS 2luSbrucfS geht bahin: ®aS
®afein beS abfoluten ©eifteS ifl notwenbig jur ©rgünjung
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Äatljolifdje ®ogmatif.
327
beS empiriRben SBeltbafeinS unb beS t^atfäd^lic^en ©elbR»
bafeinS, unb jroar als tiefRer ©raub in bcr Orbnung
ber SBirfurfadbe, wie als bö«bM @ut in berjenigen ber
3we<furfa<be. Ohne ©ott würbe bie empiriRb« Obje!»
tioität unb ©ubjeftiDität unoerRänblüb bleiben, grunb»
loS unb jwedloS in ber Suft Rbweben. Stilein bie empiriftbe
SSeriRfation beS 2)afein8 ©otteS ifi unetreitbbar mit
ben -Kitteln menf<bli<ber ©rfenntniS, nur but<b unmittel»
bare Offenbarung ©otteS ju gewinnen, einigermaßen
au$ burdb bie mittelbare Offenbarung ber ^ßat unb
beS SöorteS. SMefe Unmöglidbfeit einer erfahrungSmäßi»
gen Ueberjeugung Don bem fpefulatiben 3ie<bnungSergeb»
niS, eS müffe ©ott ejiRieren, ifi um fo empRnblidber,
weil baS SBefen ©otteS nad? feiner Don allen Kategorien
beS empirifd&en ©eins gebaut werben barf; Weber räum»
li<b, noch jeitlicb, Weber bur<b 5Cbun, noch bur<b Seiben
Deränberlicb, Weber im S)enfen unb SBoUen burcb eine
KaturbeRbaffenbeit, noch im SBefen butdb irgenb eine
SBorauSfefcung bebingt" (6. 224 f.).
®iefeS SRefultat ergiebt fid> bem RboIaRiRben ®og=
matifer, ben anbern, mehr auf patriRifcbem SBoben Reben»
ben S)ogmatifern ift eS felbRperRänblüb. 3$ b°be ab»
R(btli<b bie ganje ©teile auSgeboben, um einerfeitS §u
jeigen, wie ernR eS berSSerf.mit feiner Aufgabe nimmt,
unb um anbererfeitS bie mehr leibenRbaftlidben als wiffen»
fdbaftlicben StuSfäHe einzelner Vertreter biefer ißbtlofopbie
gegen biefelben Sftefultate bet ©otteSerfenntniS auf einem
oerRbiebeuen pbilofopbiRben unb naturwiffenRbaftlitben
©tanbpunfte in ihrem wahren Siebte erRbeinen ju lajfen.
es entfpriebt biefeS Rtefultat au<b bem 33atifanum, weites
nur lehrt/ baß ©ott als Slufang unb ©ttbe aus ben
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328
©djeU,
geraffenen Gingen ficber erlannt werben fßnne. Sludb
in einem anberen, ^iemit jufammenbangenbeu fünfte
jtimme icb bem SSerf. bei ©r fd^liefet ttemÜdb be}ei<b=
nenberweife ben Semetß ©otteß alß beß abfolnten SBefenß
auß bet Äontingenj mit bet ©teile beß SBatifanumß:
Sancta catbolica ap. rom. ecclesia credit et confitetur,
unum esse Deum verum et vivum, creatorem ac dominum
coeli et terrae omnipotentem, aeternum ... super omnia
quae praeter ipsum sunt et concipi possunt ineffabi-
liter excelsus. Äann man einen ejaften fpelulattoen
Seweiß für baß ®afein ©otteß beffer fcbliefjen als mit
einem Setweiß auf baß, maß bie Äird&e glaubt unb
befennt? 3m Sergleicb mit ber eben angejogenen ©teile
tritt ber Unterfdbieb nodb ftürler Verbot, weil bort auß*
btüdlid) baß natürliche Sicht ber menfcblic&en Sernunft
genannt Wirb. 9Baß alfo ber Serf. im Sfafdjluffe baran
über bie ©igenfdbaften ©otteß bemerft, ift barnadj ju
beurteilen. Uebrigenß giebt er gleich auf ©. 239 einen
Slnalogiebemeiß, ber meine Sluffaffung betätigt unb meinet
an einem anberen Orte burcbgefübtten 3 er ^9 u «0 beß
foßmologifdjen Slrgumentß in tuet ©tabien faft ganj ent=
tytidbt. STuch ber Äontingenjbeweiß erbebe fidb nicht bloß
via negationis, fonbern im SInfcblufj an biefelbe via
eminentiae ju ©ott, inbem bie relatine SoWommenbeit
ber ©elbfibefiimmung unb ©elbftnerwirflid>ung, welche
bie ©rfabtung bezeugt, burdb ben 3lußfdblu§ jfeber anber=
weitigen Serurfadbung butdb ein anbereß erganjt wirb.
®te ©runblage für bie 3bee beß abfolnten ©elbflgrunbeß,
ber causa sui, bieten bie lebenbigen Drganißmen. ©ine
höhere Sinologie bietet bie menfdblidje Freiheit,
richtige Äonfequenj b^tauß ift, baf> man ben Äontingenj*
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ftatfjolifdje SJogmatit.
329
beweis m<bt abfhaft auS einzelnen ®egriffen ober 6igen=
haften beS ©efcbaffenen fü^rt. $)aburcb fommt man
§u ben Hauptproblemen bet Staturpbilofopbie: ©ein,
fieben, ©mpfinbung, ©elbftbewufjtfein. 2tber fo halb
man über bie causa efficiens binauSgebt, beftnbet man
ft<b auf bem ©ebtete ber Analogie.
®ie fpefulatioe ©arfieDung ber ©lemente ber ÄoS=
mologie ftnb um fo intereffanter, als Re Probleme betrifft,
welcpc ju ben fdbwierigflen ber ißbitofopbie gehören.
Staunt unb $eit, Unoeränberlidbfeit ©otteS unb Äontingenj
be$ ©efdböpfeS, ©inigfeit beS ©cböpfungSplaneS unb
3eülicbfeit ber ©<böpfung »erben fiets für ben menf<b s
lieben ©eifl etwas StätfelbafteS bebalten. ®et SSerf.
fxnbet bie einjige Söfung in ber perfönlidben Stfeität
©otteS. „Stur ber actus aseitatis beS ewigen ©ebanfenS
erftärt ben actus creationis als f<böpferif<beS S)enfen.
3n bem ©üblichen brängen bie begriffe Statur unb ißerfon
auSeinanber. ®ie Statur liegt in bem ©a<bli<b ; ©egebenen,
ifl bie notwenbige SSorauSfefcung ber Freiheit unb
worin jtdb bie ißerfönlubfeit offenbart. SBefen unb Stafein,
Statur unb ißerfon, Jtraft unb £b at bejeidbnen Sßorjüge
entgegengefegter SCrt, weldbe ft<b im ©nötigen jwar ju=
fammenfdbUefeen, aber bei ber Steigerung ins Unenblicbe,
alfo in ©ott jum unoeteinbaren SBiberfprudb »erben —
wenn fie nicht in ©ins jufammenfaDen" (6.371). ®amit
bängt jufammen, bafj ber SSerf. ben Slriftotelifcben ©otteS*
begriff pon bem unbewegten SSewegenben ju abftraft
finbet unb burcb ben ißlatonifcben SBegriff Dom abfoluten
ßeben ergänjt wiffen will. ®a& ^iefüv baS ©ebeimniS
ber göttlichen S)reifaltigfeit einen fieberen ßeitftern gibt.
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390
Xljotyoftr,
oerfteht ftd> ebenfo oon fetbft wie, bag man babnr$ auf
bal Oebiet bet Offenbarung Übertritt.
€>$an}.
4.
brr Ut|iUf#rx «itnrgif. SSon Dr. Salrutin X|«l
Mfer, 2)ombefan (j. Jiompropft) unb ißrofeffor ber
Xbeotogie in ©chftätt. trjttn Banke« jfteitc tttteilnag.
tfreiburg i. 3). $erberfche SScrlaglbanblung 1887. ©.
331—917.
SB« haben ein SSerfäumnil gut ju mailen, inbem
mir bie jtoeite Abteilung biefel SBerfel (Ogi 0.6chr.
1885 6. 153 ff.) jur Sefprechung bringen. 2Bir tonnen
aber babei beffen getrofi fein, bag folcbe 33üd>er wie XfyaU
hoferl Süurgit nicht veralten unb bag ihr Erfolg nicht
burch fchleunigfte Jteflame unb fftejenfionen ober gar
burch bie Saunen bei buchhänblerifchen 2Beihna<htlmarf=
tel bebingt ift.
#atte bie erfle Abteilung ber allgemeinen Siturgit
in einem etflen Äapitel tiom SBefen ber fatholifchen
Siturgie ober von ber Theorie bei tath. Äuttul gehanbelt,
fo folgt nun in bet jtoeiten Abteilung vorn 2.—8. Äapitel
bie £)arftellung ber formen bei fatholifchen Äultu»,
fofern biefelben oerfchtebenen Äultaften gemeinfam ftnb,
alfo auch eilte gemeinfame Theorie unb ©tflärung
aulaffen. 3m 2. Äapitel ift bemnach von ber 9lotrcenbig=
feit, SSebeutung, ©nttoicflung unb technifchen ®arfteHung
ber tath. Äultformen grunblegenb gehanbelt, hierauf im
3. Ä. vom liturgifchen ÜBort, im 4. oon ber liturgifchen
Slftion ober förperlichen $anblung, im 6. oon ben litur=
giften -Jtoturfbmbolen, im 6. oon ben Äultulflätteu,
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fiiturgif.
331
im 7. üon ben Uturgifdben ©efäjjen, im 8. von ben
Uturgifdben ©ewänbern. 5Dabet mufj bemerft »erben,
baß »ir in allen biefen £auptjtücfen mehr erbalten, als
man na<b ben getoöbnlidben Uturgifdben Kategorien er:
»artet; eS »itb ni<bt blofj baS pofttioe SJtaterial fo
erfdböpfenb als nur »ünf<benS»ert mitgeteilt, fonbern
»ir erbalten aud) alle biejenigen gerichtlichen unb at=
dbäologifcben -Jtotijen, tteld^e für baS SSerfiänbniS beS
beute geltenben Kultus unb SRituS not»enbig ober au<b
nur intereffant finb, unb enbUdb eine auf foliber tbeolo=
giftet ©runblage rubenbe ©rftärung, »eldbe erft recht
geeignet ift, ben ganjen SReicbtum unferer Siturgie bem
aufmetffamen unb benfenben ©läubigen aufjufdbliefjen.
©S ift bemnadb nicht bloß eine Sammlung non ©injel«
beiten, ein rubrijiflifdbeS Sebrbudb, fonbern eine ernjl
»iffenfd»aftli<be Strbeit, aber bargeboten in einer gereiften
unb abgeflärten, barum auch leicht toerflänblid&en unb
anjiebenben gorm. SJtan pflegt es auch fonfl ben Sänben
ber bei Berber etf^einenbeit „^^eologtfd^en SJibliotbef",
ju »eldber biefe Siturgit gehört, nicht eigentlich anjufepen,
»ie oiel Slrbeit erforbert »irb, um bei ber Inappen
ßefoitomie beS mobernen tbeotogifdbentBüdberbrudfS einen
Sanb ju füllen; ganj befonberS aber gilt für %b-’ö
ßiturgif, bafj ipr SBert unb ©epalt nidbt nadb ber 3abl
ber SJrudbogen gefcbäbt »erben barf.
2Bir mödbten fagen, bajj baS SBerf, fobalb ein»
mal bie fpejieDe ßiturgtf nachgefolgt fein »irb, einen
»efentlidben ©dblufjftein für bie liturgifcbe 33e»egung
beS lebten halben QabrbunbertS bitben »erbe. ÜBetin
auch bie gefcbidbttidbe Unterfucbung über baS ©ntfteben
ber alten Liturgien unb fpejieß über ben eigentlichen
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332
£f}an}ofer,
Anfang bec römifchen Siturgie unb ihr SSerhältniS §u
beti älteren griedjtfd^en ©otteSbienfiorbnungen noch nicht
»ollbefriebigenbe ©rgebniffe geliefert hat, weil eS noch
an einigen SRittelgliebern fehlt, welche ohne neue littet*
arifche ©ntbecfungen wohl nicht ^ergeftettt werben fönnen,
fo ift hoch bie ^Rechtsfrage nach allen Seiten hi» genfigenb
aufgeflärt. Unb biefen ißunft rechnen wir, neben ben
tbeologifdjen ©rörterungen, ju ben befonbem SSerbienften
beS SSerf. Sein SBert enthält nicht allein im allgemeinen
bie überjeugenbfte SSerteibigung ber Rechte unb StofprüChe
ber Siturgie ber römifchen Äirdhe, fonbetn weiß auch
in ©injelfragen bie römifcbe Storni unb beren SteCbtSfraft
nach, fo ba§ jeber Siturg hierüber genügenb unterrichtet
wirb unb ben gemeinrechtlichen SRituS oon allen fremb*
artigen unb abweichenben 3uthaten ju nnterfcheiben »er*
mag. Sieben biefem SSerbienfl beS SSerf. fleht aber ein
jweiteS »on nicht geringerem SESerte, nämlich bie jeweilige
©rörterung beS SSerhältniffeS ber gemeinrechtlichen Storni
)um ißartifularrecht, welches niCht burch einfache SRacht*
fpräche liturgifcher 5Ch e oretifer aus feinet ©jiflenj »er*
brängt werben fann. Schon früher unb an anberen
Orten hatte $h- überjeugenb nadhgewiefen, baf? eS in
Sachen beS ftultuS rechtskräftige ©ewohnheiten gebe
unb jwar nicht bto§ praeter, fonbern in einjeluen fällen
auch contra ritum romanum. SLBir betonen bieS, ob*
fchon wir ebenfowenig wie Sh* im Sinne haben, an
ber SSebeutung unb »erpftidjtenben Äraft beS römifChen
SRituS ju rüttetu ober Steuerungen gegen benfelben ju
befürworten. Silber aHerbingS möchten wir wie 2h* ber
SSorfleHung entgegentreten, bafj alle bie befonberen ©in*
richtungen ber »erfchiebenen Ätrcben in ©ebetSweife unb
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SitutfliL
333
liturgifdber Secbnif nur einem verwerflichen ©onbergeifte
entfprangen unb ba§ nicht viele aus ihnen auch roitftidb
berechtigte Interpretationen fachlicher Drbnung unb Cir<b-
Heber grömmigfeit in intern Ursprünge gewefen fein
fönneu; manche von ihnen flammen gewig von ©eifteS=
männern, bie nicht nur allein am ^Bemängeln ober 3 e * 5
ftören beö SSorbanbenen, fonbern am Aufbau jtoed=
mägiger Äirdbenorbnungen greube unb Seruf fanben
unb wohl auch mit bem Slpoftel fagen fonnten: „34
meine aber, bag auch ich ©otteö Seift \)ahe u (I Aor.
7,40). Sin groget Seit beS SReicbtumS unb ber 3Jtannig=
faltigfeit unferer ©otteöbienftorbnung verbanft feinen Ur=
fprung nicht bem Regiment von oben, fonbern bem
inneren SBadbStum beä 6b r W e ntum8 in ben Sänbern
unb Sinjelfirdben; auch ber römifebe fRituS hnt ftdh be»
reichert von ben @eifte£fdhä|en ber ißrovinjen. 2lber
felbft bei foldhen Iiturgifdhen Sinricbtungen, bie fleh fdhtver
übet ihre Uebereinftimmung mit bem ©eifte beS gemeinen
SRedbteS legitimieren fönnen unb bei benen man nach
heutiger ©etradbtungöweife eine vom firdhUdhen Sinbeitä*
punfte hintvegfirebenbe Stiftung unb einen ungehörigen
tpartifulariSmuS vorauSfejjen möchte, erforbert bennodh
bie SBiDigfeit, bis ber Söetveiö beS ©egenteit« erbracht
ift, anjunehmen, bag man von fubjeftiv gut gemeinten
älnfidhten geleitet tvar unb bie roirftieben 3»edfe beS
ÄultuS ju förbern glaubte, ja bag bieS auch auf ©eiten
ber gläubigen ©emeinbe in biefem Sinne aufgefagt unb
geförbert würbe. 2Bir wollen ja feine Stofofofirdben
mehr bauen; aber wer fann behaupten, bag ebebem bie
Srbauer folcher Airdben weniger firdhlidh geftnnt waren
ober bag man in biefen Aireben weniger anbädjftig ge=
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334
IljaUjofet,
betet bat? Unter biefer SBorauöfefcung eine« fromm
religiöfen UrfprungS finbet Sb- noch ein fteunblicbeS
unb entfcbuIbigenbeS SBort für mancherlei Einrichtungen
unb ©ebräu^e, bie mir gerne gegen römifche auSlaufcben
mürben. Daju lommt ein jtoeiteS. ©8 ifi eine große
Däufcbung, in melier fub bie liturgifcben fünften be=
finben — ganj abgefeben oon ber 33ebeutung beS Sßar=
titularrechtS, — als ob mit ber entfchloffenen Stüdfebr
oon ben ortsüblichen ©ebräucben jur firengen Siegel beS
gemeinen StechtS alle liturgifcben Scbmierigfeiten gelöft
unb atte ©ebürfniffe beS ÄultuS befriebigt mären. 2Bit
haben liturgif^e Dilettanten fennen gelernt, meldbe bie
puriftifcbe Strenge nur fo lange feftbalten, als |ie 2Biber=
fprucb finben, unb metcbe, menn alle anbetn fub jur
tömif<ben gorm belennen, ihre perfönlicbe ©igenart unb
SBiberforucbSgeifl in ber entgegengefefcten Stich tung geltenb
machen. Daton reben mir nicht meiter; aber eS liegt
in ber Statur ber Dinge, baß, mo fo tiel eigenes Seben
i|t, mie in einem tief religiöfen Solle, immer auch miebet
neue Slnläufe ju religiöfen Slrten unb Uebungen gemacht
merben. ©S entgehen neue gefte, neue ©ebete, neue
©efänge, neue Baupläne unb Stile, neue Äünfileribeale.
SBenn aQe biefe neuen Slnbachten, neue ©ebetbflcber,
Äapellen, SourbeSgrotten unb lircblicben Scbmudgegen*
flänbe bem römifchen StituS leinen ©intrag tbun, fo
lönnte man jt<b über Stubrifenftreitigleiten oon geringerem
Gelang mobl Oertragen. ÜBeuigflenS lönnte man, bei
aller SSegeifierung für bie hoben 3* e le, etmaS mehr
©erecbtigleit unb ©ebulb üben.
S3on ©injelpunlten möchten mir nur einen beanfianben,
melcher einer näheren ©tllärung bebarf, meil ber SBetf.
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Siturgit
336
fich felbft ju »iberfprechen fcheint. äBähtenb e$ nämlich
6. 730 ganj richtig Reifet, bag in Hirnen, »eiche nic^t
ißfattfitzen etc. jtnb, foubern nur bie Sterte eine« Ora¬
torium publicum haben, baS Allerheittgfte nur „in Äraft
apoftolifchen 3nbulte8" (ober einer unfürbenflichen ©e=
toohnheit) aufbetoahrt »erben bärfe, fleht 6 . 731, bag
gerabe in folgen ÄapeÜen, »eiche als oratoria publica
gelten, baS ADeTbeitigfte mit bif «höflicher 3uftimmung
aufbemahrt »erben fönne. SEBürbe bieS fo aufgelegt,
bag bie bifchöfliche 3ujtimmung genüge unb bie päpft*
liehe ©enehmigung nicht einjuholen fei, »ie bie» von
Uh*i0 ( B S)aS öffentliche Oratorium". Sh«ol. O.Schr.
1880 ©. 179 ff) angenommen »irb, fo »äre uns biefe
Sarftettung, ober »ären un$ bie bafür angegebenen
SSelegfieHen nur bann verftänblüh, »enn oon ber allge*
meinen Stegei, »eiche ein päpftlicheS 3»öult verlangt,
unter ganj befonberS bejeichneten Sßebingungen eine AuS=
nahnte ju gunften ber bif<höfli<hen S3oHmadbt ftatuiert
»ürbe. Senn baS hat geh un» bei forgfältiger Prüfung
ber von Ubrig unb Sh. citierten unb überhaupt ber
eintägigen ©ntfeheibungen in ber Sammlung von SJtühl*
bauer als ft«$er ergeben, bag bie Stotroenbigfeit ber
päpftlichen ©enehmigung für bie Aufbewahrung beS SS.
im öffentlichen Oratorium als befteljenbeS Stecht ange*
fehen unb vorauSgefegt »irb. Stoch in einer Verhältnis*
mägig neuen ©ntfeheibung auf ein S3ittgefu<h beS SMfchofS
Von SDtünfter (SDJühlbauer, Decret. authent. Suppl. II p.
702 sqq.) helfet eS: SS. vero Eucbaristiae Sacramen-
tum asservari nequit in aliis ecclesiia quam paroebia-
libuß absque expressa S. Sedis facultate, ut quam plu-
res testanturS. Ordinis resolutiones, quae tarnen dari
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336
Knabenbauer,
nunquam suevit pro oratoriis privatorum domesticis.
5Der SSittReller wirb habet auf eine frühere ©ntfdheibung
Bom 3 . 1847 Berwiefen. S)ie Bon Uhrig angeführte
©ntfdheibung (SJlühlbauer D. A. II p. 494) hanbelt uidht
Bon ber Äompetenj beS ©ifd^ofö gegenüber bem apoRo=
lifdhen Stuhl, fonbern gegenüber bem Pfarrer ober ben
Sfteftoren ber Äonfraternitäten; ledere haben nicht bas
Stedht, baS SS. aufjubewahren ober au3jufe|en ohne
©rlaubniS beS SifdjofS; bie ^rage, Bon Wem in etfler
Sinie bie (Erlaubnis jur Aufbewahrung beS AHerheiligRen
flamme, ift babei gar nicht berührt. Auf bie Äompe=
tenjredhte beS SJifdhofS bezieht Reh auch SWühlbauer D. A.
Sappl. II p. 694 sqq., worin bem SSifc^of ein nerfdRebeneä
9ie<ht §ugefprodE)en wirb bejüglidh ber loca religiosa unb
ber loca pia, wo aber bezüglich unferer gtage feine
oom gemeinen Stedht abweichenbe ©ntfdheibung gegeben
ober auch nut angebeutet wirb. 5Da bie allgemeine
Siegel feRReht unb bur<h leine neuere ©ntfdheibung
aufgehoben worben iR, fo bürfen folclje Stellen, weldhe
eine Ausnahme ju enthalten ftheinen, nur unter 3ugrunb*
legung beS gemeinen Siebtes aufgelegt werben.
Stottenburg. Sinfenmann.
5.
Corsas Scriptarae sacrae auctoribus Comely, Knaben¬
bauer, Hummelaner aliisque S. J. presbyteris. Commen-
tar. in V. T. P. II: in librum Job. Paris. 1886. 472 p.
P. IU: in Prophetas minores. 1886. 485 et 496 p. in
Proph. Isaiam. 1887. 528 et 626 p. in Jeremiam. 1889.
613 p. in Ezechielem. 1890. 642 p. Auctore Jos. Kna-
benbaoer, S. J.
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Commentar. in Job, Isaiam, Jerem. etc. 337
3m 3«brgange 1886 unb 1887 habe i<h über bie,
unterbeffen burdb beti zweiten SSanb jum 2lbfchluffe ge*
brachte, große ©inleitung ju bem ejegetifcben Unternehmen
ber Väter auS ber ©efettfchaft 3«fu berichtet. Seitbem
ftnb bie Kommentare ju ben Büchern Siebter unb Samuel
non ^ummelauer unb bie oben bejeiebneten Kommentare
non Knabenbauer erschienen. ®a ftch bie rechtzeitige
Vefprechung berfelben in biefer 3eitf<hrift auS unnorher»
gejehenen Umflänben leiber nerjögert hot/ fo Will ich
bas Verfäumte wenigfienS einigermaßen uachbolen, inbem
ich eine Ueberficht überben gortgang beS Unternehmens gebe.
3 eber Theologe weiß, in welche Verlegenheit man
fommt, wenn man Sich in latholifdben Kommentaren über
bie wichtigen fragen, bie gegenwärtig bie Kritif unb 6je=
gefe beS SL 37S in heftige Vewegung fe|en, SatS erholen
will. 3Jlit ganz wenigen SluSnabmen, bie ein ehrenvolles
3eugniS für bie SCbätigfeit unb baS Streben ber Vet=
fajfer oblegen, begegnet man alten, ehrwürbigen Vücbern
ober veralteten Slnficbten. Außerhalb 2)eutfchlanbS fteht
eS hierin noch ungünftiger als bei uns. ®aS VebürfniS
eines neuen KurfuS ber hl. Schrift ift alfo unbeflreitbar.
güt uns ®eutfcbe wäre baSfelbe wohl beffer befriebigt
Worben, wenn bie beutfehe Sprache gewählt unb bie
»otWiegenb in ®eutf<hlanb getriebene altteflamentliche
Kritif fammt ber zahlreichen Sitteratur aus ber SeligionS»
gefehlte unb Archäologie mehr im 3ufammenhang als
nebenbei »erarbeitet worben wäre, auch ein etwas freierer
Stanbpunft in ber Kritif beS ÜEepteS unb beS 3nh«lteS
hätte unferen SBünßhen unb 3ntereffen mehr entsprochen,
aber all bieS hinbert uns nicht anjuerlennen, baß unter
Verücffichtigung beS weiteren ßeferfreifeS unb beS ad=
Cuutalförift 1890. $efl II. 22
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338
Knabenbauer,
gemeineren 3n?ecfed bad bebeutenbe Unternehmen non
großem 9lu|en fein fann. 2)aburch ertlärt ftch bie la=
teinifche Sprache, bie gugrunblegung bed Sulgatatepted,
bie et»ad fnappe Stüdfichtnahme auf ben Urtejt unb
bad Sor»iegen bed theologifchen unb erbaulichen (Siemens
ted. 2lber bei näherer Sinftcht finbet man halb, bafj
mehr SBiffenjchaft unb Stubium aufgetoenbet ifi, ald
man nach ber und et»ad fremben fform nermutet. Ueber*
all toirb man auch über bie neueflen Probleme, non
»eichen bei und unb anbertoärtd fo oiel gerebet unb
gesprochen toirb, genügenben Shtffc&lufi ftnben. 5ßir
möchten nur »ünfdjen, baff bie Äommentare nicht blofj
nachgefchlagen, fonbern auch ftubiert tnerben.
3n ben Einleitungen, bie ber Sßcrf. mit Siecht
auch auf bie ©efahr hin, ba§ baburch bad Urteil bed
ßeferd laptiniert tnerbe, fietd noraudgefchidt hat, lonnte
aufjer bem »ad Eornelp gejagt hatte, fo »eit bie Ein*
leitung bedfelben fd?on reichte, nicht niel neued beigebracht
»erben. ®ie Einheit bed Unternehmend forberte eine
gegenteilige Serüdftchtigung. S)och ifi bad ^Detail in
ber Siegel forgfältig audgeführt. Sefonberd gut lefen
ft<h bie abhanbtungen über bie Echtheit ber nielen be*
ftrittenen f£eile. Seim Such »are nielleicht eine
eingehenbe Unterfuchung nielen erȟnfd>t gewefen, ba
bid in bie aÜerneuefte 3eit bie Stimmen ftch mehren,
»eldhe nicht nur bie Sieben Elihu’d einem anberen Ser*
faffer beilegen, fonbern auch einzelne anbere Kapitel
unb abfchnitte flarl beaniianben. S)ad }»eimalige Sor*
lommen bed SBorted 3ehona ifi bo<h nicht hinlänglich
ertlärt unb bie organifche Serbinbung ber Elihureben
ald ber einzigen befriebigenben ßöfung bed Slätfeld nicht
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Commentar. in Job, Isaiam, Jerem. etc. 339
genügend nacbgewiefen, ba biefelben bo<b im roefentUcben
nur ein SWoment au8 ben früheren Sieben jum SluSbrud
bringen. ®o<b ifi jujugeben, baß baburcb wirtlich ein
Semeiä bergeftetlt tu erben fann, bet bie Anlage be£
poetifcben 93u^eö beffer erftärt, als wenn man baS
Singreifen ©otteS am ©cbluffe ben anbern SMatogen
unmittelbar anreibt. ©egen bie non rein poetifcben
©eßcbtSpuntten auS operierenbe Äritif b at man allen
©runb mißtrauifcb §u fein, obwohl pier gewiß ißoefie,
nielleicbt nach ©idell, bem ber Sßerf. juftimmt, alttefta=
mentlidw 3)ietrif üorliegt. S)ie neuefie Ueberfefcung non
Sänger bringt biefe Styatfad&e bem Sefer Har cot bie
SHugen.
2öenn man bebenft, baß non ben Propheten
bei unferen Äritifern nur wenige ganj bie Feuerprobe
beftebeu, ja baß ein ©errietet ber SfteligionSgefdbicbte
non ©ebeutung, SWaurice ©erneä, eben ein ©ud) ner=
öffentlich bat, in welchem er ben SeweiS führen will,
baß baS ganje alte Xefiament fammt unb fonberS im
4.-2. Sabrb- n. Sbr. non einer £enbenjtbeologie nerfaßt
worben fei, fo wirb man erfennen. Wie notwenbig für
bie Sjegefe auch bie ©erteibigung ber Propheten iß.
Welche bei ber beßruttinen Stiftung bet bißorifcben firiti?
bie .fjjauptßüßen für bie frühere ©eßbichte be$ ÄanonS
fmb. S)a}u gehören namentlich bie älteren ber Heineren
Propheten. SDer ©erf. nimmt auf biefe Fragen befon=
berS bei |jofea3 gebübrenbe Stüdßcbt, obwohl feine
SWethobe non ber bißorif<b 5 fritif<ben, welche ©<bolj bei
biefem Propheten unb bei SferemiaS burchgeführt bat,
Weit entfernt iß. ©ei^efaiaS hanbelt eS ßdh nornemlicb
um ben jWeiten Seil. ®er ©erf. hat hier feinen 1881
22 *
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340
Knabenbauer,
bei gerbet in beutlet Spraye etfdbienenen Kommentar
bebeutenb erweitert unb audb Bielfadb uerbeffert. 2Bie
fonfi jeigt er bie ^auptquelle ber SBeftreitung ber @dbt=
beit im ^Rationalismus auf, welcher ba8 Uebernatürlidbe
unb bamit bie eigentliche SBeiSfagung leugnet. Sodb
bleibt eine ©cbtoierigfdt in biefem Seile jurüd, bie
Angabe be« ÜRamenS KpruS. ÜRicbt als ob biefe @r*
fcbeinung tom propbetifcben 6tanbpunlte aus f<b»erer
ju etflären toäre als anbere, aber fonfi »erben bodb
foldbe befiimmte Angaben Betmieben unb ber SBerf. macht
felbfl barauf aufmerffam, bafi manche $ropbetie»t wie
j. 83.3f. 7,14 ji<b nur barauS erflären, bafj eine getoiffe
propbetifdfic Srabition Borbanben »ar.
gär ben arg in Unorbnung geratenen griedbiftben
Sept beS Jeremias bat ft<b ber SBerf. nidbt mit ber
»onüRefile neu ebierten LXX begnügt, fonbern audb bie
^anbfcbriften felbfl befragt. Jjn feinem Urteile fdbliefet
er ftdb an SBorfman an, inbem er bie SHbtoeidbungen
ber LXX nicht bem Ueberfefcer, fonbern ber 83orlage
beSfelben jufdbreibt. Stuf eine ooUftänbige SRefonftruftion
beS griedbifdben SepteS lann er faum hoffen. Sie Klage»
lieber unb baS 83ucb 83arudb finb nicht aufgenommen.
6ie »erben mit bem 33ucb Saniel Berbunben, um eine
getoiffe ©leichförmigfeit unter ben einzelnen S3änben her»
juflellen. Sa QeremiaS audb als bet SSerf. ber 83üdber
ber Könige gilt unb burdb feine S3emerfungen über bie
alte ©efefcgebung auch in bie neue £e?ateudb!ritif uer=
»ictelt »orben ifl, fo »irb ber Kommentar biefeS web»
mütbigen, tiefergreifenben 33u<beS mandbem Sefer beS
Sntereffanten BieleS bieten.
8 lebnlicbe8 gilt Bon ©jeebiel, »eldber bei Bielen als
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Comment&r. in Job, Isaiam, Jerem. etc. 341
ber SSerf. beS ^eiligfeit3gefe|eS (2eo. c. 17—26) gilt unb
ben Uebergang oom Deuteronomium jum ißriefterfobe?
bilben foD. $at fc^on ^ieron^mu« bemerft, baf? bie
3uben baS ©u<b oor bem 30. 3. nid)t lefen bürfen,
fo fann man fiep nid)t tounbern, bafj für ben Späteren
trojj ber neueren Ausgrabungen, bie immerhin einiges
2 idjt auf bie Spmbolil werfen bürften, noch niete SRütfet
übrig bleiben. AnbererfeitS ift aber 6§e^iel burd? bie
AuSfi$t auf bie neue Drbnung, auf ben neuen ©eift
im mefftanif$en Sietcb tnieber fo tröftlidj, bafe et immer
eine grofje Aujiebung auSüben wirb, ©ine crux inter-
pretum bilben bie SBeiSfagutigen über ben Dempel c. 40—
48. Der SSerf. weubet ft<b juerft gegen einige Äatyo*
lifen, welche barin einen tcirflidjen Dempet, fei eS ben
Salomonifd&en ober 3 oro & a & e W en / ßeseic^net finben
wollen, fobann gegen einige SRationalifien, weld>e hierin
ben Vorgang für baS ^jeiligfeitSgefefc unb ben ißriefler»
fobef fehlen, julefct gegen bie ©d&oliaften, um fetbfi bie
fpmbolifebe Deutung ju rezipieren. Doch warnt er nor
lleinlid>er Ausbeutung, eine SBarnung, toeld&e au<b für
anbere Deile beS ißrop^eten, auch für atibere $ropl>eten
gilt. Drofcbem erf<$eint in ber Deutung noch mandjeS
gewagt. SefonberS bürfte bieS ber $aE fein, wenn
bie Sßorfdjriften über Opfer unb §efie fpmbolif<$ erflärt
werben.
338er SBeitereS erfahren will, ber neunte bie Äotm
mentare felbft jur |>anb. ©S brauet faum bemerft ju
Werben, wie wid&tig gegenwärtig für bie Dtyeologie unb
bie 3teligion8gef$id)te baS Stubium beS alten De|ta=
menteS ift. ©<$an$.
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342
Deuter,
6 .
Sag Snbbiatonut, beffen hiftorifihe Enttoidlung unb liturgifd;»
lanoniftifcf)c Bedeutung. 9Son Dr. #. Ämter, SRegenS
unb Stjjealprofeffor. Augsburg, Rüttler 1890. 304©.
8. «ßretS: 4 ÜR.
3n bcr ©cbrift fommen aDe auf ben im Sütel
genannten Drbo bezüglichen fünfte jur Erörterung, ©ie
bebanbelt 1) baS Alter be8 ©ubbiafonatS; 2) bie Bor*
auSfefeungen ber ©ubbiafonatstoeibe, bie äußeren Erfor*
berniffe, bie inbiüibueHen Eigenfdbaften be$ Drbinanben,
bie aScetifdbe Borbereitung unb ba8 2Beibe=Ejamen;
3) bie Enttoidlung be8 SBeiberituS im Abenblanb unb
im ÜRorgenlanb; 4) bie mit bet Sßetye übernommenen
©tanbeSpflicbten, Bretnergebet unbEölibat; 5) bie litur=
gifdbe Äleibung be« SubbiafonS; 6) ben Itturgifdben 2Birf=
ungSfreiö beöfelben, ben 2Bä<$terbienft, ben Altarbienjl,
bie Beteiligung an ber ©aframentSfpenbung unb fonjligen
liturgifcben Alten; 7) ben ^ierard&ifdjen 2Birlung8lrei8;
8 ) baS Behältnis be8 ©ubbiafonatS ju ben nieberen
SBei&en in genetifdber Begebung, bejm. bie Enttoidlung
beö DfliariatS, AfolutbatS unb ßeftoratö auö bem ©ub=
biafonat unb baS Behältnis bei SubbialonatS }um
Ejorjiftat.
S)ie ©cbrift erfdböpft, roie man auä biefet Inhalts*
angabe fleht, ihren ©toff ooUftänbig. ©ie ift auch mit
fjleifj unb Umfidbt gearbeitet. UeberaU jeugt fie »on
grünblidben Cuettenflubien. 2Ba3 bie fpätere Stellung
beä ©ubbialonatS anlangt, bürfte bie Ausführung audb
flehet fein. ®ie ©cbrift bietet hier reiche Belehrung,
dagegen unterliegen bie über bie Sntftehung be8 Orbo
unb fein Behältnis ju ben anberen nieberen SBeiben
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Subbiofonat.
343
hanbelnben Stbfchnitte mehrfachen Sebenlen, unb bie
Schwächen hoben barin ihren ®runb, bafj ber SBerf. über
bie in Setradjt fommenben Quellenfchriften in unrichtigen
SBorauSfefcungen befangen ift. Sei ben Slpoftotifdjen
Äonftitutionen wirb jwifchen ©runbfchrift unb Uebetar*
beitung nicht unterfdjieben. Unb bo<h ift getabe für
Unterfliegungen, tuie bie oorliegenbe, bie Untertreibung
non höchfter Sffiichtigfeit, weshalb ich auf ben ißunft
fchon Wieberholt in ber üu.Schrift, julefct 1887 6. 676,
unb ebenfo auch in meiner Äir<hengef<hi<hte 6. 88 hin*
gewiefen habe. Eine Stelle, bie bem Interpolator an*
gehört, !ann nicht für bie ißrajis beS 3. Sahrhunbertö
angerufen worben, ferner wirb auf grunb ber Sluftorität
beS gabriciuö £ippolpt eine Schrift jugefchrieben, bie
ihm nicht angehört, bie, wie ihre nähere Prüfung unb
ihre Sergleidhung mit bem achten 33udj bet Slpoft. Äon*
ftitutionen jeigt, erheblidh jünger als $ippolpt nnb
nichts anbeteS als ein SHuSjug aus biefem Sffietf ift.
(äcnblich werben auch bie non ^aneberg herausgegebenen
arabifchen ÄanoneS als ein SEBerl £ippolptS nerwertet.
Sillein auch biefe gehören in ihrer gegenwärtigen ®eftalt
allem nach einer fpäteren 3eit an, Wenn fte auch teil*
weife auf einem älteren ®runbe ruhen. @8 fteht mit
ihnen fonach ähnlich wie mit ben Slpoft. Äonfiitutionen,
unb fie beweifen feineSwegS ohne weiteres für bie ißraptS
beS 3. ^ahrhunbertS. ©S war baS hetnorjuheben, teils
um meiner Stellung ju ber Schrift SluSbtuc! ju geben,
teils um oor ähnlichen ÜJtifjgriffen ju warnen. 3$
füge aber bei, bafj ber S3erf. bejüglich bet beiben lefcten
tßunfte Sntfchulbigung oerbient, fofern bie Sitteratur
hier nidpt baS ©rforberliche bietet.
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344
SReuter, ©u&bialonat.
3<h taffe es bei biefer prinzipiellen ©inmenbung
bemenben. 3lut in einem ißunft miß id) noch bie Äon=
fequenj i>etauäjießen, bie fi<h barauS ergiebt. ®er
SSerf. fommt im erflen 3tbfd?nitt ju bem ©rgebniS, bafj
baS Subbialonat um bie ÜJtitte beS 2. SahrhunbertS
ober fchon » o r biefer geil bereits als Drbo oorhanben
mar (6. 50). 3<h hübe mich in ber ÄrauS’fchen Aeal*
encpftopäbie II, 796 bahtn auSgefprochen, baff fein Ur=
fprung nach ben einfchlägigen fciftorifdjen 3eugniffen jeben*
falls in bie erfte |>älfte beS 3. SahrhunbertS, mahr=
fcheinlich noch früher falle unb bafj 3lä^ereS über ihn
nicht feftpfteHen fei, unb ich muff mich auch F&t noch ju
biefer Anficht befennen.
©injelne fünfte bebiirfen nach bem Angeführten
einer neuen Unterfuchung. ®er SSerf. märe nach biefer
Arbeit in erfter ßinie ju ihr berufen. SSieüeicht legt er
in einer 3 e üf<hrif* ober fonfi irgenbmo baS Ergebnis
feiner roeiteren gorfchungen oor. 33orerft ift übrigens
bereits auch bie bargebotene Schrift mit 2)anf unb An=
ertennung aufjunehmen.
gunf.
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m.
ÄttaleMen
3)te „Seitfdjrift für tirdjlidje 2Biffenfcf)aft unb tirdjlicfjeS ßeben"
enthält 1889 6.137—151 eine Unterfuc^ung über bie ©orftyenben
auf ber 6t)tu>be bon Äicäö non % SB o l f f. 3)er ©erfaffer be¬
tragt et auf grunb ber eintägigen ©eridjte ber Äircfjenljifiorifer
Xfyeoboret 1,7: ovv airxtp ( Kwvoxavxiv(p) öh xal ebtaq 6 9eloq
ixelvoq ixa&iöxh] ybQoq' naQavxlxa 6h tiqü>x o q 6 fiiyaq Ev-
oxä&ioq 6 xfjq 'Avxioxicov ixxbjoiaq x^v uqoböqIccv kayoiv ...
ovxoq xolq av&eoi xibv iyxwfiiiuv xty ßaoikicuq ioxe<päva>oe xt-
(patyv xal xijv ntQl xa &ela onovÖ^v evkoylaiq rffielyazo , unb
8ofrate$ I, 9, beato. be$ Schreiben« ber 6gnobe non Siicäa an
bie ©emeinbe non SUejanbrien: ei di xi aXXo ixavovlo&rj rj
iöoyfiaxlodzj ovfxna^dvxoq xov xvqIov xal xifiuozäxov ovXXeixovQ-
yov xal äötk(pov fjfiibv ’AteqavÖQOv, avxbq nagwv axpißioxepov
avoioei TtQÖq vfiäq Sxe xal xvgtoq xal xoivajvbq xibv yeye-
vr}(iiv(i)v xvyxavwv, alä 7tQÖeÖQ0i bie S3ijcf)öfe ®uftatl)iu3 non
Slntiodjien unb Sllejanber non Sllejanbrien. 3 n jenem erblidt
er näljerljin ben SBifdjof, ben ©ufebiuS Vit. Conat. III, 11, 6 xov
ösgiov xaynaxoq ngoixevtov nennt unb bie S3egrügung$rebe an
ben Äaifer galten lägt, bie ©oaomenuS I, 19, allem nadj o^ne
©runb, bem ©ufebiug felbft aufdjreibt.
35a8 Journal des Savants 1889 8. 449—462 bringt eine
Slbljanblung üon©. 93oiff ier über ba3 Gljrifientttm be& ©oetljiud.
S)er ©erfaffer tommt unter öerfdjiebenen ©efidjtjtyunften baju,
ben berühmten SRömer als Triften au betrauten. Qn ber $$at
ift bei unbefangener Sluffaffung biefeS Urteil ba$ allein möglidje.
S)ie Unterfudjung führte auf ben IR^etor SlufoniuS, über ben fid)
eine äljnlidje äontroüerfe entfpann. Slud) er toirb mit überaeu*
genben ©rünben (©. 458—459) für einen Triften erflärt.
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346
Slnaleften.
S. b. 9tanfe hat fleh um bie (SefcbichtSforfchung unftreitig
große SBerbienfte ermorben. SDiefelben mürben nad) feinem $obe
(1886) an oerfcßiebenen Orten ^eroorge^obem Sie mürben, mie
eS gu gefeßehen pflegt, auch übertrieben, unb gegen bie gu meit
geßenben SBerßerrlicßungen menbet fteß baS Scßriftchen: SRanleS
SBeltgefchicßte, eine tritifeße Stubie Don (Smil 9Ricßael S. J.,
Dr. theol. et phil., 9ßrioatbogent für Äirchengefcßicßte an ber
Unioerfttät gnnSbrucf Oßaberborn, Sdjöningß 1890. 51 6. 8).
5)aS Scßriftchen ifi mit großer ©eroanbtßeit gefeßrieben unb mirb
non benen, melcße über IHanteS SBeltanfcßauung unb ©efcßicßtS-
auffaffung unterrichtet gu merben braunen, nicht ohne ÜRupen ge»
Iefen merben. ^nbeffen läßt fieß nicht Oertennen, baß ber ©ifer
ben ®erfaffer nicht feiten gu meit führte. @3 foll nicht betont
merben, baß er einen unferer latholi[chen §iftorifer in ein ein*
feitigeS unb ungerechtes Sicht fteUte. ®gl. bagegen #ift. Jahrbuch
1890 S. 159—161. Slber baS bürfte hier gu bemerfen fein, baß
$>inge erörtert merben, bie, meit fte fteß bei einem ^roteftanten
Don felbft oerfteßen, im eingelnen nicht befonberS gu betonen ftnb.
(SS mirb Stanfe bie &rt unb SBeife gum $ormurf gemacht, mie
er oom Sßapfttum benlt unb rebet. SelbftDerftänblicß ift baS nicht
bie S5ent» unb Üiebemeife beS Äatßolifcn. S)er ßatßolil mirb
beShalb an fich nicht guftimmen. 2lber er fann ftd) bamit infofern
gufrieben geben, als baS Urteil, fo meit eS Don einem ^roteftan*
ten gu ermarten ift, im allgemeinen günftig lautet, ©licßael ift
inbeffen gang anberer Änficht. (Sr pnbet ©.28 eine tabelnSmerte
3fntonfequeng barin, baß SRanfe ^apfttum unb &ircße, bie ihre
flteeßte auf unmittelbare göttliche ©infepung gurüefführen, biefeS
ihres übernatürlichen (SßarafterS entfleibe, als eine Schöpfung
unberechtigter hierarchifdjer attaeßtanfprüeße ^infteQe unb bei alle*
bem oerfichere, baß „baS Sontififat eines ber großartigften
3nftitute" fei. S)aS ^apfttum fei entmeber, maS eS gu fein be*
ßaupte, gang unb doH, eine Stiftung beS menfehgemorbenen SoßneS
©otteS, ober eS fei ein Snftitut ber ©emalt unb ber Süge; ein
drittes gebe eS nicht. Slber marum benn nicht, muß man ba
fragen. ©emeifen nicht IRanfe unb ähnlich gefinnte $roteftanten
burch ißre ©sifteng, baß baS dritte mirflicß befteßt? Unb haben
bie Äatßolifen nicht ade Urfache gufrieben gu fein, baß eS fo ift?
Ober märe eS etma beffer, menn ber gmeite $eil ber angeführten
SUternatiDe beftänbe, begm. naeßbem er lange genug beftanben hat,
fortbeftänbe? ftann man beim im ©rnfte moflen, baß bie $ro*
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Anateften.
347
teganten, ba ftc im {ßapgtum nun einmal leine göttliche Seran*
ftattung erblicfen, baSfelbe „ganj unb öofl" als ein 3nftitut ber
©ewalt unb 8üge betrauten unb bepanbeln? 34 glaube, bag
man barüber bei rupig^r Überlegung nicht öerfcpiebener Ang4t
{ein fann, unb ich meine, bag auch 9tt. nicht bei bem angeführten
Urteil beharren bürfte, fobalb er bie Sache etwas mehr eine ira
et studio erwägt. 6. 17 wirb ferner bemerft: nicht bie Sprache
beS obieftinen @efcpicptSf4reiber§, fonbern bie beS ffiationatiften
fei eS, wenn IRanfe gegen bie Schrift beS ©ufebiuS über baS
fieben fonftantinS ben Dabei erhebe, bag „in ihr bie cpriftlicbe
Auffaffung bie Dberpanb über bie rein hiftorifepe erhalten hübe";
bei einem ©egenganb $umal, ber geh mit bem ©prigentum fo
nahe berühre wie ßaifer Itonftantin, beefe fiep bie rein piftorifepe
Auffaffung mit ber cprifttichen, unb jebe nicptcpriftlicpe fei unpi-
ftorifep. 34 möcpte felbft baS Urteil SRanfeS niept in allweg an¬
nehmen. Aber auch gegen baS anbere erheben ftep Sebenfen, fobalb
man über baS Allgemeine pinauSgept unb baS ©injelne in ©etradjt
jiept; benn wenn biefeS Urteil unbebingte Geltung patte, fo wägte
icp niept, wie wir mit ber Vita Constantini beS ©ufebiuS jureept
lommen füllten, ba fie in fo manchen 3 ü 9 cn bie Äritif nur ju
fepr perauSforbert. Dopin bürfte trop beS ©iferS, ber S. 22 ba¬
gegen an ben Dag gelegt wirb, auch baS $u rechnen fein, waS
©ufebiuS über baS Detail ber befannten Äreu^eSerfcpeinung er^äplt.
Denn baran fann mau zweifeln, opne irgenbwie 'Jiationalift $u
fein, ba bie Überlieferung felbft pinlänglicp baju angetpan ift, um
Zweifel *u weefen. Unb wenn man etwa meinen fönnte, mit ber
Auftorität beS ©ufebiuS, be$m. ber Vita Constantini fei bie Sache
gefiebert, fo bürfe boep ju fragen fein, ob auf grunb berfelben
Auftorität etwa auep bie ©otteSerfcpeinungen ju glauben finb,
beren ßonftantin naep V. C. 1, 47; 2,12 öfters gewürbigt werben
fein foU.
Die in Trüffel erfepeinenben Pröcis historiqaes brachten jüngft
jwei Abpanblungen über bie 3mitatio*Sfrage. Die eine 1889 rührt
öon 93 e cf er per, bem Serf. ber Schrift: L’auteur de l'Imi-
tation et les documents näerlandais 1882, unb führt ben Ditel:
Les derniers traraux sur l’auteur de Hmitation. Der erfte
Deil ig ben $ff. gewibmet, oor allem ben brei, auf grunb beren
A. Sotp bie 3mitatio über baS Seitalter beS DpomaS öon Äempen
glaubte pinauSfüpren ju fönnen. Die Unterfucpung beS öerf.
ergab, bag bie Aufftellungen SotpS burcpauS unhaltbar finb.
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348
Analeften.
©inAbfchnitt hanbelt bon bcm Autograph beS XhornaS b. 3-1441,
bem bereits ©pipen in feiner Nouvelle defense de Thomas h
Kempis 1884 eine eingehenbe Unterfudjung angebeihen lieg. 3)eS
weiteren wirb namentlich bargethan, bag bie ©robenienz ber $ff.
unbebingt auf bie 9Heberlanbe als bie $eimat ber ©chrift hinweift.
Xer atueite Xeil ^anbelt bon ben ^iftorifd^en gcugniffen. AIS
neuer geuge wirb ber granjiSlaner ©eberin bon ©olswarb (1501)
beigebracht; baS geugniS beS AuguftinerpropfteS 3ohunneS ©ufd),
beffen (S^ronit ©ecfer fo glödlich toar in ber erften IRebattion
toieber aufjupnben (bgl. £lu.©chr. 1888 6. 518), wirb gegen bie
Anfechtungen gefchüpt, bie eS in ber lebten Seit bielfach erlitt;
bie ganz auffatlenbe ©erüljrung fttoifchen 3*mitatio II, 9 unb bem
SBinbeSheimer ©rebier für ben Urfprung ber ©chrift im SBinbcS-
heimer Greife geltenb gemacht, ©eigegeben ift eine 97ote bon
ßruife, bem ©erfaffer ber ©chrift: Thomas a Kempis, Notes
of a visit to the scenes in which his life was spant etc. 1887,
in welcher baS 8 e ugni$ beS Abrian be ©ut auf grunb einer forg-
fältigen ©infichtnahme bon bem ©rüffeler Äobej 7979 ficher ge¬
teilt, baS einfchlägige ©latt beS Äobej in gaffimile mitgeteilt
wirb. Xemfelben ©eiehrten gehört im Jahrgang 1890 ber Pröcis
an: Note snr le Codex Paulanus de l’Imitationde Jdsus-Christ.
Xarin toerben bie Xaten ber $f. bon ©t. ^aul in Äärnthen
(1384, 1385, 1413) als fpätere Suthaten nachgetoiefen, bie bezüg¬
lichen ©eiten ber $f. in Sßhotograbüren mitgeteilt unb ber Sefer
fo in ftanb gejept, ficft über bie SRicptigleit ber Auffaffung ©ruifeS
felbft ein Urteil zu bilbcn. £ie Unterfudjung bon $romm
über bie z^ri bisher unbefannten $ff. im Kölner ©tabtardjib,
über bie ich 1889 ©. 245 f. berichtete, tourbe in ber erften Ab*
hanblung nicht berüdficptigt. S)ie Sritfdjrift f. £©. X, (1888),
in ber fie erfchien, fcheint bem ©erf. unzugänglich getoefen zutein.
gunt.
Über ben „lag ber ©eneflS" beröffentlicht ©ourbais,
©rof. an ben fatholifchen gafultäten zu AngerS, in La Science
catholique bom 15. Aug. 1889 eine überficbtliche Abhanblung
(©. 550—568). @r fommt zu bem ©rgebniS, bag 9ttofeS auS
ber alten affprifchen Xrabition, welche einen toSmifchen Jag bon
43200 3®h te u lannte, fcböpfte, fo bag er bon ber ©djöpfung ber
SBelt bis zur ©rfchaffung beS Sttenfdjen 259200 3 . rechne. —
3n ber Kummer b. 15. ©ept. 1889 ©. 638—642 berwirft bagegen
$artez jebe anbere ©rllärung auger ber buchftäblichen bon einem
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Änaleften.
349
24ftünbigen Sag, »eil bie bamaligen guben ben SKofed nicpt
anberd oerftehen fonnten. Sie ©e^iepung auf bie ©abbat»ocpe
gebe bann bie fachliche ©rflärung, fo bag man »eber bem Sejte
©ewalt antpun noch mit ber SBiffenfcpaft in J^onflift tommen
müffe. Septered fei aber »opl 3 u beperjigen, „benn man barf
nicpt glauben, afl$ujchnefl fiegreicb auf bie ©inwürfe unb flri-
titen ber afatpolijcpen SBiffenfcpaft geantwortet $u paben. 9ftepr
als einmal pat mau gebaut, gecabe bie erhobenen ©cpwierigfeiten
auf nicptd jurücfgefüprt §u paben, ald man gar nicptd üoHbracpt
patte. Um ju toiffen, wie ed fiept, barf man nicht bloß bie Antwort
ber tatpolifcpen ©jegefe lefen, fonbern man rnug augerbem fepen
»ad bie ©egner erwibert paben unb »eiche SBirtung biefe Ant¬
wort in ber unparteilichen gelehrten SBelt peroorgebracpt pat.
SBenn man bied tbun »ürbe, fo wäre man oft traurig enttäufcpt.
geh »iH pier befonberd oon bem fpreepen, »ad gegen bie Söapr»
haftigfeit bed ©eriepted ber ©enefid über ben 4. Sag unb auch
über bie anberen gefagt »orben ift. fftein »enn »ir und auf
ben wiffenfcpaftlidjen (ecientifique) ©oben ftellen, fo ftnb »ir
noch feinedwegd ©ieger. Sied »öre leicht ju jeigen". Sie
»eitere äontlufion möge ber fiefer felbft siepen. Vielleicht erfieht
er pieraud, &<*g f ür bit Slpologetit naturwiffenfcpaftlicpe unb
tritifche ©tubien nicht fo überflüffig ftnb, ald einzelne Äritifer,
»eiche »enig baoon oerfiepen, glauben machen »ollen.
©epanj.
Über bie ehemalige 8eneblfttner*Hbtel Steingarten erfchien
1890 bei Sorn in SRaoendburg ein ©epriftepen, oerfagt oon Ä.
Ä. Stadl, ©farrer in ©aoenborf. Sad golbene ©üchlcin »urbe
gefchriebett jum achtpunbertjäprigen gubiläum ber Uebergabe ber
§ciligblutreliqme an SBeingarten, fiept aber poch über bem SRioeau
ähnlicher, bei berartigen ©eranlaffungen flu Sage tretenber „geft*
fepriften". SBäprenb bie leptern ge»öpnlicp fiep bamit begnügen,
Ktted unb längft ©etannted in einem neuen, mepr ober weniger
entfpreepenben Äleibe Oorjufüpren, ^iftorifc^ geftftepenbed unb
Segenbenpafted trititlod ju oermifepen, felbft gabeln unb leere
©pantafiegebilbe bem arglofen Sefer ju bieten, ift bie oorliegenbe
Arbeit bed §errn ^ßfarrerd © u d l, biefed tücptigen ßennerd un-
ferer fcpwäbifcpen Sofalgefcpicpte, oon all bem bad ©egenteil —
fte maept burepweg ben ©inbruef müpeüofler, ernfter, grünblicper
gorfepung, pat baper »iffenfcpaftlicpen SBert unb ift bie er fte
juoerläfftge, mit ©acplenntnid unb tritifepem (Seifte gearbeitete
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350
SlnaTeften.
©efcpicpte öon Steingarten. Jag ©anje ^erfaßt in ftcpn Slbfdjnitte:
I. ©efcpicptlicper Ueberblicf. II. Sllte SRefte öon Itirc^e unb Klofter.
III. Jie neue Kircpe (in 13 Unterabteilungen fcpön gegtiebert).
IV. Jag peilige ©tut. V. Jag £>eiligblutgefaß. VI. Jer ©lut*
ritt am ©tutfreitage. VII. Ueberblicf über bie Steifenfamilie.
VIII. ©erjeicpnig unb (S^ronif ber Siebte. IX. Sluf Steingarten
bezügliche harten, ©ilbmerfe u. f. m. (barunter befonberg intereffant
bie alte Slnficpt oon St. um 1650). X. 3ur neueften ©efcpicpte
beg pl. ©luteg bon SRantua. — ©g ift erftaunlicp, melcpe ©taffe
piftoriicper, funftgefcpicptlicper, bautecpnifcper unb peralbifcper ©e-
leprfamfeit in bem engen SRapmen beg ©cpriftcpeng angepäuft,
mie Diel ©eueg beigebracpt, mie oft bereits ©efannteg ergänzt
unb berichtigt ift — SlHeg unter fteter unb genauer Slngabe ber
ältern, neuern unb neueften Sitteratur. ©anj neu gearbeitet finb
bie Slbfcpnitte II. V. IX. unb in Slbjcpn. III bie ©efcpreibung ber
©ilbniffe ber Siebte auf ber ©aOerie mit ber ©lafonnierung ber
Stoppen. 3n ftbfdjnitt IV (©efcpicpte beg bl. ©luteg) mürben,
mag bigber noch nie gefaben, für bie zaplreicpen Quellencitate
bie neueften Sluggaben nacp bem ©tanbe ber gegenmörtigen pift.
gorfcpung benüpt unb überbieg, gleichfalls erftmalg, bie §anb*
fcpriften berücfficptigt (ogl. ©. 8. 2. ©. 37. 1. ©. 39. 3. ©. 87.).
Slucb Slbfcbn. VII ftept trop ber lurjen gaffung auf ber £>öpe ber
heutigen SBiffenfcpaft. Slbfcpnitt VIII giebt erftmalg eine Kom¬
bination beg ©erjeicpniffeg ber klebte mit einer gebrängten ©pronil
berfelben. — ©cbon ein flüchtiger ©lief in unfere geftjeprift läßt
erfennen, baß biefelbe einem hoppelten ßroeefe bienen miß: einmal
bag große ©ublilum über ©ergangenpeit unb ©egenmart beg
Klofterg ju orientieren unb für biefe Kreife ift ber Jejt beftimmt,
ben jeher, ber bie ©olfgfcpule mit einigem ©rfolg burcplaufen pat,
mit Seicptigfeit üerftepen !ann, obmopl bigmeilen ber eilenbe
calamus fieptbar ju Jage tritt; fobann bie Slnmerlungen mit
ihren reichen (Xitaten unb ©otijen geben ber©cprift bag miffen-
fcpaftlicpe ©epräge, maepen bem gebilbeten fiefer möglich, bie
Slugfüprungen ju fontroßieren unb für fiep felbft in bie bärge*
ftetlten ©erpältniffe noep meiter einjubringen. — Stir fepen ben
$. ©erfaffer mit maprem ©ienenfleiß, mit Siebe, mit marmer
Eingabe, ja mitunter mit ©egeifterung arbeiten, aber bag Objeft
feiner ©tubien, bie perrlicpe iReicpgabtei, oerbient eg auep öoßauf.
Jabei benft SRef. nicht an bie glänjenbe politifepe ©tetlung beg
Slbteg, an bie reiepen ©efipungen ober an bie großartigen @e*
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Paletten.
351
bäulichfeiten, fonbera an bie innere Gattung ber jeweiligen ©e*
nebiftinerfamilie, an ihre geiftige X^ätigfeit unb ben ©egen, ben
fie mithin oerbreitete. „©lieb auch baS ftlofter in ben (egten
feiten feines ©eftanbeS Dom geitgeift nicht unberührt, fo ftanb
e$ hoch burcb baS ganze Mittelalter bis tief in baS oorige^afjr»
hunbert hinein faft immer in bem oerbienten (Rufe guter Sucht,
feierlicher Abhaltung beS ©otteSbienfteS, flei&igen ©etriebeS ber
SBiffenfcgaften unb fünfte (namentlich ber SRuftf), meift georbneter
Defonomie, ebler, aber nicht lujruriöfer ©aftfreunbfdjaft, woglge-
pflegter ©inigfeit. häufig würben barum namentlich jur Seit
beS 9bteS SBegelin SBeingartener Ihmoentualen als klebte, ©ro*
fefforen ober $ur (Reformierung anberer Älöfter oerlangt, bie
Älofterfchule famt bem philofophifchen unb theologijchen ÄurS
geno& wegen tüchtiger SJehrträfte Slnfehen, unb SBeingatten galt
auf ©runb biefer ©orjüge unter ben elf Abteien ber fdjwäbifcpen
©enebiftiner*ftongregation oon ©t. Qofeph alb &i* berühmtefte"
(©.8). — 2)ie beigegebenen SAuftrationen (jegigeS Älofter als Jitel-
bilb, baS gro&e Stbteiwappen, £)riginal*$eiligblutgefä& o. 3 .1726,
alte 2lnficgt oon 2S.) ftnb gut unb baS ©ilb beS legten «btcS,
ftnfetm (Rittler, gerabeju ausgezeichnet eine anfpredjenbe, in*
tefligente, männlichfchöne ©hhfiognomie (nach bem ©ilbe in ber
©afriftei ju 2B. auf ©eranlaffung unb Soften ber Jorn'fchen
©uchh^nblung, (RaoenSburg, in §olz gefchnitten). — Mugenfchein*
lieh ging baS ©eftreben beS 2lutorS baljin, bie ©djrift nicht ju
umfangreich unb nicht ju teuer werben z u laffen. ©eibeS ift
ooüftänbig gelungen unb was ben legtern ©unft betrifft, fo ift
bei 102 ©eiten nebft ben Silbern ber ©reis oon 40 ^ gerabeju
geringfügig 5 U nennen, ©ewig ein fdjwäbifch-gutmütiger ©erfaffer
unb ©erleger! ftober.
Ueber bie GrbbUbung unb bie fUmatifdjen ©eränberungen
hat §. ©farrer Dr. ©robft auf ©runb ber neueften paläonto-
logifchen gorfchungen eine (Reihe intereffanter Arbeiten oeröffent-
lidjt, welche in ben gachfreijen üielfacpe Slnerfennung gefunben
haben. Jie bebeutenbften finb: (Ratürlidje SBarmroafferheizung
als ©rinzip ber llimatifchen Suftänbe ber geologifchen gormationen.
granffurt 1884. Älirna unb ©eftaltung ber ©rboberflache in ihren
SBedjfelwirfungen. ©tuttgart 1887. Ueber einige ©egenftanbe
auS bem ©ebiete ber ©eophhfif. ©tuttgart 1889. gnbern er bie
geprüften Jabellen über baS ©eetlima 0 . ©artoriuS unb über
baS fRormalflima 0 . Jooe miteinanber oergleicht, finbet er ben
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362
Änaleften.
(Hinflug be$ ßanbeS auf baS Klima, tote baffelbe heute beftebt,
nemlicb eine ©erfebärfung ber Unterfcfciebe be$ Klimas unb be*
fonbcrS in ben bob en ©reiten eine ©erftärfung beS grofteS. $ie
gorfebungen £>eer’S über bie Polarflora unb bie Schmei^er Xertiär*
flora ba^en aber ben ©emeiS geliefert, bafc baS paläontologifcbe
Klima ein böbe* c $ unb gleichmäßigeres mar. 3)ieje Sbatfacbe
laßt ftcb meber bureb eine Slenberung ber ©jjentrität berßrbbabn
noch bureb eine Slenberung in ber Stellung ber©tbacbfe ertlären.
S)aber bleibt nur bie Annahme einer SBarmtoafferbeiaung bureb
ba$ 9Jieer übrig, metebe um fo leidster mar, als anfänglich feine
grobe Kontinente unb bobcuöebirge beftanben. ©ei ber arcbipel*
artigen ©lieberung mar eine ©rmärmung bureb baS 2Recrmaffer
ebenfo leiebt möglich als eine ©erbreitung ber giora unb gauna
oom korben ber. ©rft als gröbere (Erhebungen ftattfanben bil*
beten ficb gentren jur groftbilbung. ©ine Äenberung jeigt fteb
juerft im mittleren Xertiär. gnbern fo mit ber Pbbfif unb ©bemie
bie Paläontologie für bie ©rflärung ber ©ntmicflung ber ©rbe
oerbunben mirb, gelingt eS bie Spefulationen immer mehr ju
befcbränlen unb oiele Probleme ber ©eograpbie unb Pbbtogeograpbie
&u löfen, melcbe biSber einer einbeitlieben Deutung miberftrebten.
3)er „Stimme ber SBabrbeit", S)etroit, SRich-, ben 15. 9Jtai
1890 entnehmen mir bie ^otij: „$te beutfdje ©Hffenfibaft" ift
au$ bem Sefejimmer ber tatbolifeben Unioerfität $u SBafbington
oerbannt. $ie neuefte Kummer ber »Catholic Review« enthält
baS ©eraeicbniS ber miffenfebaftlicben unb fonftigen geitfebriften
unb geitungen, melcbe im fiefeaimmer ber tatbolifeben Unioerfität
$u SBafbington aufliegen. @S finb 24 miffenfcbaftlicbe geitfebriften
fatbolifeber unb proteftantifeber $enben$. Stiebt meniger als 16
biefer geitfebriften finb englifcb, 6 franjöfifcb unb je eine latcinifeb
unb italienifeb- S)ie miffenfebaftlicben geitfebriften $eutfeblanb$
ftnb gar nicht oertreten. . . 2)ie jungen $b co to0 en foHen eben
bureb unb bureb „amerifanifirt" merben".
Sebanj.
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flltologtfdje
Ciinrtitlfdiriff.
3n SSetbtnbung mit mehreren ©ele^rten
$erau8gegeben
oon
D- t». Äober, D. Jnnk, D. D. Äcppler,
D. tfelfer,
^rofefforen ber fai$ol. ^wloßie an ber St. UnioerfUät SUbtnßen.
^tocinnbftclijtgfiet Saugung.
5Dritte8 Cluartat tjeft.
fcöbittgeit, 1890 .
»erlag bet $. Saupp’föen »u4$anbluttg.
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fcrucf *on $. fiaupp jr. in tübingen.
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I.
ÄbljattMutig eit.
1 .
Über gobanneb bett Käufer 1 2 3 ).
Son $rof. Dr. Seifet.
333er in jene« gelt ©otteb eintritt, »el<beb alb ein
neue« gerufalem errietet »arb nach bem SGBort beb
gotterleu^teten Seberb: „Siebe bie 35Bobnung ©otteb bei
ben ÜD2enf<ben! @t »irb bei ihnen »obnen unb fte »erben
fein SSolf fein unb ©ott felbfi, ibr ©ott, »trb bei ihnen
fein" 4 ), ber begegnet in bem Sßorraumunb an ber S<b»eHe
beb »unberbaren 33aueb bem greunbe beb im 3 e ^ te
»obnenben SBräutigamb*), unb ber greunb »eifet auf
jenen mit jeigenbem ginger b‘» utib »errät bei allem
©rnfi feiner ©rfdbeinung merllid^e greube barob, bafj
ber bimtnlif^e 33räutigam bie auch Don anberen um»or=
bene 39raut gewonnen bot. Unb feine greube ifi »obl
1) (Sine SHabemifdje fflntritttrebe.
2) «tpotat. 21,3.
3) 3ol). 3,29.
23*
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356
Seifer,
begründet. S)enn et bat ttorbereitet bie wunbetbare
Bereinigung, ben mbftifäeu S^ebunb gwifeben ©briftu«
unb ber erlöflen 3Renf<bb«it; er b°t bem $errn bie
SEÖege gebahnt, „um binjufrbten llugeborfame gut ©infiebt
©ereilter, um guguberehett bem $errn ein ^ergerid^tet
Boll" 1 2 3 ). £)em SBegbereiter unb Borläufer be« 2Belt=
beilanbe« bot bie neuteflamentlicbe Sdbrifterflärung tton
jebet liebetooüe Sufmerffamfeit gewibmet unb bi« in bie
neuefle geit bot ficb ba« gntereffe für biefe aufjerorbent*
ti<be, gang einzige ?ßerföntid>feit erbalten, nur baf? gerabe
in uitferen hagelt oielfa<b tterfebiebenartige, teilweife
entgegengefegte 2lnfcf)auungen in ber Beurteilung berfelben
betttorgetreten finb. ®iefer Umftanb gab Slnlafi gu
erneuter Prüfung, unb e« möge ^ier geftattet fein, ein
Heine« Bilb gu geiebnen tton bem Seben unb SBitfen
be« Borläufer«, tton feiner Stellung gu ben altteflament*
lidjen fßropb^ten unb ju ©brifiu«.
Sobanne«, mit bem Beinamen ber Käufer *), würbe
geboren 6 SDionate toor bem SBeltbeilanbe*), fomü ben
gutterläffigften Beregnungen gemäß um bie SRitte be«
Sabre« 749 (u. c.) 4 5 ) al« ber Sobn be« Sacbatia« unb
feiner ©emablin ©lifabetb. ®er Batet war feinem ©tanbe
nach ^rieflet; bie SWutter gleichfalls au« priefterlidbem
©efdblecbte entfproffen, au« ben ü£ö<btern Ülaron«, eine
Berwanbte bet SKutter be« $ertn # ). ®ie £eimat ber
©bleute, ber @eburt«ort be« Sobanne«, lag im ©ebirge
1) Suffl« 1, 17.
2) Statt!). 3,1; 11,11. 12; 17,13; Jos. Flnv. Antiq. 18, 5, 2.
3) 8ula8 1,36 bergt, mit 1, 56. 57.
4) cf. Scfjartj, ßommtntar ju JJutaS ®. 115 ff.
5) Sufa« 1,5 unb 1,36.
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Übet 3of)anneä ben laufet.
357
3uba ’); eg war nad& rabbiniföer fErabition ba8 altert:
würbige |jebton, eine Überlieferung, toelc^e burd) bie
toon SufaS gegebenen Slnbaltgpunfte feine ©tüfce finbet,
inbeö ebenfowenig burcb fa<$Ii#e ©riinbe roiberlegt »erben
fann. 9tad> bem 9?eri<$t beSfelben SufaS würbe bie
©eburt be8 So^anneg wunberbar angefünbigt*), wunber=
bar eingeleitet *), wunbetbar in einer über bie ©renjen
ber 3iatur fcinauggetyenben SEBeife jum Sßoüjug gebraut *),
»unberbar bei bem Süft ber 93efd)neibung abgeföloffen 6 ).
$ie Sßartie im fiufageoangeliunt mit bem SBerid^t über
fo wunberbare 2>inge $at t»on feiten ber Sjegefe mit
ooflflem Sterte eine aDfeitige unb genauere Prüfung
erfahren. Stuf $iflotif$=ftitif<bem SBege fommt man ju
bem fixeren fRefultat, ba& ber ganje 2lbf<$nitt beg
©»angelhtmg mit ben erwähnten Angaben $infi<$ttt$
feiner 6#t$eit nid)t beanftanbet werben fann. Slug ber
benfwürbigen SBemetfung beg ©»angeliflen in feinem
flaffiföen ißroömium, er habe bie @tforf$ung beg ge=
fdü<$tli<$en ©toffg, ben er fi$ für bie ^Bearbeitung
augerfe^en, uom erften Anfang an begonnen*), wirb
man ben ©d&lufi jiefcen müffen, baff bet SSerfaffer bag
bejeidjnete 6tü<f mit feiner übrigen 2)atjMung oerbinben
wollte, wag eben bie Stutbentie begfetben in 3ufammen=
bang mit bem ganzen ©oangelium rechtfertigt. ®ie
gtage fobann: wag wollte ber ©oangelift mit feiner
©rjä^lung über bie ©eburt beg Qobanneg mitteilen?
1) 8ula« 1, 39.
2) SutaS 1, 8-18.
3) fiufa« 1,18—23.
4) SulaS 1, 7 Bergt, mit 1, 24.
5) 8ula« 1,39 ff.
6) fiuta« 1, 3.
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358
»elfer,
ftnbet ihre beftimmte Geanttoortung in bem ©afce: es
war bie Xenbenj be«felben, ein aufcerorbentliche« ©reigni«,
ein toirlliche« SEBunber ju berieten, nnb jtoar nic^t etwa
biefe« ©reigni« für fub allein, fonbern im engjlen 3 U:
fammenhang mit ber noch munberbareren ©eburt be«
$eilanbe«. SEBa« bie objeftiüe SBa^r^eit be« non
£ufa« im erften Kapitel feine« ©öangelium« ©rjählten
anlangt, fo liegt bie ©ntfcheibung barüber nicht im ©ebiet
ber ©yegefe al« einer mit menfchlichen Kräften «nb ÜJHtteln
roirlenben toijfenfchaftlichen ®i«jiplin. ©ine folgte ferliefet
ebenfotoenig »on ber jugeftanbenen 5DJ8gli^feit einer &hat»
fache auf beren SBirflidjfeit als fte wegen unerfennbarer
Kaufalitäten unb Me SOTöglichleit unb ÜBirllichfeit
berfelben »erbäd)tig macht; ba« enbgiltige Urteil über
berartige Vorgänge unb Gegebenheiten, welche jtch nach
ber 2>ar|Mung ber ^eiligen Urfunben at« SSBirlungen
höherer, unmittelbar göttlicher Äaufalitöt präfentieren,
ifl »om ©lauben abhängig. 9hm ift tom ©tanbpunlt
be« pofitioen ©chriftglauben« lein ©runb toothanben, an
ber SBahrheit be« non ßula« über bie ©eburt be« 3o*
hanue« Gerichteten ju jweifeln. ®ie ©eburf«gef<hi<hte
be« ©oangelifien fleht in oollem ©inllang mit ben fßrinji*
pien altjübifcher Rheologie. ®ie 6ngel«erfcheinung, toelche
bem alternben linberlofen 3a<hatia« einen ©ohn anlün*
bigt, bie Geflrafung beSfelben für feinen 3ü>eifel, ba«
SRutterglüd ber unfruchtbaren ©lifabeth — fte alle haben
in ber früheren ©ef<hi<hte be« 8. %. Gorgänge 1 ); alle
einjelnen 3üfl e harmonieren burdhau« mit ben jübtfeh*
religiöfen Slnfchauungen. ©ott jeigt hier im Hergang
1) I SDtof- 17, 16 ff; I flön. 2 ff; «i<bt. 13, 2 ff.
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Über 3oljanneä ben Säufer. 359
beä ©anjen im kleinen tt»ie im ©rofecn feine ißrotoibenj:
er ^at bei biefer SSeranfialtung fein auSetforneS Sßolt
im 2luge, forgt für baSfelbe; fenbet, um feine gütforge
;u betunben, einen S3oten com Fimmel; jeidhnet bem
SSorläufer feine fiebenSbahn, fetbfi feine SebenSweife
»or; fogat bet -Jtame beSfelben wirb befiimmt *); burdh
©ngel unb tounbetbare ©teigniffe aber betätigt ©olt
feinen ©eiflanb unb feine ©inwitfung gegenüber feinem
33olfe. 3n unferet grage haben jebenfaKä bie fog. lirdh*
lidh befangenen, welche ft<b über bie ©eburt beS Käufers
ihre Slnfdhauungen nach SufaS bilben, ben borteil ber
Äonfequenj für ftdh im S3etgleidh ju ben fog. loiffen*
fdhaftlidh Unbefangenen, welche bie ganje 33er!ünbigung8=
fcene für tooüenbete ©agenbilbung erflären, anbererfeitS
aber bodh bie ©pijlenj, IJJropbetentbätigfeit unb aufjer*
orbentlidhe SBirtfamfeit beS Käufers, fowie beffen er*
fcbütternbe &obe«art für burdhauS gefdhidhtlidh halten,
felbftrebenb nicht in erfter Sinie mit SRüdjtdht auf bie
eoangelif^e beridjterfiattuug, fonbern mehr im ^inblid
auf bie toenigen, aber gewichtigen geilen beS $uben
3ofephu8, »eiche oottgiltige« geugni« geben über fieben
unb ^hütigleit beS Käufers*) unb jWar fo, bafj ber
SBeridht beä ©efcbühtfchreiberS feinem allgemeinen
Inhalt nach mit ber eoangelifdhen Söeridhterflattung
jufammenfUmmt. ®ie rationaliflifdhe ©dhrif tertiär*
ung*) anerfennt als gefchidhtlidhen Äetn ber ©tjähl*
ung beS ©»angeliften nur bie priefterlidhe ^ertunft
1) fiuta« l, 13 ff.
2) Jos. Antiq. 18, 5, 2.
3) Straufj, Ccbcit ftefu, 6. 352 ff. 2te 2fofL 1864; Äcim,
©eföidjte 3efu ©. 478.
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360
»elfer.
unb jubäifche Abfunft be« Säufer«; alle« übrige wirb
über IBorb geworfen, barum weil e« fegon einmal im
Verlauf ber heiligen ©efdjicb<e oorgefommen fei. Sa«
lägt fug inbe« nicht einmal fdjledjtbin behaupten. Ober
»o ftnbet ft<h für ba« SSerflummen be« 3 a< haria« bie
alttefiamentL parallele ? ©ine folcge ift nid)t torhanben.
Um nun auch mit biefem 3 u 9 e ber ©rjä^Iung aufju*
räumen, wirb man wohl ba« Verfahren umfehren unb
fagen müffen: biefer 3 U 9 ift ungef<hf<htli<h/ »eil ein
Analogon fehlt. Sa« ift bann auch ein „wiffenfebaft-
licge«“ Verfahren, aber freilich toon ber Art, bag man ob
folcher Argumentation betreff« ber ©laubwürbigleit unb
Wahrheit ber enangelifchen ©efehiegte leine ^Befürchtungen
ju hegen braucht.
Sa« bur<h befonbere ©nabenwirfung ©otte« geborne
flinb be« 3a^ntia« unb ber ©lifabeth warb nach S3äter=
fttte am 8. Sage unter lebhafterer Seilnahme ber !Jta<b=
barn unb Anoerwanbten ber Sefcgneibung unterworfen
unb erhielt babei bem 2Bort be« ©ngel« geniäg ben
Flamen Johanne« (©ottgolb) *). Ob fpäter, im Sagr
750, ba« Seben be« Keinen Johanne« zugleich mit bem
be« neugebornen $eilanbe« bureg ben »on Aerobe«, bem
fog. ©rogen, in ©eene gefegten betglehemitifdgen
Jtinbermor b oon ©efahr bebroht worben fei, ift unter
allen Umftänben zweifelhaft, freilich „bietet (nach
Äeim)*) bie©rjählung über biefenSBorfaU unüberwinbtidbe
©cgwierigfeiten bar unb ift nicht ju retten, wenn fte gleich
gewiffer gerichtlicher SDtotioe nicht entbehrt." Allein
bem non Äeim al« auffaOenb bezeichnet™ Schweigen be«
1) fiuta* 1, 59 ff.
2) »tim, 1. c. ©. 380.
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U6n Oo^antttS ben läufcr.
361
3ofep$uS wirb in biefem gatt berjenige fein ju großes
©etoidjt beilegen, welker baS an baS ©lutbab non ©etfc
ledern lebhaft erinnembe unb jugleic& aHeSumfaffenbe
Urteil biefeS SlutorS über bie ©raufamfeit beS tyxobei
gelefen ^at: „ber ßönig wütete gegen ©c^ulbige unb
Unfcbulbige mit gleicher Soweit" *). SEÖie füllte au$
biefer ®eSpot ©ebenlen getragen haben, eine Slnjahl
St in ber abjufdjladbten, er, ber ben S3efe$l gegeben, bie
©ornehmen aus bem ganzen 3ubenoolfe — unb biefc
repräfentierten eine grofje SJienge — in bie 5Rennba$n
)u 3eri<$o einjufdjltefeen mit bem Auftrag, fie alle im
Stogenblide feines !EobeS nieberjufdhiefjen, bamit er felbfl
nid&t unbetrauert unb unbeweint babinfierbe *)? 2lu<b tann
man fürwahr bem 3 e ugniS beS SWafrobiuS *), welker baS
Referat beS 9JtattbäuS über biefeS grauenvolle ©teigniS
betätigt, barum bie ©eweiSfraft nid)t abfpredjen, Weil
ber römifcbc ©rammatifer ben gemeinten ©organg um
ricbtigerweife uerfnüpft mit ber ebenfalls in jenen £agen
erfolgten Einrichtung beS erwacbfencn EerobeSfobneS 4 ).
2>iefe falfdfje ©erfnüpfung ift ja nur ein untrügliches
SRerfmal bafür, baf? URafrobiuS bei feinet ©emerfung
nicht bem eoangelifchen ©ericbterflatter als feiner Quelle
gefolgt ift. SEBenn Wir fomit oon bem betblebemilü
fchen Äinbermorb als »on einer ^r fl orifc^on ftbot*
fache reben müffen, fo legt fi<h faft unwiHfütlich bie
1) Joseph. Antiq. 17, 6, 5.
2) Joseph. Antiq. 1. c.
3) Sat. 2, 14: cum audisset, inter pueros, quos in Syria
Her ödes, rex Judaeorum, intra bimatum inssit interfici, filium
quoque eins occisum, ait (Augustus): melius est Herodis
porcnm esse quam filinm.
4) Jos. Antiq. 17, 7.
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362
»elfer.
Sßermutuug nabe, baß auch bie Sßiege bei jungen 3° :
bannel üon bem SDiorbftabt bei tüefifc^en ^erobel be=
brobt worben fei. 3J?an tonnte ja einmal in einem
einzelnen gafle bet S'arfteDung ber 2tyofrbt>b*n ®eadbtung
;u Renten ben SBerfudb madben. 3?on biefen weiß näm=
lidb bal ßöangelium bei 3afobul ju erjä^len *), Qo=
bannel, oon ben €<bergen bei $erobe! nodb weit forg*
fälliger aufgefudbt all Seful, fei oon feiner ÜDhitter
unb ©ott gerettet, hingegen gadfiarial bei biefem 2lnlaß
getötet toorben. @1 wäre nicht unmöglich, biefer aul
jweifelbafter Duelle ftammenben Angabe eine Stöße ju
geben burdb Seijiebung ber Söericbterjtattung bei Sutal,
nach Welcher bie Jtunbe oon bem feltfamen Vorgang bei ber
Namengebung bei Jlinbel über bal ganje ©ebirge oon
Sfuba oerbreitet würbe, fo baß biefelbe leidet audb bil
jum 3$ron bei bamal oon Styranneuangß gefolterten
^erobel *) bringen unb feine graufame Nufmerffamfeit
erregen tonnte. $nbel erlaubt woßl bie SDarjtellung
bei SNattbäul nicht, jenel Slutbab bei ^erobel über
bal ©ebirgllanb oon^uba, in beffen Umfang bie Heimat
bei 3<$ a a ne 3 lag, aulgebebnt ju benten, weil ber
©oangeliß augenfdbeinlich nur Setblebem unb bie gan)e,
aber eben bodj bloß n & <b fl e Umgebung ber Stabt all
S$auplaß bei Äinbermorbel im Säuge bat *). So bfirften
alfo bie erfien 3 a b re bei gottbegnabeten SEäuferl ohne
©efaßr für Seib unb Seben ^ingegangett fein. ®et
©oangelifi ßufal {eignet ben ganjen weiteren Stufen*
gang ber ^ugenbentmidtlung bei ^obannel ebenfo furj
1) Cap. 22—24.
2) Sgl. Joseph. Antiq. 17, 4 ff.
8) ffltattb. 2, 16 ff.
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Über 3oljannc8 ben läufer.
363
als fcharf mit ben SÖBorten: „Sa« Äinb rnuch« unb
matb fiarf im ©eifte" *). SDian hat fdEjon ben S3erfu<h
gemalt, an ber £anb ber 3dtgefchi<hte ba« über ber
3ugenbjeit be« Säufer« auägebreitete Sunfel einiget»
mafjen aufauheEen, unb gegen biefe« fo natürliche 33e=
ftreben ift nichts ju erinnern, wenn man babei nur ben
Snbeutungen ber eoangelifchen ©efchichte genaue 83erfi<f»
ftdjttgung fdjenft unb nicht ber eigenen ißhantafte frei
bie 3 ü 8 e l fc^ie^cn lägt. ftofephu« f^reibt in feiner
Schrift gegen Spion 4 ): „SBir (Suben) oermenben ben
größten gleife auf bie ©rjiehung unferer Äinber unb bie
Beobachtung ber ©efefce, inbem mir eine nach benfelben ein»
gerichtete grömmigfeit für ba« nötigfie SCBerf im ganjen
Seben halten". ©ben toeil ohne Kenntnis bet©efefce unb
©ebote ba« Sufieimen ber grömmigfeit unbeitlbar fchien,
mar im jübifchen ©Iternhau« ba« Sbfehen auf ©inprägung
bet Safcungen unb ©ebote be« Herrn gerichtet, „ffiährenb
bei anberen Böllern", rühmt berfelbe ^ofephu« *), „bie
meiften nicht« miffen unb nidjt« »erflehen toon ©efefcen,
fann bei un« jebet ben Hauptinhalt leicht mie feinen
eigenen -Kamen hetfagen, morüber man ftch nicht munbern
fann, inbem mir folche fcbon in ben erften Qahren be«
Berjlanbe« un« befannt machen, h^iiach aber tief im
Herren eingegtaben behalten". Sa folche ©runbfäfce bei
ben 3uben in ©eltung maren, fo muffte überaE bei ben
Sngehötigen Sfrael« ba« Bemufjtfein bi« jur Klarheit
auSgebilbet metben, baff ba« ganje Sehen in einer nach
bem ©efefc gerichteten grömmigfeit auäjutöneu habe.
1) Sufa« 1, 80.
2) I, 2.
3) C. Ap. II, 19.
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364
»elfer,
®aS ©IternhauS be8 ftohanneS uw nun ein ?P rieft er*
hau8, unb btefeS bot no<h leister bie JtenntniS toon
©efefc unb Sßtop&eten int flanken Umfang, leitete fafl
fpielenb ein in baS Seben unter ©ebet, Abtötung unb
Dpferbienfi. So^anneS führte aufjetbem bie ftrenge £eben8*
weife be8 Sflafträats, ju welker er f<hon fcor ber ©eburt
war »erpflicbtet worben 1 ), ©ine au8ge§ei$nete Snlei*
tung lag aber für So&anne« in bem erbauli^en Seifpiel
ber ©Item, benen ja bie Schrift bejeugt, bajj beibe ge*
red^t gewefen oor ©ott unb in allen ©eboten unb ©a(j*
ungen be8 $errn untabelig gelebt Jütten *). $a fernerhin
3a<haria8 unb ©tifabeth wahre Qfraeliten waren, in
Wellen bie oon ben Propheten auögefprochene Hoffnung
auf ben fommenben ÜJiefftaS Iebenbig war 8 ), fo bübete
bie Sitte um bie Anfunft biefeö Reiches ben wefentltdjen
Stt^alt ihrer ©ebete; ju folgern ©ebet leiteten fte
auch ben jungen Qohanneö an. Unb auf bem 2Bert
ber ©rjiehung ruhte ©otte8 ©egen: „2>ie ^anb beö
#errn war mit ihm" 4 ).
grühjeitig lenfte Qohanneö feine Schritte in bie
SBfijte. „$a8 Jtinb wu<h8, warb jtarl im ©eifte unb
war in ben SBüften bi8 ju bem ftage, ba er 3frael
toorgeflellt würbe" *). Über ben Seitpunlt, in welchem
Johannes feinen Aufenthalt oom ®lternhau8 weg bahin
»erlegte, ftnb wir bur$ bie eoangelifdhe Seri<hterflattung
1) SuloS 1, 15 cf. Scfjanj, £uta$et>ang. ©. 71 f.
2) iiuta« 1, 6.
3) »gl. ba$ Benedictus bei 8uta8 1, 67 ff.; unb at8 weiteres
®eif»iet fold) edjter Qfraeliten Simon unb Anna bei Suta8
2, 25 ff.
4) flula8 1, 66.
5) 8ufa8 1, 80.
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366
Aber 3o$annc8 ben laufet.
ni#t näher unterrichtet; ba aber ßufa« feine SRottj über
ba« SBertoeilen be« Sobanne« in ber ©infamfeit unmittel¬
bar an ben fummarifchen Bericht über bie ©nttoicflung
be« $inbe« angefcbloffen bat, fo ergiebt ftcb mit $Rot=
toenbigfeit, baß ftobanne« non ben 30 ßebenöjabren,
welche er bi« )u bem Slugenblicf feine« öffentlichen SÜuf=
treten« jurflcfgelegt *), ben tibertoiegenb geringeren Seil
im ©Iternbau«, ben toeit größeren in ber SÖBüfte juge-
braebt bat. S)ie chrifUicbe Äunft bat in ben belannten
oftmal« Slug unb ßerj erquiefenben fCarfteilungen bem
©ebanfen an ein 3ufammenfein be« jungen Sobanne«
mit bem bur<h SBertuanbtfd^aft ibm nabe fiebenben 3efu8
oielfad&en SiuSbrud gegeben, unb bie rationaliflifeben
©fegeten haben mit ficbtlicbem Sntereffe biefen ©ebanfen
ju bem ihrigen gemalt, um bar)utbun, baß Qobanue«
in längerem ©eifteSoerfebr ben ^eilanb fennen gelernt
unb oon ihm in feinen ißlan eingeroeibt toorben fei.
Solche Suffaffung ifl nicht auf bie heil. Schrift gegrünbet.
5Die Annahme einer rein perfönlicßen Sefanntfchaft,
welche ber Käufer etwa au« Stnlaß oon geftbefudjen
in 3^Tufalem gemacht haben fönnte, erfdbeint aQerbing«
burch ben SBortlaut ber eoangelifcben ©efdbicbte nicht
au«gefdblojfen; aber in ba« ©ebeimni« oon bem Urfprung
Qefu toar Johanne« jebenfal!« nicht eingetoeibt, wie fi<b
bie« mit aller Sicherheit au« ber ®arfiellung be« ©oange=
liften Johanne« über bie SCaufe 3«f“ ergiebt*). SlEem
nach fannten fi<h beibe oor bem Seginn ber öffentlichen
SBirffamfeit überhaupt nicht; toa« ben ftobanne« mit
Sefu« jufamnieitbracbte unb ohne jegliche 33erabrebung
1) Saigerung aus ßufa« 3, 23.
2) 3ol). 1, 31-34.
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366
»elfer,
feine 2$ätigfeit auf baSfelbe Siel ^infieuern lieg, mar
ba$, bag feine SC^ätigfett in ben emigen $eil«plan ©otte«
eingeorbnet mar unb bag g<b ber Säufer auf feinem
£eben$meg ganj üon ©ott beftimmen lieg. Stuf biefen
gottgemiefenen ©eruf, ben er frühe al« ben feinigen et=
fannte, fi$ in Stille unb 9lbgef$ieben$eit ju rügen,
bat So^anneä Diele Sabre in jener 2Mge pgebra<$t,
melcbe gcb Dom ©ebirge Suba gegen ben S^tban unb
baä tote 3Weer binabjiebt, bie ÜBüfte, in melier eing
®aDib Dor Saul g<b p Derbergen gefudjt batte. ©a
ro eilte Sobanne3 unb braute Opfer ber ©uge unb Selbg*
oerleugnung, bi« be« $errn SBort an ibn etgieng *) unb
ibn antrieb, feine gottgewollte ©erufStbätigleit p be¬
ginnen. 6« gef<bab ba« im Sabre 779*).
@3 mobnte in jenen Sagen lein glüdlicb ©oll in
bem ebtmürbigen jorbanburtbgrömten fianbe. ©er fdbon
nad> bem Sobe Aerobe« be« ©rogen 8 ) an ben Stufen
be$ latfetlicben ©broie« Don ben Suben niebergelegte
SBunf<b, Don ber $errf<baft ber Derbagten Sbumäer
befreit, ber fßroDinj Syrien einoerleibt unb ber ©er*
maltung römifcber ßanbpgeger untermorfen p merben 4 ),
batte na<b ber 2lbfefcung beS 2lr<belau« (760) gnäbige
©rbörung gefunben 6 ). Unter ben beiben non Stberiu«
nach einanber gefaulten Sanbpgegern ©aleriu« ©ratu«
(14—26 p. 6b r 0 # ) uu b ©ontiu« fßilatu« (26—36) 7 )
1) 2ufa8 3, 2. 2) 3« Wiegen au8 2uta8 3, 23.
3) »tefer lob erfolgte 3R4rj ob. ®pril 750. Joseph. Antiq.
17, 19, 3; bell. iud. II, I, 3.
4) Jo8ephus Antiq 17, 9, 6.
5) Josephus Antiq 17, 13, 1 ff.
6) Josephs® Antiq. 18, 2, 2.
7) Job. 1. c; fobanit 18, 3, 1 ff.
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Übet 3oIjannt« ben Iduftt.
367
erteilte ben guten Sbfichten') biefeS nie! oetläflerten
ÄaiferS }um $rofc infolge bet SBtHfür unb £abfud)t
bet Beamten Oberen unb niebeten Stils baS töm.
2hiSfaugung3fhftem feinen #öhepun!t unb »on ben beiben
Xetrarchien beS ^etobeS SlnttpaS unb iftyttippuS*)
feufjte toenigflenS crftere gleichfalls unter bem 3)ruct
beSpotifcher Saune unb empfinbti$er Abgaben *). 2)aju
(am eine peinliche unerquiclliche Sage in teligiöfer
4jinfi<ht. 2)ie fEenbenj bet SReichSregierung in bet 33et=
roaltung ton ißaläftina gieng bahin, unter allen Um«
jlänben bie Spifcen bet religiös* nationalen @igen=
tümlichleiten abjubredhen unb alle ©den abjufdjleifen,
bie 3fuben mit $ilfe bet beHenijterten #erobianer unb bet
prieflerlidhen SbelSpartei im Sanbe, bet Sabbucäer 1 2 3 4 5 ),
allmählich in ben großen Strom griechifch-römifdhet ®enl=
toeife btnüberjufübren unb fo baS jübifc^e Sanb als
gletcpgearteteS ©lieb in ben füiefenbau bet ju einem
Staatenbunb öerfchmoljenen Sollet einjufügen. Unb
tt>enn gleich bie 3uben mit thathäftigem ©ifer für Äult
unb ©efefc baS nationale 6tbe ju erhalten unb ben
Sßacplommen ju überliefern ftrebten *), fo mußten fte bo^
überall bie Spmbole beS $eibentumS: Theater, Umpbt*
1) ®gl. übet bie SRotioe bei oon il)m eingefü^rten Sgftem-
medjfeM in SefteBung bet höheren Beamten Joseph. Antiq. 18,6,5.
2) Sie Setteilung bet Sänbet bei Josephus Antiq 17,11,4.
Sab bie Zetrarcbie be$ $t)i{ippu£ beffet batan mar, bezeugt Jo-
sepbas Antiq. 18, 4, 6.
3) Übet bie Äu$gaben biefeS fcettfäert butdi (Erbauen unb
ffiiebethetfteüen non Stäbtcn Dgl. Jos. Antiq. 18,2,1; Antiq. 18,7,1.
4) Übet bie Sabbucäer ogl. Jos. Antiq. 15,8, 1; 18,2, 1 u.
3; 18, 3, 1.
5) .{Römetbtief 10, 2; Josephus Antiq. 15, 7, 8.
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368
©elfer,
Idealer, ©bmnaften, Stabten, ^Rennbahnen, ©aftlilen unb
Säulenhallen innerhalb bet ©renjen be« heil- Sanbe«
fdjauen *) unb mitanfehen, tote neben ben Synagogen
griechifche fßhilofophenfchulen 3 u fP ru( h fanben unb in
. ©lüte ftanben; mußten fi<h in beginnenbec ©erjWeiftung
• überjeugen, bajj fte auf bie S)auer bem mit erbrüdenber
©ewalt auf fte einbringenben SBogenbrang ber feinblichen
HRächte nicht ju wiberflehen im ftanbe feien. Unb enb=
lieh ber fittliche 3uflanb. $en ©emerlungen eine«
$otaj, gutoenal, fEacitu« *) wie über anbere gehler, fo
fpejiett über Sinnlichleit unb Sittenlofigleit ber gaben
wirb berjenige lein ju gro&e« ©ewicht beilegen, welcher
burch GueHenftubien Sitten unb ©haralter, Sehen unb
fEhaten be« jübtfchen ©olle« lennen gelernt hat. ®ie
zahlreichen augenfälligen ©eweife flauuen«toerter Äraffc
anflrengung, Welche ba« ©oll in ben. hie? in ©etraeht
tommenben 3*iten gegeben hat, laffen ben ©tauben an
eine allgemeine fittliche ©etfunlenheü nicht auflommen.
gene« ©erhalten. Welche« bie guben an ben Sag legten,
al« fßilatu« feine Gruppen mit ben Segion«ablern in
gerufalem einrücfen lieg: ber 3 U 0 nach ©äfarea, bie
$orberung an ben Sanbpfleger, bie gähnen au« ber
@otte«fiabt jurüdjnuehmen, bie ©ntblöfjung be« $alfe«
unter ber feierlichen ©rltärung, lieber ben 5Eob erleiben
al« etwa« gefiatten ju wollen, wa« ber weifen ©inrich*
tung ber ©efefce juwiberlaufe s ), ein folche« ©erhalten
1 ) Josephus Actiq. 15,8, 1; 18 , 2 1 u. 3; 18 , 3, 1 ögl. ©djfirer,
©ef<$i($te be$ jflb. Solle« 0. 26 ff.
2) Hör. I Sat. 4, 142—143; I Sat. 9, 68 ff. Juvenal Sat.
VI u. XIV; Tacitus hist, V, 4 u. 5.
3) Joseph. Actiq. 18, 3, 1.
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Üb« 3o$anne8 ben Xäufer. 369
hat ji<h furje 3«ü nach einanber wieberholt ’) unb lägt
wahrlich nid^t auf ftttli^e (Sntneroung be« SSolfeö fliegen.
Stein, biejenigen, welche weichtidje flleiber trugen unb
ber Stnnenlufi fröhnten, weilten oorjug«weife in ben
Sßaläflen ber Äönige s ). 3 U ^ neR jählte JperobeS ber
©roge, ber jehnfach Verehtichte; fein ©ohn, ber Set-
rar^ $etobe« 9totipa«, ber feine redjtmägige grau
enttieg unb ba« SEBeib feine« SB ruber« in bie @ge nahm 8 );
anbere heHenifterenbenSuben, wie gofephu«, ber ©efd>i$t--
fchreiber *). Slber freilich wahre©ittli<hfeit lönnen
Wir bon bem gubentoolfe jener Sage nicht erwarten. 3n
bem Veftreben, ba« SBolf 3«rael in feiner (Eigenart ju
erhalten, Äult unb ©efefc in ber urfprünglichen Stein»
heit gegen bie fremben (Einfliiffe ju bewahren, hotten
bie Siecht«» unb ©chriftgelehrten mit ihrer bi« in bie
fleinften (Einjelheiten au«gearbeiteten Äafuifiif, mit ihren
jahllofen SBerorbnungen über ©ebet, Steinheit unb lln»
reinheit bie ganje Steligion jum ©efefce gemalt, mit SBe»
feitigung ber innem gmpulfe eine oöHige (Entleerung be«
religiöfen unb fittlidhen Seben« h^eigeführt unb ba«
SBolf thatfädjlich genötigt, ft<h mit ber blog äugerett
©tfüflung be« ©efefce« ju begnügen unb auch fo unter
ber Saft ber Verpflichtungen faft ju erliegen ober bem
©efefc eine Stafe ju brehen 8 ), fo bag ben guben ber
(Eifer für ba« ©efefc, weil er nach ber Verftcherung be«
äpoftel« ohne <Einfi<ht war*), nidht fruchtete unb ber
1) Joseph. Antiq. 18, 3, 2; bell. iud. II, 9, 4; Phil. leg.
ad Cai. 1033.
2) « 9 t. SRattt). 11, 8 ; ßufaS 7, 25.
3) Josephus Antiq. 18, 5, 1.
4) Josephus yita 75 u. 76.
5) «gl. ©d)üter 1. o. 377 ff. 6 ) Höm. 12, 2.
tycol. QuarUlfärift. 1890. $cft IIL 24
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370
»elfer.
SBotwurf, bet gegen jte erhoben würbe, nicht unberechtigt
war, e8 fei ihnen ihr ©efefc eine Snweifung eher )ur
39o8heit alä jur Xugenb 1 ).
So ungefähr lagen bie polttifchen unb religiö«*ftttlkhen
SSerhältniffe in ißaläflina, als in jener SMfle ber SRann
auftrat, welker eine längfi erfehnte Jtunbe brachte unb
bie unmittelbar beoorftehenbe SInfunft be8 Himmelreich«
anfagte. 6t erhob juerfl feine gewaltige Stimme offenbar
nur »or wenigen, oor Seuten, welche ihr ffleg non jenfeit«
be8 Sorban nach Serufalem führte. Um nämlich ben 3Jten=
f<hen näher ju fommen, hatte {ich Sohamte« in ben Seil
ber SBüfle begeben, welcher }u beiben Seiten be8 Sorban
oor ber 6inmünbung be8 §luffe8 in ba« £ote SReer
liegt *). ®ie erften £örer, »on bem 6inbru<! ber
$rebigt überwältigt, machten ftch auf unb erjählten wa8
fie gefehen unb gehört, unb balb begann bie SBanberung
in bie ©egenb am Sorban au8 Serufalem unb au8
ganj Subäa, au8 ©aliläa unb ißeräa*).
2)iefe8 Auftreten be8 3ohanne8 in ber SB fl fl e unb
feine SBirffamfeit an biefemörte ifl baS erfle ho^wich*
tige SJloment in ber ^Beurteilung feiner Stellung unb
SBebeutung. gwar fo manche Vermutung, welche ft<h
bi« in bie neuefle Seit an ben SBüjlenaufenthalt be8
Käufer« angefchloffen hat, al8 ob er hier mit ben jü=
bifchen ©ffenern in Beziehung geflanben unb von ben
Slnfchauungen unb ©runbfäfcen berfelben für fi<h entlehnt
habe, ifl burchau« unbegrünbet. £)er gewöhnliche 2Bohn=
ort biefer jübifchen Sette war gar nicht bie SBüfle, welche
1) Jos. o. Ap. II, 15.
2) £ula$ 3, 3.
3) 8 g(. 3Natt$.3. 5.
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Über Qobfltine* bett Xiufer.
371
tmt einmal non fßliniuS ermähnt wirb, fonbern bie Dörfer
unb ©tübte in fßaläßina. ©obann fehlt bei Johannes
gerabe baS charatterißifcbe SRerfmal bet ©ffener, bie
oieflei<ht nach bbthagoreißhem Süßer gebilbete ©emohn«
beit eines gemeinf<haftli<hen, fojufagen llößerlühen SebenS,
fomie bie toenigßenS äußere Setbinbuug mit bem 9ta«
tionalbeiligtum, mel<he bie Offenen troff ihrer fonftigen
Slbgefchloffenheit bur<b Darbringung oon (Staben unb
©efthenfen aufredjt erhielten *). Johannes mieb beharr«
U<h ni<ht nur bie ^auptfläbte ber Detrar<hien, fonbern
au<h ©tabt unb Dempel, ben Sittelpunlt ber theolra«
tif<hen altteßamentlid&en ©emeinbe mit ihren ©chulen
unb ©hnagogen unb ben gefeierten Sehtßühlen ber jii*
bifcben SeiSheit unb ©«hriftgelehrfamleit; er 30 g feiner«
feitS bur<h bie Jtraft feiner Sorte bie SollSmaffen ju
fidb h«tauS. 3Jtit betSahl bet Süße uub ber 3otban=
gegenb als ©(hauplaft feinet Dbätigleit fern oou bem
ho<hgepriefenen gentrum ber Dheolratie mar ein hinaus«
gehen über bie bisherigen ©ehranlen alttefkmentluher
©ngherjigleit auSgeß>ro<hen unb jener bem &h^ e »tum
eigentümliche, fdj>ou oon ben fßropheten angefagte, auf
alle Stationen unb Söller, Sänbet unb 3*iten fleh et«
ßtedenbeUuioerfaliSmuS augebahnt ©S lag hierin
ein fJUtgetjeig, bah mit ber Sorßeßung gebroden met*
ben müffe, als ob bie religiöfe Seihe unb Eingabe an
©ott in ©taube unb Hoffnung an ben einen Ort, bie
geißige Setropole beS SotleS, gebuuben fei, ober mie
anbere ebenfo engherzig oermeinten, an ben beigen
33erg im ©amariterlanbe. Die bur<h bie Sabung beS
SolfeS na<h ber Süße auSgebrüdte 3foee beS Unioer«
1) Über bie <E (fetter Bergt. Spürer 1. c. 467 ff.
24 *
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372
©elfer,
faliamua brach fidh fiegteidh Sahn, nachbem ber SBett*
beüattb gut fiummen SET^at bea 3°h®nne8 ba8 erlöfenbe
2Bort gefügt: ea toirb fommen bie 3eit, wo man Weber
gu Qerufalem noch gu@arigim, fonbern allerorten ©ott
im ©eift nnb in ber SBahrheit anbeten toirb *). Tem,
ber ba nad^ 3ohanne8 auftrat, blieb ea Vorbehalten,
feinem SBort Sltadhbrud gu Vetfdhaffen burdh ben Äampf
gegen Tempel unb Theofratie, melden Äampf er mit
bem Tob für alle am Äreuge befdhlofi, von too er fortan
alle überallher an ftch gieht *). 3nbe8 ben ©ebanlen
be8 auf alle ohne Unterfdhieb ber Nation ft<h erflredfen=
ben £eil8 tradhte fdhon Qohannea gum 2lu8brud burdh
jene nidht ohne ©rregung gu ben Häuptern bea jübifdhen
SSottea gebrochenen SBorte: „Saget nidht: toir h«6en
äbraham gum Sätet; ©ott vermag bem Slbraham aua
Steinen Äinber gu ertoeden" 8 ). 3Wan lann nidht leugnen:
ea hatte im Sauf ber Sahrhunberte bie mefftanifdhe
Hoffnung eine namhafte ©Weiterung erfahren, inbem
man aüm&hlidh bie Sewohnet ber SBelt überhaupt al8
Teilnehmer an bem erwarteten 5Dtefjta8glüd badhte.
SlUein bie fo erweiterte SorfleHung von bem univerfeüen
©harafter bea meffianifdhen $eil8toerle8 war auf jene
anbere SorfleHung gegrünbet, bafj 2lu8gang unb SWittet*
punft beffelben bodh ba8 heilige Sanb fei, bafj bie Se=
wohnet beafelben nicht nur bie burdh ben 3Reffta8 birelt
Seglüdten, fonbern auch in alle £u{unft bie unmittel:
baren Träger unb SRepräfentanten ber meffianifdhen
Roheit fein werben. Unb wenn e8 auch nur rabbinifdhe
1) 30 h. 4, 21 ff.
2) 3o$. 12, 32.
3) Statt*. 3, 9; Sufa« 3, 8 .
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Über 3ot)onnt8 ben Täufer.
373
Sehrateinung war, bag ein Sefchnittener nicht in ben
Scheol fommen fönne, fo neigten bo<h bie Slbtahamiben
getn ju bec Hoffnung hto, fte mürben wegen beS SSorjugS
ihrer Stbfunft einfleuS mitber unb gnäbiger non ©ott
beurteilt »erben '). 9tun meifl Johannes burch Wort
unb Dhat alle 33orfteflungen ber Strt ab, fowie alle §ol=
gerungen, Welche ft<h aus ben alttefiamentließen ©rflärun--
gen über bie Tragweite ber göttlichen Stiftung ber alten
©emeinbe ergaben. @S ooUjieht Johannes burch fein
Vorgehen einen grogartigen gortfchritt, ohne inbeS bie
Spanien ju übertreten, welche ihm als Vorläufer unb
Wegbereiter gefiecft ftnb; hell beleuchtet tarn bie non
ihm erft angebahnte Slnfchauung }um SluSbrucf burch
Darlegungen, tnie fte ber berufene Sipofiel beS $errn
in ben Worten gegeben hat: „@S giebt ba nicht 3ube
nicht ©rieche, eS giebt nicht Knecht noch freier, eS giebt
nicht männlich noch weiblich- Denn alle feib ihr in
©hrifio, ihr alle feib Söhne ©otteS im ©lauben an
©hrifio" *).
Die äugere ©rfcheinung beS SohanneS mies
hin auf fein ißrophetenamt. Wie ehebem ben DheSbiten
@liaS') umhüllte ihn ein non Kamelhaaren getoirfteS,
burch einen lebernen ©ürtel jufammengehalteneS ©etoanb.
©in weiteres ©rlennungöjeichen für feinen Setuf lag
toeber in feinem Sleugeren noch etwa in einer feiner
$rebigt oorauSgehenben änfünbigung. Wan fonnte eS
auffaüenb finben, bag ber emfie Wann ft<h nicht förm=
lieh unb feierlich legitimierte, nichts rebete ton Stimmen
1) Über bie nteffionifdje Hoffnung gebe ©cöürer 1. c. 417—466.
2) (Bat. 3, 26. 28.
8 ) IV Könige 1, 8.
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374
»elfer,
unb ©epcbten, nichts »on göttlicher Offenbarung unb
©ingebung, nichts non einem SBefe^I unb Auftrag ©otteS,
wie einPmalS bie alten Propheten. Ohne poptto ben
ißrophetencbaralter von p<b ju weifen, bef^rAnfte p<b
SobanneS barauf, burcb Slnmenbung eines feinen 3 U *
börern befaunten 3efaia=3Borte$ „Stimme beSHtufenben
in ber SBüPe" ') ben 83etuf eines SSotläuferS für p<b
in Slnfprucb )u nehmen unb biefen fofort tbatf&^licb
bur<b feine ißrebigt unb £aufe auSjufiben. ®ur<b bicfe
in ber alten SB eit, ber b'ibniföen unb jübiföen, völlig
unerhörte Strt öffentlich aufjutreten, burcb biefe unenb*
liebe ®emut fleht Johannes einzig ba in ber 3 a hl
fämtli<ber Propheten unb übertrifft pe aEe. S3ei bem
Sfablid biefeS S5emütigfien, ber nicht etf<bra<f, eine ebenfo
erhabene als fernere Aufgabe auf feine Schultern }u
nehmen, mupte p<b jebem fafl oon felbfi ber ©ebanle
an eine höhere ©ewalt aufbrAngen, welche ft<b biefeS
SWanneS als eines SBerljeugeS bebiente. S)ur<b folcbeS
Auftreten beS SßuferS war hingewiefen auf jenes ©runb*
gefefc ber lünftigen $eilSö!onomie, in welcher eS ©ott
gefäflt, „was thöriebt ip oor ber SBett auSjuwählen
unb was febwaeb unb unangefehen unb nichtig iP, um
bie Sßeifcn unb 3Jtä<btigen unb baS was iP ju bekämen
unb ju niebte ju machen" *). ®S hat ber an bet ScbweBe
beS 91. 83. Pebenbe SSorläufer burch fein 83orgehen*)
gegen bie bon eitlem SelbPbfinfel unb ©eiPeShodhmut
erfüBteu Sßharif&er, bie auf ihre 9Berlgere<btig!eit pochten.
1) 3*f- 40, 3.
2) I ftor. I, 27 ff.
3) ÜRatty. 3, 7: „3b* Dtterngejflibtc, »er hat euch gelehrt,
ba& ihr bem ffinftigen ßoitt entrinnen werbet?"
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Übet Qotjannel ben Däitfer.
375
gejeigt, ba§ bet 3 u fl a * l 9 jum lommenben ©ottelreicb
nur ben demütigen offen flehe; benn nur ben ®e=
mütigen giebt ©ott feine ©nabe unb fein Seich all ein
Seftfctum bei Hetjenl.
3 ohannel erhob aber feine Stimme unb fprach:
„2$uet Sufje; benn bal Seich ber Himmel ifi nabe
berbeigelommen" J ). Stuf ein S e i<h © o 11 eI ober £im*
me Ire ich Warteten feit langer 3eit mittäglich wachfenbet
Sehnfucht bie 2fuben unb hofften oon bem ©intritt bei:
felben bal ©nbe ber politifchen unb fojialen Slot, ©in
foM&el Gleich war ihnen oon 3 ebooa befonberl butch
ben 9Kunb bei ißropheten $>aniel oerheifjen worben.
„ 3 n ben !Eagen ber Könige (sc. bei eifemen Steimel)
wirb errieten ber ©ott bei Himmell ein Seich, Weisel
in ©wigleit nicht Wirb jerfiört werben unb beffen Hert=
fdhaft nicht wirb gegeben Werben einem anberen Solle;
el wirb aber jertrümmern unb jermalmen alle (anberen)
Seiche unb el wirb beftehen in ©wigfeit" *). 2öenn fo
ein göttliche! alle Sölfer unb ßänber umfaffenbel Seich
©egenfianb ber Serheifjung unb ber Hoffnung in 3 $rael
war, fo muffte el wie ein elettrifcher gunle bie Herjen
aber frommen 3 lraetiten entjünben, all fie hörten, Wie
ber ißtebiger in bet SBÜfle gan$ im Sinne ber alten
ißrophetie bie Sähe bei Himmelreiche! oerfiinbigte.
Sber 3 oh«i>«el forbert juerfi Sufje. SJlit biefer gor»
berung trat er Wieberum in bie gufjflapfen ber ißro=
pheten, welche fo oft nach einanber biefen Suf erhoben
hatten. ®ie jahlreichen ergreifenben Sufiprebigten, welche
uni bal S. SC. aufbewahrt hot, belräftigen jene SOtahnung
1) Statty 3, 2.
2) Daniel 2,44.
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376
©elfer.
mit bem Hin»eil auf bie brohenbe Strafe ©ottel.
Solper Hintoeil fehlt auch bei Spanne! ni<bt. @r
rebet ja ton ber 2lft, »eldhe bew unfruchtbaren Säumen
in Sßrael ben £obelftrei<h »erfefcen, »on ber SBurffchaufel,
»eiche auf ber Xenne bei göttlichen SUdferlanbel ben
Spreu abfonbern »erbe. ®amit ift bie altteftamentliche
3bee toon ©ott all bem jtrengen unerbittlichen Sergelter
unb gurCbt all ÜJlotito bei ftttlidhen Hanbelnl feflge»
halten. SXQein Johanne! lommt bo<b »eiter unb jeigt
einen ^ortfdhritt nach ber ^Richtung bei neuteftamentlicben
Stanbpunltel bur<h ben ^inteeil auf bal Himmelreich
unb bie Sußgeftnnung all not»enbige unb unerläßliche
Sebingung bei ©intrittel in balfelbe. $iebur<h hat
3ohannel eine tiefere ©nftcht in bal fittli<h*religiöfe
Setbetben feinel Solle! unb eine llarete ©rlenntnil ber
jur Slbhilfe erforberlichen Heilmittel gezeigt all feine
Vorgänger im ißrophetenamte. 3m ©egenfafc ju ber
falf<hen@efefcli<hleit unb me<hanif<hen SBerlgeredh'
tigfeit neriegt er beitSch»erpunft bei fittlichenSebenl
in bie ©efinnung, in bie freie 5ßerfönli<hleit
bei SDlenfchen, »omit bal »ahre ^unbament bei fittlichen
Sebenl angebahnt »ar. Unb wenn bie Süße jugteich
im Htnblid auf bal tiahenbe ©ottelreich geforbert »irb,
fo ift ber ©laube an biefel 9tei<h unb an ben Herrn
bei 9tei<he3 jur ©runblage ber Sinnelänbetung gemacht,
eben bamitaber biefel8teid& all ein fittlichel gejeichnet.
$>er Segrünber unb Herrfcher belfelben hat halb barauf
junächfl ben Sußruf bei Käufer! »ieberholt, inbem er
fpracß: „£huet Süße; benn bal HimmelreMh ift nahe
gefommen" 1 ). „2>ie 3eit ifi erfüllet unb bal Steich
i) ffltätth. 4, 17.
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Über 3o$annei ben laufet.
377
®otte« $at fi<b genagt" ’); nur begrünbet et feinen SHuf
mit bet Slufforbetung jum ©lauben an ba« Eöangelium:
„S^uet 83ufje unb glaubet bem Eoaitgeltum *)*.
HJtit berSKabnung jut 33upe »etbinbet Qobanne« unb
j»ar nach einet 2öillen$bepimmung ©otte« *) bie % au f-
forbetung. äßetbiefe£aufe empfangen toitt, mufjpbon
33ujjgepnnung milbringen. S)enn bie Xaufe be$ 3o=
banne« ip eine f£aufe bet 33ufje {ßanziafict fuzavolas) *)•
Sugleidb wirb aber biefe Xaufe, toelcbe für alle in ba«
8teid> @brifii Eintretenben ba« Sunbe«jei<ben unb 3Bet-
einigung«mittel iP, gefpenbet jut S3upe (ßdnuona eie
# letmota u)‘); ber Empfangenbe mufe p<b alfo »erpfli^ten,
für bie 3ulunft bie Supgepnniing ju erbalten unb }u
Pätfen, bamit er, bur<b fotcbe SBufje feiner 6<bulb be*
roufjt unb gepänbig getoorben, ju bem, meldet nad>
Sobanne« lommt unb bie ©ilnben ber SBett bintoegnimmt,
binjueilen unb toon ibm 9ta<$lafj ber ©finben empfangen
mö<bte *). ©o bat Rabanne« al« 3 tDe ^ be8 neuen 9tek|>e8
bie innereUmmanblung unb Erneuerung be« 3Jten=
f<ben, bemnadb biefe« 9tei<b felbp al« ein folc^c« bezeichnet,
in meinem e« auf fittlidbe SeiPungen anfommt.
3ene mit ber Söaffertaufe übernommene SBerpflicbtung
jur ©htne«änberung Pbliefjt bie tßPi$t tbatfä<bli<ber
Söefferung in p<b, »or allem bie fßPidbt, fein ßeben
na<b ben ©runbfäfcen ber © er ed>tigleit unb wert:
1) Start. l, 15.
2 ) Start. 1. c.
8) Sufae 7, 30; $ 0 $. 1, 33.
4) Statt. 1, 4.
5) Statt«). 3, 11.
6) ©gl. Startu« 1,4 „Qoljamu« prebigte bie Saufe bet ©ufie
jut ©ergebung ber ©flnben" (SflnbeitDergebung ift enbgittiget 3iet).
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378
»elf«,
tätigen Siebe einjuridhten. Sie SKahnungen bei
gohannel an bie göllner: „gotbert nic^t mehr all euch
gefegt ifi", uub au bie 6 olbaten: „übet nicht ©rpreffuug
noch Unrecht unb laffet euch genügen mit entern ©olbe" 1 ),
enthalten hochwichtige ^intoeifungen auf bie © o 3 i a U
pflichten: el genügte leineltoegl fi<h bet ©ünben ju
enthalten, ju benen getabe jene Stänbe befonberl bet«
leiteten; jene Sortierungen gipfeln in bem ©a|e, ba|
man fein eigenel 2 Boht beförbern fotte unb bürfe, ohne
bie 9te<hte bei 9tebenmenfchen ju Itänfen. Unb ooüenbl
bie an alle gerichtete Mahnung: „ 22 et 2 Sftöäe hat,
gebe bemjenigen einen, bet leinen hat unb tuet ©peife hat,
thue auch alfo" s ), enthält, Wenn wit aul bem einjelnen
bal ©eneteüe fudhen, ben ©egriff bet SBohlthätigleit.
©I ifi batum ettoal batan richtig, wenngofephul') übet
gohannel fdhreibt, et habe bie guten angehalten, bet
Sugenb nadhiufheben, gegen ben 9tä<bflen ©eredhtigleit
unb gegen ©ott f^ömmigleit ju üben; nur batin irrt
bet ©efdhidhtfdhteiber, bafj et nidht blofe bie ©iunel*
änbetung, fonbetn auch bie pofttioe Sugenbübung all
©ebingung bet Saufe, lefctere all ©efiegelung bet
Sugenb anfieht, toähtenb nadh bet Sarflellung bet 6 oange=
liften bie Sugenb oietmehr bie SBirlung bet ©ujje
ifi. Sie fittlidhen Sortierungen bei gohannel, toeldhe
über bal Sßrinjip* bet Humanität nidht hinaulgehen,
toiebetholt bet $eilanb burdh fein ©ebot: „Siebe ben
9tä<hfien toie bidh felbfl"; unb „Wie ihr wollt, bafj euch
bie SRenfdhen thun, fo foDt auch ihr ihnen thun". Äbet
1) Sutat 3 , 13 f.
2) Sutat 3,11.
3) Antiq. 18, 5, 2.
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Über 3oI)anne* ben läufer.
379
tag 3efu6 erfl eine tollfommene Siebe gu ©ott unb
ben 9tä$flen «1$ ein 3 e ^ en böUiget Sugebörigleit jum
Steife ©otte« betrautet, geigt et in jener Slntwort an
ben 6$riftgelebrten, Welchem et auf bie 33erfi<berung,
bafj et bie jwei größten ©ebote erfülle, antwortet: „Su
bifi nicht fern toont SReicbe ©otte«" 1 2 3 ); et geigt bie«
auch in bet ©ergprebigt in ben fog. 8 ©eligfeiten; unb
ben fßfK($ten gegen ben ÜRebenmenföen fefct bet ^eilanb
erfl bie Ärone auf bureb ba« ©ebot bet geinbe« liebe.
6« fragt ft$ nun, wie 3obanne« ft<b ben #errn
be« Steife«, bejfen nabe Sin tun ft et anlfinbigte, gebaut
habe. ©ooiel ifl jjebenfaÜ« fuber: et badete ibn per*
fön lieb- Senn et begegnet ibn al« folgen, bet na<b
ibm lomme *), al« feinen „9ta<bfolger M . $at aber bet
Säufer biefen Nachfolger nicht oieDei^t al« menfcblicben
irbiföen ©tettoertreter, al« tbeofratifeben ©olföfütflen
ftcb »otgefleHt? Sur<b bie f<bon oben angegogene ©ro=
Pbetie be« Saniel war beflimmt auSgefprocben, ba| bet
©riinbet be« neuen Netcbe« nicht ein irbifeber ^ettfeber,
fonbetn bet oon ©ott gefanbte 3Renf<benfobn fei 8 ).
9hm wirb man »on tooroeberein gugugeben geneigt fein,
ba| Johanne« betreff« bet ©otfleQung vom #ertn be«
9tei<be« nicht hinter Saniel jutüdfleben lann. Sa«
geugni« be« $ei(anbe« übet ben Säufer lautet babin,
er fei gröfjer al« alle Propheten 4 5 ). Sßotin foQ aber,
ba ja Johanne« leine SBunbet getban # ), biefe alle früheren
1) SWarfu« 12, 34.
2) SRattb. 3, 11.
3) Sgt. hierüber @$anj, Äfologie III ®. 31 ff.
4) £uta< 7, 28.
5) 3oh. 10, 41.
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380
Seifer,
fßroppeten überragenbe ©röße fi$ jetgen? 3Jtan fann
bie fiepte be$ Käufers ober toenn matt miH, feine Sog--
matif, in folgenbe 3 6ä|e jufammenfaffen: baS Steidh
©otteS fommt; alle Seilnehmer baran mfiffen ft<h burdb
bußfertige ©eftnnung auSjeidhnen; burdh ba$ äußere
Symbol ber Saufe wirb man aufgenommen in biefeS
9tei$. Ser 3entralpunft biefer Sogmati! ifl bie Sehre
»om Steife ©otteS. Sarum fann Johanne«, ber größte
unter ben Propheten, gerabe in biefem Sehrpunlt hinter
Saniel nicht jurüdfbleiben. 6« fagt benn auch mirflich
ber Säufer nach bem ©oangelißen Johannes *), er hob«
bei ber Saufe $efu in bem $erabfommen beS hcüifl*»
©eifleS ben SJteffiaS ertannt unb bemfelben bezeugt,
baß er ber ©opn ©otteS fei unb toieberum ba$
Samm ©otteS, ©eldheS bie Sünben ber SBelt trägt.
@o fleht fefl: ber Säufer bentt jt<h beu $errn beS
Steife« als ben perfönlidhen SDtefjtaSfönig unb als ben
für bie ©finbenfdhulb beS Solfes ftdb opfernben ©otteS»
Inecht. ®S fragt fidh nur, ob Johannes biefe beiben
3been in ber regten SSeife mit einanber ju »erlnüpfen
mußte unb ob er bie SSorfleHung ton SfefuS als bem
perfönlidhen ©otteSlamm unb 9)tefftaSföuig fletS fejtge»
halten hat. @3 rnirb ftdh bieS »ieHeidht geigen, menn
mir bie berühmte Anfrage ins 9Cuge faffen, melcße 3o=
hanneS burdh jmei jünger »om ©efängnis aus an ben
$eilanb fieHen ließ: „$ift Su es, ber ba fommen foll
ober foHen mir eines anberen märten"*)?
SertuHian hat, fooiel mir miffen, als ber erfie ftdh
beflimmt über bie ©efanbtfdhaftsfrage auSgefprodhen. ©r
1) 3oh. 1, 83, 34 u. 36.
2) Sutal 7, 19.
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381
Übtt QoljannfS ben Ifiufer.
giebt folflenbe Auslegung. 3n bet Hbgefchiebenhett beS
©efängniffeS feien bem SohanneS3»eifei aufgefüegen,
bie ihn veranlagten, ©efanbte abjufchiden unb benfenigen
gu fragen, ob er eS fei, ben er öffentlich als ÜJtefftaS
nerfflnbet unb als ben Äommenben bezeichnet hatte.
Stäberbin fpricbt fi<h SertuDian alfo aus. S)en Johannes
hat im ©efängniS bet ©eifi ©otteS »erlaffen; biefer
©eifi ifi auf ©brijhiS tlbergeflangen, unb fo fanf ber
Käufer auf ben ©tanbpunlt ber »erlaffenen SJtenfcblich*
(eit gurfid, weshalb ber Sämon beS 3 föei f c l 8 fi<h feiner
bemächtigte , ). Siefe ©rllärung SertuüianS, welche bie
{frage beS Johannes alSHuSbrud beS wirtlichen 3»»ei=
fels an ©briftuS als ben erwarteten SJtefjtaS fagt, ifi
namentlich unter protejt. ©regeten, auch folgen »on ber
gläubigen Stiftung, weit verbreitet. Sie wirb manch*
mal etwas möbliert; fo nimmt fre beifpielsweife bei
einem Verfechter in ber neueren 3 e ‘t folflenbe gaffung
an *). Johannes hat ft<h burch feine ©inmifdhung in
bie flanbalöfen Vorgänge ber betobianifchen ©ippfchaft
unb feinen rüdbaltlofen Sabel gegenüber ber unerlaubten
©ge beS ßerobeS StotipaS mit ^erobiaS *) einer VerufS»
überfdhreitung fcgulbig gemacht. $enn es mugte ihm
Har fein, bag in biefem fffirflengefdhlecbt bie beibnifcge
Verwitberung unb 3 ec f e l un S t>er ©hegemeinfdhaft gerr*
fcgenb war unb fomit webet Pflicht noch Veruf vorlag,
ein aller ftttUdhen ©runblage »etluflig geworbenes Stecht
ju vertreten. Stach biefer VerufSfiberfdhteitung wartete
1) Tertull. de baptism. c. 10 u. de praeecript. e. 8.
2 ) 6iri)e geUförift für tyeotog. Stubien au* ©üttemberg.
X 1889. 2te* $eft
3) ©te$e oben 6. 19.
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382
»elfer.
bet |jert no<$ eine $eit lang, ob eS gelinge, ben 3o-
banueS jum ©inlenlen in bie gute Sabn ju beranlaffen;
als abet fol$e8 3uwarten ft<b bergebli# erwies, nahm
bet $ett in aDet Form bie ©Reibung jtoifcben ftcb
unb ^obanneS oor bur<h bie an bie Qüngerfdjaft bot
bem ganjen Solle getötete ©ntf^eibung, baß bet häufet
tiefet fle^e al« bet Äleinße int £itnmelteicb. — ®urdE)
ben offenen Sabel jener <S^agetneinf(^aft begieng Span¬
nes eine SerufSübetfcbteitung! 3bet toir lefen bo<b in
ber ©ebrift oon einem SNatban, ben bet $ert ju 2)a»ib
fanbte, um ibm feine SJJiffetbat borjubatten; oon einem
©liaS, ben bet $err ju Äcßab unb Sfejabel gcf<bi<ft,
um ihnen bie btobenben Strafgerichte ©otteS anjulünbigen.
3nbe8 Wollen wit nicht fo Weit jutüdbliden, fonbetn
nur an bie bem Sorläufer f$on bom ©ngel jugewiefene
Aufgabe erinnern, bie ^erjen bon Sätetn btnpwenben
ju Äinbetn 1 ), mit anbeten SBorten, bie ©efunbung beS
jerrütteten Familienlebens wenigfienS anjubabnen. SEBottte
bet Säufer biefet Pflicht genügen, fo mufjte et laut
feine Stimme erbeben gegen jene frebelbafte Serbinbung;
fonfl et ft<h ol* Sßrebiger bet ©inneSänberung
bot bem Solle unb bor ben #äuf>tetn beS SolleS un*
möglich gemalt. @8 ifl ja freilich wabt, baß baS $Re<bt
beS ßetobeS (ißbilippuS) auf bie entwichene ^etobiaS
nicht biel befjet unb jtttlicb wertboHet war als bet
Seftfc beS #erobe8 SnttyaS. ÄHein eS bonbeite jt<h
um baS mit bet ©adbe oerbunbene Ärgernis, um fo
mebt, als eS ein Setgeben gegen bie allgemein menfcßl.
©efeüfchaft Wat, wenn bet Setrarcß bie rechtmäßige
1) SufaS 1, 17.
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Übet 3o$amte< ben laufet.
888
grau bea noch lebenben ©rubera gegen ben SBiDen bei
testeten }um SSeib batte. ©elbft wenn man baa Äuf*
treten bea XAufeta in biefer Angelegenheit oom rein
menf<bli<b«n ©tanbpunft aua betrautet, fommt man ju
bem befUmmten (Ergebnis, ba& Sobannea mit feinem
offenen ffcabel baa unbebingte Sob aller 3 e iten oerbient
bat, gef<btoeige baoon, bafj biefer ©chritt bea X&ufera
@ott mifjf&Big unb Snlafj feinea fjafla toar. SBhr
lehren nun aber jut grage bea ftobannea jurfld unb
fagen: man ifi nicht berechtigt, in biefer fjfrage ben
äluabrud bea 3t®*tfel« an ber 2Refftanitdt Qefu p er=
blicfen. Sa ifi gujugeben, ba§ bie fjorm ber {frage
ben Sefer fafi mit SRotWenbigleit auf bie bejeichnete
(Etflärung binfübtt. ©o man^ea anbere aber, toaa
man oorbringt, um bie Annahme bea 3 tDe if e ^a probabel
p machen, ertoeifi ft<b al8 oöUtg unjutreffenb; fo nament«
l«b, Wenn man immer wieber auf baa 5)uufel bea @e<
fängniffea aufmerlfam macht, um )u geigen, bafj über
ben 3obanuea bort eine finjiete ©tunbe gefommen, in
welker ihm bie fiiBe unf^einbare 2Birlfamleit 3efu aufge»
faßen unb er in innere ftämpfe, in Zweifel Aber feine
gemachten (Erfahrungen geraten fei 3Ran oergeffe hoch
bei StofteBung folget (Erwägungen nicht, bafi 3obanne8
(eineawega oöBig oon bem ©erfebr mit ber Sufjenwelt
abgefönitten war, fonbern burch feine ©dbäler, welchen
Sinlafj gewSbtt würbe, fleh mit ben fDlenföen in ©e*
jiebung fe|en fonnte; man Oergeffe nicht, bafi $erobea
felbfi ft<h bie fßforten bea ÄetlerS öffnen lieg unb bei
bem oorber oerbafjten, nunmehr unf<häbti<ben ©egner
©etebrung unb Unterhaltung fuchte ’). SBte foEen wir
1) Statt. 6, 20.
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384
»elfer,
fernerhin eine ©rfchütterung be« ©tauben« an ben mef-
jianiföen Seruf 3efu bei 3obanne« für möglich Ratten,
nadjbem er Den ©eifi ©otte« auf ben 9Jlenf<henfobn batte
berabfieigen feben, bar an feine 3Jleffia«»ürbe unb @otte«=
fobnf«baft ertannt unb; feierlich bejeugt batte*)? 93a«
mar benn feit jenem bentrofirbigen Sage gegeben, bafj
in Johanne« ber ©ebanfe be« groeifel« fub erhob? Sieben
ber ißrebigt Äranfenbeilungen, £eufel«au«treibungen unb
£otenerroedungen. ®enn bie ©troecfung be« Jüngling«
non Slain *) unb »abrfdbeinlid& au<b ber Softer be«
3airu« 8 ) toar t»or jener ©efanbtfchaft in« 9Berf gefe|t.
„91« 3obanne« im ©efängnt« biefe SBerfe ©^rtfU gehört
batte, faubte er j»ei feinet 3ünget }u 3efu« 1 2 3 4 5 )".
$>ie @e»ifjbeit alfo, bafj fotcbe ben mefftanifcheu
©eruf unb bie göttliche ©enbung 3efu im eminenten
©inn belunbenben 9Berfe toon bem, ber ba tommen foHte,
»ottbracht toorben, füllen in Sobanne« Broeifel an ber
3Jteffia«»ürbe 3efu getoedt haben! Unmöglich- 3» ber
Snttoort 3efu an 3obanne«, »eiche hoch, »enn ber $ei=
tanb feinen SSortäufer uom $>ämon be« greifet« ge*
foltert »ufjte, nur ben 3®ed haben tonnte, biefen 3®eifel
ju beben, »eifi ber $eilanb auf feine »unberbaren SBerfe
unb feine ^ßrebigt an bie 9rmen bin at« auf untrügliche
©e»eife feiner 9Jiefftanität @ben biefe batten aber bem
3obanne« fdjon vor ber gtagefleHung bie poerläffigfte
©ero&be geboten, »eil fte ton bem Propheten 3efaia« 8 )
1) 3o6. 1, 38 u. 34.
2) fluta« 7, 11 ff.
3) Statt!). 9, 18 ff.
4) Stottf). 11, 2.
5) 3ef. 85, 5 u. 6; 61, 1.
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385
Übet 3o$anne6 ben Säufer.
al« ©tlennungajeidgen bet SJteffiaSWürbe be8 ßommenben
Waren namhaft gemalt worben. San jiege augetbem
in 83etra<gt, bag bet ^eilanb unmittelbar nadg bem 2Beg=
gang bet bie grage be« Qo^anneS oermittelnben jünger
not allem83otte bie egtenbfteSUerfennung auSfpridgt
übetSo^anne«, ben cgarafterfeflen Sann, ba8 nie
fdgwanlenbeSRogr *): wie wunberlidg unbunbegreiflich
Wäre folcge ©garafteriftil be$ häufet«, wenn er unmit=
telbat borget fdgwanfte unb zweifelte! 3)atan möge nur
im SSorAbergegen erinnert werben, bag bet ©uangelifl
SoganneS, bet ftdg )um @rweiS bet ©otteSfognfdgaft 3«fu
auf ba$ 3eugni« be8 2äufer8 beruft*), faft ber ©itel*
feit befdgulbigt werben mügte, wenn fein ©ewägrSmann
nadg bem SJeridgt ber anberen ©oangelijten felbfl einmal
ge^Weifelt gatte 8 ). Ser alle biefe fdgwetwiegenben So=
mente in ©twägung jiegt, Wirb jtcg nidgt ju ber Slnfügt
belegten lajfen, Qoganneä gäbe Witflidg an ber SDIeffta-
nitöt Qefu gejweifelt unb begufS Sefeitigung feiner
3weifel eine birelte Anfrage an ben $errn gerietet.
San fönnte füg göcgftenä ben ©emüt^uflanb be8 3° :
ganne* jur 3«it feiner grageflellung als ben Sufianb
einer SRatlofigf eit, einer augenblidlicgen Unfieger«
geit oorfiellen, inbem er fi(g baS 5Egun 3efu nidgt ju
erllären, bie oon ben 3üngern gefcgitberte Sgätigfeit
mit feinen Slnfdgauungen Aber ben SeffiaSberuf nidgt
in ©inflang ju bringen oermodgte. 3föat bie SBegauptung,
3oganneö gäbe irgenb wetdge fleifcgticge SefftaSgebanfen
1) SutaS 7, 24.
2) 3og. 1, 19.
3) Sergleidje übet bie ©rünbe gegen einen gweifet beS
Xiuferi ©am«, SoljanneS bet Xiufer, Xübingen 1853. ©.146ff.
H«l. Quart«U*rtft. 1890. $t(l III. 25
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386 Seifer,
nach 2lrt feinet SBottSgenoffen gehegt, ift burebau« b‘ n;
fällig, dagegen fpricbt fd?on feine SJlabnung an bic
3öHner wnb ÄriegSleute. ®emt an bie 3öHner hätte
bet Käufer untet biefet Sorau«fe|ung bie Slufforberung
timten müffen, ihr 2Cmt fofort niebetjulegen wnb ihre
^ftligfeit nic^t fernet ben Unterbrüdern be« Sötte«
ju wibmen. Unb bie SJlabnung an bie Solbaten, fei
e« bafj eS römifche ÄriegSleute ober Sölbner be« SbumSer«
waren, hätte mit bem Sefe^I beginnen müffen, au« bem
®ienft be« bisherigen Ätieg«benn auSjufcbeiben unb unter
bie Sahne be« -DteffiaSfönig« ju treten 1 2 3 ). So »erfuhr
Johanne« nicht; fomit teilte er leineStoeg« bie fteif<b :
lidhen 3Jteffia«»orfleEungen feiner Seit, ©leicbwobl möchte
man bei ^Betrachtung feiner SBufjprebigertbätigtett auf
bie Sermutung fommen, baft et fi<b ben SKeffia« ein»
fettig als ben mächtigen unb ftarfen 9teicb«berrn gebaut
hat, ber bie SBurffcbaufel hattbhabt, ben unbrauchbaren
Spreu auSfonbert, bie Söfen »ernicbtet, furj ein ftrenge«
©ericbt »oUjiebt *). ®a nun bie jünger ft<b bei So.
banne« im Äetfer eingefunben unb ihm »on ber nur
©nabe unb Siebe betunbenben ÜEhätigleit 3efu ein Silb
entworfen hotten, tonnte wohl eine Unentfdbiebenheit in
feinem $nnern $Ia|j greifen, ba bie thatfächliche ©nt*
widlung be« mefftanifchen Reiche« feiner SorfteHung »on
berfelben nicht ju entfprecben fcbien *). ®iefer Sluffaffung
erweifi fi<b ber Umftanb ganj günjtig, bafj 3efu« in
feiner Slntwort auf bie SEBeiSfagung be« 3«foia hin}eigt,
nach welker eine beilenbe unb menfcbenbeglüdenbe ®bätig*
1) 8gt. ^ittöber Programm »on Dr. Äajlen, ©tratfunb 1887.
2) SRattb. 11,1—6.
3) ©ielje Schon}, Kpologie III ©. 34.
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387
Über 3of)anntd btn Säufer.
feit unb bie ißrebigt beS GtoangeliumS an bie SKrmen,
nicht aber ein rid^tenbeS unb oernicbtenbeS Auftreten
beS 3BefftaS in SluSficbt gefteHt war. 3nbeS erbeben
fi<b au<b nicht unwefentlicbe SBebenfen gegen biefe <Srftär=
ung, nicht amwenigften fold&e, welche Don SufaS 1,15 her-
genommen finb; bocb ba»on unten. Serfen wir erft einen
39U<! auf bie jtoeite Deutung ber ©efanbtfcbaftSfrage.
SobanneS, fagt man, {teilte jene Anfrage tebiglidb
im 3ntere{fe feiner jünger, welche aHetbingS.ßroeifel
hegten, »or ihren Seiftet binttaten unb fptacben: 3ft
3efuS ber SJleffiaS, warum forgt er ni<bt für beine 33e=
freiung? Samit nun bie Swciflcr aus 3efu eigenem
Sunbe bie SBeftätigung ber Don 3ob«ttneS felbft nie
bezweifelten Sbatfa<be böten möchten, ruft ihnen ber
Säufer ju: gragt ihn bodb felbft. ®$ gedieht, unb
3efuS wirft auf fie nicht nur mit ber UeberjeugungS=
fraft feiner Sorte, fonbern »erweift fte auch auf feine
mefftanif<ben Sbaten unb zeigt fo, bajj mit ihm unjwei=
felbaft baS 3tei<b ©otteS gefommen fei. 3ene beigefüg»
ten Sorte: „Unb feltg wer an mir ni<bt Stergernis
nimmt", finb als Setfzeicben für bie 3«funft «n bie
3ünger gerietet. Siefe befonberS oon fatbolif<ben ®fe»
geten x ) gegebene 3»terpretation ifi ja getoig febr acht»
ungSwürbig, aber bocb unhaltbar, weil fie ben Sejt
»oDjlänbig auger acht lägt unb frei in berfiuft fcbwebt.
Sem Sortlaut nach befagt bie ©rzäblung ber heil. Schrift
über bie ©efanbtfcbaft: 3°b anne 3 fcbicfte jWei feiner
3ünger zu 3efuS unb lieg fragen; unb ganz fonfequent
beigt eS in ber Antwort 3efu: gebet b*u unb üerfün»
1) Siefe erflärung wirb auch Don Dr. Saften in bem er*
»ahnten Programm berfodjten.
25*
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388
«elfer,
biget bem 3»banne«. Unb nach bem Stöjug bet ^finget
macht bet $eitanb nicht biefe, fonbetn wieber ben So*
banne« unb jwar in längerer Siebe jum ©egenganb
bet (Erörterung bot bem Solle; et behrabet babutcb
unjweibeutig, bag et bie bur<$ ben SJtunb bet jünger
an ign gerichtete grage al« non bem Stufet fetbft au«:
gegangen betrachtet. 2lu<b beim Solle fegt et biefe
Stuffajfung vorau«. (Ein folcbe« ellatante« ßervortreten
be« Käufer« neben »ötttger SebeutungSloggleit bet
3flnget al« bloßer Soten, al« rein pafftber SBerljeuge,
lägt geh mit jener Deutung nicht jufammenreimen. Da«
bat man längft erfannt unb batum verfugt, bie ®efanbt=
f<haft«angelegenbeit in anbetet 2Beife Hat ju legen; be:
fonber« hat ftch ©am« 1 ) bemüht/ an bie ©teile bet
angeführten, wie ihm festen, unjutreffenben ©rflätungen
eine anbere ju fegen. Die ßauptpunlte feiner eingeben:
bem grünblichen Unterfu«bung ftnb folgenbe: 3»b a nne«,
Weit entfernt ton einem Swcifel an ber 3Jtefjtanität 3efu,
erwartet, äbnli<b Wie bie Sipogel, eine (Erneuerung ober
SBiebetbergeHung be« SReiche« 3^raet; von folget Hoffnung
befeelt gebt et bem grogen Dag entgegen, an Welchem
biefe« Slei<b auSgetufen werben foHte, an welchem bet
fßa<bfomme unb (Erbe Davib«, bet ©obn be« STOerböcbgen,
Segg nehmen foHte über ba« $au« 3alob« ohne (Enbe*).
Da nun aber feine Hoffnung nicht in (Erfüllung gebt,
lägt et g<b von bet überwältigenben ©ebnfudgt nach
bem ÜJlefga« $u einet unbefugten Dbat btnteigen:
et föteft ju 3 e M unb lägt ign burch Sorlegung bet
belannten grage aufforbem, au« feinem ©tiüfchweigen
1 ) CSam« 1. c.
2) Sgl. Sufa« 1, 32 u. 33.
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389
Über 3o$amte8 beit Täufer.
unb aud feiner 3u?fi<fyaltung $erau8}utreten unb ft<h
offen als ÜJleffiaS ju erllären. 2)amit überfchreitet ber
Käufer bie ©renjen ber Sefcbeibenbeit unb 2)emut, bie
er fonfl gegen ben $errn an ben $ag gelegt, jugleicb
aber auch bie ©renjen beS ibm toon ©ott geworbenen
Berufs 1 ); er begebt einen gebier, freilich iw» Übermaß
ber Siebe, Wirb bont $eilanb but<b baö SBort: felig
wer ftcb an mir nid^t ärgert, jurecbtgewiefen unb büßt
bur«b freubige Einnahme ber fRflge ben begangenen
gebier 1 ). SRancheS einzelne an biefer geiflooUen ©r*
örterung b«t unferen Seifall; fo befonbetS wenn bar*
gelegt Wirb, baß bie gorm ber grage {eine $anbbabe
biete, auf einen gwwfel in ber Seele beS gobanneS
als SRotio ber ©efanbtfcbaft ju fließen, ©ewiß ift
ber Sinn ber Anfrage: ©rlläte offen unb frei, ob bu
ber erfebnte SJiefftaS bift ober ob wir auf einen anbern
warten follen. aber gleich ber anbere ©ebanle, go=
banneS habe bur<b feine gragefteUung bie ©renjen feines
SerufS Übertritten, mutet uns eigentümlich an. Saffen
wir einmal bas Schlußwort ber ©rwiberung gefu:
„felig wer fleh an mir nicht ärgert", Welches man wohl
als 3ute<btweifung für einen gebier beS gobanneS an*
feben möchte, außer Setracht; was jwingt uns bann
ju ber annabme einer Äompetenjüberfchreitung ? gft
nicht eine grage, wie fte ber Käufer an gefuS flettt,
gerabeju notwenbig? gobanneS, feit ber SCaufegefu
im gorban mit ber ÄenntniS ber ©otteSfobnfchaft be$*
felben auSgefiattet, batte feitbem bis ju bem SÄugenblid
1) Die grage beS gobanneS wäre ju oergleicben mit ber ber
Stößel Slbpi 1,6.
2) Siebe @amS 1. c. befonberS 96; 115; 144.
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390
Seifer,
feiner ©efangenfefcung but<b fein Beifpiel unb SBort
Biele ber Äinber gftaels ju bem $ertn ^ingetoanbt unb
bemfelben in bet ihm Borgejeichneteu SSeife bet 2Beg
bereitet *); aufjerbetn batte er ficb nicht blo{j überhaupt bem
Bolle, fonbern auch ben Prägern ber 9te<htSgewalt gegen¬
über mit einem ben guben wohtbefannten SBorte feine«
$errn als beffen unmittelbaren Boten unb Borläufer
auSgewiefen*). Mein ju einet ©rflärung ober 2tuS*
einanberfe|ung jwifcben bem Vorläufer unb bem $errn
felbft mar eS no<b nicht gefommen. SBenn baS ^aupt
beS Käufer« ob«« auSbriicfliche Beglaubigung burcb feinen
^enn unter bem Beil beS genier« im Äerler fiel, tno
blieb bann ber untrügliche Beweis für bie göttliche
©enbung beS gohanneS, ber jubem leine SBunber Boll*
bracht batte? Mußten ba nicht Seifet betreffs feinet
3Jtiffton entliehen, um fo mehr, als berjenige, welcher
injWifchen infolge feiner Sehr« unb Sßunberwirlfamfeit
in ben Borbergtunb getreten war, bem SEBegbereiter feine
£ilfe braute, fonbern fcheinbar teilnahmslos benfelben
feinem ©chidfal fiberlief}? ©S war ganj unerläßlich,
einer folchen Auslegung Borjubeugen. Unb bieS gefd&ah
burcb bie ©efanbtfchaft. Mf feine grage, ob gefus
ber SReffiaS fei, erhält gohanneS bem ©inne nach eine
befahenbe Mtmort. $)ur<b bie ©rteilung einer folgen
überhaupt unb fpejiell burcb bie feierliche auf bie pro*
Phetifdhe SEBeiSfagung *) Bejug nehmenbe gorm ber
Mtwort anerfennt ber $eilanb bie Berechtigung ber
grage, er anerfennt bamit jugleich ben Beruf beS fragen*
1 ) Sgl. Sufaä 1 , 15 ff.
2) 3oh- 1, 23.
3) gef. 85, 5 u. 6 u. 61, 1.
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Über 3oljanneä ben Säufer.
391
beit ftobanne«, beffen grage gleichfalls in ba« ©ewanb
ber ^prop^etic 1 2 3 ) gelleibet war, et üerleibt fomit feinem
fßropbetenamt Betätigung unb Beglaubigung. 2Ber
no<b int Stueifel fein foHte übet bie Bebeutung bet nom
#errn erteilten SIntwort, prüfe aufjet biefet fetbfi bie
weitere, unmittelbar ft$ anfcbliefjenbe ©rörterung be«
#eitanbe« über ben Käufer unb ba« glropbetentum*),
unb e« wirb ibm »oHe Älarbeit Werben. 3nbe8 ergiebt
ftdh bie SRotW enb i g feit einer offiziellen Anfrage betreff«
be« -äßefftaaberuf« 3efu unb ber gleichfalls offiziellen
Beantwortung berfelben au$ no<b oon einem anberen
©tanbpunlt ber Betrachtung au«. 3obattne« batte nach
ber £aufe im Sforban 3efum al« benjenigen bezeichnet,
ber tommen füllte, batte mit lauter Stimme feinen Bol!«=
genoffen zugerufen: @r ifl mitten unter eu<b getreten,
ben ibr ni<bt lennet. $)er ifl«, ber na<b mir lommen
Wirb, welker oor mir gewefen ifl. @r ifl ba« Samm
@otte«, weites ber 28elt Sfinbe trägt; ©t ifl ber Sobn
@otte«*). ®afj nun Spanne« mit feiner wenn au<b
febt beflimmten Sluafage über 3efu« wahr gerebet, be*
{tätigte biefer wobt tbatfäcbli<b b. b- bur<b feine oon
jenem 3«itpuntte an entfaltete Sebrtbätiglett unb SBunber*
Wirtfamteit: fßrebigt, Äranfenbeilung, £otenerwe<fung
waren für bie mit ben SBeiafagungen be« St. %. oer»
trauten geugen be« Seben« 3efu ziemlich fiebere Äenn=
Zeiten für beffen ÜReffianität; allein wa« bie fßrebigt
anlangt, fo batte au<b Savanne« folgen ©inbrud gemalt,
baf? mambe ibn für ben üßeffia« hielten, unb bie SBunber*
1) I Stof. 49, 10.
2) SWattb- 11. 7 ff-
3) 3ob- 1, 26 ff.
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392 »elfer,
tbätigleit mar fefyr bemeifenb, bo<b jeigle bie
beit. ©ef<bi<bte bei Vollei ähnliche „©rofjtbaten" auf,
melcbe but<b Propheten unb aitbere etlorene SBetljeuge
©ottei oollbracbt morben toaren. 2>arum mar eine
©tllärung bei #eitanbei fetbft über feinen 9Jteffiai»
beruf unerläßlich: fie erfolgte mit aller görmliebleit
auf bie Anfrage bei $obannei. 3Jtan faffe ben 3eit*
punlt iniVuge, in meinem bie Antwort erteilt tourbe.
$n ben Stagen ber ©efanbtfö&aft mar bie ©ntmiöHung
bei ©otteireichei Aber bai ©tabium ber Vorbereitung
binauigerüdt. SOBir fpreö&en biet nicht non ber inner»
lieben JEBirffamfcit bei ©otteireidbei, ber SBirlfamleit
in ben^erjen berSRenfcben ’), fonbern oon bet äußer»
Höben, fiebtbar in ber ©efettfö&aft bewortreteuben.
3efui fetbft bolle feine SBunbertbaten unb befonberi
bie Sluitreibung ber fCeufel ali -Momente biefer äufeer»
lieben SBirlfamleit unb ali einen Vetoeii für bie mirllicbe
Slnfunft feinei SReicbei bejeiebnet *). SBäbrenbft beim
Veginn feinei Sluftreteni ähnlich mie ber Vorläufer nur
vom Vaben bei ^intmelteid&ei gefprod&en hotte, lonnte
@t jefet unter ^inmeii auf bie injmiföhen gemirften
RBunber ber genannten Slrt bai SReich ali mirlliöb
angefommen erHären 9 ). 3n ber 3eit nach ber ©e»
fanbtföbaft ftnben mir leine anberen, etma auffaHenberen
3eiö&en unb SBunbet; oielmebr auöh mieber Ätanlen»
beilungen, £eufelibef<bmöruugen unb £otenerme<fungen.
@o erfdjeint ber 3eitpunlt, in melöhem bie @efanbtf<baft,
Anfrage unbSlntmort erfolgte, ali bet einjig geeignete,
1) AufaS 17, 20 u. 21.
2) SutaS 10, 9 ff.
3) Sgl. bierflber e#anj, «polog. Ul, 37 ff.
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Übet Johannes bett Zäufet. 393
©ott getrollte. Sertuüian, bet fcbarffinnige Denier,
bat richtig erfannt, bafj bei bet Annahme beS gtreifels
bie aud bet heil- 6$rift ’) geköpfte Slnfchauung, tror*
nach gobanneS noch im Mutterleib beftnblidb mit bcm
beit ©eifi erfüllt trarb unb erfüllt blieb *), eine ©in*
fdbtänlung etfabten müffe. Sa et einmal in bet gtage
be$ gobanneS ben StuSbrud be$ S We ‘f e ^ «tblidte, fptacb
et ben f<bon oben angeführten ©ab au$, bet ©eifi ©otteS
fei im ©efängniS 00 m Säufer getrieben. Diefe Stuf«
jieBung ifi lebiglidb bie Äonfequenj bet unettoiefenen
fßrämiffe. gür alle, toelebe testete nicht als rieptig an«
etfennen, bleibt bie SluSfage bet heil- ©cbrift in @tltig=
feit, baß gobanne* biä ju feinem Sobe, bie Sage bet
©efangenfdbaft nicht ausgenommen, bet Leitung unb
gübrung beS b«it- ©eifteö ft<b ju erfreuen b«tte- 2öte
biefet ibm ootbem jum öffentlichen Sluftteten in bet
SBüfte ben gmputS gegeben, fo trieb et ibn je|t, nach«
bem bie SBunbertbaten gefu roübracbt traten, trtebetum
baju an, ©efanbte an ben $ettn ju fchiden unb ibm
burdb Vorlegung bet (frage, ob et bet rerbeifjene MeffiaS
fei, ben Slnlafj ju einet offenen, feierlichen unb
förmlichen ©rltärung übet feine MeffiaStoütbe )u geben.
Johannes lägt aber biegtage nicht imgntereffe feinet
$erfönlicbteit bem $eilanb rotlegen, trie aus bem
ffSlutal „trir" *) beworgebt, fottbetn als SRepräfentant
beS alten spropbetentumS, als nQotjyoQos beS ganzen
jübifchen Zolles, ja bet gefamten Menfdbbtit, trelcbet
1) SutaS 1, 15.
2 ) Setreffs ber CrMärung ber angeführten Schriftftelle flehe
€4)anj, SutaS ©. 72.
3) „Sollen wir eines anberen warten"?
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394
»elfer,
bet SRefßa« »erbeißen war. feinet Antwort weiß
3efu« auf bie offenlunbigen Serie be« ^eiU bin, Wel^e
bet $roj>b*l Sefaia l ) all Sabtjei<ben unb grüßte bet
6tlöfung«jeit öotau« betlänbet batte. ®ie Sorte, weltbe
bie ©twiberung be« $erm abföließen, bilben, wie ba«
„unb"*) jeigt, einen integrierenben öeßanbteil bet
Antwort unb gelten bem Spanne«, infofetn et bie grage
al« Sortfäbter unb SSertreter bet ganzen an
bet @<bweDe be« Steife« ßebenben 3Renf$beit bem
$ertu borgelegt batte. @4 möge babin gefteUt bleiben,
ob biefet bemerlen«werte Schluß, wie er bie ernfte
Mahnung giebt, an bem anfpnublofen Sebtbetuf 3efu
leinen Anßoß ju nehmen, fo jugleid? na<b Sorwätt«
auf ba« lommenbe ßeiben unb Sterben binweife; jeben«
fall« treffen biefe Sorte ben 3obanne« pevfönli^b
um fo weniger, al« biefet glei<h im Anfang feiner öffent»
lieben Xb&tigleit burdb fein faß ßbtoffe« Auftreten gegen
bie oomebmen, h»<b »tätigen, meiß woblbabenben fßb® 5
tifäer unb Sabbujäer unb burdb feine liebeoolle $in=
weubung ju benSolbaten unb verachteten 3 öHnetn
bewiefen batte, baß et bie Anteilnahme am neuen SReidb
non ©ebutt unb AeUbtum unabhängig unb ben 9tei$«;
bettn al« greunb unb SSeglüdet bet Verachteten,
Schwachen unb Atmen baebte. Sit lennen jene Äteife, in
welken man ben angebeuteten VorßeDungen bulbigte
unb jwat auch no<b nach bem Xobe 3 e f« bnlbigte.
Sit erhalten in biefet ©ejiehung Auffd&luß von bem
etßen ©oangelißen, bet in feiner ©oangelienförift ben
Vewei« fährt, baß 3*fn« ganj entgegen ben jäbifdhen
1) gef. 35, 5; 61, 1.
2) 8»t. 7, 28.
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Über Spanne« ben Xfiufer.
395
©Wartungen in ©aliläa feine S^ätigfett begonnen
unb oornebmtüb entfaltet b«t>e, baß feine Sebre nid^t
für bie ©toljenunb ©roßen, fonbern für bie@<btoa<ben,
Sirmen unb demütigen beftimmt getoefen fei.
®iefelben Äreife bau)ptfä<bli<b ^atte bet $eilanb
mit jenen eraften Sotten im Stuge; ba 8 jeigt bie 2u9=
einanbetfefcung, toeldbe ©r nad> bem Seggang bet 3°=
banneöjünger oor bem SSolfe gab '), unb in meldet bie
in bet Sintiport nieberg elegten ©ebanfen ausführlicher
bargelegt »erben gegenüber bem eitlen b<ntber}igen
„@ef<ble<bt" unb ben gübrern unb Häuptern beSf eiben,
»eiche ton ber Sßrebigt beS 9Refftad an bie Slrmen
nicht« toiffen tooHten, ba fte oon bem felbftgefäHigen
Sahne erfüllt traten, ber Seffta« müffe an ben Sittel«
punft be 8 tbeofratifd^en SebenS auftreten, ft<b b^ legi=
timieren unb oon ba au« feine ^errfcbaft beginnen. —
60 fönnen toir unfere Slnficbt übet bie @efanbtf<haft3*
frage furj mit ben Sorten jufammenfaffen: ber Käufer,
feit ber £aufe 3 fefu oon ber SefftaStoütbe unb ©otteS«
fobnfbbaft überjeugt, entfenbet auf Stntrieb beä b ** 5
ligen ©eifleS oom ©efängniS aus jtoei feiner jünger
an 3 «fu«, um einerfeitö burdb eine feierliche ©ellaration
ein 3 «ugni$ über feine ißropbetentbätigfeit oot feinem
ßinfcheiben ju ertoirlen, anbrerfeitä bem ßeilanb ben
gottgewollten Einlaß ju bieten, über feine ©enbung unb
feinen 33eruf ftcb öffentlich oor Fimmel unb ©rbe au«*
jufprecben unb 3 U lonfiatieren, baß ba« SReicb ©otte«
»irfli$ gefommen fei.
©nbe be« Säufer«. 3lacb ber toobl im$abte781
l) aRottb- 11 , 7 ff.
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396
©el{er.
erfolgten ©efangenfefcung be8 3 0 b an ne8 in bet geflung
2 Jta<hüru 8 *) tnurbe ettoa V* ftabr fpäter bie Einrichtung
an bemfelben nottjogen. 9118 ©runb be8 @inf<hteiten8
gegen ißn auf feiten be8 $erobe8 SlntipaS bezeichnet
3 ofepbu8 gurcht not einem SSufrubt, bie ©nangeli«
jten hingegen bie ©t bitte tu ug be8 Sierfürften toegen
be8 non Sobanneä gegen jenen auögeftoßenen Sabetö in
Saiten bet @b c mit £erobia8. SOtan bat ficb, ja na$:
bem man bet einen ober anbern Serichterfiattung mehr
©etnicht beilegte, übet ba8 SWotin bet ©reueltbat net«
fdbieben au8gefpro<ben. ÜJtancbe faben in bet 9 t a «h f u <h t
bet Eerobiaö ben einigen ©runb be8 Sotgebenö gegen
Johanne«, tnäbrenb bie Seforgniö not Untuben non bem
Setrareben lebiglidb al8 Sortoanb gebraust tnorben fei.
Sei einet aDfeitigen Prüfung fieDt ftdb folgenbe8 mit
Ziemlich großer Sicherheit betau8. ^erobeä SlntipaS fühlte
fi<b but<b bie Serftoßung feiner rechtmäßigen ©emablinunb
bie Seteblicbung mit Eerobiaö in feinem ©etniffen be»
fcbtoert. 3 » feiner eigenen unb be8 S 3 olle 8 Sichtung
gefunfen fürchtete et, bet nicht noDgiltige Sollögenoffe
bet 3uben, netmöge einet au<h feinem Sater ange«
bornen gurcht für feine politifdje ©fifienj. Sa rebete
Johannes mit Sßropbetenmut unb Offenheit non jener
Sßat. SSon folgern 9 luftreten be« beim Solle mächtigen
3 obanne8 tnutbe bet Sierfürft um fo peinlicher berührt,
toeil Johanne« feinen Sabel auch auf bie übrigen Uebel«
thaten beS Eerrfcherö auögebehnt hatte *). So ließ er,
angefpornt butch Eetobiaö *), ben Säufer unter bet
*
1) Joseph. Antiq. 18, 5, 2.
2 ) fiut 3, 19.
8) mit 6, 17.
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397
Über 3oljcmnf3 ben Iflufer.
Klage bet SJlaieflätäbeleibigung ergreifen unb am lieb«
Ren hätte er ihn in feinem erften Unmut $inri$ten laffen.
allein ber ©runb ber ©efangenfefcung, bie gurcgt vor
einem aufrubr be« SoRe«, marb ihm nunmehr ©runb,
feine frühere Sbjicbt aufjugeben; er mar in Seforgni«,
bie Einrichtung be« oom S 3 oI!e als Propheten bo<h»et=
ehrten 3obanne« fönnte biefe« jur (Empörung treiben *).
9 ta<hbem bann bie unmittelbare ©efahr befeitigt mar,
belam bei Eerobe« ber beffere Seil feine« S 3 efen« bie
Oberhanb; er fonnte bei ruhigem 9 la<hbenfeu bem Sor*
fämpfet für Siecht unb Sittlichleit bie SBertfchäbung unb
Semunberung nic^t »erjagen; er befugte barum ben
Johanne« im ©efängni«, pflegte SRat mit ihm über feine
angetegenheiten, fühlte infolge bet Unterrebungen mit
bem Propheten bie Sermerflicbleit feiner Saaten, f$üfcte
ben Johanne« 0<9 en bie geheimen anfchläge ber $etobia« s ),
unb gefiattete feinen Jüngern ben Sutrftt ju bem ®e=
fangenen unb ben Serlebr beSfelben na<h äugen, Eetobia«,
melche allmählich ba« aeugerfte b. h- Söfung ber gefe|«
mibrigen @b e bur<h ben »om Käufer eingenommenen
Sietffirflen fürchtete, mugte ber brogenben ©efahr ju»or=
julommen: fie fucgte unb fanb eine ©elegenheit, ben
fEäufer §u befeitigen. Sei einem $offeße »etfprach ber
Xetrardh, berfldt burcg ben 3nuber ber anmutig tanjen«
ben ^erobia«tochter, Salome, biefer jebe Sitte ju gemäb*
ren bi« jur Hälfte be« Königreich«. Salome forbcrt
nadh anmeifung bet SNutter ba« Eaupt be« Käufer«.
3 egt bereute Eerobe« feine Soreiligleit unbmirb betrübt*);
1) Statt*. 14, s.
2) Start. 6, 19 f.
3) Statt*. 19,9.
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398
Seifer,
bodj lägt er unter bem (Sinflug fatföer Slnftcbten
non @gre unb 6ib ben äBunfcg ber Xänjerin erfüllen.
@r jeigte fi<b burchauS als ben feigen Schwächling, toie
ihn 3fofepbuS in feinem Seridfjt übet bie Sbfegung bar*
jtellt, wenn er fdbreibt 1 2 3 ): „6r tonnte ft<b auch fonft
bem nicht entgegen, was fle (EerobiaS) fi<h einmal in
ben Äopf gefegt batte". 9tadgbem auf blutiger Sdbüffel
biefem SBeib baS Eaupt beS Qobauneä gebraut worben
war, b«t fte ohne 3» eifei, eine j weite gul»ia, bie 3unge
beö »erbagten SittenprebigerS burdbftodben unb bamit
ihre Stadbe bis jur »ollen Sättigung gefüllt. Johannes,
auch im &obe ein treuer SSorläufer, inbem er, ein Opfer
menf<bli<ber S3erblenbung unb gottlofer £eibenf<haft, fein
S3lut »erfprigte, aber freilich burcb bie $anb beS $enfer£
in bet bentbar grögten SSerborgenbeit unb fo in bemerlenS*
Wertem tlnterfdgieb »on bem burdb bie orbentlidbe SSebörbe
»or ben Slugen ber SBelt in bem 2JUttelpunft ber 5Cb eo '
tratie am erbeten Orte am emporragenben Äreuje bin*
gefdbladbteten Söeltbeüanbe, bat jene« SBort, baS er felbft
gefprocben, wahr gemacht: „®r mug wadbfen, idb aber
mug abnebmejt" a ). 2)ie Eocbfcbägung beS heiligen 3JtanneS,
beS grögten aller Sßropbeten, erhielt ftdb nodg lange in
breiten Schichten beS jübifdben SSolfeS, unb als einige
Sagte nach bem blutigen ®rama in 2Jta<bäruS bet SSier*
fürft »on feinem früheren Scbtoiegeroater 2lretaS im Ärieg
gefdjlagen würbe, betradbtete baSSolf nadb bem3eugniS
beS QofepbuS*) biefeS Ungtücf als eine gerechte Strafe für
bie ungerechte Einrichtung beS Johannes. Unb »on ißaläs
1) Joseph. Antiq. 18, 7, 2.
2) 3o$. 3, 30.
3) Antiq. 18, 5, 1 u. 2,
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Seljfr, fibtr Qo^annt« btn Sfiufet.
399
ftina aus $at ft<b bie S3erebrung beS ©röfjten aller ffieib=
gebotneu ’) mit bet Ausbreitung beS GbtijientumS allen
Ottern mitgeteilt unb nic^t am toenigflen bem <$rifHidjen
SSotle bet beutf^en Station. SJtöge biefeS b«bre SJtufler*
bilb eines bemütig=frommen ©inneS, einer felbfltofen
Uebetjeugung unb unerschütterlicher ©runbfäfce uns au<b
in gufunft teuer jein!
l) TOattb- 11 , li.
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2 .
Über @efdngni8feelforge.
Son Domlapitutar Dr. Sinftnmonn.
Srjltt «rtilel.
Unfere ©tubien übet ba« et^ifdje Problem bet ©träfe 1 )
haben uns in Segnung auf bie menf$tube ©trafgeredb*
tigleit ein boppelte8 3^1 ptaftiföer 3$&tig!eit gegeigt
$>a« eine ifl bie richtige Drganifation be« öffentlichen
©trafttefenö na<b ben höhnen etbifCben 3toeäen bet
©träfe; ba$ anbere bie feelforgetUCbe Vebanblung ber
ber menf<bli<$en ©trafgeredbtigleit Verfallenen, inöbefon*
bete alfo ber Strafgefangenen.
®aS erfte ber genannten 3^/ toetdbeö bie Unter?
fudbung über bie Swedc ber Strafe, über bie gtoedmdfjige
SuStoabl bet ©trafen unb bie entfpredbenbe ©nridbtung
ber ©trafanfialten, ferner bie gürforge für bie ©trafge*
fangenen mit SRüdftc^t auf bie gorberungen ber Humanität
unb ber 3Koral, bie 8effetung$toerfudbe unb Vefferungö*
mittel, foroie enblidb bie 8otfd>läge für mögltdbfte 8er*
1) D.©<$r. 1889 . $. I ©. 3 — 48 . $. II 6 . 235 — 286 .
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fi&er @ffängniSf«Iforge. 401
Anbetung bcr Verbrechen unb ber BtüdföHe in fiep be=
greift, pat feit länger als einem Qaprpunbert unb bis
auf biefen %ag in fietS geweigertem SRafje bie ißpilo*
foppen, 9tecptShmbigen unb Staatsmänner beftpäftigt,
fo bafs eine reicpe Sitteratur barübet etmaepfen ift unb
©puren eines praftifcpen Eingreifens burcp Verbefferung
ber Strafeinrieptungen unb burcp abminiftratitoe Vorteil
ungen jut Rettung ber Verbreeper überall maprjunepmen
ftnb. dagegen oetmiffen mir nocp in popern ©tabe auf
feiten ber ißaftoraltpeologie baS recpte 3ntereffe unb baS
flare VerfiänbniS für bie einfcplägigen Probleme, unb
es ftpien uns beS VerfucpeS wert, ber ^rage näper ju
treten, ob nicpt aucp pier neue Anregungen gegeben, neue
©ejicptspunlte eröffnet, neue SBege gebapnt »erben fönnten.
5Die Sticptung, toelcpe in biefen fragen einjufeplagen märe,
paben mir in ber obengenannten Abpanbtung (©. 277 ff.)
angebeutet unb namentlich geforbert, „bafj bie Einflflffe
ber Religion auf bie ber ©trafgerecptigfeit Verfallenen
oerfiärlt »erben"; mit mürben bemnacp aus ber Vaftora*
tion ber Strafgefangenen ein befonbereS Äapitel für bie
Seelforge machen unb überhaupt bie Aufmerffamleit ber
Ritten bet Äitepe unb ber Wiener ber Religion auf eine
Angelegenheit lenlen, »elcpe fcpon nicpt mepr ganj in
baS ©ebiet ber inbioibueDen gürforge unb ber Arbeit
im Keinen fällt, fonbern gerabeju eine öffentlicp=recptlicpe
Vebeutung geminnt; benn es panbelt ftcp, ©ott fei eS
gellagt, bereits um eine Summe oon gemeingefährlichen,
bie ©efeHfcpaft bebropenben Elementen, um ein angepäufteS
ÜJtafj oon Verbrechertum unb ftttlidpem Elenb, beffen Ve=
lämpfung jut Aufgabe beS Staatsmannes »irb.
SBäptenb nocp bie neueften fieprbücpet ber Ißaftorals
Z^col. Ouattal|4iift. 1890. $eft III. 26
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402
liinfenmamt.
Geologie, j. SB. @a jjner, ©<hü<h, bie ©efängnilfeet;
forge enttoeber laurn berühren ober, tote ©enger, nur
tn einer ganj engen SBegrenjung erwähnen, unb nur Sims
b e r g e r (Sßaftorattheologie III. 2. ®. 464 ff.) ber ©es
füngnilpafloration all folget einige ©eiten toibmet, ftnb
uni einige monogtapbiföe SCrbeiten von ©efängs
nügeifUid^en betannt geworben, in toel^en auf bie 2^uf=
gaben ber ©efängnilfeelforge bingetoiefen unb überhaupt
eine Orientierung über bie bortiegenben Probleme »ers
fu<bt wirb.
®ie eine biefer ©Triften, ton bem ©efäugnilgeifc
Ifabeng. 3L Äatl Äraul in greiburg i ©.*), haben
toir um fo ertoartunginotter jur $anb genommen, all
fcbon bie S)arjMung ber ©efängnüfeelforge ton bem*
felbetr ©erfa/jfer in bem „|i«nbbu<h bei ©efängniltoefenl"
bon %. b. ^ol jjenb orff unb @ug. b. Sagemann,
U(£amöurg 1888), uni in hohem ©rabe ange§ogen batte.
Sn feiner neuen SSrbeit tritt nun & t a u I ben 9ta<btoeil
an, bafj innerhalb ber <htiflli<hen ©efeOfdbaft bon Anfang
an im ©inne bei SBortel GprifU SRattb- 26, 36 bie ©es
fangenen befonberer ©egenftanb ber Dbforge, Sleilnahme,
unb brübetü<bet |>tlfe getoefen unb bafj bie ©puren ber
!ird)lM&en ©efe|gebung unb «baritatiben S^ätigfeit jur
SBerbejferung bei Sofel ber ©efangenen unb für 6rei<h*
ung ber ^ö^cren Stoedfe ber bürgerlichen ©trafen in
jebem 3 a h t hbnbett bemerflicb feien, ©ol<her 9la<h»eil,
bon bem toir hoffentlich halb bie Sortierung erhalten.
1) $ie ©efangenen unb bie Berbredjer unter bem Cinflufte
bei £ljriftentum$. ®e(d}id>ttidjer Überblid umfaffenb bie elften
fiebjeljn Qaljrljunberte. Separatabbrucf auS ben „Blättern für
®efängni9funbe". $eibelbetg, ®. SBei& 1889.
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Übet Oefängttttfeelforge. * 409
ift für und namentlich in einem fünfte übetau? triftig,
gür bkjenigen nämlich, treibe nur mit ber gewöhnlichen
theologifchen gacßlitteratur ber ißafiotal belannt ftnb,
entlieht leicht bie VorfteHung, als ob bie Geologie unb
Kirche eS ganj ber Saienwett, ja als ob bie Vertretet
ber Religion bet ©nabe unb Verföhnung eS bem mober*
nen Humanismus überlaffen hätten, bie fo ernften Stuf*
gaben ber Vefitafung ber Verbrechen unb ber Vefferung
ber Verbrecher im Sinne ber üRenfchlichleit unb nach
höhnen wiffenfchaftliCh humanen ©efuhtspunften in bie
Hanb ju nehmen; bie weltlichen Sßiffenfchaften unb Huma*
nitätsbejtrebungen hätten bemnach Lorbeeren gepflüdt auf
einem gelbe, auf weichem ftCh bie 3JtaCht beS eChten @briften*
tumS tor allem hätte {eigen müffen, währenb bie lirch*
liChe Ideologie unb SßrayiS ft<h ftets nur in ihren alt'
gewohnten 3^1« bewegte. ®S gereift KtauS jum
Verbienft, wenn er auch niCht getabe ber erfle ift, barauf
hingewkfen ju haben, baß bie Probleme, mit welchen
bie heutige Strafrechts* unb ©efängniswiffenfchaft ftCh
befChäftigt, webet neu, noch baß ihre Söfung von ben
berufenen Vertretern ber ChrifiliChen SReligion vernaChlüfftgt
Worben. 63 verhält fiCh hkr wie auf verfchiebenen
©ebkten beS mobetnen Kulturlebens, j. V. in Sachen
ber 2obn=grage, in ber Sflaoenfrage u. a. ®aS ftille
geräufChlofe Arbeiten ber ChrifiliChen SiebeSthätigleit, baS
Staffotoffen ber Saat aus bem Samen ber <hti|ili<hen
Sbeen unter all ben Stürmen unb Unbilbeu bet Saht*
hunberte wirb »ergeffen, wenn mit großem ©eräufCh unb
toiel SReflame eine fog. moberne gbee auf ben SChauplajj
ber ©eltlitteratur tritt 3Ran muß aüerbingS auCh von
ber Kirche unb ihren Wienern nicht verlangen, was noch
26 *
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Sinftnmanti,
404 ‘
ni$t an ber geit ift unb wofür bie allgemeinen 6rlennt-
niffe unb Sorbebingungen nicht borhanben ftnb. aber
wer will un« tagen, burch wen biete ©rfenntniffe ange«
bahnt, bie gfinftigen Sorbebingungen für neue ©inrich*
tungen unb ftulturfortfchritte »ermittelt, eingeleitet ober
herbeigeführt worben? 2)er Styril macht bie Blumen,
ber 2Rai aber ^at bie ©hte baoon, tagt ein UalienifcheS
Sprichwort. ®ie Äirche bereitet bie <hriftli$e Äultur
bor, beflt unb wärmt fie in ihrem Schofte, bie SBelt
aber nimmt ben Sühnt babon. UebrigenS lann, neben«
bei bemerft, eS bie Äirdhe auch nicht allen recht machen,
nicht einmal ihren eigenen Äinbern. SBährenb eS gerabe
bie Äirdje ift, burch beren ©efefce unb ©inrichtungen ein
gug bon 3Jtilbe, ©nabe unb Serföhnlühteit, uon Scheu
oor Slutbergiefjen unb 9Henf<henqual geht, flogen fleh
gerabe in unterer geit wieber Siele im fcheinbaren gn«
terejfe beS religiös «fittlichen ©rnfteS an ber ÜRilbe ber
heutigen Straffpjleme unb ©efangenenbehanblung, inbem
fie nicht beachten, bafe $ärte unb ©raufamleit weit mehr
bem 5Dtang ber unerlöften Satur nach Sache unb Slut
unb SBieberbergeltung, als bem chrifHichen ©efefce ber
Sufje unb ©nabe entfpricht. Stag man uns auch ent*
gegenhalten, bafi man eben auch nicht im Strafrecht tolle
uon einem ©ftrem in baS anbere fallen! 2Benn nur nicht
bie Seibenfd&aft ber SWenfchen, womit fie übet bie ©finben
bon gteanb unb geinb urteilen, auch ins ©jtrem fallen
würbe! @S ehrt ben ©hrifien wenig, fi<h an ben Qualen
ber 9Ritmenf<hen ju weiben unb graufamer ju fein als
bie Äinber ber SBelt, welche einanber auch nicht ju fronen
pflegen, wenn fie bon einanber Unrecht ober Schmerj
erfahren.
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Über ®efängni«feeljorge.
405
(Sin anbete« ©chriftcben non bem ©trafanflaltägeifi»
liehen 3 acob« in SBerben a. b. R *) befd^äftigt ftch im
wefentUdhen mit ben Aufgaben bet ©egenwart im Antufj
an bie mobetnften Begebungen in S^eotie unb ißrayi«,
Welche ftch auf ben hoppelten Stoed be« StrafooHjug«,
Befferung bet Verbrecher unb Verhütung be« Verbrechen«,
beziehen. 6« hanbelt fidh teil« um eine au« eigener
©rfahrung geköpfte Beurteilung ber neueren @inri<h»
tungen unb ©pfteme, wie}. B. 3folierung ber ©efangenen
in Settenhaft, Befchaftigung berfelben, Sttethoben ber
Belohnung ober Bejltafung im ©efängni«, ©ehulunter*
rieht u. f. w.; teil« um ba« Problem ber ißrophplapi«
ober um bie SWittel unb 2Rafjregeln, woburch ba« Ver»
brechen, wir möchten befonber« fagen ba« feuehenartig
anwachfenbe unb gemeingefährliche Verbrechertum »er»
hütet werben fönnte. Hier werben befonber« genannt:
Befämpfung ber 3rreligiofttät, bet Xrunffucht, bet Un=
jucht, be« SKüfjtggang« unb be« Bettel«. Sßenn nun
auch in biefen Abführungen faum etwa« üfteue« gefagt
ijt über ba« hinau«, Wa« ber Kenner ber eintägigen
Iriminalifttfchen Sitteratur ober ein mit ben ißafloration«»
»erhaltniffen in ©efangenanftalten befannter ©eiftlieher
ober Beamter fd^on fennen mufj, fo fann hoch ba« Schrift»
eben allen benen jum ©tubium empfohlen werben, welche
ftch über bie Hauptfragen im Allgemeinen unterrichten
ober ftch auf bie ©eelforge in ©efangenenanftalten »or»
bereiten wollen. 2)ie ernfien jtttlichen SBinle, welche
ber Verf. für bie Verhütung ber Verbrechen giebt,
bürften auch für bie mafjgebenben Äreife in ber Regier»
1 ) 2>ie Befferung be« Berbredjer« unb bie Betämpfung be« Ber«
treten« in unb aujjer bem Oefängniffe. Büffelborf, Sdjann (1889).
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406 Stnfetimann,
ung bet Staaten unb SSölfer ber Beachtung teert fein.
®enno<h laffen un$ bie bisher befannt geworbenen
Ausführungen non theologifd&er ©eite nur um fo flaret
erlennen, teie meleS auf biefem ©ebiete noch ju tbun fei.
Unb bie folgenben geilen fönnen auch nicht mehr ner=
fpre<$en als Anregungen, ©ebanfeu, SEinfe unb SBünfche.
I.
SBenn teir baran geben, bie Aufgabe ber ©efangenen*
feelforge näher ju beftimmen, fo »ollen teir junächfl
nicht in ein ©ebiet Abergreifen, ba$ Aber ben 3Wa<ht*
bereif ber Kirche hinauSragt; teir haben uns nielmehr
an bie befiehenben ftaatlichen ©trafeinri<htungen anju=
fchliefjen, toelcbe, mögen fie auch im einjelnen »ieleS ju
teAnfdhen Abrig laffen, immerhin in ihren ftttlichen Sielen
mit unfern Gegriffen non SSerbred^en, ©träfe unb ©Ahne
jufammenftimmen unb im großen unb ganzen in einem
ernften ftttlichen ©eifte geleitet »erben. @3 fann ni<ht
Aufgabe be$ amtlich befieHten ©efängniSgeifilidjen fein,
bie befiehenben ©tnrichtungen in unpaffenber SBeife, niel=
leicht gar not ben ©efangenen felbfi, Eritifch }u bemängeln,
fonbern nielmehr burcb treue SJlitarbeit bie gtoede ber*
felbett ju beförbern; nur im ©inllang mit ber Leitung
bei ©anjen toirb es ber 2Jla<ht ber Religion unb bem
herfönlidjen hingebenben SBalten be$ ©eetforgerS gelingen,
petfönlichen ©influfe auSjuüben unb burdh Verwertung
ber eigenen ©rfahrungen, Beobachtungen unb Ueberjeu=
gungen an ber Berbefferung ber @inri<htungen unb ©hfleme
felbfi mitjuarbeiten.
®a in unfern flaattichen ürbnungen bie ©eelforge,
©otteSbienfl, ©alramentSempfang unb perfönlicher Ber--
lehr bei ©eiftUc^en mit ben Strafgefangenen, ju ben
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Ü6et Skfängwijetlfotge.
407
©lementen bet Strafeinrichtungen gehört tutb beut 33et=
tretet bet Äitche ein §<»üdre<ht unter ben SJorftänben
bet ©efängnijfe ju fleht, fo h a &*u wir ein 9te<ht bet
Seelforge nicht erft }U erobern, oielmeht eine Pflicht,
badfelbe fo }u üben, baß wir und bariiber oerantworten
tbnnen.
aber bieDeid)t ifl bamit, baß eine regelmäßige @e=
fangenenfeelforge eingerichtet ift, f<hon aHed gefaßt, unb
bad fcßöne SBort oom Berufe, ben ©efangeneu bie @t*
löfung ju oerlünbigen (Suf. 4, 18), läßt eine geiflige
Deutung ju, bur<h welche ber Unterfchieb jwifchen ben
bürgerlich ©efangenen unb ben freien terfd^toinbet, weil
im fittltöhen Sinne SlUe ©efangene ftnb unter ber Änecht=
fchaft ber Sfinbe, fo lange bad ©nangelium oom Reiche
©otted nicht in und wirffam geworben ift 3n ber Dhat
läßt ed fuh annehmbar batfMen, baß bie Aufgabe bed
Seelforgetd gegenüber ben Strafgefangenen im Öffentlichen
feine anbere fei ald bie Sorge für alle Sinbern, bie eben
Sille ber geiftlidhen pflege, ber ißrebigt, bed Saframentd,
bed ©ebetd unb ber fuchenben Siebe bebütfen unb non
beten freiem SBillen ed abhängt — feien fie nun im
Äerfer ober in ben Stätten häudlühen SBohlbefinbend, —
ob bie bargebotene ©nabe an ihnen toirffam fei 3«
bet $anb bed SJienfcßen ifl fein Sdhicffal; ber Seelforger
hat übet ben Sträfling feine anbere ©ewalt ald über
ben freien.
Dennoch mflffen wir ber fjrage über einen fhejififdhen
Snhalt bed Serufd eined ©efängnidgeifllichen h‘«t ettoad
näher treten. 3u biefem 3»ed muß aber oor allem
bad SBefen ber ©efängnidpafloration in $infi<ht auf bad
Dbjeft genauer begrenzt werben.
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408
Sinftnmonn,
SBenn in bet antifen SEBelt unb bis tief in bie <3^rift=
ticken Qafitbunberte hinein non (befangenen unb non bent
an ihnen geübten Siebeswerl bur«h 33efu<h (SDlatth- 25,
36) unb Spenbung non Unterftüfcungen jum SebenSunter«
halt ober jum SoSfauf bie Siebe ift, fo ifl bie Situation
fotoohl beS ©efangenen als beS Vollbringers eines Siebes«
bienfieS an bemfelben non bet einet mobetnen Straf«
anftalt wefentiich nerf«hieben. 2Bir f«blieben non un«
fetet 3)atfieHung jum norauS alle wtberre<btli<b ®e*
fangenen, ©taubenSgefangenen, Opfer eines räuberifchen
Krieges ober bet ißtraterie aus. SHuch Kriegsgefangene,
in S«hulbhaft Seftnbliche unb in gewiffem Sinne au«h
bie fog. potitifihen Verbrecher tönnen toit übergehen.
SDiefelben föunen jwar wohl Dbjelte fowohl befonbeter
SiebeSbienfte als bet amtlichen Seelforge werben, fallen
aber ni<bt in bie Kategorie non Strafgefangenen, benen
unfte SHufmerffamleit nun einmal jugewenbet ifl. Streng
genommen fallen in biefe Klaffe au<b ni«ht bie UnterfuCb«
ungSgefangenen, ebenfobie junt £obe Verurteilten, beten
$aft nur eine hirje Vorbereitung auf ben eigentlichen
StrafnoHjug, bie $inri«htung, ifl. ®ie Stnweifungen,
welche bie 5paflorattheotogen wie V e n g e t *) im Slnfölufj
an Siguori unb ältere Vorgängen geben, etfltecfen
fleh nur auf biefe lefctere Slrt non ©efangenen unb nicht
auf bie ©efängniffe als bie eigentlichen Strafanftatten.
3u ben fehr nerflänbigen Vemerfungen VengerS über
bie feelforgerlidje Vehanbtung berttnterfuChungSgefangenen
2 c. möchten wir übrigens no<b bie SBarnung banor bei«
fügen, bajj nicht Seelforger, non falfChem SJUtleib bewegt,
1) $aftora!theo(ogie III § 182 < 5 . 708 ff.
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Über <9efAngni£feetforge.
409
ihre SBertrauen«fMung baju gebrauten, um einen Schul:
bigen ber gerichtlichen Vefirafung $u entstehen, fo bafj fie
ft<h felbft ber 39egünftigung be« Verbrechen« fd^utbig machen.
ÜBir fönnen ferner non unferer Betrachtung biejenigen
au«fchlieften, welche Wegen einet Uebertretung, eine« poti=
jeilidhen Vergehen«, allenfalls auch eine« gorfifreoet« u.
bgl. )u furjjeitigen ^aftftrafen oerurteilt ftnb. ®er
©haralter biefer Vufje ifi ein erheblich anberer al« ber
©träfe in einer ©traf» unb ÄorreftionSanftalt. Sowohl
bie lurje SJauer al« bie begleitenben UmfWnbe be«
©trafooHjug« laffen fojufagen ba« Sebütfni« einer feet=
forgertidhen (Einwirhmg, fei e« jut Sröfiung ober jur
SBeäung be« ©ewijfen« nicht auflommen; ja möglicher:
weife bient bie (Entbehrung be« gewohnten ©otteSbtenfte«
wie bie SluSfdhUefjung oom gewohnten menf<hli<hen 33er:
lehr ju beabfuhtigter Verfcijärfung ber ©träfe.
SDie Strafgefangenen in unferm Sinne ftnb öielmehr
biejjenigen, welche Wegen eine« eigentlichen 33ergehen« ober
Verbrechen« fowohl im ftttlichen al« im ftiminalijttfchen
Sinne Strafe Oerbüfjen, alfo wegen einer fdjjweren Schutb,
bie nicht blofj ba« ©ewijfen brücft, fonbern wegen ber
Verlegung ber Sterte ober ©äter ber menf<hli<hen ©efell=
fchaft öffentliche Sühne forbert. SDiefe ©üter ber ©efett*
fd^aft fönnen ibeeHe ober materielle fein; ba« <harafteriftif<he
SBefen be« Uebelthäter« liegt barin, bafj er über jene
Schwelle hinauötritt, jenfeü« berer bie fojiale Drbnung,
ber häusliche unb bürgerliche Triebe aufhört. S)et Übel:
thäter Wirb ein griebbredher, ein fjeinb ber ©efeüfchaft
unb jwar au« bewufjt böfem SBißen; würbe ihm Sicher:
heit unb Strafloftgleit ju teil, fo lüge barin eine 33e»
btohung ber bürgerlichen Drbnung unb be« fojialen 3lecht«:
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410
Sinfenmanit,
jufianbe*, ba* ©infebteiten ber Obrigteit gegen ibn ifi
junäebfl ein SKft bet vis coercitiva ; eS muff bem auf
bie 3te<bi*berlegung genuteten SBitten ein b^beter, mit
3Wa<bt au*gerüfleter SBitte entgegengeftettt »erben; bie
#aft bebeutet junädgfi nur ben Sieg bet reibt*
mäßigen ©ewalt über gefegtofe SBitttür be* ©ütjel»
willen*; in biefem Sinne tyefa e* int alten römifcben
9te<bt: carcer ad contiueudos, non ad puniendos homi-
nes haberi Bolet. 2Bit fegen awb beim ©egriff eine*
©ergeben* ober ©erbreiben* einen Xbatbeftonb botau*,
welcher fowobl mit 9tücffi<bt auf bie Tragweite na<b
aufjen al* in bem fubjeftiben fittlidgen Urteil einef<b»ere
Sdgulb begrünbet. Ser Ianbläuftge 2lu*brudf „gemeine*
©erbreiben" für eine friminett ftrafbare Sgat genügt
uit* nidgt ganj; berfelbe ifi jmar gewßgnlidg in bem
Sinne gemeint, bajj gemein jugleidg ebrlo* bebeutet,
alfo nid^t ben ©egenfag bon bornebm ober bon au*er=
»äblt im fojialen, fonbern im ftttliigen Sinne ben ®egen*
fag bon ebel gefinnt unb godgfitebenb auäbrücft. ®e*
fettfdgaftlidg bat man bitefür ben 2lu*brudt ber „bürget»
lieben @bre"/ Weldge burib ba* gemeine ©erbreiben ber*
loten gebt unb beten ©erluft ein (Element be* Straf»
uoffjug* felbfi ifi.
SEBir müffen e* un* jWar borbebalten, ba§ bie
ftttlidge unb bie friminatifiifdfie Stuffaffung bom ©ergeben
unb bom gemeinen ©erbrechen, »ie au<b bon ©ewagtung
ober ©erlufi ber bürgertidben @b*e ft<b in einem einzelnen
Saß* nid^t ganj beeten. 6* wirb au<b jumeiten für
bie ftttlidge ©etraibtung no<b fernerer fein al* für bie
Iriminaliftifcge, ju entbedfen, in Weitem entfegeibenben
SKoment bie Scgwette überfegtitten worben, »elcge ben
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Übet <SefingniS{etI|orflc. 411
SSerbrecher bom ehrlichen -Kanne, beit Sünber bom ®e=
regten fcheibet. *5iir und genügt ed borerft int aUge»
meinen und flat gemalt ju $aben, »ad »ir unter Straf»
gefangenen im eigentlichen Sinne berftehen. ©erabe baß
jttißhen ihnen unb ben unbefdjoltenen Bürgern eine
trennenbe -Mauer aufgerichtet ifi auch in jtttlicher $in»
ftcht, läßt und bie SSehanblung biefet ©efangenen ald
ein befonbered Problem ber ißafiorat erfreuten, unb
i»ar gerabe erft reiht bon ba an, »o bie ©efangenfchaft
nicht mehr bloß ad continendos homines, ald Maßregel
ber Sicherung unb ald Übergang ju bem eigentlichen
StrafboO}ug bient, fonbern ald malam passionis in ber
$auptfa<he bie Strafe felbft audmacht.
IL
®er S»ecf ber Seelforge ald ©lement bed Straf»
boüjugd in ben ©efängniffen fann unter boppeltem ©e»
ftdhtdpunft betrachtet »erben. ®er Strafgefangene foH,
fo»eit bie gefefclid&en formen bed ©trafooHjugd ed ju»
laffen, junächft jener Sohtthaten ber Kirche nicht be»
raubt »erben, »etd^e für bie chriftliche ©emeinbe über»
haupt im georbneten regelmäßigen ©ottedbienfi unb für
ben ©injelnen im perfönlichen gutritt jum Seelforger
liegen. 6d »äre, »ie oben fchon angebeutet, ald SS er»
fchärfung ber Strafe anjufehen, »ottte man ben @e»
fangenen ben ©ottedbienfi unb bie fonjtigen feelforger»
liehen 9lfte ganj berfagen, gerabefo »ie ed jur gefepärften
ißein »ürbe, im ©efdngnid ben Sonntag aufjuheben.
2>aß ber ©efangene, bon ber Seit ph#f$ unb moralifch
abgefchloffen, hoch nicht jugleüh bon ber firchlichen ©e»
meinfehaft aufgegeben unb gemieben »irb, baß bielmehr
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412
Sinfcnmann,
gerabe ba, too bic tieffle 2)epreffton unb SSerlaffen^eit
eingetreten, bie Religion ihre Segnungen anbietet unb
in ihrem toahren ©harafter einer frohen Sotfcpaft ber
©tlöfung erfCheint, ift allein f<$on ein großer 3 U 9 in
unferer fojialen Moral.
Hieju fommt nun aber jtoettenl ber befonbere Qtoed
ber ©efängnilfeelforge, nämlich el foQ bur<b ßuhttfe*
nähme ber moratifChen unb religiöfen ßebenlmäChte bie
poena vindicatina ber bürgerlichen Qufii} }u einer poena
medicinalis erhoben toerben; ber Seelforger ifl ©ehilfe
be« 3u<htmeifierS; unb toenn btel einmal im Ißrinjtp
anerfannt ifl, bann mufj folgerichtig auCh feine Stellung
unb Munition all eine um fo oiel bebeutunglooHere
angefehen toerben, all bie moralifChen unb religiöfen
Machtmittel höher flehen toie ber rein förderliche gtoang
unb materielle ißrefftonlmittel.
©I h«l alfo einen guten Sinn, toenn man öon
befonberen Stufgaben ber ©efängnilfeelforge rebet, bie
niCht fChon in ben allgemeinen 3ieten berpastoratio ordina-
ria eingefChloffen ftnb. ©leiChtoie el in ber ©efängniloet*
toaltung eine befonbere $nftruftion für bie Siegelung
ber Seelforge gibt, fo muff auch bie Ißafioral felbfi bem
©efängnilgeiflliChen befonbere Slntoeifungen geben lönnen.
©I taffen ftCh nun freilich über bie Hoffnungen einer
erfprie&tiChen SBirffamfeit bei Seelforgerl in ben ®e=
fängniffen mancherlei ©rtoägungen anfieKen. Man lann
ftCh ben ©rfotg abhängig benfen oon ber richtigen Stellung,
toelChe bem Seelforger unb ber ßitChe überhaupt im
Organilmul bei bürgerlichen Strafoerfahrenl eingeräumt
toirb; man fönnte bemnaCh für bal pafloreHe Mitten
©ebingungen fleKen. SDoCh bal tooSen toir hi«t nicht'
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Über ©efängniSfeetforgt.
413
tt>it wollen namentlich nid^t abwarten, bis einmal bie
toHfomtnenfte unb ganj befriebigenbe gotm bed Strafe
oollpgd unb bec ganje unb ootle griebe jtoiföen SBett
unb Äirche auf biefem ©ebiete gefunben fein wirb, mit
wollen bie 3«ftättbe nehmen tute fte finb, unb und in
ihnen — in Hoffnung auf ftete SSertoolltommnung — ein»
timten, unb wollen bad ©ünflige unb Ungilnflige er:
Wägen, womit bet Seetforger auf feinem 2lrbeitdfelbe
ju regnen bat. ®ad ©efängnid fann bie (Streichung
ber 3toecfe ber Seelforge erleichtern ober erfcbweten;
man muß bie hier mitwirlenben Umftänbe iiberbenfen,
um mit ihnen ju rechnen.
©rwägen wir juerjt, wad bie Seelforge im ©efäng»
nijfe erfchwert ®ad ift nun bot allem fdjon ber Stanb
ber Unfreiheit. Schon ber äußere 3wang, bie äußere
■Jlotwenbigfeit ber ^aud= unb Slrbeitdorbnung ifl ber
inneren ©infeht, ber SBefchäftigung mit inneren Sehend*
regungen unb religiäfen ©mpfinbungen nicht günftig.
Schwerer aber noch wirb ber innere 3®ang, ber ®rucf
auf bad ©emfit embfunben. 2öad Sache ber freien
Überzeugung fein follte, ©ottedbienfl unb ©rbauung.
Wirb unter ben 3 Wan 8 *> er ©efängnidtegel geflettt unb
burch niebere ißotijeiorgane beaufftchtigt. ®er SBote bed
©toangeliumd rebet oon Siebe unb ©nabe, ber ©efangene
aber fleht unter bem Planeten bed 3 or ned; ber Seel*
forger rebet »on Freiheit ber fiinber ©otted unb oerheißt
fte; aber hinter ihm fchließt ft<h wteber ber eiferne Stiegel,
er fann fein 2Bort nicht wahr maxien, er fann nicht
©rlöfung, er fann faum bem oerwunbeten ^erjen
Salfam bed ®rofies unb ber Hoffnung fpenben. 2Bie
foO ber ©lildliche ben Ungtiicflichen tröfien? Älingt ed
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414
Sinfenmann
tii$t tute |>ohn: bet SBote beS griebenS — ift ©ehilfe
bet voHgichenben ©trafgewalt, et gebt »iebet bavon
unb überläßt bett Unglüdli<hen feiner SReue wnb feiner
@dbattbe.
dagegen ftnb nun in einem gut geleiteten 3ufti}=
toefen unb in einet humanen 6inri<htung bet Strafan*
ftalten manche Umfiänbe benlbar, welche bie $wede
bet ©eelfotge förbetn fönnten. 3Jtag auch gunächft bie
Seele beS ©efangenen ein hörtet 8ldergrunb fein, fefl=
getreten unb gerftampft von jenen Seibenfchaften unb
©chidfatsfchlägen, welche ben Delinquenten bis gum $8er*
brechen geführt höben, fo »erben hoch oft getabe hier
bie ©eheimniffe befonberer ©nabenetwedungen offenbar,
vermöge beten bet verlorne ©ohn ft<h fittU<h höhet hebt
als ber im SBaterhaufe gurfidgebliebene.
©«hon ber erfie ©riff, womit bie menfchliche @e*
redhtigfeit ben grevler erreicht unb ihm über bie ftllufion
einer falf<hen Sicherheit bie SKugen öffnet, ift von er*
fdhütternber ©e»alt; bie höhere fittlidbe Drbnung, bie
ni<ht ungejtraft verlebt »irb, tritt bem Übertreter grell,,
mit Sfogfl unb ©Freden, vor bie SKugen, »ehethuenb,
aber mit einer unerbittlichen Wahrheit unb Älarheit.
Unb eS ift ni<ht etwa ein einmaliges SlifceSleuchten,
fonbern eS erfolgt bie -Jtotwenbigfeit unb bie HJtuße für
ben grevlet, jt<h mit ftch felbfi unb feiner ©<hulb in
©ebanfeu gu befchäftigen; er ma<ht bie Erfahrung vom
böfen ©ewiffen nach ber Dhat; bann folgen bie S3emüh=
ungen, ftch bet ©ntbedung gu entgiehen; eS nahen bie
bunleln ©Ratten beS SerbadhtS, bann geigen ft$ beut*
li<her bie ©eftalten ber Sttnftäger unb $eugen; «4 ver*
breitet ftch eine unheimliche $elle über bie Dhat unb
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Übet ©efängniafeelforge. 415
beten Umftänbe. 9hm beginnen benn auch bie fophiftü
fchen ^nfftengungen bei Scharfftnnl, um ror fich felbfi
unb bet SBelt bie SSebeutung ber Shat, trenn man
biefelbe hoch nicht ungesehen machen Kann, ab juf<h träten;
abet felbfi biel !ann nicht ohne peinlidhe! 9la<hftnnen,
ohne fReue unb ©rinnetungen an bie beffeten Sage bet
©chulblojigleit abgeben. Sen eigenen SSetfuchen bei
Sageflagten, bie Shat ju entfchulbigen unb ju befchönigen,
peKt fub bet SBabtbeiiöetnp bet Sengen, bie pttliche
HRacbt bei Stiebtet!, bie rethängniiroDe Seutlichfeit
bei RJetoeifel entgegen. Sann lommen bie Sage ber
einfamen$aft, bie langen Stunben toH bitterer ©rinnet*
ungenau rerfchetjtel ©lücf; bie langen fcblaflofen9läd>te
ober bie bangen ängPltchen Stäume; bal ©machen felbfi,
toelchel na<h folgen Sräumen eine ©rlöfung fcom nacht*
liehen Schteden fein foUte, geigt bem fi<h öffnenben Sluge
nut triebet bie Äetfermauetn unb bie genPergitter,
ben SSafferftug, bie rerriegelte Shüte, unb fo erfüllt
fuh bie Seele mit neuem ©ntfefcen. Sann bricht bet
Sag bet gerichtlichen ©ntfeheibung an; el erfolgt bet
©ang jum Stifter, bal ©tfcheinen rot ben gufchauern
unb Suhöretn, bie felbfi triebet gemifdjt ftnb au! greunben,
bie in bet Seele rertrunbet fmb unb trauern; au! 9leu*
gierigen, bie fich an ben HJhenen, ben ©emütlbetregungen
Seibenfchaften ber Slngeflagten treiben unb pfychologifribe
Sftätfel Pubieren; enblich au! folgen, bie rom 3lngef<hul*
bigten vielleicht fchtret gefränft, blutig gefchäbigt trorben
unb bie, fei e! rot bem irbifchen, fei el rot bem hintm*
lifdben Stifter, gegen ihn jeugen trerben. Sann bie
SSethanblung felbfi, bie ^erglieberunfl ber Shat, bie
unerträgliche ©enauigfeü, tromit bie einzelnen Momente
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416 Stnfenmann,
betfelben an bic öffentliftfeit gejogen »erben, ba8 Er*
formen oon $erjen unb Mieten naft ben guten ober
böfen Trieben, bie in SSergangen^eit unb ©egenmart
be« Angellagten tegfam getoefen, bie Aufteilung eine«
ganzen SebenSgange«, ber mit bem SSerbreften unb mit
bem 33erlufle alle« beffen enbet, ma« bem SJlenfften*
leben Siftt, greube, Hoffnung, £roft unb Sftmung giebt.
Unb bann julefct ber Au«f prüft: fftulbig! £)a« ifi bie
amtlifte Seftegelung be« Übertritt« in einen neuen 3 U!
fianb be« bauernben, unabmeisbaten, mit befiimmter
Seutliftfeit erlannten unb empfunbenen Unglüd«, ber
Einreibung in bie Sftaren ber SBermorfenen unb fflr
biefe« Seben SSerlotenen! Alfo ift e« entfftieben, bie
Srflde abgebroften! 9tun trennt ftn alle« oon allem,
toa« ftm fonft eigen unb lieb mar, oon $eimat, Familie,
SebenSftettung, £eben«au8fiftt — unb ba« alle« um bet
eigenen Sftulb mitten! Unb nun ber fftauberootte ©ang
in ben neuen, bunt ein, troftlofen Abfftnitt be« Seben«,
in bie Strafanfialt! 5Da legt ber SSerurteilte ba« bflrger*
lifte ©emanb ab unb oertaufftt e« mit ber Sträfling«*
jade; ma« unter anberen Umflänben al« eine perfönlifte
Entehrung empfunben mirb, ba« mirb jefet fafl }u einer
SBofelftat: ber Sträfling legt fojufagen felbft feinen
Flamen ab; er mirb jur biofeen -Kummer, feinen 3J!it=
genoffen gegenüber namenlo«, unerfannt, milbfremb; er
mufe aber auft oon nun an auf perfönlifte ffrreunb*
fftaftSermeife, auf ben liebliften ftlang menfftlifter
Smiefprafte, auf Sieberfang unb oertraulifte« ©eflüfler,
auf AuStaufft oon Suft unb Seib oerjiftten.
Un« ffteint nun, bafe alle« bie« oon gemaltigen
SBirlungen auf ba« innere unb innetfie Seben eine«
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Übet ©efänflniSfeelforge.
417
ÜDtenföcn »erben müßte — ober fönnte. SGBer benft
ba nic^t an eine $eimfu$ung ©otteS? 3e bunllet bie
©rbennadjt not bem Singe eines folgen UnglücfUchen,
beflo mehr, fo möchte man hoffen, »irb er mit feiner
6eele bie #offnungSfierne fudjen, bie aus einet befferen
SBelt )u ihm h«rableu<hten. 2Bo man bie SBelt mit
ihrer Sufi, £üfe unb Stoß unb ffceunbfchaft ber SJlenfchen,
ja auch alle irbifchen Segierben hinter ft<h jurficfläßt,
ba füllte es flitte genug in ber Seele fein, um bie Sprache
ber göttlichen $eimfu<hung ju oernehmen; unb »enn eS
»ie Sturmfluten über bie Seele gekommen ifi mit
SSerlufl oon $ab unb ©ut unb @h« unb gutem Flamen,
ba foHte bo<h bie unenbliche Seere bet Seele Staunt
laffen für Sehnfu$t nach ©nabe unb für Hoffnung
auf ben grieben beffen, ber gefommen ifi, um ben ©es
fangenen Befreiung ju bringen (Suf. 4,19).
Sllfo bürfte »ohl bie Sotfchaft beS ©oangeliumS
bem ©efangetten »ifllommen unb eS bürfte bur<h alle
bie SdhidfalSfahläge bem Seelforger oorgearbeitet fein.
Ober oieüeicht ifi bie »efentliche Slrbeit bet Belehrung
fd>on gefdjehen, ohne baß eS beS Wieners ber ftircße
beburfte, unb ber ©eiflliche hätte allenfalls nur bie
$>iagnofe ;u fieüen über ben f<hon begonnenen $eilungSs
oorgang? SBoju »äte benn bie Strafe ber bürgerlichen
StechtSpfiege, »enn fte nicht jugleidj eine $eitlraft erhielte?
Seiber »irb biefe unfere 3u»erft<ht bur<h bie ©r*
fahrung in ben ©efangenenanfialten nicht betätigt. SSiel-
mehr müjfen »ir getabe hier mit unferer Unterfuchung
einfeßen, um ben jtoeifachen Saß ju be»eifen, erfienS
baß bie feelforgerlidje X^ätigEeit als »efentlicher gaftor
ju ber ftaatlichen Strafgere<htig!eit hinjufommen müffe,
OuMtalforift. 1890. $tft III. 27
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418
Sinftnmamt,
unb jwettenS, bog bie ©efangenenpagotation eine be*
fonbete Äategorie bet ©eelforge fei unb ein befonbereS
©tubium, eine gadgbilbung — toenn ntan baS nur nidgt
migoetgegen wollte — etfotbete.
9Bir gaben früher oom re<gtSpgilofopgif<gen @tanb*
punfte au4 erlannt, bag bie ©träfe bet bürgerlichen
9tedgtSpgege nicgt in etfiet £inie poena medicinalis fein
lönne, fo fegt wir audg in igt fcgon ben gttlicgen galtor
bet ©ügne anetlennen. 3ßo<g beutlidger liefert bie Sr*
fagtung ben ©egenbeweis, wie macgtloS bie bürgerliche
©trafjugij bem SeffetungSjwedfe gegenüber gegt. 3h»t
bürfen wir, ege wit aus biefetn ©runbe übet bie bürget*
lügen ©trafeinridgtungen ben ©tab bredgen, uns bem
©efidnbniS nicgt entgegen, bag einet Älajfe oon Übet*
tretem gegenüber au(g bie geiglidgen ÜBaffen bet gin*
gebenbften ©eelforge ben SMenft oerfagen, nicgt blog im
©trafgaufe, fonbetn au<g in bet greigeit.
SBir gaben oon ben Momenten gefptodgen, weldge
auf ben ©cgulbigen Wie eine mädgtige göttliche $eim*
frngung einwirfen fönnen; aber was wit oon unfetm
©tanbpunlte aus für möglicg galten, ift batum nocg
lange nidgt SöitlUdgleit. SBielmegr müffen Wit gier glei<g
jwei wicgtige äuSnagtnen oon bem SelegrungSptojeg,
wie et im SBudge gegt, getoorgeben. @S gibt gewichtige
pfpdgologifdge ÜRomente, weldge in ©eig unb $et} beS
©efaüenen unb SSerurteilten bet tedgten ©inlegt unb Um*
legt jutCingcgt, jur S8eue unb S9uge SBibetganb leigen;
unb eS gibt Momente oon äugen get, weldge geeignet
gnb, ben ©efaüenen nur immer tiefer in ben Sbgrunb ju
gogen unb felbg baS begonnene 2ßerl bet S3uge ju
unterbrechen, fo bag bie ©träfe, b. g. bet Äufentgalt
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Über öffängniSfetlfotge. 419
am Straforte ben ©efangenen fd^tedjtet macht als er
juoor war.
1. ©ie Sonne erweist baS SBachS, aber »erhärtet
benfiehm. ©ie göttliche £eimfu<hung gleißt ber Sonne;
Wem aber gleichen bie Strafgefangenen, bem ÜBaChfe
ober bem fiehrn? ©ewig ftnb einige non ben leiteten
noch innerlich oon jarterer, weiter ©emütsoerfagung;
ge ftnb in einem plöfclichen 3luSbru<h einer Seibenfdhaft,
beten Sßefeu unb ©efahr fte nicht fannten, ju einer
ferneren ©h®t fortgeriffen worben. Ober ein Slnbeter
ifi oielleicht oermöge feines mehr pafftoen als thätigen
•JtaturettS aus „gutmütiger Schwäche" jum Übeltäter,
Setrüger, fehler, Sanfrotteur geworben, oielleicht aus
falfchem ©ienfteifer für Slnbere. ©a entgehen bann
jene gemütlichen SolfSoorfieüungen, toortiach biejenigen,
bie oon bet unerbittlichen Suftij erfagt worben, bie be*
mitleibenSWerten Opfer ftnb, Welche bügen müffen anflatt
ber eigentlichen greoler an ber SKenfChheit, benen eS ge*
Ungt, ihre $Wecfe mit {altem ©lut ju erreichen ohne fi<h
in ben Schlingen beS StrafgefefceS ju fangen.
@S ifi an ber 3«t, biefet fentimentalen ©olfsoor*
gettung ernfier nachjugehen unb fte auf ihre ©eredjtigung
ju prüfen. 3Jian gellt g<h oor, bag mancher, ber als
Übeltäter Strafe leiben mug, trog ber auf ihm lagen*
ben Schulb motalifch höh et gehe, als manche in ©hren
unb Slnfehen gehenbe fieute, bie hinter bem Schein ber
bürgerlichen ©hre ein Sehen OoQ Selbgfucht, OoQ un*
ehrlichen ©twerbs unb innerer gfäulnis oetbergen —
ober oielleicht nicht einmal oerbergen, fonbern geh auf
bie ©eWährung beS SBorteS oerlagen, bag man bie {leinen
©iebe hängt, bie grogen aber laufen lägt, ©iefe @t-
27*
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420
Sinftnmann,
f$einung im öffentlichen StechtSleben |at einen ähnlichen
SBert wie bie JBahrnehmung in ber Snbtoibualethil,
wornach guweilen fernere Sünber ber Steue, ©nabe unb
93efferung leister gugänglich finb, als „bie ©weiten,
bie ber 99uße nicht bebürfen" ober bie Sauen, benen gum
Sünbigen nur ber 2Jiut unb bie ©netgie fehlt unb bie
in ihrer 6elbfigere$tigleit ber eigenen inneren Hohlheit
unb fittlichen Unfruchtbarleit nicht bewußt »erben, ©er
SSeidhtuater »irb gumeilen bie ©rfahrung machen, baß
ein fernerer Sünber im lafuiflifchen Sinne beSSEBorteS,
wenn er ben ©rucf beS ©ewiffenS empfinbet unb bie
t>erberblt<hen folgen feiner Ubelthaten bor äugen fieht,
innerlich erfchüttert unb gur Süße unb ©enugthuung
bewegt Wirb, wo änbere ftch aus ihrer bürgerlichen
Unbefcholtenheit unb äußerlichen ©erechtigleit ein bequemes
Sluhepolftet für baS ©ewiffen gutechtmachen.
äüein Webet ber Saß, baß f<h»ere Sünber leichter
gu belehren feien als leichte, noch ber anbete, baß Heine
©iebe gehängt, große aber laufen gelaffen werben, ent«
fpricht im großen unb gangen ber SEBahrheit. @S ift im
©egenteil ton größter ÜBichtigleit für ben ©thiler, auch
in biefer Stiftung bem fallen Schein entgegengutreten,
benn berfefbe ergeugt oerberbliche ^rrtümer unb ÜDUßgriffe.
@S ift nicht einmal gang gegen alle ©inrebe ftcher, baß
bie eingelnen ^Beobachtungen, auf bie ftch baS populäre
Urteil {läßt, wenigftenS als äuSnahmen oon ber Siegel
gelten bürfen. ©iefe SluSnahmen als pfpchologifche ißhä*
nomene fönnten uns ja interefjteren, ohne baß bie Siegel
felbfl gefährbet würbe, äber eS heißt bie guflänbigleit
beS menfchlichen Urteils überfchreiten, wenn man auS=
regnen Will, wer ein größerer Sünber oot ©ott fei.
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Übet ©efängnibfeelforge.
421
dagegen bie Sebeutung beffen, was Serbrechen ift,
batf Webet im juriftifchen noch im pfyctyologifd&en Sinne
um einet ©effihlswei<hli<hfeit willen abgef<hwä$t werben.
©elbfloerfiänblich leugnen wir nicht, baß bei bem
utiooHfommenen Suftanb oller irbißhen ©inrich hingen
SKamhet frei unb ungeftraft bleibt, bet bie ©träfe oer=
bient hätte, Wie ja auch juWeilen ein Unf^ulbiget bie
©träfe leibet, bie ein unentbedter greoler ober ein
fallet SnHäger oerbient, ©benfo Wenig oerfennen wir,
baß ber größte Übeltäter — innerhalb ober außerhalb
beS ©efängniffeS — burch wahre Steue unb Süße oot
©otf ft<h wohlgefälliger barjuftellen oermag, als bie
mattherjige £ugenb, welche webet ©ott noch ben ÜDlenföen
gefällt, ©elbjtgerechtigfeit fleht uns Sillen fehlest an,
unb bürgerlidhe Stechtfchaffenheit giebt noch feine Sänwart«
fd>aft auf ben Fimmel. Stuf bie ßunbe oon ben ©ali*
läetn, welche SßilatuS hotte nieberhauen lajfen, fagt
3efuS ben Sringent biefer Sotßhaft: „SJleint ihr, baß
biefe ©alitäer ärgere ©finbet gewefen benn bie anbetn
©aliläet? 2Benn ihr nicht Süße thut, werbet ihr alle
gleicherweife umfommen." 2u!. 13,1 ff. 2Ufo ber Slot*
wenbigfeit ber Süße mflffen wir alle bewußt bleiben.
SCber bleiben wir beim Segriff beS Serbrechens!
3Bir fönnen eS jwar nicht nachrechnen, wie ©inet jum
Serbrecher wirb. Stber einiges haben wir bo<h beobachtet
unb fahen eS fommen. 2Bir hoben eS gefehen unb er«
fahren, wie oon Sugenb an ber ©ine gewiffen Steigungen
unb Serfuchungen wiberfleht, ber Säubere unterliegt.
©S hat uns auch manches gelocft, ift uns manches fihwer
gefallen, waS man uns jugemutet; eS hat manche fernere,
morofe ©tunben gegeben, wohl auch nicht ohne fittliche
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422
Sinjenmatin,
Stttebetlage; aber wo bet (Sitte bie Schranlen bet 3u<ht,
be8 ©ehotfam3, bet ißietät but$bro$ett bat, ifi bet
Sfobere toieber in ftch gegangen, ifi bet beffeten ©inficht
unb gutet -Mahnung gefolgt, h at Wiebet gebetet unb
gebeichtet unb hot fein £eben8f<hi<ffal nicht ootjeüig,
unteif unb mutwillig in bie eigene £anb genommen.
3u bet ©efamtentwidlung eines 3Jtenfchenf<hidfal3 hoben
bann aBerbingS gar manche befonbete llmjldnbe mitge=
wirft; aber bie ©ntfcheibung liegt bo<h im eigenen BBiflen
unb für jebe Verfügung gilt ba8 SEBort: „Sie Sufi foB
unter bir fein unb bu fottfl über fie hetrfchen" (I SDtof.
4,7). ©o wenig wie in bet Rheologie ben Vegriff bet
Silnbe, fo wenig bfirfen Wir in bet ©thil ben begriff
beS Verbrechens abf<htoä<hen.
©3 macht jwar bet mobernen Sßiffenfchaft oom
3Dlenf<hen aBe ©hte, bie oerf^iebenen SKomente ju et*
forfdjen unb oergleichenb barjufleBen, Welche auf ba3
fittliche Shun bet 9Jteuf<hheit ©influ§ gewinnen, unb e3
lann un3 nur lieb fein, wenn baburch bie Verantwort*
lichfeü bet menfchlichen ©efeBfchaft für jebeS einzelne
ihrer ©liebet in ba3 rechte Sicht gefieflt, wenn namentlich
bie Vebeutung bet ©rjiehung in Familie unb Schule
unb einet guten ©efefcgebung jum Schuhe bet „Sirmen
im ©eifie", nicht blofjj bet fojial „©nterbten", immer
mehr erfannt wirb. Sagegen f<hon bie fj-rage, ob ©inet
oon un3 Oiefleicht unter einet weniger guten ©tjiehung,
in einet anbeten Umgebung, unter bem Stüde oon Slot*
ftänben auch jum Verbrechet geworben wäre; ober um*
gelehrt ob ein tief gefaBener Verbrechet toohl oor bem
ffaBe bewahrt worben wäre, wenn et unter anbern Vet=
h&ttniffen, unter glüdlicheten Sternen feine SebenSbahn
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Über @efängni«feelforge.
428
hätte eröffnen unb weitet führen lönnen — eS ift eine
mfifftge, rein unlösbare gtage. Die materialiflifdhe
©etrad&tung ber ethifdhen Vorgänge, wornadh bie Ginget«
tbat nur baS SRaturprobult ber gefeUfd&aftlid&en 3u(tänbe
wäre, unter benen ber SRenfdh lebt, ift ni$t weniger
im SBiberfprucb mit bet Geologie als ber täglichen
Grfahtung. Denn unter bemfelben Fimmel unb auf
bemfelben gefettfchaftlidhen ©oben reifen bot unfern Slugen
gang üerfcbiebenartige fruchte, unb gwar nicht blofj nach
bem 3Rajje ber jeweiligen perföntichen Anlage, fonbern
nach bet freien SBahl beS SSiüenS. fflenn ihr eS auch
wolltet, ibr »ermöchtet eS nicht einmal bem Dieb ein«
gureben, ba| er lein Dieb fei. @8 wäre aUerbingS be«
quem unb barum würbe man ftd& biefleid>t gerne baran
gewöhnen, bie Sd&ulb ber eigenen Diäten Stnberen auf«
gubürben; bann wäre am Gnbe ber ©lüdtidje, ber in
ernftem ftttlidjen gingen eS gu ftttlid&er Düdhtigfeit unb
gu einer ehrenwerten gefeilfchaftltchen Stellung gebraut,
baffir gu beftrafen, baf} er bem Sfabeten ben ©orfprung
abgewonnen. 2Benn Sürrnut Diebe macht, bann ift etwa
ber 9tei<he fd&ulb. 28enn aber ber Steicbe gum ©er«
bted&et wirb, ift bann auch ber 2trme fcpulb? @8 Wirb
Giner bur<h ©ot unb ©erlaffenheit gum Serbredher;
aber taufenb Stnbere werben eS nicht; wer trägt bie
Sdhulb? Sticht bie h*tfömmtidhe Sehre oon Sdhulb unb
©etbre<hen, fonbem öielmeht bie Ginrebe, bafi ber ©er«
bredher nur baS Opfer ber ©erbältniffe, einer unridhtigen
Grgiehung ober fogialen Stellung fei, beruht auf einem
lünftlidh gemadhten ©orurteit. Slber aUerbingS würbe
biefeS ©orurteil, wonadh bet Sträfling nidht eigene, fonbem
frembe S<hulb büfjte unb fidh als ben non ben 2Jtitmenf<hen
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424
Sinfenmaun,
Verratenen, üon geiitben Verfolgten, Dom Staat ÜJtifj*
hanbelten betrachtete, beti ber ©träfe unb ben
©ebanlen ber göttlichen ßeimfudjung hinfällig machen.
9Bir mfiffen un« ernftlicb Dermalen gegen bie Theorie
»on ben „unfchulbigen" Verbrechern, »eiche nur burch
Unbill ber ÜJtitmenfchen ober be« ©chicffal« }U falfchen
Schritten geführt toorben ftnb unb »eiche jefct gerabe
burch ben 21 tm ber 3uftij, burch übel gewählte Vejtrafung
unb burch Verfehlte ©efängniSeinrichtungen ju fchlimmen
Vtenfchen »erben. Von biefet Theorie au« ift e« aller*
bing« leicht, au« ber geringen 3 a hl ber in ben ©traf*
anftalten ©ebefferten auf grrtümer in ben ©traffhflemen
unb ber ©efangenenbehanblung §u fchliefjen. ÜRit gleichem
Blechte fönnte man au« bem niebern ©tanbe geifHicher
unb fittlicher Vilbung mancher Ehriftengemeinben auf
gehler im fReligion«= unb lßaftoration«fhftem fchliefjen!
9Jtan »irb nicht in einem lurjen unbewachten Eugen*
bticf au« einem fCugenbhaften ein f<h»erer ©ünber; fo
»irb man nicht ohne Vorfiufen eine« geifUg ftttlichen
Sßrojeffe« §um Verbrecher;
„ es erjeugt nicht gleich
„Ein £au« ben Halbgott noch ba« Ungeheuer."
S5er plö|li<he Euöbruch einer Seibenfchaft jeigt nur, bah
ein innere« geuer fchon länger geglüht hat unb genährt
»urbe; man h?0t i» inneren ©ebanlen unb ©elüfle,
hat feine geheimen Vefriebigungen baran; man fteüt
auf ben Eltar be« ^erjen« feine #au«gö|en, »ährenb
man Dor ben Eugen ber 2ßelt bem wahren ©otte jn
bienen fd^eint; man oetmag leine Biegung ber oerlefcten
Eitelleit ober Eiferfu$t, leine Enwanblung ber Unju*
friebenheit )u unterbrücfen. Unb felbfl bann lommt e«
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Über ®efdngni«feelforge. 425
guetfl noc^ nidgt gum S3erbte<gen, toenn auch oieUeiegt
gu ©pgeffen be« Temperament«; e« mug gutior lange
an ber Störung bet befferen Statur im SJtenfagen
gearbeitet toorben fein, ebe er gum SBerbred&er reif wirb.
SJtan lennt bie getoegnlugen llrfatgen ber 83erbre<gen:
SrbeitSftgeu, ©euugfucgt, 2Birt«gau«leben, Trunffutgt,
83erlegr mit Keberlugen Timen, bobenlofen Seitgtfinn l ).
2Bit fönnen gingufügen, bag guroeiten au« einer Steife
von geringeren Übertretungen unb Unbotmägigleiten eine
Tifpofttion gu größerer ©efeglojtgfeit entfielt; ba« finb
bann bie gälte, too ßiner au« „Slot" jtd) am fremben
@ut oergreift; al« Siegel barf JebenfaH« gelten, bag bie
teligiö« ftttlicgen ©runbföge im SJlenföen fdjon tief er»
figfittert finb, ebe e« gum SBetbreigen fommt. SBie
lange bie Setoegung auf ber abfdgtifftgen Sagn brauet,
ebe ber ©turg in ben Slbgrunb erfolgt, entgiebt fitg bem
fietbli<ben Äuge.
SBir geben gu, bag an bem ftttlicben 3erfiötung8»
ptogeg äugere Umflänbe ber SDtigergiegung ober aulg
ber fogialenStot mitarbeiten. Slber e« arbeiten ja au<b
an jenem SWenfcgengergen gute SJtädgte, Segren, Seifpiele,
©naben; neben ben böfen ©ngeln flegen bie guten; neben
ben nachteiligen fogialen ©iutoirfungen gegen bie fegen«»
1) »ei 3 a t o b i ©. 59 f. 0nnt. — Sag unter biefen Ur<
fachen nitgt au<g, nie wir e$ fonfi finben, bie Unwiffengeit in
ber Religion genannt ift, tönnte auffaUen. 0Uein biefe Unwiffen»
geit ober geijlig>teligidfe BerBbung pflegt nitgt fo fegt Urfatge bei
BerBrecgen« all »ielmegt bie felbftgewollte golge jener inneren
Berwilberung ju fein, bie gum Berbreigen fflgrt. So fegt ber»
natgläffigt in ftirige unb ©tgule ift — wenigften* in unfern Ser»
gältniffen — feiner, bag er nicgt ba« Äefeg ©otteJ wiffen tBnnte,
Wenn er wollte.
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426
Sinfenmann,
teilen ©inrichtungen in Äit#e, Schule, öffentlicher Sitte,
fobann bie ©tnflüffe treuer Siebe, Sorge unb ©rbarmung,
bie ben 3Jlenf<hen burch ba« Seben begleiten toie bie
Sonne, welche oom ©ewölfe wohl Oerbuntelt aber nicht
au«gelöf<ht wirb.
Slfo belieben wir barauf: ba« Verbrechen fefct Schutt)
unb innere 3^äii u »9/ SWifjbrauch unb 3Jti{ja<htung bet
göttlichen ©nabe, fefct eine getrübte Vergangenheit oorau«.
Da« ftnb alfo nicht bie ^erjen oon 2Ba<b«, bie burch
$eimfu<hung erweicht werben. Da« ijl für ben Seel«
forget lein junge« äcterlanb, fein Veubruth; e« iji oiel»
mehr ein oon Seibenfchaften, ©rbitterungen, SJtifjhnnblungen
unb Äataftrophen ^erbfter Irt jerflampfte« ÄriegSfelb.
Da« Verbrechen ift nicht eine blofje SBuube ber Seele,
fonbern ein Vranbmal, ba« fo leicht nidht oermächfl ober
oerwijcht wirb. 3Jtan hat Opfer gebracht an @ut unb
Vtut, um ba« Verbrechen au«juüben; leichter ertauft jt<b
juweilen bie Dugenb al« ber greoel; aber aQe« biefe«
giebt bem ©eilte 3iel unb Dichtung, bewegt auch in fiiQen
Stunben bie ©ebanfen, erfüllt unb entjünbet bie Vb<u»-
tafte. ©ottlofigleit unb ©efefcloftgteü ftnb bie Signatur
be« Verbrechen«: ba« ifi ba« SCrbeit«felb für ben ©efäng*
ni«geifilichen! @« giebt ©emüter, welche burch empfangene
SBohlthaten nur immer unbanfbarer unb anfprucb«ooHer
werben. So werben manche Seelen burch fortgefefete
©tweife göttlicher #eimfu<hung unb feelforgerlicher Siebe
nur egoifUfcher.
2. $ieju fommen nunbieUmflänbe, welche unmittel«
bat ungünftig für ben ftttlichen 3uflanb ber ©efangenen
wirten tönnen. 3Jtenf<henhanb ift ungefchicft, fte faßt
rauh ober am Unrechten Orte an, Wühlt in ben SBunben.
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427
Ü&tr Gkfängntffeetforge.
Ser ein rauhe« $anbtoerf treibt, fe^rt auch leitet bie
raub« Seite feiner Statur betau«, unb biejenigen, toeld^e
mit ©ntbedung, Verurteilung unb Seßrufuug )u tbun
haben, erfd^einen oft mehr tote Organe ber Stäche unb
Sieberoergeltung al« ber ©erechttgleit. Sie SBerfjeuge
ber Ste<ht«pßege felbfi fungieren unooQfommen. Ser
Schulbige gewinnt Hoffnung auf Straffreiheit; von wenigen
äußeren Umßänben iß ber Schulbbewei« bebingt; durch
Siebe unb ©egenrebe unb Vboolatenlunß wirb ber Vegriff
von 6<hulb »erwiftht unb oerbunlelt; bie »ieHeicht unser-
nt eidlichen gärten im ganzen Vorgehen oon ber erfien Ver=
folgung an rufen bie innerfie Statur be« Verfolgten jum
Siberßanbe auf, unb Verkeilung, Süge, falfche 3lnf<hulbi-
gung anderer, heuchelet wirb fafi )um alte ber Stotwehr.
Sobann bie ©efangenßhaft al« Strafübel. SBenn
auch mit Äetler unb Äetlermeißet nicht mehr gan) jene
fcbauerooüen VorßeHungen oerbunben ftnb wie in Oer alten
Vielt unb noch tief i» bie neuere Seit herein, fo bleibt
ber Schließer für ben ©efangenen ein harter SJtann unb
ba« ©efängni« ein Staunt, bejfen VnbUcI ba« ^erj er*
fchredt; man wollte ja ein m&lum passionis fchaffen;
greunbltchleit unb SJttlbe paßt hreju nicht, e« foü ber
©mß be« Strafaufenthalte« nicht abgef<hwä<ht werben.
aber wa« fchlimmer iß: hat ber Verbrecher einen
Schritt gethan über bie ©renje ber ehrenhaften bürger*
liehen ©pißen), fo wirb et jefet im Staaten ber ©erechtig*
feit gan) hinübergejogen unb bet Seg hinter ihm »er?
fperrt, bie Shüren geföloflen, e« gibt leine Stücflehr
mehr in ben alten Stanb! Selbß bie fpätere Vefretung
ober Vegnabigung führt ihn nicht mehr bet alten $eimat
im moralißhen Sinne be« Sorte« )u. Saran lann 9teue
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428
Sinfcnmann,
unbVufjeWähtenb berStrafjelt nicht« ober wenige« änbern.
SBohl mögen juweilen äufjete 3«i<h e « einer erheuchelten
Vufje, Sinnegänberung unb Verbemütigung gewiffe Vor«
teile unb VegünfHgungen eintragen unb Sugftdht auf
letztere Vefchäftigung ober audh auf toorläufige ©ntlaffung
ober Vegnabigung gewähren; benjenigen aber, bie ju
folget Unterwürfigleit jt<h nicht »erflehen mögen, fdhnürt
eö nur um fo mehr bag $erj §u.
(Sine (Srfdjwerung be« Vefferunggwerle« liegt ferner
in bem 3 u f am »n«nfein mit ben Schtdfalggenoffen. 3)a
ifl nun auch nicht oiel anbet« ju machen ; in gute ©efcU*
fdhaft lann man bie Sträflinge nicht bringen, fte haben ftdh
felbft non ihr auögefchloffen, man lann fte nidht in Familien
einführen, nodh ihnen bie Slnnehmlidhleiten unb Segnungen
be§ hänötidhen unb gamilienleben« gejlatten, nodh ihnen
Anteil geben an gefeüiger ftreube, Volfgfeften u. bgl.
Sie foDen gerabe burdh ihren Slugfdhlufi empfinben lernen.
Wie fehr fte gegen bie 9Jtitmenf<hen unb bie ©efeüfdhaft
gefretoelt, gerabe wie auch bie Äirdhe fdhwere Sünber au««
fdhliefjt unb fte im moralifdhen Sinne heimatglo« madhf.
9Jlan lann audh für ben befangenen nidht eine befonbere
befeüfdhaft fdhaffen, in weldher er für Seele unb (Seift
Nahrung unb ©rquidung fänbe: er barf unb foQ nidht
einmal mit ben Vorftänben ober bem SMenftperfonal in
»ertrauteren perfönlidhen Verlehr treten. 6« bleibt alfo
nidhtö übrig alg ber Verlehr mit ben Sdhidfalggenoffen,
ober bie »oüftänbige Vereinfamung.
3>ie Sdhidfalggenoffen aber— lönnen in einanber ge«
genfeitig nur eben Verworfene erbliden, unb gleichwie in
einem Spital Seber feinen 3‘ntmergenoffen für Mnlet
hält alg fiep felbft, fo hält man audh teidpt bie 3Ritge<
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Über (Stefänflniefeeljorge. 429
fangenen für fernerer fc^ulbig alg ß<b felbß. SBeWbeg
(Erlernten alfo, wenn e3 etwa ein früherer ©elannter iß!
Unb wenn eg Unbefannte ßnb, Welket ©«bauet, welche
glimmen Sühnungen Don bem Gbarafter be8 ©enoffen!
3m ganzen aber, Wel^e ßuft DoH moralißber Unteinbeit!
Such bie Hoffnung auf menfcblicbe änfpracbe ijt leine
erfreuliche, bie greube am 3lu8tauf<b non ©ebanfen, @r=
lebniffe unb (Erfahrungen ift eine geringe; ein gegenfeitigeg
©ertrauen lann ni<bt befteben, wo man Sffiabtbeit Dietteicbt
nur bann erfährt. Wenn bet SJtitteilenbe febamlog genug
geworben iß, um feine 6<banbtbaten ju erjäblen.
SBenn einmal bag Schweigen gebroden wirb, fo
ftnb bie erften 2lugbrü<be bie beg ^affeg gegen flläget
unb Stifter, ©efängttig unb Äetfermeißet, gegen Staat
unb menfcblicbe Orbnung. 2>er nä<bße Slugbrucb gilt
in Dielen füllen bet Stetigion, ihren ©eboten unb ihren
Wienern. Slug ©era^tung bet Stetigion unb bet fttt=
lieben ©ebote iß man jum ©erbte<ber geworben; jeßt
iß am (Enbe Steligion unb flitze fdjutb an ber ©träfe,
man rächt ßcb, wenigßeng in ©ebanten, an bet Steligion
für bie Übel, bie man aug SJtauget an Steligion ß<b
jugejogen b<>t. SBeiterbin b at jeher ©efangene Dom
erlittenen Unrecht ju erjäblen; jeben SCag werben SBunben
neu aufgeriffen, aber nicht öl unb ©alfam aufgelegt,
fonbern ©feffer unb ©alj bineingeßreut. 3)a8 93ebürf-
nig ßcb anjufcbließen unb ß<b auSjußprecben wirft fo
ßatl, baß fetbß bi8ber Dornebmere Statuten liebet no«b
ben ©dßimmßen jum ©efpielen hoben alg gar feinen;
bamit fommen aber auch ße ßttlicb rafcb herunter.
Schwerlich macht man bie Erfahrung, baß ein ©efatigener
an feinem ©enoffen ernße ©efebrunggoerfuebe macht.
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430
Sinftnntann,
3Bo$l aber bient bie Sdjttberung beS Söfen in ben
toerf^iebenen formen beS Verbrechens, baS Setweilen
bet ©ebanlen bei ben Silbern beS Verbotenen gut all»
mählichen ©ewöbnung anbaS SBöfe; eS entfielt eine mo*
ralifche ©emeinfchaft ber ©enoffen, bie oft genug mit
geheimen Verabrebungen unb finfteren Sßlänen enbet.
Saften ft<h bie Strafgefangenen nic^t in „gute @e*
fettfcbaft" bringen — benn auch ein noch fo liebeooller
unb liberaler Verlebt mit ben SfoftaltSoorflänben, ©eiffc
lieben 2 c. lann nicht gum gefeüfchaftlichen Umgang Wer*
ben, — fo bleibt nur bie Vereinfamung übrig, bie Wir
aber gunächft bo<h nur als baS geringere Übel, nicht
al« einen begehrenswerten ober unmittelbar fittlich
fötberlidben guftanb begegnen lönnen. 9htt für fittlich
ftarle ©eelen bat bie ©infamleit leine ©efabten; eS beifjt
ben ©efangenen alfo ein befonbereS unb nur in feltenen
gälten berechtigtes gutrauen fthenien, wenn man fie
trofc ber Urfa^en ihrer ©traffäHigleit für ftarl genug
erllärt, bie ©infamleit gut ftttUchen Umwanblung unb
SRüdlebr gu benähen.
Stau bat non ben ©efahren ber Singet ober gellen«
haft für bie ©efunbheit ber ©efangenen gesprochen
unb befürchtet oon benfelben namentlich ©eifieSfiörung
in golge oon Slelancholie, unb Hemmung ber gewohnten
StuSlel» unb Seroenthätigleit. 3tun fagt unS gwat ein
Äenner auf biefem ©ebiete, bah, wenn ©efangene in
©ingelbaft tieffinnig unb geifleSlranl geworben, biefeS
Siefultat weniger auf baS SBefen ber ©ingelhaft als
auf fatfehe Snwenbung berfelben gurüdgufübten fei 1 ).
1) ® flljme, ©runbjügc btt OefängniStoiffenfdjaft,SBtibtn 1879.
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431
Ü6tt @efdnflnt«fetlforge.
So wirb eS ft<$ nun wotyl au<$ mit ben ©efafcren beS
geBenfpftemS für bie fütli$e SSerfaffnng bet (befangenen
»erhalten; bie ©efafyren liegen in ben Umfiftnben, abet
biefe ttmftänbe ftnb eben fafi immer ba. SBenn fc^on
ju befürd&ten ifi, baff ein ©efunber unter bem fjwang
einer unfreiwiBigen, mit entfestigen Umflfinben toer*
tuüpften ©eteinfamung tränt werbe, wie foB man ffir
ben Äranlen barin ©enefung hoffen? SB« WoBen nun
aBetbingS ben ©rfafirungen, bie er|i noch )u ntadben
ftnb, ni$t »orgreifen, unb fönnen au$ bie folgen ber
SSereinfamung, bie ft$ als geifUge ©erbumpfung unb
©erjweifiung, »ieBeid&t audf» als frantyafte ©ntjünbung
ber ^ß^antafte unb ©eijbarfeit tierif<$er Triebe batfleBen,
ni$t weiter fd)Uöent. dagegen bleibt uns ber 6afc
fielen, bafj eS großer religiös ftttlidbet ©egenwirtung
bebatf, bamit ben ©efangenen bie Strafanfialt fi$ ni$t
me^r jur ©etfd&limmerung als jur ©efferung geflalte.
3ule|t lommt aBerbhtgS nod& ein ffaftor im mobernen
Strafwefen jur ©rwfigung, oon meld&em man in eminenter
SBeife eine fittlidbe ©egenwirtung gegen bie f<$limmen
SBirfungen ber ©efängniS^aft erwartet, baS ifi bie ©e*
fd&fiftigung ber ©efangenen mit nit|lid&er unb lo&nenber
Slrbeit. Stber trog aBer Stnerlennung beS ftortf<brttt8
im ©efängniswefen, Weidner in ber ©efd^fiftigung ber
©efangenen mit nflSlidber Slrbeit gelegen ifi, nnb tro$
aBer SBertfd&ä&ung, in ber bei uns nadb d^rifilieren @runb=
fäfcen bie Slrbeit ftetyt, tönnen wir in SBefen unb ÜJtetfcobe
ber ©efängniSarbeit, wie bie SHnge fest nodjj ftnb, no$
lange nid^t eine für ficb befriebigenbe fiöfung beS $ßrob=
lemS beS StrafooBjugS erblidten. SBir laffen babei bie
fdfion oft angefodf>tene Äonfurrenj ber ©effingniSarbeit
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432
Sinfenmann,
mit bem bürgerlichen $anbroerE bei Seite liegen, »eil
mir eS nur mit ber moratifdjjen SSebeutung ber Arbeit
ju tyun haben. Silber mir Eönnen üorerjt ben Segen ber
©efängniSarbeit nodb nicht fo hod? anfchlagen, fo menig
als ben ber SElaoenarbeü. ®8 giebt menfchliche Arbeit,
meldbe oerebelt, ergebt, befriebigt; aber es giebt auch
eine folche, melche ^erabbrüdt, flumpf macht unb unbe*
friebigt lägt. SEBo nicht ein pfp<hif<heS gntereffe {i<h an
bie Slrbeit Enüpft, greube am ©egenflanb unb Stoff,
greube an bet Äunftfertigleit ober gteube am ®rfolg
im nieberen ober im fcityeten Sinne, mo bet Arbeiter
tielmehr bie ©mpfinbung fiat, bag er nur jum Vorteil
Slnbeter angeftrengt, auSgenttfct, auSgebeutet unb bann
mieber meggemorfen merbe, mo fein SEBerl menig unb feine
Sßerfon gar nidftS gilt, ba ift bie Slrbeit nicht bie fru<ht*
bare SWutter eblet Sßdhter, nämlich ber gufriebenheit,
^äuSlichEeit, grteube am Seben unb guoerficht für bie Eom=
menben Sage, 3RenfchenfreunblidhEeit unb #ilfSbereitheit.
So menig in ber Schule bie Strafarbeiten geeignet ftnb,
bie Sujt beS Schülers an einer juoor öermünfdhten Sr*
beit ju medfen unb ju förbern, fo menig rnirb aufge*
nötigte ©efängniSarbeit' bemfenigen für bie guEunft
greube an ber Slrbeit einflögen, ber juoor aus ben
Sahnen eines georbneten bürgerlichen SebenS unb ehr*
licken 6rmerbS htaauSgemorfen morben ift
Sticht als ob mir ben SEBert ber ©efängniSarbeit
bamit h^abfefcen moQten! SBir geben fogar gerne ju,
ba| unter gemiffen SSorauSfefcungen bie Slrbeit oon ben
Sträflingen als SEBohlthat unb SßergfinfHgung, bagegen
bie SSetmeigetung berfelben als Strafe empfunben mirb,
bag oon mannen ©efangenen ber arbeitsfreie Sonntag
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Über ©efängnisfeelforge. 433
fibwerer ald bet SBerftag ertragen toirb unb bafj bie
©injelbaft überhaupt nur bur<b Arbeit ju einer men*
f<benmögli<ben ©trafart erhoben wirb. Slber wir wieber*
bolen, bafj in ber Arbeit an fi<b noch ni$t bie aud*
reicbenbe ftttlicbe ©egenwirlung gegen bie fortumpierenben
©inflüffe ber ©trafanftalten gegeben ifl. —
©o alfo ift im allgemeinen ber Soben begaffen,
auf welkem bie ©efängnidfeelforge fi<b Wirlfam etweifen
foD nach bem biblifc&en SBorte, baff ni<bt bie ©efunben,
fonbern bie Äranfen bed Strjted bebürfen, fo wie bie treue
$irtenforge ben SSerirrten audb in bie Sßüfte nadhgebt.
3Jlan muf} ber SEBa^r^eit mutig ind Hngefidht flauen,
auch wo fie mit liebgeworbenen SEagedmeinungen unb
lanbläufigen SSorflellungen im SEBiberftreit ftebt.
2Bir bejei^nen unfern ©tanbpunlt in Unterer 23e=
giebung no<b einmal in folgenben ©ä|en:
SJlan mufe aufbören, Partei ju ergreifen für bie
33erbte$er gegen bie menfcblicbe ^Rechtspflege unb flaats
liebe ©trafgewalt! 6d barf uw? nicht beirren, baff
menfebticbe 3li<bterfprücbe ja auch fehl greifen unb bafj
menfdblidbe ©inridbtungen ber SSerbefferung bebürftig bleiben.
SQBer bie Urteildfprücbe 2lnberet fabelt, bat bamit noch
ni<bt ben SBeweid geliefert, baft er felbft ein tabeHofer
Stifter fein würbe, unb wer an unfern ©trafanfialten
•äJiängel finbet, wäre barum nodj lange nicht im fianbe,
bejfere ©inriebtungen ju treffen. S)ie SBermutung mufi
einmal für allemal bafür (leben, bafj ber befirafte SSer=
breeber leibet, wad er nadb göttlichem unb menfdblicb^m
SÜedbte toerbient. fflürbe man alle Urteile unb Statfdhtäge
bed lanbläufigen no<b fo menfcbenfteuitbUdhen ®ilettan=
tidmud Wie iu ein b c iKfl*8 8u<b jufammenfaffen, ed
ztwl. 0 »«tal|$rift. 1890. $<ft III. 28
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434
üinfenraann,
ergäbe ficb barauö noch lange {ein brauchbares ©efe|=
buch, welches bie SBei^beit unb Gtfabrung ber %aä)--
männer unb bie beftebenben 9le<ht$bü<her erfe|en fönnte.
GS bat bisher {eine ©trafform gegeben, reelle an allen
Veftraften ben b öt bft en fittliChen 3weCf ber VejTerung
erreicht hätte; wenn unfre ©trafanfialten ibn auch no<b
nicht erteilten, fo finb fte bafür nicht allein verantwortlich
)u machen.
3Jlan muß aufbören, bie Partei ber Verbrecher
}u ergreifen gegenüber ben rechtmäßigen SlnfprüChen ber
bürgerlichen ©efellfchaft! SJiitleib barf nicht jur Tinge*
recbtig{eit, unb Humanität nicht jut Verwirrung ber
SReChtSbegriffe führen. ÜJtan barf niCht frevelhaften Gin*
griff in frembeS Gigentum entfChulbigen, iubem man
ben ehrlichen Grwerb beS fleißigen unb georbneten VürgerS
berabfefct unb in siebt; nicht bie Vriganten
freifptechen unb bie Vefifcenben ber öffentlichen SJieinung
als VebrüCfer benunjieren. 2Ran barf niCht gefebliche
GinriCßtungen beS ©taateS unb ber ©efeÜfChaft bireft bafür
verantwortlich machen, baß butcb fte bie Übeltäter jum
Verbrechen verführt worben feien, ©ie ©efefce mögen
für Gin}elne brüCEenb werben unb fleDenWeife SRoiflänbe
fCbaffen, bie nach Abhilfe rufen; aber baS Verbrechen
Wirb bamit nicht entfChulbigt. GS wirb auch {ein -Utenfcb
burCh bie Rebler unb ©ünben feiner SDiitmenfChen jum
Verbrecher, ohne baß er felbfi frei wählt jwifchen bem
©uten unb bemVöfen, unb bie fcblimmen Veifpiele ben
guten votjiebt.
Gnblicß muß man aufbören bie Partei ber Verbrecher
ju ergreifen gegenüber ben Sehren unb ©afcungen unferet
Religion, ©ie ©ünbe ift ber SDlenfCßen Verberben. GS
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Über ÄtfängniSfeelfotg«. 435
beifit aber bie Xugenb berabjufefcen, wenn man für jebe
Unbotmäfjigleit, feben 2lu$bru<h ber £eibenf<baft eine
©ntfcbutbigung bat, unb bie Opfer, bie man für Straf:
lojigfeit ober Befreiung ber Scbulbigen bringt, finb oiel*
fadj ber befcbeibenen <S^rIid^Seit unb 5Eü<htigfeit entjogen.
64 giebt eine Sünbe, welche ©ott felbft mit ber ewigen
SSetbammnia befiraft; e$ ift un4 bemna$ nicht ertaubt,
ben tbeologifchen @rnft in ber Sebre non 6ünbe unb 95er*
btedben abjufdbwä^en. Unb ber Seelforger im ©efängnis
mufs fi<b barauf bereit batten, bafj er Verbrecher »or fi<b
bat, Seute ohne Religion, ohne ben SBiHen fitttid&er Sin*
ftrengung, ohne ©bre unb ohne Scham.
2>afj aber bie noHe Strenge, womit wir bie ©runb-
fä|e unb bie allgemeine Sieget fejlbatten, un« nicht bin*
bert, im einzelnen gälte auch bie Stuänabmen gelten §u
taffen unb ber mitberen ^Beurteilung Staum ju geben,
baf? wir ferner auch im f$wer ©efaüenen noch ba«
©benbitb ©otteä erfeunen unb trojj alter traurigen 6r=
fabrungen nicht ohne Hoffnung finb, eä werbe auch in
ber fdbtimmen Suft ber Strafanjlatten manche ©arbe
für ba$ Steich ©otteS reifen, baoon Wirb ber folgenbe
SrtUel 3eugni3 geben, in welchem Wir non ben atlge*
meinen ©efübtapuntten )u ben befonberen Siegeln für
©efängniSfeelforge unb ju ber ®arfiellung befonberer
Kategorien »on Strafgefangenen übergeben.
28*
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3 .
Sie alte unb neue SEBeltanfdjauung.
Sott $rof. Dr. €djjan).
6 « ftttb jefet 14l3abte »etfloffen, feitbem i$ in einer afa-
bemifdjen SCntrittSrcbe meine 2lnfi<bten über ba« S3er^ält=
nid ber d^rifttic^en 2 Seltanf<bauung ju ben mobernen
9taturt»iffenfdbaften bargelegt habe *). Unterbeffen £»abe
i<$ häufig bie ©elegenbeit benflfet, bie bamal« entroor»
fene ©fijje toeiter audjufübren, bie bort au«gefpro<benen
©tunbfäfce ju »erliefen unb beffer ju begrünben, ge»
f<bi<btlicb unb tyftematifcb ein möglich ft genaue« Silb
»ott ber ©ntmicflung unb bet Aufgabe berjenigen SBiffen»
föaft, welche ftd) »orjugdtoeife mit bem mistigen ©egen»
flanbe 311 befd&äftigen bat, 3 U jeic^iten. ©inen ©runb 3 U
einet tüefentlid&en Äorreftur habe i$ bi« jefct nid^t ge»
funben. SBenn i<$ benno<$ ba« alte Sterna hier lieber
aufnebme, fo gefegt e«, um einerfeit« in einzelnen
<barafteriftif<ben@rf<beinungen bet neueflen 3 «it ben gegen»
tüärtigen ©tanb betrage bat 3 ufteHen, unb attbererfeit«
1) Ouartal|d}rift 1876 6. 392 ff. u. feparat bei £aupp,
Tübingen.
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@$anj, $ie alte unb neue $Bettanf$auung. 437
ben RetS mehr Reh jufpifcenben ©egenfafc bet lämpfenben
Parteien unb ihre JtampfeSmethobe lenntlich ju matten.
33ielfa<h fann mau beobachten, bafj R<h bie Streiter
nicht mehr oerfteben unb mit mehr ober weniger Unrecht
auf ber ©egenfeite böfen SBiQen oorauSfefcen. ®ieAn=
hänget ber alten, trabitioneQen SBeltanRhauung glauben
nicht feiten, weil Re felbfi non ber ÜBahrheit ihres Stanb*
punlteS fefi überzeugt finb unb im ©lauben ein Sicht
befifcen, welches feine Strahlen auch über bie ßrlenntniS
natürlicher SBahrheiten auSgiefjt, fo feien aQe gweifel
auSgefdhloffen, aQe Stätfel gelöst, aQe ©eheimniffe ge=
offenbart. 2Ber ihre Söfungen auch über fragen ber
natürlichen ©rlenntnis nicht annimmt, ber wiberfirebt
ber SBahrheit, wer einen steifet ‘ n bie Stichligleit ber
SRethobe unb in bie Sicherheit ber ©rgebniffe fefct, ber
ift ein philofophifchet Sleptifer, ein fteinb bet chrifilichen
SBiffenfchaft. ®ie Vertreter ber neuen 2Bettanfd)auung
finb aber nicht Weniger anfpruchStooQ unb wie aQe teuerer
heftig im Angriff unb unbulbfam in ber SSerteibigung.
SBeit Re ber Vernunft als bet aügemeinen SJtitgift bet
menfchti$en Statur aQein folgen WoQen, Weil fte bie ©r=
folge bet epalten gotfchung in 5Ch?eotie unb ißrapis
gleichfam oot Augen bemonfirieren lönnen, fo glauben
Re bie Statur unb ©efchichte ganj begriffen ju haben.
®e3 Sinnes für baS höhere, Übernatürliche, Steligiöfe
bar, Rnben Re für etwas aujjet ber Statur S8eftnbli<heS,
für baS ©eiflige leinen Staum mehr. Qnbem Re jeben,
ber Rdh biefem realiRifchen guge ber ©egenwart nicht
anfdjlie&t, beS ^gnorantiSmuS ober beS Aberglaubens
befchulbigen, Rhliefjen Re felbfi bie Augen not ben jahl»
lofen Schwierigleiten, mit welchen ihre ÜBettanRhauung
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438
©$onj.
ju lämpfen b“t, ober lernen mit bem ignoramas et
ignorabimus jebe »eitere Unterfucbung ab.
2Bie »eit bereits bie ledere SäBeltanßbauung in
allen ©<bi<bien ber ©efeflßbaftum ß<b gegriffen bat, bieS
jeigt bie »iffenßbafilicbe ßitteratur auf allen ©ebteten,
bieS jeigt aber noch heutiger bie periobißbe Unterbot
tungSlitteratur bis b era & }u ben XageSbtättern. 34
»iß nur j»ei ©Stiften aus ber großen ÜJlenge ber aß»
gemeinen, mehr populären ßitteratur jur 33efpte<bung
berauSgreifett, »eil biefelben in engen Stabmen ein über*
ficbtlidbeS SBilb oon ben Slnßbauungen geben, »elcbe
beutjutage weite Äretfe ber ©ebilbeten, felbß folget,
bie gläubig fein »oOen, unb mit einem gewiffen 2Bobl=
»ollen, mitunter fogar mit 33egeißerung von ber alten,
genauer gefagt oon ber <brißli<beu 2Beltanf<bauung fpreeben,
bebertßben. ©iefelbeit ftnb juglei<b febt geeignet, uns
bie SSeränberungen, toel^e bie moberne ©efeßfebaft an
ber alten SBeltanf^auung öorgenommen »iffen »iß,
fennen ju lehren. 3)ie eine giebt unter bem Xitel:
„3m Jfampfe um bie SBeltanfd&auung" bie Sefenntnijfe
eines Ideologen unb b at bereits bie a<bte Auflage
erlebt *). SMe anbere iß betitelt: „3efu8 ©brißuS unb
bie SBiffenßbaft ber ©egenwart" utib bat ben belannten
3Wün<benet lßb‘t°f 0 Pb e n Karriere jum SSerfaffer *).
Unter ber SBeltanßbauung oerßebt man bie Strt
unb Sßeife, nad? Welcher ß<b ber menf<bti<be ©eiß baS
Xafein unb bie Seßimmung ber SBelt mit aßem »aS ße
erfüllt ju erlläten, über feine eigene ^erfunft unb fein
Siel 9te<benf4aft ju geben fudß. 3e beffer es ibm ge=
1 ) Sreiburg, ffloljt ($• ©iebetf) 1889.
2) gwelte Auflage. Setpjtg. 1889.
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Die alte unb neue 9BeItanf$auung. 439
lingt, alles ©injetne bem ©anjen unterjuorbnen unb in
ein wohlgeglieberteS harmonifdheS ©hflem jufammenju*
fügen, beflo ooHenbeter unb befriebigenber tuirb feine
Seltanfchauung fein. Die fragen übet baS Sohet unb
Sohin ftnb bie großen Stätfel, welche bem menf$lt$en
©eifie aufgegeben ftnb. Sie beherrfchcn bie SEBiffenfd^aft
unb beberrfdjen ben ©lauben. Die Slntwort ift ebenfo
©a<he beS natürlichen ©rfennenS als beS teligiöfen ©laubenS.
Äeine Seltanfchauung fann eines biefer beiben -Momente
entbehren, »euu fie nicht oon »ornhetein lügenhaft unb
unjureichenb erfdjeinen will. Ohne bie natürliche ©rfennt*
niS fehlt bem religiöfen ©lauben bie nötige ©runblage,
ohne teligiöfen ©lauben fehlt bet natürlichen ©rfenntniS
bie unentbehrliche ©rgänjung unb Sollenbung, bie welt=
übertoinbenbe Sicherheit unb ©ewifcheit. 9lur beibe 9Jto=
mente im SSerein ftnb im fianbe, bem Senfchen eine
Seltanfchauung }u bieten, bie ihn ganj unb tooH, bie
SSerftanb unb $etj, Denlen, Sollen unb fühlen in gleitet
SEBeif« befriebigt. $e nachbem aber baS eine ober anbere
biefer beiben -Momente in ben SSorbergrunb geflellt
toitb, muh baS 33ilb anbetS gezeichnet, ber ©haralter
anberS befiimmt »erben. SSerfte^en toir unter ber alten
Seltanföauung bie Seltanfchauung bet c^riftUdhen Sijfen=
fdjaft unb beS <hrifili<hen ©laubenS, fo ifi bamit baS
©orwiegen beS teligiöfen Moments angebeutet, Währenb
bie neue Seltanfchauung bie rein natürliche Siffenfchaft,
fpecieU bie ejalte gorfchung mehr ober Weniger aus*
fchtiefilich beoorjugt. Sir Werben uns im folgenben
hauptfädjlich auf baS ©ebiet beS natürlichen ©rfennenS
befchränlen.
Die ©inwürfe, Welche gegen bie alte Seltanfchauung
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440
»egen ihre« SBeltfpflem« gemalt »erben, »ollen
»ir nur im Vorbeigehen erwähnen. ®iefelben hoben
j»ar ben 3fafloß unb bie Vorau«fej}ung für bie Um*
»anblung bet natürlichen ffieltanfchauung gegeben, fie
fmb aber bo<h im Vergleich mit ber prinzipiellen grage
untergeorbneter 3latur. ®er genannte ®h e °t°Ö c berücf*
fuhtigt biefetben auch nicht befonbet«, ber ^ßhttofoph
hätte ftch ben Irfiftigen 2tppeH an ba« ©ewiffen ber
X^eologett erfparen fönnen. ©r forbert biefe auf, nicht
mehr ben ©tauben be« Volle« baran ju forbern, bafe
Sofua einmal in einer Schlacht bie Sonne (UH flehen
geheifeen unb bafe fie feinem ©ebote golge geleitet,
nicht mehr bie« unb anbere« gegen ba« Jtopernilanifche
ffieltfhflem geltenb ju machen unb ba« SRuhen ber ©rbe im
aWittclprrnfte be« Unioerfum« ju behaupten, ja für einen
©laubenSfafc au«gugeben (S. 36). Söo finb benn heut*
jutage bie „Änad’8" ju ftnben, »eiche für biefen »er*
lorenen ^ßoften al« pro aris focisque lämpfen? 2Bir
»üfeten nicht, »eldher Vrebiger noch ba« SRuhen ber
©rbe im SJtittelpunlte be« Uuioerfum« jum ©tauben«*
artilel machen »oHte. ®ie« gefchah »ohl früher, al«
man bie SRichtigfeit be« Äopernilanifchen Spflem« felbfl
»on aflronomifcher Seite ju »enig latente unb betoeifen
lounte. 3Jtan »ar ftch theologifcherfeit« infolge be«
äugenfefeein«, welchem auch bie Schrift unb ®rabüion
folgten unb folgen mufeten, um »etfianben ju »erben,
wie e« heute noch Vrauch ifl, ju »enig llar über ba«
Verhältnis ber übernatürlichen jur natürlichen SBahr*
heit, über bie gorm unb ba« SIBefen, über Vütiel unb
3»ecf ber Dffenbarung«lehre. ®ie alte 3Beltanf<hauung
hat längft bereitroiHig biefe Schale abgeflreift unb Weiß
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®it alte unb ntu< S8fltanfd)ammg.
441
genauer jwifeben bem religiöfen ©etyalt unb 3 to «df unb
bet äußeren gorm ber SJarfleHung ju unterfcbeiben.
@8 ifl nidbt billig, bie alten Äämpfe in bie ©egenwart
ju »erfefcen, benn au<$ bie 9taturwiffenf<baft ift ni<bt
Wie Sltbene au« 3uppiter« $aupt entfprungen.
3fl aber ba« SEBunber 3ofua’8 no<b »et»
träglid>? ©8 bat einzelne Geologen gegeben, Welche
biefe« ÜBunber gemäß ber neuen SBeltanfdbauung burcb
bie SBnnabme erflären wollten, baß bamal« bie ßrbe
ein paar Stunben ftiH gefianben unb baburcb ber 9lugen=
f<bein ber rubenben Sonne b*tt>orgebra<bt worben fei.
3<b weiß ni<bt, ob e« beute no<b fotc^e giebt, aber wenn
e« folcße gäbe, fo hätten fie ben Spott be« ißbtfofopben
jum teil »erbient. „Solch neumobifdb ortboboyer |>alb=
wifferei wirb auch ber Stiller ober Konftrmanb bie
©inftdht entgegenfefcen, baß in biefem gaH alle $inge
unb aJienfdhen oon ber plöfclüb flitt ftebenben 6rbe weit
weggefcbleubert worben feien." Snbe« fönnte ft<b bo<b
biefe neumobifdhe ^albwifferei einer anflänbigen ©efeü=
fdhaft rühmen. ©8 iß fein ©eringerer al« ber große
Slßronom unb gläubige 6b*ift Äepler, weldjer biefe
©rflärung juerft gegeben hat. „®ott aber ernannte leidet
au« ben 9Borten 3ofua’3, wa« et wollte unb gewährte
e«, inbem er ben Sauf ber 6tbe bftnmte, fo baß jenem
bie Sonne ßiH ju flehen festen, SMefer Sd&ein War
aber nidbt leer unb unnüj}, fonbern biug mit bem ge*
Wünfcßten €rfolge jufammen." 3mmerbin wirb man
beffer ben Slnbeutungen Äepler’8 über bie Vejiehung
bet ©rfdheinung ju 3ofua'« 3 ro *d folgen unb fagen,
e« genügte, wenn für bie ftuben auf wunberbare SBeife
eine Verlängerung ber £age«helle bewirft würbe, „fo
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442
©djanj,
baff für ipn bie Sonne einen gaitjen Dag in bet -Mitte
beS Rimmels ju fein fcpieu." Die „ganj einfache 6t=
flärung" unfereS 33etfaffer8, bie ßtjäplung fei aus einem
SSolfSlieb entftanben unb burdp bie bidpterifdpe Sprache
}u erfläten, ifi freilich mit bet Sache fchneüer fertig
unb pat bie heutige flritif beS alten DeftamenteS für
ruh. „3ofua’8 Muf an bie Sonne warb infofern erfüllt
als not Slnbrudp ber Macht unb SJloubaufgang bie Scpladpt
entfchieben toar" entflicht bem Dejte aber nur, wenn
man eine SSerjögerung beS ©inbrudpeS ber Madpt annimmt.
(Sine folche poetifdpe SluSfdpmücfung ber einfachen Spat:
fache wäre felbjl für bie poeiifdpen Semiten )u auffaüenb.
3n feinem {falle wirb aber bie ©rjäpluitg als 3nflanj
gegen baS Äopernifanifdpe Spfiem auSgenüpt werben
bürfen. Sie ifi eben oom allgemeinen Stanbpuufte beS
SlugenfcpeinS aus bargefieHt.
gu ber mobernfien SBeltanfdpauung gepöct auch bie
fiepre oou ber ©ntwiÖlung, ber DeScenbenj, wenn
nicpt gar beS Darwinismus im engeren Sinne. Such
in biefer ftrage nimmt Karriere Stellung, unb jwar
fowopl mit 33ejtepung auf bie ©ntwidftung beS ganjen
UnioerfumS als ber organifdpen SBelt unb beS SDlenfcpen.
„Darauf fomrnt eS bem religiöfen ©emüte gar nidpt
an, unb mit feinem SBorte ^at 3efu8 geforbert, baff
Wir glauben füllen, ©ott pabe §u einet bcflimmten S e »t
einmal Fimmel unb ©rbe in fedps Dagen gefchaffen."
gwar jeidpne bie ffibifdpe ÄoSmogonie tot ben Sdpö»
pfungSfagen anberer SSölfer ftdp burdp SRafe unb öerfiäubige
Älarpeit galt; befonberS auS, „inbeS bie SBiffenfcpaft
ber ©egenwart fept an bie Stelle ber im HJtittelpunlt
rupenben @rbe bas um bie Sonne freifenbe Planeten*
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$ie alte unb neue ©ettanfäamtng.
443
fpftem, wo bie ©tbe ein Stern unter Sternen ifi, unb
rietet ba« ffetnrobr p ben giffternen unb SRebelflecfen.
Sber wirb bie ©otteSibee baburdh beinträd&tigt, wirb
fte nidbt vielmehr um fo ^errti^er. Wenn weit Aber
untere (Srbe hinaus biefelben ©efefce, biefelben firäfte
bie innen Waltenbe ©inbeit unb weltorbnenbe ©eisbeit
bezeugen? ©ott verliert nichts, Wenn er ftatt nor 5—
6000 3* einmal feine 9lu$e ju unterbieten unb Fimmel
unb Srbe ju fcbaffeu, feit ©itlionen non Sauren baS
©erben ber ©rbe burcbwaltet, wenn er nicht je|t bie
ißffanjen, fe^t bie Spiere, je|t ben ©enfdhen bitbet,
fonbern Wenn feit ^abrtaufenben ein auffieigenber ßnt=
WidlungSprojeß bie Organismen als eine jufammen=
bängenbe IReibe aneinanbergefnüpft" (S. 29).
Sludh hier fämpft ber ©etfaffer jum guten Seil
gegen ©inbmfiblcn. Schon bie alten iEbeotogen toaren
fidb bewußt, baß bicrübet bie natiirtidbe ©iffenfdhaft
baS lebte ©ott ju fptedben habe. SluguftinuS b fl t fi<b
fogar §u ber Sehre non ber Simultanfdböpfung befannt
unb ber allmählichen ©ntwidlung beS Organifcben aus
ben in bie ©rbe gelegten ßeimen baS ©ort gerebet.
3>ie Sdbolaflifer hoben ohne ©ebenfen ber Sebre non
ber generatio aequivoca eine weite, aOjuweite 5Beredhtig=
ung eingeräumt unb burdb ihre Unterfcbeibung jwifd&en
©aterie unb gorm eine, freilidb uidbt mobern enolutio=
niftifcbe ©ntwidlung eiugeffibrt. ©ir brauchen alfo gleich¬
falls nor bet ©ntwidtungslebre nicht jurüdjufdhaubetn,
„Wie fo niele furjfichtige Äleingläubige tbun." ©ir
geben fogar bie ganje lange ©ntwidlung beS ÄoSmoS
unbebingt p. ®ie ©ibel bat hierüber gar leine 3eit*
angabe gemacht unb läßt uns OöHig freien Spielraum.
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444
e^onj.
Sir tonnten felbft „mit bem groffcn ©eifte, bei bie
3bee eine« @öthe, Samard, Äant in ben Sittelpuutt
be« 3 e ‘ l ^ ctou fe t f € ‘ nä u **b bet gorfchung gefteüt" hot,
mit Sarrnin un« beruhigen, bafj bei ©köpfet ben Jteim
aEe« Sehen« nur menigen ober einer einigen gorm einge=
bautet höbe unb bafj au« fo einfachem Anfang fich eine Steife
immer fchöneret unb ooHfommeueter Sefen entmidelt
habe unb noch fortentmidelt. So<h tonnen mit f<hon
hier nicht jebe« ©ebenten unterbrfiden. Sie Seltan*
fchauung obiger £erocn läfjt boch auch in anberen mefent=
liehen fünften manche« )u münfchen übrig unb mir möchten
nicht, bafj fie ju einer allgemein herrfchenben mirb. Sie
mag Iritifeh fein, miffenfchaftlidj gefriert ift fie ebenfo menig
al« bie pantheiftifche ftonfequenj in unfcrem gahrhunbert.
Sarrnin aber hat fich bei feiner urfprünglichen ©orau«=
fe|ung be« Schöpfer« für bie erflen gormen leine«meg«
beruhigt, fonbern hot in feinen fpäteren Serien biefelbe
fallen laffen unb in ben neueren« oeröffentlichten ©riefen
an einjelne „kleingläubige" au« ber 3«hl ber Theologen
runbmeg ben ©lauben an ©ott preisgegeben unb fich
$um 9lgnofiici«mu« befannt Sie Sonographie au« ber
gebet feine« Sohne« lägt hierüber nicht ben geringflen
3meifel. Sie Sheorie ift alfo hoch nicht fo unfchutbig
ober gar toerlodenb mie fie bargefteEt mirb. ©iefleidjt
geht baburch auch manchen Seitgläubigen, rnetehe in
Äonjefftonen an biefelbe bie hefte ©erteibigung ber alten
Seltanf$auung finben moHten, ein Sicht auf.
Saturn foE man aber fruchtlo« gegen eine aDgemeine
miffenfchaftli^e Dichtung antämpfen? Säre e« nicht beffer
einfach bie unentbehrlichen lauteten anjutoenben? ©«
fehlt noch recht oiel jum ©emeife für bie 3fti<htigfeit, ich
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®it alte unb neue SBcltanfdjauung.
445
toin nid^t fagen beS reinen ®artinniSmuS, benn biefer
toirb in feiner <$arafterijlif$en gorm faum mehr ernft»
li<$ für ganj auSretdbenb gehalten, fonbern be« ©nolutio»
niSmu« Überlauf)!. Saniere anerfennt bie« felbfl, inbem
er nicht blofj jugiebt, bafs ber £er»organg be« organifch
Sebenbigen au« bem llnorganif<hen für bie empirifche
gorfefjung ein unlösbare« SBeltrütfel ift, ba« unfere Ser»
nunft aber jur Anerfennung eine« febenben Sffiiüen« im
©etriebe ber SBeltfräfte binteite, fonbern audb ben Äampf
um« ®afein, bie natürliche Sudjtroabl, bie aubeten äufjeren
Serbältnijfe, mel<he ba« SoÜfommene ohne ©ebanlen,
ohne ißlan unb 3 toe< * ebeitfo juffiUig tote meebanifdb
beroorbrittgen füllen, für unjureidbenb erflärt. „fDiefe
Ausbeutungen ber 3J»aterialiften btöngen un« bie
fadben leineStoeg« auf" (6. 30). Sielmebr fei e« ber
innere ©ilbungStrteb, toelcher neue formen gerabe im
&fe um« ®afein bntiortreibt, feien e« bie jtoecfmäfji;
gen im 3ufamtnenbang beftebenben ©attungSformen, inner»
balb beren 3nbioibuen fidb erbalten unb forterjeugen,
bi« einzelne 3nbinibuen toieber ba« SJJittel feien, traft
beffen ba« innen toaltenbe DrganifationSprinjip eine
neuere htö^erc SebenSibee oerloirft. „®entenbe -Jtatur»
forfdber" haben aüerbing« im ©egenfafe jum ®arn)ini«mu«
„bie Qbee ber SerooÜfommnuug" neben ber Sariabilität
unb ©rblidbteit jur SBelterllärung geforbert. 35er Sotanifer
■Jlägeli ifl ja gegentoärtig ein £auptüerfedbter biefer
ber 3°ologe ©imer fudbt unter berfelben SorauSfefcung
mit ben „lonftitutioneüen Urfadben" eine neue ©rlläruttg
ber ©ntflebung ber Arten ju geben. Seibe ©elebrte
haben mit nieten anberen erlannt, baf? bie rein me<h»
anifd&en Mittel jur ©tllfirung ber ©ntmicflung in ben
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346
@4an),
organifchen Steifen nicht auSreichen, aber fte ^abeu eS
bocb nic^t geioagt, ben Stubifon gu fiberfdhreiten. S)ie
3bee bet BernoHfommnung unb bie fonflitutionellen Ur=
fachen jinb nur hhpothetifdhe Hilfsmittel, welche ber medhani»
fchen S)eutuug aufhelfen (öden. ®ie lebten Jtoufequengen
fuib nicht blojj Ausbeutungen bet SJtaterialifleu.
Karriere tragt übrigens ben gefährlichen ©dhritt,
trenn et auch baS jenfeitige Ufer nicht erreicht, ©erabe
hierin geigt jt<h bie ©runbtage feinet gangen 2Beltanf<hauung.
3ene Entwiälung rom fieberen gum Höheren ifl nicht
blofj unfet ©ebanfe, fonbetn baS in ben $batfa<ben bet
Statur felbjl rerwirflidhte 3beale, ein SBettplan, ber im
Spiel bet Äräfte auSgeführt unb gut Erfdheinung gebracht
wirb. „Unb fiedt man nicht ©ott als jenfeitige 3Radht
bet SBelt gegenüber, lieht man in ben Staturfräften
felbjl eine trohlgeorbnete Entfaltung feiner Utfraft, bet
BoEflrederin feinet ©ebaufen, bet Stacht feines SBiHenS,
bann ifl et eS, ber gut rechten 3«*/ am regten Drt
baS höh«e Steue mittels ber rorhanbenen SBirflidhfeit
felbfl heröorbringt, bet in bet Bereinigung befonberS
bafür gearteter Seberoefeu ben fleim finbet, meldet in
eine neue höhere ©attungSform hineintracbfen fann. ®ie
Entmidftung bet Statut fchtiefjt ja ben ©dhöpferroillen
nidht auS, fonbetn offenbart uns tielmehr bie fort=
bauernbe Betätigung beSfelben, unb traS bie teligiöfe
Borjleiluitg SBelterhaliung nennt, ifl ja gugleich bie
SBeltfortbilbung" (©. 30 f.).
3e|t rerfdhtoinben aDetbingS bie 2B eit rät fei,
welchen ®uboiS=Stepmonb eine getriffe Berühmtheit rer«
liehen hat. ®et Hetrorgang beS Organifchen auS bem
Unotganifchen, bet Empfinbung auS bet medhantfchen
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Sie alte unb neue SBeltanfdjauung.
447
Bewegung, ber ©elbflbeftimmung auS bern StaturmecbaniS»
muS ftnb ttut bie SBeltthatfache felbft, burch unfer Genien
unb SBoflen, unfer Empfinben unb feineu Organismus
gelöft. Sie analptifche SJlechanif mit intern Srucf uttb
Stoß, bie Ehemie mit ihren Berbinbungen unb Söfungen
brauchen nicht mehr mißbraucht ju »crbeu. Sie Söfung
ift gegeben unter ber BorauSfeßung beS einen, in ficb
tebenbigen unb für ftdj felbft feienben Unenbtichen. „SaS
SDBort beS SBelträtfelS helfet ©ott."
Stun ift auch baS retigiöfe ©efüht gegen bie St b-
fiammung b o m 31 f f e n nicht mehr fo empfinblüh.
Senn ber Slffe macht ja nicht ben SJtenfchen. Siefe
Sehre ift einmal eine beftrittene, unb bie Behauptung,
baß baS höhere burch baS Stiebere herborgebracht »erbe,
bloß eine materialiftifcfee Behauptung, tein Ergebnis ber
S03iffenf<haft. Bielmehr ift bie ©chöpferthätigfeit not»
wenbig, um innerhalb ber Staturorbnung auf natürliche
SGBeife baS ÜRächftböbere herborjubringen. Slußerbem muß
fi<h jeher Organismus aus bem Äeim euttoicfeln. Er
faun nicht bon außen gemacht, unmöglich als ettoaS
fertiges gefchaffeu »erben, »eil baS bem Begriffe beS
SßachfenS unb ©ichbilbenS »iberfpricht. Sie Berufung
auf ©otteS Allmacht ift ohne Belang, benn jebeS Unbing,
alles Begtiffswibrige ift bei ©ott unmöglich, ©o fann
alfo berSJtenfch nur als fleirnjette aus ber #anb ©otteS
ober ber Statur hetborgehen, um ft<h felbft ju entroicfelu.
©tatt beS ErbenfloffeS bei SJiofeS fcheint eS ebler,
»enn biefer Stoff bie im tierifchen Organismus bereits
borbereitete organifche SDiaterie ift, ein im Seihe eines
hochfießenben SiereS geformtes Ei. Qm Seihe eines
folgen SiereS faun fich biefe ÄeimjeHe auch «» heften
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448
®d)anj,
ent»ideln. „S5a fann fte reif »erben, unb »enn nun
ba« Neugeborene ^ilf&bebürftig an« Sicht tritt, fo liegt
e« an ber mütterlichen Sörufl unb »irb viel beffer grofi
gefäugt al« »enn e« ohne eiterige £ilfe »äre" (6.32).
©ir muffen ^tcr ben ^P^ttofop^eu Dom Naturforföer
unterfcbeiben. Dbne »eitere« nimmt jener, »enn auch
mit einer Neftriftion biufUbtltib ber Nffenabflammung
be« 3Jienf<ben, bie Nidbtigfeit ber Nefultate be« Sefcteren
an, ber fte auf ftreng eyaftem ©ege gefunben ju hoben
Dorgibt, aber felbft nur eine, unb jtoar eine febr j»eifeX*
bafte ^ppot^efe oorträgt. Neuerbiug« b at »ieber Nanfe
in feinem ©erfe über ben SJlenfcben bie gänjlicbe Un=
baltbarteit be« ®ar»ini«mu« für bie Slbftammung be«
SDienfdjen, aber auch für bie organifcbe ©eit überhaupt
na<bge»iefen. ©äre er aber ebenfo flreng be»iefen,
al« er e« nic^t ift, fo »äre erft eine pbilofopbifebe @r=
llärung am ißla|e, bie freilich bie Naturforfcber noch
»eniger al« jefct annebmen »ütben. ©eben toit unbe=
bingt ju, bafj ber gortfdjritt ber Naturroijfenfcbaft ben
S3licf be« 2Renf<ben uuenblicb er»eitert b at - fjinben
»ir un« bocb bamit in Übereinfiimmung mit Äopernifu«,
Äepler, ©alilei, 9le»ton unb allen ßorppbäen be« neuen
©eltfpftem«. Seitbem ifl ber Ärei« ber ^Betrachtung
na<b Naum unb 3 e ‘t faß bi« in ba« Unenblicbe au«*
gebebnt »orben. ®er unermeßliche Sternenhimmel mit
feinen jabllofen giffternfpfiemen, bie 6nt»i<flung be«
Utiioerfum« au« einem djaotifchen Nebelball jum herrlich
georbneten Äo«mo«, bie ©uuber be« SWifrolo«mu«,
ben un« ba« SDHlroffop geoffenbart bot, bie« unb Diele«
anbere ift febr geeignet, bie S3e»unberung be« ©enfcben
junt §ö<bften ju fieigetn. Sollte nun nicht bie groß*
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S)ie alte unb nent SBettonfdjauung.
449
artige allmähliche ©ntroidlung ber organifchen ©eit bis
herauf jum ebelfien ©efööpfe ber ^errliChfeit beS 6$ö=
pfetS in ber Statur einen neuen ©tanj »erleiden? $ieju
genügt eS, bajj bie SJtannigfaltigfelt ber organifchen
formen überhaupt auf ben ©Töpfer jurüdgeführt wirb.
$aS ©efefc ber ©ntwidlutig, welkes innerhalb ber
arten unb@ottuugen herrfcht, mu§ nicht auf bief^öpfer*
if<he Äraft felbjt angemanbt werben. ®enn bamit Wäre
bie Äonfequenj gegeben, baff außerhalb ober innerhalb
beS Schöpfers ein Subfirat für bie f<höpferifche Xhätig=
feit borauöjufefceu ijt. ®s wäre nicht mehr bie SJtacht
beS abfoluten freien ©iflenS bie bewirfenbe Utfache
für bie ©ntwicflung, fonbern ein treibenbeS DrganifationS*
prinjip, baS bet me<hanif<h Wirfenben ÜJiaturfraft fehr
nahe oerWanbt wäre. ®ie SEBelträtfel wären nicht er»
flärt, fonbern bur<h eine petitio principii umgangen.
2Bie foüte auch ba$ menfdjlidje ©eifteSleben burch eine
fol<he Veränberung ber ÄeimjeBe im Seihe einer affen»
mutter ju erflären fein? SJlan hat alfo allen ©runb
gegen eine folche, fcheinbar fehr ju empfehlenbe, natur»
wiffenfebaftlicb unerwiefene phüofophifche ©tflärung oor»
ft^tig ju fein.
©4 hat fuh benn au<h bereits gezeigt, bafj ©arriere
weit oom thei|Hf<hen Stanbpunlt entfernt ift 2Bohl
oerwirft er ben gewöhnlichen IßantbeiSmuS eines Spinoja
unb £egel ober $attmann, er oerwirft aber auch ben
QeiSmuS ober bualiflifd&en J>eiSmuS, wie er ben nie»
genbS genannten ®h e t* mu3 bezeichnet. @r will oermitteln
jwifdhen bem Pantheismus unb 2>eiSntuS, aber feine
Vermittlung befiehl bariu, baft er bie SranSfcenbenj
©otteS leugnet, bagegen bem immanenten ©ott eine
Ouartalförlft. 1890. $<|t III. 29
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©<banj,
felbflbemufjte Sßerfönlichfeit jufchreibt. ©abutch h fl * er
e8 vermieben, ba8 allgemeine, unbefümmte Sein an ben
Anfang ber ©inge ju fefcen, ba8 Rohere au8 bem Slieberen,
ba8 SBemufjte au8 bem Unbemufjten abjuleiten, anberer=
feit« aber aud) einen unhaltbaren SJtittelftanbvunft an*
genommen, ber enttoeber feinen eigenen SBorau8fe$ungen
über bie ©ntmicflung miberfpricht ober jum vollen SC^etS=
mu8 forttreibt. ©ie8 roirb fomohl bie SBegtünbung al8
bie ©efümmung ber ©otte8ibee jeigen.
3m ©egenfafc ju Äant unb ben Sfeptilern er
am ©afein ©otte8 feft. Slulgehcnb von ber 'XfyaX--
fache, ba| bi8 jefct lein gottlofeS 33oll gefunben mürbe,
alfo ber ©laube an ©ott ber menfchlidjen Statur eignet,
fobalb fte ju ftcb felbfl fommt unb ihrer Sittlichen SBe«
flimmung inne tvirb, folgert er au8 ber Grfahrung im
©etviffen, in bem fategorifdhen Sofort» ber Sß flicht,
in bem Sittengefefc in un8 auf ba8 ©afein ©otte8,
von bem mir in unferem ©eijt bie 3bee tragen. 33on
ber Offenbarung be8 Unenblidhen in un8 muffen mir
au8gef)en, memt mir nadh feiner 2Birfli<hleit aufjet un8
fragen. „©a8 Unenbliche ifl ba8 atte8 Sein in ft<h
©egreifenbe, unb menn etma8 ifl, fo mufj fofort auch
ba8 Unenbliche mitgefefct merben, mir iönnen e8 gar
ni<ht anber8 benn al8 feienb beulen" (S. 12). ©ie
SBetrachtung be8 Univerfum8 mit feiner Einheit unb
©efefcmäfjigfeit, mit feiner 23Bed)felmirfung unb $armo=
nie genügt aber, un8 erlennen ju laffen: nicht eine SSiel=
heit, fonbern eine ©inheit ifl ba8 Urfprüngliche; ihre
Selbflbeflimmungen finb SBeftimmtheiten ber mannigfal=
tigen Äräfte, bie in ihrer SBechfelmirlung ba8 Phänomen
ber SJtaterie h^orbringen, bie alle aufeinanber bejogen
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Sic alte unb neue SBeltanföauung. 461
fttjb. SBeil aber in uns felbfl bie ©ubjeftinität, bie
tion ft<h aus wirlenbe, bei fich felbfl feienbe Äraft baS
©tfle ifl wie baS Urgewiffe, baS Sebenbige, baS nicht
aus bem £oten unb aus bem StichtS flammt, fonbern
ft<h felbfl fefcenbe X^äiigfeit ifl, unb ureigenes können,
baS allen ®ingen als baS Bermögen ber ©elbflgeftaltung
unb ©elbflbehauptung julommt, fo offenbart fleh auch
baS Sine Unenblidje in ber gülle alles ©nblichen unb
ifl fo ginS unb MeS, baS Meine (©. 14).
3eigt fchon biefe Bergleidfung mit bem menf<h=
liehen ©eifleSleben ben geifligen ©haralter beS
Ureinen, Meinen, fo toirb biefe SBa^rnefimung noch
burch bie Betrachtung ber 3wec!mäfjigfeit bejlärlt.
MS bem jwecfmfifjigen ®en!en unfereS eigenen ©eifteS
folgt, bafj ber 3toecf junä^fl eine^atfac^e ber ©rfaftrung
im geifligen Seben ifl. Mer au$ bie ©efefce in ber
Statur, bie burch baS Ergebnis ihres SBirfenS uns flar
machen, bafj fte aufeinanber bejogen ftnb, fefcen für bie
»ernünftige Betrachtung, bie nach ben Urfachen unb bem
SBettjufammenhang fragt, eine orbnenbe ©inftcht oorauS.
®ie ©efefce ber ©nlwidtung im Organismus jeigen bieS
noch heutiger. „3wedooHeS SBirfen ohne ©ebanfen,
bie unbetoufjte, ungewollte Stoedntäfjigleit ifl leine ßö=
fung, fonbern ein Problem... ®ie Merfennung irgenb
eines 3n>etfmäfjigen in ber Statur führt unmittelbar . .
jum theologifdjen Beweis für baS ®afein ©otteS, ifl
nur )u etflären butch eine ber Sßelt eintoohnenbe Ber=
nunft." ,,©o gewinnen wir bur<h bie Betrachtung beS
©eienben ohne einen ©chlufe über baSfelbe hinaus ju
machen bie Mfchauung eines in fidh lebenbigen unb oer*
nünftigen Unenblidjen." ®aS ÜJtifjlidhe an ben bisherigen
29*
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452
@<&ang.
S3eweifen für baS SJafein ©otteS fei gewefen, bafj , fte
ein aufjerweltlic^eS, jenfeitigeS, bamit felber roieber enb»
liebes SBefen erfd&liejjen wollten. 2)enfe man jtcb ©ott
als naturlofen ©eifl, fo fei freilich ferner gu »erliefen,
wie er mit feinem ÜBiflen eine materielle SEBelt aufjer
tym fd^affe unb regiere, aber fei uns ©ott felbfl bie
aümaltenbe Staturmad&t, ber feienbe Unenblid>e, bann
jtefie er nid^t ber SOBelt wie ein jenfeitiget Urheber unb
©aumeijter gegenüber, bann entfielt fte butdp fein Renten
unb Mollen als bie Entfaltung feiner eigenen flraft unb
SBefenbeit. „9hm fu$en wir ibn nid&t erft jenfeits ber
Mollen unb über ben Sternen, eS ift uns wirflü$ bet
allgegenwärtige, ber im $au$e ber Suft unS anWetyt,
im Sd&ein ber Sonne unS anteud&tet, in ber 99rotfru<$t
uns ernährt unb im SDSein unfer $erj erfreut" (S.20).
Memt es ber SSerfaffer nid&t fo beftimmt »erneinte,
fo wäre man oerfud^t, tyier ben üoHett ißant^eiSmuS gu
finben. SHnbernfaUS müfjte ber allgegenwärtige wie in
ber Melt, fo audl) über ber SOBelt, jenfeits ber Mollen,
über ben Sternen fein. 3ft er ber Unenblid&e, fo ift
er überhaupt über ben Staunt, befonberS aber über baS
Materielle ergaben. SttberS j)at eS gewifj au<$ ber
apoflel mit bem S)id)terwort: „in bem wir leben weben
unb jinb" nid&t »erftanben. llnb wie betrieben lautet
eS, wenn er Seben unb Stein unb alles auf ©ott gu=
rüdfü^rt unb als 3 e ^ en ^ er flöttlidjen gürforge für
bie SJtenfdfjen ben Stegen oom $immel ^erab, bie fru<$t=
baren 3 c i ten / b' e 9ta$rung unb greube beS $ergenS
begegnet? ©ott ift eS ber ben Seinigen gute ©aben
»erletyt, ber regnen unb bie Sonne fd^einen lägt über
©ute unb iBitfe, ber bie Silien beS gelbes Ileibet unb
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Sie alte unb neue SBeltanjdjauung.
453
fflr bie SJögel be? |jimmel? forgt. Slber wenn er audb
hieraus erfantit »erben tan», fo fommt er barin bodb
nic^t feinem Sefen nach jur ©rfdbeinung. @r nährt
burdb bie Sitfung feiner Äraft in ben grüßten ber Erbe
bie SJtenfdben, aber nur recht fpmbolifcb lägt (1$ biefer
lbeiflifdbe ©ebanfe mit obigen pantbeifterenben gormeln
au?brflcfen. Ohne XbeiSmuJ ift e? »ergeblidb bie ab=
folute ©eiftigfeit unb ißerfönlidbteit ©otte? fejtjubalten,
ebne »ollen Sdböpfung? begriff ift e? unmöglich jwifcben
©ott unb Statur, jwifdben ©eiftigem unb ttJtateriettem
einen WefentUcben Unterfcbieb ju fiatuieren. San !ann
biefe SBorau?fe|ungen befireiten, man fann bie Unbe=
greifliebfeit be?S3organg? bagegen einwenben, aber man
muff bann audb fonfequenterweife auf eine anbere al?
bie felbft al? ungenögenb bejeidbnete pantbeiftifdbe Seit:
anfd&auung oetjidbten. 3ft bie Schöpfung nur eine ©nt:
faltung bet urfptiinglicben Äraft, be? abfoluten Sitten?,
be? ewigen ©ebanfen?, fo ift fte leine Sdböpfung im
eigentlichen Sinne be? Sorte? unb e? ift nidbt einjus
feben, wie ber abfolute Sitte unb ber abfolute ©ebanfe
in bie medbaniftbe SJtaturhaft unb ba? beWufjfcunb leben?:
lofe ©bao? au?laufe, mit bem bie Seltentwidflung ihren
Anfang genommen bat unb ibr ©nbe erreichen wirb.
®ie Sinologie mit ber ©ntwicflung be? menfdblidben
Drgani?mu? »irb mit Unredbt bafür geltenb gemadbt.
SDenn abgefeben baoon, bafj biefelbe bie ©ntwidflung be?
Slbfoluten felbft fein milfjte, wenn fte nidbt auf einer
Schöpfung beruht, fo lägt ftdb febon bie Jfeimjette mit
ihrer jielftrebigen Äraft nicht erflären, wenn nidbt eine
fetbftbewufjte SJtadbt al? ©runb unb Urfadbe angenommen
Wirb. S)ie Äeimjette ift atterbing? in unferem Drgani?:
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454
Sdjanj,
muß bie ©runblage für bie leibliche uitb geiftige Enttoicf»
lung, ifl nic^t bloß in bet ©efiattung beS fieibeß thätig,
fonbern toirb bur<h ben Drgauißmuß ihrer felbfl tnne,
ober bied ifiboch nurmßglich, menn neben unb immateriellen
Steile ber 3*tte eine geifiige Äraft ifl, rnelche mittelfl beß
SJlaterietten toirft. Stie toirb man baß ©elbflbetoußtfein
auß bem Drgauifcbeti, biefeß auß bem Unorganifcben er»
Hären fßnnen. SBemußteß fommt nicht »om SBeroußtlofen.
deshalb ifl eß auch nicht gu verfielen, baß, inbem fleh
biefe Äeimgelle felbft fühlt unb erfaßt, fte ftch felbft gut
©eifligleit beftimmt, ihrer betoußt unb frei toirb, auch
baß gange Unioerfum in feiner Enttoicflung fi<h burch
biefe 9Racht beß fi<b felbft erfaffenben unb beflimmenben
©angen außgeichnet unb gum ©elbftbetoußtfein fommen
muß. 3fl toirflidh bie gange SBett nur bie Entfaltung
beß SIbfoluten, fo ift biefeß nicht nur nie naturloß, fonbern
überhaupt nur Statur, fo ifl eß geiflloß unb eß ifl nicht
gu begreifen toie eß gum ©eift, gum ©elbflbetoußtfein
fommen foU. ®entt mir haben ja gehört, baß baß $ßherc
niefit oon bem fieberen flammen fßnne. Enttoeber muß
am Anfang ber ®inge baß $ß(hfte flehen, ober baß ßßhere
unb bie Enttoicflung gum SBottfommeneren ifl unoerfläub»
lieh. Eß fehlt ihr butchauß ber gureidjenbe ©runb.
Stieß anerfennt auch ber SBerfaffer theoretifeh, ober
bamit ifl ber JBiberfpruch nur beflo offener. Er bemerft
mit Siecht: „SEBoher auch, menn mir baß Äaufalitätßgefefc
feflhalten motten, tooher auch im SBefonberen in ben SMobift»
fationeu unb SBeftimmungen beß Einen SBerftanb unb
SEBitte, menn nicht auß bem gemeinfamen Sebenßquett?
SBären benn bie enblichen ©ubjeftioitäten nicht oielnteht
alß baß ©ßttlube, baß Unenbliche, menn fie SBitte unb
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$ie alte unb neue SBettanfdjauung.
455
SelbflbeWufjtfein wären, baß ©wige aber willen* unb
beWufetloß"? (6.23.) ©emijj ift baß menfchliche ©elbfl»
bewufjtfein, bie menfchliche iperfönlichfeit ein flarler 2lna=
logiebeweiß für bie abfolute ißerfönlichfeit. SEBir fßnneu
©ott nicht anberß benfen. ©3 genügt nicht mit Spinoja
unb ^egel attjunebmen, bafj baß ©ßttliche jum Selbft»
bewufjtfein in unß fommt, fi<h in ben enblichen ©eiftern
perfoniftjiert. ©enn bann muff ©ott märten — wenn
man biefeß SBort attwenben faun — auf ben 3Jtenf<hen,
biß er ihn benft, ja ©ott benft ft<h eigentlich erft bann,
Wenn ein fein ©enfen alß eine 2$ätigfeit beß
Unenblichen begreift, unb eß fehlt bem SIE bie weitem*
toohnenbe Vernunft, bie ftdh unß in ber 3toe<fmäf}ig=
feit ber ©inge etweifi, bie ft<h alß ftttli$e 3Jla<htorbnung
betofihren Wirb, „allein 3umirfelberfommen ifl SJewufjt*
fein. Weil baß ©ine ewige 6ein in fi<h Sewufjtfein, weil
eß bei fi<h felbft, gürficbfein ifl. @ß oerleiht bem @nb*
liehen bie 3JlßgIi<hfeit perfönlicb ju Werben, Weil eß felber
perfßnlich ifl."
©arauß fcheiut unß aber bie einzig richtige Folgerung bie
Annahme eineß toon ©Wigfeit her abfoluten, felbftbewußten,
freien, perfßnlicben ©otteß ju fein, ©iefe Sinnahnte ifl
aber unoerträglich mit ber Sbentiftjierung beß Slbfoluten
mit ber SBelt. ©ß giebt fein ÜJUttelbing }Wifd?en 3mmanenj
unb ©ranfeenbenj, jwtfchut abfoluter Slftualitüt unb
außföliefjUcher ©ntmicflung. ©ntweber flehen wir beim
Slnfang ber ©inge, bie lebloß unb bewujjtloß waren, oor
bem attgemeinen unbeflimmten Sein, auß welchem ber $an=
theißmuß feine 2Belt fi$ entwicfeln läfet, unb bann mfiffen
Wir auf eine ©rflätung beß ©elbftbewufjtfeinß unb ber
ißerfönlichfeit oetjichten, ober »or ber abfoluten, felbft»
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456
6djat»4,
betoufjten Utfad&e, unb bann muffen mit bie toelteintoo^nenbe
Vernunft Don bem Sfcao« unterfd&eiben. SWan lann e« oer=
fielen, toenn $ß§itofopf>en unb Geologen Don einet einigen
SBeltfd&öpfung reben, abet man fann eS nic^t Derflefcen,
wenn baburdft ba« Sieben unb ©elbftbetoufetfein be« 3tb=
fotuien felbfl erttärt toerben foll. 2>ann ifl bet Segriff
„Schöpfung" mifjbtäud&Iid!) angetoanbt. 3JJan fann ei
begreifen, toenn ba« SBefen @ottei au8 feinet abfoluten
Urfäd&lid&Ieit, au« feinet etoigeu ©elbflbeflimmung unb
©elbflerfenntni« Derflänbticb gemalt roitb, abet toenn
man bie fdjeinbare SSetenblidfiung ©otte« burc& ba« ©elbfc
betoujjtfein, bie ißerfönlid&feit, baburd& ju einet ©r^ityung
be« unenbtic&en ©ein« umtoanbelt, bafe ft$ ©ott in bet
Seit nidbt Derüeren, foubern getabe but<$ feine toelt*
f<$öpferif$e, fi$ felbfl befiimmenbe S^ätigleit fein ©elbfU
betou&tfein, ba« fo toenig für i$n toie für ben SKenfdben
ein fettiger tu^enbet 3ufl a nb, fonbetn fiel« nur in ft$
felbfl fe|enbet 2BißenSt^at toirllicb fei (©. 25), gewinnen
foQ, fo fle^t man beim Anfang toiebet ebenfo trojllo«
toie beim allgemeinen ©ein be« $antyeiSmu«. 3fl ©ott
ofcne bie Seit ni$t ©ott unb ifl feine toeltf$öpferif$e
fE&ätigleit nid&t« anbete« al« bie ©ntfaltung bet nie
uatutlofen Uriraft, fo fd&toebt bie Settanfd&auung jtoifcben
jtoei unDetfö&nlid&en ©egenfäfcen $iu unb $er, muff aber
fdf>liefjli$ fi<$ bem 5ßant&ei«mu« gefangen geben unb auf
ba« Sid&t be« 2#ei«mu« Derjidjten. ©nttoeber muß ba«
Unenblidfje oom @nbli<$en, bet unenblid>e ©eifl oom enb=
licken ©eifl toefentti$ oetfd&ieben fein obet ba«Unenbli<$e
ifl nur eine 3ufammenfaffung be« @nbli<$en, bet unenblicbe
©eifl nur eine äbflraftion au« bem enblid&en ©eifl, lommt
nur in biefem gut @tf$einung, jum ©elbflbetoufjtfein.
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457
Stur für ben X^eiÄmu« taffen fi<b bie SBorte beS
SlpoflelS öermenben: „3n ihm leben »eben unb finb mir.
Sßon (Sott, ju ©ott, in ©ott alle S)inge." SlichtS ifl
aufeer bur<b ©ott, nichts emittiert als burch bie 3Ra<^t
beffen, bet altes geraffen bat, nichts bat fein 3* e t in
ficb felbfl, fonbem altes ifl auf baS ^öd^fle 3iel in ©ott
gerietet. Unb fügen mit im Sinne beS StpoftetS b’wju,
altes ifl auf baS 3^ »elcbeS in ©briftuS, bem ©rflge-
borenen ber Schöpfung, geoffenbart morben ifl, Einge¬
richtet. SWan mufe bie gauje ©otteSlebre unb ©brifto*
togie beS SlpoflelS ignorieren, menn man behaupten mitt,
bafe biefe SB orte beS SlpoflelS bem 2)elSmuS ein ©nbe
machen, „ber feinen ©ott ber SBett mie einen SBerfmeifter
bem aus frembem Stoff gebilbeteu SBerfe gegenüberftettt,
ober ber ben uitoottjiebbaren ©ebanfen bfflt, bafe ein
©ott als reiner ©eijt bur<b fein SBort unb feinen SBiHen
eine SBett, bie materielle SBett in Staum unb 3 e it aus
bem SlicfetS erfchafft, bafe ein ©ott au<b ebne SBett, ohne
feine immermfiferenbe SJetfeätigung bo<h fei unb biefer
aufeer ifem mirtticben SBett nun feine ©efefce ton aufeen
gebe, fo bafe fte biefem ©efefce bienenb nicht frei lebt,
nicht fidj felbfl beftimmt. ®er aufeertoetttiche ©ott fanu
unfer Schöpfer unb £err fein, unfer SBater ifl er nicht;
ba fehlt unS unb ihm bie SBefenSgemeinfdfaft. SDer
©ott beS gemöbnlicben Pantheismus ifl auch nicht ber
SBater, benn er ifl nur bie allgemeine Subftanj, ber ge-
meinfame SebenSgtunb aller SDinge, aber ohne SBiffen
unb SBoHen; er ifl nicht bie ©üte, nicht ber SBitte ber
Siebe; baSifter nur als ft<h felbfl erfaffenber ©eifl" (S. 27).
Sotten mir in ber Xbat ben Sipofiel gegen biefe
Folgerungen oerteibigen? S)en Slpoflet, ber fo Itar unb
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458
Sdjanj,
beutlidh ben SSater im ^jimmel, beit ©köpfet Rimmels unb
bet Erbe gelehrt bat? ®en Sipofiel, meiner alles burdb
beit ©obn erfdbaffen toerben läfjt, burcb ben Eingeborenen
Bor aller Kreatur, toeil in ihm alle ®inge erraffen finb,
itn ^immel unb auf Erben, bie fidhtbaren unb bie un=
ficht baren? @4 wäre für ben tief fpefulatioen ©eifl beS
SlpofielS bodb ju befdbfimenb, toenn er erfi Born bebräifdhen
3)ei$muS im Slnfdblufj an baS ^eQenife^e SJidbtertBort §ur
höheren Einjicbt hätte fommen miiffen (©. 78). SJlut
eine ungefunbe SBpfiif fann biefe SBorte beS SlpofielS
für bie pantheijlifd&e Smmancuj Bertcerlen, ber Sipofiel
richtete jeitlebenS feine SSüdfe nadh oben, ju bem SSater
im SenfeitS, ju beffen Siebten ber $ert ftfet. Stur eine
ungefunbe SJlijftil fanu baS ÄinbfcbaftSBerbältniS auf bie
ooHe SEBefeiiSgemeinfcbaft begriinben. S)er Sipofiel toeifj,
bajj toir burdj bie SRenfdhmerbung ju Äinbetn ©otteS
unb Erben beS Rimmels angenommen toorben finb. Unb
baS ©lüdf biefer unBerbienten Äinbfchaft ifi für fein religiöfeS
©emüt fo übertoältigenb, bafj er auSrufen muff: Slbba,
SSater! ®en SSater im $immel anjurufen, b<*t ja ber
$etr bie ©einigen gelehrt.
SEBäre toirllidh biefe Qbee beS fotoohl ber SSBelt inne=
toohnenben als in unb über ihr bei fidh felbfl feienben
©otteS, beS in feiner Entfaltung Uttenblidhen unb bodh
in fidh Einen nottoenbig als Übertoinbung ber Einfeitig=
leiten Bon ®eiSmuS unb Pantheismus, als SSerbittbung
non Seibttij unb ©pinoja, als ©runblage für baS S3er=
fiiinbniS ber religiöS*fiitlicben Erfahrung Bon SBieberge*
hurt unb SSerföhnung, ber SBieberbetfieEung, beS Äinb*
fdbaftsbetoufjtfeins, fo müßten toir mit bem S3erfajfer bie
natürliche SSorauSfefcung unb ben übernatürlichen Ebfltalter
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459
beS GhtifientumS preisgeben. SSott einer biblifchen SSer-
teibigung biefeS ©tanbpunfteS fann alfo {eine Siebe fein.
Sirb aber bur<h tiefe Seltanfchauung vielleicht baS
Sefen ©otteS unb ber 2BeIt beffer oerftäublich ? San
fönnte verfugt fein, eS ju glauben, aber man Wirb halb
finben, bafj eS nur eine Xäuf$ung ifl. ©S haben wohl
fd^on viele Sß^ilofo^^en unb &beologen behauptet, baS
foSmologifche Seweisvetfahren nach bem ÄaufalitätSge*
feg habe nur eine jwingenbe ßraft, wenn man innerhalb
beS ÄreifeS ber empirifchen ©rfahtung bleibe, für welche
bet Sah gelte causa aequat effectuni. Unb unterlegt
ftnb biefelben btS je^t ton ber gewöhnlichen lo3mologif$en
©eweisfühtung ni<ht worben. 2 lu$ Gatriere mu& $um
phhfifo* theologifchen ©eweis fortfchreiten unb aus ber
cnblichen ißerfönlidpfeit bie abfolute SßerfönlidbTeit erf<htie=
gen. Snbem er aber tro^bem nicht über bie 9Belt hinaus
fdhlie&en will, bleibt fein ©otteSbegriff unbegreiflich, Gr
befennt e$ felbft, bafj eS ihm ferne liege, ©ott erfchöpfenb
begreifen ju wollen. „£>aju gehört fein ©elbftbewufjtfein
als beS ©anjen, beS Unenblichen. Sir fönnen von ihm
nur reben nach ber Seife, Wie er (ich in bem uns jugewanb»
ten Steile beS ©eins, vor allem wie et ft# in uns felbft
offenbart unb bejeugt, Wir vermögen nur menfchlich von
ihm ju reben" (©. 37 ff.). Sir ftnb Weit entfernt, biefeS
SclenntniS ber Unbegreiflichfeit ©otteS jum ©orwurf 311
machen, wir betonen vielmehr biefe felbft, aber bie hift
nacgbrücflicb h^öorgehobene Sinologie beS menfchlichen
©eifteS, welche außerhalb ber Offenbarung ben einjigettGin*
blirf in baS Sefen ©otteS geflattet, geht Wieber verloren,
wenn man ben göttlichen ©eift jur Seitvernunft macht
unb ftatt bem 3«ge beS menf^li^en ©eifteS nach bem
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460
©djoni,
Unenblieben über bie Statur ^ittauS ju folgen, bie Un*
ooHlommenbeiten }u negieren, ft<b iw bag ©nbliebe »er*
fenlt unb bie jeitticbe ©ntwieflung be« geraffenen ©eifteg
in bie ewige SHtualität be<$ abfoluten ©eifieö bineinoerlegt.
Der ungenannte Dbeologe febeint aflerbingg bie
SDteinung ju betätigen, bag ber „Deigmug" bie Hube*
greifliebleit ©otteg big ju einem ©egenfage jwifeben ©ott
unb ber SEBelt fleigcre. Su<b er gebt ton bem $uge
beg menftblidben $erjeng jum Unenbliebeu au«. Die
allgemeine Dbatfadbe ber Steligion trog ber »erfebiebenen
religiöfen 2lnf<bauungen unb ©ebräudje ifl ibm ein 93e=
weig bafür, bag baSfelbe ©ebürfnig überall »orbanbcn ift.
Dagfelbe gebt barauf binaug, bag enblidge ©ein an bag
Unenblidbe anjufcbliegen, um eg ju ftd^ern unb ju förbern.
2 We religiöfen ©rfebeinungen toeifen auf biefeg ©runb*
bebürfnig bi», Welebeg fonad? burd) bie ©efdbi^te alg
ein toefentli<ber 3 u fl bet menf<bti<ben Statur bejeugt ijl
(©. 4). aber biefer religiöfe 3ug fegt einen perfönlieben,
übertoeltlicben ©ott, einen aUmäcbtigen, allgütigen, aO«
Weifen SSater ooraug. Stur fo entfpriebt er bem religiöfen
©emüte. Dem ©inwanb, bag man fälf<bli<b ©ott alg
ein perfönliebeg Sßefen benle, weit bag Unenbliebe fein
SBiffen unb SBollen fycibe, niebt lieben lönne, bag Unbe=
febrdnfte befcbränlt werbe, wenn man eg na$ ber ärt
ber menfcbti^eu fßerfönlid>feit benfe, fowie ben entgegen*
gefegten ©inwanb, bag ©ott ein unbefiimmteg, unbenl*
bareg SBefen fei, bag man niebt lieben lönne, begegnet
er junäebfl mit bem Sufleflänbnijfe ber SBiberfprüebe in
feinen ©ebanfen, bemerlt aber algbalb, er lönne toon
feinem SEßege boeb niebt abgeben, weil in ber Statur
unb im SWenfd&enteben überall bag ©efeg mit einer un=
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461
»iberfte&lidjen ©ewalt entgegentrete. 3n bet eigenen
inneren SBelt fdjaue er bie Slotwenbigfeit, fein ©eifle«=
leben in einem ©ott ju grünben, in welkem er ben
Sater unb ba* llrbilb beöfelben ju lieben vermöge,
©r habe alfo jwei Wahrheiten »or ftch, bie et bodj nic^t
in einen Haren ©ebanfen bereinigen lönne. Warum?
„34 bin enbli4, unb ©ott ifi unenblüh: toie foüte e*
möglich fein, bafe i4 ihn faffe? @r mufe ja unbegreiflich
fein. 34 habe glei4fam }Wei ©ebanfenliuien, bie muh
ju ihm toeifen, aber ber ißunlt, wo fie jufammentreffen,
liegt aufeerhalb meiner ©efitySgrenje. 34 fenne jWei
Sitten be* ©efcheheu«, ba* gefefcmäfeige unb ba* au«
einem perfönli4e« Wißen ^eroorgefienbe. Selbe fmb ein*
im Unenbli4en. S)a fie nun aber al« ©egenfäfce er«
f4einen, mufe mir ihre ©inheit unbegreiflich fein. @iner=
feit* führt bie Statur auf ba« ©efefc in ©ott jurüd,
anbererfeit* ber perfönli^e ©eift jum perfönlicben ©eift
mit Sewufetfein, WiBen, ©üte. Slber ba« Staturgefefc
ifl mehr, al* wa* ich fonfl unter einem ©efefc »erflehe
unb wenn i<h mir ©ott al* ©eifl »orfleBe, fo weife i4,
bafe bie 83ef<btäuftheit, welche »on meinem ber menf4=
U4en $etföttli<hfeit entnommenen begriffe be« ©eifle*
unjertrennli4 ifl, auf ihn ni4t jutrifft. 34 fann bedhalb
»on ihm, feinem Wefen unb Wirlen nur in Silbern
teben" (©.26 f.). „Wir fmb balb mit unferen Gegriffen
ju ©nbe. ©ehe un«, Wenn e« bann mit bem ©lauben
au4 au* Wäre" (©. 24). „©o trage i4 Segriffe auf
©ott über, bie »on ber Wirlli4feit fo weit entfernt finb.
Wie ba* ©nbH4e »om ttnenbli4«n. ©ott ifl mehr al«
Serfon, aber ich fann bo4 nur perfönli4 mit ihm umgehen."
SJUtunter fönnte man meinen, bafe ber S^ologe
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462
©djattä,
gleidhfaES an bie ^mmanenj beS perföttlidhen ©otteS in
ber 2Belt benle. ©d&on toenn er ben Slflbetoegenben
als ©efe§ auffaßt, baS Staturgefefc als EBiEe bejeidhnet
fc^eirtt bieS ber gaE ju fein, ©o wenn er leinen Unter*
fe^ieb jtoifdhen ©eiE unb Statur ftnbet, wenn er ben @e=
banleit auSfpridht, baß er ganj unb gar, nach feinem
Statur* unb ißerfonenleben, mit allem, toaS ifl, in einem
unb bemfelben ©runbe wurjle unb barum mit bem
©efammtbafein im ©inllang flefie. „®o bin i<h meiner
felbfl getoiß unb fühle midh in ©ott eins mit mir felbft
unb mit bem SBeltganjen" (©. 30). SDodh läßt ft<b biefeS
alles audh im theiftifdhen ©inne erllären. £)enti ber
©läubige fflblt fic& in aEem Dom Unenblidhen, ©urigen,
non ©ott abhängig unb getragen. „®er aEeS ßebenS
Ursprung, Qn^alt unb Siel iE, fiat eS (baS Seinen)
in bich ^ineingelegt, um bi$ an bidh ju }iepcn unb E<h
bir ju offenbaren. 2>enn bu bifl ©eiE bon feinem ©eiEe
unb toirE ju uoflem ßeben ermaßen. Wenn bu ihn er*
fennenb bidh felber erlennE" (©. 62).
3E ober für unfer SDenfen toirllidh ein fo großer
SBiberfprudh jmifdfen bem unabänberlidhen Staturgefcß
unb bem göttlichen SBiEen? Ober mfiffen toir um beffen*
toiEen ben SBiEen ©otteS gleich bem 3taturgefe| nehmen,
um baS SBaltcn ©otteS in ber Statur unb im SJtenfdhen*
geiEe ju erllären unb miteinanber ju bereinigen? 3<h
fürchte, baß bann nicht nur baS ©ebet, toie ber SBerfaffer
meint, feinen befonberen SBert berliert, fonbern audb bie
göttliche ißerfönlidhleit überhaupt jtoeifelhaft toirb. 6ar=
riere lann bei feinem ©otteSbegriff E<h gegen bie S)ur<h*
bred^ung ber Staturgefefje ereifern, toeil ihm bie Statur*
fräfte nur SBirlungen ber immanenten Urlraft, bie Statur*
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®ie ölte unb neue ®ettanfcf)auung.
463
gefefce ©ebanfen bet Sßeltvernunft ftnb. ®er fann
hierin nidjt folgen, golgt beßbatb ein SBiberfprucb beß
©enfenß? 3P felbfi ©otteß SBtHe gegen baß attgenteine
ÜRaturgefefc ohnmächtig? Ober bet SCBiHe felbfi unftei?
2>er Xbeologe entfdheibet in bet fCh®* iw Äonflift
jwifdben bet 9}aturanf<bauung unb bem ©tauben auf
Äoflen bet göttlichen Freiheit. ©ott „wählt nicht wie
eiu SRenfdb, fonbetn er waltet. $iet liegen nicht WiH-
fürlid&e ^anblungen vor, fonbern göttliche 3totwenbig=
feiten. SDem ©efe| beß ©anjen mu| aHeß einjelne fid&
fügen, unb eß wäre SSermeffenbeit, baß einzelne nach
menfcblidben ©ebanfen ju beurteilen, grage nicht nach
bem SBarunt, baß ifl finbifdh; fonbern beuge beine Jlniee
oot bem Unenblicben unb bete fdhweigenb an" (©. 23).
Siefe Söfung macht bem ^beologen alte @h te -
unerfdhütterlidbe ©laube läfjt ihn über alle Schwierig*
leiten hwwegfefcen. 3Jlan fßnnte an bie Söfung ber
gtage über baß Unglficf beß ©erechten benfen, wenn
bem 3ob bie unabänberlidhen $Raturgefe|}e befannt ge«
wefen wären. 2Bürbe aber nicht auß ber ganjen ©d&rift
ein tief retigiöfeß ©efübt fprechen, wetdfjeß ftegteidh gegen
ben lalt beredhnenben SBerftanb ben flampf um bie SBelt*
anfcbauung beflebt, fo wäre man Verfud&t anjunehmen,
ber SSerfaffer wolle baß ©egenteit von bem erreichen,
waß er angibt, ©id&er werben viele Sefer bie bramatü
fd^e ©dhürjung beß Jtnotenß mit größerem Sntereffe
verfolgen alß bie etrnaß gewattfame Söfung. Norbert
wirflidb ber ©taube einen folgen SSerjicht? ©inb bie
unabänberlidhen ÜRaturgefefce ein uniiberfletglid&eß Soll*
werf gegen bie perfönliebe Sßrovibenj?
®er SSerfaffer häl* biefe Söfung im Qntereffe beß
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464
©laubenS für notwettbig. @r meint, wenn bet 5iatur=
Dorgang Dom göttlichen SBitfen unterfchieben werbe, fo
gehe er neben bemfelben ^er unb fei etwas für ft<$.
©ott ift nicht mehr alles in allem. SBolle man aber
ein boppelteS ÜBirfen ©otteS annehmen, ein natürliches
unb ein übernatürliches, fo fomme in unfere SorfteBung
Dom #ö<hften ein 3föiefpatt, ber bei jahllofen ©elegen»
heiten unfer religiöfeS Seben bebränge (©. 13 f.). 93ei
©ott fei feine 9Kögli$feit, bie nicht ju gleich SEBirftic^feit
Wäre (©. 14. 16). ©ott greift nicht wiHEürlich in ben
©ang ber Singe ein. SieS fann nicht fein. Such baS
©ebet hot feinen ©influfj auf ©ott, weil fonft baS ©nb=
liehe auf bie unenbliche SlQmadht eiuwirfen würbe (©.35 f.).
Um bieS Don ©eiten ©otteS ju erfl&ren, geht er
auf ben lefcten ©runb beS SEBiHeuS jurücf, wie eS auch
längft in ber Sheologie ber ^Brauch ift, um bie UnDer*
änberlidhfeit unb ßeiligfeit ©otteS mit ber abfoluten
Freiheit in Übereinftimmung ju bringen. Sie Sehre
Don ben fog. georbneten ©igenfchaften ©otteS ift ein
beweis bafür. SBir h a & eu ols SJtenfchen bie 3Jta<ht,
uns felbft )u beftimmen unb erblicfen in biefer unferer
Freiheit bie SBürbe unferer geiftigen Slnlage, welche uns
über bie SRatur, über baS Sier erhebt. Saturn fürchten
wir ©ott unter uns ju fletten, wenn wir ihm folehe
Freiheit abfprechen unb fein SEBoHen als notwenbigeS
betrauten. SieS, meint ber SBerfaffer, fei ein Irrtum,
©in DoBfommen guter 9Renf<h h at feine 3Jtad>t, SöfeS
ju wollen. Sie Freiheit jwif$en ©ut unb ®ÖS ift eine
fittlidhe UnDolllommcnheit. gret ift nur ber, welcher
nichts anbereS will als baS ©ute unb in biefem SBoBen
bur<h nichts befdhränft ift. ffienn wir alfo baS göttliche
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$>te alte unb neue fBettonftbauunfl. 465
ÜBoHen als Me oottfommene Slottoenbigleü anfeben, fo
Treiben Wir tym Me unbefchränlte greibeit ju, bettn
bie Slotwenbigleit liegt ja in ihm unb nicht aufjer ihm.
®er ©egenfaj) jwifcben fittlubem SSeWufjtfein unb #anbeln
eyifüert nur für uns, nic^t in ©ott. S)enn berfetbe
©ott, beffen SßiHen in ber äußeren -Natur als @efe|
betrat/ »fl auch ber Ursprung unb $ert ber fütlicben
SBelt, beren Drbnungen ebenfalls nichts anbereS ftnb
als fein 2BiDe. SBaS uns als ein ©egenfaj} erf<beint
ifl in ©ott eine ©inbeit, was wir als SRifitläuge »er«
nehmen, löst ft<b bei ihm in Harmonie auf (©. 19. 31).
©eben Wir biefe Folgerung binficbtticb beS ©uten
unb SSöfen ju. S)er SRenfch b at i a auch baS poese non
peccare unb foü nach StugujlinuS bem non posse peccare
immer näh« lotnmen, um eS erfl im 3 £ nfeitS voHflän=
big ju erreichen. 35er inbifferentijlifcbe, formale greibeitS*
begriff vermag baS ftttlitbe ßeben nicht ju erflären.
Slber ifl eS beSbalb notwenbig, baS Sßablvermßgen beS
SKenfcben ganj ju befd^ränfen unb bie Slaturorbnung
mit ber ©ittenorbnung ju ibentiftcieren? @S gilt nicht
als UnvoMommenbeit beS SJlenftben, Wenn er einen
großen Reichtum an ^been bat unb fte verfcbiebentlich
»erwirHichen lann. SDaber wirb es auch leine Unvotl«
lommenbeit in ©ott fein, wenn er im ©eftfce ber böthfien
ewigen 3b een ifl unb biefe nach feinem ewigen SBiHen
in ber $eit realijtert S)ie ©efcböpfe mit ihren Äräften
unb ©efefcen ftnb bann 2lbbilber bet ewigen SRujler*
bilber, nicht SluSfUiffe ber Uriraft, fonbern SBerle beS
allmächtigen SBiHenS unb von biefem getragen.
S)a im SBiDen ©otteS von Saune unb SEBittlür leine
Siebe unb alles nach ber SBeiSbeit georbnet ifl, fo ftnb
X$c*L OuMtalförifl. 1890. $tft UI. 30
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6<$anj,
bie Staturgefefce unabänberlich, aber nicht berSJtacht be«
göttlichen SBitten« entrücft. ®a« Staturgefefc ift an ft<h
ohne Efiftenj, ift nicht« Steale«, fonbern bejeidhnet nur
unfere Sluffaffung be« regelmäfeigen ©efchehen« in ber
Statur, ba« toir nach bem SSerhältni« jwifdhen Urfache
unb SBirlung, toie e« ber Slugenfchein lehrt unb ba«
®enfgefefc befiehlt, orbnen. 6« berechtigt ju ber gol*
gerung, bafj ein oernänftiger SBitte alle S)inge bet Erbe
gefchaffen unb georbnet hat, aber ni<ht, ba§ bemfelben
eine ©chranle gejogen fei ©onft mttjjte auch ber Äünftler
in feinem Äunftwerf, ber Uhrmacher in feiner Uhr auf*
gehen unb ihrem nottoeubigen Sßeftanb unb ©ang un*
tertoorfen fein. 3« »ottenbeter bie SDtafchine ift, befto
weniger Wirb fte ber Stachhilfe be« Erfinbet« bebftrfen,
aber Angriffe ju befonberen Swecfen fönnen nicht au«=
gefchloffen fein, ©erabe weil ©otte« SBitte in ber na*
tätlichen unb fittlidhen Drbnung mafjgebenb unb wirffam
ift, mufj bie erftere jur Erreichung ber fittlichen 3wede
bem $ö<hfien bienftbar fein. ®ie SBirfungen unb ba«
SBefen be« abfoluten SBitten« mäffen nicht jufammenfatten.
3ur Etflärung be« irbifchen ©efdhehen« genügt e«, wenn
bie Äräfte unb ©efefce nach bem SBitten unb betSBei«*
heit be« Schöpfer« fortbeftehen unb fortwirlen. E«
lommt unfer 3)enlen etwa« fchwer an, ben Stegriff ber
Schöpfung au« Sticht« ganj ju erfaffen. Ohne Offen*
barung wäre berfelbe niemal« jum ©emeingut ber ben*
fenben SJtenfchheit geworben. Slber wir finben bo<h, baf?
biefer begriff allein im ©tanbe ift, bie Stätfel bet SBelt
unb be« SJtenfdhenleben« ju löfen. Ohne biefen Stegriff
gelingt e« nie, ben Stegrijf ber 5ßerfönli$!eit ©otte«
mit ber thatfä<hli<h bewufjt* unb wittenlofen SBelt in
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®te alte unb neue ®ettanfdjauun(j. 467
©inflang }u bringen, galten Wir aber biefen feft, fo
erfennen mir bie Stotwenbigfeit ber un»erdnberlid>en
Staturgefefce, weit Tie ein SluSbrucf ber ewigen Qbeen
unb bes unneränbetlicben 2ßiHen8 ftnb, wir erfennen
aber au$ ben Unterblieb ber geraffenen 2>inge non
©ott bem ©Töpfer unb unter fi$. Sitte ftnb nom ©Töpfer
abhängig, bur<b feine Ära ft bebingt. Stber wenn ©ott
unorgantbe unb organif<be, unfreie unb freie SBefen
geraffen bat, fo ftnb bie ©efefee unb Äräfte je bem
©barafter berfelben angepafjt. ®ie erfie Urfa$e wirft
burcb bie jweiten Urfa$en je nach ber 33trt ber teueren,
notwenbig burcb bie notwenbigen, frei bur<b bie freien.
Sia^er ift bem SJtenfcben trofc feiner Slbbängtgfeit non
©ott unb feiner ©nabe bie Freiheit beS ftttli$en #anbetn$
gewahrt unb bie 3JtögIi<bfeit ber ©rbörung be$ ©ebete«
gefiebert. ®ie StUmadbt ift eine georbnete ©igenfcbaft,
non ber 2Bei$beit unb Siebe ©otte« beftimmt
SBenn aber bie Orbnung ber SBelt non bem freien
Schöpfer abhängig ift, fo fann e« au<b mit ber ®ur<b=
bred)ung ber Statur gef e&e ni<bt fo gefä^rtic^ jieben, wie
beibe Statoren meinen. ®aS SB u n b e r ift beä ©tauben«
Iiebfte« Äinb, aber bie SBiffenfdbaft glaubt es abtebnen
ju müffen, weil fonfi bie ^orfebung ihr eigene« gunbament
preisgeben würbe. SJtan will bie SBunber nur mebr
al« Beiiben für ben SJtenfcben befielen taffen, b. b-, als
natürliche ©reigniffe, welche ba« retigiöfe ©emät at«
©rwei« ber göttlichen ©fite betrachten fann Wie alte«
©efibeben im Seben. 2)ie SBunber ber Statur unb beS
©eifteS, baS 2)enfen unb baS Sprechen, alte« was bie
$errli<bfeit ©otte« nerffinbet, ift ein Beiden, bafj ©ott
alte« gemacht unb georbnet, junt SBobt be« SJtenfcben
30*
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®4anj,
eingerichtet bat. SBoju alfo noch befonbere SBunber mit
S)ur<hbre<hung bet Staturgefefce ? £>er terfeblte SSerfuch
ßatriere’S, bie SBunber ber b- ©d&rift, befonberS bie
SBunber gefu natürlich }u erHären, be»eist tote alle
ähnlichen S3erfu<he, baß bem ©läubigen nur bie S^abl
bleibt entiteber baS Sßunbet im eigentlichen Sinne an=
juerlenncn ober bie Slultorität bet b- ©^tift preiSju*
geben. 5)a nun beibe Autoren ba§ ©briftentum febr
bo(b {teilen, fo »erben fte jugeben müffett, baß bei biefet
Slternatioe nur bie ge»i<htigften ©rünbe gegen bie b-
Schrift geltenb gemacht »erben bfirfen. SDie SoSlöfung
beS ©briftentumS ton ber Schrift unb ©ottbeit gefu
beifit aber bie göttliche Äraft beSfelben preiSgeben.
gji eS nun eine unumgängliche gorberung ber ejaften
gotfehung, biefeS große ©ebiet beS Übernatürlichen in
ber b- ©<hnft unb Äircbe rationaliftifdb unb pfachotogifcb
feine« ©bnrafterS ju entfleiben, um alles gleich natfir*
lieh ober, iönnte man fagen, gleich übernatürlich in biefem
mobernen Sinn ju machen ? 2Bir begreifen biefe gorberung
tom pantbeifHfdben ©tanbpunfte aus, ben aber beibe
Statoren für eine unjureicbenbe SEBelterflärung bejeichnen,
begreifen fte bagegen gar nicht tom Stanbpuufte beS
5Cb«iSmuS aus unb halten |ie untereinbar mit bem 33e*
griffe ber abfoluten ißerfönlichfeit. ©in ©ott, ber fidb
nicht offenbaren fann, ift lein ©ott. ©in perfönlicher
©ott muß jtch als folget, nicht bloß burch bie Statur*
not»enbigleit offenbaren. Sollte eS ber abfoluten SJtadbt
unb SßeiSbeit nicht möglich nnb erlaubt fein, in bie
SBirlungen ber Staturfräfte unb ben ©ang ber Statur*
gefefce einjugreifen? Sottte es ihr nicht möglich fein,
fo in biefelben einjugreifen, baß fte bie natürliche Orbnung
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Die alte unb neue 2Be(tanf$auung.
469
nicht aufbebt unb bie ejafte gorfd&ung nid^t unmöglich
macht? ©eben wir bo<b, bafi bec SJtenfch im ©taube
ift, bie ßräfte ber Statur feinem ©elfte bienflbat ju
madben, bie Staturgefefce für feine 3iele unb fttoede ju
benüfcen, ohne bafi eine Störung in ber Statur ober
SBiffenfdbaft bewirft Würbe. ©attiere citiert felbji eine
fd&öne ©teile aus einer ©ncpflifa beS IßapfleS Seo XIII,
in toeldber bie ßetrfd&aft beS SJtenfcben über bie ßräfte
ber Statur mit berebten ÜBorten gefeiert toirb. Sollte
nun bie Folgerung nur barin belieben, bafj man jwat
bie SBeiSbeit unb SJtacht ©otteS in ber Statur anerfennt,
aber ©otteS SBiHen ben firengen Staturgefefcen unterwirft?
fDamit wäre ber göttliche SBiHe in ber Borfebung unter
ben menfdblidben SBillen berabgefefct.
©ineS freili<b folgt hieraus für ben begriff unb
bie ©rflärung beS SBunberS, was bie mobernen Slpolo*
geten »iel ju wenig berücfficbtigt haben. S)aS SBunber
fann nicht im eigentlichen ©inne contra natoram fein.
S)ieS wiberfpricbt ber notwenbigen Bejtebung ber Statur
ju ©ott. ©ott mufj burdb bie oon ihm gefchaffene Statur,
mittelft ber Staturfräfte unb ©efefce wirfen. Slber er
tann biefe fo benüfcen unb leiten, ba& aus ihrem 3 U =
fammentreffen unb Söirfen eine SBirfung ^eröorfle^t,
welche ohne biefeS ©ingreifen ©otteS nicht ju ©taube
gekommen Wäre unb baber übernatürlich ifi. 2Bie im
gewöbnlidben lieben ber „3ufaH" manchmal unoorber*
gefebene folgen berbeifübrt, welche oom höheren Staub*
punlte ber Betrachtung aus nur als Rügungen bet Bor*
febung erflärt werben fönnen, fo müffen auch im natür*
liehen ©ange ber S)inge nicht blofj aufjerorbentliche, wun=
berbate ©reigniffe im weiteren ©inne, fonbern auch eigent*
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470
®<$ana,
lidje SBunber bet göttlichen 2Wma<ht möglich fein. Slber
hiebei ifl nur an SluSnabmen ju benfen, unb auch biefe
jinb nid^t ber SBiUfür jujufchreiben, fonbern ber göttlichen
SBeidfteit beijulegen. SRur aus höheren ©rünben, nur
jur (Streichung religiöfer unb fütlicher 3»ede, »eichen
bie ganje unvernünftige SJlatur untergeorbnet ifl unb ju
bienen hat, U>irb ber©ang ber ©reigniffe von bent gött=
liehen SffiiHen ju einem aufjcrorbentlichen Stele hingelenft.
deshalb barf ber gorfdher ganj ruhig nach feiner ejaften
SWethobe arbeiten. ÜBenn er im natürlichen ©ebiete
ebenfo feiten unlösbaren Sftätfeln begegnet, als im ©ebiete
beS SffiunberS, fo barf er an bem ©efefce ber Äaufalität
unb ber (Srhaltung ber Äraft noch lange nicht ine »erben,
luch für bie Unveränberlicbfeit ©otteS »erben biefe 2luS*
nahmen nicht gefährlich, benn auch bie SBunber möchten
»ir fagen ftnb für ©ott natürlich, auch fte ftnb in ben
ewigen Qbeen ©otteS als in bereit ju »ettoirllichenbe
^h^len ber Allmacht eingefchloffen.
3e|}t »irb auch baS 83itt gebet nicht mehr uner=
llfirlich fein. SDlan »itt burch baSfelbe nicht auf bie 2111=
macht ©otteS ein»irfen, noch auch ©otteS ©üte unb
SBarmherjigfeit nach eigener Saune unb SBiHlür »enben.
SBenn aber ©ott als ber ^eilige unb ©erechte bie (Smpfäng*
Uchfeit unb baS Verlangen beS SDlenfchen »erlangt, um
bemfelben feine ©abenjur regten Seit mitteilen ju lönnen,
fo be»eifl bieS nur bie Stt&hängigleit beS menfehlichen
SEBillenS »om göttlichen SffiiHen, leine @tn»irlung auf bie
göttliche 2tömacbt. ©ott lennt baS |>etj beS SDlenfchen
»on ©»igleit her. 2UteS liegt offen unb naeft oor feinen
2lugen. @r erforfcht jperj unb Sitteren unb fleht bie
©ebanlen beS SDlenfchen jum voraus. Qn feiner ©üte
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2>ie alte unb neue SBettanfdjauung.
471
unb Sarmbetjigfeit bat er beföloffen alle, welche ihn
barum in rechter Steife bitten, ju erhören, wenn bie 6r=
börung ju beten ewigem SEBo^Ie gereift. 2Benn bie ®r=
bötung nicht (iattfinbet, fo ift bet ©läubige bennoch nicht
unglüdlicb, benn et fefct fein Settrauen unbebingt auf
@ott, bet beffer wetfj, waä ben ©einigen frommt. 2)ie
©fiter biefetS Sebenö finb ibm nottoenbig unb et betet
nach bet SnWeifung b ei $etrn um baS tägliche Srot,
aber fte füllen ibm nur ba« Stittel fein, um ba« ewige
Seben ju oerbienen, ju oerbienen, nicht um fi<b ju rfibmen,
fonbetn um bur<b bie ©nabe unb bie ©aben ©otte« fein
Seben gottäbnlicb ju geftalten, ooWommen ju werben, wie
bet Sätet im $immel ooHfommen ift, auf ba§ er, wenn
et \)\tx mit (SbtifhtS gelitten bat/ auch bort mit ibm
berrfeben bfirfe.
SBobl trifft ba« Unglfic! ©ute unb S ö fe, werben
bie ©ererbten oft mehr beimgefudjt al« bie Söfen. ©ott
lögt ben Slifcjirabl nach bem ©efe|e bet Statur feinen
Steg oerfolgen, ben $agel auf bie fluten berabfatten,
ohne bie ißerfon unb bie ©fitet bet ©Uten ju bef<bä|en.
Äranfbeit unb Sßejl, Ätieg unb Ungewitter wüten gegen
©ute unb Söfe gleich unbarmberjig. SEBit wollen nicht
unterfucben, Wie mannet bocb auf wunberbate Steife
oerf<bont bleibt ober gerettet Wirb, wir geben ju, baf)
getabe in biefem ©ebiete bie unerbitterlicbe Statut am
beftigfien wirft. Stie wäre e« aber attber« möglich,
fittlicbe Stde )u oetfolgen? Stürbe in allen ffäflen bet
©ute oerfebont, mit ©lücfSgfitern gefegnet, fo mfifjten
wir weit übet ben ©tanbpunft be« alten SEeflament«
jurfidgeben. „gürebtet wobl Sob ©ott unfanft?" ©rfl
im Unglficf unb Seiben fann ficb ber ©laube bewähren.
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472
©djanj,
SStber ohne biefen (Slaubea an ben geregten ©ott unb
bie auögleidhenbe ©eredhtigfeü im SenfeitS, ohne bie
Hoffnung auf ein ewiges Sehen »fite biefeS SRätfct beS
SebenS unlösbar, träte bet ÜJienfd) ba« unglücflidhfle
©efd&öpf. SSon biefem ©lauben getragen fann ihn nichts
bon ®^rifiu4 trennen, Wirb et audh burdhSeiben unb Set«
folgung nicht fleinmütig, ja !ann et felbfl ©ott bitten,
ihm Seiben ju fdhidfen, bafj et bem Ieibenben ^eilanb
gleichförmig treibe. 2Bäre bie ©ünbe nicht in bie Sßelt
gefommen, fo träte audh iht ganzes ©efolge beifeite
geblieben. ®ie SBelt hätte ein ganj anbereS SluSfehen
gewonnen, baS menfdhlidhe Seben einen ungetrübten ©ang
genommen. ®ie ©ünbe wirb butdh bie ©tlöfung gefühnt,
aber ihre folgen wirten nadh unb bet einjelne trägt
feinen &eil batan.
3m rollen Sichte be8 ©hriflentumS erfdheinen biefe
folgen bet ©ünbe als trübe ©chatten in einem fdhönen
©emälbe. ®ie alte 2Beltanf<hauung hot ftdh roQ unb
ganj auf biefen dhrifllid^en S3oben gefteüt unb bamit bie
#erjen bet ©läubigen getröftet unb geflärft. ®ie neue
2Beltanf<hauung hot nicht mehr ben 3Rut, biefen ©dhtitt
mit rollet Überjeugung ju thun unb muft bo<h aner«
lennen, bafe bie menfdhlidhe ©efettfdhaft ohne ^Religion
nicht befielen fann unb bafj baS ©htifientum bie roU«
fommenfie Religion ift. ®e8holb fdhwanft fte jwifdhen
©ott unb bet Statur, jWifdhen ißerfönlidhfeit unb Statur«
notwenbigfeit, jWifdhen ®hrt3muS unb ißantheiSmuS hin
unb tyx unb fudht nun audh bie dhrifllidhe Sehre unb
baS neue ©efefc biefet Sluffaffung anjupaffen. „SJtöge
man ftdh enblich entfdhliefjen," mahnt (Sarriete (©.69),
„Segriffe wie Offenbarung unb SBunber nidht auf bie ©ibel
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$ie alte unb neue SBeltanfdjauung. 473
einjufchränfen, fonbern ein allgemein ntenf<$Ii$e£ auf
feinem $öhepunlt in ber h- ©c^rift erfennen."
Auch ber Geologe mag feinen ©lauben an ben
lebenbigen ©ott nicht auf SBunber bauen. „SBaS be=
beuten ein paar SBunber in ber jahUofen 3Jienge ber
fftf$tn>unber? SBtr brauchen nicht einen ©ott, ber etliche
3Jtal feine Jtraft bewährt hat unb im übrigen ben 3)ingen
ihren Sauf läfct, fonbetn einen folchen, ber immer unb
überall wirft unb in ben aüergewöhnlichften ©rfcheinungen
ber gläubigen Seele nahe tritt. S)arum miß ich bie
SBunber überall lieber leiben als in berSReligion" (©. 87).
£ier liegen Übertreibungen unb SJiifioerjiänbniffe
»or. ®ie $ahl ber SBunber wirb möglichfl Perfleinert,
um fte ganj befeitigen ju fönnen, ihre Sebeutung als
Seichen, bie vorher allein anerlannt würbe, wirb igno=
riert, fte werben blo§ auf bie h- Schaft befchränft. 3)a
biefe ben ©runb unb Swed ber SBunber felbfl angibt,
ba bie SBunber mit ber religöfen ©rjiehung §ufammen=
hängen, fo fann nur bie SBunberfcheu ju obigem Au8=
fpruch geführt haben, ©ine SDlahnung an bie Apologeten
bürfte aber hier gleichfalls am Sßlafce fein, häufig
Werben bie SBunber ju einem integrierenben Seil ber
Religion felbft gemalt, werben bie SBunber in ber h-
Schrift unb Äirche gegen bie Angaben ber Schrift felbjl
als $auptfa<he betrachtet unb ber wahren S3ebeutung
ber Religion unb Sittlichkeit, ber inneren SBirfung auf
©eift unb $cr} nachgejleHt. S)ie geiftige ümwanblung
ber ÜWenf^heit ift ein größeres, ftch immer wieberholenbeS
SBunber unb fleht ben fpäteren ©ef<hle<htern näher. ©8
ift ein gehler ber mobernen 2Beltanf<hauung, welchen
auch unfere Autoren begehen, bah fte nur bie Sittlichleit,
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474
Sdionj,
bie ©eftnnung gelten taffen motten. SJlit Unreif wirb
behauptet, bafj ber gortfchritt ber Religion nur »om
gortfchritt bei fittlichen ©ewujjtfeini abhänge, bie Religion
ihren 3nhatt nicht erzeuge, fonbern ihn nur in feinen
tintigen 3 u f ammen § an 9 mit bem Unenblichen bringe.
®iei wäre nid^t einmal ber gtaH/ wenn ei gar leine
Offenbarung gebe, wenn ftefmi, wie beibe fetbft aui
ber b- SbEjrtft beweifen wollen, nur ein ©eniui ber
SOtenfchheit wäre. 2Bie bie ©rfenntnii au$ auf ben
Bitten einwirlt, fo bie Religion auf bai fittliche Seben.
$ie gerichtliche ©runblage bei ©hriftentumi ift gewifj
feine ©tärle, aber nur für benjenigen bie Urfacbe mancher^
lei SSerirrungen, ber bai Übernatürliche leugnet. Ohne
ben ©tauben an ben ©otteifobn ali ben ©rlöfer ber
SOtenfchen hätte bai ©hriftentum nie bie Sffielt überwunben.
hierin beruht feine belebcnbe unb befeligenbe 3Ra<ht.
©in tbeoretifibei ©ebantengebäube hätte freilich leinen
nachhaltigen ©inftufj auf bai Seben, bai haben bie
Sßhilofophen aller 3eiten bewiefen. Silber eine Sehre bie
vom £immel flammt, Äraft unb Seben verleiht ift ein
göttlichei germent. 9ti$t am Suchftaben hängt bai $eil,
bie ©eftnnung unb bai Seben finb bie $auptfa<be, aber
Wer ftcb gegen bai lebenbige SBort ©ottei gleichgütig
»erhält, ber wirb auch auf bie <hriftl«be ©eftnnung nicht
befonberi bebaut fein. S3on einer größeren ©emeinf^aft
lönnte unter folgen Serhältniffen überhaupt leine Siebe fein.
2)ie gorberung bei a^h^ologen, bai ©hriftentum in
feiner Einfachheit, bie gugleich feine einzigartige SBahr*
heit, Schönheit unb Äraft ift, immer allgemeiner erlernten
ju (affen unb bie 3uth fl ten ber ©efdjidhte, bie mancherlei
formen unb Silber in ©otteibienft unb Sehre ju ie-
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Die alte unb neue SBeltani'djauurtg.
475
feitigeit, iß nic^t neu. £)ie Reformatoren haben nur
bie ÜHenfdjenfafcuttjjen berwerfen wollen, bie Meißen unb
Slufflärungöp^ilofop^en haben bie edjte, natürliche Reli=
flion, mit weichet baS ©hrißentum übereinßimmen foß,
herßeHen wollen, bie Rationalißen unb Äritiler ber neueren
3eit hoben »orgegeben, baS ©hrißentum non feinen aber:
gläubifd&en RuSwfichfen reinigen ju wollen. S)a3 6nb=
ergebniS biefer Serfud&e jeigt bie moberne 2Mtanf<hauuug.
SBäre baS ©hrißentum nicht mächtiger als feine oorgeb=
liehen SSerbeßerer, fo wäre eS längß aus ber ©efeüßhaft
nerfdjwunben. RlS ob man einen Saum auf bie ÜBurjel
jutüdfehneiben fönnte, als ob ber einzelne berufen unb
befähigt wäre in bem, was eine 1800jährige Überlieferung
unb ©ntwidlung ber ©egenwart barbieten, SBefentlicheS
unb Unwefentlid&es ßd>er ju unterfcheiben unb ben einjig
richtigen ©inn ber h- ©<hnft ju ergrünben!
HJtit welchem ©rfolge bieS gedieht, jeigt bie ratio*
nalißifche Ruffaffung ber fßerfon 3>efu. @S iß unmöglich
bie „einjigartige" fßerfönlichfeit ju nerßehen, wenn man
bie göttliche Ratur »erwirft. SJtan barf nicht beliebig
bie ©ünbeloßgfeit unb |jeiligfeit beS Qbealmenfchen
von ben SEBorten unb ©eboten trennen. S)ieS iß eine
SffiiHfür, ein Unrecht gegen bie h- ©djrift. ©eine Se=
rufung auf ben Sater würbe jur SBlaSphtemie, wenn er
ni$t in einem befonberen ÄinbfchaftSoerhältniS geßanben
wäre, fein Rnfarucb auf ©ehorfam für baS neue ©efefc
jur Rnmafjung, wenn er nicht Rtacht hätte, ju gebieten,
feine Setfünbigung ber allgemeinen ©rlöfung unb Set:
föhnung jur Heuchelei, wenn ihm nicht ade SJtacht im
#immel unb auf ©rben gegeben gewefen wäre. dJtit
einem folgen Rnfptucb iß noch nie ein Rtenfch auf ©rben
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@<$ana,
etfd&ienen. 9tut et fonnte Tagen, beine ©ünben ftnb
bit vergeben, ©ein ganjeä geben, Seiten unb Raubein
wirb ju einem unlöäbaten SRätfel, wenn in ihm nicht
©ott felbfl ju ben 3Jtenf$en hetabgeftiegen ift.
2Bir fehen hietauä, toie tief bie moberne ÜBiffen*
fdmft auch bei wohlwollenben, religiös angelegten 9ta=
tuten in baä teligiöfe ®en!en unb fühlen eingebrungen
ift. 2Bir [eben aber ebenfo h«tauä, wie notwenbig eä
ift, ftch übet bie ©tunblagen bet chriftlühen SEBeltan--
fdjauung Hat ju werben, benn baS witb man ft<h fauut
verhehlen bütfen, bafj eine gewiffe ©lepfiä gegen bie
^iS^erige SBeweiäfühtung bet alten SBeltanfchauung in
weiten Steifen eingetiffen ift. 6ä ift notwenbig, ftch in
baä moberne ®enfen ^ineiuguöerTe^en unb oont ©tanb=
punlte bet ©egnet auä bie 93etteibigung ju führen.
®ieä mag benen, welche nur an bie alte gotrn gewöhnt
ftnb, gefährlich erfreuten, ei ift bo<h für bie oeränberten
SSethältniffe bet am meifien terfprecheube 2Beg. 2Bet
ängftlich bemüht ift, in allem bie alte gorm ju bewahren,
fefct fuh bet ©efaht auä bet ©a<he ju fchaben, weil et
ju viel beweifen will.
SSon jwei oetfchiebenen ©eiten ift neuerbingä bet
SSerfuch gemacht worben, bie Unterfcheibung jwifchen
bet ©rlenntniä beä SBefenä unb beä ®afeinä ©otteä
alä unmöglich ober gefährlich batjufteflen; oon bet einen
©eite, um bie behauptete eöibente ©rlenntniä beä ®a=
feinä, bet ftriften ®emonftrabilität ©otteä ju beftreiten
unb in bem fubjettiven gaftor bet ©otteäibee bem fot*
malen SBegriff beä ®afeinä einen bie ©oibenj beeinfluffeuben,
aber bet ©rlenntniä beä äBefenä ©otteä ju gute fommenben
lonfreten 3«h fl lt ju geben, oon ber anberen ©eite.
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SDie alte unb neue SBeltanfäauung.
477
um mit bem ®afein ©otteS in gleid) fitenget SEBeife
auch baS SEBefen ©otteS ;u bemeifen. S)enn „je abäguater
bie SorfteUung ton ©otteS SEBefen unb SoHfommenbeit
wirb, befto leister, llater unb fefier wirb bie Überzeugung
ton feinem ®afein." ®as Umgelebrte ^at bie mobetne
SEBeltanf^auung als Folgerung na<bge©iefen. 3febenfatlä
Zeigt bie ganze 9teligiouSgefdbi<bte, bafj übet baS SEBefen
©otteS bie Meinungen weit mehr auSeinanbergeben als
übet ba$ ®afein. hierin ift baS fittlicbe Sewufjtfein
weit ©irlfatner als in bet allgemeinen ffrage. 2Bir
lönnen uns aufjerbem für unfete gegenteilige Slnftdbt
auf bie ^aupttertteter bet alten SBeltanfdbauung berufen.
WiD bie? nidjt bie jabitetdbenStellen beträtet
unb Geologen übet bie Unbegreifttd&teit ©otteS anfübren.
9Ran tann biefetben überall fiuben, z- ®. bei ißetatiuS,
ber biefelben babin jufammenfafjt ’): „®afs eS einen ©ott
gebe, baff betfelbe ton ÜRatur ein einziger unb einzig*
artiger fei, ift in ben totbergebenben Kapiteln hinlänglich
bettiefen. ®aS ift aber baS ©inzige, ©aS wir ton ihm
Har begreifen lönnen, bafj er einer ift. Stenn ©aS er
ift unb welcher 2lrt feine Sftatur ober fein SEBefen unb
feine eigentlidbe Sefcbaffenbeit fei, lann burdbauS nidbt
erforfdbt ober erllärt tterben." 2Bet ißlaton ober Sicero
liest 1 ) tann bie Stofidbt ber alten ?ßb>ilofop^en hierüber
lennen lernen, ©er bie Serteibigung ber Sätet gegen
ben SlrianiSmuS »erfolgt, ©irb einen tiefen ©inblid in
bie Sehre ber SUen betommen. 3<b terweife nur auf
©regor ton ÜRpffa, ber gegen ©unomiuS bemerlt, bie
göttliche 6ubftanz fönne nur barin ertannt ©erben, bafj
1) De Deo 1, 5.
2) of. De nat. Deor. 1, 22.
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478
Sdjonj,
jte unbegreiflich fei, „beim bag ifi ihr eigenfieg ©rlennungg*
jeidhen, bafj ihre Statur übet jebe charalterifiereube 33e=
jeichnung ergaben ifi." Selbft bie Offenbarung, bet h-
©eifl betreibe bie ©eheimniffe beg ©laubenS bur<h bag
mag non ung begriffen metben lönne, um uns übet
bag ju belehren, mag alle Siebe unb Vernunft überfleigt,
„inbem et bur$ Analogie ( avcdoyixwg ) mittelfi beffen
mag non ©ott gefagt mitb ung ju einet höheren Sbee
emporführt."
ÜJtit bem 5Pfeubo=2lreopagiten unb ^ohanneg öon
©amagfug lehrt bet h- £h°maS: „SSon ©ott lönnen
mit nicht miffen mag et ifi, fonbetn nur mag et nicht
ifi 1 )." Stuf ben ©inmanb, bafj, menn man ihn aug
feinen SBirfungen bemeife, man einen Sprung mache,
meil jmifchen ben enblichen SBitfungen unb bet unenb*
liehen Utfache lein SBethältnig befiele, etmiebett et, eg
lönne aHerbingg hieraus leine ooUlommene ©rlenntnig
bet Utfache erhalten metben, bodh lönne aug jeber SBirlung
bag SSorhanbenfein einet Utfache nachgemiefen metben.
„Unb fo lann aug ben ÜBitfungen ©otteg bag S)afein
©otteg bemiefen metben, obgleich toir burch biefelbe ihn
nicht oollfommen nach feinem SBefen erlennen lönnen."
®ie neuere fß^ilofop^ie fefct bafür richtiger mit Seibnij
ben jureichenben ©tunb. 3Jtan<he meinen mit biefem
SBemeig ex contingentia mundi oon jebem ißunlte beg
©nblidjen aug, bag 5Dafein nicht blof; einet Utfache,
fonbetn ©otteg in bollern Sinne bemeifen ju lönnen.
Slber min man mit bet f^olafiifchen Sßhitofophie ben
©tunbgebanlen anetlennen, fo lann man jmar aug bem
©injelnen unb noch b>eit mehr aug bet majefiätifchen
1) L. th. 1, 7, 1. 2, 2.
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Sie alte unb neue 83ettanf$auung.
479
©efammtheit ber ©efröpfe ba« unbeflreitbare Safein
be« böcbflen 2Befen« folgern, aber man tnufj audb mit
ihr jugeben, bafc biefeö feinem inneren SBefen nach für
bie Äraft ber Statur unerreichbar fei. Sie SSernuuft
be« aDtenfcben ifl nie im ©tanbe, jemals jum Kahren
Segriff bet ©Kigfeit $u gelangen, um fo Keniger fann
jte ba« SBefen be« eKig ©eienben begreifen. Stur Ka«
mH ber Urfa<he al« fold>er jufammenhängt, toermögen
Kir ju erlernten, infofern jie nemlidh bie erfie Urfacbe
aller Singe ifl unb alle« Bon ihr SeKirfte überf^teitet ’).
„SBeil mir Bon ©ott mehr mifjen, Ka« er nid^t ifl,
al« Ka« er ifl, fo bebient ft<h bie h- Schrift Betriebener
Silber, mel^e ben nieberen Kreaturen entlehnt finb.
Senn gerabe bie ©leidhniffe jener Singe, - Kelche Bon
©ott mcit abfiehen, bemirlen für un« eine Kahrere
Meinung über ©ott, nemlidh, baf) er erhaben ifl über
ba« ma« mir non ©ott fagen ober benfen 8 )". Sie
©inheit ©otte« lägt ft<h beKeifen, aber bie ©inheit be«
göttlichen SBefen«, Kie e« Bon ben ©läubigen angenommen
Kirb, nemlidh mit ber Allmacht unb allgemeinen SSotfehuug
unb anberem Serartigem, ma« nicht bemiefen Kerben
fann, bilbet einen @lauben«artifel*).
2luf biefer Sotau«fe|ung beruht bie Untertreibung
§Kif<hen ber grage an sit ober quid sit Deus. Sag man
beibe« untetfreiben fann ifl flar, bag man e« trennen
fann, ifl unmöglich, Keil man bo<h nicht für ein eitige=
bilbete« ©ehernen ben^Bemei« be« Safein« führen Kirb.
So<h h«6e ich ben heftigen Streit um biefe Untertreibung
1 ) s. th. 1 , 12 , 12 .
2) L. c. 1, 1, 9 ad 3. C. Gent. 1, 8. 14.
3) Defide (Quaest. diap. 14) a. 9 ad 8. P. Vatic. 3 cap. 1 u 2.
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480
S<$an§,
nie redht begreifen lönnen. 2Jtan führt ja bie ©eweife
für baS Safein ©otteS in ber Sogmatif ober Apoto«
getif, too man ben ©taubenSinhalt mehr ober toeniger
als befannt »orauSfe|t SBenu aber bie SfleligionSphilo«
fophie fich bamii befdhäftigt, fo ift ihr bet begriff ©otteS
gefdjiidhttich gegeben ober fie unterfudEjt bie ©ntfiehung
beSfelben auf inbuftioem 3EBege, um eine @inft<ht in
benfelben ju befommen ober ihn er fl näher ju beftimmen.
Safj fie baS le^te ißrinjip ©ott nennt, $ängt bodh immer
toieber mit ber Religion jufammen. SieS ifl ja auch
bet Äern beS ontologifcpen ©erfahrenS, fo toeit ber
Segtiff beS Unenblidjen in ©etracht fommt. Unter biefem
©eftchtspunfte hat ©ratrp nicht fo Unredbt, wenn er ben
Sufiniteftmalcalcul als Stuftet für feinen ontologifd&en
©eweis für baS Safein ©otteS benüpt. SEBie in ber
unenblicpen Steife but<h baS unenblüh Äleine bei aller
Annäherung baS 3iel nie erreicht unb bodh eine befümmte
©röfje nadhgewiefen wirb, fo muff nach feiner Sarftettung
auch ber 3 >nbuftion$f<hluf 3 burdh einen Übergang mittelfl
ber „teligiöfen Spannung," beS „Sinnes für ©ott" ober
wie fonft bie $bee beS Unenblidhen genannt wirb, bewirft
werben, ©ine allgemeine $bee oon ©ott anerfennt auch
ber h- ^howaS.
Sie ©erneife beS f). S^omaS finb allgemein belannt
Am flarften finb bie »quinque viae« in ber theologifdhen
Summa bargefteüt 3<h Will biefelben hier Weber analp«
fteren no<h ftitifieren, fonbern blo§ auf bie formelle
Folgerung aufmerffam machen. Ser erfte unb flarfle
3Beg ifl ber aus ber ©ewegung, bie allgemein bom
Übergang aus ber fßotenj in ben Alt aufgefajjt wirb.
SaS ©ewegte fefct ein bewegenbeS oorauS unb fo fort.
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5)ie alte unb nrue.2Bettanf$auung.
481
BiS Wir, ba ein regressus in infinitam unjuHfjtg ifl,
)u einem erfien, unbewegten SeWeger fommen. „Unb
biefen galten alle für ©ott" 2) er jweite 2Beg geht non
ber wirlfamen Urfache aus unb führt )u einer erfien
Urfache, „welche alle ©ott nennen." 2)et britte SBeg
aus bem begriffe beS 3Jiögtid>en unb SRotwenbigen forbert
bie -Jlotwenbigleit, etwas für ft<$ SRotwenbigeS anjunehmen,
baS ben ©runb ber -Jlotwenbigleit nic^t anberSwoBer
Bat, fonbern für anbete ber ©runb ber -Jlotwenbigleit
ifl. „2)iefeS nennen alle ©ott." 25er bierte 3Beg aus
bem ©rabunterfchiebe im ©Uten, SßaBten unb anbetem
oerlangt etwas, welkes baS SBaBrfie, Söefle, ©belfle
unb folgerichtig am meifien ©eienbe ifl. 9Hfo gieBt eS
etwas, baS für alle ©eienben ber ©runb beS ©eins,
ber ©fite unb jeher SSoMommenheit ifl. „Unb bieS nennen
Wir ©ott." 2>et fünfte 3Beg geht »on ber Seitung ber
2)inge aus. SBit fehen, baft einige Bewufjtlofe 2)inge
jwedmäfjig Bibeln, alfo nicht jufäüig, fonbern abficht=
li<B ju einem 3^ e gelangen. 2)ieS ifl nicht möglich,
aufjer fie Werben oon einem erfennenben unb intelligenten
Sßefen, Wie ber Sßfeil bom ©chü^en, geleitet. Sltfo gieBt
eS etwas intelligentes, bon welchen alle natürlichen 2)inge
jum Siele georbnet werben. „Unb bieS nennen wir ©ott."
•Jlie Jagt ShomaS: „unb bieS ifl ©ott." ©Benfo
oerffihtt er in ber pBtf°fopBif<B«n ©umme. -Jlur einmal,
beim appetibile (1, 13) Bemerlt er, bafs ber erjie Söe*
weger, ber burchauS getrennt bom bewegten unb unBe»
weglich fei, ©ott fei. „2)iefet ifl ©ott." 2)agegen fehltest
er auch bort wie im folgenben Äapüel feine SBeweiSfüB*
rung mit ber Stemetluitg, bafj bie -Jlotwenbigleit eines
erfien ©eienben Bewiefen fei. „Unb biefeS nennen wir
tycol. Quartalföttft. 1890. $eft III. 31
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§<fanj,
m
Sott." SJtinbeftenb muh man alfo ^ietaud fliegen, bah
nach ber SCnflc^t beb h- X^omaS bet einzelne Setoeib für
füh genommen, noch nidht ju bem »ollen ©egriff ©otteö
führt. ®ie ©injelbemeife fdhlieffen einzeln auf bie Söirt-
lidhfeit ber (Spiflenj ber fünf ©igenfdhaften. SJtit Sejug
hierauf bejtfcen fte »oDe SBahrheit unb ©enri&heit, mit
©ejug auf bab ®afein ©otteb aber nur SBahrfdheinlicbleit.
3n ihrer ©efamtheit geben fte einen fixeren ©etoeib für
bab ®afein ©otteb, infofem er alb bab Subjelt aufge*
fajjt toirb, in toeldheb bie fünf ©igenfdhaften »erlegt finb.
Kber über bab SBefen ifi hi e bur<h nichts ertoiefen, toab
über bie abfolute Urfadfje, ben Anfang unb bab ©nbe
hinaubführen mürbe. Sollte man aud> jugeben, baß jebeb
©efdhßpf bab ®afein beb hü<hfien SBefenb betoeife, fo
mühte man bodh fejlhalten, bah eb jugleidh bie Hnmög:
lidhleil, babfelbe in feinem inneren SBefen burdh bie Kraft
ber Statur ju erreidhen, barthue. SBeit alle ©etoeife enb=
liehen ©erhältnijfen entnommen ftnb, fo lönnen fte auf
©ott nur eine analoge Slntoenbung ftnben *). Dab SBefen
beb fdhledhthin Unbetoeglidhen ifi aub bem eublidhen ©e-
megten burdh bie Kraft bet ©emunft nidht erfannt toorben.
SDie ©emunft fommt nur bib jum ©chluhbunft. ®iefer
nimmt aber an bem SBefen beb ®ingeb nidht teil.
®ie allein jum 3tele führenbe Analogie muh
»oh ben »erfdhiebenen Kategorien ber enblidhen ®ittge
aubgehen. (Sb giebt leblofe unb belebte, empfütbenbe
unb bettmfjtlofe, unfreie unb freie unb felbfibetouhte SBefen.
gür alle biefe SBefen muh eine erfte Urfadhe oorhanben fein.
®a bie einzelnen Kategorien nidht aub einanbet abgeleitet,
bie Stufenfolge ber organifdhen Seit nidht burdh me$a«
1) Thom. ßup. Boeth. L 2 q. 2 a. 3.
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©ie alte unb nette SBeltanfdjauung. 483
nifdjen ßt>olutioni«mu« erflfirt »erben fann, fo muß bie
erfie Urfadhe wenigften« ebenfo ho<b al« ba« (löffle enbs
lid^e SBefen fielen. ®ie ©efamtheit aller Sßefen mit ihrem
gegenfeitigen SBejogenfein unb ihrer .ßwecfbeflimmung
jMt ba« ^öc^fte SEBefcn »eit über ba« erfle enbli$e SBefen
hinau«. 5Die erfie Urfache muß alfo nicht nur ba« um
bewegliche Söewegenbe fein, jte muß auch lebenbig unb
lebenfpenbenb, bewußt, felbftbewußt, frei, abfolute« Selbfc
bewußtfein unb abfolute Freiheit fein. ©in burch ft<h
Sebenbige« muß bie Urfadje aller anberen ßebenbigen,
ein bur<h fi<h SSemünftige« bie Urfadhe alle« SSernünftigen
fein, bie« muß aber ein unb biefelbe abfolute Urfache
fein, fo baß wir nicht etwa ju mehreren 3beal»efen, von
benen ba« eine ba« Beben, ba« anbere bie Vernunft an ft<h
Wäre, fonbern }u bem einen SXbfoluten, ba« wir burch
mannigfache ©ebanlen benten unb mit vielen Slamen
benennen 1 ), gelangen.
©« lönnte fdfteinen, baß hierau« für ben abfoluten
©eifl bie ©igenfchafi ber 2f eität folge. Unb biefe lönnte
gu einer ©infidht in ba« SBefen ©otte« führen. $umal
wenn man, wa« auch ^homa« thut, mit bem mehr nega=
fioen @ptte«begriff be« Slriftotele« ben poftttoen Segriff
ißlaton« oerbinbet. äbet einer ber neueften unb begeifter=
tefien Anhänger be« h- S^homa« unb ber Xh om ^ en oets
wahrt fi<h gerabeju gegen biefe Folgerung. ®ie aseitas
fei unnüjj, falfch, jerftörenb, ber nacEte SJJantheiömu«!
3nbem er aber ben Segriff ber Stoigfeit al« ben tieffien
©runb aller übrigen SSoHtommenheiten betrachtet, muß
et jugleich belennen, baß bei ben thomiftif<hen SBeweifen,
Wenn ber SuSbtud erlaubt wäre, ber ganje ©ott übrig
1) Thom. In über de dir. nom. o. 5 1. 1.
31*
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484
bleibe 1 2 3 ). ©ie gewöhnliche SJleinung, bajj ©otteS SBefen
na<$ bem SJegriff bet Stfeität ald abfotute Selbflbeftim*
mung unb abfolute Urfädhlidhleit für ©eitlen unb SBoUen
ju faffen fei, entfpridht unferet ©rlenntnidtoeife, nach welket
bad ©rfannte befiimmt wirb *), mehr, aber man barf nie
tergeffen, bajj bet Übergang per viam remotionis s.
negationis betoerlftelligt »urbe unb bie Sinologie bed
eigenen ©eifiedlebend ben Seüfiern bilbete. ©araud folgt,
baff »oir ©ott nur ald abfolute ißerfönlidjleit benlen
fönnen, aber nicht toeniger, baf$ fein SBefen und unbe«
greiflidh bleibt, Selbft oom SBiffen bed ©laubend fagt
ja ber Slpoftel, bafi ed StücEtoerl fei. SBir erfennen
biedfeitd nur im fftfitfel toie burch einen Spiegel, ©er
©laube bietet einen ©rfafc für bad Stauen; er lenlt ja
unfere SBlide auf bad IJenfeitd, »oo wir ©ott Don Singe*
ficht ju Singefidht flauen; er ift ein SSetoeid für bie nidht
ftdhtbaren ©inge.
gür bad natürliche ©tfennen genägt ed, toenn ed
ben ©eift auf biefen ©lauben öorbereitet. ©enn ber
©laube felbfi flü^t (ich auf bie göttliche Slultorität. Um
biefe ju erlennen ifi ed nottoenbig, bie pofttioen, gefehlt*
liehen SSeranflaltungen ©otted jum $eile ber ÜRenfchen
iennen ju lernen *). @rfl baburch erhält bie alte SBelt*
anfehauung ihren mähren ©haralter. ©araud ergiebt ftdh
aber für bie ÜBiffenfdhaft bie Slufgabe, alle biefe SSoraud*
fe|ungen mit ben Mitteln ber heutigen EEBiffenfdjaft ju
unferfu<hen unb ju bemeifen. ©ie alte SBeltanfdhauung
toirb in ber ©egenioart nidht toirlfam »erteibigt »erben,
1) cf. Thom. c. Gent. 1, 15.
2) Thom. S. th. 1, 12, 4.
3) Thom. c. Gent. 1, 9.
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SKeatte unb neue SBettanfc&auung.
486
»cnn nift bie Hilfsmittel bet mobetnen SBeltanffauung
ausgiebig oermenbet »erben. 2)ie ©pinne, »elfe ftets
bie gleiten gäben au« intern Seite jieht, genügt nift.
@8 ifi bie Siene, »elfe ben $onig non allen Slüten
fammelt, ebenfo unentbehrlich
SSorfiehenbe Abhanbtung trat bereit« in bie ©rucferei
gegeben, al« mir bet Stuffaft „Apologetiffe ^enbenjen
unb Stiftungen" im gahrbuf für ißhilofophie 1890
}u ©efif t {am. ®ie fEenbenj be«felben geht fafl au«=
ffliefjlif gegen meine Apologie unb meine ©tubie über
bie „natürliche Steligion." S)er SSerfaffer, Äanonilu«
©tofener, ifi aber al« einfeitiger, um nift §u fagen
fanatiffer Perteibiger be« ejtremen 2:h°mt«mu8 fo be=
fannt, bafj if burf feinen ÜBibetfpruf nur in bet Über-
jeugung non ber Stif tigfeit meiner »iffenff aftlif en Auf»
faffung befiärft toetbe. SDafj if ba« Ghrifientum nur
al« „relativen ©uperlatio unter ben Steligionen" an-
fehe, fann nur berjenige behaupten, »elfer bie apo=
logetiffe SOtefobe non bet bogmatiffen nift unter»
ffeiben »iH unb non meiner Apologie nift viel mehr
al« ben erfien Paragraphen gelefen hat. £>ie „2ßitflif=
{eit" einer natürlif en Steligion beftreiten auf bie neue»
fien {atholiffen Apologeten, greilif si duo faciunt
idem, uon est idem ! SDa« »probare* gegen ben &rabi»
tionali«mu« ifi im Patilanum burf certo cognosci posse
»iebetgegeben. S3ie Unterffeibung eine« feinen unb
groben 5£rabitionali«mu8 ifi alfo nift „hinfällig." ©elbfi
SDtartin bemerft, bafj man nur „ben fitengen ober craffen
£rabitionaIi«mu«" nertoerfen »ollte. ®e«halb mufe if
mif gegen bie ^nfuiuation verwahren, ba{j mein $rabi*
tionali«mu« nift ganj aufriftig fei.
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n.
K e^enfiotten.
1.
1. fleben unb SBirfen bc8 ©ilbljauerS SiK ftiemenftneibcr
boit V. Bebet. ättit 20 Slbbilbungen. ßWeite btelfac^
üerbefferte «nb feljr üermeljrte Auflage. 2Bürjburg=SBien,
Seo SBörl 1888. VII. 79 gr. 8.
2. Sin BeltbUb nuferer lirdjUdjen ftnttß, gejeidjnet in bet
S3atifanifc^en SluSfteflung üon #. ©teoboba, Äoplan am
beutfdjen Eampo Santo in 5Rom. 3Rit fed)8 ßunftbeü
lagen. ©aberborn,@d)5ntngIjl889.48®. 8. ©rei8:l,80.
8. fhmjlflttbint üon ff. §offe, o. 0. ©rofeffor bet Snatomie
an b. Unib. SBreSlau. ©ritteS §eft: 4. $ie ©erttftrung
©jrifti üon {Rafael. (Sine Xafel in 2i<f)tbrad. ©reStau,
SBiSfott 1889. 23 @. 4.
4. frittjtyir« fragen bet djrißUgm ttntäologie mit befonbetet
©erfidfidjtigung bet „gorfdjungen" üon ©djulfce, $afen>
cleüet unb SldjeliS erörtert üon 3- Bildert. SRit jtoei
Xafetn in Sidjtbrud. greiburg, Berber 1889. VIII,
104 S. gr. 8. ©rei«: 3 SW.
6. (Sin ©eitrag jur Söfung ber geUcitabfrage. ©on Dr.
3- gältet, ftgl. ©tubienltfjrer in greifing. Seipjig,
@. god 1890. 162 ©. 8. ©rei«: SK. 1,00.
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SBeber, tBiemenfdjnttber.
487
1. Siemenfchnetber nimmt unter ben beutföen Äflnft*
lern be« au«gebenben SUttelalter« einen anfehnlkben
Sang ein. 2Ron lann jtoat bejtoeifeln, ob er einem
Seit Stofe unb 8bam Ärafft gleich {lebt, toie SB. behauptet.
$ 0 $ fomrnt er biefen SJtännern immerhin fehr nahe.
@r oerbient baher ein gebühtenbe« S)enlmal in ber
fiitteratur, unb biefeS toirb ihm in ber ootliegenben,
auf grflnblichen Stubien beruhenben unb fehr fcfeön au«*
geftatteten Schrift gefegt. 2>ie Arbeit liegt bereit« in
jtoeiter oerbefferter Auflage toor. Sie joirb in biefer
noch mehr £efet ftnben al« in ber erflcn, unb fte oerbient e«.
2. ®ie $)euff<htift über bie oatilanifche Slußflellung
ifl oom Afihetif<h4iturgif<hen Stanbpunft au« abgefafet.
6« foDte eine fachmännifche SBiirbigung ber SBeltau«*
fleHung lir^lidher Äunfl t. 3.1888 gegeben »erben, unb
ber Aufgabe toirb gut entfprochen. SJtit furjen, aber
triftigen unb fieberen Strichen toirb ber Äunftftanbpunft
ber oerfchiebenen £inber gejelchuet, toeldhe ju ber Hu«*
fteHung beitrugen.
3. Saphaet« Serllätung Ghrijli hat bi«her eine fehr
•oerfcbiebene Beurteilung erfahren, £ob unb Sabel unter
mannigfachen @efieht«punften. Sie günftige Stimme ift
inbeffen entfchieben bie oorherrfchenbe. Such ber Ser*
faffer ber oorflebenben Stubie fleht auf ber Seite bet
Setounberer. Gr fcheint bem ©emälbe fogar ben erflen
Slang unter ben SBerlen be« großen Steiftet« anjutoeifen.
®t fcbteibt toenigflen«: nachbem et einmal in ben Sinn
be« ©anjen eingebtungen — er ftnbet in bem Silbe nicht
blofe, toie fchon anbcre wollten, ben fEtiumpfe be« ©lauben«
an ben einigen ©ott, fonbern jugleich, toie ihm bie beiben
gfiguren be« Stofe« unb be« Gtia« jeigen, ben Sieg be«
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488
$affe, Runftftubien.
dhrifUühen ©laubenS übet beu beS alten XeflqmenteS
auSgebrüdt — fei auch feine Sewunberung bet ©infa<h=
heit bet ganjen XarfleUung, bet Schönheit bet @ruppie=
tung unb beS wunbertooüen Aufbaues bet ©tupfen ge-
jtiegen, ganj abgefehen non bet Schönheit berSinjelftguren;
bie Schule non Athen, bie XiSputa halten feines ©radhtenS
nicht entfernt ben Vergleich aus mit biefet lebten ©chöpfung
Sftaphaels, bie, tnie eS fcheint, auch feine ßieblingSfchöpfung
gewefen; Hat unb burdhfidhtig etfdheine ihm baS ©anje,
unb et netflehe faum, tnie ein foldher SGßibcrftreit bet
SNeinungen habe entgehen fönnen. S)aS Urteil tnirb mannen
übettafchen. 3}<h bin inSbefonbete mit bet niebrigen
Stellung nicht einoerjlanben, bie ben jwei weiteten Silbern,
namentlich bet SMSputa, in bem Sergleüh angewiefen
witb. aber ich muff anbererfeits geflehen, bafc mich bie
Ausführung beS Serf. in bet SBürbigung beS Silbe«
erheblich förberte unb bamit infianbfefcte, baS ©emälbe
beträchtlich höher ju fehlen, als ich eS bisher gethan.
®ie Abhanblung witb auch anbetn wittfommen unb non
•Rufcen fein.
4. SBie bet Xitel jeigt, folgt hier eine ©treitfehrift
©ie Wenbetfuhhauptffidhlich gegen ^afenclener unb AdheliS,
bejw. beten ©chriften: Ster altchtifllidhe ©räberfdhmud
1886; baS ©pmbol beS gifdhe« unb bie gifchbenfmäler bet
rßmifdhen Äatalomben 1888. 3« britter ßinie wirb S.
©chulfce beriidfichtigt, ba et in bem Auffafc über ben
gegenwärtigen ©tanb bet fit<hli<h=at<häologif<hen ffforfdhung
in geitfehr. f. I SB. u. f. ß. 1888 ©. 296 ff. jum SeweiS
bet Sehauptung, bah, was bie SJtethobe unb Steife beS
Urteils anlangt, bie beutfehe proteflantifdhe SBiffenfchaft
bie römif<h=fatholif<hen Xheologen im allgemeinen weit
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SBitpert, $rinjipienfragen.
489
überholt habe, bauptfä<bti<b auf jene beiben SOtänner »et*
wie? unb biefe ihrerfeit? jum großen Seil auf feinen
©«buttern fielen. Sieben bei polemißhen nimmt bie
Arbeit aber auch eine pofttioe ©eite in 2tnfpru«h, „inbem
niete fragen, jumat auf bem ©ebiete bet ©bmbolil,
eingebenb bebanbett werben, auf Welchem non bet fatbo=
lißhen wie proteßantißhen gorfchung fo febr gefünbigt
worben iß unb no«b immer gefünbigt wirb".
2Bie 2B. in bem testen ©aß felbß anerlennt, hat
man auf bem ©ebiete ber ©pmbolif fatholißherfeit? niete
gebier begangen. 9Jtan fab in gewiffen giguren unb
unb Silbern aüju leicht ©pmbole unb lieg ß«h in Deutung
ber ©bmbote ju niel non einer ßhranfenlofen ^ß^antafie
leiten. ®iefe Ausbreitungen mußten jurüdgewiefen
werben, unb $afencleoer unb AcheliS glaubten bie Stuf*
gäbe auf beftimmten ©ebieten übernehmen ju foEen.
3ener fam mit feiner Unterfuchung ju bem Aefultat:
„®er alt<briftli(be ©räberfchmud iß wefentli«b Ornamente!,
nicht ©hmbolit; was aber non ©pmbolif batin ß«b ßnbet,
iß erß aus einer Kombination ber norhanbenen giguren
mit «btißli<ben 3been entßanben. ®ie giguren hoben
biefe ©pmbolif gemäßen, ni<bt aber hat bie Abßcht,
©pmbole batjußeEen, bie giguren gemäßen "(©.259 f.).
SJüt biefer AufßeEung f«hritt aber noch weit mehr
über bie ßinie hinauf als bie non ihm befümpfte SBißen--
f«baft. 6t fanb baher halb einen ©egner in AcheliS.
Stach beßen Anß<ht (©. 102) liegen bem Suche £afen=
denen? jwar „jtnei richtige Seobachtungen ju ©runbe:
1. baß bie tßrobufte ber Äatafombenfunß unmöglich
Präger aßet ber «hrißtich* mpßif«hen unb bogmatifcpen
©ebanlen fein fönnen, woju ße latholifche Archäologen
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XBitycrt,
bi4 jum heutigen Sag §u ftempeln ft<h bemühen; 2. baff
fie bie mannigfach fien Berührung«bunfte mit bet antilen
Äunfi hat, inbem manche Sujet« von bort hetübergenommen
jtnb unb auch in bet SarfleEungöart bet neuetfunbenen
Borwütfe noch manche güge nebenfächlich« 2ttt au«
flafftfchen BotWürfen entlehnt jtnb." 6« wirb abet auch
beigefügt: „in Äonfequenj biefer richtigen ©ebanfen habe
$. au« bet ©efcbicbte bet altchrifllichen Äunft einen bet*
artigen SJtetbani«mu« gemacht, ber tveit bavon entfernt
iji, einet unbefangenen gerichtlichen Betrachtung ju ent=
fprechen," toie et fie (S. 183) für feine SatfleEung be=
anfprucht. 91. fucht nun eine richtigere Etllärung. (St
räumt bet Shmbolil, tvähtenb fajl gäujlich jte be=
feitigt, einerfeit« triebet ein größere« gelb ein. Bon ben 67
gifchmonumenten, welche in ben Urei« feinet Betrachtung
gehören foEen, bemerft et S. 73 bie Etgebniffe be« erften
9lbf<hnitte« feinet Schrift jufammenfaffenb, gehen höchflen«
12 al« nichtfhmbolifch ab; bei einigen fcheine ba« gif<h=
bilb nur ben SBert einet Hnfpietung auf ben Flamen ober
ba« (Bewerbe be« Betfiorbenen ju haben; bei 55 aber
fcheine lein Orunb vorjuliegen, fie au« bet fhmbolifcben
Älaffe ju fiteichen; fie werben wohl alle Ehriftu« bat«
fiellen foEen, teil« burch bie Segenbe IX&Y2, bei welcher
bie Erinnerung an bie Entfiehung be« Shmbot« noch ju
Sage trete, teil« burch ba« Bilb be« gif che«. 3tnberer=
feit« aber toiE er in bem jweiten 9lbf«hnitt nachgewiefen
haben, baß ba« euchariftifcbe gifchfhmbol in ben ©emälben
ber Äatafomben nicht jur SarfteEung gelommen fei; bie
vier ftalliniftinifchen SRahle unb ba« wenig beachtete Bilb
in €. Bri«ciEa feien Sarfteüungen be« Speifung«wunbet«,
bie gifche in S. Sucina unb ba« Secfeubtlb in S. ÄaEijh)
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fßringipienfragett.
491
aus jenen Silbern entnommene äRotioe für J)eloration8*
ftücfe; ben übrigen ©aftmahlsbilbern fei bergig wohl
meifl angebichtet worben; alle ßatatombenbilber aber,
welche als fhmboIif<h s mhfHf<he ßompofttionen galten, feien
recht einfache $ifiorif$e ober beloratioe ®ar|ieHungen
(6. 110); unb bamit geht er über $afencleoer hinaus,
bet bei ben be}ügli$en Silbern jtoar felbfl für bie hifto*
tif$e SCuffaffung als ®arfMung beS SpeifungSwunberS
ft<h entfeheibet, aber bo<h auch eine Sejiehung }um 3lbenb=
mahl anerfannt, weshalb ihm 31. (©. 87) ben Sorwurf
macht, er lenle auf biefem Umwege wieber in bie alten
©eleife be FtofftS ein. £. ^at auf biefen Sabel $in
jene ©eleife wohl boHenbS oerlaffen. ®e Stofft felbfl
wirb baju f<hwetli<h einen ©runb finben in ber Unter*
fud)ung eines SKanneS, ber nie einen $ufi in bie ßata*
lomben gefefct, ber auch bie einf$lägige Süteratur nur
unoollftänbig fennt, beffen 3luffteDungen mehrfach gerabeju
laum begreiflich finb. ®a8 gehtjur ©enüge aus ber ©$rift
SBilpertS hervor. 3n berfelbeu ftnb bie ©chwidjen £afen=
clebetS unb Sl^elis mit ©charffinn nachgewiefen, unb
biefe Schwächen finb in ber $$at fo groß, bajj man
föwer begreift, Wie ©$ul|e ben oben angeführten SluS*
fpruch wagen lonnte. ®e Slofft mag nod; fo oft unb noch fo
fehr )u lorrigieren fein. 3$ bin latholifdherfeits felbfl
wieberholt in bie Sage gefommen, StuffteHungen oon
ihm abjulehnen; bie nächfle Schrift wirb mir fofort
Wieber Gelegenheit baju bieten. Slber trofc allem fleht er,
unb jwat nicht blofj was ©elehrfamfeit, fonbetn au<h was
Stethobe unb Steife beS Urteils anlangt, fo hoch/ bafj bie
oon S$ulfce gerühmten jünger ber 3Biffenf<haft, wenigflenS
voretfl, ihm niiht einmal baS SBaffer }u reichen vermögen.
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492
Süljrer,
Snöem ich bie Schrift empfehle, ^abe ich nur ein
©ebauern auSjufprechen. SB. ift aBju leibenfchaftlich ;
er gebt in feinen ©ehauptungen manchmal p weit, unb
et fcplägt öfter« einen Xon an, welker bem ©ebiete
bet SBiffenfdpaft fchlechterbing« fern bleiben foBte. ©e=
methmgen, Wie bie 6.93 in ©arentbefe gefteBte, ge=
reifen laum einet 3eitung, gefdhweige benn einer wiffen»
fcpaffliehen Arbeit jurSierbe. 3Jtan fiept auch gar ni<bt,
woju biefe unruhige unb geteilte Stimmung? 5Die fa=
tpolifche Äirdpe vertiert nicht« mefentlicpe«, felbft wenn
^afencleüer unb Adjeli« Stecht bebalten foBten.
®ie Schrift SBilpert« würbe, feitbem idp biefe 3 e ^ en
gefebrieben, burch Sdpul&e mit einer ©egenfeprift beehrt:
®ie altchrifHicpen Silbwerle unb bie wiffenfdhaftlicpe
gorfdpung; eine proteflantifdbe Antwort auf römifepe An»
griffe 1889. $nbem i<b pm Schluß tion ber Schrift
Btotij nehme, habe idb nur p bemerfen, baß auch SBilpert
antwortete. Seine ©rwiberung erfepien in ber Sftömifehen
Ouartalfcprift 1890 S. 44—60 unb feparat u. b. X .:
Nochmals ©rinjipienfragen ber dbrifHidben Archäologie.
5. ®a« 2Jlartptium ber gelicita« unb ihrer fieben
Söhne würbe in Italien unb granEreicp in ber neueren
3eü Diel erörtert, bort im 3ufammenhang mit bem Auf»
fdbwung ber Satalombenforfcpung, hi et au« Anlaß ber
Unterfudhungeu über bie ©hriftenoerfolgungen im römi»
fchen Bleiche. 5Die Alten würben faß aBgemein al« echt
angefehen, ba« ÜDlartprium auf 162 angefefct. 3« 3)eutfdj=
lanb begegnete man ber Auffaffung mit großem ©liß»
trauen. ®aö beweist namentlich ba« StiBfdbweigen,
ba« hinßdbtUdb be« SWartprium« in aBen lirchengefcpicht»
liehen Sehr» unb ^anbbüdpern beobachtet wirb unb ba«
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SelicitaSfrööe.
493
bei bet Sujferorbentlichteit beö ©reignijfeä im anbeten
gatte unerflärlich märe. SHterbingö fpra<h man ftdfi nic^t
auSbrüdli# bagegen au$. Silber man tnagte eben ohne
eingebenbe ©tubien bet Autorität be SRofjtS nicht ent»
gegengutreten, unb gu eigener Unterfuchung fanb man
gunä$fl nicht bie 3«it- ©ine 2tu3nahme macht ^aupt=
fächlWh nur bet einfchlägige Slrtilel im Äirchenlepilon,
in bem bie ©laubtniirbigfeit beS ÜRarthriumS pertteten,
bie neuere Sitteratur anbererfeit« freilich gänglidj unbe=
tüdfühtigt gelaffen tnirb. 3n bet porftehenben 3lbhanb=
lung, einem Sßrogramm beS ßpceumS unb ©pmnajtumä
Pon gteiftng, ba8 auch gefonbett im ©uchhanbel erf<hie=
nen ifi, erhalten mit enblich eine nähere Untetfuchung.
Statin wirb mit Scharffinn unb ©elehrfamfeit bet fpätere
Utfprung unfetet Stiften nachgetniefen, bet gnhalt bet
Segenbe felbfi auf eine SBerfchmelgung bet tömifchen
SKartpret pom 10. guli, welche eben bie -Warnen bet
angeblichen Söhne bet ht- Selicitaö tragen, mit bet
©laufcenöpelbin Pom 23. Wopember gurüdgeffihtt. 2)ie
Schrift perbient ebenfo Slnetfennung wie Beachtung.
gunf.
2 .
fhilipp SRelamhthO« al$ Praeceptor Germaniae Pon Dr. Sari
$artfelbcr, Sßrofeffor am ©pmnafium in $eibelberg.
©erlin, H. §ofmann unb ßomp. 1889. XXVIII unb
687 SS. (©anb VII ber Monamenta Germaniae paeda-
gogica Pon Sari Sehrtoch).
„Ster gnhalt biefeö ©u<he3, fagt bie ©otrebe, tnitb
umgrengt bur<h bie ©egeichnung 9ManchtbonS als Prae¬
ceptor Germaniae. @8 null alfo Weber eine ©iogtaph«,
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#ortfftbet.
no$ eine aHfeitige SBürbigung SRelandhthonS fein. Bon
SRelanchtbo»* Sehen, feinen theologifchen unb jurifitf^ei»
Seijlungen ifl nur inforoeit bie Siebe, als es baS et*
mahnte S^ema erforbert" unb bie ©dhlufjbetradbtung
fügt refapitulierenb bei: ,,©o haben mir mit £ilfe ber
©Triften SRelanchthonS unb feine? Seüflenojfen ein«»
langen 2Beg jurüdgetegt. Qi mar eine reie^e 2Belt non
©ebanfen, in melden ber Praeceptor Germaniae heimifdh
ma?. Unter ben 3eügenoffen ifl feiner, ber ihm an
Bielfeüigfeit beS SßiffenS gleich fäme, gefdjroeige benn
ihn überträfe. 5Ri<bt minbet auSgebehnt ift feine praf*
tif<he ^h^tigfeit: jahlreiche Sateinfdhulen unb UnioerfU
täten tetbanfen ihm ihre Drganifation unb ihre Sehrer.
dürften unb ©täbten ifl er ber Berater, an ben man
ft<h oertrauenStott menbet. ©in furjet 39rief »on SRe*
landhthon genügt, um bie gefud>tefte unb ummorbenfie
©teile al$ afabemifdher Sßrofeffor, als Sehrer einer Sa»
teinfdhule, als ißrebiger an einer Äirdhe ju erhalten".
2)ie f<höne ©<hrift jerfäHt in jtoölf 2Ibfd)nitte, bie
mieber je in oerfchiebene Unterabtheilungen gegliebert
ftnb: I. SRelanchthonS SUbungSgang unb geifiige ©nt:
roidlung. II. SR. als afabemifdher Sehrer. III. SR. unb
fein humaniftifdher greunbeSfteiS. IV. SR’S. Slnfidht ton
bem SBefen ber einzelnen SÖiffenfdhaften. V. SR’S. Sei*
fiungen als ©eiehrtet. VI. SR. als ©tilift unb Siebter.
VII. SR’S. päbagogifdhe ©runbbegriffe. VIII. SR’S. Stuf»
faffung toon ©chule unb Sehrerberuf. IX. Organismus
ber ©chulen. X. SR. als Drganifator unb fReorganifator
»etfdhiebenet ©dhulen. XI. ©chlufebetrachtung. XD.
SSerjeidhniS ber SSorlefungen SR’S. Beigegeben ifl XIIL
eine Bibliographie a. Ausgabe ber SBerfe SR’S. unb
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$f)itipp 9Reland)tf)on.
496
Srgänjungen baju. b. ß^ronologtf^eä SSerjeitbniS bei
arbeiten SR’S. c. iöerjeübniS bet arbeiten übet 9Jt.
Sir ^oben baS inbaltreidbe, febt belebtenb unb
anjiebenb getriebene ®u<b mit großem ^ntereffe gelefen
unb wollen nicht unterlaßen, auf baffetbe ^iet aufmetf*
fam ju machen. ©er SBerfaßer arbeitete aus ben ut*
fprünglicben Quellen unter fortgefefcter antebnung an
bie ältere, neuere unb neuefie Sitteratur, bie fleißig, mit
Sorgfalt unb fritifdbem ©eifte berüdft^tigt wirb (ngt
6. XIII—XXVIII ba$ umfangreidje „ißerjeidbniS ber
benfl|ten ©ebriften unb Suff äße", wofelbfi im Unterfcbieb
non manchen protefiantifcbeu S3eröffentU<bungen auch la*
tbolite autoren, §. 9. gr. Sinber, GbaritaS fßirl=
beimer, #. ©enifle, ®ieUntoerfttfiten beS SittetalterS,
3. $et>Ie, ©er fcbwäbifdbe #umaniftSalob Socber Sßbi*
lomufuS, 6. #öfler, ©er ©bat* prfbeimer, Stebtiffin
non 6t. ©lata ju Nürnberg ©enfwürbigfeiten aus bem
SReformatiouSjeitalter, 3. Qanffen, ©efdbicbte beS beut*
fdben 83olfeS feit bem auSgang beS SittelalterS, gt. 3£.
2infenmann,®onrab©ummenbart. ffiin Äulturbilbaus
ben anfdngen ber Uniberfitdt ©übingen, gr. anton
©pecbt, ©efdb. beS UnterricbtSWefeuS in ©eutfdblaub
Von ben dlteften Seiten bis jur Sitte beS breijebnten
3abrbunbertS u. a. genannt ftnb). UeberaQ begegnen
Wir eiuem oerflänbigen, uuparteiifcben, maßbaltenben
Urteil, fern öon fonfeffioneller Soreingenommenbeit unb
bitterer Sßotemif, obwohl ©r. was wir ganj in bet
Orbnung fiuben, entf«bieben auf bem ©oben feiner Äirdbe
Mt (ngt. j. 8. 6. 486 ff.).
Sir lönuen unb wollen ^ier aus ber ©dbrift feine
©ü^etnbeiten beroorbeben, baS Singeben in’S ©etail muß
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ftortfetber,
bem ©tubium berfelben oorbebalten bleiben, aber ber
Sinbrud, ben baS ®auge beroorbringt, ift für ben Sefer
ein ungemein »obltbuenber, bie ißerfönlicfefeit 2Mau<h'
thonS, be8 großen ^umaniflen unb ScfeulmanneS, fein
umfaffenbeS SBiffen, feine auSgebreitete praftifcfee
tigfeit unb namentlich fein fittUdjer Stuft (affen ifen als
einen aufeerorbentlichen, ^>od^ über feiner 3 e it ftebenben
ÜJtann unb als einen Sbarafter erfcheinen, ber unbebingt
Achtung abnötigt. 9Bit oerroeifen in biefer ©egiebung
auf bie flrengen Slnforberungen, bie er im Sinne ber
noch lebenben mittelalterlichen Srabitionen an bie Sebtet
unb Schüler ber Unioerfttäten fteüt (©. 476 ff.), f$frei=
mütig fagt er feinen ßeit= unb ©laubenSgenoffen bie
SBaferbeit in ben ftärfften SluSbrüden (6. 543 ff.) unb
fein beutfcber ©atriotiSmuS, feine auf religiöfer ©runb*
läge rubenbe ©aterlanbsliebe fc^ont auch bie dürften
nicht, unbelümmert, ob eS gerne gehört »erbe ober rnife«
faEe (©. 304 ff.). Sine rübrenbe ©robe feiner $riflli<h=
ernften SebenSanfcifeauung gab er noch unmittelbar oor
bem Sobe, »o eine trübe, metancbolifcbe Stimmung ft<h
feiner bemächtigt batte. „35er Sefer feiner ©riefe weife,
»ie oft er ji<h in bem lejjten Saferjehnt feines SebenS
nach bem Sobe gefeint bat. SluS feinen lefeten Sagen
bat ftch ein 3ettel erbalten, auf welchem er in lateinifeher
Sprache bie ©rünbe gufammengefteEt bat, »eöfealb et
oor bem Sobe nicht gurüdfcfetecfe. Sie pofitioen ©rünbe
lauten: S)u wirft gum Sichte fornmen, bu Wirft ©ott
feben, bu wirft ben Sobn ©otteS anfchauen, bu Wirft
jene »unberbaren ©ebeimniffe lernen, welche bu in biefem
Seben nicht baft oerfieben lönnen, warum wir fo ge»
f^affen ftnb, welcher SKrt bie ©erbinbung ber g»ei 9la=
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9Retan$t$on.
497
tuten in ßhrifto ift. ®et negativen ©rünbe finb bloß
jwei: ®u wirft frei werben von Sünben, bu wirft be=
freit »erben von Sorgen unb von ber SBut ber 5C^eologen.
@4 iji unzweifelhaft, baß bie Babies tbeologoram ibnt
viele ferneren Stunben bereitet unb bie von ben greunben
fo h»<b gefehlte frühere greunblichfeit beS Sßefen« ge=
raubt habe" (S. 642). —
3« Uebrigen ift ber SSerf. toeit entfernt, feinen
gelben auf Sofien ber SBahrheit ju überf<hä|en unb
bloß bie Siegelten bervorjußeben. Obwohl bern außer:
orbentlidhen SJtanne, bem großen ©eiehrten mit aller
Siebe unb SBärme jugethan unb feine mit unermüblidhem
@ifer unter ben mannigfa<hften ÄÄmpfen errungenen
©tfolge, Wie fich gebührt, unbebingt unb freubig anet=
fennenb, ift er bo<b nicht blinb gegen Mängel unb Un-
julängli<hfeiten beffelben, wo immer fie ft$ finben. Heber
feine Seiftungen auf bem ©ebiete ber ißhilofoph^
lautet ba« ©nburteit: „3Kelan<bthon ift fein ißhilofoph,
wie SJaco von SSerulam ober Garteftuä" unb ber be*
treffenbe äbfcbnitt fchließt mit ben SBorten ffib. Seiler«:
„SDtelanchthonÄ vh^°f°Phif^ e Schriften finb wirtlich in
ihrer art vortreffliche Sehrfchriften. aber bahnbredhenbe
©ebanfen, neue SDlethoben, rficfftcbt8lofe wiffenf<haftli<he
Äonfequenj barf man barin nicht fuchen" (S. 247. 249).
®ie verfchiebenen Seiten feiner phibologifchen Sh 5 *
tigfeit jufammenfaffenb ftimrnt ®r. (S. 293) ber
Sleußerung Surftan« bei: „für bie reale Seite ber alter*
tumäforfchung h® 1 er nur geringe« 3ntereffe; feine
fchwädhfie Seite ift bie Äritif, worin ihm viele feiner
geitgenoffen, Wie ®ra«mu«, Seatu« Dthenanu«, ©eleniu«,
Simon ©r^nftu« unb anbere weit überlegen finb" unb
tfcd. Oaamtwrift. 1890. $«ft III. 32
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fBeber,
über ben ©eograptyen 3Jtelan<$t|on Reifet eS @.306:
„60 |o|en SDBcrt 3Jt. bet ©eograptyte beilegte, fo ftnb
bodf feine Seiftungen in biefet SBijfenföaft webet be=
beutenb no<$ ja$lrei$. 2Bir bejt|en non i|m fein SEBetl,
ba$ audj nut annäßerub mit 2 tpianS Äoemograp|ie,
©lareane Liber unas de Geographia obet $onter$
GoSntogtap^ta ft<$ oergleid&en ließe."
Sftef. wollte in biefet Seitf<$tift bem ©u$e eine
furje Sfojeige wibmen, weil fein 3 nßaU nu<$ für Äatßo*
Uten nie! be$ ©eleßrenben bietet unb übet bie 3«t bet
beginnenben unb fortföieitenben ^Reformation intereffante
Suffölüffe giebt, 3 . 8 . übet 2 J?.’e ©erßältniÄ ju Sutßer
(©. 62. 70. 416. 646 f.), fein Urteil übet bie mittet*
atterlidße ©cßolaftif (6.166 ff. 177 f.) unb bie bamaligen
Uniberjttäten ( 6 . 413 ff. 643 f.). 9Ucßt nut bet einzelne
Xpeotoge, ©Biologe unb ©dbutmann füllte na$ 2 )r.
Strbeit ft$ umfe^en, fte würbe au$ jebet ÄapitelSbiblio*
t|ef jut Sterbe bienen unb auf weitete Äteife antegenb
einwirten. gteilidß geübten in biefe ©ücfyerfammtungen
3 unfi<$ft unb in erfier Sinie bie Srjeugniffe bet !at|o*
Uf<$en Sitteratur, abet aud& ©Stiften aue bem entgegen*
gefegten Saget, foweit fte wiffenf<$aftlid|en SBert |aben
unb anjtfinbig getrieben ftnb, foOten nidßt ganj festen.
Jfober.
3.
ßritifd)e @ef<|i(|te bet Cftgefc M 9. ftapiteie, refp. ber
©erfe 14—23, kef Xtaetiticfee bie auf ©»rpfoftomue
unb Xuguftinue einfcbließUtb bon Dr. 8 . Briet. SBütj*
bürg, ©eder, 1889. VI unb 197®. 8 # . ©teie: 3R. 1,70.
Unter ben ©Triften beb |L ©autuS nimmt unbe*
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ftritiföt $ef$t$tc btt (Egegcfe bei 9. JtapiteK. 499
üritlen bet ©rief an bie SHömet fowoßl wegen feinet formellen
©oüenbung als auch Wegen feines überaus wichtigen bog»
matifChen Inhaltes bie etfie Stelle ein, gilt er bocß Dielen
als baS „Äompenbtum ber paulinifChen Dogmatil." SBegen
biefeS hoben SBerteS ift er auch in ber ftircbe ftetS febr
boCbgefChäßt worben unb bat feit OrigeneS, bent ©ater
ber fatbolifCben ©jegefe, oiete unb zahlreiche Äommenta»
toten gefunben, bie ibrett ganzen gleiß unb Sdjjarfftnn
auf feine ©rfldtung oerwenbet haben. Iber Wegen feiner
großen SBiChtigleit ift er auch wie lein anbeteS ©u<h ber
bl. Schrift bem SRißbrauCh auSgefe|t gewefen. Sftament»
li<b foDte fein 9. Äapitel ber locus classicus werben,
auf welken alle fachlichen unb antifaChlichen ißräbefti»
nationStbeorien, angefangen Don bem ©ftrem beS puren
©elagianiSmuS bis ju bem beS f«broffjien ©rdbefHnatianiS»
muS, als ben biblifChen ©eweiS für ihre Sehre fuß be»
rufen ju fönnen glauben. 3n ber ©efcßicbte ber ©yegefe
biefeS ÄapitelS bat aber Dor aQem bie Grfldrung StuguflinS
bie größte, einzigartige ©ebeutung, inbem eben ftc ben ent«
fcßeibenben SBenbepunlt in ber Äuffaffung beS eigentlichen
©eweiSgegenflanbeS beS Spoflels — bolle ©ratuität ber
©nabe — bezeichnet unb fo ben Äeim für bie weitere
©ntwicflung bet ©jegefe beS SRömetbriefeS enthält, z» :
gleich aber auCh im ©egenfa| z u ben anteauguftinifChen
©rflärungen niCbt einen bloß ejegettfcßen, fonbern fpejieU
bogmatifChen 3»«Cf »erfolgt, ©ine biflorif<b=fritifChe ®ar«
fleHung ber ©jegefe biefeS JtapitelS lann baßer für ben
©jegeten unb meßt noCh für ben ®ogmatifer nur »om
größten 3ntereff< fein. Dr. 8. 22 ebe t bat ein wirf»
UcßeS ©erbienft, burCh eine folChe bie 2Biffenf<haft bereichert
ZU haben. Sein ©uCh zeichnet fiCh aus burcß »oDßfinbige,
32*
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600
SBcber,
grünbli<he Verarbeitung beS ©toffeS, bur<h Älarheit bet
Darflettung unb Sicherheit beS Urteils.
3n bet gtunblegenben Anleitung (©. 1—37) wirb
baS richtige VerjtänbniS oon 5Röm. 9 crforfc^t unb bie grage
nach Veranlagung, 3toe<i unb DiSpofttton beS VriefeS
beantwortet. Dabei wirb je bie bisherige ©rftdrung auf
ihren SEBert unb ©ehalt geprüft. Die eigentliche Arbeit
jerfäHt in jtoei .gauptteile. 3m etflen wirb bie ©jegefe
bet »otauguflinifchen, juerft bet grie$ifcben unb bann
bet lat einigen Väter »orgefühtt unb gewettet; imj weiten
folgen fobann auSfdjliefjlich bie Grflärungen SluguftinS
mit einer »ortTefflidh gelungenen DarfleQung bet augu=
fiinifchen Sehrentwidlung nach ihrer ejegetifdhen unb befow
berS ihrer bogmatifchen ©eite. 3n feinen etilen Slbhanb*
lungen über ben ütömerbrief lehrte ber ^eilige eine bur<h
ben norhergefehenen ©lauben bebingte ißräbeftination,
bagegen fchon um 397(—400) ad Simplic. nimmt er
biefe Snfidht thatfädjlich JurücE uub bejeidjnet fte fpäter
gerabeju als 3rrtum, ba au# ber Anfang beS ©laubenS
ein ®ef«henl ©otteS fei. SB. läßt nun mit Valfcer gegen
©cheeben unb Steuter bie „üuäftionen" ben „^Proportionen"
jeitlidh torangehen. Stber fidler mit Unrecht. Denn ber
allmähliche Umfchwung ber auguftinifchen Denlweife ju
ber fpäteren fd&roffeten ©eflalt lögt ft# in ben „Quäflionen"
nicht netfennen; fte bilben inhaltlich unb bähet auch jeit»
U# bie Vrücfe jwif#en ben„$ßropofttionen" unb ber©<hrift
an ©implician. freilich lehrt 9L in quaest 68 ju 9töm.
9, 29 ebenfo Wie propp. 60—64, bafj bie ©rwählung
bebingtfei but<h (bie öerborgenflen) Verbienfte beS2Jtenf#en
unb jwif#en ben 9Jtenf#en, obwohl fie ein unb biefelbe
Oerberbte SJlaffe bilben, bo# ein Unterf#ieb beflehe, ber
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Äritifdjt ©efc^idjte btt Sjegefe be8 9. Sapitelä. öOl
für bie ^Rechtfertigung unb Verhärtung bebingenb fei (q.
4. Opp. Aug. Mig. VI, 72), allein et fügt hier fchott
hinju, bajj auch baS veile, nicht bloß baS currere et
pervenire ton ©ott betoirft tterbe, ja bafj eS fein Söefen
gebe, ba£@ott nicht alle8 tetbanfe (n. 5: et quoniam
nec veile quisquam potest, nisi admonitus et vocatus
sive intrinsecus sive extrinsecua, efficitur, ut etiam
ipsum veile Deus operetur in nobis, unb n. 6: fide
retinendum est, neque quidquam Deum injuste facere
neque ullam esse naturam, quae non Deo debeat, id
quod est. Mig. 74). Somit ifi f)iet fchon ein »efent*
licket gortfchritt bemerfbar, inbem auch für baS 3uflanbe*
fommen beS ©laubenS unb ^eitöanfangeS ber göttliche
gaftor betont tnirb. Qn ben antipetagianifdjen ©Triften
fommt berfelbe bann als ben 3Jienf<hen innerlich erfaffen*
ber, ben SBitlen betoirfenbet ju toDer ©eltittg. S)a nun
3L fcf»on c. 10 Qa^re tor bem pelagianiföen Streite
bie $auptgebanlen feiner fpäteren ißräbeflinattonStheorie
auSgebilbet $at, fo Wäre eS falfch, fein Spflem nur aus
übertreibenber ißolemif gegen ben ißelagianiSmuS abju*
leiten, aber auch ebenfo untoahr ifi eS, jeben ©influf»
ber petagianifdjen Äontroterfe auf bie ©nttoicflung ber
auguftinifd&en ©nabenlehre ju leugnen (SRoriS; SReanber,
SReuter). ®et SSerf. befinbet ft<h ^ier in tollet überein*
flimmung mit bet Stejenfton beS SRef. übet SReuterS augu*
jün. Stubien (üuartalf^r. 1889, S. 462 ff.). SRit 5Re<ht
tabelt bet Verf. (S. 138 St. 2) auch baS Verfahren,
ohne SRücfftcht auf bie 3*it au$ 9l.’S Schriften SluSfprü^e
anjuführen, bie 81. fpäter felbfi ttibertufen hat. SBähteub
ber ^eilige 397 noch unterfdjeibet jtirifchen ber Sßräbe*
fiination pr ©nabe unb pifdpen ber jur ©lorie, fennt
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502 ©e&er, ßtitifcfje (Bejdjit^tc bet @jege[e bei 9. Kapitel?.
er feit 417 in feinen antifemipelagtanifcben ©Triften
nur noch eine ißräbeftination, bie electio ad gratiam
et ad gloriam (©. 148), benn in biefem Sinne glaubte
er 3töm. 9 faffen )u müffen. ®er Slbfönitt über eben
biefen ©runbfebler ber auguftin. ©rflärung beS genannten
ÄapüelS ift febr lefenSwert (6. 158—167). ®aj} baS
„£etbe unb ®üfiere" ber auguftinif^en Sebte eine ©t*
fldrung pnbet in ber bamaligen 2(nf<bauung, baß bie
Äir<be als bie ftc^tbare ^eitSanfialt ber einzige ^eilS*
weg fei, fomit aEe außer berfelben ©tebenben eo ipso
«probiert feien (©. 168), ift gewiß Waßr, aber Wenn
ni<bt au8f<bließli<b befiimmenb, fo bo<b wefentli$ mitbe*
ftimmenb war SluguftinS religtöfer ©runbgebanle, ber
lein anberer war als bie unbebingte Äbbängigleit beS
2Eenf<ben non ber aEeS wirlenben abfoluten Souveränität
©otteS, bie Mmacbt beS göttlichen ©nabenwiflenS im
Slrtföluß an 9töm. 9, 19: quis voluntati ejus restitit?
33gl. de corr. et gr. n. 43 unb 46 (Mig. X, 942); de
grat. et lib. arb. n. 29 (X, 898); ebenfo Fulg. de rer.
praed. 1.1 n. 21 (Mig. 65, 613) unb Prosper ad Ruf.
n. 16 (51, 86).
2lm Schluß feines belebrenben, mit 93egeifletung
für ben bl- Äir$enlebret getriebenen ©ucßeS giebt SB.
no<b eine eingebeitbe Utiterfucbung übet bie SlbfajfungSjeit
beS StömerbriefeS. fDerfelbe fei anfangs beS 3- 55 ge*
trieben. ®er SSerf. felbft wiE jebodb biefe f<bon non
ißetaniuS vertretene Berechnung (©. 23 unb 197) nur
als bie mabtf<beinli<bfie bezeichnen.
Repetent Dr. Hoch-
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greifen, <8efd)i$te bei lanonifdjen gljeredjtl. 503
4 .
©ef<hi<bte bei ftanenifi|en C|erei|t6 bil jum Serfatt ber
©loffenlitteratur bon gifepi greife« , Dr. ber 9ied)te
unb ber Ideologie. lübingen, guel. 1888. 8*. XX
unb 918 ®. SR. 20.
greifend Slrtifel über: Sie gnttoidflung bei lirch*
lieben 6hef<hlie&unglre<htl, in Sb. 62 , 63 , 64 bei Strchibl
für lathol. Äirchenrecht erföienen, §u einer ©efchichte
bei fanoniföen @b*te<htel bil jurn Serfatt ber (Stoffen*
litteratur erweitert unb nun all bidel Such oorliegenb,
haben allbalb bie äufmerffamleit ber Äanonijlen unb
Sogmatifer auf fich gejogen unb bereitl ben einen unb
anberen berfelben $u einer Stellungnahme für ober gegen
bie bafelbfi aufgeflettte Sfoftcbt beranlajjt. Solche Sh ats
fac^e, glauben wir, rechtfertigt eine, wenn fchon etwal
berfpätete, elngehenbere Sefpre^ung bei SBerlel in bie*
fet geüfchrift.
SBeldjel ifi benn nun bei Serfafferl fo anregenbe
Sheorie bon ber ßntwidlung bei fachlichen ©hefc^Uegungl*
rechte! ? Samit lomtnen wir, nebenfä<hli<he Sulftettungen
unterbrüdenb, gleich auf ben Hern bei Suchel. HRan mufj
nach Steifen ba! SBefen ber fachlichen 6hef<hliejjung
bahinformulieren: „Sermit affedusmaritalis (= con-
sensusdepraesenti) ftattfinbenbe Seifchlaf fehltest
bie 6he* ( 6 . 215 ). Sem Seweife biefe! Safcel ftnb
fpejiett bie Seiten 161—219 gewibmet. Siefe Snfchan*
ung )iebt fuh bann aber auch. Wie ber rote gaben, bnrch
bal ganje Such htn^urih. Sie opinio ber ©elehtten
bagegen war bilher, bafj bie @h e bur<h Äonfenl allein
gefötoffen werbe. So flehen fi<h gegenüber bie'Äonfenl*
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504
greifen.
unb bie ÄopulatBeorie. ©efcen tt>ir greifen« Anfi$t nod>
be« näheren au«einanbet.
@<Bon ©<Bulte (geitförift für ÄirdjenrecBt. 1873.
XL 33b. 6.29 91. 13 u. a. a. 0.) unb @o$m (ba« 9te$t
ber ©BefcBliefhutg €. 114 St. 11) Ratten barauf ^inge»
toiefen, bafj Bi« auf Alejanber III. eine Bebeutenbe
3Reinung8berf<BiebenBeit Befianben Babe ^inftc^tU«^ bet
grage: oB eine blofj butd) verba de praesenti geholfene,
nicht ooüjogene ©Be lösbar fei ober ni$t. greifen nun
Behauptet: „bie Air$e B>at ton Anfang an baran fefl=
gehalten, bafj jum SBefen ber ©Be ber ©eifchlaf not--
toenbig fei. ®iefe Anfidht vertreten bie Jtir$eub&ter,
bie fßäpjie, $infmar oon SBeim«, ©ratian unb feine
nächfien Nachfolger. ®iefe Anf<Bauung Bat bie JtircBe
ni<Bt felBfifinbig etfunben, fle flammt au« bem fübif<Ben
Stecht" (6. 206). ©ine Btofj butdh consensus ohne co-
pula gefchloffene SBetBinbung toarb bamal« ni<Bt al«
©Be, al« ©aframent, al« unauflöslich Betrautet.
®a Braute fßetru« Sombatbu« bie llnterf^eibung
ber SSetlöBniffe in sponsalia de fataro unb sponsalia
de praesenti auf unb ben @afc: Efficiens causa matri-
monii est consensus , non quilibet, sed per verba ex-
pressus: nec de futuro, sed de praesenti. gilt ihn
ifl bie untoUjogene ©Be unter feinen Umfldnben löslich,
felBfl nicht bur<B ©intritt in ba« Älojler. ®ie 6$ola*
flifer nun nahmen bie $B ei >rie be« SomBarben an. Brachten
bann aBer ba« bisherige ftare Stecht — auch ba« be«
Sombatbu« mar an fi<h flar unb fonfequent — in bie
fßertoirrung, toetche no$ Beute in ber XBeorie befiehl
SDenn toährenb man mit bem SomBarben annahm, bie
©Be ioirb eyiflent burch bie Abgabe be« Jlonfenfe«, toirb
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©tf<$id)te btJ fononifdjcn ©Ijeredjte.
60$
baburcft faframental unb unauflöSir, hielt man anberer=
feit« an bet alten Slnfcftauung fefl, bte but$ ben consensas
eingegangene, aber burch bie copula noch nicht noEjogene
©fte fann gelöst »erben burch bie DrbenSprofeß unb
JrtSpenfation beS IßapfteS, toa$ hoch ein 8Biberfpru$
fei, nut )U löfen burch bie althergebrachte ßopulatheorie,
bie in bet Äirche gebettet b«he bis jum Setfall bet
©loffenKtteratur, bis bie 3Jta<ht bet Schule bet Stacht
beS SapfitumS (c. 1200) weiten mußte (S. YII).
„SBaS im SBege fleht, ifl bie opinio bet (Mehrten;
fte fleht no<h ganj auf bem Unflaten Soben bet 6<ho=
lafüfet unb bet alten, banon beeinflußten Seit. Sie
(teilt folgenbe btei Säfte jufammen: bie @h e ifl unauf»
löSlidft unb jwat jure uaturae, bie nicht fonfummierte
©fte wirb aufgelöst bur<b DrbenSprofeß unb päpflliche
3)iSpenS, bie ®h e Wirb allein burch consensas ge«
fchloffen. Sille btei Säfte fönnen nicht neben einonber
begehen* (S. 217). SBelcher biefer btei Säfte foH nun
fallen? „®a an bem Safte, baß bie ©fte nach <hrifi=
licften ©runbfäften unauflöslich unb jtoar ausnahmslos
unauflöslich ifl, nicht gerüttelt »erben fann, unb ba
ferner bie auflöfenbe Äraft bet DrbenSprofeß non ben
älteflen S^ten an praftifch »ar, ba man ferner nicht
fonfummierte ®h e » in alter Seit burch baS Säelieben
bet Äontrahenten auflöfen ließ, »elifteS Stecht feit SHep*
anbet III. in bie $anb bet $äpfle fam, fo fann non
ben btei oben genannten Säften nut bet eine fallen,
nämlich bet Saft, baß bie @fte allein burdh consensas
geßhloffen »erbe. Sn biefer Sinnahme jttingt bie ßogif unb
bie non mir bargelegte gerichtliche ©ntwidlung" (S.219).
©he wir nun fur$ batauf eingehen, ob Sogif unb @e»
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606
greifen,
fdji^te jwingen, gerabe ben 6a|, bafi bie Ehe allein
but<b Äonfen« geföloffen »erbe, fallen }u taffen, fragen
mir juoor, ob bie Äonfen« tbeorie lir$tt$e« 2>ogma tft?
ftr. meint ba nun: „(Sin bogmatifcber birelter Saft
herüber, wenn bie Ehe ooQfiänbig oorliege, eyifticrt nicht"
(6. 216). $>arin bat er wohl re<bt. $>a« Deoretam
pro ArmeniB oon Eugen IV., »eiche« in ben SBorten:
causa efficiens matrimouii regulariter est mutuus Con¬
sensus per verba de praesenti expressus, am beflimnu
tejlen bie Äonfen«tbeorie auSbrüdt, fann ebenfo gut al«
blofje« £)i«jiplinarbelret ^iertn erachtet »erben. Stuf ber
anberen ©eite aber mufj man bo<b bebenlen, ba| ba« triben*
tinifebe Äonjit bie nicht lonfummterte, burdt» Äonfen« ge-
fdblojfene Ehe <iu matrimonium ratum nennt (aess. XXIV.
can. 6), ba| baSfelbe Äonjtl in bem betannten Tametsi =
fDefret bie dandestina matrimonia contrahentium con-
senau facta, al« rata et vera matrimonia bezeichnet.
S>et Oatechismu8 Romanus fobann oerwirft bie 9faft<bt,
ba| jut wahren Eb* ber concubitus notwenbig fei.
S)ie ©tammeitern im $arabte« feien befanntlicb oot bem
©flnbenfaQ, al« noch feine copula carnalis flattgefunben,
nach bem geugni« ber SBätcr in wahrer Ehe Oerbunben
gewefen. £>aber bitten bie bl- ®üter gefagt, bie Ehe
werbe ni$t burdb concubitus, fonbern bureb consensus
eptfient (P. II. C. VIII q. 8). $amit ftimmen überein
neuere StuSfprflc^e ber haften fitcblidben äultorität.
»Matrimonium autem est ipse eontraetns, si modo sit
f actus jure.« (Seo XIII. Encycl. Arcanum divinae sa-
pientiae Consilium 10. ffebr. 1880). Sille« biefe« mufi
einen oeranlaffen, bo<b eher etwa« anbere« fallen zu taffen,
al« ben ©a|: bie Ehe wirb allein bur<b Äonfen« ge=
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®tjcf)id)te beä lononifcfjen ®ljerfdjt8.
607
fd^Ioffen. ©eben mit nun ju, ob be« Setfajfer« 8e*
bauptung richtig, bafj bie gefd^i<^tli^e ©ntmidfluug }u
folgern gaHenlaffen jtoinge?
ifl nun jmar in unferem S9u<be mit großem natür»
liebem ©dbarffinn, mü gebiegenen jurijUfcben Jtenntniffen,
unter ©ermertung eine« tieftgen, ben@bef<blu& betreffenben
biftorifeben SJtaterial« ber ©etfudb gemacht, barjutbun, ba|
bie Äirdje ton Anfang anunb allgemein bie ®b e al« 6afra=
ment unb al« unauflöslich erft bann angefeben habe, na<h=
bem bie oopula ooH}ogen mar. 2Bir fönnen folcbet 93e-
»eiSffibtuug tyer unmöglich in ba« Detail folgen, glauben
aber folgenbe« bagegen anffibren ju fodetu
3Jtan lonnte oon oomeberein baran jroeifeln, ob bie
Äircbe oon Anfang an ftdb in ihrem S^erec^t unb in ber
ßbefchltefiung fo eng unb au8f<bliefjli<b an ba« jübifche
Stedbt angefebtoffen habe unb ni<bt oielmebr, entfprecbenb
ben örtlichen unb jeitlieben ©erbfiltniffen, bem allenthalben
geltenben tömifeben Stedbt gefolgt fei, inbem fte ben Karen
unb präjlfen römifeben SRecbtSfab: cousensns facit nuptias
bejflglidb ber ®bef<blief)ung jt<b aneignete.
©obann fagtgr. felber: „SMe ©erbinbung jtoifeben
■Maria unb 3ofepb mar in ben ftlteften Seiten fafi burdb*
meg« bet SluSgang« punft, in ben fpäteren Seiten
bagegen bet iß r üf ft e i n aller eberecbtlicben SluSeinanbet*
feftungen, ober boeb toenigflen« ein ©egenfianb, mit bem
man ftdb abjuftnben oerfudbte.... ®ie ®ntf<beibung ber
§tage bängt oon ber Sluffaffuug ab, bie man im Sauf
ber Seit betreff« ber ©befcbliefjung batte. 5Da lefctere
»edbfelte, toecbfelte au<b bie Snfcbauung über bie 3Jtutter*
gotteSebe" (©. 84). 2Bir glauben nun, bafj man oon
einem eigentlichen SBecbfel in ber Shtfcbauuug Aber bie
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508
greifen,
SJtuttergotteSehe nie^t fpteChen fattit. 2)ie Verbinbung
jwifChen SKatia unb 3ofeph würbe immer als eine toaste
unb eigentliche @he angefehen, wenn jtCh auch einige anberS
lantenbe Stetten fhtben. VeweiS beffen ift ganj befonberS
ber Umflanb, bajj fogar ^infrnar non St^eimä, bet
wiffenf$aftti$e Vegtfinber ber Äopulatheorie, fi<h freute,
ben ehelichen ©jjarafter ber Verbinbung jwifchen Sttatia
unb 3*>feph ju leugnen (S. 86). 3)atauS ergab jt<h
non felber, bafj auch nic^t fonfummierte Shen eigentliche
Shen feien. Sin ®afc, wie er auf S. 216 fleht: „SS
ift eine contradictio in adjecto non jungfräulicher She
}U reben; virginitas ifi Stegation ber ®h e ," Wibet=
fpricht ber Anfchauung aller Chrijtlichen fetten über baS
SBefen ber @he. Söenn fobann §t. auf ©. 90 meint,
ba& bie Verbinbung jwifchen SRaria unb 3ofeph als non
Angehörigen beS jübifCheit Volles {ebenfalls naCh jfibifChent
Siechte leine ®he war, weil gemäfj biefem erft naCh jtattge*
habter copnla carnalis bie @h e oorlag, fo ift bieS felbft
Wieber niCht unbefiritten. (®ie Vermählung Sttlariä mit
3ofeph non SRathiaS glunf S.I., SnnSbruCfer geitftbrift für
latholifche Geologie. 1888. ©. 656 ff.)
Sine notte Surfidweifung aber hat unfereS SraChtenS
%t. gefChiChtliChe S)arftettung burCh ©ehling unb ©Chan}
erfahren, V*of* ©Chan} h at ta eben biefer Ouartalfchrift
im laufenben 3°h re 1. ©. 2—56 in bem Artilel:
ber faframentale Sharafter ber She, erwiefen, bag bie
Väter, wie Seo b. ©r., Sßfeubo*6hrpfoftomu$ (Opus imper-
fectum), AmbroftuS unb AuguftinuS ber römifChen 5te<ht3=
anfChauung nom ÄoufenS gehulbigt haben. Unb ©ehling
hat in: bie UnterfCheibung ber Verlöbniffe im Äanonifchen
SteCht (Seipjig 1887), bargethan, baf bie römifChe ÄirChe
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®efdji<$tc bc8 fanonifdjen
509
ftetS an bem.©a$: consensus facit nuptias non con-
cnbitns feftge^talten hat- ©enauere SluSeinanberfefcungen
rnüffen wir uns »erjagen unb »erweffen hiefüt auf bie
beiben angeführten arbeiten. aber ©ineS möchten wir
als SeWeiS auführen, Wie %x., um feine Theorie i u
retten, ben ©teilen bisweilen ©ewalt anthun muß. Ißapfl
■JlilolauB I. nämlich f$reibt in feiner Antwort ad con-
snlta Bnlg. c. 3: »Sufficiat solus secnndum leges con¬
sensns eormn, de qnorum quarumqne conjnnctionibus
agitnr. Qni solus si defuerit, cetera etiam cnm ipso
coitu celebrata frustantur (c. 2. C. XXVIII q. 2).< $ u
biefer burchauS Haren ©teile nun wirb gefagt: „9Ulo=
lauS beruft ftch auf baS römifche 9te<ht (leges) ; aber
Wie nach rbmifepem SRec^t ber consensns allein nicht
bie ©he bewirft, fo auch nach SRifolauS: ber consensns
allein genügt nicht, aber er ifl unentbehrlich" (©.162).
©efefct auch, bafj na<h römifchem Siecht ber consensus
allein thatfächlich nid^t bie ©he bewirfte — ©ehling hat
es gegen ©<heurl unb greifen bewiefen — fo nimmt
es SlifolauS I. hoch an unb lehrt baS als römifche
anfcpauung in feinem ftr<hli<hen Schreiben an bie S5ul=
garen. SBahr ifi an greifenS SluSführungen eben baS,
bafj eS in S3ejug auf baS bie ©jiftenj ber ©he bewirt*
enbe Moment ©chwanfungen gegeben hat innerhalb ber
Äirche. ©o brachte $infmar in $ranfreid& bie Aopula;
theorie auf. ©ratian unb manche feiner oberitalif<hen
SanbSleute acceptierten fie unter SWobifilationen. aber
in Slom hielt man fiets an ber ÄonfenStheorie fefl.
®S ifi benn auch hie Söfung beS matrimonium
ratnm non consununatnm burch bie DtbenSprofefj unb
bie fßispenfation beS IßapfleB nicht etwa aus einer that*
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ghcrifen.
fa<$Ii$cn Serquicfung bet beibett ^eotien ju erHären,
beten man abet nicht bemüht getnorben, unb man batf
nicht faßen, baf? ei mehr wie naiv fei, wenn man neben
bet e^eföliejjenben Ätaft best consensus de praesenti
non Unauflöslichfeit bet cbriftU$en 6b« rebe, toä^tenb
biefe beiben genannten Sitten bet Söfung a vinculo be¬
fielen (6. 827). Sielmebr mitb man ftcb bemühen
müffen, Me Serträglicbleit bet btei oben angeführten
©äfce logifch unb bogmatifcb ju begrflnben. Sffiit glauben,
bahbietßofttion bei SogiferS unb TiogmatiferS feineStoegS
eine gat fo unhaltbate ift, wie gr. glauben ma$en möchte,
febenfaES nicht bejfiglich bet Söfung bet nid)t !onfum=
mietten 6b* burch bie professio religiosa, toaS de fide
ifl (Trident, sess. XXIV can. 6). 6 i ift bod) toobl
möglich, bah jemanb in bie 6b« tritt, ohne eine genügenbe
SBorftettung banon ju b«Mn, tootin bet SoEjug bet
6b« beftebt. $iet etf<h«int baS noEe Setouhtfein non
bet Sragtoeite beS ÄonfenfeS fraglich unb ift eine Sluf*
löfung möglich (®$anj a. a. D. ®. 66). ©obann ift ei
tnebet fttchliche Sehre noch Xheotie bet ©eiehrten, bah
baS matrimonium ratum non consummatnm übfolut
unlöslich fei. Sielmehr haben gerabe bie ©chotafttfer hie=
rin, tnenn auch feine, fo bo<h nicht unfachliche SMfHnftionen
gemacht, nonbenen uuS tnegen beS SnfchluffeS anben ©nb«=
fetbtief beS StyoftelS ißauluS jene bet Summa Colonien-
sis (c. 11) befonberS gef&Dt: »In conjugio duo sacramenta
resultant, nnionis animae ad Dominum, quae est in cari-
tate, et Christi ad ecclesiam, quae est in naturae confor-
mitate. Illius desponsatio, hujus sexuum commixtio
tjpum gerit; et quia anima Domino adhaerens frequen¬
ter apostatat, ideo quoque inter legitimas personas
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(8cf<$i<$tc bet fononif($en (Sljeredjtt.
511
inita desponsatio quibusdam accidentibas causis irri-
tatur. Christi vero ad ecdesiam sacramentom, quia
insolubile est, conjuncta est enim divinitas hamanitati
nec passa, nec passara discidimn, ideo conjuginm fide-
lium interlegitimas pereonas carnaliter solidat tun nullom
divortium admittit.« gr.fagt ferner: „SBoher baS p&pß«
lid^e 2>i$penfation3re<ht flamme, h®t vor mir noch nie-
manb beantworten lönnen" (©. 218). SBir gefielen jwar,
eS auch nic^t ju lönnen. aber wenn biefeS 9te$t in hö<hß
feltenen gäßen namentlich bann gut Unwenbung lommt,
wenn bie moraüfche ttberjeugung non ber Ungültiglett
einer @h e borhanben iß, aber bie Slieptigleit in foro
ezterno nicht genügenb bewiefen »erben lann, fo gilt
hier bocß fürwahr ber ©aß: in extremis extrema sunt
tentanda unb bie anbere ißaroimie: exceptio firmat regu-
lam. ©ehKng, Untertreibung ber SSerlöbniffe 6 . 154, 8 . 4
ßeßt hierüber weiteres in SluSßcht. Such iß baS fu«
ribifche Element in ber ®h« unb bie gurisbil»
tion ber Airdße über biefelbe hoch nicht fo
gan} ju überfehen. gebenfaßs aber barf man um
folget Xhatfadhe wißen nicht baS ganje lircpliche @he«
fdhließungSrecßt auf ben Hopf }u ßeßen verfugen, ©o
müffen Wir ben $auptfafc bon greifen« Unterfuchungen
als unbewiefen betrachten.
Unter folcpen Umß&nben berlieren auch bie beige«
jogenen Siebenmomente ihre SBeweiSlraft. $ahin gehört
bie £hatfa<he, baß bie Uffinitüt erß mit ber copala
carnalis eintritt, ferner baS impedimentnm aetatis unb
impotentiae. Slatürlich bei Geltung ber Jtopulatheorie
lann bei oorhanbener gmpotenj bon @h* leine Siebe
fein. Ußein ©ehling hat tu: bie SBirlungen ber @e*
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612
greifen.
f<ble<bt8gemeinf<baft auf bie ®be (Seipgig 1886), etwiefen,
baß, tofibwwb bie Smpofettj im fränfif<ben 9%ei$ einen
€><beü>ung$gtunb bilbete, biefelbe in 9tom felbfi no<b
»on SMejanber III. nid^t als folget anerfannt war. 3fo<b
baS ©bebinberni$ bet geholfenen Seit foll für bie
greifende 2tnjt<bt beweifen. Mein e$ Reifet bo<b pteffen,
biä fiatt 3Jiü<b ©lut fommt, wenn Wir auf 6. 644 lefen:
„Stuf @runb biefet Slnf^auung (1. flor. 7, 6) in Ser*
binbung mit bem anbeten 6a$, bajj jur ©befdjliefjung
bet Seifölaf etforbert Wirb, bat ft<b bann gang fonfequent
baS Setbot entwirf eit, an folgen Sagen eine ®be i u
hieben." 5)a3 Setbot war bintängli$ gere<btfertigt
but<b bie bei bet ©behiefjung an folgen Sagen nabe*
liegenbe 3nlontinenj ni<bt aber burdj bie SRüdfficbt auf
bie gum ©befölufi notwenbige copnla.
SBaren wir nun im SorauSgebenben genötigt, gegen
ben Stator und ju entfd&eiben, fo ftnb wit ni$t$befio*
Weniger bereit, allen benen beijupfliebten, Welche fagen,
bafj ba8 OorUegenbe Su<b ba$ Sebeutenbfie fei, wa$ bie
latbolif^e 2Biffenf<baft feit 3abrjebnten auf bem ©ebiet
be$ ©bereites geleijiet. Stahie&enb an bie Arbeiten
toon griebberg, 6obm, ©djeuerl u. a. übet ba« ®bef«blie§*
ung«re<bt bat bet Setfaffet ba# jübifcbe, tömif^e, beutfdbe
unb firdblidbe ©bereit ju einet in ibtet 3lrt einzig
baftebenben, umfafjenben ©arfiettung gemalt. SBenn
autb, wie auf bem lanonif^en, fo auf ben anbeten <Be-
bieten feine gotf<bung$refultate ft<b werben manche Äottel*
tuten gefallen Taffen mfiffen, greifen wirb für jeben,
bet jt<b in ben eintägigen grageit genauer orientieren
will, oon jefct an unentbcbtli<b fein. Sffiir müffen uns
begnügen, gu oetweifen auf bie betteffenben Sraftate
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©efcfcidjte bei tanoniföen (Sberecbti.
613
über: beit Äonfubinat im ©inn bei römifdjen Siebtes,
bebingte ©inroiHigung, Unmöglidjleit bet ©efcbledbtsoer*
einigung, SluSbebnung bet Slut8oertoanbtf<baft, 33er=
wanbtföaftSjäblung, bie brei genera affinitatis, baS
©bebinberniS bet Sufse mit feinen Untetatten: Qnccfl,
©ntffibrung, @^ebrudb. $iet werben b^gebtacbte 3tn=
fdbauungen als unhaltbar erwiefen, bort Untätiges lorrU
giert, an einem anbeten Ort ÜReueS ju ©age geförbert.
freilich fühlen wir uns oerfucbt, biefeS ober jenes notb
in fjtage ju {teilen, aber eS ifi iefct genug.
©aS ftböne 3Berl ifi oon bem Serfaffer feinem
teuren fiebrer fßrof. Dr. ö. Sinfenmann getoibmet.
Dr. 6 ä gm Aller.
©eftycbte ber tatbolifcben flirrt nnb Oemeinbt in Qanuatier
nnb 8eHe. ©in weiterer Seitrag jur föircbengeftbicbte
DorbbeutfdjtanbS nach ber Deformation oon Dr. tbeol.
Sr. SS. SBofrr 2)e<fjant unb Pfarrer ju $aOe a. @. Ißaber^
born, Scböningb 1889. IV, u. 263 ©. ißr.: 3». 7.
Sotliegenbe Srbeit lann als ein witllidber Seittag
jur Äircbengef<bi<bte DorbbeutfcblanbS na<b ber Defor=
mation betrautet werben wegen ber jablrei<ben, für bie
fir<bli<ben Sufiünbe non jwei bebeutenben ®iafporage=
metnben ber Sergangenbeit fiufjerfi f<bfi&en8Werten ®e=
tailangaben unb fummarifdben {Referaten. $ur eigene
li4>cn ®ef Richte ber natbreformatorifcben ißeriobe
blefer ©emeinben lann eS aber bie ©arfiellung au<$ bei
biefem enger begrenzen Stoffe nidbt ganj bringen. ®ie
Unterfudjungen erweifen ft<b ni<bt immer als grünbli(b
unb etfdböpfenb genug. SBobl ifi ber 3«traum oon
1692—1728, ber fa$li4 Oon größter SBicbtigfeit ifi,
*»«I. QsntalMrtft 1890. t>'f* HI* 33
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514
JBoIet,
jiemlich ausführlich behanbett. ®o<h fe^Xt eg auch bie^
fern Seite etwa« an ber nodfj wünfcbenSwerteren Älarheit
unb 2>ur$ft<htigleit. Serfelbe hätte Wohl ohne 3weifel
gewonnen, wenn bie einheitliche, in einem gaben fort=
laufenbe gefchichtlMhe ©rjählung ben Sieg errungen hätte
über bie unter halb ^onotogif^en, halb fachlichen ®e-
fichtSpunlten aufgeflellten ©liebetungen. SEBaS aber bar:
nach folgt, ftnb toielfacb mehr aneinanbergereihte Dotijen,
aEerbingS von fehr großem fachlichem ffierte, benn Wirt:
tidhe hiflortfche SarfteHungen.
Doch mehr gilt biefer 9Rangel bon ber eigentlichen
SSorgef Richte, b. h- ber furjen Orientierung über bie
ber im Shema gewählten »orangehenben ißeriobe beS
fitchlidhen SebenS jener Sänber. Siefelbe wäre vielleicht
in ber oom 33etf. angeführten SBeife eher unterblieb
ben. geh will nichts fagen non ber eine jiemlid) lange
gett umfpannenben Äürje. Sagegen ftnb bie Schlüffe,
welche auf ©runb be$ ungenügenb bezogenen Dia«
terialS, wenn nicht gar blofj a priori gemacht würben,
noch fehr anfechtbar. Senn j. 83. S. 4 über bie geit
beS breijeljnten gahrhunbertS gefagt Wirb: „Sin 83er«
fu<hen, eine Deformation he^heijuführen, hat eS auch
hier nicht gefehlt, ©ine fotche bejeichnet f<hon
bas Aufblühen ber S3ettelorben", fo macht ftch
hier 903. einer petitio principii auf hiflonfchem ©ebiete
fchulbig. 83ebeutete wirtttöh ba$ Aufblühen ber 83ettel=
orben fchon eine Deformation? Siefegrage hätte wohl
einer Iritifcheren fiöfung beburft. geh möchte fte wenig«
ftenS für ben Stugenblicf Weber mit einem entfehiebenen
ga noch Dein beantworten. gnbeS wäre bie Unterfuchung
berfelben eine ©injelarbeit wert. Schon bie allgemein
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®cf<$i$te bet latlj. Jtirche u. Qkmeinbe in fyutnober n. 8*®*- 516
belannten $hatfa<hen übet bte innere Ärife beS 3Rino=
rüenorbenS, über bie gegenteilige Belämpfung ber ©et*
telorben unter ftd^ unb bie babutdh ärgetniSgebenben
Auftritte in ben betreffenben ©emeinben wären im
jtanbe, einen leifen fritif^en gweifel an ihrer wahrhaft
reformatorifdhen Bebeutung }u erregen. S)aju fommt
aber noch ein weiteres fdhWerwiegenbeS pofttineS geugniS
eines urteilsfähigen geitgenoffen felbfi. gta ©alimbene,
ber einem ber Bettler orben felbfi angehört, — er war
■Dtinorite — beridhtet in feiner Ghronil (cfr. Monumenta
hiatorica ad Provincias Parmenensem et Placentinam
pertinentia, Parmae 1857, pag. 111) ton einer auf bem
jweiten Sponer Äonjil von ©regor X getroffenen SJlafp
regel junäd^fl gegen eine Sübart ber SJtenbifanten, bie
saccati, gerietet, welche er gänjltdh aufhob. Bon he--
fonberet 33i<htig!eit für bie Beurteilung ber Jirchlidh*
fojialen ©eite ber Bettlerorben überhaupt ifl bie beiges
fügte Begrfinbung berfelben, „baniit baS dhrifllidhe Bol!
wegen ber 3Renge ber Bettlet nicht fibetbrüfpg werbe
unb bamit bie, Wet$e bas ©oangelium uerfünbigen, vom
©oangelium leben lönnten, wie nadh bem Sipofiel ißauluS
ber #ert angeorbnet hübe 1 Gor. 9." gugleidh berichtet
ber ißarmenefe, „berfelbe h°be P<h auch auf ge*
nannten» Äonjil mit bem ©ebanlen getragen, ben JDrben
bet ©reimten gänjlich auf)itheben, fei aber burdj> ben
Äatbinal SRühatb, welker ihr Befehlet war, banon
abgebracht worben. gnbeS habe er fi<h Vorbehalten,
fpäter hierüber )u entfeheiben, was ihm gut fdhiene"
(Mon. bist, ad Prov. Parm. etc. 1. c.).
3Bie in hanno»erauif<hem ©ebiete genannte SRBnd&e
gewirkt haben, wäre erfl ju unterfudhen gewefen. SUs
33*
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516
ffioter,
Sßatfadje bleibt au<ß befielen, baß bie {ätbbliföe 9teü=
gion in jenen Sänbern tro| ber SBirffamleit bet Orben8«
lente bur<ß bie SRetoolutiondsfReformation faft gang »er«
nicktet mürbe. 8dd bann fester gut ffiieber&erftettung
berfelben unb gut ^ßaftoration gunäcßji bet aud allen
fetten Sänbern ©ngewanberten OtbendgeifUi^e aud«
fdßließli# »erroenbet nmrben, {teilten fi<b gum Seil m<ßt
unerhebliche ©dfmierigleiten, melcße nid)t bloß bntcß
äußere fetnblidje ©»griffe ber 9foberdgläubtgen Veranlaßt
luurben, fonbern bur<ß bie »on ben betreffenben Orben
»erfolgten egoifHfcßen Seftrebungen im ©<ßoße ber eigenen
©emeinbe felbft gefcßaffen mürben, einer foliben fit#«
ließen ©itmidflung ßtnbetnb in ben SBeg. fd ift nicht
aded ©olb, mad glängt, muß man audß ßier im Sntereffe
ber äBaßrbeit unb ©erec^tigleit fagen.
3$ bin meit entfernt, irgenb mie bie Senbeng bed
SSetf., in adern bie ungefeßminfte SBaßrßeit gu fagen,
angutaflcn. ®r berußtet auch in biefem fünfte mie in
anbern bie Scßattenfeiten bet eigenen Äonfeffton unb
ißtet Organe. Sie Stimmen bed ftttlidßen Sabel« »on
ben guflänbigen lirdßli^en SSeßötben merben mit aber«
lennendmerter Obj[elti»ität angeführt. Hu<b mirb ben
billigen SBormflrfen aud bem 3Runbe ber ©egner felbff
fRecßnung getragen. Sielfadß fann ber SSerf. nidßt umbin,
angefießtd ber betrübenben Sßatfa^en unb ©rfdßeinungeu
im eigenen Säger, feiner fubjefttoen ©itrflffung einigen
Sludbrud gu »erleiben. ®tan ließt ed, bad $erg blutet
bem fafi ade biefe Singe aud praftifeßer ©rfaßrung
lennenben ©efeßießtfeßreiber. ©o mußte er ©. 36 »on
ber erfl jung entftanbenen SRifftondgemeinbe $anno»er
bereit« bebenfttdße Äompetengflreitigleiten ermähnen, melcße
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@ef$i$te bet fatlj. &ir$e u. ©emcinbe in $annober u.fldk» 617
jwifdpen bem von bet oberßen fitdplidpen Vepörbe ge*
fegten apoßolifdgen Sßilat einerfettS, unb ben 3JlifßonS=
geißlt^en, bie fogat einem reformierten Vettelorbeu
angepörten, entßanben waren. ®S bürfie beSpalb ein
gewidjtigeS SBort in bfefer ©trettfadge, weldgeS Solo:
meta, ber Slgent beS apoßolifdgen SSilarS ÜKaccioni
oon Sftom aus an legteren fcptieb, gier angeführt ju
werben oerbienen. SaS im ©Treiben oom 12. Januar
1669 auSgefprodgene Gutachten jenes römifcgen Siplo*
maten übet bie prinjipielle Tragweite ber obfdgwebenben
Angelegenheit ging bagin, baß „brr Streit jwifdgen ben
Orbinarien unb bem DtbenSHetuS über beS legteren
Privilegien unb (Efjeptionen oon ber QuriSbittion ber
etßeren fo lange baute, als es Orben gebe. 3a ber
Kongregation ber ißropaganba in Vorn felbß bropte
„ein ißräjubij gegen ipre 3utiSbiftionSgewalt aus ben
ßirioilegien ber Kapujiner ju erwadpfen". Ser OrbinariuS
berfelben in feiner (Eigenfdpaft als HJtifßonSbifdpof tarn
fogar in bie fatale Sage, ftcp flagenb barübet auSfptedgen
ju mäßen, „baß bie Äapujiner mepr galultäten bef&ßen
als er felbß* (©. 36 f.). 3« uodp mepr. Ser apoßo*
lifcpe SSifar mußte fidp oon einem ipm in ber 3Jtifßon
unterßeDten Kapujinerpater ben Vorwurf ma<pen laßen,
baß er (ber Vifdgof) feine ^erbe in $annooet oerngdp*
lüfßge. Serfelbe erpielt bann aHerbütgS oon feinem
OrbinariuS bie oerbiente ßuredgtweifung (6. 37 f.).
SBie in biefem galle bie $errf<pfu<pt ber Kapuziner
gegen ben Setter beS SDUffiouSbejirfS ju nampaften Klagen
unb Verwirrungen bafelbß Slnlaß gab, fo fpftter bie
materielle #«bfudgt ber abjiepenben 34uiienmifftonäre
beS $ilbeSpeimet KoQegS. Sie ^ortnapme beS ißfrünbner*
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518
SBoter,
inüentar« bet ^anoveraitifcben SRiffton t>ott ©eite bet
leiteten tta<$ bem ©ifce i^reÄ ÄoHeg« erregte gtoffe«
Slrgerni« unter ben Äatbolilen wie ben ißrotefianten
unb Staat wobl nid^t ohne ©runb. ®enn ba8 Stecht,
wel<be« fte batauf su ^aben meinten, Wat bö<bff jwei*
felbafter Statut, um uo<b su föweigen ton bet entfefc*
liefen StüdfidjtSloftgleit gegen bie eines willigen Slrtifeli
ihrer ^frünbner beraubten SRtfftonSgemetnbe (©. 74 ff).
®aju muffte nach intern SBegjuge au« bet SRiffton
bet S5if4>©f berfelben Hagen über bie oom $ilbe8=
beimer ÄoHeg lange Seit binbur<b fortgefefcte S3etbe|ung
bet bannooeranifcbeu ©emeinbe gegen ihre nunmehrigen
©eelforger (©. 90).
©8 möge mit fdjlieffli<b geffattet {ein nur no<b übet
einen $unlt bet ®arfleUung be8 S3erf. ein SSebenfen
au«jufptecben. ®erfelbe betrifft bie sur cause c^lebre
geworbene fatboliffbe ÄinberersiebungSangelegenbeit be8
SRarqui« be Storni«. SB. öerfennt ©.189 offenbar ben
Stanbtpunft be8 su jener Seit no<b nicht einmal jparitfc
tif <b geworbenen bannooeranifcbeu Staate« Wegen ju{<bat=
fet fafl fcbroffer ißremierung feiner fubjeltto* perföntüben
9te<bt«anf<bauung. ©8 batf immerbin oon ©eite be8
bamalS fonfeffioneü proteflantifd&en Staate« at« ein fcböne«
Sugeftänbni« an bie biffentietenben Äatbolilen, welche
iiberbie« eine noch oerfd&winbenbe SRinorität feinet Unter*
tbanen bilbeten, angefeben werben, wenn er über bie
lonfefflonette ©rsiebung bet au« SRif<beb<u berootgebenben
Äinber bie jtDifdben ben ©begatten oertrag«mäffig fefl*
gefegte 93cfUmmung sulieff. ®ie gefefjlkb bei ©ingebung
be« Vertrage« su beobacbtenben Formalitäten waren
aHerbing« für ben fatbolifdben ®eil b®ri unb brüdenb.
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®efäid)tt ber latlj. fiic^e u. (Demeinbe in $anno»tr u. 3eDe. 51 g
könnte aber irgenb ein moberner, lonfefPoneE gemixter
Staat in biefer grage ben Äonfefponen feines ©ebieteS
gegenüber einen objeftioereu unb unparteUfiperen Stanb*
punft einnebmen als ben, bafj er ben ÜRupturienten bas
9te<ht, bie lonfefftonette ßrjiehung ihrer Äinber Vertrags«
mäfüg fePjufefcen jugePept unb einem fo ju ftanbe ge=
lommenen Verträge ben gefeilteren Schuft jupipert? 5Dafj
eine fotd^e Seflimmung bem ©ewijfen ber Untertanen
gröbere Freiheiten jufprWpt, ja in biefem fünfte alle
Freiheit läfjt, ifi augenfipeinlich. @S enthält biefelbe
grunbfäftlüh mehr ©ewiffensfreipeit als bie aus bem
römifdben Ste<bt aboptierte Sefiimmung, welche bie Ion«
feffioneüe ©tjiepung ber Ainber in bie 9te<btSfppäre
ber patria potestas oerweip. SBaS will eS aber peifjen,
wenn SB. a. a. D. oon „einem tlaren 9taturre<bt beS
SSaterS" im oorliegenben F a ® e fptiept? Ääme man
ni$t bem cpripiicben ©runbfafte »on ber re<btli<ben ©leid?«
Peilung ber beiben ©pegaUen in allen wefentlWpen fünften
nähet, wenn man bementfprecpenb auch non einem Maren
ÜRaturrecbte ber 30?utter fptäcpe ? Ober was Will benn
biefer unbefümmte »uSbrud in ootliegenber Katerie
überhaupt befagen? Soll etwa blofi bem latpolifcpen
Seile hierin bie Sopltpat beS SWaturreipteS ju gute
lommen, bem protePantifipen aber nicht? ©8 bunbelt
r«h nun einmal um bie 9tecpte jweier ißerfonen, bie
wefentlMp oerfepiebenen Inhaltes ftnb. Sen Forberungen
beS fatpolipben ©ewijfenS flehen bie beS protePantifdpen
biametrat gegenüber. Selche oon beiben foQen butt«
gefeit unb erfüllt werben ? ©S ip biefeS Problem blofj
bann ptaftipp lösbar, wenn ber eine Seil fein bieSbe*
jügltdheS perfönliiheS Siedet bem beS anbern opfert.
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520
SBoter,
®emna<b foUte man hierin eher bon perfönlicben Siebten
beim bon 9ia t urre<$t fpreeben. gubem geben bie Äon*
feffionSjugebörigfeit unb bie bamit »erbunbenen Äon»
fefjtonSrecbte weit über bie bloße SRatur beS 3JJenf<ben
hinaus. £>aS Stecht beS einen baß feine Aon«
fefftonSjugebörigfeit für bie fonfefftoneDe ©rjiebung bet
aus bet @$e ju erboffenben Äinbet maßgebenb unb
beftimmenb fein foH, !ann bemna<b bloß als ein auf b em
SBege beS Vertrags errungenes be§ei<bnet »»erben.
33on fonfefftoneUetn Stanbpunfte aus aber fann
bloß bie gorberung an bie eigenen Sfegebörigen gefleQt
werben, feinen ben flrengjten ©tunbfäfcen ber beiteffenben
SleligionSgenojfenfcbaft pwiberlaufenben Vertrag einju*
geben. ©runbfätjlicb fonjebiert alfo ein Staat, ber bie
fontraftmäßige SBefHmmung über bie fonfeffionelle ©r*
}iebung ben Stupturienten frei giebt, jugleicb bie perfönlicbe
©ewiffenSfreibeit eines jeben berfetben. SBenn aber ein
Staat, wie es ber »on $anno»er 1713 getban, im gaHe
baß bie Stupterienten feine bertragSmaßige SBeftimmung
über bie religtöfe ©rjiebung ihrer Ainber getroffen haben,
biefe Eingelegenbeit fclbft in bie $anb nehmen unb ge=
fefclicb regeln muß, fo wirb man eS ihm an jt<b nidbt
berargen bürfen, wenn er ju einem bie gorberungen
beiber Steile annäberungStoeife ju bcrücfficbtigenbcn 3tuS=
gleiche feine nimmt. Ein unb für fi<h läßt fi$
wohl ber bamaligen bannoberauifchen Regierung wegen
ihrer Sebanblung ber be StomiS ’fdjen ElngelegenbeU
nic^t nabe treten, wenn man ihre flaaiSrecbtlüben 2ln=
febauungen nach bem ©eifte jener 3*ü würbigt. Unge=
hörig finbe i<b bloß bas baran, baß jte bie SSerorbnung
im lefcteren fünfte, wo eine ebefontraftliibe ©iuigung
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@ejd)i(fjte btt tatb- ftitdje u. ©cmeinbe in $annot>(r u. 8*0*. 521
über fonfefftonelle Äinbererjiebung nicht norlag, in ber
fo furjen Seit non brei faßten mefentlidj änberte unb
tiefer Anbetung eine rücfmirlenbe Äraft netlieb, fo baß
bet fatbolifcbe, obet proteftantifche Sätet, bet im guten
©lauben bet gefefclidjen Garantie bet Etjiebung feinet
Äinbet in feiner Äonfeffton in ben Sagten 1710—1713
eine @pe einging, nach bem SRegulatio non 1713 feinet
biesbejüglicben nermeintlichen Steckte binficbtlicb feinet
meiblicben ÜRacblommenfchaft netluftig ging. ®iefe ®äu=
fcbung erfuhr au$ unfet ÜJJarquiS am |>ofe non $annooer.
®o<h hätte er jt<b burcp Eingebung eines feinem latbo;
lifchen ©etoiffen in biefet $inft<bt entfprechenben @b■«*
nertragS banot bemabren lönnen.
®roß aller biefet AuSfeßungen, meldbe i$ aus
lebiglich fachlichem Sntereffe an bem Suche gemacht habe,
joHe ich, jumal in Anbetracht ber bem Serf. tnegen
anftrengenbet ißaftorationStbätigfeit jur Ausarbeitung
miffenfdbafilicher SBerle Inapp jugemeffeueu Seit unb in
Söürbigung beS UmfianbeS, baß betfelbe großenteils
für feine Unterfuchungen auf noch ungebrudteS Altem
material angetoiefen mar, unb beSbalb manche UnnoH=
ftänbigfeit R<h leicht etllären unb entfchulbigen läßt,
bet in nielen ißunlten aus reichem praltifdbem Setftänbniffe
bernotgebenben ©adhfenntniS unb bet feelennoüen $in=
gäbe an ben jurn Sormutfe gemäblten ©egenftanb alle
Anerlennung. 3eber, bet ft<h für baS auSgefflbtte
®bema intereffiert, mitb bie ®arfteHung mit ebenfo großer
geiftiget Sefriebigung, mie loßnenbem ©eminne netfolgen.
Dr. $i ft er er.
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III.
Änolekten,
$ie in bec Sibadfte 1,6 als Schrift $itat &u lejenben ©orte:
‘ IÖQüxjdzco f} iXsrjfioavvrj aov elg rag %ÜQdg oov, p&XQig av
yvyg, xlvi 6yg, jianben lange für ft<b aHoin ba. (Erft in ber
lebten Seit nmrben einige ^arallelftellen gefunben. $te erfte
nmrbe bei bem engliföen Mbftiter SßierS tbe $lotoman ent*
becft, ber bie ©orte bringt: Sit (1. sudet) elemosina tua in
mann tua, donec studes (1. scias) cui des. $gt. SdjoffS 3. 0.
S. 320. S)ie SRadjforfcbung, bie burdj ben gunb angeregt nmrbe,
führte &u ber (Entbecfung, bag $etruS domeftor in ber Hi-
storia Deuteronomii c. 105 (Migne PL. 198, 1251) bie ©orte
bringt: Diotum est: Desudet elemosina in manu tua, doaec
inyenias, cui des. ®gl. IReftb, Ägraj>bu 1889 6.465. (Eine
britte Stelle fanb SoofS in ber Expos, in Ps. 40 daffiobor*
(Migne PL. 70,295): Scriptum est etiam: Desudet eleemosyna
in manu tua, donec inyenias iustum, cui eam tradas. 5)ie-
fetbe gelangte burcb Wefcb 6.288 $ur Veröffentlichung. (Sine
oierte parallele bietet, toie id) mitjuteüen oermag, ©regor
b. ©r. d)erfelbe febreibt in ber Regula pastoralis III, 30: Ne
sub obtentu largitatis ea, quae possident, inutiliter spargant,
audiant, quod scriptum est: Sudet eleemosyna in manu tua.
$ie ftonflantinttte ScbentungSurfunbe, über bie füglich
(ogL Gu.Scbr. 1889 6. 685) brei Schriften erf(bienen finb, un-
terfuebte6(beffcr*©oicborft f n ^ en Mitteilungen beüdfnftitutü
für öft. ©efeb. X (1889), 302-325. (Er benüfet babei toefentlicb
ba* bon ©rauert im $ijt. dfabrbucb 9b. III—IV mit großer ©e*
lebrfamteit gefammelte ©aterial; er oermebrt e& aber &ugteicb,
l&bt bann alle*, mie er bemerft, auf einen anberen Starren unb
richtet jeinSefäbrt in eine gan& anbere Wichtung. (SS toirb na<b*
gemiefen, bag getoiffe fformeln bauptfächlicb unb teiftoeife nur in
ber 3*it $aulS I gebraucht ttmrben, fo baS Deo amabilis gum
legtenmal 779 ober 780, unb barauS auf ben Urfprung beS 5)o*
lumenteS in bieiem SPontififot gefcbloffen. 9HS Qiel beS gälfcberü
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Elnaleften.
623
wirb bie Cerperrlicpung flonftantind unb ©ilbefterd unb bie
Schaffung eine« Atecptdtiteld auf italienifcpen ßänberbeftp gegen«
Aber bem Einbringen berßongobarben angenommen. — 3f.grieb*
rieb Tommt in ber ©eprift: Die ftonftantinijepe ©epenfung 1889,
ebenfalls auf $aut I jurAd. über er unterfebeibet in bem Dofu«
ment anbererfeitd einen älteren, in« 7. gaptpunbert jurAdgepen*
ben, unb einen jüngeren Seftanbteil, unb er nimmt an, baß Saul I
a(S Diafon biefen Deil berfaßt höbe, fo baß bie Seit ber Sollen«
bung bed ©cpriftftAdci ber Sontififat ©teppand II wäre. Die
©iüde # welche $au( I ftugewiefen werben, finb außer mehreren
Heineren Interpolationen bie Elbfcpnitte Aber bie Erbauung unb
Efudftattung ber ©afilifen ber ElpoftelfArften (Construximus ita-
que et ecolesiaa b. Petri et Pauli — omnia disponantur) unb
Serleipung bon Jtrone unb ßanb an ©ilbefter (Decrevimus itaque
et hoc — tradidimus perenniter atque feliciter poaaidendam).
gAr bie ©cheibung wirb ^auptfdc^Iic^ auf Ungleichheiten unb
EBiberfprAcpe, welche in bem Dokumente herrfchen follen, fowie
auf teebnifepe Etodbrüde berwiefen, welche im 8. ^abrpunbert, in
ber 3eit ber ©ntftepung bed längeren Deild , niept mepr gebraucht
worben feien. Die Argumente erhalten burep ©cpeffer-Soicporft
a. a. 0. XI (1890), 128—146 eine grAnblicpe SBiberlegung.
Eluf ©runb naper Sejiepungen, welche er &wifcpen ben Acta
pontificum Cenomanenaium unb ben gÜlfcpungen Sfeuboifibord
fanb, glaubte $rof. ©imfon in greiburg in einer Elbpanblung
in ber Qeitfcprift für ftirepenreept Sb. XXI ße Stand als §eimat
Sfeuboifibord annepmen ju follen. Weitere Etacpforfcpungen be«
ftärtten ipn in ber Einficht, unb er legte bad Ergebnis feiner
fortgefepten ©tubien in ber©cprift bor: Die (Entftepung ber pfeu«
boifiborifepen gorfepungen in ße Stand 1886. Die Eluffaffung
fepien ipm fo fepr rieptig ju fein, baß er erflärte, biegrage na$
bem gemeinfamen Urfprung ber in ße Stand berfertigten unb ber
pfeuboiftbortfepen gälfepungen ernftlicp fteQen peiße betnape fepon
fie bejapenb antworten. Dabei will er nicht ben Elnfprucp erpeben,
eine befonberd feparffinnige §ppotpefe aufjuftetten; bielmepr wünfept
er nur, bie einfaepfte Einnahme, rnelcpe biefleiept nur barum ber«
fcpmäpt worben fei, weil fie fo nape liege, in ipr berfannted fRecpt
einaufepen. Die Elnficpt fanb in einigen tritifepen Organen bei«
fällige Elufnapme. 3« ber #iftorifcpen Seitfcprift 64 (1890),
284—250 tritt ipr aber $. EBafferfcpleben entgegen. (Sr er«
tennt wopt an, baß in ße Stand eine umfaffenbe Urfunbenfälfcpung
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524
Slnalcften.
ftattfanb. Slnbcrerfeitg öermigt ec aber ettifegeibeube unb triftige
©rünbe für bie Ännagme, bag Se ©lang aueg bie ©erffiatt bet
pfeuboifiborifegen gälfd&ung fei, unb erfl&rt, bag er nacg einer
wiebergolten unb eingegenben Prüfung nicht im ftanbe fei, ber
$gpotgefe ©imfong beizutreten. Die $auptftellen, auf welcge
biejelbe geftüpt trieb, betreffen ben ©gorepiffopat ttn b ben ©rief
©regorg IV für ben ©ifcgof Älbricg non ße ©lang. ©ezüglicg
beg erften Punfteg weigt SB. gegen ben ©egtug ©imfong barauf
hin, bag bie Acta bie ©efugniffe ber ©gorbifegöfe nur wefentlicg
befegrünfen, Pfeuboifibor bagegen in bem Damafugbrief De
chorepucopis bag Snftitut gänzlich befeitigt unb bag an bie ©teile
erbiegteter päpfttieger Defretalen bort bie gefftlfcgte Qfnitiatiöe beg
Äönigg oberüaiferg tritt. 3n bem ©regorbrief ertennt er ©puren
pfeuboifiborifeger Denbenzen an; er fügt aber aueg bei, bag bie«
felben bei ber fonftigen Haltung ber Acta niegt &u ©unften ber
Äuffaffung ©imfong ing ©ewiegt fallen, um fo weniger, alg ber
©regorbrief ben Aota fegr toagrfcgeinlicg erft fpftter, naeg Älbricgg
Dob, beigefügt toorben fei. Sfcg möcgte leptereg niegt behaupten.
Dropbem gälte i(g aber bie ©imfon’fcge fcgpotgefe ebenfaflg niegt
für fieger. Die parallelen beg ©regorbriefeg unb Pfeuboifiborg
gnben fteg, wenn icg reegt fege, alle aueg in ben Duellen, ©ie
ftnb beggalb niegt allzu fegr &u betonen, unb zwar um fo weniger,
alg bei etwaigen Differenzen Pfeuboiflbor in ber Siegel mit beu
Duellen fteg nager berührt alg mit ben Acta. Parallelen, welche
eraftlieg für ein engereg ©ergältnig ber beiben gülfegungen geltenb
gemacht werben fönnten, bleiben fo, in bem Äbfeguitt über beu
©gorepiflopat (©. 8—11) unb in bem Äbfcgnitt über bie öeleibi»
gung ber ©eiftlicgen (©. 42—43), nur fegr wenige gurücf, unb
biefe finb offenbar niegt flarf genug, um bie fegwere $gpotgefe
©imfong gu tragen, grreilicg weift ©imfon für feine Stuffajfung
noeg auf anbere Uebereinftimmungen gin, teilg ftiliftifcger unb
formeller, teilg facglicger Statur, ®r belennt aber aueg felbft,
bag fte „grogenteilg nur eine fefunbäre, teilweife gerabegu nur
eine nebenjäcglicge unb fämtlieg nur eine abminifulierenbe ©ebeu*
tung neben ber falfcgen Defretale ©regorg IV fowie ber ©teile
über bie ©gorbifegöfe in ben Acta* gaben (©. 7). ©ei biefem
©acgoergalt ift gunäcgft niegt weiter auf fie eiugugegeu. ©g mag
nur noeg beigefügt werben, bag SBafferfegleben wie frilger fo aueg
fegt bie fördere gönn ber Defretalen für bie urfprüngliege, bie
längere für eine fpütere ©erarbeitung g<, jener, ba Pfeuboifibor
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Inalefteit.
525
un$tteifetyaft bie Mainaer Archtoe benüftt habe, bie ältegen ©anb-
fünften, welche bie urfprüngltche gform am reingen enthalten,
heutigen Utfprunge« feien u. f. w., al§ ©eimat Maina anweist,
biefe bagegen in ber ©robina Reim« entfielen lägt.
Der fünfte ©anb, So^rgang 1889, be« „ArchioS für Sitteratur*
unb ftirchengefchichte be« Mittelalter«" (fjreiburg, ©erber), enthält
im 1. ©eft bie Sitten über ben ©roaeg, ben Johann XXII1818—21
über ben Rtuhlaft Meuten«’ T führte. Dem Dejt wirb burch ben
©erauSgeber S©rfe eine furae DarfteHung be« ©roaeffe« unb
eine Unterfuchnng über bie Schicffate be« päpfilichen Schafte« beim
Dobe Stiemen«’ V nebft einigen ©emerfungen a ur ©eurteilung
biefe« ©apftc«, feine« Depamente« unb ber Ausführung beSfelben
foroie ein Stammbaum ber gfamilie be« ©apge« betgefügt. Die
angefchtoffene „Mitteilung" betrifft ben Schaft 3oftann« XXII.
Rach ber Angabe ©iüanis hinterlieg ber ©apft 25 Millionen ©olb-
gulben, 18 in Selb, 7 in ftoftbarteiten. Sftrle toeift nach, bag
bei beiben ©ogen eine Rull abauaiehen unb ber Reg bei bem
ameiten auf bie ©älfte, bei bem erften noch toeiter an rebuaieren
tg. — Da« 2. ©eft enthält Urtunben anr ©efchidjte ber mittel¬
alterlichen ttttinerfil&iett, mitgeteilt unb ertlärt burch Denifle,
näheren bie päpftltchen Dotumente für Salomonen au« ben fahren
1255—1417 unb ein Regigrum ber ©rofuratoren ber englifchen
Station in ©ari«. Der grögte Dheil jener Dotumente rührt oon
bem Aüignoner ©apg ©enebift XIII her, ben eine 3nfd)rift im
Clauprum ber Unioergtät noch h*nte al« Reformator preist. Da«
ameite Stüct giebt näheren ben Anfang ber Regifter ber englifchen
Ration in ©ari«, bie $ahre 1333, 1338—48, au« bem bortigen
UnioergtätSarchio. Der grögere Deil toirb burch Denige in ©er«
binbnng mit Sftntelain fpäter beröffentlicftt werben. Die englifche
Ration in ©ari« umfagte auch bie Deutfcheu, Schotten, JJrlänber,
Dänen, Schweben, Rorweger, ©öftmen, ©ölen unb Ungarn. Die
Deutfchen bitbeten feit ber Mitte be« 14. gahrhunbert« in ihr
fogar ben grögeren Deil, unb bie Ration wirb in ©ätbe oereinaelt,
feit 1443 regelmägig nach ihnen benannt. Die ©ubtitation erhält
unter biefen Umpänben für Deutfchlanb ein befonbere« gntereffe.
Sie ift ein bemertenSwerte« Segenpüd an ben Acta nationia
Oermanicae Universitatie Bononiensis, bie 1887 burch 3rrieb-
länber unb Mafagota veröffentlicht würben. — Da« 3. ©eft er¬
öffnet eine Abhanblung Denifle« über bie ©eimat ©teiger iefehart«.
Am Schlug einer Rebe, enthalten in einer ©f. ber Amplontana
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526
Slnaleften.
in Erfurt, unb in bem $eft jum Slbbrud gebra<gt, fanb bec oer*
biente fjorfcger bie SB orte: Iste serxno sic est reportatas ab
ore magistri Echardi de Hochheim die beati Augustini Parisius.
Sie Slngabe fegte ign in ftanb, bie Streitfrage z« entleiben,
ob Edegart aud Sgüringen ober aud ©trapurg ftamme. Er
entfdjeibet ftd) nägergin für bad ^>oc^^eim, ba§ zwei ©tunben
nörblicg oon ©otga gelegen ift. Sad zweite ©tüd giebt aud einer
$J. ber ^arijer Unioerfitätdbibliotget brei Don 3oganned Siffe
(f 1363) gerrügrenbe Srattate, ben tforraeliterorben betreffenb;
einen ftatalog ber SWagifter bed Orbend in Ißarid in ben 3 a b^en
1295—1360, eine Sifte ber ßrbendgenerale 1271—1361 unb eine
Sifte ber Drbinationdfapitel 1259—1361. Sie Sßublifation ift ein
mifltommened ©eitenftüd ben im zweiten Slanb bed Slrcßiod
oeröffentlicßten OueHen jur ©elegrtengefcgicgte bed ^rebigerorbend
im 13. unb 14. Sagrgunbert. Sod britte unb legte ©tüd betitelt
ficg: Slud ben Sitten bed ttfterfonftild oon fßerpignan 1408. Sie
Sßublifation, bie mir E b r l c oerbaufen, rügt auf einer in Sloignou
befinblitgen $f., einer ogne Smeifel in ber Äanjlei $eterd oon
Suna gefertigten offiziellen Slbfdjrift ber Sitten ber ©gnobe Oon
$erpignan. Sie $f. entgalt an erfter ©teile ndcgft ber Einleitung
bie erfte fRegierungdperiobe SBenebitid XIII, oon feiner Ermäglung
bid jum Vertrag oon Egateau-iRenarb (1394—1403), an zweiter
©teile bie SSerganblungen mit ©regor XII (1404—1408), an
britter eine Erzäglung bedSlbbrmgd ber Slerganblungen, ber giudjt
unb bed Jöerlaufd ber©gnobe oon $ecpignan (1408—1409). 8 U-
nä<ßft mirb ber erfte Seil mitgeteilt; unb igm foQ fofort ber britte
folgen, rneil zum oollen Slerftänbnid ber erften unentbegrlicg. Sabei
merben jebocg bie bereitd anbermärtd oeröffentlpten Slftenftüde
übergangen, audgenommen zwei ©tüde, bie öericßte über bie Sie*
lagerung bed ^alafted unb ben Vertrag oon Egateau-lRenarb. Sie
Zum SSerftünbnid erforberlidjen Erflärungen finb für ben 3. unb
4. Seit ber Slrbeit üerfpart, mo bie gier gebotenen neuen SBate*
rialien oermertet merben Jollen (©. 390). Slud ber an bie Ißubli*
tation ftcß anfcgliejjenben gelegrten Erörterung ift ber SRacßmeid
geroorzugeben, baß nicgt ber SßarfcgaU SBoucicaut im Sluftrag bed
ffönigd oon grantreitg, mie bidger allgemein angenommen mürbe,
fonbern oietmegr ber S3ruber bed SRarftgalld unb zwar im Sienfte
ber oon S3enebift abgefallenen Äarbinäte bie ^Belagerung bed
©egenpapfted im Ißalaft oon Sloignon begann. Sunt
Sltd icg meine Slbganbtung über Missa (Sgeot. Ouartalfcgrift
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Knaleften.
527
1889, 581—557) neröffentlichte, mar mir noch nicht befannt, bag
bie 8. 548 angeführte Vita 8. Pelagiae i. fr 1879 non Ufener
im griechif (gen Original, unb im fetben^hre non (Silbern ei ft er
in fprifcher Serfion mar ebiert morben. 3m (Sriecbifcgen (Ufener
fegt bie Qtit ber fcbfaffung in ba« «meite Viertel be« 5.3agt-
hunbert«) lautet bie betr. Stelle: „Avzfj Sh (nepiatega fieXavf})
nepinexoßhnj (ioi, ?wg ov aniXvasv (= missa eet) ^ evx%
tu) v xartjxovuivfov* xal 8ze ixJtftv&v 6 öiäxovoc a Oaoi xa-
vrjxovfxevoi nQO&X&eze, ev&twq acpavxog iyivsxo cm i/iov xal
(ietä zijv zibv niazCbv xal rüg ngogsvi^scog
x^v X8 Xeicooiv aniXvoev h ixxXjjola ufener, Begraben ber
$elagia. ©onn 1879. ©. 6. Ueber ben neutralen (Sebrauch bon
antXvaev bgl. 0. 38. 2)en lateinifchen ftberfefcer oerbietet fcgon
bie 3 a hl alter ftanbfdjriften be« 10. u. 11. 3ah*h- jünger al« bie
Seit tfarl'« be« Äaglen benfen." ©. 30.
$ie non (Silbernei ft er beforgte lateinifdje Überlegung ber
forifchen ©erfion („au« bem (Enbe be« 5. ober Anfang be« 6.3af)rl).",
Ufener @.30) lautet an ber betr. ©teile: »Columba aatem, quam
vidi, super me volabat, quoad precatio audimtium finem habuit,
et cum diaconus proclamasset: egredimini audientes, in somnio,
columbam vidi avolare nec conFeetim iuzta me inveniri. Et
vidi poti preeationem fideUum eacrificium offerri et coetum di -
mitti temploque egressus sum«. Acta S. Pelagiae Syriace
edita. Bonnae 1879. <E« fte^t bernnad) nicht« im ©ege, ba«
tnisea fideUum ber lateinifchen Überfegung (9. 3ah*h?) auf ben
(Sotte«bienft «u beziehen; hoch ftc^t biefer Gebrauch in fo
früher Seit nerein«elt.
3m 3«ni«$eft ber »Revue Bän&lictine« (Messager des Fi-
dfcles VI1 Ä * annle, n. 6) oeröffentlicht P. (Serma in worin mit
facggemfiger (Einleitung »un discours inüdit de S. Augustin« au«
Cod. Addition. 10942 be« ©ritifcgen Wufeum«. Sie (Echtheit
biefe« ©ermo, non bem bi«ger nur ein ©rucgftücf, burch bie ©amm-
lung be« gtoru« (alias ©eba), befannt mar, mirb auch non folcgen
2taguftinu«*Äennern nicht beanftanbet merben, melcge burch bie
„(Sntbecfungen" non Wai unb (EatHau gegen »Sermones inediti
S. Augustini« migtrauifch gemorben finb. ©er ©ermo: »Quia
iubet dominus et pater etiam nobis ut loquamur,« trügt un*
oerfennbare« augufnnifdje« (Septäge. (Sur ©teile: »Plus amate
hominem quam prius oderatis errorem« ngl. beifpiettmeife Serm.
49, n. 5 et 7: »Dilige hominem, oderis vitium. .. Ut non
oderitis nisi vitia, homines ametis,« unb Contr. litt. Petil.
1.1c. 31: »Diligite homines, interficite errores.« Tlbgefegen
non bem intereffanten Snhalt, ift ber neue ©ermo baburch befon-
ber« mertnoü, bag mir benimmt mijfen, mann er gehalten mürbe,
unb bag au« biefem ©atum auf bie S^t ber Orbtnation be« gl-
«ugujttnu« «um ©re«bpter Biegt fällt. ©ie mir au«nahm«meife
ba« genaue Saturn non Sermo 156 unb Sermo 26 (17. u. 18.
October fehr mahrfcheinlich be« 3®h rc * 417 ) fcnnen, fo fchliegt
P. (S. Worin au« ben bom neuen ©ermo gegebenen «ngalt«punften,
bag berfelbe am 23. 3“ni 390, alfo gerabe nor 1500 3ahren
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Änaletten.
gefprocben würbe. ®omit ift augleicß feftgefteHt, baß bie ©riefter*
weiße »uguftin’S nicht auf baS 3 a h r 391 ($ßeol. Ouartalfcßrift
1876, 6.354) ober gar, wie fceuffel in ber oon ihm felbft noch
befolgten britten ©uflage feiner fRömifcßen ßitteraturgefcßiibte
wollte, auf 392, fonbern auf 390 (ein SBinf für {Jreunbe oon
3ubiläen!), unb jmar auf bie 3e!t oor beni 23. 3funi anaufeßen
ift. (Über 390 ßinaufaugeßen, oerbietet bie Angabe beS ©offibiuS,
Vita Augustini c. 2.) SBtr befißen fomit in bem Sermo ineditus
Morinianus ein ©eifteSprobuft auS ber früheren ©eriobe jener
großartigen ©rebigertßätigfeit beS ßl. ©uguftinnS, bie m. ®. noch
lange nicht bie ihr gebübrenbe ©ürbigung gefunben $at. — Solche
©ublifationen, wte bie eben befproeßene, fteßern ber tn ©eutfcßlanb
noch ä u wenig betannten belgifchen »Revue Bönddictioe« in ben
Äugen ber Urteilsfähigen ein größeres ©nfeßen, als eS bureß bie
wirtfamfte fReflame au erreichen wäre. O. IRottmanner.
©erießtigungen unb 3 ^fd^e au ber „fcbiMie « 11 *
u. f. w. im 1. u. 2. 4 peft biefeS 3aßrganglf^
6 . 99 ift in ber ©nm. beit ©orten „aum ßreuaaltcfö". &eiau*
fügen: „wenn nicht auSbrüdlicß ein anbererÄltar genannt#'
a. ©. Lib. cerem. A fol. 57 b in ber ©litte." —
6 .102 3 . 7 0 . u. lieS: befdjaulicßem (patt befcßaulicßen). —;
6.107. anm. 1 läßt fleh beifügen: eelicum tarnt auch Oerfchrieo* 11
fein für celibum, f. 6 . 274, ®nm. au n. 68 , wo für biefe ©ebeu'3
tung oon caelebs oerglichen werben tönnte ber ©ebraueß oon cae-
licola für monachuB bei Du Gange (l.ÄuSg.) I 1037 hinter bem
©Sorte Codra. -
6.109 ift bie ©nm. au tilgen. Qermani ift ßier ©ante beS hl.
©ermanuS unb foüte baßer mit großem anfangSbucßftaben gebrueft
fein. 3. ftreufer ©ilbnerbneß S. 106: „Selten trägt er [St. ©e*
nebittuS] bie feurige ftugel. 3 « ©eftalt einer feurigen Sfrigel faß
©enebiftuS bie Seele beS ß. ©ermanuS, ©ifcßofs au ©apua, oon
©ngeln gen Fimmel gefüßrt." 3m auffaß beS aitarS aum ßl.
©enebitt, ©lacibuS unb ©tauruS in ber eßemal. ftloftertircße au
©eingarten ift ein ©emälbe, baS ben ßl. ©enebift mit einer feurigen
ttugel über flcß barfteHt. S. Ä. 2L ©uSl, bie eßemal. ©enebiftiner»
©btei ©eingarten. IRaüenSburg 1890 S. 19. —
S. 119 oorleßte3- ift nach cruore baSÄomma au tilgen. —
S. 120 tönnte au v. 14 noch bemerft fein, baß catasta bie rieß*
tige Schreibung wäre. —
S. 267. 3ur Stöße ber ©rflärung Oon florencia als Beuchten
ließe fteß, wenn nötig, noch ßinweifen auf ©ßilipp. 2 , 14 fg.
©rooerb. 4,18. SRattß. 5,15. SRöm. 2,19, fowie auf bieanttpßone
im Brev. Rom. in Festo SS. Joannis et Pauli martyr. (26.
3 uni). -
S.290 3 . 14 ift $u lefen: „©tone forrigiert im £ejt qui illa"
(ft. ille).
©üwangen, im 3uli 1890. Dr. ©ogelmann.
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&l)eologifd)t
Ciiiattalfeptift
3» SSetbittbung mit mehreren ©ele^rten
$etau«gegeben
von
D. v. fiobcr, D. /mtk, D. Sd)an?, D. Äcpplcr,
D. jßelfer,
^rofefforen her fat^ol. Geologie an ber St. ttniotrfHftt Zflbingen.
3 toeimtbftc 63 tg|ier ^aljrgang.
SSicrtcö Duartalljeft.
Sfibingctt, 1890.
Setlag bet $. 2aupp’f($en $u<$$anblung.
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tot u<f *on $. Söupp Jt. in fcftMnflen.
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I.
ÄbljanMnngcn.
1.
8«r Erinnerung an fjelig non §impel
t am 17. ftbntar 1890.
San $tof. Dr. ftttyiler.
©aoon, baß ein bet 2Bijfenf$aft unb SBeiSheit ge*
WibmeteS ©elehrteulebeu für bie Siegel ni$t fo frieblic^e
unb liebltthe Stxrt habe, toie ber äußere Schein einem
oberflächlichen ©eurteiler oortäuföen fönnte, weiß fd&on
ber ©iracibe ein SBort }u fagen. Sia<$ ihm nimmt bie
SBeiSheit ihren Sttbepten in ftrenge Schule, b<rcte
unb fdßarfe Erprobung, ehe fte jtdh ibm anoertraut, ihm
geraben 2Beg weist unb ihn an ihren gteuben unb ®e=
heimniffen teilnehmen läßt (Sir. 4,18—21). ©er oben
angeföriebeue Siamen {traft bie alte Erfahrung unb baS
altteftamentlidhe SBort nic^t Sägen. Ilnb wenn wir ber
Obliegenheit na<hlommen, biefem Stamen, ber bur<h ganje
einunbbreißig Qahre auf bem Titelblatt unferer Seit*
f4»rift ftanb, bis er allmählich oon ber lebten ©teile an
bie erfie oorgerüdt toar unb anfangs biefeS SahteS oom
Tob gelingen würbe, hier ein Heines ©enlmat ju fe|en,
fo tritt bie SQBahrheit jenes SBorteS uns lebenbtg oor bie
34*
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532
fttpptft,
Seele. S)a« ©enlmal toirb nid^t bloß mit ben frieb*
licken Sinnbilbern be« Semen« unb Seßten« au«§uftatten
fein, fonbern audj mit ben ©pntbolen be« Seiben« unb
Streiten«.
®er ©«breibet biefer geilen ertlärt ft<b jum oorau«
für inlompetent ju einem eigentlWb fa«bmännif$en Urteil
Aber bie miffenfcßaftttiben Seifhingen be« SSerfiorbenen;
feine SJereißtigung, biefen SRefrolog ju fdjreiben, leitet
ft«b lebiglidb ber au« einem Auftrag ber Äoliegen unb
au« äföanjigjäbriger Söefanntfe^aft mit bem SSeremigten,
bem er gerne einen {leinen Xeil fcpulbigen $anle« ab*
tragen möchte mit ber folgenben Sebensffijje, bie nur
auf ba« Sine Sob 2lnfpru<b erbebt, baß fte ibr ©teuer
nach beftem SSerfleben unb Vermögen na«p ber SBabrbeit
bingeridbtet b«be.
©eboren in 9taoen«burg am 18. Februar 1821 ab*
foloierte $impel in feiner SSaterftabt unb im Äonoüt §u
©hingen bie ©pmnafialjhtbien, mibmete ji«b 1840—44
im 2Bilbelm«ftift in Tübingen bem ©tubium ber SJbifo'
fopßie nnb Xbeologie unb empfieng am 4. September 1846
in Stottenburg bie ^riejlertoeibe. 5Ra<b einer ©tubien*
reife na<b Stätten unb gtanlteidb unb na<b oorüber*
gebenber SSertoenbung an ber Sateinföute in Stötten*
bürg toarb er am 12. 3Rai 1849 }um Ißtofeffor am
©pmnaftum in ©hingen unb jugleicb §um SSorßanb be«
bortigen Äontoüt« ernannt. 3)ie a<bt Sabre, toettbe et
in biefer Stellung jubra<bte, fönuen mir fäglttb Aber*
geben ju ©unflen ber breiunbbreißig S«bw feine« afa*
bemtfeben Sebramt«. Semerlt fei nur, baß fomobl feine
Sfbortationen mie rei«bli<be 2lufjei<bnungen oon Sr*
faßrungen unb ©eoba$tungen auf bem mistigen ©ebiet
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Sur (Erinnerung an Jelij non $intpe(.
533
bet llerttalen ©rjiebung geugniS baffir abtegen, Wie er
nicht nur feinen ßebrberuf, fonbern auch fein Vorfteber=
aml im jtrengßcn Sinn als @ewiffensfa<be nahm. $>abei
ifl eS bejeidbnenb für ben ganjen ©baratter beS SRanneS,
wenn wir unter ber SRarle: „gegen ju großes SRißs
trauen" eine Steife ton gälten bezeichnet ftnben, in
welken ber Vorüber ficfj glaubte anflagen ju mäffen,
baß er }u fdflünm Aber göglinge geurteilt ober unge*
regten Verbaut gegen jte gehegt ßabe. gn biefe geit
fallen feine erfien Sfkblitationen, jwei ©pmnafiatpros
gramme: „Unterfuchungen Aber bie SiegfriebSfage"
(gingen 1850) unb: „S)iellu|ierblidbleitSlebre beS Sitten
XeftamenteS" (©hingen 1857). SIIS burcb ben llebertritt
SBelte’S in baS Domfapitel ju Stottenburg bie ßebrtanjel
fAr altte|tomentli<be ©jegefe ertebigt würbe, tonnte bie
IattjoUf<b»t$eotogif(be galultät Gimpel „trofc SJtangelS
an Iittetarif$er ^robuttion, aus genauer Kenntnis ber
$erfon als einen ÜJtann ton fräftigem latent, eutfdjie-'
bener ßebrgabe unb grAnblidber Vorbilbung" fAr baS
Drbinariat in erjter ßinie torfdjlagen, welkes ihm tom
Äönig am 8. September 1857 Abertragen würbe.
Saß bie Stufgabe, welche beS jungen SJtanneS darrte,
teine teilte war, weiß jebet, welker einen Vlid in bie
©efchi<hte ber ©jegefe geworfen bat- Stuf bcm tief er=
f<b Alterten, jtarl burd&riffeuen ©oben ber atttefiamenttiiben
gotfdjung einen feiten Stanbpunft §u gewinnen, war
fAr einen fatboltfd&enSjegeten jener geit um fo fc^wieriger,
als es, trofc ber ad&tungSwerteu ßeifhtngen beS tAdßtigen
Vorgängers, an umfaffenberen Vorarbeiten ebenfo wie
am wüttfcbenSmerten SJlaß ton SJtitarbeit im eigenen
ßager fehlte. @S jeugt fAr bie Energie, mit Welcher
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534
fteppltr.
fein Sepramt übernahm unb für feinen pellen 93litf unb
burdpbtingenben Skrflanb, bafj er non Stofang an auf
biefcm Soben einen ©tanbpunft fanb, ben er in allen
Hauptfragen bis jum ©dplufj innepaben unb behaupten
tonnte, — ni<pt abfeitS von allen 3<itftrömungcn, fon=
bern berart fituiert unb gefefligt, bafj er von ibm aus
biefelben beobadpten unb beperrfdpen, fte an ftdb petan«
fommen taffen unb fte von ft<p toeifen tonnte.
SSom Anfänge biefeS 3aprpunbertS an tarnen fafl
alle altteflamentlidbe fragen immer mehr unter ben
©ann SineS Problems, ber ißentateudpfrage, unb fte
mußten eS fidp gefallen taffen, in bie »edpfetnben ©trß«
mungen ber lederen mit bineinge}ogen ju »erben. 3a=
genb, »ie bie SBorrebe betoeiSt, patte 1753 ber fafl
ftebjigifiprige Slrjt unb ißrofeffor }u IßatiS, 3ean Slfltuc,
feine berühmten Conjectures in bie öffentlidpfeit gegeben,
tvie von einer betlemmenben Slpnung erfaßt, bafj er ba«
mit ben Slnftojj ju einer ©e»egung gebe, »etdpe nicht
toieber )um ©tillflanb fommen unb halb über ÜRofeS,
Xrabition unb 3nfpiration tveggeben »erbe, ©eine £ppo«
tbefe von ber elopiftifcpen unb iepoviftifcpen ÜueHenut«
tunbe, beren SJlofeS fiep bebient habe, »urbe am Anfang
beS SaptpunbertS nach ©eutfdptanb verpflanjt, aber als«
halb von ber $erfon beS ÜRofeS abgelöst unb in ben
Sienfi bet negativen ©ibettritit gezogen; ©ater unb
Harttmann batten fie für ben legiSlatorifdpen Seil burdp
bie gragmentenpppotpefe bereidpert. SUS $. in bie Str*
beit eintrat, fanb er junfidpfl nodp bie (SrgänjungSpppo«
tbefe am Seben, vertreten burdp $udp, ©leet, S)elitjfcp,
»etdpe nicpt eine ber etobiftifcben parallel laufenbe jepo«
vifKfdpe ©dprift annabmen, fonbern eine vom 3*b°otflen
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3ur (Erinnerung an $etig non $impet. 535
flammenbe Surdbarbeitung unb ©rgänjung bet eIo^ifltf<^en
©tunbfdbrift, woju fpäter ba$ Seuteronom gefügt worben
fei Sie $ppotbefe, bec befonberS $upfelb beit SobeS»
flog »eifert batte, mugte aber tafdb einet neuen Auflage
bet Utfunbenbppotbefe baS gelb räumen, weldbe be!annt=
Udb butcb Sfteug, ©taf, SBellbaufen ju Slüte unb JRubm
gebraut würbe, liefet SöfungSöerfudb bet 5ßentateu<b=
ober $epateu<bfrage, welker ad&t »etfdbiebene ©runb*
gilbten in ben fhittigen 9ü$etn nadbjuwetfen Wugte
unb baS, wai man bisset als ätteflen Seit anfab, ben
ißriejietlobej, als jüngfien SBeflanbteil bem 68ra unb
bem 3abr 444 guteilte, baS Seuteronom abet als ältefien
Seil unter 3o{ta 621 abgefagt fein lägt, übertrifft weit
bie früheren $ppotbefen, maS bie Äübnbeit bet 2uf=
Teilungen, bie gtunbfiüt}enbe ©ebeutung unb bie äu$=
bteüung anlangt. S)abin ifl na<b biefet ^ppotbefe ni<$t
btofe bie mofaifebe Slbfaffung, au<b bet infpirierte @ba=
ralter unb bie biflorifdbe Stut^entie beS $ünf* obet 6edbS»
butgS; abet bie Äonfequenjen breiten ftdb fofott au<b
übet baS ganje attteflamentlidbe ©ebrifttum unb übet
bie ganje ©efdbidbte SfraelS unb feinet Religion aus.
Se&tere mug na<b Sefeitigung beS „3abtbunberte alten
SBabneS/ als ob ibte Anfänge burdb ben 3JlonotbeiS=
muS unb burdb eine ©efefcgebung bejeidbnet gewefen
feien, ooOflänbig relonjlruiert werben unb in bie neue
©efdbidbtSpragmatil ftnb bet Steibe na<$ bie biflotifdben,
propbetifdben, poetifdben unb bibaltifdben ©«briften beS
». ebenfalls in »Bflig oetänbertet Otbnung, einau*
fieHen. 9lo<b ifl biefe ^ppotpefe wie auf einem Sriumpb=
jug butdb bie wiffenf<baftU<be ffielt begriffen; bie pro*
teflantifcben gorfeber ftnb mit wenigen Ausnahmen in
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536
Aeppltr,
ityr Säger übergegangen, bic einen mit metyenben gähnen,
bie anbern mit gebrodenen ©affen; baS SiegeSgefütyl
ifi groß, miemotyl mit bemfelben ni$t redt jlimmen toiQ
bie ueroöfe (Srregttyeit gegenüber jebem ©iberfprud,
namentlid »on orttyobof gläubiger, protefiantifder ober
lattyolifder Seite, eine ©rregttyeit, beren Steigerung $. 99.
im Styeologifden 3<dreSberidt »on Satyr ju Satyr fid
oerfolgen lägt, unb melde gegen feinen metyr ©nabe
fennt, ber nutyt auf bie neue SHdtung fdtoört.
Setyen mir, mie in biefer fiürmifd bemegten
©eit fid juredtfaub. gür feine SlntrittSrebe tyatte er
ein metyr neutrales Styema fid auSgemätylt: ißolitifde
unb religiöfe Sufiänbe beS SwbentumS in ben letyten
Satyrtyunbertenoor ©tyrifiuS (üuartalfdr. 1858S. 63—85).
Sie fRebe ifi ein fdöneS Spejimen fomotyl gtünblider
©efdidMenntniffe als eines oöHig burdgeprfigten Stiles,
ber miffenfdaftlide Sdärfe mit Sdöntyeit »erbinbet; fie
jeigt aud bereits baS itym »on Anfang an eigene Streben,
burd baS Setaitflubium tyinburd )U großen @efutyts=
punlten »orjubringen; geifloofl ifi ber SladmeiS, mie erfi
burd ben Snfammenbrud beS nationalen StaatsmefenS
3frael jur ©rfaffung feiner geifligen ©ebeutung unb
feines työtyeren ©erufs tyabe gebradt merben fönnen unb
bie Sarfiellung ber geifügen ©etoegungen, melde burd
ben ©edfeloerletyr jtoeier fo tyodbegabter Stationen mie
ber tyeüenifden unb jübifden tyeroorgerufen mürben. Sd»n
feine }meite größere Arbeit: Sie mefjianifden ©eisfag«
ungen im ißentateud (Ü.=Sd- 1859, 195—256 unb
1860, 41—116 unb 654—681) bemegt fid auf bem
umfirittenfien ©ebiet altt. gorfdung, otyne junädfi in
bie große fritifde gtage fid einjulaffen. Sn &rei großen
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3ur ©rinnening au Jtlij bon $impc(.
537
äCrtifetn toitb bie meffianifdje 3lber im ißentateu^ in
ihrer eigentümlichen Verjtoeigung unb gortleitung unb
intern träftigen ißuljteren aufgejeigt oorn ißtotoeöange*
lium bis jut ^tophetie VileamS. Sem ganzen Äap. 3
bet ©eneftS oinbijiert mit StaChbrud bie teilt ge«
f$i$tli$e unb buChftübliChe Auffaffung. Sie oer^üHte
Vejeichnung ©atanS wirb aus pfibagogifcher SlüCfjiCbt
auf ben unglaublich rohen ©etoijfenSflanb beS Volles
hergeleitet, welchem eine genauere Kenntnis beS ißrinjipS
beS SBöfen nut hätte f«haben lönnen. Sehr fotgf<ig
toitb bie Unterfudjung übet baS nvi unb baS ipsa bet
Vulg. 3, 15 geführt. Sann fommeu bet ©egen SRoahS
unb bie Serhei|ungen bet ^ßatriardhen an bie (Reche; ihr
mefftanifdhet ©ehalt wirb üotftdhtig ausgehoben, je bie
Vebeutung bet Verheilung im betr. 3eitmoment batge=
t|an unb ex eventu bie Harmonie bet Erfüllung mit bet
Verheilung nadjgemiefen, befonbetS grünbli<h behanbelt
ift bie Segnung 3«ba’S 49, 8—12; bem nW toitb na<h
einlä|li<het Äritif bet anbetn Erflärungeu bie loulret
petfonale Raffung: griebebringer = SReffiaS getoahtt.
AuS bem lebten Staltat übet bie SBeiSfagung VileamS (licht
heroor bie fchatfe EharalterjeiChnung biefeS feltfamen
Propheten unb bie Argumentation )u ©unften bet $<ht=
heit unb mofaifCpen Abfajfung beS AbfchnittS. $atte $.
hier eine fChöne V r obe feinet ejegetifChen Äraft unb
Vtethobe gegeben, fo trat et mit einet ©tubie übet baS
Vu<h3ofua(a=©<hr. 1864,385—448 u. 1865,227—307)
erftmalS in bie eigentlich IritifChen gragen ein. ©Chon
1861 hatte et bei Vefprechung bet etflen Auflage oon
VleelS Einleitung einen lurjen SBaffengang mit biefem
Vertretet bet ErgfinjungShppothefe gemacht, oon welchem
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538
StppUt,
er fagt, baß er alte, grünblich juriidgetoiefene Sluf=
Teilungen triebet einmal fo felbflgetoiß unb unbefümmert
mieber^ole, al« hätten fie nirgenb« juttot eine Entgegnung
gefunben. 3n bem citierten auffafc lämpft er gegen
biefelbe Ergänaung«bppothefe, bamal« Vertreten burd&
Sleef, Etoalb, ©tähelin, Knobel, um bie ©elbfiänbigleit,
©taubtoürbigfeit unb Einheit be« mit bem Sentateucp
fo na^e jufammenhängenben, oon ber Kritil halb ganj
mit ibm »erfdhmoljenen Suche« gofua. ©er. bemerfen«--
toerte Schluß ber Unterfudhung lautet: „©er fritifdjeu
Sebanblung«meife be« S. gofua fehlt e« noch immer
an haftbaren ©rünben, um ihm ©elbfiänbigleit, fpra<h=
liehe unb fa<bli<be Konformität, alter unb ©laubtofitbig=
leit rauben ju lönnen. . . ©ie fede ©hflematil, ber
apobiltifcpe ©on unb bie oornebme SJliene infaWbler
SBiffenfcbaftlichleit Ttnb nur notbürftige geigenblätter für
übereilte ©ihlüffe, toiWürlidhe unb getoaltfame Sehanb*
lung einer ÜDtenge ton ©teilen, nichtige SotauSfejjuttgen
unb burdhau« medhanifdhe ©etracbtung«toeife ber Sprache
unb be« gnhalt« ron gofua." ©ie nodh in au«fi<ht
gefleüte Prüfung ber ron Knobel auch auf bie $enta:
teudhfrage angetoanbten Iritifchen ©runbfäfce blieb au«,
toohl toeil bie Ergänjungahppothefe rafdher al« man ahnen
lonnte außer Kur« lam.
©ie fehr oerbienflooUen ©egenoperationen gegen bie,
toie er einmal fagt, mit allen lritif<h*negattoen Sorau8=
fefcungen arbeitenbe t>orau«fe$ung«lofe SBiffenfchaft fan=
ben ihre gortfefcung in bem artilel über angebliche
malfabäifche $falmen (Ü.=©<ht. 1870, 403-473), in
toeldhem junädhfl mit Mitteln ber innern Kritil, burdh
eine grünblidhe Unterfudhung bie be« fpäteren Urfprung«
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Sur Srinnerung an geltf Don §impet.
539
»crbäd/tigflen ^falmen nach fadblühen, fpra<hli<hen, ge*
f<hühtli<hen ©efühtSpunften geprüft, bie Geflrebungen 013»
Raufen«, Sengerle’3 unb $i|ig3 jurüdgeroiefen worben, bie
baoibifdben 2lnfprfi<he auf bie 9lutorf<haft am ißfalmbudb
fooiel als möglich )u refiringieren unb große Seile ober
ben größten Seit bereiten in bie ©pfitjeit, womöglich
noch unter bie Sötaftabäerjeit herabjufdbiebcn. 9113 oöllig
geWiffe3 SRefultat fchreibt ber Gerf. an, baß (ein einjige3
Sieb be3 $falmbu<hS auch nur mit geringfier 2Bahr*
fcheinlichleit non Gegebenheiten unb ©dbidffalen be3 jü=
bifchen Golfes in ber ^aSmonderjeit fixerer au3gelegt
werben lann, al3 oon folchen in früheren ißerioben feiner
©efdbühte. Sticht ohne (Erregung fpricht ft<h 4>. fpäter
(0.»6tbr. 1883, 500) in ber ipfalmfrage noch einmal
au3 „gegen ba3 leichtfertige, nicht feiten frtoole Geliehen,
bie Gfalmen en masse in bie 3Jla((aböerjeit unb noch
tiefer herabjurücJen, infonberheit bie Sanibifchen, Weil
man fich einmal batauf entötiert hat, baß SaPib, ber
Urahn be3 ^eilanbS, bloß ein wilber Glutmenfch, bem
fein 9lrm fein ©ott war, ber ©ebet unb ©ottoertrauen
oerf^mdhte unb nichts oon brennenber ^erjenSangft unb
nieberfchlagenber ©eelenqual in ft<h erfuhr, gewefen fein
lönne; baß biefe3 Gilb eine (Eintragung au3 unterem
abgeblaßten 9llletwelt3fultur}eitalter fei, bem ©ott, Seufel
unb ©ewiffen abhanben gelommen, bafür Will man (ein
GerftänbniS haben, um beffett Folgerungen für bie Äritil
ab juw ehren."
©ine gleiche gefunb lonferoatitoe Senbenj befeelt bie
Unterfudping über ÜBiberfptfiche unb »etfdbiebene Duellen*
fünften ber Gfidber ©amuetS (D.=©<hr. 1874, 70—126.
237—281). Sie 9lu3etuanberfe|ungen rieten ihre ©pifce
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540
ftfppter,
befonberS gegen SlßeniuS unb »erfolgen jtoei 3iele, eins
mal nadßjuweifen, baft bie jaßlreicßen SiberfprtUße,
Siebetßolungen, anaißroniSmen, welche man bei fonft
allgemeiner anetlennung bet ©inßeitliißleit ber ®ef<ßi<jßts»
erjäßlung finben Wollte, größtenteils f<ßeinbat feien, fo*
bann }u jeigen, baß betreffs ber witlliiß »orßanbenen
©dßwierigleiten auf »erfeßiebene ßuettenfcßriften (bie 5ßro=
pßetenfcßriften »on ©amuel, Statßan, ©ab, ar<ßi»alif<ße
©(ßriftftücle u. a.) ju remittieren fei, oßne baß aber
beötoegen bem ©ßronijlen bie Stota eines ÄompitatorS
angeßängt toerben bürfte.
Stiemanb toirb bem SSerf. biefer arbeiten baS 3^8 1
niS »etWeigern, baß er mit allen erlaubten unb blanfen
Saffen ber Äritil woßl belannt fei unb umjugeßen toiffe,
leinet eßrliißen klinge auStoekße, wucßtige $iebe gut
pariere, aber Suftjlreidße unb ©piegelfe^tereien au<ß
jeberjeit als baS erlenne unb benenne toaS |te finb.
©ine jlattltcße Steiße »on Stejenfionen, bie bei ißm nie
leere angeigen waren, gab ißm weitere ©elegenßeit, ben
©tanbpunlt, weWßen er in biefen arbeiten unb in feinem
ßoüegßeft einnaßm, gu rechtfertigen unb wiber gegen»
ffißliiße }u wußten, aus ißuen befonberS lann fein
ejegetiftßeS unb IritifdßeS ©rebo mit ©icßerßeit entnommen
werben. Sir finben ißn ßier immer wie einerfeits freu»
big bereit, alle waßre ©cifieSarbeit unb alles eßrlidße
©treben nadß Saßrßeit anguerlennen unb gu unterftüßen,
fo anbererfeitS innerlüßft abgeneigt allem gortfdßrittSfana*
tiSmuS, aller ^ßpotßefenweberei, aller Sufi am ^Regieren
unb allen Setfudßett, SfraelS ©efißidßte unb ©(ßrifttum »on
©ott unb bem ilberaatürlüßen galtot loSgutöfen. Senn
er bie ©inbrfide wiebergibt, weWße baS ßßperlritifdße Ser»
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$ur (Erinnerung an getlj bon Simpel.
641
fahren igm ginterläßt, fo lägt feine Spradge an Deut*
tidgleit nidgtS ju wünfdgen übrig unb fte ifl meift be*
fprengt mit jenem Salj ber Satire, weldgeS igm in
reifem Sötaß }U @ebot ftanb. „©ne HJtenge Stiebet*
lagen," fdgreibt er 0.*S<gr. 1870,132, „Stetrattationen,
große unb Keine grrtümer, ein DiffenS auf ber ganjen
Sinie jum Deil in ben widgtigflen fragen foHte bie
gteunbe ber torauSfegungSlofen SBiffenfdgaft baton ab*
galten, immer unb immer Joiebet bie gögere SBiffenfdgaft
ba ju fudgen, too bie größere Stegatioitfit ift; bie ge*
rfigmte SJorauSfegungSlojtgleit ift, genauer befegen, öfters
pure SIbgängigteit tont ©udgflaben eines nidgt minber
terroriftifdgen negatiten Dogmatismus, als ber gläubige
}U getoefen ift, too fein SBaijen allein blügte."
„Slpobiltifdge ©ttfdgeibe in ftrittigen Sßunlten muten nidgt
beffer an, toenn ftc ton negatiter Seite auSgegen, als
toenn fte ton ortgobopemDreifuß ertönen" (ü.*Scgr. 1881,
156). Die Sßentateudglritil, bemerft er ju Stölbele’S
Unterfutgungen jur Äritil beS SL X. (ü.*Sdgr. 1870,
143 ff.), „operiert mit bem ©ogiften, 3egotijten unb
Stebaltor, Wie mit Dragtmänncgen unb läßt immer einen
berfelben als gelfenben deus ex machina in ben Stiß
treten . . . man barf begierig fein, WeldgeS bie Weiteren
©ittoidfelungen ber Äritil in biefer Stiftung fein werben;
gegt eS fo fort, fo wirrt fte igrc gäben immer megr in
einanber unb bie Ätargeit igret Stefultate lauft Oefagt,
in baS umgelegrte SßergältniS jum SCpobiftifdgen igrer
SluSfprüdge ju lommen." Seine legten öffentlich aus*
gefprodgenen Urteile über bie neue Sßentateudggppotgefe
lauten: „Stef. terlennt nidgt, baß in ber ganjen Dar*
fleOung biefer Iritifdgen Operationen fegr tiel Slnregen*
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642
Äeppter,
beS, mannet Slnftofj ju neuer gorföung für ©leMbge*
finnte unb ©egner ft<h finbet, unb betrautet auch fetbjl
manches im ^entateud) als jäteten UrfprungS bis auf
ESra berab; aber baS SJteifle erfcbeint ibm bo<h als
ißrobuft unbebingter 3 to *ifelfu<ht, nichts weniger als
»orauSfefcungSlofer SBunberflucbt unb Äonftrultion nach
felbjtgemacbten Stijfen unb ißlänen (Q. «Seht. 1883,
496)." . . „®ie gegen fold^e tabilale Siefultate (bet
9BeDbaufenf<ben #bl>otbefe) gerichtete lonferöatioe Äritil
ftebt ft<b noch lange nicht gebrängt, ihr fEetrain aufju=
geben, fte lann im ein}etnen red?t gut Einräumungen
machen unb barf barauf befieben, bafj bie gefcbilberte
Entwidelung ber Enthebung beS ißentateucb eine fllnffc
(ich auf wiHlflrli^e SBorauSfefcungen bin formierte ift
unb Weber mit bem Ebaralter beS 33u<h8, noib mit ber
©efcbidjte, no<b inSbefonbere mit bet aus ibr unb ber
£rabition befannten Stellung beS ESra b^woniert"
(a=S<br. 1885, 692). Er befannte felbft, ba& bie 2BeH*
baufenf<be ^t^pot^efe anfänglich einen gewaltigen Ein«
brud auf ibn gemalt fyabe, aber na<b nochmaliger Ste=
toijion beS ganjen IßrojeffeS unb nach genauefter $rü=
fung feines bisherigen ©tanbpunlteS fei ihm bie volle
Stube Wiebergetebrt mit ber Überjeuguug, bafj bie
tbefe unhaltbar fei 3JIU gleich jtanbbaftem, oft b^fe
ficb cntjänbenbem Eifer wenbet fi<h gegen jebe ratio=
naliftifche Stefonfirultion ber ©efcbichte QfraelS, fei eS,
baf) fte ben ©ott beS 81. ©. als ben oon ben Propheten
neu aufgepujjten aüfprifchen geuergott erweifen, fei eS,
bafj fte bie ©eifteSreligion ber Hebräer aus bem wfiften
Staturbienft ÄanaanS entfleben taffen, ober bie tbeolra*
tifche gflhntng aus ber ©efchichte beS SSotfeS ganj ftreichen
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gut (Erinnerung an Selij non $ira}>el.
543
ober in eine btofje gifrton beS religiöfen Sinnes bet
Hebräer Verflüchtigen, ober bafj fie au$ bent Sßropheti 8 =
muS beS 2. 83. ben propbetifdhen ©eifi, aus feinem
Schrifttum bie Sfnfpiration ganj auStreiben wilL 6 r
fxnbet, bafj in allen betartigen Äonftrultionen „bie rein
tationaIifiif<be ©efdbid&tstheorie ben von ibr fo ettetgif<b
beftrittenen SBunbetglauben überbiete;" ibte SBunber*
fd&eu entgehe bet SRemeftS ttic^t: fie müffe monflröfe
9Bunberlid&{eiten an Stelle be$ SBunberS fefcen (Q.=S<hr.
1881, 153 ff.). £Ä<berti<b fei eS, bie ^ßrop^ejien bur<b
Sfawenbung mageret Äategorieen, toie tieferer politifdher
©infubt, ober unllatet unb {eines befümmten Sieles ftdb
bemühter Segeifletung, patriotifc&er fßbantafteen ober po=
etifcber 83efchreibungeu ex eventu erflären ju wollen.
®ie rein profane @efd&i<btSanfdbauung, „welche aus ben
OueHenberidbten meifi nur ihre eigenen SXnfl^ten betau**
liest ober biefelben ber Unfritif befdhulbigt," (lagt er
an, baß fie 3 . 83. einen $>avib in ungereibter 2Beife
unterfdhäfct unb in fd&iefe S3eleu<btung gerfidt habe; fie
erfdbeine tief unter ihrer Aufgabe, inbem fie baS SJlaterial,
aus welkem ein 3)avib mit menf<bli<ben ©ebredhen unb
83etbre<hen gemacht werben (ann, gierig in ber SBibel
aufgreift, an bem anbern aber, bas ihn jum prophetifdben
ÜJlann unb §eroS beS ©taubenSlebenS unb ber ©otteS»
liebe non fafi übetmenf<hlid&er ©röfje erhebt, ohne 83er«
flünbniS blinb unb taub vorübergebe, als ob nidbt jenes
bagegen gehalten verfdbwinbenb, fonbem baS llnver«
gänglidbe gerabe an ber ©efialt ju ignorieren wäre
(&=Sdbt. 1886, 500).
®a 8 angeführte fann junädbfl genügen für ben
83eweiS, bah in #impelS wiffenf^aftlidbe ©runbanfdbau*
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644
Sttpplet,
ungen ftf lein Sanieren unb Stillem, (eine juweit
gepenbe Uffommobation an moberne Stiftungen einfftif.
@4 beweiöt aber aOetbingS auf, bag ec es ernft nahm
mit bec $flift bie $ettflrömungen }U beaften, ftf Aber
fte (lat ju werben unb ipuen gegenüber butf emftgeS
gforff en unb gtünblif e SeifteSarbeit feine Stellung ju
fefHgen. ®utf btefe® ißrinjip: toujours en vedette trat
ec in ffarfen Segenfap gegen jene, weife ber (atpos
liffen SSiffenffaft mobernet gorffung unb neuen $9po*
tpefen gegenüber eine rein pafftoe unb inbifferente $al=
tung empfehlen ju foüen glauben. Unter ßinweia auf
Xenbenj unb ÜJtigerfotg ber neuen (ritiffen SRetpobe,
auf baS fjriaSfo fo manfer ^ppotbefe meint man bie
(atboliff e §forffung toon jeber ©flif t bidpenfteren ju
(önnen, weiter auf bie SEBege mobemer Ärttif, bie bof
geplwege feien, }U aften; ja man fiept eS nift opne
SRigtrauen, wenn (atpoliff e Seleprte ftf auf biefe SBege
einlaffen, wenn auf in ber guten Stbjtft, fte al4 3tr*
Wege ju erweifen. 3Jtan Würbe eS von biefer Seite am
liebfien fepen, wenn unfere Spegefe opne alle ©eaftung
anberer Säger, opne ©erüdfiftigung protefiantiffer
Arbeit rein auf iprem ©oben, mit ihrem erbeigenen
SDtateriat unb in ber trabitionellen SRetpobe arbeiten
würbe, unb man glaubt, eine folf e peilfame 9lbffliegung
berfetben erzwingen ju fönnen burf bie immer rnieber»
(eprenbe gotberung, bag fte nift naf bem Urtept, fon*
bem naf ber ©ulgata epegeftete. 3)ie Suöeinanber«
fepung mit ber mobernen Äritil abforbiere unnötig 3«t
unb straft unb entjiepe beibeö ber weit wif tigeren &r=
beit, ftf in Seift unb Snpalt ber pl. Sfrift ju »er=
tiefen. 9Cn all bem ift nur ba$ Sine rnapr, bag ber
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gut (Erinnerung an §tlij Don $impel
545
fatbolifcbe ©feget fi$ böten muß, feine Aufgabe in ben
fritißben ober antifritifc^en Operationen für abgefcblojfen
anjufeben unb fo felbfi im ÄritijiSmu« fteden ju bleiben;
au<b baS fann jugegeben »erben, baß bie grammatifa=
Uf«b=Pbtlologif<be ©ebanblung für ft<b allein bei ben bl-
©Triften fotoenig aU bei ben Älafftfero f<bon einen
tieferen ©inblid in 3nbalt unb ®eijl be« fcefte« ju
Oermitteln oermöge. 83ei folget Suffaffung feiner Ob-
liegenbeit märe ja aHerbing« ber ©feget bem $fiter
einer ©<ba|}lammer Oerglei<bbar, melier all feine Stühe
unb SBorfttbt barauf oermenben mürbe, bie 2$üre mit
fefiefien ©änbern, Siegeln unb ©«blöffern jU oermabren,
au<b für baö ©«bloß mit großer Äunft unb allem gleiß
einen richtigen, feinfi gearbeiteten ©<blüffel anjufertigen,
bem e« aber nie einfiele, nun au<b aufjußbtießen unb
bie innen geborgenen ©<bä|}e ju feiner unb anberer
Jtennini« }u bringen unb nufcbar ju machen. §. bot
ua<b biefet ©eite in feinen $ublilationen unb SBorlefungen
baö lükbtige nie aufl bem Äuge oerloren. SBa$ er felbfi
einmal als üufgabe beä ©fegeten anfefcte, er habe ft<b
in feinen Xeft betra$tenb ju oertiefen, ben ©runbge»
banlen ftßatf heraus julöfen, bie ©<ba(e beS ÄernS mit
SBeibilfe umfaffenbfier fa<bltd>er unb linguiflißbet gru=
bition ju jetgliebem, ben Sufommenbang fl<b fiel« präfent
ju holten unb maS bie Vorgänger geleitet, beffemb unb
Iritißb fichtenb ju überbieten (ü.=©<br. 1874, 619), —
bem bot er immer ernßlüb nadjgeffrebt.
2Ba$ aber alle meiter gebenben Stnfdiauungen unb
gorberungen ber oben cbaralterifterten 3U<btung antangt,
fo lann man ni<bt entfliehen genug betonen, baß fte
gtunbfalf<b, unmotioiert unb oerbängniöooü ftnb, unb
ttMt oiumai^ctft. i8oo. iv. 35
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646
Jtepplcr,
auch unfer verdorbener ßoHege bat fte flets, wo et ihnen
begegnete, in biefent Sinne gelennjeichnet. ®anj mit
Unrecht »irb ^ier eine miffenfc&aftticbe HRethobe, bie
grammatifche unb fritifdb-^ifiorifdbe, beStoegen biSfrebiert,
toeil fie fd^on ju epflujiv ober Weil fte fcpon mifjbräuch*
lieh jut SSertoenbung fam, eine -Dlethobe, bet mit gauj
toefeniliche görberungen be8 ganzen SChtiftfiubiumS §u
banten haben unb bie für eine 3Jtenge non Untetfiubungen
rein unentbehrlich getootben ift. @8 ifi nicht richtig,
baß at8 SRefultat bet gattjen mobemen altteflameutliCfjen
gorfChuug aujufchteiben fei: 5RuH von 3iuH geht auf;
auch hier finbet ftch neben mutwilligen Behauptungen
unb böfett Xenbenjen ttiel ehrliches Streben unb ernjteS
Arbeiten, ba8 immer ftdh lohnt unb eine SOtaept bebeutet;
auch hier finb als pofttive SRefultate ju Bezeichnen
manche getoonnene Xiefblicfe befonberS in ^iftorifd^e
gragen, fchßne gortfehritte in gejtflellung bet Xepte,
Älarlegung mancher fChtoieriger Stellen, j[a ©rfChliefjung
ganj neuer ^orijonte unb unleugbare ©rtneüerung ber
engen ©renjen, innerhalb beten bie frühere Syegefe
lebte, im toefentliChen barauf angetoiefen, früher ©e=
funbeneS ju toiebetholen. 3)er unnatürliche ©etoaltaft,
burCh toelchen man bie latholifChe ©jegefe nötigen toiH,
in biefe engumfChriebenen ©renjen toieber jurüdjufehten
unb ftch mit all ihren SBurjeln aus bem Beben ber $eit
herauSjulöfen, fchtiefjt aber namentlich beStoegen eine
unheilvolle unb folgenfChtoere Schfibigung ber latbolifchen
unb gläubigen SBiffenfcpaft in ftch, »eil fie ihr alles
SCnfehen unb alle Autorität nach äugen raubt unb ihr
bie 3Jtögli<hleit benimmt, im hohen 9tat ber SBiffenfChaft
mitjufpreChen unb hier, tvie e8 ihre SKiffton ifi, bie Sache
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Sur (Erinnerung an Selig non §im)>et. 647
bet SBahrheit unb beS ©laubenS mit 9ta<hbru<! ju Ver=
festen. Man maß biefem Sgtiorieten geiftiger 3 e ' ts I
jirömungen ben Schein bet SBornebmheit geben; non j
benen braunen wirb eS bo<$ nut als gahnenfludht, als
UnfähigleitSbelenntniS angefehen werben unb als ©etBfi-
jeugniS, bafj man baS angefochtene ©ebiet ni<ht mehr
ju galten nermöge. ÜBenn bet Unglaube bereits auf
fovielen ißunlten feine $ahne ftolj aufgepffonjt hat unb
in immet Weiteren Schabten bet ©ebilbeten einbringt, fo
mag man batin bie jeugenbe Äraft beS Sööfen etlennen
unb beflagen; aber no$ Diel beffet wäre eS, einjufehen.
Welch gtofjen Seil biefeS ©tfolgS bet Unglaube bet
Schwäche, Unthätigleit, Ißlanloftgleit, Unverftänbigleit
bet SSetteibiger beS ©laubenS banft. SBeniget als je
ift wahrlidh jefet bet rechte Moment, um fät unfete
geifUgen fiinientruppen baS Signal jum Slbmarfdh vom
ÄampfeSfelb ju blafen; fdhon juviel ift burä> unfete
9ta<hläffigleit vetfäumt, betloten, betbotben worben. ®ie
33hatfa<he, bafj in ben wijfenfdhaftlüben SSerhanblungen
bet ©egenwatt bie lonfetbatiben Stimmen ni<$t mehr
butdhbringen wollen, vielfadh geflijfentlidh überhört unb
übettönt Werben, läfjt ni<ht bie Folgerung }u, bafj man
färbet fötoeigen foH, fonbetn bafj man in feine Stimme
no<b mehr 9ta<bbrud, Mucht unb Älang ju legen h>abe.
gür bie dhtifiliche SBiffenfdhaft gilt lein anbeteS ©efefc
als füt baS «hrifilidhe Seben überhaupt; fte hat fo wenig
als biefeS reale Sßerhättniffe, wibrige S<bidfale, SBinbe
unb Stürme, @bbe unb glut ftoifch ju ignorieren ober
vornehm ju verachten, fte foH all bieS auSnüfcen füt
ihre ^ö^eren gwede unb Siele.
S)er SSetfiotbene teilte voll unb ganj biefe 2lnf<hau*
35*
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548
ftcpptcr,
ung, bie icp fügltcp als ein ©runbprinsip bet fog. latpo*
lifcpen Xfibtnger ©cpule bejeitpnen lann unb mit welcper
ßcp biefe in fibeteinßimmung füplt mit ben lompetenteßen
Sertretera latpolifcper SEBiflenfcpaft, was bie ©jegefe an»
1 langt namentlich aucp mit ben Herausgebern beS neueßen
großen SibelwerlS, beS Corsas scriptarae sacrae, welcp«
ungeacptet beS aus napeliegenben ©rünben gewählten
lateinifcpen gbiornS bocp faß auf feber ©eite ßcp mit bet
mobetnen Äritil unb bet proteßantifcpen ©fegefe auSein*
anberfepen. Sei betriebenen ©elegenpeiten fdpärft $.
bet latpolifcpen ©yegefe nacp biefet ©eite pin baS ®e*
mißen; ipre ©pre liegt ipm am Herjen u *ib et wirb
innetli(pß erregt, menn ßcp ipm bieftberjeugung aufnötigt,
baß ße lompromütiett tootben iß. 3utoibet iß ipm jener
falftp ober faul lonferoatioe unb trabitioneße ©tanbpunlt,
auf toel(pem bie gapne beS XrabitionaliSmuS pocpgepalten
toitb, lebigliip um ßcp burcp ße gebedt unbequemer ©rör*
terungen unb mfipßliöetUnterfucpungeu entfcplagen julön*
nen, obetauf welcpem mißbräucpticp unb jurttnjelt Seru»
fung auf bie gnfpiratlon unb ben übernatürlichen galtot
eingelegt toitb, lebigltcp um bur<p biefen SRelurS ßcp non
weiterem ®enlen unb Strbeiten biSpenßeten ju lönnen,
ober auf welcpem man unbebingt alle früheren, aucp obfolet
geworbene ßloßtionen, an welken gar nicptS liegt, in
feinen ®<pu| nepmen ju mflffen glaubt ©S mag bapin*
geßeüt bleiben, ob. Wie $. meint (£L»6<pr. 1883, 490 ff.),
bie tabilalßen Ausbreitungen bet neologifcpen Äritil
hätten »erpütet werben lönnen burcp größere ©elbßbefcpel»
bung auf lonfetbatioer ©eite, burcp Seßpränhtng auf bie
Wefentlicpen ißoßtionen unb recptjeitigeS Aufgeben beS
Unpaltbaren. Aber barin pat er ßcper Steppt, wenn er
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3ur Stinnerung an gtlij non
649
als bai ehtjig tintige unb auch immer noch wirlfame
SJlittel, jene einjubämmeu, bai anfieht, baß man fte
an ä$t wiffeufchaftlichem ©eifl unb Verfahren fiberbüte,
trenn er mahnt, baß man nicht ihrer Suoerfichtlichleit
im Regieren eine noch größere im Monieren entgegen»
(teilen foHe, fonbern auä ihrem oft berwegeuen ©ebahren
nur ben ©inen Schluß jiehe, baß man in feiner Arbeit
nicht grünblich genug fein fönne unb nicht borfid&tig unb
behutfam genug in ÜBahl unb SBügung feiner ©eweii»
grünbe. Stuf bie fjorberung, ber ©yegefe nicht ben Urtext
fonbern bie SBulgata p ©runb ju legen, anttoortet er ein»
mal treffenb: „idh laffe mich nicht leicht in Hochachtung
be8 SJleijterWerfi ber alten Äirche überbieten, barf aber
gerabe be8balb jenes Urteil (baß bie Sulgata febr häufig,
too nicht häufiger al8 ba8 Hebtäifche ben richtigen Xe;t
biete) für unabjichtlich ober betoußt irreführenb bejeich»
nen.... SBai ifi naturgemäßer für Utterarifche Arbeiten,
al8 hier bem hl. HieronhmuS felbfl ju folgen? 2Bo ifi
toeniger ein restigia terrent )u beachten ober }u befürchten,
nadhbem ber Äirchenbater gerabe auf biefent SBege ber
Äirche unbergfinglid&e SMenfte geleijiet hat (Q.»©<h.1883,
506)." Unb mit Siecht bewahrt unb bertoahrt er (ich
gegen Sluifchteitungen wie nach linl8 fo auch nach recht«,
gegen bie Überspannung be8 Snfpirationibegriffei, gegen
getoaltfame ©liminierung bei menfölichen gaftori, gegen
3utüifühtung jebei ©afcei unb SBortei bei Pentateuch
auf ÜRofei; feine SKbneigung gegen bie SUIegorif toar fo
groß, baß er auch mit ber aOegorifchen SHuffaffung bei
Hoheliebi ftch nicht oeriragen lonnte, fonbern fie burch
bie thpifchr erfefct toiffen wollte. $. plattiert auch mehr»
mats für firengjie ©onberung bei wiffenfchaftlichen unb
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550
fteppter,
prattifhen ^JutereffeS unb toiH ba« ganje ©ebiet be«
@rbauli<ben, „auf toeli^em au<$ irrationale Jträfte malten
biirfen" au« ber ©fegefe au«gefhloffen miffen. SBettn
er aber felb(l mehrmal« Ragt Aber eine „arge $pper*
fötation in erbaulid&er ©dfriftmadferei, bie an fefunbäten
unb tertiären Quellen ihre Sebürfnijfe füllt, ftatt ftd> an
bie utfptünglidjen unb in etoiger Sauterleit fliefjenben
)u galten," fo föeint er nid^t ju bebenfeu, bafj ba«
lefctere eigentlich nur eine notmenbige Äonfequenj jene«
au$ ton ihm Betretenen ißrinjip« einer abfoluten 6<beis
bung oon Xb^rie unb ißrafi« ifi. 3(1 e« §u oermun*
bcrn, ba| bie, eigene unb frembe ©tbauung, Belehrung
für« Soll fud&enbe ißrafi« ju felunbären Quellen gebt,
ueben bem ft<b ©tuben gräbt, menn ihre geifte«*
(lolje @<b»efier SEBijfenfhaft fie mit einem oerabfdbeuen«
ben odi profanum . . . oon fi<b megftöfjt, fie an ben
3lujj nicht betanfommen täfit, gefhtoeige ibr behilflich
ifi, au« bem glufi ju fd) öpfen, an ibter tief hinab*
rei^enben Äette ibr ben ©imer }u füllen? SCBiff man
e« ibr ba noch )um Sortourf machen, bafj fie oon ber
2Bi(fenf<baft ni$t« profitiere? S)ie gegenfeitige Serach*
tung (lebt beiben fehlest an, befonber« aber ber SSiffen«
fcbaft, rnelche bie ©efc^eibtere fein foDte. ©« toirb hier
nicht beffer toerben, ebe nicht bet ©chlagbaum }toifcben
mijfenf<h<tftli<he»n unb erbaulichem ©ebiet toieber entfernt
mitb. Siebt al« ob b ier nicht amei Betriebene Sluf*
gaben Borliegen mürben unb al« ob Bon jebem oerlangt
toerben mfifjte, beiben gleichmäßig geregt au toerben.
Slber e« foQ nicht jum oorau« jebe -Dtögtichleit einer
Serbinbung beiber 3ntereffen geleugnet unb abgefchnitten
toerben unb man foQ ben, melier Steigung unb ©abe
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gut (Erinnerung an getij non $impd.
551
hat, beibe gäben mit einanbet }u öermeben, ni<bt um
beSmiHen pm oorauS als uumiffenf<haftli<h betagten.
So<h nehmen mit »ielmehr ben SebenSfaben beS
SSetflotbenen unb ben gaben feines geifiigen SürbeitenS
mieber auf. 1878 braute bie Guartalfötift bie feht
gehaltoolle ©tubie übet ben jmeiten Seil beS gefaja
St. 40—66 „in meinem mit ben ^öbepuntt bet alt«
tefiamentli<hen Geologie p erfennen haben," — toohl
feine reifjle Strbeit, bie gru<bt langjähriger ©efd&äftigung
mit bem prophettf<ben 83u<b, meines nebfl bem Sßfalm«
buch Ha Siebling unter ben altteft. ©Triften mat. Sie
2trt unb SEBeife, mie et bie 83efpre<bung beS fömietigen
Problems einleitet, baS in bet gtage gipfelt, ob biefet
Seil beS 39u<he8 bet hi$Kanif<hen obet ootepilif<hen $ße=
tiobe unb gefaja obet bet Seit beS ©pilS unb alfo einem
anbeten SSetfaffet angehöte, ifi bejet<bnenb für bie im
©orhetgehenben bargelegten epegetiföen Sßtinjipien. 3 Us
nä<bfl betont er, fafi p fiat!, bafj bet gtage jebeS bog«
mattföe gnteteffe fernliege, fofetn bie frühere obet fpätere
Satietung, mie bie fo obet anbetS p befiimmenbe 2lu«
totföaft ©haraltet unb SGBert bet Sßtophejie in leinet
SEBeife beeinflujfe. Sann fipiett et mit ©<hätfe ben gtage«
punlt unb jerbritht bie gemöhnli^e SEBaffe pt Serteibigung
beS epiliföen UrfprungS. 9li<bt bafj bet Prophet ft<h
fo in bie gulunft oerfenle, baß fie ihm ©egenmatt metbe,
ifi baS Unglaubliche, benn biefe prophetiföe SBetföiebung
bet $erfpe!ti»e geigt ft<h auch fonfi, fonbetn bafj ein
gefajja, melier fonfi mit allen SBurjeln am 83oben bet
©egenmatt fefihaftet unb mitratenb, mithelfenb, mit«
leibenb unter feinen geitgenoffen fleht, ft<h hi«t bet
©egenmatt fo »oHflänbig entrüdt geigt unb, nach bet
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552
Stepptet,
gewöhnlichen aßeö tbeal faffenben (Stüätutig, feiner ganzen
Umgebung, ben ftaatlichen, fojtalen, religiösen Berbdlt*
niffen gegenüber Plonate oieflettbt Sabre lang ft$ in
»öfliger, wie ejflatifcher ©elbfioergeffenbeit fofl befunben
haben. Sa8 $auptbefireben be$ Perf. gebt nun eben
babin, auch in biefem Seil be3 Pucbeö bie real jeitge-
nöffifeben Bejahungen offen ju legen, unb barjutbun,
bafj too ber föauenbe ©eifl ungetoöbnli<b lange in ber
3ufunft öerweile, eä fiep um $entralibeen be8 ganzen
PropbetentumS banble. Ser jweite Seil ber Unter-
fu<bung befpriept bie Stage ber Priorität bejügliip ber
parallelen §wif$en Sefafa II uub anberu alttefiament-
Uiben ©Triften. @8 macht bem befonnenen Senlen unb
ehrlichen Sorten £.’$ alle 6b«, Wenn er biefe Be=
fpre^ung einleitet mit bem Sugeftünbni«, baff bie Stage
ber Priorität ben ©cplufjentfcbeib in ber StcptbeitSfrage
nicht geben lönue, weil jie nicht jmeifettoS ju ©unften
ber Originalität ber fefafanifchen ©teilen beantwortet
werben lönne. Sie gebiegene Arbeit, welche über beu
ganjen Sept b«ße ©<hlagli<hter breitet, bat beim neueren
latbolifcpen Pearbeiter be« Sefaja, ßnabenbauer, aße
SInerlennung unb Beachtung gefunben. @inen wertooßen
Nachtrag ju biefen jefajanifchen ©tubien bringt ber 3ab«
gang 1883: Ser gefcbi<btli<be Slbfchnitt S«f- Ä. 36—39,
©rläuterungen beöfelben burch affprifepe Äeilinföriften;
wie er bi« bie ßeilinfcpriften für bie ©chrifterllärung
auSwertet, fo batte er fchon früher im Sltcpio für wiffen*
fcpaftlidhe 6rforfcpung be8 P. S. 1870 unb Ü.=6$r.
1870, 548 ff. ben ©rtrag ber Snfötift be$ moabitifchen
Äönigö SJlefa au« bem 9. Saptb- für bie politifcpe unb
SKeligionSgefcpicpte SftaelÄ mit ber ihm eigenen Porficpt
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Sur (Erinnerung an Selig non $impet.
653
unb airtbie erhoben. 3Jtit bet @ef<hichte SfftaelS be=
faßen ft$ bie Heineten arbeiten: Über SBefen beS HRofaiS«
mud unb Pebeutung beSfelben für bie frühere 3eit bet
@ef<hi<hte SfraelS (£L*6<bt. 1873 , 286—324), eine
SReltoratSrebe, Welche bie gotbene Sinie »eist }Wif$en
gnoßiföet unb mobern pagattifiifcber Unterfebfiftung ber
mofaifchen Religion unb apoCogetife^er Übetfchäfcung, fo*
wie bet Suffafc: übet tttfotung unb ättejle SEBo^nft^e
bet Hebräer unb ihnen nerwanbtet PöHer, übet m^fUf^en
ober bißorifdhen ©haraltet bet Anfänge ihrer ©ef<hi<hte
in ben Patriarchen (&«©$t. 1875, 639—577).
3Rü a<htung unb S)anl fegen wir auf biefe wißen«
f<haftli<ben Seißuugen jutüd, wel<he bet Quartalfchrift
wie bet fatholifchen SBißenfchaft jur ©hre gereichen unb
ihren plag in ben annalen bet altt. gotfchung behaus«
ten werben. Slbet beim Übetblid übet baS Gebotene
erwacht bet SBunfch nach HRehr unb baS Pebauera, baß
nicht eine einige feinet ©jegefen auSgeatbeitet, ober
nicht, woju et befonbetS befähigt gewefen Wüte, eine
©inleitung ins a. %. hinterlaßen hat/ »bet eine orten«
tierenbe Arbeit übet bie neueren Phafen bet ^ejateuch«
frttil. gür baS Ieftte gahrjehnt entfchulbigt ihn bet
S)rud beS aUetS unb mamhet Stoß, welket bie @e*
funbheit beS fonfl tüfügen PlanneS erf<bütterte. 3n bet
Periobe feinet ooQen SWauneSlraft aber war mehrere
2tahre ßinburch feine gebet ju feht anberen gntereßen
gewibmet, .als baß ihr für intenßbeS wißenfcbaftUcheS
arbeiten &eit geblieben wüte. 2)ocb baoon foQ nicht
weitet gerebet werben; einmal liegen bie betteßenben
Porgünge uns zeitlich uo<h ju nahe, fobann müßten wie
faß befürchten, baß wir baS Perhalten beS Perfiorbenen
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554
topptet,
hier nid^t in aKweg billigen lönnten. SDie jutn Seil
beifeen Äämpfe, auf welche wir attfpielen, liefeen noch
lange eine wunbe ©teile in feinem Innern jurüd. So<h
waren fle juglei# nicht ohne wobltbütigen ©influfe auf
feine IßerfönlUbleit.
©on ba an Warb nicht in gleicher aber ähnlicher
SBeife auch an ihm wahr, was er »on Slbetle fagt: SaS
Weiche ©olb Aberwog allmählich in feinem SBefen ben
barten ©tabl. Sie gemachten ©rfabtungen unb bie im
Äampf errungene Stube lamen ibm in ben fritifdhen
ftebjiger fahren in b<>b em 3)tafee ju ©tatten. @r teilte
hier teöHig bie £X=©<hr. 1887, 596 gelennjeichnete Sin*
fchauung unb Stellung ßubnS unb liefe ft<b fowenig wie
bieferbaju terleiten, fi<h ber ©egenbetoegung anjufehliefeen.
3n ben lebten jwei Sejennfeu bilbete jtch erft, nicht
ohne hartes Stingen mit ber eigenen Statur, jene ©er=
fönlichleit heraus, als welche ber ©erflotbene in unferer
©rinnerung lebt. Sie SBenbung prägte ft<h auf feinem
Slntlib ab, beffen Sinien unb Süge immer mehr aus
einer geWiffen Wärte unb Werbigleit p<h ju einem milben
unb fanften SfoSbrud febmeibigten. Sie Weiterleit unb
3?reunbli<hleit im ©erlehr, bie eblen UmgangSfotmen,
baS innere SBobtwoflen, fletS jum Staten unb Rolfen
bereit, woben jenen Sauber um ihn, bet 3ung unb 2tlt
anjog, im Äreife ber ©chäler unb Äollegen ihm greunbe
warb, ©ei ihm war ber SKenfcb nicht im ©elebrten
aufgegangen. Wöflicbleit unb ©elbfierlenntniS lehrten
ihn jene ©efcheibenbeit, bie abfolut uötig tfi, um SBiffen
jur äßeisbeit ju machen. SaS inteKeltueHe arbeiten
batte bei ihm leine ©erlümmerung beS ©emütS bewirft;
ber ©öcherjiaub war ihm nicht fo auf bie Sternen ge«
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3ur (Erinnerung an getij non Gimpel. 555
fallen, bafj ge feinerer ©cgtoingungen nic^t megr fähig
getoefen mären, nocg gatte er bie Arterien öergopft, bie
jum $er}en fügten, nodg auig ben gellen ptaftifcgen 83ltdf
igm getrübt. ©o mären bie SSorbebingungen gegeben,
bie legten Dejennien feine« Sehen« }u einer, forneit auf
6rben möglich, glüdlicgen ißeriobe rugigen geigigen Sir«
beiten«, ununterbrochener afabemifcger Segrtgfitigleit,
macgfenben Slufegen« $u gehalten, ©eine ©tubierfiube
unb fein ^örfaal tourben triebet feine eigentliche SBelt,
fo toenig er auch ber an grofjen fragen unb ereigniffen
fo reichen ©egentoart je fremb warb. 3“ biefe Seit
fallen mancge fcgon oben angejogene Arbeiten für bie
Quartalfcgrift, fobann eine religion«gefcgicgtli<be ©tubie:
Der abflratte ©ingeitSbegriff ©otte« unb ber ^eiligen«
fult im 3«lam (a=6cgr. 1882, 86—113. 206—244),
in toelcger ber Stacgmei« erbracht toirb, toie ba« tief«
innere religiöfe 99ebfitfni« unb ba« Setoufjtfein ber Slot«
toenbigfeit einer Vermittelung im Verhältnis be« 9Jlen«
fegen }ur ©ottgeit jut Durchbrechung be« garten SJlono«
tgei«mu« gefügrt gäbe unb gteiegfam jur Belebung be«
abgraften ©otteSbegriffe« unb @otte«glauben« bureg einen
$eiligenbieng. ©obann aber beteiligte fug $. ° on Sl Rs
fang an mit regflem ©ifer an bem größten toijfenfcgaft«
liegen Unternehmen be« latgotifdgen Deutfdglanb, an ber
jmeiten Auflage be« Äircgenlepüon. Von igm finb bie
jum Deil fegt bebeutenben, buregtoeg tücgtig gearbeiteten
Slrttfel über Vegtäbni« bei ben 33taeliten, VrahmaniS«
mu«, VubbgiSmu«, altt. ©gronologie, getifdgiSmu«,
©ögeubieng, ©regor 3üuminator, $ebtäifdge ©ptadge,
3egooa, 3»beljagr, ©miger 3ube. Seiber gegattet un«
ber Staunt niegt ein nfigere« ©ingegen auf biefe Slrbeiten,
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656
JtcOpIer,
»elcße ju ben Oott»i<htigßen beS monumentalen SBerleS
gehören; (te jtnb alle mit bem Stempel feines ©tilS ge*
3 eicßnet, ber nichts non ber ©rajie beS 8 rabe 8 lenßilS
an hatte, vielmehr gebiegen, tou<htig unb geßaltooü
toar toie gehämmerter Stoßt. 3 U größeren ^ublilationen
lam ec auch iefct nicht; baju hätte bec änfang früher
gemacht »erben müffen; in ber ©pätjeit beS SebenS
wirb ber ©eiß bie bafür nötige ©pannlraft nicht mehr
ßnben. ©eine Kolleghefte tragen beutlicße ©puren m-
figen gortarbeitenS. ®o<h 30 g er ©ihüler heran nicht
fo faß auf altteßamentlichem als auf anberen ©ebieten,
nicht fo faß in ber öffentlichen SBorlefung als im ißrioat«
unterricht S)a 8 hotte feinen ©runb barin, baß eS ihm
3 »aran Sehrgabe nicht fehlte, baßer aber für baS öffentliche
SBort niCßt eigentlich glüdlicß oeranlagt war. 3 h« war
in ben oierjig 3aßten alabemifchen SebenS toohl bas
geißige arbeiten, aber nicht baS öffentliche SDojieren 3 ur
jtoeiten Statur getoorben. @S toar eine Eigenheit an ihm,
baß fein 2 Bort in ber Sorlefung, immer toohl bur<h=
baCht unb geißooH geprägt, nur feßr leife, toie jagettb
unb aögernb ihm oon ben Sippen lam, burcß ©th»er*
oerßänbUChleit baS 3«tereffe beS ^örerS meßt herab«
ßimmenb als fpannenb. S)aS oerlor ßCß nicht, fonbern
ßeigerte ßch mit ben 3 a hren. Seit eher füßUe er ßCß
in feinem Seßrelement, toenn er §u $aufe mit toenigen
©cßülern oon SOtunb $u SRunb oerleßren, ben Stojenten
hinter bem oäterliCßen ffreunb oerfcßtoinben laffen lonnte.
©0 las er namentlich mehrere Saßrseßnte ßinburcß tßri«
oatifßma über armenifCße Sprache unb Sitteratur, auf
toelCßem ©ebiet er eine autorität genannt »erben lonnte;
ooüwertige fjrücßte feiner armenifcßen ©tubien ßnb bie
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gut (Erinnerung an Öelij non $intycL
657
Ärtifel Armenien, armenifdge Spraye, ©dgrift unb Sitte»
ratuc im Äitdgenlejüon unb bei Slrtitel: ®aS Fragment
bet apologie beS atipibeS unb eine abganblung über
Sut 23, 42. 43 (a»©dgr. 1880, 109—127). $ervor=
gugeben ifl uodg, bag äuget feinen ftadgpubien pdg
Seit nagm, in »eiten Äteifen beS SSijfenS pdg umgu»
fegen unb pdg fo ein geutgutag feiten grogeS Kapital
von allgemeinWIbung aneignete, baS im gefellfdgaplidgen
SSerlegt roiWommene S‘ n f cn obwarf, ©egr beteidgett
»utbe biefeS Kapital namentUdg burdg eine Steige fdgöner
Steifen namenttidg in bie Stpenwett, beten ©dglugfiation
fafl ein galbeS Sagrgunbert ginbutdg immer ein Hufent*
galt an beS ©obenfeeS lieblichen Ufern bilbete. £>ort
warb igm aueg bie €gre, mit bem Äöntglidgen $aufe
perfönlidg belannt gu werben; beibe SDtajePäten geidgneten
ign burdg Viele Sagte ginburdg burdg befoubereS SBoglwoDen
aus unb bejeugten audg warme unb gnäbige Xeilnagme
an feiner Äranlgeit unb feinem £obe. SIS er im Qagr
1871/72 baS Steltorat ber Univerptdt innegatte, würbe
er buteg Sßetleigung beS DrbenS ber wflrttembergifdgen
Jtrone unb beS bamit verbunbenen SßerfonalabelS aus»
gegeidgnet
aber frfiget, als man bei ber fräftigen ÄonfHtution
beS Serporbenen es vermutet gfitte, lam bie Seit, wo man,
um bie ©pradge beS a. %. gu reben, bie Pforte nadg ber
©trage gin fdgliegt, wo bie ©timme fein unb bflnn wirb.
Wie bie beS SSogelS, wo man pdg ffirdgtet vor ben §ögen
unb ftngplidg iP auf bem 2Bege, wo bie ©ilberfdgnur ent»
gweireigt unb ber ficimer am Brunnen in Xrflmmer gegt,
— wo wieberlegrt ber ©taub gut ©rbe von bet er iP
unb bet@eip gu @ott, ber ign gegeben (Ißteb. 12,4—7).
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558
fieptet,
6 <b einbar rüfiig trat er im Spätherbfi 1889 in bie
Semefierarbeit ein, ba befiel i$n plöfclüb bie unheimliche
Ärantbeit ber gangraena senilis unb nahm ihn junftdhfl
in eine lange unb ernfle Sdbute beS fieibenS. 3n ihr
erprobte unb ooHeubete ft<b bie Stfirle feines ©eifleS,
ber ©bei feiner Seele. 2lu<b nadhbem bie ©etoiffteit
ihm öor bie Seele getreten war, bag ber SuSgang biefer
Äranfheit nur Xob beiden lönne, fiberfam ibn Weber ein
f<bwa<bmütigeS ©erjagen öor biefem ©nbe no<b ein un=
geftümeS Begehren na<b bemfelben, bietmehr jeigte er fi<b
burdbbrungen non bem Bewugtfein, bag 3 e * ten beS SeibenS
unb ber Jtranfheit ein fo widriger SJeil beS SebenS feien
Wie 3«‘ten beS SdhaffenS unb SBirfenS, bag eS Sad&e
beS ©hrifien fei, bie erfleten ju benüfceu jur 2tu$gleid&ung
alles beffen, was feine SluSgleidhung im fieben no<b nidht
gefunben, ben ©ahtrprojeg bur<b ©ebulb, ©ebet unb
Benüfcung ber ©nabenmittel ber Äircbe ju einem $eitS=
projeg ju gegolten. $n folget ©eftnnung boUjog er
felbjl bie Stblöfung uom Qrbifiben, bie ibm nidht leidet
fiel, unb fdhidte er ji<b jur $eimfabrt an * ^ bie Seele
am 17. Februar b. 3 . bem Stufe ©otteS folgte, lieg fie
auf bem Slntlifc einen milben Stimmet beS griebenS
wie einen S<beibegrug jurfidf.
5DaS Sd^lugwort für biefeS betrieben abgefibloffene
Sehen unb für unfere Slijje entnehmen wir jenen Bl&ttern,
auf welken baS gorf<berauge beS ©erjtorbenen fo lange
unb emftg geruht; es fott baSfelbe fein, unter beffen
Beleuchtung au<b ber ©ebner am ©rab baS Sehen beS
©erworbenen fiellte, jenes ebrwürbige Gitat aus einem
©falme ber dhtifiltdhen UrKrche, burch weites ©auluS
ben SebenSmut feines Jüngers Timotheus auffrifdht:
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569
ßut (Erinnerung an gtlij non Gimpel.
nunos o loyos' ei yaQ owane&ävo/iev xal ow£r t oo(ia>'
ei vnoftbouw xal owßaoiXevoofiev (II SEim. 2,11. 12).
S)a8 Singt bem 6<bmerj um ben SSetftorbenen toie ein
ttöftti<$e3 S8erbeifjung8»ort, ben Übettebenben tote eine
ftfiftige SRabnung, nic^t laß ju »erben im Äampf: benn
ÄampfeSart nimmt meßt unb me$t an in bet brangnoHen
3eit bet ©egenwart au$ baS geijüge Seben unb ©Raffen,
auch baS Sebten unb Semen. —
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Udler öefüngnibfeelforge.
Sott Domlapitulat Dr. Sinfennunra.
Btoeitti Ärtilel.
SDiefer jtoeite Slrtifel, toontit ttjir untere ©tubten
über ©trafgere<&tiglett, ©trafanftalten unb ©effingniä-
feelforge oorerfl abfd^ltegen, foff ni^t beit förmli<ben
6nt»urf einer S>ienjlan»eifung für ®efängni8geijllid&e
enthalten, bürfte aber als Vorarbeit für einen folgen
gelten.
L
SDie ©eelforge in bet ©trafanjlalt mu§
ben engfien 8nf<$lufj fudjen an bie fiaatlidben
©inrid&tungen, butdj treibe ber te$tmäf}ige
3»e<* ber ©träfe erteilt »erben foll. 2)ie8
unfer er per ©runbfaft. ßieju träte freilich bie
entfpre$enbe ©egenforberung, bafj aud& bie fiaatli$en
@inri(btungen ben beredttigten Stnforberungen ber Äir<$e
genügten. 3tffein fo fetyt »ir ble8 »ünfc&en unb jum
£eil auch fd&on erfüllt fe$en, fo »ollen »ir bo$ an
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Sinfcnmamt, fttoc @*fSngni8feeI(orge. 501
biefet ©teile, toie »tr fd&on früher erfldrt, ben Bereif
unferer gufiänbigleit ni$t überfd&reiten unb uns mit
ber Äritil ber fiaatlidfjen ©trafanfialten ni$t befaßen,
aufjer fotoeit allgemeine etyifd&e ©eft<$tSpunlte, »eld&e
jut ©rtodgung lommen, bie« non felbfi mit ft<b bringen.
SBir fefcen georbnete Berfcältniffe uorauS, »ona<$
für bie einzelne ©trafanfialt ein ©eelforget befleüt ifi,
bem bie ©eelforge innerhalb ber bur<b bie $»ede bet
Snfialt bebingten ©reujen im boHen Umfange na$ ben
Übungen ber ßitdjie anbertraut ifi. 6S muff ge»ünf<$t
»erben, bafj bie ©eelforge eine fiabile fei nnb bafj ber
$iefür befiimmte ©eifilid&e ebenfo mit Stüdftd|>t auf biefe
beflimmte Berufsaufgabe auSgewfiplt »erbe, »ie man
au$ fonfi für aufjerorbentlid&e BerufSjweige bie Organe
na$ i$reu befonberen ©igenfd&aften auSwfiplt. äud& feilte
ber ©iutritt in biefen Beruf ©a<$e freier 9Ba$l unb
Bewerbung fein, »enigfienS in ber Sieget 2Bir »ollen
jwar nü$t behaupten, bafj mit bem aus Steigung per*
botgegangenen Angebot ber ®ieufie audj fdpon baS ent«
fpred&enbe ©efdpid berbunben fei ®ie Bewerbungen finb
mandpmal mehr bon ber Unjufriebenpeit mit ber bis«
petigen ©teQung als bon petfönlicpem Snterejfe an ber
lünftig erhofften eingegeben unb oft genug bon ®äuf<p*
ungen über bie eigenen gäptglelten ober Steigungen be=
gleitet. Slber man wirb annepmen bürfen, bafj es beim
©trafpauSpfarrer boep einen »efentlidpen $a!tor aus*
madpt, ob er aus freier ©ntfdpliefiung ober blofj in ge«
bulbiget Unterwerfung unter bie borgefepte Beerbe ein
Smt übernehme, »elipeS an ben ganzen SJtann na<p
©eifi unb ©emüt fo gang befonbere Slnforberungen fielt
Botübergepenbe, in bem BebürfniS beS SlugenblidS ge«
Duartal|<$rtft. 1890. IT. §tft. 36
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662
Sinfenmann,
troffene Verroenbungen follen bamit nicht auSgefchtoffen
fein, unb manches Talent entroidelt ftd) erfl unb Wirb
non ba an erfannt, wo man ihm eine Aufgabe juge*
Wiefen, in bet e$ fi<h erproben lann, Währenb Vefcfeeiben*
heit, Unerfahrenheit ober eine gewiffe natürliche Schwer*
fälligfeit e$ ju einer Bewerbung nicht fommen liefe.
3 ebenfalls aber ifi häufiger 2Be<hfel ber ißerfonen ni$t
wünfchenswert, unb man foOte bie Mittel befifcen, um
taugliche unb erprobte Männer in ihrem Slmte ju et*
halten, ohne ihnen butch Verweigerung anberweitiger
Slnfprüche Unrecht ju thun.
SBenn Wir auch nicht erwarten fönneu, bafe, nament*
lieh in Heineren Säubern mit mehreren abgeftuften flei*
neren Strafanflalten, für jebe 3lnftalt ein auSfchliefeUch
ju biefem ®ienfle berufener ®eiftli<her angeflellt werbe,
VoHenbS in paritätifchen Slnflalten, welche Seelforger
verriebener Velenntniffe vorauöfefcen, fo müffen Wir
boch verlangen, bafe bie ©efängnisfeetforge nicht etwa
blofe wie ein läfligeS Nebenamt neben anberen unb
fchöneren ober lohnenbeten Aufgaben betrautet, fonbern
mit ber ganjen Äraft ber Seele als eine Hauptaufgabe
aufgenommen werbe.
Man lann vetfehiebener Meinung barüber fein, ob
e$ jroecfmäfeiger fei, bie Strafgefangenen in wenigen
grofeen Slnflalten ju fammeln ober in mehrere Heine ju
verteilen. ©3 h«t jwar freilich etwas Schauerliches,
fi<h bie Anhäufung von ftttlichem ffilenb, Unglücf unb
Jammer in einem grofeen 3u<h ( haufe vor bie Seele ju
fletten, unb man möchte wegen ber unüberfehbaten Menge
unb ben turmhohen Schwierigleiten in folgen Äolleltiv»
anfialten jum voraus am ©tfolg verjagen, dennoch
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563
Übei (SefSngniSfedforge.
müffen wir, unter beflimmten BorauSfeßungen, größeren
Sfoflalten not ben Heineren ben Borjug geben. 3n
Heineren Strafhäufern pflegt man nicht ben ganjen &p=
parat aufjuwenben, welker an ben größeren mit oiel«
fasern 9lu|en in Bewegung gefegt wirb. kleinere 3ta«
ftalten geigen oietfacb etwas non patriarcbalifcber SBer=
waltung, aber nteifl mehr im fcblimmen als im guten
Sinne; Berabrebungen, gelungene aber oerfehlte §tu<bt«
»erfucbe, Beftedjungen non Bebienjleten, Einfcbmuggelung
non ©enußmitteln, brieflichem Berlehr, felbft non SBaffen
jtnb bort häufiger, währenb anbererfeits paffenbe Be«
fcbäftigung, ©ottesbienfl, Unterriebt, SluSfcbeibung ber
fcblimmfien non ben toeniger fcblimmen Elemente fernerer
}U organifieren ober burchjuffibten ifl ©erabe bie Seel«
forge aber mit eigenem ©ottesbienfl, ^Religionsunterricht
unb paftoreüer Sluffid^t noüjtebt ft<b regelmäßiger unb
gefieberter bureb einen berufsmäßig angeftellten eigenen
Seelforger.
ES ifl uns ferner nicht jweifelßaft, baß Strafge«
fangene nach bem religiöfen BelenntniS non einanber
gefebieben werben füllten, SBenn nicht febon bie grunb«
tätliche Betrachtung, fo hätten bie in paritätifeben Staaten
bisher gemalten Erfahrungen lehren lönnen, baß re«
ligiöfe Erbauung, Läuterung unb Erhebung nur auf bem
Boben eines feflen unb abgefcbloffenen ©laubenSbelennt«
niffeS möglich ifl. liefern ©runbfafce ifl nun auch —
j. B. in ben Slnftalten unfereS engeren BaterlanbeS —
unweigerlich infoweit nachgegangen worben, baß bie Be«
rufsthätigleit ber ©eifllichen ber oerfchiebenen Belennt«
niffe genau abgegrenjt unb baS SRecbt ber Sträflinge
auf Ißafioration butcb ben ©eifUicßen beS eigenen Be«
36*
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664
Sinfenmamt,
lenntniffeS anerfannt iß. @8 wirb fein ©efangenet gum
Vefuche be$ ©otte$bienße8 ber onberti Aonfefßon ange=
galten unb e8 ftnb im Wefentliehen auch fchon bie Vet=
fuche gur ißrofelhtenmatherei, etwa burch Vüchet, 3*it s
fünften ober Xraftate entfprechenben 3n^alt8, au8ge*
fdjloffen; ba8 fRe<ht ber SRinberheiten auf gefe|li<hen
Schuß ift anerfannt. ftennoch iß nicht überall bie über*
geugung burchgebrungen, bie ft$ hoch gerabe bem erofien
Veobachter aufbrängt, baß nämlich ber SReligion am
meißelt gebient iß. Wenn man bie Angehörigen »etfcßiebener
Aonfefßonen ft<h nach ihrer Übergeugung non einanber
feheiben läßt, nicht aber wenn man ße mit toerßecfter
Abßeßt Iünßli<h einanber nähert unb gu gegenfeitigem
Verfehr unb ©ebanfenauötaufch nötigt. ®er fonfefßoneQe
Triebe h«t nichts gewonnen bur<h gemißhte Schulen,
burch gemißhte Verwaltung gemeinfamer ©Ater, Stiß
tungen u. f. w.; jebenfaHS nicht ba, wo eine Aonfefßon
ß<h wiberrecßtluh benachteiligt glauben lann. So gewinnt
bie Äonfefßon unb bie Religion nichts burch fonfefßoneU
gemtfchte Strafanßalten. 2Benn eS fchon im gewöhnlichen
bürgerlichen Verfehr nicht an gegenfeitigen ©mpßnblich 5
feiten unb Angßtichfeiten, auch an wirtlicher Vergewaltig
gung ber Minberheit burch bie Mehrheit fehlt, wo hoch
im großen unb gangen ber VMUe gut Veobachtung non
©efeß unb Orbnung beßeßt, wie erß ba, wo eä an biefem
Mißen fehlt, wo auf StedhtSßnn unb ©belßnn ber ©e«
fangenen untereinanber nicht gu rechnen iß! (Erfahrene
AnftaltSgeißliche wißen baoon gu ergählen, in Wie pein*
licßer SBeife tathoüfche ©efangene gum ©egenßanb h^h £
nifcher Angriffe werben unb Wie ihr ©otteSbienß, ihr
SaframentSempfang, inShefonbere bie Veichte, fobannein«
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Über ©efängniSjeelforge.
565
jelne totholifche ©ebräudje unb SlnbachtSformen jut fpölti*
fc^ett Erörterung fommen. 9tun finben ft# aüerbtng«
Spötter unb fötmli#e Steligionöhaffer unb Verführer
au# mitten unter ben eigenen ©laubenSgenoffen; aber
bie ©a#e »irft bo# fchlimmet, wenn bie Angriffe ge«
»ijfermajfen unter ber glagge bet 93efebrung«oerfu#e p
einem anberen ©tauben vor ft# geben. 33ot attem bie«
jenigen Strafgefangenen, beten SteligionSgrunbfäfce oiel=
lei#t juglei# mit ihrer ÜRotal unb bürgerli#en Ehtli# 5
teit in# S#»anfen gefommeu, aber bo# no<b nicht ganj
erf#üttert ftnb, müjfen in Sa#en be$ ©tauben« unb
©emiffenS jart angefafjt unb gefront »erben, bamit bie
ftrijt« nicht jum ©glimmen tierlaufe.
SEBir mäjfen un« junä#ft allerbing« mit bem oben
f#on berührten gefe^tidben S#ufce begnügen, ben bie
Siebte ber Äonfefftonen in ben Strafanflalten genießen;
au<b tönnen ft# bie augebeuteten Übelftänbe ober 5Befür#=
tungen auf ein Iteinjte« 2Rah bringen taffen bei $>ut#=
fübrung ber Einjelhaft. Stber benno# ftnb toir ber Sin*
ftdbt, baff ba« ettoa für bie tonfefftonette Trennung ber
Strafgefangenen $u bringenbe Opfer an ©etb unb SJtühe
nicht }u teuer Ȋre im 2tngeft#t ber entliehenen SBorteite
ber Trennung, ©afj man bo# toieber jutoeiten 2tu$=
nahmen machen mühte, ettoa bei befonbeten Ereigniffen,
bie eine Stnhäufung oon ©efangenen jur golge hätten
ober eine Enttafhtng einer Stnfialt auf Aofien einer anbern
nottoenbig machten, fotoie bah man eoentuelt hoch auch
Singehörige oon Heineren retigiöfen ©enoffenfchaften ben
Strafgefangenen einer ber größeren Äonfeffion einreihen
mühte, tann un« nicht beirren, »eil ft#, »enn einmal
in ber $auptfa#e fefter ©runb gemacht wäre, eine SBerflän*
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&66 Sinfenmann.
bigung übet notgebtungene SfaSnabmen ttjo^I treffen Hege.
3Jtit bet Trennung nach bem ©taubenSbefenntniS
liege ft<h auch bie (Einführung non religiöfen ©enojfen*
fhaften für pflege bet ©efangenen oerbinben. ©aS
totrb bo<b einmal gegeben; bie getoaltige Aufgabe bet
Befämpfung be8 SBerbrecbertumS toitb unftet toeltlichen
93eamtenf$aft fo febt übet ben Äopf machten, bag
man rt<b manche fonft oerfd&mäbte ©ienjte toitb gefallen
lajfeu. SClfo mache man bie Sache nicht mit einem
Sld&feljuden ab, fonbern mache ji<h Oielmebr mit bet {frage
»erttaut! SBütbe ein foldjet Botfchlag blog einet „flerifa*
len" Borliebe für ba$ DrbenSHeib entfpringen, fo lönnte
biefelbe leicht übettoogen toetben burcb bie Borflellung
»on bet Aufgabe, bie toit einer DrbenSgemeinfdhaft bamit
auflaben mürben unb bie uns eher ÜJUtleib mit ben
DrbenSperfonen einflögen toütbe, toelche butdh ihre Oberen
an eine folcbe Stätte gefchidt toetben. 3iut tuet ben
©b*gei} bot/ baS ^ättefte ju feiner Berufsaufgabe §u
toäblen, toütbe ft<h ju folgern ©lenfle binjubrängen unb
eignen; für bie meifien toäte eS ein Aufenthalt, für
melden man bieBezeichnungen ettoa au« ©ante’S §eg=
feuet holen mügte. ©te Stellung beS »eltliö^en ®ienfl=
petfonals in Strafanfialten lägt jt<h, wenn toit fte audh
etnft genug auffaffen, biemit nicht gut oergleichen, toeil
ba bodh am ©nbe eine betbete ÄonfHtution, bie (Ermattung
eine« befferen ßobneS unb bie jebetjeit ermöglichte 9tüd*
lebt }u einet anbeten Beifügung ben ©ienft erleichtern.
SB« ba^en auch leinen ©runb, bie Berufstreue bet
toeltlidhen Bebienjteten in Smeifet ju jieben ober ihnen
in bet SJiebrjabl bie befonbere Befähigung für ihre Stuf gäbe
abjufprechen; toit lönnen uns fogat gäUe benlen, in
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Übet Oefätigmäjttlforge. 567
benen DrbenSleute gegenüber non n>eltU$en Wienern im
9ta<bteil Wären. dagegen »erlangen wir aber auch, baß
man bie ettoaigen ©inwenbungen unb Klagen gegen ben
©ienfl oon DrbenSleuten in Strafanflalten, §. 58. ber
grauen SChweflern, ni$t unbillig »reffe unb auSbeute.
®aß DrbenSperfonen f<bon um ihres ÄleibeS mitten auf
SEBiberfianb flößen, toiffen mir; baß unter ihren ßänben
au<b nicht alle Sträflinge ju befferen SDlenf^en merben,
baß ffe auS ber Strafanflalt lein 5ßr»taneum ju machen
im Stanbe ffnb, baß im einzelnen auch Fehlgriffe, »ietteicht
in ber SBahl ber Ißerfonen, gemalt merben lönnen, ja
baß ihnen manchmal etma auch bie notmenbige phhfff<be
SBiberftanbSlraft mangelt, geben mir ju. Qa eS hieße
für bie näihfle Seit noch oiettei^t eblc Äräfte nufcloS
opfern, mottte man DrbenSperfonen — »ornehmliCh Weib»
K<be — in Anflalten »ermenben, in benen ihnen an allen
©den unb ©nben, non $o<h unb fiebrig, non ©efangenen
unb Slngeflettten üttißgunft, Argwohn, #aß unb $oßn
begegnen mürbe unb mo ber Schleier ber DrbenSßbwefler
laum eine beffete Söebeutung hätte, als in ben mittel»
alterlühen Stäbten ber gelbe $ut, an bem man bie Suben
erfannte. 3Ban bürfte aber nur »on ben SDlitgliebem
ber religiöfen ©enoffenfdhaften nicht baS Unmögliche »er»
langen, unb man lönnte ji<b halb überzeugen, baß man,
mo bie 9Belt machtlos unb »erjtoeifelnb not einer hohen
Aufgabe unb brobenben ©efahr fleht, nicht gut baran
thut, bewährte SBunbeSgenoffen im Äarnpfe mit bem
935fen jurücEweifen.
Snbeffen betrifft biefe Angelegenheit unfer Problem
nur in einem entfernteren ißunlte; bie Seelforge fällt
unter allen Umflänben bem orbentlic^en Seelforger ober
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568 Stnferommn,
$aro<pu8 gu, unb um helfen rechtliche Stellung ^onbelt
e8 jtCh je^t.
n.
Unfer gweiterOrunbfafc lautet bemnaCh: bemSeel«
fotget gebüßt in bet ©trafanftalt eine Slul*
torttät8jtellung neben unb auf gleicher ßinie
mit ben »eltlicpen Vorflänben unb Vettoal*
tungSbeamten.
©cpon im getoöpnliChen ßeben gilt peutgutage nieten
leine Sfultorität al8 btejenige, hinter welket eine äRaCpt
{lebt; um fo tiel mehr trifft bte8 gu bei ben ©etoopnetn
einet ©trafanflalt, in toeld&et ja gerabe bie Unbote
mäßigleit, bie Verlegung göttlichen unb menfcpliChen
Siebtes gebüßt tvirb; biefen Seuten ifi ber Pfarrer nichts,
ihnen imponiert nur ber StiChter unb ber Schließet.
8tu<h ber ©otteSbienji in ber Slnftalt muß gunäCpft unter
ba8 ©ebot einer mit SRaCpt au8getüfteten Sfoltorität
gefteDt »erben. ©erabe toeil bie Sträflinge, bie meifien
getoiß, ber regten Orbnung be8 religiöfen SebenS ente
frembet toorben, ober, bei äußerlicher ^Beobachtung ber
©ebräucpe unb Übungen, innerlich tot getoorben jtnb,
hat bie ©etoöpnung an bie Orbnung im ©otteSbienft
toie in bet Arbeit einen großen 2Bert. (Sin fefleS ©erüfie
guerft muß gefügt »erben; baran mögen fiCh bann aller:
hanb religiöfe Süffelte, Erinnerungen, Hoffnungen an«
ranlen. SluCp ba8 hatte ©emfit pat feine für tiefere
Einbrfide empfänglichen ©tunben, SRüdblide auf eine
glüdticpere Vergangenheit, Stugenblide ber inneren Ein«
lehr, in benen ber Stuf non oben gut Vuße oernommen
»irb. Süber biefe Einbrüde »ürben fiep rafcp öerftfiCp«
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fl&er ®efängtri«|eelforge.
669
tigen oßne eine beflimmte Drbnuug beS gotteSbienftlidßen
Gebens. SJlag eS au<ß pttäcßjt 3® an 0 fein; ba$ißrinjip
beS3toangS ifi nun einmal im ©trafoottpg anerfannt;
mir toiffen übrigens moßl, baß man Religion unb Süße
unb SRoralität ni<ßt erpringen lann; erjmingen motten
mir pnäd&fi nur eine gefefclidje Drbnung unb bie $in«
megräumung bet äußeren $inberniffe; mir oerlangen
für ben ©eelforger Slultorität; bie@emijfen felbfi jmingen
lönnen unb motten mir ni<ßt, jmingen au<ß leinen }um
empfang bet ©alramente.
©ie Äircße lann nur ißre ©ienfle anbieten; gälten
bie am ©traforte Seftoblicbeu früßer in bet Freiheit
©ott gebient, fo mären ftc jeßt nicßt ßiet. 3n ber ®e*
fangenfcßaft lann ber ©otteSbtenji bem einen pr @r=
mectung bienen, bem anbem pm ©tofl in feinem Kammer
unb )u einer Stätte, mo er fi<ß mieber als SJlenfiß füßlt,
mo er no<ß etrnaS gilt, mo et fein ©emttt erleiißtern
lann in ©ebet unb teligiöfem ©efang. Sieben allen an=
beren SBirlungen eines lirdßlicßen ©otteSbienfleS, bie
mir unfern Sefern ja nidßt p fdßilbern brauchen, fei nur
baS eine ermähnt, baß bet ©otteSbienfi unb bet Serleßr
mit bem ©eelforger ein ©egengemüßt gegen bie fcßlimnten
©inflüjfe bilbet, melcße im ©efängniSleben felbfi liegen
unb bie fdßon früher gefchilbert morben ftnb. Sieben ber
Süge fleht bie SBaßrßeit, neben bem böfen Seifptel baS
gute, neben ben oerfüßrerifdßen ©inflüjlerungen baS @oan=
gelium ber ©nabe, hinter bem ®eiflli<ßen fucßt man
©<ßuß, menn ber ©laube mutmittig angegriffen mirb,
mie menn man glaubt in feinen perfönlttßen Siechten »erleßt
p merben, unb eS ifl gut, menn ber ©eelforger baS
Snfeßen ßat, um biefen ©<ßuß aucß gemäßren p lönnen.
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670
Sinfenmamt,
©8 barf nicht non bcm perfö^nltd^en belieben be8
Anfialt8»orftanbe8 abhäugen, rodele Sefugni8 bem An=
jialtSgeiftliChen gulommen fotte; bec ©eelforger fott im
©efammtvorftanb nicht toie ein läjiigeö Anhängfel ie-
tradhtet rnerben, ba8 nur ber öffentlichen SReinung
mitten gebulbet, aber ohne ©influg unb ©timmberedhtigung
gelaffen mirb. ®em mirb freilich auch bie ©egenfot«
berung entfpreChen, bag ber gu befiettenbe ©eiflliChe nach
feiner gangen SßerfönliChleü, naCh Gharafter unb Äennt*
niffen einem folChen VertrauenSpoflen gemäßen fei 2Bir
möchten gtoar nicht non einer IriminalifHfChen gaCb=
bilbung reben; aber immerhin mfigte ber ©eelforger ftCh
mit benjenigen ißafioralfragen, melChe ftCh mit bem ©traf«
anftaltsmefen näher berühre«, in befonberer SBeife burch
©tubium unb Erfahrung nertraut maihen.
S)er ©efängniSgeiftliChe braucht niCht Äriminalift gu
fein; es fchabet nicht, menn er bie« etma8 meniger ifi, als
ber ©efängniöbireltor; ja e8 lommt ihm mie non felbfl
eine gemiffe Vermittlerrolle gu, eine Slufgabe be8 grtebenS
unb ber Verföhnung; burCh ihn fann ber ©träfling,
ber Verflogene mieber eine Anlnttpfung finben an bie
bürgerliche ©efettfChaft, an bie itbifChe §eimat, mie an
bie himmlifChe. ©8 ifi beöhalb gang ber ffriebenSflettung
be8 ©eifiliChen unb ber eChten Humanität entfprechenb,
bag burCh feine $anb, in ben richtigen ©rengen, ber
briefliche Verlehr gmifChen ©efangenen unb Angehörigen
in ber #eimat »ermittelt mirb. Vielleicht bient gumeilen
ein freunbli<he8 ÜBort be8 ©eelforger« bagu, um ben
3Biberftanb ber ©efangenen gegen Anorbnungen ber Vor«
gefegten gu beugen, vielleicht auCh bagu, um benfelben
vor ber ©trenge von ©ifgiplinarmagregeln gu befCbüfcen;
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Ü6er (Sefängnttfetlfoigr. 671
ein SBott bet $ürfpra<he netmag ©ott unb bie SRenföen
jut ©nabe ju flimmen.
®lefe SfaftoritätSfleffung beS ©eelforger« neben ben
»eltlid&en 2ln|talt$beamteu fönnte »ohl au<$ non ©träf*
lingen mißbeutet »erben, »eiche in jebem SSorgefefcten,
alfo auch im ©eijllichen ihren geinb fehen, not bem man
ft$ betgen unb behüten müßte; bet Beamte ifi ihnen
bet SCuf^affet, bet ®ränger, bet ®enunjiant. Ober
aber man ermattet nom ©eelforget SSergünjttgungen, bie
biefer nicht gemähten fann, fleHt an ihn gumutungen,
beten ©rfüffung ihn in 2Biberfpru<h mit Otbnung unb
g»ed ber 2tnflalt bringen müßte; bie Hoffnung auf ben
©influß be$ ©eijllichen an maßgebenbet ©teile gibt ju=
»eilen ber Heuchelei Nahrung, »omit Sträflinge jt<h für
milbere Sehanblung ober SBegnabigung }u empfehlen fuchen.
gnbeffen lönnen uns biefe mit bet Slultoritätsfiellung
be8 2lnjlalt8geifUi<heu etma netbunbenen ÜJtadjteile nur
in bet Stiftung oorjuhtig machen, baß mit ben 3te<hW*
bereif beffelben au<h mit entfprechenben pflichten um«
grenjen. ®er ©eifllidje barf feine ©teDung nid^t ju
einet SSermittlerroHe auänüfcen »offen, »eiche mit bem
gmede bet ©ttafe unb mit bem gntereffe bet Otbnung
unoereinbar ifl. $aS Vertrauen jmifchen ©eelfotger
unb ©efangenen foff ein ehrliche* ohne Hinterhalt fein;
Unterrebungen mit ©efangenen bleiben 2lmt8geheimni8
gegenüber bem SRühtet, erforberlichen galls audh gegen«
übet bem Slnfialtäbireltor; aber ebenfo gibt eS eine
Pflicht bet gurüdhaltung gegenübet ben ©efangenen,
benen man namentlich nicht Serfptechungen madhen foff,
bie enttoeber an |i<h unerfüllbar ftnb ober bie ©efangenen
}U falfdhen SSorfMungen unb Hoffnungen erregen ȟr=
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672
Shifennann,
bem Äaffen bi« SfotfialtSeintidbtungen getoiffe SSergün*
ftigungeu, ©efd^enle u. bgl. ju, fo mag proeilen eine
©abe, eine Keine Slufmerlfamleit gut angebradbt fein;
im allgemeinen abet bürfte e$ ferner fein, bie nötige
©islretion }u beoba<$ten; unb »as man ni<bt mit ganj
gutem ©etoiffen unb unter ben Singen be$ ®ireltor$
tbun bürfte, möge man nur untertaffen! $9ere$tigten
Älagen ber Sträflinge barf ber Seelforger fein Db c
leiben; aber er barf fie nidbt in ber SSorfleUung beflär*
len, baß fie llnredbt leiben ober }u hart gebüßt »erben.
III.
SttS britter ©runbfaß gilt uns, baß bie regele
mäßigen Hilfsmittel ber Seelforge für bie
©efangenen leine anberen finb als für bie
freien. 2Bie ©ott feine Sonne aufgeben läßt über
©ute unb ©öfe, unb regnen läßt über ©eredbte unb Uu=
geredete (3Wattb. 6, 46), fo ifi baffelbe ßoangelium unb
baffelbe Salrament befiimmt für ©efangene unb greie,
»ie »ir alle in gleidber SBeife Sonnenfcbein unb Siegen
ber ©nabe unb ©armberjiglett nötig haben. Sie Äapelle
ber Strafanfialt birgt biefelben ©ebeimniffe unb Xröfc
ungen »ie bie ©fatrlirdbe.
Siamentlidb für bie Sßrebigt mödbten »ir ben ©raub*
faß betonen: afflictis non est afflictio addenda! ®ie
SKebergefdblagenen, »eldbe nun fdbon machtlos unb hilf-
loS in ben $änben ber menfdblifben Strafgeredbtigleit
ftnb unb täglidb unb ftünblidb ben dufianb ber ©ein
empfinbeu, foQen in ber ©rebigt aufgeridbtet »erben öon
ber ©üte unb ÜJlenfd&enfreunblidbleit ©otteS unferS Hei*
lanbeS (£it. 3,4); fie feufjen unter bem ©efeß, aber
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678
Über Oeffingniifeclfoige.
fte foflen erfaßten, baf? «8 auch für fte noch ©nabe unb
©tlöfung gibt, bah baS berlorae ^arabieS auch Wiebet
gefunben »erben fann. @8 ifl feine chriftlicbe Xröflung,
ben non feinem eigenen ©etoiffen ©epeiuigten jjeben
SüugenbUd an feine SSerroorfenheit ju erinnern, ihm feine
SBergangenheü, bie er lieber oergeffeu foBte, oorjuhalten.
S)ie ©egenwart ift bitter genug; warum füllten wir nicht
ben «uSblicf auf eine beffere 3ufunft gewähren, wo ©ott
abwiftben wirb bie fEh^nen oon ihren Etagen, wett ba8
früpere »ergangen ift unb ©ott atte8 neu macht (Dffenb.
21, 4. 5)! Sföan muß oergeffen fönnen, wie wir felbft
auch wünfchen, bah ©ott unfrer 6ünben nicht mehr
gebenfe (5ßf. 78, 8).
SHan muff auf ber Äanjel oergeffen fönnen, bah man
eine befonbere Älaffe oon Sfinbem oor ft<h h®t, wett
ba8 f<hon in ein 9ii<hteramt hinübergreift, welches nic^t
ba8 unfere ift; wir wiffen nicht, in wie »ielen ober wie
wenigen ber 3nb8«t ba8 innere SBerf ber Segnabigung
unb SSefehrung fcpon »or ftch geht ober fcpon ooUjogen
ift. SJtan jeige boch liebet SBertrauen, wel<he8 befänftigt,
al8 bafe man bur<h ^arte8 Urteil wehe thue! 2Ba8 wir
mit 2Jtilbe nicht auSrühten, ba8 bringt ber 3otn auch
nicht jujlanbe.
•Man muh warten fönnen, wie auch ©ott wartet.
Deus patiens, quia aeternus ; ©otte8 3®it ift nicht unfre
3eit; wir ftnb ungebulbig, wett Wir glauben un8 ju Oer*
fpäten, wett wir bie grüßte unferer X^ätigfeit mit Etagen
fepen möchten; wenn unfer SBort nicht alöbalb ©epör
finbet, betlagen wir un8. 9tber bem ©eelforger machen
bie freien auch nicht immer mehr greube unb @h re als
bie ©efangenen. 3Ran barf auch nicht um einiger ttn«
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574
Sinfemnann,
bußfertiger Witten am guten SBitten attet verjagen. 3Ran
ßbließe bie ©rebigt regelmäßig an bie gewöhnliche, !ir<b*
Ud^e ©otteSbienß» unb ßlerifopenorbnung an unb prebige
fo, baß auch ein Mitgefangener ft$ baran erbauen unb
etwas barauS lernen lönnte.
SDtefc ©emerfung ifl jebo<b näßt fo gemeint, baß
nun bie ©rebigt farblos unb von aller ©ejiebung auf
bie befonberen ©ebiitfniße ber Situation frei fein mäße.
68 bat ja au<b fonß jebe Seelforgegemeinbe ihren eigenen
©baralter, befonbereSSorjüge unb ©ebrecben, befonbereSln=
fprädße unbbefonbere Smpßnblidbfeiten, worauf bie Sßrebigt
eingeben muß; bie ßomitetüer forbern für jebe ißrebigt bie
6igenf<haft ber proprietas, b. i. einen beßimmten ©barak
terjug, ben bie fßrebigt annimmt fei eS aus ber perfönltien
6igenart beS ©tebigets ober aus bem auferlegten &b e ma
ober aus ben befonberen ©ebttrfniffen ber ©emeinbe,
aus örtlichen ober jeitluben ttttotioen u. f. W. 6ine ganj
befonberS geartete ©emeinbe iß nun aber gewiß auch
bie 3ubörerf$aft in ber Strafanßalt; unb es Wirb f$on
ber ©egenßanb beS StubiumS fein mäßen, bie ißrebigten
in berfelben bem ©baratter beS Ortes anjupaßen, ohne
botß gegen ben früher erörterten ©tunbfafe, baß bie
3u(ßtbauSprebigt ß<b nicht wefentli<b von bet gewöhnlichen
©emeinbeprebigt unterf<beiben btttfe, ju üerßoßen. 6S
ßnb bem ©etfaßer biefer Stbbanblung feine befonberen
„Strafanßalt$=$ßrebigten " belannt, unb er wünfcßt au<b
nicht bie ©erößentlichung von folgen; aber uns ßheint,
baß ein ©tebiger, ber nicht bur<b längere ©emobnbeit
gegen bie befonberen ©inbrfide ber Situation empßnb-
ungSloS geworben iß, von ganj anberen ©efüblen bur<h=
ßbauert wirb unb feine ©ebanfen eine anbere 5Ri<btung
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Übet CBef&ngniSftelforge. 675
unb feinet Stimme einen anbeten Älang gibt oor einet
S<pat non Strafgefangenen, als oot einet geflnerfamm--
lung in fefhäglWp gefcpmüdter Äirche. ©S ntufj ja bocp
jutneilen bem SlnftaltSgeiftlichen »orlontmen, als oernehme
et fcpon etroaS von bem ®onnern beS perannapenben
göttlichen ©ericpteS übet ben Ratten unbufefertigen 33er=
bieder! (Siebern haben bie Unglüdlicpen, melcpe nun
im Äerfet fcpmacpten, menfcplicheS ©efefc »erachtet unb
3Rapnung unb Sßarnung in ben 2Binb gefcplagen, haben
getrost unb fiep angeflettt, als müfete bie bürgerliche ©e=
matt not ihrem ©igenmitten ftch beugen; abet fte ftnb
bem 9%i<htet oerfallen unb müffen ft<p jefet bet höheren
©eroalt beugen. So mitb nun au<h ben »erftodten Siinbern
ihr &rofc gegen ©otteS ©efefe unb Orbnung nichts nüpen,
es mitb au<h für fie bie 3eit fommen, mo ihnen alle
Sßrotefte nichts helfen, mo fte ben himmtifcpen dichter
nicht ablehnen unb fiep bet höheren HJlacpt nicht ent«
gieren lönnen.
©in perootragenbeS SebürfniS in bet ©efängniS*
prebigt mitb bie Belehrung über bie erflen unb micptig«
fleu ^eilsmaprpeiten fein. ©inflenS haben fte nicht hören
motten; fie mosten fiep bet 3u<pt bet S<pule unb ben
Sehren bet Äircpe nicht untetmerfen, fte bünften fiep weife
unb glaubten, gutet Sehren nicht ju bebiirfen, fehl hat
ihre SReufcpenmeiSheit, meltlicpe Älugpeit, Sifl, Scpatfftnn
fte nidpt meiter gebracht als bis ins ©efängniS, unb in
ben SDingen bet mapren SebenSmeiSpeit ftnb fte unmiffen»
bet als Äinber: abet fefct müffen fte menigfienS pöten,
müffen ftep unter Umflänben fatedpeficrcn laffen, nnb
menn mit auch bie auf foldpe SBeife erjmungene flennt«
niS an ftdp niept poep anfcplagen, fo bleibt bie Untetmeifung
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676
jßinfeiimaim.
borf) eine Hauptaufgabe beS ©eelforgetS, nnb gwat teils
in bereigentlichen ißtebigt, teils in §orm non ©chulunters
ricßt. @S mag jroat benen, welchen oieHeicht non 3ugenb
an bie geißige Slnßtengung läftig mar ober benen nach ben
eingetretenen Verirrungen bie ©rinnerung an ©ottes 9Bort
unb ©ebot nnleibli<b geworben, baS Semen, baS ©rnieb«
rigtwerben §um Unmtinbigen ein inneres Slufbäumen bet
noch ungebänbigten SWatur Weden; fie werben eine jeitlang
Wie gefangene ©eier ihre gütige gegen bie ©üterß&be
fragen; es Wirb bei ihnen flehen, ob fie an ber SfteligionS*
Wahrheit mehr bie befd&werenbe ober bie trößücß erlei<h=
ternbe ©eite herauSßnben unb geißig in ß<h aufnehmen
wollen; jum ©lauben jmingen will uns ©ott felbß nicht;
Wer ß<h mit verhärtetem ©emäte ben Verheißungen ber
Siebe unb ©rbarmung verfließt, macht ß<h nur felbß
unb bur$ eigene ©<bulb feine Sage fernerer. Übrigens
iß ber lehrhafte Seil ber ßlrebigt für gewöhnlich fcßon
in ber gut georbneten ©emeinbe ber lohnenbße unb banf*
barße, weil man in göttlichen Singen nie auslernt unb
einer Stuffrifcßung ber im Saumei beS Sehens verbunlelten
Äenntniße bebarf; um fo weniger barf ßchS ber ßSrebiget
in ber ©trafanßalt verbrießen laßen, ben Unwißenben
als geißig Unmtinbigen bie 2Ril<h beS StnfangSunterrichteS
(I flor. 5, 2) bar&ubieten.
SefctereS barf nur nidßt baßin vetßanben werben,
als ob nun biefe bem ©eiße nach Unmtinbigen auch hem
Hetjen nach Äinber feien; vielmehr iß bie geißige Vet*
öbung golge ton ßttlicher Verwaßtlofung unb Verwil*
berung. Sa iß lein Veubruch )u machen im ©inne von
jungfräulichem Slderlanb. 2Bir fagen bieS namentlich
mit Vfldßcht auf baS jweite fDloment, welkes neben ber
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Über @efängntJ[eeI[orge.
577
83elehrung beti 3toed ober baS SBefen bet ißrebigt au$;
macht, nämlich bießrbauung, bie ©rWecfung be$ 2lffeltS=
lebend in bet Stiftung auf ©tauben, ©otteSbienjt unb
fittlidje ©meuetung. So gewif? ber Sßrebiger felbfi in
tieffler Seele bewegt fein muß/ wenn er feines Berufes,
biefe gefähtbeten Seelen ju rühren unb ;u gewinnen, ge*
benft, fo wenig barf er non einer gewiffen Sorte oon
ÄanjetpathoS, oon rhetorifcher ©rhifcung ober oont ge«
täufchPollen 2lnftürmen befonbere SBirtung erwarten.
Übet bie int ©efängniS oor i(*m erföetnenben Su^öter
ftnb fchon fo manche Seibenfchaften unb fo gewaltige Stürme
gelommen, an ihnen ftnb fcbon fo riete 2lnfpra<hen unb
•Mahnungen, Süttlichleiten unb ©rohungen, fooiel Siebe
unb 3°tn wirlungSloS abgeprallt, bafj man nic^t auf
Störungen unb ©rfchütterungen butch bie gewöhnlichen
■Machtmittel menfcblicbet ©erebfamleit rechnen barf. @3
ift nicht ganj feiten, bafj in gewöhnlichen Seelforgegemeinben
bem glühenben unb bonnernben ©ifer, womit ber Pfarrer
gewiffe -Mifjflänbe in ber ©emeinbe abfieHen ober Schüben
heilen möchte, gerabe um beS leibenfchaftlichen ©iferS Willen
ein gefchloffener SBibetflanb begegnet: „©reifem Sie fi<h
nicht fo unb fchaben Sie ji<h nicht felbfl; unS machen Sie
bo$ nicht anberS!" Solches @$0 wirb noch Wiel öfter
ben ©onnerworten beS $tebigerS im 3n<hthau8 entgegen;
gehalten: „Uns machen Sie nicht mehr anberS!" SRun
hat )War ber ^eilanb auch fitenge Strafprebigten an jene
perflodten Schaaren gehalten, aus benen viele, wie ber
$etroorauS wufete, auch nicht mehranberS gemalt werben
lonnten; haben biefe Meben ihnen nicht mehr jum $eile ge=
bient, fo boihanberen; fo mag eS au$ neben ben »erhärteten
Sträflingen noch anbere geben, beten ©ewiffen baburch
ZfccoL 1890. $eft IV. 37
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Ö78
Sinftnmann,
erföüttert wirb; feinStebner fann genau beregnen. Wie
feine SBorte einfdjtagen werben. Slber man baue übet:
baupt ni<bt }U toiet auf ba« SBort.
9(1$ jweite« (Element ber ©efängnisfeelfotge nennen
wir ba« ©ebet; unb jwat wollen wir ^icr nicht bei
bem ©ebanfen verweilen, bag ba« SBort, in welkem
ber ißrebiger ju ©ott rebet int innigen ©ebet für bie
ihm Slnvertrauten, jurn Wenigfien ebenfo bebeutungSvoÜ
ifl, als jene« SBort, ba« er ju ben ©eelforgefinbem
rebet. Slber wir getrauen e« un« ju fagen: ®ie ©e=
fängnisinfaffen ftnb ju Sträflingen geworben, weil fte
aufgebört batten ju beten, weit fte ber Steligion unb
bet fördbe entfrembet worben waren; foQen fte junt
©ulen jurüdfebren, fo müffen fte wieber beten; ba«
Seien aber mug gelernt unb geübt fein! ®ie $60e
Würbe ju ejiftieren aufbören, Wenn bie Verbammten
Wieber anfangen lönnten ju beten, ©ie ©trafanflalt
Würbe aufbören ein Slufentbalt von Verworfenen ju
fein, wenn barin wieber re<bt gebetet würbe; ber @e=
fangene bört auf, ein unbugfertiger ©finber ju fein,
wenn er Wieber betet!
Shtn vergeben wir eS jwat wobl, bag Slot beten
lebrt, bag ein inniger Slufblid $u ©ott, eine fülle Älage
ber ©eele, ein ©ebet int verborgenen Äämnterlein, ober
fagen Wir, bag ein einige« fromme« Vaterunfer fo
viel ober mehr SBert bat, al« ein ©ebet mit vielen
SBorten unb lautem ©efcbrei, ba« aber nid^t au« bem
©runbe ber ©eele fommt. Qn ber ©bat müßten wir
e« babin bringen, bag ber ©efangene biefe« ©ebet au«
#er§en«grunb übe, nicht nur Wenn er jum ©otteSbienfl
fommanbiert unb wenn er allenfalls vom ®bor feiner
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über QtefftngniSfeetfoige.
679
unglüdlidjen SRitbrüber fortgeriffen toitb, fonbetn auch
in ber ©infamfeit feinet $el[e, auf bem barten fRacht«
läget, mo int ©unfein bie böfen ©ebanfen ju fomtnen
bto^en, unb jule|t auch bei bet Arbeit unb bei jebem
©ebanfen, bet burdj feine gequälte Seele gebt. Aber bas
©ebet gehört §u ben ©eheimniffen unfereS $eile$. ©amit
mir re<bt beten unb Abba! rufen fönnen, ntäffen wir
jubot ben Äne<htf<haft$geift abgelegt unb ben ©eifl bet
Äinbfdjaft empfangen haben (fftöm. 8,15). ©om Altäre
müffen mit biefen ©eifl ber Äinbfcpaft holen unb in bet
Äird&e, in bet übernatürlichen ©emeinfcpaft mit ©htifhi«
unb feinen ©rlöflen miiffen mir beten lernen, unb bet
SBirfungen beS ©ebeteS uns »etlichem. ©atunt ifl unfer
©otteSbienft mefentli<h ©ebetSgotteSbienfi unb unfet ©ebet
ifl mefentK$ liturgifdjeS ©ebet, unb hieju bie Sünber
anhalten heißt ben etfien Stritt ju ihrer inneren @r=
neuerung thun. ©arin liegt für un$ ganj befonberS bie
©ebeutung be$ fachlichen ©otteSbienjleS, ju meinem auch
in ber Strafanflalt bie Angehörigen ber ©emeinbe per*
fammelt merben foHen.
@3 ifl bur<hau$ nicht fo felbfteerfiänbltch, baß bie
SRot beten lehrt, ®aS ©ebet fefct nicht bloß ©lauben
fonbem auch ©emut »orau«; bie Sfinbe aber, melche
bie Sträflinge an ben Strafort gebracht, erzeugt in ben
©eiflern ^offart, ©ro|, 2Biberfpru<hSgeifl, unb e8 ifl
feine ganj feltene ©rfcheinung, baß man nach bem fjatte
unb bem ©ergehen, menn man in bie $änbe ber ©eufchen
gegeben ifi, »or biefen ftdh beugt unb ben fRüden frumm
macht, um ein milbe« ©ericht ju erfahren, aber inner«
U<h um fo tro|iger ftch gegen göttliche« fftecht unb gött«
liehe ©nabe auflehnt. ©iS biefer ©ro| gebrochen ifl,
37*
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580
Sinfemnamt,
brauet eS Diele Semühungen, unb ei müffen Parle HJtäChte
baran arbeiten; unb }u biefen Mächten jä^Ien wir be=
fonberS ben gemeinsamen Eirt^Itt^en ©otteSbienfl mit ©ebet
unb Opfer. SSHr benlen nicht gering Don ben natürlichen
SWotiDen, toeld^e ju ber Umfiimmung eines Poljen tro*
pigen ©eiPeS unb uerirrten $etjenS beitragen lönnen,
aber man barf nicht )u Diel uon ben natürlichen Sie:
gungen, $. 99. ber Sermanbtenliebe, ber Sanlbarlett ober
gar ber Sittlichen Sentimentalität ermatten; ber Stuf bau
beS Sittlichen Sehens ntup Dielmehr auf übernatürlichen
©runblagen geschehen.
SefctereS gilt namentlich auch Don einem meiteren
©lement beS ©otteSbienPeS, ober richtiger Don ber be*
fonberS Solennen gönn beS ©ebeteS, bem ©efang. Ser
natürliche Raubet, toeldher in ber ÄunP ber Söne mohnt,
ift uns nicht unbefannt, unb toir lönnen uns oorfteflen,
bap eS für mandhen ©efangenen ein Sabfal ip unb bap
eine Sftinbe um bie Parre SruP p<h ju löfen beginnt,
»enn er aus Doller 89ruP in ein gemeinfameS Sieb ein*
pimmen lann; ein Solches Sieb lann Dielleicht toirlen
mie jener DPetgefang, melcher ben SebenSüberbrup gau*
PenS Pittt, fo bap er fühlt: „Sie Sh*äne rinnt, bie
©rbe hat mich mieber." Ser gemeinsame ©efang mirlt
mie ein ©rup, ben einer bem anbetn fCbidt, ja er lann
mirlen mie ein ©rup aus ber gerne, aus einer Schöneren
2Belt unb einet befferen Seit, mie es ©ichenborff
So innig auSbrüdt:
„Siele Soten gep’n unb gingen
„3mif<hen @rb’ unb ^immelSluP;
„Solchen ©rup lann leinet bringen,
„SIS ein Sieb aus DoUer Stup."
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übet @«fängni3feeIforge.
581
Slllein wir bürfen auch hier beti JhmflenthufiaSmuS no$
nid^t an bie ©teile bet $ö$eren SJtotive treten taffen.
©8 ift, troff bem braven ©eume, nicht ju glauben,
baff alle freiere fingen gute SRenfchen feien; ÜBortinhalt
unb ©angeSlveife bebeuten in vielen gälten baS ©egen*
teil, aueff in ben Jtir$en ifl noch lange nicht alles
©ingen ober ©(ffreten von SSotfSmelobien erbauliche an*
bacht. aber bennoch fchreiben toir bem gotteSbienftlichen
©efang auch in ber ©trafanftalt eine hohe Sebeutung
ju, unb jtnar gerabe in bemfelben ©rabe, als er ftr<b s
lieber unb frommer ©efang ifl unb als folget auf ben
©injelnen anregenb, fänftigenb, erbauenb jurüdtoirlt.
©in frommes Sieb mit Drgelfchall lönnte auf bie ver*
büfierten ©eelen ber ©efangenen toirlen, tvie einft S)aVtb8
^arfe auf ©aul, von bem bei ihrem ©piete ber bfife
©eift toi<h (I Äön. 16, 23); unb tvie über ©lifäuS ber
©eifi beS ^erm lam, fo baff er ben auSfpruch ©otteS
vetlünben fonnte, nachbem man ihm einen ffSfalmiffen
gebraut, ber vor ihm fang (IV ßön. 4, 15), fo lönnte
ein lir<hli#er ^ffmnuS nicht bloff ben ißrebiger begeiftem,
fonbern auch bie ©emüter ber ßuhbrer betoegen unb für
bie aufnahme beS Ißrebigt* unb £rofltvorte8 bereiten.
Unter ben Siebern unb ßhntnen wob ißfalmen aber ver*
flehen toir leine anbern, als bie echt tirchlichen ©efänge
beS latholifchen 3Solle8; fte finb für bie ©efangenen @r*
innerungen an bie Freiheit unb Bürgen einer noch höh*™»
Freiheit, toeiche ben ©efangenen in ©fftiflo (fflhilem. 9)
in auSficht fleht
IV.
•Weben biejjenigen ©eelforgehanblungen, tvelche ft<h
an baS ©anje einer ©emeinbe tvenben unb von benen
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582
Sinfeumann,
toit tat »orftebenben nur einige Momente hirj barfteQen
wollten, tritt nun aber no<$ eine weitere Styfitigfeit, welche
jwat au<b für bie gewöbnlüb« ©emeinbefeelfotge non
Sebeutung ift, bei ber ©efängnispaftoration aber ganj
befonberS betont werben muff. 3Btr fptedfcen eS als inerten
©runbfafc auS: 3» bemfelben SBerbältniffe, als
fi<b uns in ben Strafgefangenen geiftig unb
moralifdb bie AuSnabmSfälle, bie Abirrungen
oon ben gewöhnlichen Stiftungen unb 93cflre*
bungen ber Menfcbennatur, bie f$wer ertlär =
U<ben Sin jelpb änomen e bat ft eilen, tnufe auch
berSeelforger ben ©efangenen einjeln anfaffen,
ben 3ugang i« Um fu$en, but<b perfönlidbe
Anfpradbe ibm Vertrauen abgewinnen unb
bie f<blummernbe fittli$e flraft attrufen.
©ott felbft b«t bie $erjen ber Mengen, jebeS in
eigener Art, gebilbet ($f. 32,15). @lei<bwie feber Dom
anberen ft<b bur<b ben eigenen Flamen unterf<beibet, fo
will er au<b nach feiner eigenen ißerfon geartet unb ge=
würbigt werben. @S gehört }u ben Vorteilen ber @in§el=
baft, baff burd) biefe baS Aufgeben beS einzelnen in ber
grofjen Maffe ber SeibenSgenoffen, baS SSerftbwinben als
eigene ißerfon Derbinbert Wirb. Sßerbicnt jwar hoben eS
bie meiften bur<b fredbe Überbebung unb anmafjlicbe ©eltenb*
mad>ung beS SelbftwiEenS fowie bur<b Unbotmäfdgfett,
bafj fte §ut Strafe bafür nun auib bet fonfi berechtigten
Anfprüdbe beS SelbftgefüblS unb ber Selbflbetrlicbleit
beraubt werben, es wirb für fte auch eine ni<bt geringe
Serftyärfuug beS StrafleibenS barin befieben, baff fte auS
ben falf<hen SSorftefluugen ihrer angemafjten Selbftänbigs
feit b^ouSgeriffen unb baft fte gerabeju einer Anjabl
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683
Übet ©efängniSfeelforge.
oon ©enoffen gteichgeorbnet toetben, beten ©efeüfcbaft
no$ furj juoor ihnen als eine tterä$tli$e unb bejlecfenbe
erf$einen mußte. $offart mar not bem galt gefommen,
uub bie Demütigung ifi nun fd^toer genug. Slbcr bie
Aufgabe beb Seelforgerb ifi ni$t, bie ©efangenen bloß
}U erniebrigen, fonbetn au$ fie toiebet aufjuri<hten, bie
uo$ ni$t ganj erfiicften Äeime bet beffeten 9iatur neu
ju beleben unb bet @igenma$t beb SßiDenb höhere, teinete
3iete anjumeifen.
Die Aufgabe, bem einjelnen perfönli$ näher ju treten,
ifi, möchte man fagen, in bet Strafanfialt leistet, alb
in bet greiheü. 9ii$t nut baß bet perfönlühe 3uttUt
ju ben Dehnungen bet Stnfiatt gehört, toä^renb braufeen
in ber SBelt feber bem untoitlfommeuen 9Jlahner Dhüt
unb $aub oerfdbließen fann unb unter allen Umfiänben
bie perfönli<he Begegnung außerhalb beb2lmteb im engeren
Siune nut Slubnahme ifi, in bet @infam!eit bet ©efaugem
f$aft ifi am ©nbe au$ bet Defu$ ermünfdht, ben mau
braußen ni$t geliebt hätte. @b ifi bo$ ein 3flenf$en=
antlifc, eine menf$K$e Stimme, einnettnanbtet Älang für
bab Dßr, e ' ne S3otf$aft aub bem netlotenen ißarabieb.
SEBit legen alfo @emi<ht auf bie perfönlid&e 3lnfpra$e.
Dabei ermatte man aber nicht, baß bet Sträfling, mie
einfi SWatta oor bem $errn im -Öaufe Simonb (Sul. 7,
37 ff.), nun eitenbb bem @eifili$en §u g-üßen falle unb
fi<h alb reuigen Sünber belenne; noch Diel meniger mirb
man, na$bem bet Sträfling ni$t ohne blutenbe unb
fchmetjenbe SBunben but$ bie Sßein unb S$re<fen beb
me(tli$en ©eridbteb hinbur$gegangen, in ihm bie S3or=
Rettung ermeden, alb müffe jefct etfi bie geifiige Dortur,
eine Slrt oon feelfotgetli$et Snquifition beginnen, fonbetn
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684
Sinfenmann,
man »irb ba« tounbe ©emüt fchonenb anregen. ©Bie bat
bo<h Ebrifiu« fo freunblicb, fo fchonenb bie famaritifche grau
m. 4,7 ff.) angerebet! Er überraföt fte — nicht mit
einem Überfall non ©ortoürfen — fonbera mit einem uner»
»arteten ©etoei« ber $erablaffung, inbem er non ihr ju
trinfen begehrt. Unb auch b erna ^ nimmt ba« ©efprfich
nicht unmittelbar bie ©Benbung auf ben ©eelenjuftanb ber
grau, bi« bie grau felbfi ben ©nlafj baju gibt. — ©Benn
ber ©eiftliche }um ©efangenen in bie gelle fommt, fo
fommt er nicht im Ornat, aber im tlerifaten £age«ge»anb;
er fommt al« ©ote ber Jtircbe unb ber göttlichen Siebe,
al$ ©lenfchenfreunb, als Ratgeber unb Xröftet; aber e«
ifi allerbing« fein ©efuch ju blofj profaner Unterhaltung.
$)ie intenfiofie unb »irfung«oolIfte gotm be« per»
fönlicben ©erfehr« ifi in ber ©ertoaltung be« ©ufefafra»
mente« gelegen, »orüber tote un« aber furj faffen, um
nicht ©efannte« ju toieberholen. SJtan fann unb toiQ
bie Sträflinge jur ©eicht nicht gtoingen, unb e« barf
überhaupt nicht« gefaben, »obutch ba« ©aframent in
feinem ©Befen ober in feiner ©eftimmung oeränbert toürbe.
©Senn toir jjeben ©Hfsbrauch be« faframentalen ©efennt»
niffe« ton feiten be« ©eichtoater«, fei e« ju ©unfien
ober ju Ungunften be« ©eichtfinbe«, }um oorau« für abfolut
au«gef<hloffen etflären, fo barf auch ba« ©eichtfinb felbfi
nicht einmal inbireft ober auf Umtoegen in bie (Erwartung
oerfe|t »erben, al« fönnte e« butcb SJUjjbraudj be«
© eichtinflitut« irgenb einen ERebenjttecf erreichen, 3 . ©.burch
einfalfche« ©efenntni« bem ©eichtoater et»a« abgetoinnen,
{ich für ©egnabigung empfehlen u. bgl. ©Bit brauchen nicht
befonber« 3 U betonen, bafj »ir für biefe Qtoede einen
©eichtoater »ünfchen müffen, ber mitber@abe ber Unter»
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Übet @tfängtn£[eelforge.
586
Reibung bet Seiftet unb mit einem ©chafce von pftröo«
logif$er ©rfahrung auägerüfiet ift, nid^t einen Neuling,
ben jjebe neue ©rfcheinung au$ bet Raffung bringt. 3Jtan
erwarte nic^t gu viel von momentanen ©rfcbütterungen
unb lege im gangen mehr @etoi$t batauf, baft bie @e=
fangenen foweit möglich an eine $ttftli$e SebenSorbnung
gewöhnt unb periobifch gu befonberen fachlichen Seiten
gum ©mpfang bet ©aframente veranlagt toetben. ©8
fehlt niemals gang an Renitenten, »eiche auch bie öfter*
liehe Pflicht gu erfüllen fi<h toeigem; eS ift aber immet
noch beffer, wenn fte ft<h ehrlich tveigetn, als wenn fleh euch 5
lerifth ober trofcig hingutreten. 3ft auch baS ©laubenS*
leben in einem SRenfchen vöttig erftorben, fo mag eS
hoch ttiieber ettoeeft »erben, »enn nur ber ©eelforger
bem ©liffiuS gleißt, »ie er ben ©ohn ber ©unamitin
ertoeeft hat (IV Äön. 4,30 ff.), ©er eine mag bem Änechte
©iegi gleichen, ber umfonft ben ©tab auf baS Rngeftcht
beSÄnaben legte; ©lifäuS felbft aber „legte ft<b auf ben
Änaben unb brachte feinen SJtunb auf ben ÜDtunb beffelben
unb feine Rügen auf bie Rügen beffelben unb feine $änbe
auf bie $änbe beffelben unb beugte juh über ihn; unb
ber Seib beS Jlnaben erwärmte ft<h." ©o mag eS einem
begnabeten ©eelforger gelingen, burch Völlige Eingabe
an eine verirrte Seele biefe gu erwärmen; aber man benfe
noch nicht gering von bem, bem folcheS nicht gelingt;
wir flehen ba vor bem ©eheimniS ber ©nabe.
©ine wertvolle Unterftüfcung ber moralifchen ©in«
»irlung auf bie ©efangenen von feiten beS befleißen
©eelforgerS hat man in chriflliihen Seiten immer gefunben
in bem ©efuchen ber ©efangenen (SDlatth. 25,36) aus
bem Rntrieb freier Siebe unb teilnebmenben SDUtleibeS.
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686
Stufcttmann,
S)en ©efangenen gegenüber, bie »Dir hier im äuge hoben,
Kann ba8 natürlich nur in befcbräuftem 3Raße gegeben,
©bebem befianben ;u biefem 3 ro ede Kir$li<be 99ruber=
Mafien, bie ß<b )ur Aufgabe festen, jur Sinbetung ber
äußeren unb inneren SRot ber in ben ©efängniffen ©^madb»
teuben ihr ©cherflein )u Beuern unb perfönlid^e SDienBe
ju leiBen. 3n neueret 3eit »ieber buben ß<b, j. 99. in
^Belgien unb $oHanb, „Vereine für ßttliche 99efferung
ber ©efangenen" gebilbet, bereu SRitglieber ein Santa*
ritermerl ju üben ß$ »erpßübten. ©8 wirb wobt auch
ein 3*®etg ber „inneren 3Jtifßon" »erben, bur<b perfön*
licken 3utrüt ju ben ©efangenen fittigenb unb öerebelnb
mit 3ubHfenabme ber religiöfen 2Jlot»e auf biefelben
einjuwirfen; unb »ir Können nur »ünfcben, baß^uma*
nität unb SReligion im natürlichen 93erbanbe miteinanber
ßch immer Klarere unb eblere 3ieie tu biefer Stiftung
Beden, unb baß man bann aber auch auf feiten ber
weltlichen Leitung ber anBalten B<b nicht fpröbe unb
ablebnenb »erhielte, »enn Kir$licbe ©enoffenföaften Beb
an bem SBerKe ber iBarmbetjigKeit in ben ©efängniffen
beteiligen »oBten.
auf ben ©ebanKen, religiöfe ©enoffenfcbaften jur
aufB<bt unb pflege in ben ©efängniffen ju »er»enbeu,
»otten »ir hier nicht noch einmal eingeben. ©o lange
j. 99. bie Drben8f<b»eßern in ben JtranKenbäuferu troff
ihrer Beengen Drganifation unb ihrer anerKannten auf:
Opferung nicht vor groben anfeinbungen unb unterbiet
ten 9Sor»ürfen »egen religiöfer 3ubringli<bKeit ober gar
$rofelhtenmadberei gef<hü|t Bnb, iB »obl bie 3eit für
©infübrung ber „grauen ©cb»eBern" noch nicht geKom*
men; aber bann muß man eben auch auf bie moralifebe
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587
Übet ©efdnaniäfeelforge.
Unterfifihung folget ©ehilfen in ber ißaftotation bet=
)i$ten. „Sie haben ben Pfarrer", heißt e$. ©benfo
gut fann man fagen: „Sie haben ben Sehret, fte haben
bie Dbrigfeit" u. f.m. ®er Verfiänbige aber weiß, baß
ju einem ftttlichen 3® e< * e fiele gaftoren mümirfen
müffen unb baß in Dielen gälten bie SMenfte ber freien Siebe
bem treueren SBirfen Don SlmtSperfonen überlegen ftnb.
©nblich ermähnen mir noch als Hilfsmittel ber
moralifchen ©inmirfung auf bie ©efangenen bie geifüge
Nahrung einer gut auSgemähUen Seftüre, Aber beren
Vebeutung unter Verfiänbigen fein Streit fein fann.
®aß aber aus ber glut ber Siteratur eine forgfältige
StuSroahl ju treffen unb jmar nicht nach Saune Don Un=
berufenen, fonbern unter ber Verantmortlichfeit ber be¬
rufenen Organe unb namentlich unter ©infpru<hSre<ht
beS Vertreters bet ffteligion unb ber Äonfeffion, baran
müffen mir unter allen Umfiänben fefthalten. 2Bir haben
überbieS bei bet SBahl ber Seftüre für bie Sträflinge
einen hoppelten prinzipiellen Vorbehalt ju machen. So
gemiß jt<h nachmeifen läßt, baß manchem eine ungefunbe
Seftüre jur Staffel für baS guchthauS gemotben ift,
teils baburep, baß fte ihn mit oerfehrten SebenSanf<hau=
ungen unb Derbrecherifcpen ©runbfä&en befannt gemacht
hat, teils baburch, baß ber Hang jum Sefen bie $han*
tafle einfeitig gefangen genommen unb ben Slntrieb ju
ernfier jtttlicher Arbeit in ihm gefcpmächt hat, fo gemiß
muß ben ©efangenen eine Siteratur fchlechthin oerfcploffen
bleiben, melche irgenb etmaS ftnnlich SuftegenbeS ober
ftttlich ©rfchlaffenbeS enthält ober geiflig irre führen
fönnte. Sobann gehört bie ©eftattung ber Seftüre ju
jenen VergünfUgungen, oon benen man mie Don anber*
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688
Sinfenmann,
weitigen ©enfiffen, 3 er ^ reuun 9 en u - bgL in ber Straf*
anflalt nur einen feßr btöfreten ©ebraudj machen barf
unb »orauf bie Sträflinge nid^t an fidh f$on einen Sin*
fprudh haben, ba ba« ©efängni« ein Ort be« SSergnügen«
nidßt werben foU. Slber allerbing« unter ben möglichen
SSergfinfHgungen fleht bie Slnweifung einer belehrenben
unb ©eifl unb Seele erquidenben Seltttre oben an.
SBenn bann bei manchen ©efangenen bie ©efdbmad«*
richtung erfl eine anbere werben muß, ehe er an ber
ihm gebotenen Seltfire ©efaHen finbet unb fein $erj
bem Inhalt berfeiben auffcßließt, fo gehört bie« ja }u
ben berechtigten 3n>eden ber Slnflalt unb ifl freilich in
einjetnen fällen eine üerfpätete ©rjiehung.
V.
So fehr Wir Wünfeßen, baß ber Seelforger jeben
©efangenen einzeln nach feiner ©igenart oerflehe unb
behanbte, fo nötigt un« bo<h ba« Semühen, ^iegu Sin*
leitung ju geben, rniebet ju einer Slu«f<heibung ber $n*
bioibuen nach befonberen SWerfmalen in befonbere Klaffen
ober Kategorien; benn wenn unfere Sluweifungen in ge*
meingfiltigen Säßen befielen follen, fo miiffen fie auf
©injelwefen gleicher ober ähnlidher Slrt mehr ober we*
niger gemeinfam angemenbet werben lönnen. 3a wir
fchreiben ber ©inteilung in Kategorien fo große 33ebeu*
tung ju, baß nach unfrer Slnfidht ein wefentUcher gort*
fehritt im StrafooOjug baburcß erreicht Werben wärbe,
wenn in oiel höherem ©rabe, al« e« fdhon Jeßt bergatt
ifl, bie Sträflinge nadh Kategorien in ben Slnflalten ge*
trennt werben lönnten, fo baß j. S. befferungSfäßige
©efangene nicht mit wieberholt rfidfäQtgen unb unoer*
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Ü6er (BefSngnidftttforge. 589
bejf etlichen Verbrechern unter einem 2)a$e wohnen müßten,
änbererfeitd aber fe^en mir auch ein, bajj eine ßlafft*
ftjietung, ganj abgefehen non ben örtlichen ober finan«
jieDen Sd&toierigleiten, auch triebet aud bem ©runbe
auf Sdh»ierigfeiten fiöfit, »eil niete @efe|edübetttetet
fojufagen feber eine Kategorie für ftd> bilben unb nicht
o^ne pf9$otogif$e S<h»ierigfeit neben anbern eingereiht
»erben lönnen, unb »eit überhaupt bad ©nteilungd*
brinjip nicht fo faft non ber ©attung ber Übeltaten,
fonbern ton ben Seelenjujtänben bet Übeltäter, bereu
Beurteilung eine unji$ere ifl, ju nehmen »fite.
2tu&er$alb aller Äategorie fallen für und bie un»
fdbulbig Verurteilten. Sollte bet Seelforger, »ad
ja nicht ganj unmöglich ifl, wirtlich entweber aud ben
bie Verurteilung begteitenben UmftÄnben ober aud bem
©haratter bed ©efangenen unb aud beffen moralifdjen
Beweiömitteln Itiefär bie Überjeugung gewinnen, bafi
er bie S^at, um berenttoillen er beftraft »irb, nicht
begangen, ohne bafj ihm boch ein Mittel §u@ebot fleht,
um bem Sdbidfale bed ©efangenen eine beffere SBenbung
)u geben, fo »irb er eben aud ber Situation bed Äugen*
btidd hetaud unb aud ber allgemein $rifili$en Betrag*
tung ber ®inge bie £roflgrünbe fchöpfeu mfiffen, »omit
er ben tlnglüdtichen oor bem Verjtoeifeln an menf<$*
liehet unb göttlicher ©erechtigteit fd&üfct unb bad jer*
fnidte SRoht »über aufridbtet. ©d gehört aber ein fejier
Blid unb eine fixere Sebenderfahtung baju, um bie
»irfti^ unfihulbigen non benjenigen ju unterfcheiben,
»eiche trügerifdj bem ©efängnidfeelforger bie Meinung
ton ihrer Unfchulb beijubringen bemüht jinb; unb beten
finb ed fehr riete. ®d mag ja ein fdhöner ßug bed
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660
Sinfentnann,
tnenf$li$en ^ierjenS fein, ftd6 bet ©dbmadben anjunebmen
gegen bie ©tarlen, bet Unterbrächen gegen bie Unter*
brfldfer, bet Unglüctticben gegen bie ©lüdflicben; aber eg
ifi fittlicb febr bebenllidb unb burd&auS unllug, gegen
baS red&tmäfjige ©ericbt Partei ju ergreifen für bie 33er*
urteilten. ®er Stifter ifi eg gerabe, meldber bcn ©d&ulb*
lofen gegen bie ©«bulbigen, ben ©<bma<ben gegen »er*
btedbetifd&e ©emalt unb SBiHfür, bie ©belieben gegen bie
Unebrlid&feit unb £üge ju f<bü|en oon ©ott berufen ifi
88enn nun au<b bie ©rfabtung lebrt, baf? felbfi mit
aOen bem Stifter unb ber obrigfeitUdjen ©etoalt ju gebot
fiebenben unb in 39etoegung gefegten Mitteln jur ©r*
forfebung berSBabrbeitunb jur Unterfd&eibung oon©<bulb
unb Unf<bulb nicht aller Irrtum §u oermeiben ifi, baß
alfo felbfi bie Stifter bureb falfdbe geugenauSfagen ober
bureb ein rfitfelbafteS gufammen treffen oon ©dbulbanjeigeu
ju einem irrigen Urteil gebraut toerben fönnen, fo fottte
bie* gerabe unfer eigenes Urteil über ©<bulb unb Un*
febulb eines 33erurteilten um fo oorftdbtiger ma«ben, bamit
mir ni<bt oiel größeren f£äuf<bungen unterliegen, als bie
finb, bie mir ben 9ti<btem uotmerfen. Unfere Sfuftij flebt
burd&auS nidbt fo ba, baff man ohne meitereS oermuten
bflrfte, ba§ fte etma butdb Vorurteile, falfdbe ^beorien,
ungenügenbe ©efcbftftSnormen ober ungehörige Veeinftuf*
fung oon oben ober unten oon ber richtigen Unterfd&eibung
bet ©<bulb unbttnfcbulb abgelenft mürbe. ©S iflbatum
nidbt ber ©adbtage entfprecbenb, menn ber ©effingniSgeift*
liebe ben Älagen ber ©efangenen über unfdbulbige Ser*
urteilung oorfcbneU Äonjeffionen madbt unb bie fieute
in einer gemiffen inneren Dppofttion gegen Stifter unb
9ie<btSorbnung beflärft. ©S ifi jmar ein altes natürliche*
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über ®efängui#fecIfotge.
601
Siedet ber Ungtüdflidhen, ju Hagen unb baS HJlitleib fbter
SJHtmenfdben anjurufen; unb ein gewiffeS natürliches Stecht
ber Verurteilten, über bie Stidbter ju fdhelten, Wirb ft<h
nicht aud ber ©eit Raffen taffen, Wenn man auch nicht
mehr eigene Säflerlammetn baut. So mag auch ber
©eiftlidhe bie Klagen ber Verurteilten andren, laffe fidb
aber nicht in Erörterungen mit ihnen ein, bie ju nichts
führen, unb hüte fi<h, bamit er ftch nicht burdh feine
WirHi«he ober fcbeinbare ßeichfgläubigleit in ben Äugen
ber befangenen felbft eine Vlöfje gebe. ©enn fdhon im
gewöhnlidhen ©efdbäftSleben oftmals ber Sinn für ©ahr*
heit unb ©eredhtigleit abhanben gefommen ift, fo geht
eben auf jenem ©ege ber StedbtSloftgleit unb ©ewiffeu*
lofigfeit, ber jur Strafanflalt führt, nodh toiel mehr bie
ErlenntniS ber ©ahrheit unb ber Vffid&t oerloren; man
bellagt ft<h über bie Sofien, toeil jie bie ©ahrheit
auSfagen, Währenb man jut eigenen Verteibigung 2Rein=
eibe oon ben 3 eu 0 cn forbert. SDtan Hagt über hartes
Urteil ber Stühter, ohne bafj man an Schaben unb Schmerj
beult, ben man burch eine unredhte Xhat anberen bereitet.
»Ifo ifl falfche ©eidhherjigleit nidht am Ißlafce; bie wir!«
lieh Unfdhulbigen werben nidht barunter leiben, wenn man
fidb von fetbflgeredhten Sträflingen nidht ine madben lägt,
„©er redht behalten will unb h at nur eine 3 un 0*/
behält’d gewifi."
ferner fdbliefjen Wir bon unferen SträflingSHaffen
aus bie §u lurjjeitigen Strafen Verurteilten.
ES liegt oiel ©ahreS in ber Ausführung bei 3alob*,
wornadh lurjjeitige ©efängniSjtrafen in ber Siegel mehr
fdbaben als nüfcen ‘), namentlich Wenn leine AuSfdbeibung
1) 2>ie iBeffexung bc« $erbced)et< m. @. 48 f.
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592
Sinfentnann,
jlattftnbetjtoifchen ehrlofen Delinquenten unb folgen übet«
tretern, toeld^e teebet bet bürgerlichen noch bet gefeD«
fd)aftli<hen &)te bisher »ertuflig teaten unb bie etfi burch
ein »etfehlteS Straffpftem in ben Gegriffen non ©pte
unb Schanbe teanfenb gemacht »erben. gnbeffen möchten
toit getabe ben ißunlt bet ©pre nicht p fiatl betonen,
ober »ielmeht gehört eS ju ben berechtigten gmeefen
bet Strafe, bah fte mit ünehte ober ©inbuhe an bet
©pre »erbuuben fei Stile ©rfafcmütel für ©efängnisftrafe
lönnen ein Element bet Vefchämung non fiep audh nicht
abflreifen, am teenigflen bie fo oft empfohlene lörpetliche
gücptigung. ©3 ift ein gehler im SftegierungSfpflem ober
in bet motalifchen 2Bertfchä|ung bet firafbaren Saaten,
teenn bie im Flamen bet jlaatlichen Stuftorität »erhängte
Strafe bie ©pre unberührt lägt ober gar noch eine ©loti«
filation beS SBefiraften jut golge pat. ga man fönnte
fagen, baff bei furjjeitigen Strafen getabe bie $aupt*
teithing im ©prenpunft ju erbliden fei unb bah int
übrigen bet SBefferungSjteecf »iel ju feht in ben #intergrunb
trete, als bah etfi »on bem langfamen ©intoirlen beS
SeelforgerS im Verein mit ben fonjiigen VejferungS«
mittein bet ©rfolg bet Strafe abhängig teäre. SBit
fcheiben alfo bie tutjjeilig Verurteilten »on unfetet Älafftfi«
lation auS, teeil auf fte bie ©efattgenenfeelforge nicht ihren
fpejiftfcpen ©influh auSfibt ga toit lönnen uns ben gatt
benfen, bah eS beffet in fütlicher^inftcpt wirft, eine@efäng*
niSflrafe in bet gelle eines VejirfSgefängniffeS abbühen ju
taffen, obgleich hier bie Teilnahme am regelmähigen @ot*
teSbienfl unb bet eigentliche pafioteüe Vefucp auSgefcploffen
ifl, als in einet Strafanflalt mit ihren obligatotifchen Veffe«
rungSeinriChtungen unb ihrer ftttlichen StaftecfungSgefahr.
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698
ftoet flkfBngnäfettforge.
©ollen nun einjelne Äategorten bon Strafgefangenen
nach beit für bie ©eelforge mafjgebenben GeftChtSpuulten
nähet bejeiChnet werben, fo bilben bie jajjlteidjfte unb
für beu ©efängniSfeelforget wichtig jle Älajfe bie Übel«
t$äter aus 91 ff eft, häufig mit einem nicht glfidliChen
SJuSbrud „®elegen$eit$berbre$er" genannt. @$ fxnb
8eute, toeld&e eine »ethängnisnolle S^at begangen, ohne
baß eine ^abitueQe Smmoralität ber ©eflnnung ihr jtt
®runb läge, bielmehr infolge eineraugenblidlühenfChWeren
SUnteijung unb ©inwirlungbon außen, toobutd>eine SBaHung
ber SeibenfChaft erregt worben. Sie hie* »ornetymlid?
in 93etra<bt fommenben äffelte ftnb gorn, gurcht, Scham
ober finnliChe Sufi. SKan hat fuh fo jiemliCh geeinigt
über eine berhältniSmäfjigmilbeVeurteilung foltf)er Saaten
unb ihrer Urheber; man betrautet meiff biefenigen nicht
als f«hielte SRenfChen, welche ftarler SCffefte fähig finb
unb Weiche nur unter bem ©inbrud fiarfer äußerer SUdje
unb lodenbet Gelegenheit ju einer BteCbtSberlefcung fort-
geriffen werben. SRan finbet jwar baS einemal wilbe
Triebe unb Stoheit, §. V.bei flörperbetlefcungen, einanber«
mal ©igennufc, bann wieber unberechtigte ©elbfihilfe,
fegt aber nicht bie gemeine VbfiCht, bie man ft<h fonfi
mit greoelthaten oerbunben beult, oorauS. überhaupt
nimmt man an, ba§ bei folgen Übeltätern bie beffere
©inftcht halb jurfid unb bie Steue einlehrt, bem heftigen
Slffefte ein ©egenfchlag nachfolgt unb auch bie 8lbfi$t
ni<ht fehlt, baS begangene Unrecht ungesehen ober gut
gu machen.
Siefen Stegungen unb Stimmungen im Verbrechet
aus Sffelt mfifjte nun auCh ber ©trafboDjug unb bie
feelforgerliChe Vehanblung entgegenlommen; gefährlich
Vital. DuartatWrtft 1890. ^eft IV. 38
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694
Sinfcnmann,
bagegen »äre eine Strafe, »eiche oielmebr bie guten
Stegungen unterbrächen unb abfiumpfen müfjte, unb eS
bitbet gerabe ben fdjwerfien Sßortourf gegen bie tnobemen
©trafanflalten, bafj ©efangene, bie jur 3«it ihre« @in=
tritt« ber Steue unb ben belferen Stegungen jugänglicb
»aren, in §olge ihrer Strafhaft fchlimmer »erben unb
fpäter at« StücffäHige unb Unoerbeff erliche jurücffebren.
2Bir hönnen nun jugeben, ba« gerabe für eine Piaffe non
reumütigen Übeltätern bie ©efängnisjtrafe überhaupt
unb namentlich bie ©efellfcbaft non ftttlich tiefer fiebenben
Sträflingen moratifch nachteilig »irht, foroie bafj no<b
äufjere Umflänbe, »eite ber ©ntlaffung au« bem Straf=
orte nacbfolgen unb bie bürgerliche ©piflenj erf<h»eren,
babei fcbäbigenb mittoirhen unb Stüdfäüe »erurfachen.
3tber »ir müffen hoch gegen tooreilige Schluf)folger=
ungen au« ben genannten SSotau«fe$ungen bejügtit ber
„Verbrecher au« affeht" Verwahrung einlegen. Sie Seute,
oon benen »ir reben, ^aben eben bo<b — menftlit unb
tbeologifch gefprochen — eine fdjtoere ©<hulb auf fi<b
geloben, unb man fönnte nicht« Schlimmere« tbun, al«
ihnen bie ©$ulb baburch abnebmen §u »ollen, baff man
ba« Veroujjtfein be« begangenen tturecht« in ihnen ab:
f<b»ä<bte. ©leicbwie ein grünbliche« Sütcbenbetoufjtfein
ben Anfang »obrer Vufje für jeben ©ünber machen mufj,
fo lann auch beim Strafgefangenen »obre Vufje erft ba
beginnen, »o er fi<h in tieffter Seele feiner Verfehlung
be»u|t »irb, tro§ aller „milbernben Umftänbe." Senn
e« bonbeit fi<b bo<h bei hrimineü ftrafbaren |>anbtungen
nicht um rein momentane 3etftreuung, um au«btü<he
einer blofjen Saune be« Temperamente« unb um hinbifchen
SOtutwiHen, fonbern um Traten, ju benen ein SBiHen«*
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Über QtfSngniSfttlforgc. 59&
entfchlufj unb eine Überwinbung bet bejferen Stegungen
im Innern gehört unb bie boch mehr ober weniger in
bem ftttlicben ©ntWicflungSgang ihres Urhebers eine Vor=
geeichte haben, ^haten beS 3ornS jtnb innerlich »orbe«
reitet bur<b @h r 9 e ‘i aber ©iferfucpt; Verbrechen aus falber
©cham beuten auf frühere SDtifjgriffe, beten man |i<h fchämen
mufi; 3ungenfünben im Vugenblid ber Aufregung, 3 . V.
Ootteöläfterung, SDlajeflätSbeleibigung betraten frühere
böfe ©ebanlen. „®er Söetn erfinbet nichts, er fchwafct
blofj auS. * Unb Wer bei einer befonberS lodenben „®elegen=
heit" einen unftitlichen Singriff macht, ift fchwerlich bis
gu biefer ©tunbe unfchulbig gewefen. SDie fieute, bie in
ihren SSaüungen fi<h bis gum Verbrechen fortreifien liefjen,
erleiben aüerbingS noch aiel taffere SBaüungen ber Steue
unb VetrübniS über ihre Schalen; aber von ba bis gut
Vefferung ift noch ein weiter Schritt. 2>ie fanguinifchen
Temperamente wollen gefront fein bis gur Vergftrtelung,
eS foB alles mit bem „guten bergen" entfeputbigt werben,
hierauf hat nun ber ©eelforger aüetbingS gu achten; eS
hat jeber oon ben ©anguinifern eine gugänglicpe ©eite,
an bie man fi<h Wirb menben lönnen; aber man fteHe
ft<h bie fittliche SHrbeit an biefen Seelen nur nicht leicht
oor unb oerfaDe nicht in eine weichliche ©mpfinbfamfeit. —
SttS gweite Ätaffe reihen wir an bie Verbrecher
auS falfchen fittli$en änfepauungen. SBir
meinen bamit nicht bie Verbrecher aus „moralifdjem 3rr=
finn," bei Welchen nach ber VorauSfefcung mehrerer neuerer
ißfbcpologen leine moralifche Verantwortlichleit ange«
nommen werben bürfte, weil ben Tpätern ber Sinn für
bie Unerlaubtheit einer bejlimmten ^anblungSweife ebenfo
gefehlt, wie etwa bem garbenblinben bie gä^igleit für
38*
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596
Stofemnann,
Untertreibung bePimmter färben. 2)ie Untetfurung bet
tbeoretifcben fftage über bie SRöglirieit biefeS moralipben
3rrpnnS taffen toir bi« ebenfo bei Seite liegen, »ie
bie ©rörterung ge»iffer Seelenßörungen, »ett&e §u »er*
bre<betifren Späten führen, toie $. 8. IranfbafteS $ehn=
toeb gutoeilen 8ranbßiftung ^erbetgefil^rt b at -
SBir buben »ielmebr S^buten im Sluge, tnelcbe an
pr unbejiritten bem gemeinen StertSbewußtfein »iber=
fpreren, aber unter befonberen )>oliHfdben ober fojialen
guflänben als 3tfte einer auSnabmStoeife erlaubten Selbft;
bilfe ober eines opfermutigen Heroismus angefeben »erben
mörten. S)ie falfren Sterißoorßellungen entheben unter
bem ©inPuß abnormer 8erbältniffe, aufgelßßet politipb«
Drbnung unb namentlir einer toerfübrerifren Siteratur.
hieraus erltären pr manre 8orlommnifle bei StufPänben,
}. 8. 8rotlra»alIe mit ißlfinbetung unb 3«Pötung ftem*
ben @uteS, Stareafte oon Solbaten an mißliebigen 8or=
gefegten, 8luttbaten oon SBilbbieben unb @r»tugglern,
bie bebenlltre Stomanti! beS 8rigantentumS, bie ©lori=
pfation ber ÄöntgSmßrber, ©efraubation an Staats* unb
©emeingut, %b a * en & e i benen oft fr »er ju fagen ip,
ob bie 3tuede ober bie ju ©roirung betreiben ange*
»enbeten SDUttel oettoerflirer feien. SBir »otten uns bi«
aur nirt mit bet ©epnition beS „politißben SerbreTetS"
abgeben unb »iPen ja ganj »obl, baß nirt iebet, ber
im Kampfe um politipbe ober ftrdbti^e Sterte ber pürieren
@e»alt unterliegt unb feinen SBiberpanb im ©efängnis
büßt, ein fibeltbüter iP. 9Bir reben nur toon foiren,
»eire pr jur ©trekbung ihrer ßtoede SPittel erlaubt
haben, »e^e oom menfrtir« unb göttlüben Stert oer*
boten pnb. ®et eigentliren Strafgerertigfeit pßegen
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Über Oefäitgniäftelforge.
597
meift nic^t bie Verführer, fonbern bie Verführten ju net«
fallen, teils toetl bie motalifchen Urheber ber unfeligen
^aien norjtdhiig genug bem 9lrm ber berechtigleü auS=
gewichen ftnb, teils aber auch »eil bie f$le$t beratenen
Verführten in ihrer £eibenf$aft ft<b ju Saaten hinteren
ließen, bie in ber Stbfuht ber führet nicht gelegen waren.
SBenn nun freilich bie NecßtSbegriffe im weiteren UmfreiS
nerwirrt unb wenn bie gelben ber gewalttätigen belbjb
bilfe non ber öffentlichen Meinung emporgehoben unb
gefeiert toerben, ba wirb ber beelforger an ben befangenen
auch nicht leichtere Slrbeit haben als an ben freien, unb
muß außer ber bnabe botteS bas meifte non bem er«
nüchternben ©influß ber 3«it unb ber ©reignijfe ertnarten.
©ine britte klaffe bilben Verbrecher aus $ilf=
lofigfeit unb $eimatlofigleit fieute,biefojufagen
auf ber ©traße geboren, mit erbetteltem ober unehrlich
erworbenem Vrobe auferjogen Worben, benen ftdh nie
ber Triebe unb baS ©tiid einer frönen $eimat geoffen«
hart hat unb beren Seben non Jtinbheit tyx ein fleteS
^ungern unb Ningen nach ben unerreichbaren greuben
unb benilffen ber glüdlidheren SWitmenfehen gewefen!
bie finb ju Verbrechern geworben; aber niemanb ner«
mag eS ju ermejfen, was man }unor an ihnen oerbtodhen
hat. SBenn überhaupt eine Älajfe non Verbrechern, fo
nerbient biefe unfer ÜJtitleib, unb nielleidht ftnbet fie eS
nur beSwegen fo wenig. Weil bie bünjtlinge beS blücfS
eS nicht Wiffen, wie eS ben Verladenen unb Vetfloßenen
ju fDZute ijl Namentlich nerfteht man nodh ;u Wenig
jenes bunfle beheimniS ber natürlichen ißräbeßination,
womadh bie böfen Späten ber Väter als Naturanlagen
ber ßinber nadhwirlen. Ntan lann auch an gäHe non
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598
Shifeiunann,
aDmä$K$er Verarmung burCh verriebene ©ChidfalSfChläge
mit ober ohne ©Chulb uttb an bie baburCh herbeigeführte
moratifche Sefolation beulen, tvorauS bann 2Rte einer
verjtoeifelten ©etbfi^tlfe entspringen. aber fo lange bie
ftttli$e Orbnung befielt, bleibt ©ünbe ©ünbe, unb Ver=
bre<ben bleibt Verbrechen; (eine Obrigfeit (ann aufhöreu,
ju befhafen, too ein Verbrechen begangen tvirb. GS
fleht leineStvegS fo, bafj in ber ^ilfloftgleit eine 3Crt
non moralifcher Nötigung jum Verbrechen begrünbet
toäre. Sie tvenigflen Verbrechen toiber frembeS Gigen*
tum gefaben aus Vrrnut unbSRot, unb bie eigentlichen
•Kotbiebftäle ftnb feiten oon erheblichem Vetrag; man
ftielt ober veruntreut nicht, um ben junger ju fliüen,
fonbem um bie ©elbgier, bie Güelleit, bie ©tanbe8=
hoffart ju befriebigen. ©obann ift nicht }u überfeben,
wie vieles auf aßen ©eiten gefehlt, um ben Strmen,
Verlaffenen unb^eimatlofen eine menfChentvürbige Giften)
ju bereiten, fte in ben Äreis beS ehrlichen bürgerlichen
Sehens unb GrtverbenS h^cinpjiehen unb ihnen ihren
3nteil an ben ffreuben unb lohnenberen ©orgen beS
ßebenS }u getvühcen; bie einen laffen ftch jiehen, bie
anberen nicht. Siejenigen, bie tvirlliih bis jum Ver=
brechen (ommen, haben ft<h juvor ber Iiebenben Vor»
forge ihrer ÜWitmenfChen freventlich endogen, haben ihre
vermeintliche ©elbftänbigleit unb Freiheit einem georb*
neten Sehen in 3u<ht unb ©ehotfam vorge}ogen, fte ftnb
heimatlos tvegen beS non serviam ! Unb tvaS (ann nun,
wenn fte Verbrecher getvorben ftnb, mit ihnen gefChehen?
2BaS man ihnen bieten (ann, hat man ihnen früher auch
geboten, unb fte haben es nicht angenommen; tver aber
in guten fahren ft<h nicht eine SebenSfleHung verschaffen
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599
Ö6et ©«fängniSteelforge.
unb an treue Berufsarbeit getoöbnen mochte, bem toirb
man Luft unb ©efchid baju auch nicht im 3u<btbauS
beibringen. ®ie meiften Angehörigen bieferÄlaffe toer=
ben uns unten bei ben Unverbefferlichen tvieber begegnen.
Sffiirb es toohl geftattet fein, aus benBerbre^ern
aus „befferen (höheren) ©tänben" einebefonbete
Älaffe }u machen? Bon befferen ©tänben fann man,
ohne ungerecht )u fein, in bem ©inne reben, bafj in
benfelben bur$ forgfältigere ©rjiehung unb befferen
Unterricht, bur<b ©etvöhnung an b^uStid^e Sucht unb
ftrengere ©Ute unb burch Dichtung beS ©eifleS unb
©inneS auf fytyext ibealere Lebensziele eine tvitllid&e
Bornebmbeit bet ©eftnnung unb LebenSorbnung erftrebt
unb erreicht toirb, im Unterfchieb von ber grofjen SJlenge
berer, toeldje im batten Aampf mit ber Bot beS täg¬
lichen Lebens burch bie taube Arbeit auch an rohere
Lebensformen unb LebenSgenfiffe getoöbnt toorben. ©ine
folche Bornebmbeit ift teineStoegS an bie höheren ©tänbe
im ©inne ber alten Artfiolratie gebunben; ein Unter«
fchieb aber jtoif$en ben im guten ©inne vornehmen unb
ben toeniget vornehmen Älaffen bat immer befianben,
unb es ift nicht biefeS Orts, bie fogiale Orbnung ober
bie Borfebung barüber jur Bebe ju (teilen, toarum unb
um tvelcher Berbienfte toiHen es folche beffere Älaffen
ober Familien gebe.
SBenn nun ein Angehöriger aus ben höheren Älaffen
{ich einer gerichtlich ftrafbaren $anblung fchutbig ma$t,
fo fleht }toar im allgemeinen bieBermutung bafür, bafj
er moralifch ftrenger }u beurteilen fei als ©efefceSüber«
tretet aus ben nieberen ©tänben, toeil bei jenem viele
Beige unb Berfuchungen, an benen Angehörige ber un=
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600
Sinfemnanit,
gebitbeten, toteren ober Ärmeren Älaffen ftrau<hetn, ganj
ober großenteils Wegfällen, wAhrenb bie ©(ßubmittel
ber Stogenb unb bie SBebingungen eines menfdbenwüts
bigen unb jufriebenen $>afeinS ret^li^er »orhauben futb.
SBer bejfenungeadfjtet auf bie Stufe beS Verbre<henS
herabfinlt, muß eS fi<h gefallen laffen ju böten: cor-
rupiio optimi pessima.
allein ber Unterf<hieb bet ©tAnbe mafit nid^t auch
jugleidß bie Staturen ber SOtenfdhen »erf«hieben; er berührt
meßr nur ben Äußern SebenSfianb, ni<ßt aber ebenfo beu
inneren SRenfc&en, ber unter jeher ©onne unb unter jeber
VilbungSfphAre bie gleiten jtUli$en ÄArnpfe unb an*
fe«btüngen ju befielen bat, bötbßenS baß bie gtößete
SBoblbabenbeit ober bie »orteilhafte gefettf^aftlkhe
Stellung eine Vefriebigung ober einen SuSbruib ber
£eibenf<ßaft ermöglicht, melier ni«ht unmittelbar mit bem
©trafgefe$bu<b in Äonflilt lommt. ®aju fommt aber,
baß jeber ©tanb unb jebe ©erufsftettung au<h toieber
ganj eigenartige ftttlicbe Snforberungen unb Snfe^tungen
mit fuh bringt. ®ie guten SCage felbft haben ihre $tage.
3Ran benle nur baran, toeld&e toirflkbe ober eingebilbete
ißfti<htea bie ©tanbeSreprAfentation mit fuß führt, toie
aus ber ©tanbeSpfli<ht ein ©tanbeSborurteil, aus bem
Vorurteil eine Seibenßßaft unb aus ber ßeibenßßaft ein
freuet entspringt. 9Bir motten gar ni«ht oon ben gAtten
reben, tno ein bur«h ®IM unb @unfi ^oöhgeüettter ber
ihm anoertrauten Aufgabe nußt gema<hfen iß unb toegen
bienftti^er Verfehlungen jur geri«htli«hen Veranltoort«
tühleit gezogen mitb, $. V. toegen ©efAhtbung beS ßebeni
ber ihm unterteilten arbeitet, ©olbaten, Patienten u. bgl.
aus anberen ©riinben oecfAttl mattier, ber befere üage
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Übet CPefclngttiSfeelforge.
0GL
gefeben unb beffen $äaben man nicht bie Sputen fernerer
Arbeit anftebt, bem Strafrichter, tjieltcidbt »eil ben fiujuS*
anfprüchen beS oornebmeren ©ianbeS bie ©aben beS
©lüdS ober auch bas Xalent be$ ©twerbenS nid^t ent«
fprocpen, ganj abgefepen ton gewiffen unootbergefebenen
©reigniffen, welche ben SBoblftanb einer fjamilie et«
füttern unb j. 93. einen ßaffenbeamten §u Sernntreu*
ungen öerleiten. SRan foH folgen ßeuten baS SRitleib,
welches man anbeten Übertretern Wibmet, auch nicht ent«
Sieben, unb bann gilt für fte baS non bis in idem,
fie foQen nicht hoppelt gefitaft »erben. ©3 lägt ft<b
nicht oermetben, ba| folcpe ©efangene jeben einzelnen
£eil beö StrafooHjug# hoppelt fdjtoer empfinben als
härtere Staturen — nur bafs mit bie barteten Statuten
ni<bt überall nur in ben niebeten Stänbenfucben bütfen —;
aber aus bemfelben ©runbe möchten toit eine Ausgleich«
ung im Straffpjtem ju guniien bet „befferen Stäube"
befürworten, namentlich bamit ein Stefi oon ©bte nnb
Schamgefühl in ben Seftraften gefront unb bie beffete
Statut nicht bis auf ben lefeten Heim jerbrüdt werbe.
©3 iji auch fonfi in bet chtifllüben Sucht nicht richtig
gebanbelt, ben Sögling fo bis in ben Staub ju etnie«
btigen unb ju bemütigen, bah ihm aller SJtut unb aHeS
©etbftoertranen unb aller eigene SBiHe Oerloren gebt
Stamentlich aber bei bet befagten Älajfe oon ©efangenen
muh bet ©brenpunft ben Anhalt bieten für bie weitere
©inwirfung im Sinne ber moralifchen Stettung. —
©ejüglichberÄlaffeber jugenbli<beu93erbre<bet
bef$rän!en Wir uns für bieSmal, einige Stoti)en aus
einem ungebrudten ©erichte mitjuteilen, ben im 3.1854
ber ^anSgeifUicpe einer Strafanßalt für jugenbliche ©et«
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Sinjenmann,
brecber an ba8 bif<böfli<be Drbinariat in Sftottenburg er*
fiattel bat @8 befanben ft<h bamals in ber Snflatt
unter 128 Knaben unb 22 SRübdhen 25 Äuaben unb
5 SJtäbcben fatholifcber Äonfeffton, welche nach ihrer ntota»
lifchen SBürbigung fo ttafftfijiert »erben: StüdfäHige 12
in biefem 3ahr, glimme 6, zweifelhafte 5, Hoffnung auf
Sejferung »erfprecbenbe 4, gebelferte unb nicht gan) mora»
Iif<b gefunlene 3, gute 4. Ser Sericht rebet nun vor»
berrföenb non £anbjtreid>em unb Settfcrn, non benen
ei aber hfi&t, bafs fte ftch in ber Slnfialt unb unter
i^ren unglfldlichen Sewohnern fo halb alflimatiftert haben.
„$fitten fte nur nie biefe Snftalt gefehen unb »tirben
fte bur<b gfitforge in ben betreffenben ©emeinben oor
ihr bewahrt ober bahin, wohin alle fol^e »erwahrlofie
flinber gehören, gebracht worben fein, nemltd) in SÄettung«*
häufer! Sie Sermiföung folget Settier, alfo folget
jungen ßeute, bie nicht ohne ^Ufc Slnberer ihre not»
wenbigfien Sebürfniffe befriebigen lönnen, mit einer gang
anberen Kategorie non Leuten, ber Siebe nämlich, hat
feine tiefeingreifenben SRachteile. Siefe gemeinfame ha ft
wedt fdhneüere Sertraulichleit, Weil bie inhaftierten ftd&
al$ ©<hidfal8* unb fieibenSgenoffen betrachten, unb ifl
für fte nur eine ©etegenheit, fi$ gegenfeitig ju unter»
rieten, unb tötet ba£ @b*0*fähl/ wa8 oft fd&on auf bem
SBege in biefe ©trafanfialt gefdhieht Senn biefe 10,11,
12 j&htigen Äinber werben bur<h baö ganje Sanb tranS»
portiert, fte lommen oon ©efängniS ju ©efängni«, werben
behanbelt gleich ben Sieben, unb nun frage ich: auf
Welche ©runbfüfce ber humanität unb ißäbagogil ifl ein
fol$e8 Serfahren begrünbet?" SBühtenb nach ber ©r*
fahrung be$ SerichterfiatterS »ieleS f<hon in ben Sejirlö»
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Übet (Hcffingnttfttlforgt. 603
gefängniffen unb bann crfi in bet ©trafanftalt felbfl bem
beabjtchtigten 9lettung«jtoecle birelt entgegentoirlt, fehlt
e« bet fittliCh religiösen Einroirtung auf biefe Unglück
licken an bem testen gunbament, unb ba bet Aufent¬
halt in bet Anwalt ein turjer ju fein pflegt, fo lann
mit ben Seuten, bie oft taum lefen unb föteiben lönnen
unb laum bie erften Anfang«grünbe bet SftetigionSlennt»
niffe befi^en, nicht« Anbauernbe« geleiflet »erben. „®e*
»iß bürfte ein »eit glfidliCberer Erfolg ju erttarten fein,
»enn bie milbe gütforge be« Staates bie großen mate»
riellen Opfer, bie für berartige ©ubjelte in ben ©traf*
anfialten gebraut »erben, $ftettung«anflalten julommen
unb bie UnglüdliCben bort ihre Unterlauft finben ließe."
An biefem VeriCbte bleibt Biele« auch beute nod> bebet»
jigen«»ert, obgleich ftd> manche« jum beffeten getoenbet
bat unb namentlich bie Unterbringung non oer»abtlo«ten
Pinbern in Aettungäanflalten ermöglicht ift. Seiber nicht
jum Vefferen getoenbet bat ft<b bie 3abl bet jugenblichen
Verbrecher unb bie Qualität ihrer Vergebungen. IS«
ftnb leibet fchon Bielfadh eigentliche Verbrechen, »eiche
ju fübnen finb, unb e« »äre bo<b auch bie grage, ob
man Erjiebung«anftalten für Ver»abrlo«te burCh Auf»
nähme fo fChlimmer Elemente ju .SuChtbäufern machen
bärfte. Da« le|te ffiort ifi bieräber noch nicht gefproChen. —
Unb nun bie Piaffe ber 91 Acffälligen! Da« ifi
ein fchlimme« SBieberfeben, an »elchem bie böfen Enget
ihre greube haben, »enn ein früherer ©träfling auf« neue
im Prei« ber im ®efängni« Eingebürgerten unb Bor ben
AnfialtSbeamten erfCheint. Alfo babin ifi e« gelommen
mit allen guten Sorten unb Vorfähen, nitbt et»a bloß
ju polijeiUChen Übertretungen, bie au« Übereilung unb
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604
ßhtjenmano,
geichtfln» gefcheljen, fonbern jurn erneute« Verbrechen!
2 )et 9ftücffäl(ige wirb nun au$ ingufunft ft<h nur foweit
beS ©Öfen enthalten, als ihm bie SJlacpt ober belegenbeit
fehlt, es }u thun. 2Bir oerflehen hier unter SRücffaH nicht
bloß eine gweite $bat berfelben 9trt toie bie erfle, fonbern
überhaupt bie balbige Stüdlebr eines ^Delinquenten oor bie
©chranfen beS bericptS, toennau<h wegen eines Verbrechens
anberer Vrt. S)o<h Wir wollen hier bie Vegriffe oon
btüäfafl unb oon bewohnbeitsoerbrecßern nicht
weiter jergliebern. Sicher ifl, baß auS ben Stegen Oer
SRüdffittigen fiep bie Älaffe ber gewerbsmäßigen Ver=
brechet füllt. $ier eröffnen fich uns nun aüetbingS
©nbticfe in bie bunfelflen SDtpflerien beS SRenfd&enlebenS.
fjuerfl baS fiafler, bann baS Verbrechen. ®ie #aupt*
quellen, auS benen baS gewerbsmäßige Verbrechertum
entfpringt, ftnb fcpon früher genannt: 2trbeü3f<heu, 3)tiißig=
gang, ßeben auf Äoften unb oon ber Strbeit anberer,
Stfotie unb SßoholiSmuS, Sanbflteichetei niebriger ober
oornehmerer 2trt, Vettelei, ©tromertum, gewiffe ©orten
oon Äolportage, $afarbfpiel, bann ©roflitution unb Äup=
pelei, S)ienftleiftungen in fchlimmen Käufern, oerrufenen
©ajlhöfe«. £ier ifl nun burchfcbnittlicp anjunebmen, baß
bie ©trafanflalt auf ben Stofprucp, VefferungSanflalt ju
fein, oet|i$ten unb baß fte eS anberen Mächten über»
laffen muß, bie befangenen, wenn nicht für biefeS, fo
bodh für baS anbere Sehen ju retten.
3 um wenigflen aber muß geforbert werben, baß
nUht erflmalS Veflrafte ober VeffetungSfähige mit ben
gewerbsmäßigen Verbrechern jufammengefperrt wetben.
®S ifl geringe Hoffnung, baß bie erfleren an ben Unteren
ein abfchredenbeS Veifpiel nehmen; mag auch im Anfang
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über dkfftrtgnilfeeliorge. 606
ihnen ein moraltf$et <SfeI aufjteigen, fo f$u>ä<ht bo$
bie fiebenögemeinfchaft mit benfelben halb ben Stbfcheu
ab unb man ftnbet am ©nbe bie fchlechtefte ©efefifchaft
helfet alb feine. 55>ie Stauet, bet 3ammet, bie Ätag*
haben ihre 3eit, jte ffinnen nid^t immet bauern, unb
tuet bie Srauetnben getjlteut, interefftcrt, belufHgt, bet
getoinnt fte. SBenn fobann bie ©tunboerborbenen auch
md>t mehr in anbetet SEBeife ihre Seibenfchaft beftiebigen
fönnen, fo bereitet ei ihnen hoch eine ©enugthuung, ben
inneten Unrat ihrer Seele auf anbete auögufprifcen,
ben ©lauben unb bie finbliche Meinung berfelben gu
nethöhnen, bie anberen entweber in ihrer Seele gu quälen
ober ihre Dhren mit lüfternen ©orten gu ligeln unb fle
moralifth gu »erführen; babei gibt ei namentlich eine
Äunft, anbete ungufrieben gu machen, aufgutoiegeln, mit
$afj unb ©roH gegen weltliche unb geijtliche Dbriglett
gu erfüllen, gu Unbotmäfjigleit, SEBiberflanb unb Äonfipl*
ration gu teigen, inbem bie geriebenen ©auner ben biöh**
noch weniger Verbotenen bie entpftnblichen Seiten ab«
lauf$en. dagegen hilft »un teilweife bie ^folierhaft;
nur barf man ni<ht glauben, bah bei ben gang unb gat
»erbotenen Leuten bie tlnmöglichleit, ihre £etbenf<haft
butch Verführung anbetet gu beftiebigen, nun ein Äuf*
hören bet 8eibenf<haft felbfi bebeute; §afj unb ©toll,
namentlich 9teligion«hu6/ innerer ©iberftanb gegen meufch«
li<he ©üte unb göttliche ©nabe folgen benfelben auch in
bie einfame $eBe nach- ©a bleibt bann für bie Seel«
fotge nur ba« ©arten auf einen ©ag, an welchem oieBeidht
©otteö befonbete $eimfu<hung noch einmal bie Sache in
bie $anb nimmt —
3 u folgen $eimfudhungen — unb bamit lommen
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606
fimftmnann,
mit ju einer lebten Äategorie — gehört Aranfbeit unb
baS aUmä^Ii^eHinfletben; bei ben Äranfen unb86=
jebtenben tbutfi<b für benSeelforger no<b einmal eine
Hoffnung auf. 3“ ben Sbjebrenben regnen mir au<b bie
lebenslänglich 33 etur teilten, bie fonfi mobl au<b
eine Älaffe für ft<b auSmaiben, )u ben Äranfen bie Que«
rulauten, benen mir b* ft nu<b nicht eine befoubere
Sufmerffamfeit {Renten fönnen. Sieben ben Querulanten
fieben bie Simulanten, bie mir oon ben eigentlich
Äranfen auSfcbeiben mfifjten. Stun barf aber mobl gefagt
merben, bafj unfere humanen @inri<btungen baS Statur«
reibt beS ünglücfli^en, bie Alage, in feiner SBeife »et«
ffirjen, unb menn bie ©efangenen jum ©eiftlichen ihre
Sufluchi nehmen, um bur<b ihn ihre Älagen anjubringen,
fo mirb berfelbe fein Dbr ihnen ni<bt oerfchliefeen; be«
reibtigte Älagen oon UnmutSauSbrüchen }u Unterseiten,
mirb bem erfahrenen Seelenarjt ebenfo leiiht merben, mie
bem Srjte bie SluSfcheibung ber mirflidj Äranfen bon
ben Simulanten.
Die Aranfbeit als foM&e ma<bt ben SJtenSen hilf 1
los, ja in einem gemijfen ©rabe miQenloS unb )um be*
fonberen ©egenfianb müleibiger gürforge; eS gilt für
unmürbig, einem Äranfen ©emalt anjutbun, feine hilflofe
Sage ju fremben 3®eifen auSpnü|en. ÜJlögen auch in
früheren 3eüen bie graufamfien förderlichen Strafen ange*
menbet morben fein, SJerjlümmetungen »erfcbiebener ®rt,
auSgefuchte Aerferqualen, Hunger, mörberifthe SRoberluft
in ben SBurggemölben, aber abfubtlicbe Herbeiführung
eines bauemben ÄranfheitSjuftanbeS galt bodb nicht als
juläfftg. Vielmehr ftnb Aranfe überall ©egenfianb he«
fonberer Teilnahme, auch menn jte ihre Aranfbeit felbfi
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607
Ükt (SefängniSjeelfotge.
oerfchulbet fabelt feilten, we«halb bie Ätanlen aud> in
ben Strafanftalten ttafpruch auf bie entfprechenbe pflege
im leiblichen unb geifUidjeu Sinne haben. Sticht al« ob
nun bie Äranfheit als foldje auch fc^on ben SWenfdhen
weich, ergeben unb buhfertig machte; aber ba« Äranfen=
bett ifi hoch bie Stätte, wo menfölidje Siebe wiebet al«
fold^e empfunben unb erfahren Wirb. 3n einer größeren
Strafanjialt, namentlich mit befangenen non längerer
Strafbauer, wirb e« immer einen jiemlich fiarten ißro*
jentfafc non Äranlen geben. S)a« Vorleben nieler non
ihnen hat jerriittenb auf Äraft unb ©efunbheit gewirft,
bei bem einen Slrmut unb Entbehrung, bei bem anbern
luäfdhWeifung unb Ueberreijung bet Sinne unb flräfte;
bie Seibenfchaft fleht überhaupt nicht auf gutem gufj mit
bet ^pgiene; bie dualen Seihe« unb bet Seele, bie non
Verbrechen, Urteil unb Strafe unjertrennlich jtnb, jehren
am 3Jiarl be« Sehen«, unb alle humane gürfotge oer*
mag nicht au« einem 3«<hthau« ein Sanatorium ju machen;
höchflen« in bem Sinne, bah ba« Slufhören ber Slu«»
fchweifung, bie jlrenge Siegelung ber Seben«weife, bie
genägenbe Ernährung u. f. W. auf manchen wohltätig
einwirlt. Eine Älaffe oon Slbjehtenben entfteht ohnehin
au« ben Seben«längli<hen, für Welche ftdh nur in ganj
aufeerorbentlichen fällen oon Vegnabigung ein anberer
SBeg au« bem ©efängni« al« ber }um ©rabe aufthut.
Slun wollen wir gerne glauben, bah jeher oon ihnen
bo$ noch lieber in greiheit, Wenn auch im Elenb, fterben
möchte al« im 3u<hthau«; ein entfefclicbere« Enbe be«
SKenfchenleben« läht ftdh hoch laum beulen; fo oergefjen
ftirbt bo<h niemanb, al« ber Sträfling, fem unb berlaffen
oon ben Seinen, namenlo« unb unbeweint. äßet in folget
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ßinfenmann,
608
Äratfyeü unb fEobeSermartung nicht menigflenS ben “Xxoft
bec Religion erfährt, mer fein $erj nicht bem 6eelforger
miffcpliejit, men nicht Steue über ein Verlorenes deben
überfommt — bejfen erbarmt füp felbft ®ott nicht. —
©egenfibervonganj©erhärteten unb (Srboften
hat ber Seelforger unfäglidp parte Arbeit; fein ©eruf
befiehlt ihm ben ©erfepr mit ihnen nicpt aufjugeben, maS
immer fie ihm auch anthun mögen; felbfi auf perfönlicbe
©ebropung mujj er, toie anbere SlnftaltSbeamte, gefaxt
fein; er mu| in £h tfi Ken fäen, ohne Hoffnung bafj er in
fjfreuben ernten toerbe, aber er barf bennodp nicht ver=
jagen, barf pdp audp burch noch f° öielc getäufepte $off=
nungen unb gebrochene ©erfpredpungen nicht entmutigen
laffen; toir geben ihm vielmehr ein 2Bort ju beherzigen,
meldpeS Ar aus 1 ) aus bem hl- SuguftinuS anfährt:
„SBenn ©ott ben dauerhaften deben unb SEBoplfein fdpenft
unb Sielen, bereu Unbufefertigfeit er vorperftept, feine
erbarmenbe diebe jutoenbet, um toie viel mehr toerben
toir verpflichtet fein, gegen biejjenigen ©armperjigfeit ju
üben, meldpe bie ©efferung verfprochen hüben, ba mir bei
Aeinem mit ©eftimmtpeit vorherfepen fönnen, ob er fein
©erfpredpen galten metbe ober nicht." S)aS alfo foE
ber le|te @runbfa| fein, ben mir bem StnltaltSgeijllidpen
einptägen; er f oll am Aranlenbett unb am Sterbe»
läget nodp ringen um eine 3Jteuf<henfeele, bie
tro| allem unb allem bo<pju beneu gehört, für
melche ber ©rlöfer fein ©lut vergoffen. —
$ier nun muf unfere SKjje ihr ©nbe ftnben. $aben
mir, vom Stanbpunlte ber aEgemeinen ©etradptung aus,
1) Sie (Befangenen ic. ©. 24 f.
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Über GteffingmSfttlfotge. 609
oieDei^t bie bunfeln Seiten }u flarf in ben Borbergrunb
gerüdt unb übet bet ©chilberung bet »ichtigfien $9pen
bie SluSnahmefäHe ju »enig beamtet, »eiche eine freunb»
liefere Beurteilung julaffen, fo »oUten wir bo<h deinem
»ehren, ben Unglüdlichen, beten geifUget SRetter et »erben
foH, ba« bolle SJtafj »endlichen SJtitleibeS entgegenju»
bringen; toir wollten ben Oef ängnisf eelf otget not QHujtonen
behüten; bie fröhlicheren Erfahrungen, bie et mailen
»irb, »erben ihm bann nur um fo mehr Blut geben,
um bie herben ©tunben feines Berufslebens ju ertragen.
SBenn uns aber julefct entgegengehalten »itb, bah
über bie hier berhanbelte Sache bo<h eigentlich nur bie=
jenigen, »eiche felbfi in ber Eefangenenfeelforge praftifch
thütig ge»efen, befähigt unb berufen feien, Belehrung
)U erteilen, fo »itt ber Berfaffer bem nicht »iberfprechen,
»flnfeht bielmehr, bajj biele bon ben praltif^en gadj»
männern ihre Erfahrungen mitteilen unb 8tatf<hläge geben,
unb »irb bereitwillig ft<h ihrer befferen Einficht unter»
werfen. Sie mögen alfo auf ben Bbm treten, unb bann
fann eine neue Steihe bon Erörterungen beginnen.
K$ul. OnaitalMtift. 1«M. $cft IT. 39
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3.
2>er fMwfrtyrtje britte Äorintberbrief
ntu Werfe# trab na<$ feinet Cnfttfiat «nterfiUtt.
Von Dr. $. »etter.
Unter ben ueuteftamentlid>en äpoha#)ben nimmt ber
britte ©rief brt SbofWtö fßauluS an bie Äorintber «ebft
beut unmittelbar borangebenben Schreiben ber Äorinibet
an ben 2ß>oftel eine fiemfödj flnguläre Stellung ein.
$>enn biefer ©rieftoed&fel b#t'in ber fgriföeu Äiribe längere
3 eit fanonif<be8 Stnfeben befejfen, ifl bom bl- @Pb r ä m
ausführlich lommentiert »erben, unb fogar noch in un=
ferent 3abrbunbert ifl ibm bie @bre »iberfabten als ächte
apojlolifcbe Schrift in einem »iffenf^aftßdben äßerle eer«
teibigt ju »erben. SB. fjr. Stind bet in feinerSchrift
„bas Senbfdjreiben ber Äorintber an ben ätyoftel $auluS
unb bas britte Senbfcbteiben $auli an bie Äorintber
in armenif$er 11eberfe|ung erbalten, nun berbeutfcht unb
mit einer Einleitung über bfe Sedjtbeit begleitet $eibel*
berg 1823" allen ErajteS ben 9la<h»etS ber 8e<btbeit ju
liefern gefugt — eine Xbefe bie freilich einer SBiber«
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$er apofrtyrfje fcrjtte Äorintljer&rief. ßlj.
legung nid&t beburft hätte, gleifbioobl aber eine fpl#e
but$ St. tUlmann in ben „#eibelberger 3pbrbü<ßpm
bet Sütergtur* J8?3, #eft 6, gefunben bat
©eitbem iß ber ©ripf too^l in ben tbeologifften
©näpflppäbien unter ben 9tpo!rhpben erpäbnt, aber ein«
gebenb ni<bt mehr unterfu<bt toorbeu.
lieber bie SbfaffungSjeit be8 britten Äorintberbriefeä
bat juerß $ilgenfelb eine Stynung auägefprodjen,
U>et<be ber äBabrbeit fc^r nabe lonpmt — eine Innung,
fage üb, benn bie ©rämiffe, auf h>el<be ^Ugenfelb feine
©ebnubtjung baute, toat falfdj). @r fagt nägtlidh in ber
*Äe|ergef<bi<bte beS UrdjrißentumS 1 )", biefe S3ricfc finb
älter al$ 300 n. <Sb»r.", unb beruft ß<b Jiyn ©etoeife
Ijieffir auf bie ©inl. in ba$ 9t. X. 6. 144. ißnm. 2, foo
bann ba$ angebti<be ©tat au£ unferem ©tiefe bei bem
bL ©tegor bem ©letzter na$ 8Hnd angeführt tnirb.
£e|tereä ßitgt iß aber Iritißb febr.uerb4^üg. immerhin
iß e$ ri^tig baß ber ©rieftoe<hfel älter iß als 300, benn
bie gälfchung batiert fd&on »om ©nbe JoeS 2. ober Sjnfang
beS 3. 3abt)bnnbert4.
Unanfechtbarer iß baS toaS gähn in feinem neueßeu
SBfirfe*) über bie ^eimat beS britten ÄorintherbriefeS
bemeprlt baß er nämli<h „mahrfcheinli# a^f bem ©eiben
ber forifeben fließe ertoachfen fei".
SDiefe Einnahme en^fpri^t ber ßßnbrbeit ,npt(UiSge=
fe|t baß bie,»Aie#e* ,iqt toeßeren ©in,ne oerßnnben ftirb:
ber a^oltbbbe ©tie ftoedhf el toatb i,n ©.brUn
brr faßt, oermut,Ii<b }u ©beffa, umbas 3 a h*
1) fieinjig 1889, 6. 186, «mn. 803.
8) bat nenteft. ßanonS, (Erlangen 1888, ®- 887.
39*
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612
Setter,
200, unter ber ^Regierung bei Äönigi äbgar
VIEL, unter bem ©piilopat bei 93if<hofi ißalut,
unb gtrar als eine ©treitfdjrif t gegen ben
©nojtiler 93arbefaneS non ©beffa.
SDem 9la<htoeife biefer ^efe fei bie nadhftehenbe
Unterfudhung getoibmet.
I.
©er britte Äorintherbrief ifl nur artnentfdh erhalten
unb finbet ftdh in gasreichen armenifdhen 93ibelhanbfdhriften.
©biert tcurbe er gum erfien SDtale im 3a^re 1736 non
ben ©ebtübern 2ö ^ i ft o n in ihrer Ausgabe bei 9RofeS
toon ©hören fammt einer griedjtfchen unb lateinifchen lieber*
fe$ung), roUftfinbiger finbet ft<b ber armenifdhe ©ept in
ber üenetianifdhen 93ibelauigabe non iß. 3 D h ta ^- Such
in bie armenif<b=englif<he ©rammati! bei iß. ißaiqual
2lu<her (SSenebtg 1819) tnurbe ein Slbbrud aufgenommen,
©ine Iateinif<he Ueberfefeung fertigte guerji SBillini
1715, fpäter Saßroge unb©arpgoto, eine englifdhe
903h iflon (1727) unb £orb 93 p r on (1819). 3« bai
©eutfdfje foH ber 93rief fdhon in ben 3. 1714 unb 1716
überfefct toorben fein J ), {ebenfalls aber traten biefe Über*
tragungen unooüßänbig. ©ine rollflänbige beutfche lieber*
fefcung lieferte gum erfien SWale 903. gt. StincE. ©iefe
Ueberfe^ung ift unter eigentümlichen Umftänben entfianben:
SUnd Derftanb nämlich bai 2trmenif<he gar nicht unb
bebiente ftdh ber 93eihilfe bei iß. ißaSqual Sludher, ber
feinerfeiti triebet bei SDeutfdhen unhmbig mar; burch
Vermittlung bei Sateinifdhen unb 3iolienifdhen fertigten
fie fo ihre SSerfLon, »eiche übrigens aQe Slnerfennung
1) Cgi. 8R. #offmann in ©erjog'S fReQl*®nc$flol>&bie. 1.6.527.
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Set aj>oftfy>$e britte Äorintljerbrief. 613
oerbient, juntal fte ben grofjen SSorjug hot bafj jte fämmt*
liehe Varianten ber für bie bisherigen ©bitionen benfifcten
$anbf<hriften (freilich nur in beutfcher Uebertragung unb
bei ben nenetianifdjjen ^anbf^riften mehrfach ohne genaue
Sejeitynung ber betreffenben $anbf<hriften) notiert, fo bafe
mir uns auf ©runb ber Sind’fcben Ueberfefcung auch
ohne unmittelbare ©inftcht in bie früheren Ausgaben ein
fixeres S3ilb ber honbf<hriftli<hen Uebetlieferung beS 3ten
ÄorintherbriefeS ju ma$en oermögen. Siefe Ueberfe|ung
hat Sind feiner Schrift einoerleibt, in ber er, toie fcbon
bemerlt, bie Sledhtheit beS SriefeS $u perfekten fuchte.
®ie ben bisherigen ©bitionen }U ©runbe Uegenben #anb=
fünften finb folgenbe:
1. ©ine $anbf<hrift aus Smprna (S). Sach ihr
ftnb bie tteberfefcungen gefertigt, toelche gabriciuS feinem
cod. apocr. N. T. p. UI. einoerleibt h«t, nämlich bie
oon ®aoib SBiflinS (©. 668—669) unb bie oou Sa ©roje
(6.681—683). ©iefe $anbf<hrift enthält ben &eyt nur
fehr unoottftänbig, inSbefonbere fehlt ber gerichtliche
Bericht, »eichet baS Sdjreiben ber Äorinther mit ber
Snttoort beS SpoftelS oerbinben foH.
2. ©ine $anbf<hrift aus Slleppo, beten bie ©ebrüber
Sß^iflon in ihrer ©bition jt<h bebienten (W).
3. Sicht oenetianifche ^anbfchriften, auf benen bie
Ausgaben ißaSqual Suchers unb S^rab’S ruhen (V).
Heber SUet unb äufjere SBefchaffenheit ber aufge=
jählteu ^anbfchriften oermag ich nicht ju urteilen, ba bie
SuSgabe ber SBhiflon mir nicht unmittelbar gugänglidj
toar, Sind aber nur für bie minbertoertigen oenetianifchen
$anbf<hriften eine SlterSbeftimmung ju bieten oermag.
4. 3u ben genannten bisher benu|ten $anbf<hriften
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Setter,
614
fommt noch als oorjügtid&ef geuge für ben ©ejrtbe*
fkitb beS brüten ÄorintberbriefS bet ßommentar beS
bt ep^tdm (E), bet »on feinem ber früheren $erUu8=
gebet berücfftc^ttgt toorben ift.
6. Stttßerbent habe t<b no<b eine parifer $anbf<brift
oergti^en (P). ©iefelbe, 8ro. 17 bet atlnenif^en 8b*
teilung in bet SRationalbibtiotbef, in Äurftofcßtift gefärie*
ben nnb aus bem 17. 3abrb- fiammenb, enthält baS
©Treiben bet florintber jweimal, auf @run& Betf^ie»
beiiet Vorlagen.
5£>ie aufgejäblten ©eyteSjeugen: SWVi—8EP
flellert jtoei beutlüß geriebene SflEejenponen bar, beten
eine bur<b 8 W P Y2 V8 repräfentiert toifb, toäbrenb bie
anbere Bor allem in Vl> auf wel<b’ leitetet #dnbf<btift
na$ SWncP« JBetfuberung bie 8ob*ab , f<|e (sbition rubt,
unb in E ibte SSertreter bat. SBeldbe bet leiben f$ra*
mißen ben SBorjug oerbiehe, barflber fann bon inneren
©rfinben gang abgefeben, febon bet äußere timftanb
feinen 3®*if e t taffen, baß Sp^ränt’« Äoitimentat bet
groeiten Äläjfe angebört. ©en ©eytbefknb, toieibnViE
bieten, habe icb babet gut ©runblage genommen, unb
bin nur an toenigen ©teilen, toe bie anbere gamflie in
ber ©b a t baS tttfprüngli^e bewahrt ju haben ftbieU,
leitetet gefolgt.
©a gobtab toobl bie einjetnen Varianten notiert,
aber fafi regelmäßig eine betaiSierte ©egeidbnuug ber
Quellen unterläßt, fo muß Mb «ü<b t« all’ ben gäSen,
Wo nidbt aus anberteettigen 8nget#en bie Bon Baßtäb
geineinte Benettanif^e $anbf<brift erfenntlidb iß, Mit bet
allgemeinen ©egetthnnng Z begnügen.
3n ber (Einteilung ber SSerfe, wie bie uaebfiebenbe
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S)er ajjofrtjpfje brüte Äorint^erbrief. 615
fibetfefcung jie bietet, ^abe i(ß mi$ faß bur<bgängig an
SUnct’S Sorgang angefdfloffen, in bet ton ißm gewähr
ten. Jtapiteleinteitung aber glaubte ich ibm nidjt folgen
ju füllen. Son bet Seröffentlühung beS atmeniföen
5EejteS muß i$ leibet aus t^ogra^bif^en ©ränben
abfeben.
n.
L
Sdfteibtn bet Jtotinißet an ben heiligen Uftoßel Paulus’).
1. ®tebb«nud unb bie Sßrieftet, bie mit ibm: ®ab=
nuS, ©ubuluS, Xbeopbtluä unb Xinon an ißaulu»,
unfetn Sätet unb ©tangelißen unb getreuen fiebrer in
GhtifhtS 3efuS — ©ruß! 2. Stoei gewiffe Slänner
lamen na<b Äorintb: ©tmon mit tarnen unb ÄleobiuS,
toeldbe ben@lauben einiget butdb trügerifdbe unb unbeil*
tolle Sorte gewaltig, gewaltig terberbten. 3. Sott wel=
(ben Sorten bu felbft Äunbe erhalten mußt. 4. ®enn
wir haben oon bit niemals foldße ©orte gehört no<b
ton ben anbeten Slpofteln. 5. Slbet fotiel wißen wir,
baß wit alles, was wir ton bit gehört unb was wir
1) @o in V 1 . — W (Schreiben bei iß rieftet« ©tepbanu# an
ben Äpoflet fßautuS Bon ben ftorintbern; S Schreiben bet Äo«
tintbet an ißauluS; P Schreiben bet forintt)ifdjen $ tieftet an ben
Äpoftel fßautuS; V 1 Bon ben fßtießetn an ben Hpoftel ißauluS;
V* an ben Stießet ^aulu«, ben Stpoftel.
1. Sabnu«: WS SlemenuS; P SRemtnuS; Z KumenuS. —
Xinon: WS PV Somefon. — Hn $autu8... — ©ruß: WSPV 7
an $aulu£, ben Srubet (Sätet u. {. m. fehlt) ©ruß 1
2. gweit fehlt in WSZ. — ßleobiuä: E filobiuS; WSZ
ftlobäuS; V 1 » ÄteobuS; P’V 7 filebeu«; P‘ ftlemenS. — Set«
betbten: WSZ etfcbftttem; P erfchütterten.
5. WSPZ: betnahrt haben. —
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616
Setter,
von jenen gehört haben, fefl betoabren. 6. 8bet barin
erjeigte und bet^err oiel ©tbartnen, bafj toir, tn&brenb
bu noch im Seibe bei und biß, ed abermald non bit
böten füllen. 7. 9tun, enitoebet fc^reib* bu und, ober
lomm’ bo<b felbfi fofort ju und! 8. 3Bir »ertrauen auf
ben #errn bafj, toad bem ^eobad ald Offenbarung
gezeigt toorben iß, baß bid& ber $en and ben $änben
bed ©ottlofen erlödt bat- 9- Uttb ed finb bie SBorte
ber SSerfebrtbeit ber Unreinen, »el<be fte audfagen unb
lebten, aifo: 10. @d iß nicht nötig, fagen ße, bie 5ßto=
pbeten anjunebmen. 11. Unb ni<bt, fagen ße, fei ©ott
allmächtig. 12. Unb ed gebe nicht, fagen ße, eine Stuf*
erßebung bed gleifcbed. 13. Unb ganj unb gar nicht,
fagen ße, fei ber Sßenfcb non ©ott gemäßen. 14. Unb
nicht oon ber Jungfrau Sftaria faßen ße Sefud ©btißud
6. UnS (EWSZ): fe^lt in V*P. — non btr (EWSP): fehlt in V«.
7. WSPZ: 9Run fchreib' eüenbd fofort an und bie ©ahrheit
ober lomm' hoch u. f. m.
8. @o nach V 1 ; E... baß enttoeber bem ®t!jeona$ flc^ ge«
offenbart unb bich erlöft §at (Ehnftud aud ben $änben jened (Sott«
lofen unb gu und gefcbidt hat, ober baß bu einen ©rief an und
föreiben oerbeft; WSPV 8 ... baß folchertocife ald Offenbarung
(P 1 burch Offenbarung) gezeigt toorben ift, unb baburch ber $ert
und aud ben $änben bed (P* ber) ©ottfofen etlöft ljat. — Über
bie ftorreftur „S^eobad" (V 1 : Xheonad, E dtheonad) ogl. unten.
9. @o V 1 ; WSPZ ed ftnb aber ihre ©orte irrig, benn fte
fagen alfo; E unb ed ftnb bie oerlehrtcn ©orte, toelche fte aud«
fagen unb lehren, alfo.
10. Änjunehmen: WSPZ $u lefen (E anjunehmen).
12. 3)ed gletfched: fo EW8PZ; V 1 bet Oerftorbenen Seiber.
14. E unb nicht, fagen fte, mit einem irbiföen Seibe lam
unfer $err, fonbem mit einem himmlifchen Seibe. Unb nicht oon
ber Jungfrau SWaria laffen fte ihn geboren fein; benn hinburcß*
gehenb ging er, fagen fie, bur<h fte hinburch, fo baß er nichtd
oon ihr annahm.
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Ser apotrwbe britte ftormtberbrief.
617
bem gleiföe na$ geboren fein. 15. Unb bie SBelt
taffen fte nicht baS ©efd^öpf ©otteS fein, fonbern irgenb
eines oon ben@ngeln. 16. 3lun, eilenbS nimm eS auf
bt<b }U uns }u tommen, bamit ohne Ärgernis baffere
bie ©tobt ber ßorintber, unb jener SEborbeit bur<b offen»
tunbige 3ure$ttoeifung oor allen }u @$anben unb aus»
getilgt toetbe. Sebe mobil
n.
1. @8 nabmen, es brauten baS ©^reiben iu bie
©tobt ber tßbtttpptt bie ©talonen S^ereptuS unb ©b$uS.
2. 8118 biefeS ©(breiben SßautuS erhielt — obtoobl er
in SBanben mar toegen ber ©tatonile, beS IpoQopbaneS
SBeib, fo baff et ber SSanben oergaff unb ©rauet faffte
toegen ber SEBorte, bie er börte (sc. toarb ibm juüJhtte).
3. Unb er fprid^t toeinenb: „2Bie eS mir bo<b beffet
toäre baff i<b geftorben märe unb bei bem #errn träte,
als hier in biefem Seibe! Unb fotc^e SSorte unb Äüm»
metniffe böte i<b: bie trügende Sebte! ©enn Setrüb»
niS, fiebe, lommt über SBetrfibuiS! 4. Unb ju fo groffen
©ebrängniffen bi“ in Sanben fein unb anfeben fol<b’
unbeilooHe Sßettoirrung, bei meiner anlaufenb ©atan
16. WSPZ 9ton, ©ruber, eilcnb$jc. — WSPZ Sebe tooljt
im $errn!
IL1. WPS$rejm3; V 8 ^crepu8; V 7 SljetepetuS. — Xljdju* :
©. V 1 * 7 ; V 1 fcidju*; W Xcc$u$. — ^Hipper; WP $$öni§ier.
2. S)enn: feljlt in WP. — ©tatonite: fo V 1 ; PV 7 ©tonile;
W Dnotife; V 6 Ärionife. — ÄjjoHopljtmeS: V 1 2tyop$olanu8. —
3. WP fpra$ toeinenb: beffet toäre eS mir, toenn ic$ auüor
gefiorben unb bei bem $erm toäre al$ ba& i$ ljier in biefem
Seibe bin unb foI($e ©orte ber ßütmnemig aU bie ber Seljre
oeraefjme. ©etrübni* tc.
4. WP anfeben folc§e8 Unheil, baä Anlaufen ber ffiänte ©aton$.
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618
Setter,
unb feine SWnle, ba* SBöfe ju tottlen fidj bemüht!“
5. Unb fo fertigte Paulus unter nieten Selben bie 8nt=
wort auf ben ©rief:
in.
1. $autu*, ©efangenet 3efu S^tifH, an bie ®rüber
ju Äorinth, aud nieter Vebrättgni* basier — ©ruß!
2. 3$ bin feine*meg* fe^t oermunbert, baß gar fo tafö
einbringen bie Verführungen be* Vöfen. 3. 2tber ber
$err 3efuä toirb atsbatb »odjiehen feine Sfalunft toegen
berer bie feine ©ebote neriehren unb »erachten. 4. 3<ß
aber habe euch bie* non Anfang an gelehrt, ma* i<h
fetbfi non jenen erften Stößeln empfangen habe, bie
allezeit mit unferem $errn tnanbelten. 6. Unb nun fage
idj, baß ber $err 3efu* Shrijhii au* SRaria ber Qungj
frau geboren tnarb, bie au* bem ®efchte<hte Sabib’*
mar, gemäß ber Verheißung be* heiligen ©eifle*, be*
nom Vater het, nom Fimmel, ;u ihr gefanbten. 6. Saß
in bie SBelt eintrete ^efu* unb ertöfe ade* grteifcß butcß
IU. einige $anbfchriften haben Huffdjriften: P Kn bie So*
rintber ber britte (Brief); W $anli Brief aus bem Bef&ngni*
an bie ftorintlfer — jum Borlefen; S Brief fßauti an bie So«
rinther; V** Ser britte Brief bei heiligen Kpoftel* Baulnl an
bie fiorinther; V 7 Ser britte Brief an bie Jtorinther; V* Sie
Kntmort an bie Äorintljer.
1. Sie Bariante in WP(3) „oerwunbet au* vieler Bebrängni*"
ift grammatifch unmöglich unb toirb bunh E at* unecht ermiefen.
8. Seht: fehlt in 8. — P bie jiarten Berührungen be* Böfen.
4. Unferem $errn: foE; in WP fehlt: unferem; V 1 unferem
$errn ffefu* (Ehriftu*.
5. (Ehriftu*: fehlt in W8P. — marb: SPV ift. —
6. Safe ... eintrete: WZ baß 3efu* bie ©eit tröfte. — WP
mie er auch ß<h u. f. u.
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Ser apolrppbe btitte ftorintljerbritf.
61 »
fein gleif#, bamit et uns »on ben %oten aufetwede,
wie et ft$ felbfi als Sorbilb gegeigt bat. 7. Unb ba»
mit offenbar würbe, baft bet SJtenfch »om Sätet et»
fchaffen ift. 8. ©efcbalb blieb bet ÜJtenfch in feinem
Serberben ni<bt unbefugt, fonbetn et warb aufgefiuht,
bamit et bur<b bie Äinbfcbaft lebenbig gemacht würbe.
9. S)enn ©ott, bet Aber alles #err ift, bet Sätet un=
fereS $errn SefuS Gbriftul, welcher ben $immel unb bie
©rbe gemacht bat, fanbte juetft ju ben 3uben bie ffto*
pbeten, bamit et au« ihren ©iinbtn fie beraudjiebe unb
ju feinet ©etecbtigfeit erbebe. 10. J)enn et wollte et»
Ibfen ba* £att3 gstael, teilte au8 unb gofi wm ©eifie
übet bie Propheten, welche ben umnangelbaften ©otte8»
bienfl unb bie ©ebutt ßbrifti prebtgen foHten biele Seiten
burtb. 11. S)et aber bet tuchlofe gütft war, ba et ji<b
jum ©ott machen tooHte, legte $anb an jene unb feifeite
alle ÜRenfchen butch bie ©ünbe, benn baS ©eticht bet
ffielt toar nabe. 12. ®er allmächtige ©ott, ba et
rechtfertigen Wollte unb nicht betagten wollte feiu @e»
fchöpf, batte, ba et ei geplagt fab, Stbarmen. 13. Unb
7. erraffen: bie ©anbfdjt. Bon Tlleppo „gejeugt“, W aber
forrigiert ,er[tbaffen" (= EV'SP).
8. P: bleibt. — unbefudjt: Z ob“* SrtenntntS.
9. W fanbte ju ben 3uben Propheten. — P aus ben Sünben.
10. CbtiftnS: fehlt in WSP.
11. WSP legte $anb an unb feffelte fte unb aHeS ftleifd)
burcb bie Sünbe.
12. SS ift burcb ben armenifcben lejt grammatifcb nicht auS*
gefcbloffen, 8.11 u. 12 fo }u trennen (nie fd)on Karpjon getban
bat): „8.12. ©eil baS (Bericht ber SBelt nabe todr, fo wollte ber
allmächtige Sott u. f. n." — {Rechtfertigen: P retten.
13. Qn P fehlt: „batte (Erbarmen (8.12)" unb ber ganje
8.13. — 3n fprifchen $anbfcbriften flanb, nie E oermuten ISgt,
nach „fanbte“: „ganft norm" (oon E ectlärt „eilenbS").
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620
»etter,
ec fanbte am ßnbe ber Bitten ben heiligen ©eift in bie
Jungfrau, guöoc betrieben bur<$ bie fßrophetett. 14.
3Bel$e, »eil fie non gangem $ergen glaubte, toürbig
mar gu empfangen unb gu gehören unfeten $eccn 3efu4
(^riftuS. 15. ®amit bur$ ben üetgfingli^en Seib, um
beffen »Ulen ^od^fa^renb ber Sööfe fi$ gebcüflet ^atte,
buc<$ eben biefen Seib ec gucechtgewiefen unb ilbectoiefen
toürbe, bafi ec bo<h ni$t ©ott toar. 16. ®euu in jenem
feinem Seibe hat SefuS @hci|lu$ berufen unb erlöst ben
oecgänglühen Seib, unb fte (bie 9Jtenf$en) in’S einige
Sebeu gezogen buc$ ben ©lauben. 17. S)afj ec einen
heiligen Tempel bec ©ere$tigteit in jenem feinem Seibe
beceite ben fiinftigen Seiten. 18. 3n »eifern auch toir,
ba toic geglaubt ^aben, fceigetoorben ftnb. 19. Söiffet
alfo, bafj jene nicht ßinbec bec ©ece$tigleit, fonbecn
beS Qoxned ftnb, »eiche bie ©rbarmung bec 39armher=
gigleit ©otteS ablärgen non ft<h felbft, »eiche leugnen,
bafj Fimmel unb 6rbe unb alle ©efchöpfe baS 2Berl beS
14. ®on ganzem bergen: mörtlich: „in be8 $ergeu2 ©Um"
srti mtökh. SDiefelbe $^rafe finbet fid) auch #oL 3, 23 unb
®pl). 6. 6.7, beibemale = grie#. ix ywxtjt- 3nljattlidj iß bie
©teile tombiniert auS Sul. 1, 45 u. 51 (an lepterer ©teile: mtökh
srtitz). — WPZ: mit reinem Sinne (eurb mtökh).
15. 16. Ser armenifdje Zejt lägt grammatifch auch folgenbe
(bon W aboptierte) Überfepung gu: „.. flbermiefen mürbe. ®. 16.
Senn er nicht ©ott mar, mie hat 3efu8 S^riftuS in jenem feinem
Seibe berufen u. f. m.?" — fie: WP ign (ben Seib).
17. W bag er als einen ^eiligen Sempel b. ©er. jenen feinen
Seib bereite u.f. m. —
18. WPZ Rinber beS gomeS — „ber »armhergigteit" fehlt
in V‘ — melche leugnen: V* unb leugnen. — PZ: „leugnen bag
$immel unb ®rbe alle ©efchäpfe (inWu.Z fehlt: alle ©efchöpfe),
Serie ©otte$ beS ®ater8 beb 3(11 (sc. feien)".
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Ser apotrty>$e britte Äorintljerbrief.
621
85ater8 be$ M feien. 20. aber biefe 33erflud&ten $aben
bie Se$re ber ©Klange. 21. aber t$r, in ber Äraft
@otte$ galtet eu<$ ferne oon i&nen, unb tyte fcerfe^rte
2e$re treibet $in»eg non eu<$! 22. ©enn i$r feib nid&t
©ityne beS tinge$orfam$, fonbern Äinber ber geliebten
Äir<$e. 23. ®e$$alb ifi bie $eit ber Suferfie^ung ge*
prebigt »orben bei allen. 24. ©ie aber fagen, bafj
leine auferfle^ung be$ gleifd&e$ fei, bie »erben nidpt
auferfie^en jum e»tgen Seben, fonbern jur SSerbammung.
©enn jum ©eri^te »erben fie auferfteben, mit bem
ungläubigen gleifd&e. 25. ©enn bie oom gleifdhe fagen,
bafc (tyrn) letne auferfiebung fei, benen foll feine aufc
erfiebung (jum Seben) fein, benn berartige »erben bann
20. „Wber" fehlt in P. — „©erfüllten... Schlange": WPV 7 * 8 :
biefe haben fleh felbft berflucht. — S)ie Sntftehung ber lefcteren
Variante au$ bem (auch burch E bezeugten) Xejte pnbet ihre
©rflärung in ber (Eigentümlichfeit ber alten armenifchen SJlajuS-
fel- unb ber aus berfelben h^^orgegangenen fog. SRunb-fchrift,
wo z’ödain (Schlange) z’avdsin getrieben unb beShalb leicht als
z’andsin (fleh felbft) gelefen »erben tonnte.
22. WPV« S)amit ihr nicht Söhne ber Ungehorfamen werbet,
fonbern Äinber feib ihr ber geliebten Äirche (BotteS (Poonöott);
V 8 ©enn ihr finb geliebte Äinber unb oon ber Äirche (BotteS.
23. WPZ: beShalb ift auch u.f. ».
24. PZ: bie nun. — WPZ: jur ©erbammung unb jum (Be¬
richte u.f.w. — WZ jum (Berichte »erben bie Ungläubigen im
gleifche auferftehen.
25. „®enn bie bom gleifäe fagen" ift Äorreftur ber gram-
matifch nicht gut möglichen SeSart in V 1 ; P benn baS gleifch
welches fagt; Zwerfagtbaß. — 9tach „feine Äuferftehung" forbert
ber Sinn bie (Ergänjung „jum Seben", welchen 8ufafc WPZ wirt¬
lich haben. ©a berfelbe aber bei E fehlt, fo ift er immerhin ber*
bächtig bloße (Bloffe ju fein. — Z, benn berartige werben als
folche erfunben, welche baS auferftehen als unwahr, geleugnet
hatten.
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m
«ettn,
aU folc^e erfunden, toeldge bi t Suferfie^ung geleugnet
Rotten. 26. 3#r toiffet \$, tyr äRätwer »ou Äoriuty,
oou bean ©amen be3 ®etreibe$ imb von ben auberen
©amen, ba| ein einzelnes Äorn itadt in bie ®rbe fällt
imb bort unten jubor ftirbt, unb bar*a<$ bur$ ben
SJJitten be8 $erm erfte^t, in ben nämlid&en ßeib geffeibet.
27. Unb nidgt blog ber einfache £eib erfleht affein, fon*
bem mit mannigfaltigen ©tammeSgeuofie* rietet er ß#
auf unb mirb gefegnet. 28. 2Bir mäffen aber ni$t nur
non ben ©amen bie ©teidgniße borbringen, fonbern au$
non bem fcgäfcbaren menf<gii<$en ßeibe. 29. 3gr felbft
mtffet bon Sona, bemSo^ne bei Smat^ia; toeff er ben
Sftinioiten ju prebigen jögerte, toarb er in ben Saudg
beS gifcgeS getoorfen brei Zage unb brei SRäcgte ginburdg.
80. Unb hierauf, nadg brei Zagen, görte ®ott auf fein
26. PZ: Slber nun follt igr aucg toiffen ginfort, igr ßorintger.
— WZ: bafc ein einiges lorn nic^t nadt in bie (Erbe fällt unb
bort unten ftirbt; P bog ein einziges forn nicgt ginweggenommen
toirb bon ber (Erbe, unb bonn unten bleibt unb ftirbt. — Z im
nämlicgen Scibe erftegt unb betreibet (ift).
27. WPZ Unb nicgt blog ber gleicge einfacge Seib erfiegt,
fonbern mannigfaltig, mit (Segen erfüllt.
28. W „UnS ift aber (nicgt) nur oon ben Samen r (tin @leicg*
niS) oorjubringen, fonbern oon bem fcgägbaren menfcglicgen Seibe.*
3)ie Stelle ift offenbar oerberbt, wirb aber f burd> (Eütfcgiebung
ber Negation, bie mir im Obigen ergänzt £gben, leSbgr;
Äucger'S Überfegung, tote fflincf ge gibt, ift ftcger oerfeglt, aucg
grammatifcg unmöglicg. — P aber uns ift nicgt nur oon ben
Samen ein ©leicgniS üorjubringen, fonbern aucg gon bem rneufeg*
liegen Äeibe. — „®u$" feglt in V 1 . — V 1 oon ben menfcglicgen
Seibern.
29. W (Emattgia; PV 7 . 8 . (Ematgia. — geworfen: WPZ Oer*
fcglungen in bem ©auege u. f. n>.
30. „Unb gierauf" feglt in V*. — „unb nicgtS... abgefgffrn":
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Set apofrtjplje dritte Äorintberbrief. (623
©ebet unb führte (ih«) hetoor auä bem tiefe« Sl>unbe
boct; unb nichts toat ihm §u ©runbe gegangen, unb
leine SKugestoimper tDar berieten, unb lein $aar non
feinem Sethe abgefallen. 31. SBie niel mehr um euret*
mißen, ihr kleingläubigen! SBenn ihr an ben ^etrn
3efu8 ®htißu8 glaubet, tnitb ec eu$ aufertoeden, toie
er felbß aufetßanben iß! 32. Senn wenn bie ©ebeine
©lifäuä be$ ^ropbeten auf ben Soten gefaßen, ben
Soten aufertoedlen, toie oiel mehr toecbet ihr, bie ihr
auf baS gleifch unb ba$ SBlut unb ben ©eiß ©hrißi
gebaut habt, an jenem Sage auferßeben ooBfommeo am
Seihe! 33. gerner ©liaS, bet fßroßhet, nahm benSohn
bet SBitttoe in bie Sitme, unb toedte ihn non ben Solen
auf — toie oielmehr trüb Sfcfu« ©hrißuÄ auch mfy
aufettoeden an jenem Sage, gleich toie er felbß aufetßanben
iß Don ben Soten, eofllommen am Selbe! 34. 3Benn
ihr nun etwa« anbereS leichtfertig annebmet, fo ma<fce
mir niemanb ingufunft Hummer! 36. Senn ich trage
fo WPZ; V 1 unb gar nicht toat fein Seib ju ©runbe gegangen,
unb (eine Ougenwimper war oertoten.
31. P .unb wie. — Z auch euch- — PZ wie er auch u. f. w.
82. Senn: fehlt inP. — W bie ihr tmSeibe Jeib, (auf) ba«
©tut Qtfu gebaut habt, an jenem Sage u. f. w. — Sa« Sßarti«
Jipinm hetzeal („gebaut*) ßnbet ftch auch 8Mm. 2,17.
83. ferner: fehlt inP. — P: SefuS ©hrißu« ©ott. — auch:
fehlt in WPZ. — WP auch aufermeden oaltJommenen Seihe«,
gleichwie er felbß auferßanben iß.
84. WPV™- Nehmet nun nicht« anbetefl leichtfertig an; (P
aber) in 3»tunß mache mir niemanb ftummer.
35. WPV 7 -»- Senn ich trage bie SBunbmale ©h*ißi an mei*
tum Seibe. Sie ©nabe unfere« $errn 3efu ©hrißi (fei) mit eurem
©eiße, ©rüber. Omen. Z Senn ich trage biefe ©anbe an mir,
bannt ich ®hnß“« gewinne. Sie ©nabe unfere« fjetrn 3*f“
©frißt (fei) mit eurem ©eiße, ©rüber. Omen. —
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624
«etter,
biefe Sknbe an mit, bamit i<$ ©brifht« gewinne; unb
bieüDtartern biefe« Seite« bulbe ich, bamit ich bet 2luf=
erftehung bet 5£oten wätbig Werbe. 36. Unb ihr, ein
jeglicher: fo Wie ihr bie ©ebote au« ben $anben ber
feligenfßropheten unb be« heiligen ©bangelhun« empfienget,
galtet fefl (batan); unb Sohn werbet ihr empfangen bei
bet Slufetfiehung bet Sfoten, ba« ewige Seben werbet
ihr etben! 37. 2Benn nun einet tleingläubig wäre unb
Übertretungen begienge, ba« ©eri$t jieht et ft<h felbft
}U mit ben Uebelt^ätern; unb mit benen welche fotc^e«
Treiben begehrter SHenf^en üben, werben jte (sic) geftraft
38. ©enn biefe felbet ftnb ja Schlangenbrut unb @e=
jücbte bon Ottern unb bon S8aftli«fen. 39. SBeW&et ju=
rtid unb galtet euch ferne bon ihnen bur<h bie Äraft
unfete« ^etrnQefu« ©hrifht«! 40. Unb e« fei mit euch
bet gfriebe unb bie ©nabe be« geliebten ©rjigeborenen.
Simen.
HI.
9Und, ober bielmeht iß. ißa«qual Stocher, von bem
etfieter in allen armenifttföen fragen abhängig war,
hat ft<h bemüht ba« 6enbf$reiben burch bie ganje pa=
triftige Sitteratur bet arotenifchen Äit^e ju betfolgen,
um fo burch äufeete geugniffe bie behauptete Siechheit
ftü|en ju lönnen. @« lonnten aber (abgefe^en oon ?NbeU
®ie fotgenben Serfe 36 — 40 festen in WPV» A Z.
36. Z be« heiligen Coangetiften.
40. Z: St ft geborenen: ber £>err fei mit euch alten Ämen. —
JRinet bemertt, ba& V‘ J> - am @(bluffe anfügen „ba« britte Senb»
fdfreiben an bie Jtorintlfer gefd)rieben bon tßbüippt; V’ A ba«
britte ©enbfcfireiben an bie Äorinttjer, gefdfrieben au« $1)3nijten,
burdj feine $ialonen Xripu« unb ®uW<be«. Serfe 52.* —
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9er apoftty>f}e britte ftorintlj erbrief.
626
banbfChriften unb Seftionarien) nur brei $eugen namhaft
gemalt »erben, in beten ©Triften bet britte florintber«
brief fi«b citiert ftnben fotl; SterfeS non Sampron aus beml2.,
S^eobor (Sbttbenatoor auS bem 7. Sabrbunbert unb ber bl.
©regor ber @rleu$ter. ©on ©ebeutung »äre einzig baS
3eugniS beS bl- ©regor. Mein gerabe btefeS ift EritifCh febr
terbäcbtig. ©Chon bie 2trt ber Sitation ifi fo ntpfietiös
unb uns »enigftenS, »ie »ir gefielen muffen, unter«
fiänbtiCb, ba§ »ir ei in ben uns belannten angeblichen
©Serien beS $1. ©regor ni$t ;u entbeCfen termögen.
©efefct aber auch eS finbe fid? gleiChwobt in biefen bie
fragliche ©teile »irfliCh tor, fo mflffen bie fritifcE>en ©es
benfen nichts befio»eniger befielen bleiben. $)enn fämt«
liChe unter bem Stamen beS bl- ©regor überlieferten
©Chriften (ebiert 1737 ju Äonfianttnopel, 1838 ju ©enebig)
lönnen unmöglich bem bl- @rteud)ter berrübren').
Ilnb au<b bie SKögltChleit ifi auSgefcbloffen, baff etwa
no<b anbere bis jfe|t niCht ebierte ^omilten beS ^eiligen
emittierten. Senn baS atmenifebe Altertum »ufjte über«
baupt nichts baton, ba§ ber heilige Sipofiel ber armenifChen
Station fCbriftlicbe ^omilien binterlaffen habe, unb fämmt*
liebe StaCbriChten aus bem SUtertum, »eiche bafür jeugen
füllen, belieben fiCh ent»eber auf et»aS anbereS ober
finbpofitite gälfChungen *). Somit »erben auCh alle ton
StinCE felbfi ober ton Späteren auf biefe angebliche (Sitation
unfereS ©tiefes aufgebauten ©«bluffe hinfällig.
Slllein StinCE hätte etn ganj anbereS, fafi ebenfo
altes unb jubem IritifCh unanfechtbares Zeugnis anfübten
1) 8gl. Kirfbl, Seljrbu<b ber fßatrologie, III. @. 219 ff.
2) *gt. »irf«hl, a. a. 0. 6. 222 0nm. 1.
X$co(. Quartdforift. 1890. IV. $eft. 40
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626
Setter,
fönnen. S)er große Sekret ber fpriftben Äir<be, ber $L
@pb rä m, bat ben brittenÄorintberbrief nicht ettoa bloß
gelegentlich in feinen ©Triften cüiert, er bat fogar einen
eigenen Äommentar ju bemfelben gefcbrieben. ©iefe fCbafc-
fa<be ifi auffaüenber ©Seife allen bisherigen Herausgebern
beS SlpolrbpbonS gänjUch unbefannt geblieben. 3)er bl
®pf)täm oerfaßte einen Kommentar }u ben paulinifdben
©riefen, ber, oon bem heiligen Sebrer felber in fprifdhet
©pra<be gefcbrieben, fpfiter in baS Strmenifche übertragen
warb unb nur in biefer Ueberfefcung ft<b erhalten bat.
©eröffentlidbt mürbe ber Äommentar im & 1836 ju ©enebig
als brütet ©anb ber armenifdben ©Serie beS bl- @Pb r äm.
Hieju bebienten fiep bie Herausgeber, bie P. P. ©lecbitba*
rißen oon ©an Sajaro, einer febr alten H a nbfd>rift,
benn biefelbe ßammt aus bem 3. 448 ber armen. 3eü*
red&nung (= 999 n. Sb 1 -)- Sin ber ©ecbtpeit beS Äommen*
tarS als eines epbrämifchen SBerfeS ju jmeifeln, liegt
ein oernünftiger ©runb nicht oor, unb felbß toenn ein
3meifel über bie Urbeberfcpaft beS bl- 6pb r äm bereittigt
märe, fo mürbe bieS für unfere grage bo<b jientli<b irre*
leOant fein, benn ber ganje fpta<bli<be SIppuS beS Äommen*
tarS jeigt baß er im 5. 3abrb- gefertigt marb unb jmar
als tteberfefcung aus bem ©prifdhen. ©omit haben mir
auf jeben galt baS fpäteßenS am Anfänge beS 6. Sabtb-
oerfaßte ©Ser! eines fprifchen SdhriftßeHerS oor uns').
1) 3» einem aus bem 17. 3«brb- ftommenben Äobej bei
Wationalbibliotljel ju ©aiiS (ibentifdj mit btmjenigen, ben i$
oben als P bejeidjnet habe), tretdjer bie ©rflätung beS goljanne#
Drotnepi (eines SbteS aus bem 14. 3al)i!|-) P ben paulinifdjen
©riefen enthält, finbet fiep ©(. 72—75 auch bei epbräm’fdje ßom«
mentai jum britten jporintpeibiief mit bei Äuffchrift: „(Sitläiung
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®er apofrijplje britte Äorintherbrief.
627
3n tiefen Kommentar nun tfl au$ ber apofrpphe
britte Korintherbrief auf genommen, unb jtoar wirb er
auSbrüdlidh als britter ©rief an bie Korinther bezeichnet,
wie er benn auch feine Stelle in ber 3Jlitte jwifchen ben
beiben fanonifdhen Korintherbriefen unb bem ©alaterbriefe
gefunben h fl t. ®er Kommentator bemerlt jtoar bag
bie Sledbtbeit beS ©Treibens ton ben ©arbefaniten ge=
leugnet »erbe, fefct aber feinerfeit« biefelbe unbebingt
oorauS; währenb er ber ©rflärung beS ^ebräerbriefeS
eine llnterfuchung über ben ©erfaffet, (ob fßauluS ober
Klemens oon SRont) ooranfdhidt, beginnt er b>ier ohne
UMtereS mit ber ©rflärung felber.
3m ÜRadbfiebenben gebe idb eine möglidhft wortge=
treue Ueberfefcung beS (meines SBiffenS bis fegt noch
nie fiberfegten) Kommentars. @S mag nicht überflüffig
fein auSbrfidlich barauf aufmerlfam ju machen, bag ber
fprifche £ept, welcher ©pbräm oorlag, an mehreren ©telleu
oon bem welchen bie armenifdhe Ueberfefcung beS britteu
KorintherbriefeS erfcbliegen lägt, oerf(hieben gewefen fein
mug, wobei aDerbingS noch bie SRöglichleit bliebe, (bie
namentlich in @inem gatte juh fehr nahe legt) bag ber
Slrmenier, b. h- ber welcher bie ©riefe übertrug, falfdh
überfegt halte.
Per britte (Pritf) an bie $orintl)tr.
©ei ben Korinthern hatten {ich, nadhbem fte burch
bie ©riefe beS SlpoflelS einträchtig geworben waren, in
be8 britten ©riefeS an bie Äorintfjer: SB orte Sp^rdm’«." ©ei
lejt ift gegenüber bet cenetianifdjen SRejenfton ttiefentlid) getfirjt
unb auch formell in eine anbere gaffung gebracht — offenbar
burch bie #anb beS tSbteS Johanne«.
40*
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628
«etter.
ffolge bortiger 3rtle§ren, bie ba uttb bort, oon ft<h
felber, eine nach ber anberen, emporgefprofjt waren,
frernbe Unruheftifter eingebrängt unb fte in ©erwirtung
gebraut. 3» offenhtnbiget Offenbarung beSfelben net=
bifchen, böfen ®ämon$, ber in ihnen ©ewalt hatte, pre*
bigten fte bie ©erlehrtheit ihres fCrugeS auf Öffentlichen
Sßlä|en, unb berheimlichten ober berbargen nichts oor
jebem, ber ihnen begegnete. ©a nun bie ©rieflet ber
Äorinther fahen bafj jene bon %a% ju %aq ihre ©rebigt
auSbehnen unb auSbreiten, fo eilten fle ein Schreiben
an ben Sipofiel abjufaffen unb alles barjuiegen was jene
prebigten, bamit er enttoeber fetbfi eilenbS perfönlüh
lontme, ober eine ©Überlegung unb gunichtemaihuug ber
Sieben jener Seute mit großer Sorgfalt bon ihm gefanbt
Werben möchte. SluS biefem unb ähnlichen ©rfinben nun
fchreiben fte einen ©rief unb laffen ihn burch jwei forg»
fame ©iafone ju ©auluS bringen, inbem fte alfo fagen:
Stephanus unb bie ©rieftet, bie mit ihm (ftnb), an
^SauluS, ben ©ruber, ben $errn — ©rufe.
gwei gewiffe SJlänner, Simon mit Staaten unb Äleo*
biuS *), tarnen nach Äorinth unb berführen biefen unb
jenen aus unferen ©läubigen ju ft<h. Slber nicht etwa
burch Sieben in bet SBahrheit, fonbern burch oerberb*
liehe Sieben, ©on beten Sieben mufft bu felber Äunbe
erhalten. ©enn niemals häb*n wir oon bir itgenb folche
Sieben gehört noch bon ben anberen Slpofieln, beinen
©enoffen, wie wir fte oon biefen SJiännern hier betnehmen.
So biel Wiffen Wir, bafj wir aEeS was wir bon bir unb
ben anberen Slpofieln gehört haben, fefi bewahren, tlnfere
1) Sie $anbf$rift bat: fttoMul.
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$er apofrpplje britte fiorintfjerbrief. 629
©etrfibnid ifi aber nicgt etwa wegen unfern felbß, fonbem
wegen bec ©emeinbe.
Slbet barin gatte bet gerr grofjed (Erbarmen mit
und baß wir, fo lange bu noch im gleifdge bei und biß,
in einem Briefe all’ bad Wieberum oon bir oeraegmen
foßen Wad wir münblüg sott bir gehört Ratten. Ober
lomm’ gar felber fofort }u und! 2Bir vertrauen auf
ben «gerat baß er entweber bem ©tgeonad fidg geoßenbart,
unb Ggrißud bieg aud ben gäuben jened ©ottlofen er«
lödt unb ju und gefanbt gaben wirb, ober baff bu einen
©rief an und fdgteiben wetbeß. ©iefleiegt aber iß bied
bet 9tame bed Sttdgterd, ber igu in ber ©tabt ©güippi
gefeffelt unb in ben ÄerEer geworfen gatte.
Unb ed ßnb bie »ertegrten Sieben, weldge fie oor«
tragen unb legren, folgenbe:
®d iß nidgt nötig, fagen ße, bie ©ropgeten anju-
negmen — fonbem bad ©oangelium.
Unb ©ott fagen ße, fei nidgt aflmädgtig, b. g. jener
ber ju ben ©ropgeten gerebet gat, fei nidgt ber aß«
mädgtige ©ott.
Unb ed gebe nidgt, fagen ße, eine Slufetßegung bed
tJleifdged. Unb ganj unb gar nidgt, fagen ße, fei ber SKenfcg
oon ©ott gefegaffen — fonbetn oon ben ßeben Senlem.
Unb nidgt mit einem irbißgen Seibe, fagen ße, {am
unfer getr, fonbetn mit einem gimmlifdgen Serbe. Unb
nidgt oon ber Jungfrau SDlaria laßen ße ign geboren
fein. ®enn ginbureg, fagen ße, ging er burdg ße, fo
baß er nitgtd oon igt annagm.
Unb bie SSelt laßen ße nidgt bad ©efdgöpf ©otted
fein, fonbem irgenb eined oon ben (Engeln — b. i. eben
oon ben ßeben Senlem.
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630
Setter,
©ie« ifl aber ba« Spflem ber Setter ber Seite
be« ©arbefane«. Unb be«halb fabelt bie ©arbefaniten
öon ihrem Sipofiel an 1 2 ) biefen ©rief nicht anerlannt.
«giatte bodh ber Sipofiel bie« gefagt; in ber 3tpofieIge=
föidhte fagt er: „Stach mir, toenn ich fortge^en »erbe,
»erben räuberifäe SBölfe bei euch eintreten, bie mit ben
Sängern lein ©rbarmen haben »erben. Unb au« euch
»erben SJtenfchen aufflehen, bie ©erlebte« reben, unb
»erben bie Sänger »erführen irrten nadhjufolgen." SUfo
f$on feit ben ©agen be« Slpoflel«, »ie ber Slpofiel felbfl
ge»ei«fagt, unb »ie auch bie Äorinther getrieben batten,
ifl biefe ©eite gegrünbet »orben. SBeil bie Schälet
be« ©arbefane« »ä^nen ba§ non ©arbefane«, ihrem
Sehr er, bie« etfunben »orben fei, fo ftnb ja non ihnen
au<h bie Stpofrpphen getrieben »orben, bamit fte mittelfi
ber Äraftthaten unb Seiten ber Sipofiel, »eldje fte be¬
trieben, ihre eigene ©ottloftgleit, gegen »el<be bie
Sipofiel gelämpft hatten, auf ben -Kanten ber Sipofiel
Treiben lönnten.
2>e«halb fagen fte: Söeld&en ©rief »ir an bi<h ge=
fdjrieben haben *). ©ilenb« nimm e« auf bich ju un« ju
fommen, unb j»ar bu felber perfönlich, bamit burch beine
@rf<heinung unb beine Siebe bie Stabt ber Äorinther
ohne Slergerni« baftehe, unb jener Seute Torheit bur<h
1) Diefe Stelle tann nur lagen wollen, bah bereits Barbe«
foneS, ber „Slpoftel" feiner ©efte, ben Brief getonnt unb »et«
tuorfen habe, güt biefe Deutung fpridjt auch bie unmittelbar
fotgenbe Sitation »on 2t».@. 20, 29. 80, »eiche in biefem Su«
fammenhange offenbar als einen „ber rduberifdjen SBdlfe", ben
falfchen Stpoftel SarbefaneS bejeidjnen »iti.
2) Die ©teile ift jtoeifelloS »erberbt. ISS foll wohl beifjen:
„Stachbem wir einen ©rief an bich getrieben haben, fo nimm ic."
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®et apofrtjplje britte Äorintberbrief.
631
bie offenfunbtge gurecbtweifung beiner wahrhaftigen tyxe--
bigt tot allen ju Schanben unb au«getilgt werbe.
Sie nahmen, fte brauten ba« Schreiben in bie Stabt
bet ^ß^Utppet. Unb ba e« fi<h getabe auf ben Sag ber
Verfolgung $ßauli getroffen batte, auf jenen Sag, wo
fte ibn mit SRutben gepeinigt unb in’« ©efängni« geworfen
batten, weil er ben böfen ©eift au« einer SJlagb, bie
Wabrfagenb umbergegangen war, au«getrieben batte —
fo fürchteten fte ft<b }U ibm ju geben. Unb fte liegen
ben Vrief bur<b ba« ffieib be« SlpoHopbane« fiberbringen.
Sa« gefdbab nun nicht jene Stacht: benn in jener Stacht
erfolgte eine ©rfchütterung im Werfet, bie Sbfiren be«
©efängniffe« öffneten ficb attjumal, bie geffeln lösten
ft<h oon ibm, unb ber Äerlermeifier nahm fte betau«
unb führte fte in fein $au«—unb fte übergaben ben Vrief.
SU« er aber ben Vrtef erbalten batte, ba oergafj
er ber Vanben. Unb Stauer erfaßte ibn Wegen ber
Sieben, bie er hörte. Unb weinenb fpridbt er: „SBie e«
mir bo<h beffer wäre bag i<b geworben wüte unb beibem
$erra wäre in Hoffnung unb grtebe; unb bag nicht,
nacbbem idg ton Seiten ber SJtenfchen Vanbe erbulbet
gäbe, wieber bie ißriefier Satan« juborlomnten, ju »er*
Wirten unb ju »erlebten bie SJtenfchen Welche ich belehre."
Unb fo fertigte Sßaulu« unter »ielen Seiben in golge
ber Verfolgungen unb ©nttäufcbungen, bie er erbulöet
batte, weinenb bie Antwort auf ben Vrief ber Äorintbet,
inbem er alfo fagte:
ißautu«, ©efangener Sefu ©brtfH, b. t. um 2fefu
ßhtifii Willen, an bie Vrüber ju Äorintb, au« bieler
Vebrängni« babier, bie ich habe burch foltern unb geffeln
unb fchlimme Stach richten — ©rüg!
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632
«etter.
Unb — !eine«weg« bin i$ febr tetwunbet, b. b- ich
bin arg »erwunbert baß fo rafcb einbringen bie SBer=
ffibrungen bei Sööfctt in bie SBelt. aber unfer £ert
3efu« wirb aläbalb toHjieben feine Stnfunft
wegen betet bie tyn eben baburch oerachten, baß fte bie
SQa^t^eit feinet SBorte terlebten. 3<h aber fyabe non
Anfang an, b. b. feitbem i<b euch gefeben habe, ba« wa«
ich non jenen Slpofleln, welche bie ganje 3 e *t bet Set*
fiinbigung (bei ©oangelium«) mit unfetem #errn gewanbelt
jtnb, gehört habe, euch gelehrt:
®aß 3efuä ©briftu« ton ÜJtaria geboten warb —
nicht burcb fte binburcbgieng; unb au« bem Sefcbtecbte
®aoib« — nicht al« ein btntmlifcher fieib; unb gemäß
bet Serbeißung be« ^eiligen Seifte«, be« tom $immel ju
ihr gefanbten — unb nicht burcb Sofepb’ö 3 ulr ‘tt ju ihr.
Unb baß bie« gegeben fei, bamit et alle« gleifch burch
fein gleifcb ton ber Setbetbni« etlöfe, unb baß et un«
ton ben SEoten auferwecfe im gleifcbe, toie et ft<h felbß
al« Sßotbilb gegeigt bat.
®er erfte 3Jtenf<b ift tom Sätet erftbaffen — unb
nicht etwa ton ben Senfern, wie jene fagen. ®e«balb
watb et auch tn feinem Setbetben aufgefucbt — burch
ben Sohn; nicht baß et beftraft würbe unb fterbe bet
©erechtigfeit gemäß, weil et fi<b burch bie Sünbe terbetbt
batte, fonbern baß et lebenbig gemacht werbe — burch
bie ©nabe, unb in ber Jtinbfchaft fei. aber bet ©ott
übet alle SBelten, b. i. übet alle Sabrbunberte, er, bet
allmächtig ift, et, bet ben $immel unb bie ©rbe gemacht
bat, (nicht etwa ßngel, wie eure Setfübter prebigen,)
fanbte juerft ju ben Quben bie ißtopbeten, bamit fte erlöät
wütben burch beten SRabnungen ton ihren ©ünben unb
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Ser apofrtjplje britte ßorintberbrief.
633
igrer Anbetung bet ©ögen. ®enn er wollte erlöfen ba3
$au8 Israel, unb et lägt burcg bie gkopgeten bejeugen
bag et ©üe (bamit) gäbe, was tun ihretwillen gefcgah-
Se^balb teilte et auä, gog h etfl b oom ©eige Sbrifti
übet bie ißropheten. S)ie8 (bebeutet) bag jener ©eift
bet burcg bie Sipofiel predigte, berfelbe aucg bei ben
Propheten ben uiimgngelgaften ©otteSbieng unb bie ©ebutt
©gttgi ptebigte oiele $eiten durch, b. i. 1430 Staate. Som
SluSjug au« bem Sanb.jSgppten bi3 gut SCnfunft unfereö
£errn gnb e$ ungefähr fo niete.
SDenn bet welcher ber rucglofe gürjl war, tneil et
geh jum ©ott machen wollte, beSgatb legte et $anb an,
um bie mahnenben Propheten ju täten, bamit et alle
Seiber ber 3flenfc&en burcg bie Segierlicgfeit feffle.
„gürft" aber nannte er ihn, weil er^errfegaft gatte
übet bie Scharen feiner ©enoffen 1 ); unb bag et ign
„tucgloS" nannte, (bie8 gefegag), weil igm bie $errf<gaft
übet bie Dämonen niegt genügenb war unb et auch übet
bie SRenfcgen fogar ßcg jum ©ott maegen wollte. Hub
bag er bie ißtopgeten morbete, (bieS tgat et) niegt felbfl,
fonbern bureg feine eigenen Propheten unb bureg Sejabet
unb Scgab unb bie Könige, welche benen ähnlich ftnb,
morbete et bie ißropgeten, bamit Re niegt bie SBagrgeit
prebigten unb bie klugen betet öffneten bie ßeinerne unb
göljerne unb fonR gegoffene (Silber), bie au8 natürlichen
Stoffen beRegen, ©öttet nannten unb ogne ©ingegt waten.
Unb alles menfcglicge gletfcg, fagt er, fegelte et buteg bie
©egierlicgfeit. Scgau’ unb ßeg’ bag er burcg bie Se=
gierlicgleit fegelte unb niegt mit©ewalt gritt. Stiegt mit
1) Siettbition bat bnakc&tz „Semobner", meine Überfegung
berugt auf berftoniettur bnakteat*.
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634
Setter,
©inet SBegierlid&feit feffette et aQe SJlenffben, abet auch
nid&t mit üielen S9egterli<bfeiten ben einjelnen 3Jlenf<ben.
2)enn nidjt gibt e$ ben SDtenfcben, bet burd& alle bebrängt
Wirb, bamit et bur<b aQe gefeffelt Würbe, fonbern einen
feben toon ben SDlenfcben feffelte et burdb bie öegietlicbfett
bie ibn getabe reijte, bamit ihm auf ewige 3*iten feine
SoSlaffung jufäme.
®er aQmäcbtige ©ott abet in feinet @ere<btigfeit —
benn et befffct bie ^errfc^aft, unb jwat bat et ffe nic^t
geraubt burd& einen 9iaub, wie eure Sebrer fagen —
fanb fein ©efaQen batan baff Satan bie 3Jleuf<ben regiere.
SBenn et auch nur burcb Uffige Slänfe ffe »erfübrte, nid^t
mit ©ewalt, fo fab et aud& hierin ibm nidbt na<b unb
Ueff ibn ni<bt gewähren. SBeil et ©tbarmen batte mit
feinem ©ef<böf)fe, ba e8‘) mit feinen eigenen $änben ff<b
felbet ju ©runbe richtete, fo fanbte er ben beigen ©eiff
mit aQet ©lut 1 ), b. b- eilenb« in 3Jiaria non ©aliläa.
SEBeil e« bet Freiheit *) alfo fd&ien baff feiner. Weidbet
liegen fönne, im ^leiffbe fei, jog unfer $err ba8 gteifdb
an, unb ffegte in ibm. Unb es haben nadff ihm geffegt,
bie weldbe ihm ähnlich geworben ffnb, bamit bie Weldbe
in bemfelben (b. i im ftleifdbe) fdbulbig erfunben werben,
feine SluSrebe hätten. aber Wieberum — weil ba« gleifdb
bem geinbe ff<b unterwürfig gemadbt batte unb burdb ihn
1) Ser £ejt gat ayl ä, ma« feinen Sinn gibt 34 habe
ayl unüberfegt gelaffen.
2) Ser armeniftge Überleget fdjeint biefen aboerbiaten gufag,
bet im fgrif4en Original (Dielleicgt A.fsn.vi..) geffanben gaben
muff, unb ben (Spgräm in feinem lejte la4, auSgelaffen }u gaben.
8) So gat bet armeniftge lejt. Offenbar iff bie SeSart oer*
berbt. 34 oermute baff ffatt uatntheann julefentft: satanayi
ober eatanayothean: „weil ti Satan (tgieti, baff sc."
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Set apottQplje bcitte Äorintberbrief.
635
ft<$ batte jutoenben taffen allen SBerfen ber Vegierticbfeit,
Sog unfet $ert baö gleifcb an, unb in ihm toarb er in
ber SBÜfte »om Satan »erfucbt; unb bort rourbe biefer
übertounben unb überwiefen, bafj er nicht ©ott fei über
bie SEBelt, toie fein Sinn ihm fold>e ©ebanfen eingegeben
batte. ®enn bafs er nicht ©ott fei, toufjte er ja fetbft,
aber in feinem Söabne wähnte er, ba& er ein ©ott »erbe
burcb ben Sieg, ben er über alles gteifcb baoontragen
mürbe. SStber nadpbem ihn unfer $err im gfleifcbe befiegt
batte, nicht im himmlifdjen, fonbern in bem ba$ gleitet
Statur toar mit bemjenigen ba$ burcb ihn ix Verfcbulbung
geraten toar, ba tourte er, baff er nicht ©ott fei, toie er
gewähnt hatte.
3)enn in jenem feinem Seihe, Reifet eä, bat QefuS
©briftu« berufen unb erlöfi alte« gleifch, bamit er in
bem heiligen Tempel ber ©erecbtigfeit, in feinem Seihe
jeige, — b. i. butdh bie SEBerfe feinet SeibeS jeige —
toie ber 9Jtenf<b ein Stempel ber ©erecbtigfeit werben fann,
Unb Wir ftub ja burcb eben biefen Seib »on bem geheimen
unb offenen f£obe frei geworben, b. i. oon bem f£obe
ber Sünbe unb »on bem £obe beS SeibeS.
Stun finb jene nicht Äinber ber ©erecbtigfeit; benn
wenn in ihnen bie SiBerfe ber ©erecbtigfeit Wären, hätten
fie auf bie Vergeltung ber ©erecbtigfeit geachtet unb
nicht auf ihre Seiber ] ), unb nicht ftch »or ber SHuferftebung
gefürstet. 3a, ßinber beS 3 0rn $ finb fte, weldhe bie
Srbarmung ber Varmherjigfeit ©otteS, bie um ber SHuf-
erfiebung willen erfolgt ifl, abfürjen »on fiep felbfi. Unb
feine Schöpfung entehren ftch barin, bafi fte fagen: $immet
1) Set Sejt fdjeint tiecbcrbt unb ein Cerbum ausgefallen
ju fein.
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886
«etter,
unb frbe unb alle ©efchöpfe feien nicht ba« ffierl ©otteS,
be« Vater« be« 3CS — fonbern ber ,$errf^et".
216er biefe hoben ben verfluchten ©lauben ber
Solange 1 ); b. i. enttoeber ben Urteil«fprucb, ber au«
Sfalafj ber Verfluchung ber Schlange erging, nämlich:
„Staub Warft bu unb jum Staube foUft bu »überlebten",
haben jene für betätigt gehalten *); ober fo»ie bie Solange
glaubte unb jener, welcher bamals in ber Schlange war,
ba| nämlich 2lbam« $au£ in ©roigleit auf ®rben befteben
»erbe, fo glauben auch biefe.
2lber ihr, mit Äraft haltet euch ferne von ihnen,
b. i. löfet auf ihre Sßorte, unb ihre oerlehrte Sehre treibet
weg oon euch. ®enn ihrer ifi bie Sehre, unb nicht be«
Seifte«; unb be« Satan« ift fie, ber in ihnen ©ewalt
hat, unb nicht oon Sott.
Unb bie fagen: „e« ift leine Uuferftehung be«
gleifche«," benen foH leine Sluferftehung fein, nicht »eil
fte bie Huferftehung geleugnet haben, fonbern »eil fie
al« Seugner einer fotzen 2luferftehung erfunben »erben*).
1) SS legt p4 bie «ermutung nahe, bog ber anueni|cf)e Über«
feget beS «riefe« ungenau übertragen habe. ®enn tegterer bejiet>t
anitoeal „Derftu<ht" auf bie Qrrletjrer, QEphräm aber auf bie
„ophitifche Sehre". 3tu<$ ueumn «Sehre" fcheint fehlerhafte Über«
tragung oon fprifchem f^QjJba» ai )u fein, anfiatt havatkh
„(Staube*, »eich’ legieren Sinn Sphrärn« Seutung offenbar oor«
au«fegt.
2) So lautet bie buntte Stelle in w&rtlicher Übertragung.
<&S ift aber wohl anftatt haatateal }u lefen havatatzeal „haben
jene im (Stauben feftgehalten". <Si wäre bann etwa anjunetjmen,
baß bie belämpften Srrlehrer ben im «arabiefe ergangenen Stach
ai« einen Beweis gegen bie Sluferftehung citiert hatten, unb in«
fofem biefer Stach ihr „(Staube" wäre.
3) Der ©orttaut liege auch fotgenbe Überlegung ju: „weil
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SDer apotrhphe britte Äorintherbrief.
687
Unb nun, ihr Männer 1 ) Don Äorinth, wal foHten
bie ©amen bei ©etreibel ober auch bie anbeten ©amen,
welche nadt in bie ffirbe fallen unb »»ergehen, mehr fein
all bet Seib, bet in bie @rbe fällt unb oergeht? Stber
»ie bie ©amen burcg ©ottel Sillen auferftehen, in ben
gleiten Seib geHeibet, nicht mit bet Äleie, bie mit ihnen
in bie @rbe geftiegen war, fonbetn mit mannigfachen
©tammelgenoffen ft<h aufrichtenb, gefegnet *) unb gegiert
mit Ätcie unb ©tengel unb ©ranne, fo medt bet Sitte
©ottel auch ben Seib auf, gleichfam betleibet unb ge*
fchmüdt nicht mit ben Sappen, bie mit ihm in bie ®rbe
geftiegen waren, fonbetn mit ©lotie, bie ihm Born Fimmel
gefanbt würbe.
Unb wiebet: walfcheint euch fchwieriget: bafj Sonal,
bet in ben ©auch bei gifchel gefallen war, btei Sage
unb btei Mächte lang, unb bag h erna <h oul bem tiefen
Slbgrunb heraus ©ott fein ©ebet hörte, unb et ft<h be=
lehrte unb nicht« bon feinem Seibe ju ©runbe gieng, —
ober bag bet Seib, bet geftorben ifl, lebenbig gemacht
werbe, wie auch ®hriftul, fein Sebenbigmacher, geftorben
Wat unb lebenbig geworben ifi? Unb wenn bie ©ebeine
bei ©lifäul *) ben fEoten lebenbig gemacht hohen, bet
auf ftc gefallen war, wie Wiel mehr ihr, bie ihr in eurem
©lauben auf bal ©lut unb auf bal gleifch unb auf ben
©eift ©htifH gebaut höbet, b. i. auf feine ÜJtenfchheit,
fie non bem fo (b. i. fetig) ffluferftonbenen als fieugner erfunbcn
»erben.“ 35er Sinn ber gangen jchwierigen Stelle ift »ol)t: nicht
non ber Äuferfteljung Oberhaupt fallen fte auSgefchtoffen fein, fon*
bern nur non einer „folgen," b. i. fetigen fluferjtehung.
1) S)ie $anbfchrift hat ard, fuher nur eineßerberbnil ausarkb.
2) 3>ie$anbf<hriftbatörhne,»ofttruhemenbierthabe: örhneal.
8) 3>ie $anbfchr. hat: Eliayi „SliaJ."
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638
Setter,
bie ftarb, unb auf feine ©Ortzeit, bie nicht ftirbt, ba er
in feiner Siebe mit bem Seibe auS bem ©rabe betDor*
gieng unb beä^alb auch bie SSergänglicbfeit nicht über
ihn betrfebte, — wie oiet mehr »erbet ibr an jenem
£age auferfleben mit oottlommenen Seibern, bie als
©taub inmitten ber ®rbe jerflreut waren?
SBeun ibr nun etwas anbereS leichtfertig von biefen
ober benen bie na<b biefen lommen, annebmet, fo mache
mir niemanb in .ßulunft Kummer! 2>enn ich trage biefe
Sanbe an mir, bamit ich ©b^ftuS na<b ber Sluferftebung
gewinne; unb biefe üßunben, bie i<b an meinem Seibe
von ber Folterung unb ton ber Steinigung unb oon ber
Schleifung empfangen habe, bamit i$ »iirbig werbe jur
Sluferftebung ju gelangen, bie oon ben 5£oten ifl.
SeneS, »eil *) biefe geleugnet haben unb »eil fte
ju euch fagen bafj man bie Propheten nicht annebmen
bürfe. Unb was in bem ÜDtafje ber Orbnung fleht unb
bleibt, b. i. in jener SBabrbeit fleht unb bleibt, bie er
aus ben $änben ber feligen Sipofiel unb oon bem heiligen
©oangelium empfing, ben Sohn feiner SBerfe wirb et bei
ber Sluferflebung ber £oten empfangen. SBenn nun aber
einer Ueingläubig ifl unb baS Übertritt waS wir ihm
gegeben haben, mit bem ifl baS geuer, b. b- Seuer ifl
fein Slnteil unb fein SoS, nicht nur eines folgen allein.
1) »yn zi: entroeber ijt bot zi ein Serbunt ausgefallen, ober,
was ich waljrfcbeinlicher ftnbett möchte, ber armen. Überlebet hat
ben fhrifihen lejt mifjoerftanben unb ; (j 001 ) tonjunttionat
gefaßt, wöljrenb eS retatioifch war unb auf ben oorangegangenen
@aft fich bejog, fo bafj ju überfein wäre: „jur Stuferfieljung ju
gelangen, bie oon ben loten ift, unb welche biefe geleugnet haben,
bie ju euch fagen je."
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Ser apohty>$e brüte ftoritttyerbrief.
639
fonbetn auch betet welche fo (ftnb), wä$renb jte juüot
alö SRenf^en o$ne ©ott auf ©rben wanbelten. ©enn
biefe felbet ftnb Ottern: unb S3aftUSfen=@eju<3^tc, welche
bie ÜRenfd&en mit ben SBiffen i$ret gungen treffen unb
töten, ©enn fol$e auSjurotten foDt i|t gebrängt
werben but$ bie Äraft ©otteS, b. i burcb bie £tlfe
@otte£.
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4.
3ur Suffe Gnam Sanctam.
Son ¥tof. Dr. gunL
(£8 i|t nicht meine in eine Unterfucbung
über bie Suffe Unam Sanctam im ganjen mich einjulaffen.
Sei ber ßeibenfcbaft, mit ber man fidtj, »ie bie neueflen
(Erörterungen geigen, um ba$ 2)o!ument noch immer ftreitet,
ift bie Beit ju einer Serfiäubigung nod& nicht gefommen.
■Meine Suffaffung fei nur furj mit fotgenben SBorten
bezeichnet. Ueber ihre allgemeine Sebeutung lügt bie
Suffe felbfi f<h»erli<h einen 3»eifel belieben, ©ie enthalt
eine (Srflärung über bie Unterorbnung ber »eltiichen (Se¬
mit unter bie geiftlicbe, »ie |te neuefienö auch mehrere
fatbolifcbe Geologen netflanben haben, fo in ®eutfcblanb
Molitor in ber ©<brift über bie 2)efretale Per venera-
bilem non $nnocenj III 1876 6. 83—110. 2)ie ettoaige
näh?« Seftimmung ber Tragweite ber Suffe für unfere
3eit bürfte einer anberen Snfianj als ber 3Belt ber
®elehrten angehören.
Stur ein ganj fpegieffer ißunft foff flat geflefft »erben.
2)etfeibe foffte j»ar feiner »eiteren (Erörterung mehr
bebürfen, »eil er, »ie »ir feben »erben, fo bur<hau8
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8ur ffluHe Unam Sanctam:
641
Kar ifl, ba| matt faum begreift, »ie bie Sttnfid^ten über
tyn audeinanberge^en fönnen. SDa er inbeffett troßbem
au<$ in ber neueren Äontrooerfe »ieber unnötig aufge«
faßt »urbe, fo bürften i&m »o§l einige $eilen in ber
Ouartalförift ge»ibmet »erben. 34 meine bad ©ort
instituere.
®ad ©ort bebeutet in etfier Sinie ^tneinfieHen, ein«
fe|en unb ä§nli<bed; ei bebeutet aber au<ß unter»eifen,
belehren unb bgl., unb ei fragt ftdj, melden ©inn ei
in ber 33utle §at. 3)en etforberlid^en Slufßßluß über
bie grage gibt ebenfotootyl bet Äontejt als bie Duelle,
meldet ber be}ügli$e 2lbf<$nitt in bet 58uHe entnommen
ifl. 2>ie 33orgefd>i<bte ber Sülle fann außer SÖetrac^t
bleiben, ba biefe für fi$ felbft beutlicß genug fpric^t.
ffiir bef$ränlen und batyer auf jene beiben fünfte.
S)ie SuHe beginnt mit ben ©orten: Unam sanctam
ecclesiam catholicam et ipsam apostolicam urgente fide
credere cogimnr et tenere, ober mit bem S3efenntnid ber
Einheit ber Äircße, unb nad&bem biefe ©a^rßeü mit
bibliföen ©teilen unb Seifpielen begrünbet »orben, lommt
ber erfie bie fiepte oon ben beiben @e»alten betreffenbe
$auptfa{}: In hac (ecclesia) eiusque potestate dnos esse
gladios, spiritualem yidelicet et temporalem, evange*
licis dictis instruimur. SRacßbem bann bie ©<§riftfleHen
£ul. 22,38 (Ecce duo gladii hic: satis est) unbfDlattß.
26, 52 (Gonverte gladium tuum in vaginam) angeführt
toorben, »erben beibe ©$»erter ber Äirdje jugefprodjen:
Uterque ergo est in potestate ecclesiae, spiritualis
scilicet gladios et materialis; aber mit bem $8eifügen,
baß bie Äir<ße fte in oerfd)iebener ©eife ßanbßabe: sed
is quidem pro ecclesia, ille vero ab ecclesia exercendus;
ttttL Ouanalftrift. 1890. $«ft IV. 41
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642
ille sacerdotis, is manu regnm et militum, sed ad nutom
et patientiam sacerdotis. Statut folgt b«f gtorite
fafc, in bem bie j»ei ©emalten in tyrem 8er$filtnte }n
einattbet betrachtet »erben: Oportet antem glactoum esse
sub gladio, et temporalem anetoritatem spiritnali subici
potestati, unb na<$bem au<$ er nä$er erörtert »erben,
namentliäj mit ben Sterten: Spiritualem antem et digni-
tate et nobilitate terrenam quamlibet praeoelkve pote-
statem, oportet tanto elarius nos fateri* quanto spiritnalia
temporalia antecellunt; qnod antem ex deeboarum da-
tione et benedictione etsanctificatione, exipaius potesta-
tis acceptione, ex ipsarnm rerum guberaatione daris
ocnlis intuemur, fft$rt bie ©alle unmittelbar fort : Nam
veritate testante spiritnalia potestas terrenam poteetatem
instituere habet, et iudicave, si bona non fnerit Sic
de ecclesia et eccleeiastica potestate vearificatur xatidnium
Hieremiae (1,10): Ecce constitui te bodie super gentes
et regna, et cetera, qnae seqnuntur. Ergo, si deriat
tevrenapotestas, indieabitar a potestate spiritnali; sed
si deviat. spiritualis minor y a suo superiori; si vero
supvema, a solo Deo, non ab homine poterit iudicari,
testante apostolo : Spiritmlis homo indicat omnia^ ipse
antem a nemine iudicatur (I ÄOt.
3» jweite* $auptfafc tofctb aifo Ke llntewtbnung
bet Weltforen ©eroait unter bie geijUW&e betont ®tit
SWtfm* auf biefe* SSer^äUntö tmrb bei geißii$en ©etoatt
als bet bereit bet mettlidjen gegenüber bie SöefugntÄ
ber3n|Wtntion jugefpro^ett, nnb teenn }un&$$ no$ un*
befHunnt bleibt, tote ba& iinstituer« gemeint ii, torirft
fofort ba3 folgenbe iaücure ein fceBeS Si^t auf bie
©teBe; $iefed äBctt fetbfk bebeutet, tote bet Söeifafc: si
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Sie Sude Uoam Sanctam.
643
bona non fuerit, jeigt, ni^t etwa urteilen, fonbern rieten,
unb tote ba8 Stiften näberbm ju t elfteren ifl, jeigen
bie mit bem et cetera qnae sequuntur angebeuteten Söorte
be8 ißropb«ten, bie lauten: nt evellas et destruas et
disperdas et dissipes, et aedifice9 et plantes. @9 b<mbelt
ftd^ alfo um ein Stickten, ba« unter Umßänben bi« jur
äbfefcung be« jn ridbtenbenSnbaberS ber Weltlichen ©etoalt
gebt, unb bem Stbfefcen gegenüber !ann ba8 instituere
nur einfe|en bebeuten. ®er Äonteyt lägt f<bon infoweit
barüber feinen gweifel. ®aju fommt noch ein3»eite$.
3n bem norau8gebenben ©ag wirb, wie bie oben ange»
führte ©teile jeigt, bie ©uperiorität ber geißlicben ®e*
»alt über bie weltliche unter anberem ex ipsins pote-
statis acceptione begrünbet. SBeibe ©ä§e (leben, »ie
bie Sßartilel nam an jeigt, bie ben jWeiten einleitet, in
engfler SSerbinbung mit einanber, unb bei biefem ©adp
nerbalt iß, fofern e8 beffen bebarf, ber eine jur ©rftärung
be« anberen in 3tn(pru<b ju nehmen. ®er acceptio pote-
statis entfpricbt im j»eiten €a| ba8 instituere.
2Bel<be ©ebeutung biefe« SBort bienacb b®t, iß Har.
@8 bebeutet einfefeen; e8 lann na<b bem 3uf<tmmenbang
nur biefe« bebeuten, unb eine anbere Sebeutung iß bem
Söorte nur jujufprecben, »enn man in ber Deutung ber
©teile ßatt bur<b bie Siegeln ber ßrttif unb (Sjegefe burcb
SBiDfür ßtb leiten lägt.
Stiebt weniger beutlicb ift bie Quelle, weiter ber
Slbfcbnitt über ba8 33erbältni« ber ©ewalten in ber 33uHe
entnommen iß, bie ©dbrift £ugo« non ©t. SSiftor De
sacramentis. ®ie entfpreebenbe ©teile in biefem SBerf
(11,2,4), bie fpäter bur<b SHejanber non $ate3 in feiner
Summa theologica IV, 10, 6,2 (ogl. SOtolitor a. a. 0.
41*
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644
Sunf,
6.101) jum großen ©eil toörttid> toicber^olt ttmrbe, lautet
folgenbermaßen : Quanto vita spiritualis dignior est quam
terrena et spiritus quam corpus, tanto spiritualis po-
testas terrenam sive saecularem honore ac diguitate
praecedit. Nam spiritualis potestas terrenam potesta-
tem et instituere habet, utsit, et iudicare habet,
si bona non fuerit. Ipsa vero a Deo primum insti-
tuta est, et cum deviat, a solo Deo iudicari potest,
sicut scriptum est: Spiritualis diiudicat omnia, et ipse
a nemine iudicatur. Quod autem spiritualis potestas,
quantum ad divinam institutionem spectat, et prior
sit tempore et maior dignitate* in illo antiquo veteris
instrumenti populo manifeste declaratur, ubi primum
aDeo sacerdotium institutum est, postea vero per
sacerdotium iubente Deo regalis potestas ordinata. Unde
in ecclesia adhuc sacerdotalis dignitas regalem pote-
statem consecrat, et sanctificans per benedictionem et
formans per institutionem. Siergo, ut dicit apo-
stolus, qui benedicit, maior est, et minor, qui bene-
dicitur, constat absque omni dubitatione, quod terrena
potestas, quae a spirituali benedictionem accipit, iure
inferior sit. ©er 3tbf<$nitt fällt mit bem Slbfcßnttt ber
93uHc jufammen, bcr oben jutefct angeführt mürbe, bejm.
mit ben beiben lebten, ba bie parallele f$on bei ben
©orten Spiritualem autem beginnt, unb e8 tyerrföt teils
meife eine fo meüge^enbe mörtlidje Uebereinftimmung,
baß über ba$ 93erbältni$ ber beiben Slbfd&nitte ju eins
anber fein gtoeifel befielen lann. 3n ber OueEenfd>rift
lommt nun ba3 ©ort instituere, bejtt). institutio in bem
fragilen ©eil nic^t meniger als fünfmal oor, unb über=
all bebeutet es einfefcen. beanfianben tofire bie ©eu*
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Bur Süße Unam Sanotam.
645
tung allenfalls nur an bet lebten Stelle. 9BaS abet biefer
Stelle etwa 3toeifelbafte3 anbaften fönnte, wirb burcb ben
Haren Sprachgebrauch gehoben, bet im SSorauSgebenben
ju Sage tritt. Sn ber erflen Stelle ift ber Sinn beS SBorteS
öoHfiänbtg Har gefiellt burcb ben Söeifag ut sit, an ben
»eiteren Stellen burcb ben Inhalt berfelben, inbem beut»
li<b non ©infegung ber geifilicben ©ewatt ober beS ?ßriefler*
tumS bie Diebe ifi.
9Bir ftnb inbeffen no<b nicht ju ©nbe. Sa SJonifatiuS
feine Vorlage ficb nicht ganj »örtlich aneignete, ba er
baS ut sit nach instituere unb einiges anbere auslieg
unb bem ©anjeu eine etwas oeränberte Raffung gab,
fo meinte man, ber anberen Seutung beS instituere ben
SSorjug geben }u fönnen unb geben ju mäffen. Ser Sinn
ber SuSbrfide, erflärte man, mäffe junäcbfi nach ber fform
unb bem Jtontejte, ben fie in ber SuHe habe, fi<b feftfiellen,
unb $ugo fei etfi fubftbiarifcb b e *anjujieben. SBarum
benn ber $apfi, wenn er baS instituere in bem gleiten
Sinn wie fein SSorgänget öerftanben wiffen wollte, baS
bei $ugo folgenbe ut sit weggelaffen habe?
SBaS jene Semerfung betrifft, fo fott fte hier leinen
befonberen SBiberfprucb erfahren. @3 ifi jujugeben, ba§
bie eine Schrift nicht ohne »eitere« für bie Suffaffung
ber anberen mafjgebenb ifi, unb bafi, weil ftch beibe nicht
ganj im SBortlaut becfen, baS instituere in ber {Weiten
eine anbere SSebeutung hohen lann als in ber erfien.
©S fragt ftch nur, ob bas SBort wirtlich eine anbere S3e-
beutung bat, unb biefe gtage ifi unbebingt ju öerneinen.
Sie Sülle würbe oben gang unabhängig öon ihrer Duelle
geprüft, unb eS hat ftch mit aller Sicherheit ergeben,
baf} baS instituere — einfegen ifi. Sag baS ut sit in
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646
gttnr,
bet ©uDe nicht babei fleht, tote in bet Quelle, bat lebig»
lieg nichts ju befagen. £)ie erfte ©ebeutung beS SBorteS
ifl einfeben, unb bag eS in bet ©uUe biefe ©ebeutung
Wirtlich bat, jeigt bet Äontejt aufs flatfle. Unter biefen
Umflänben lann fith nur fragen, warum SBonifatiuÄ bas
ut eit auSgelaffen habe, unb batauf lägt fich ein doppelte«
antworten. ®ie ©Sorte würben nicht aufgenommen, weil
fie an ftch oöllig überflüffig ftnb. £)enn wenn baS in-
etitaere auch an unb für fich eine jweifache ©ebeutung bat,
fo ifl fein Sinn in ber ©uUe bo<h bereits bur<b ben Äon=
tejt füget geftellt. Ober bie ©Sorte würben weggelaffen.
Weil unter ben obwaltenben Umfiänben bie mit ihnen
gegebene ftarle ©etonung ber ©infefcung ber Weltlüben
©ewalt bur<b bie lirchliche nicht opportun }u fein fcgien,
unb an eine berartige Sttidfichtnabme lägt fub um fo
eher benfen, ba ja auch bie SeremiaSflelle nicht ganj an=
geführt, oielmebr bie $auptworte blog angebeutet, jum
beweis aber, bag biefe ©Sorte feineSwegS etwa als etwas
©leichgültigeS ju betrachten feien, auSbrüdlidj angebeutet
würben. 3Jlit fcheint biefe ©rtlärung burchauS genügenb
)u fein. ©lag fie aber befriebigen ober nicht, bie Sache
b. h- bie grage nach bem Sinn beS instituere wirb butch
fie in {einer ©Seife betroffen. 5Die ©ebeutung biefeS SßorteS
fleht fefl, ob baS ut sit folgt ober nicht.
©ei biefem ©achtoerbatt ift eS auch gleichgültig. Wie
etwa fpätere ©eiehrte beS ©tittelalterS bas instituere
fagten. 3n einer wiffenfcbaftlicgen Unterfuchung banbeit
eS füg in erfler Jßinie um ©tütfbe, nicht um Autoritäten,
unb bie ÄrltiC unb ©jegefe ift in unferer Seit wohl flarf
genug, um über eine grage, wie fie in Siebe fleht, ein
fixeres Urteil fällen ju lönnen. SnSbefonbere ifl eS
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Sie Suite Da am Sanctam.
647
gleichgültig, ob allenfalls auguftinu« £riumphu« (Depotest.
eccl.qu. la. 1) ba« SBort im ©inn »on Unterweifen nimmt.
SJlan tönnte bagegen galten, bag anbere, rote ber ©loffa=
tot Johanne« SJlonachu«, bie SBulIe anbet« »erflehen.
Snbeffen ift biefe Stuftorität fo wenig anjurufen al« bie
anbete anjuetlennen. Silan braucht auch ni$t ju betonen,
bag bie fragliche auffaffung be« auguftinu« £riumphu«
nicht« Weniger al« ft<her ift. SJian lann einräumen, bag
er betn SBorte Witllich ben gebauten ©inn beilegte,
aber fteht benn baä SRittelalter fo hoch in ber Äunfi
bet ©fegefe unb »erfleht unfere Seit »on biefer 2Biffen=
fd^aft fo wenig, bag wir ber entgegenftehenben auffaffung
eine« mittelalterlichen ©eiehrten unfern SSerftanb unb
unfer ffiiffen ohne Weitere« jum Opfer )u bringen hätten?
$>a« werben auch bie Vertreter ber anberen anficht nicht
}u behaupten wagen. Silan füllte geh aber nicht blog
freuen, ba« au«jufpre<hen; man foHte folche trügerifche
aultoritäten überhaupt nicht, nicht einmal fubftbiär, anrufen.
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n.
Ä ejenftönen,
1.
1. gorftöungen unb Duellen jur @efd)i<bte beS ft««ßt*)tr
ft»K)iU bon Dr. &. SMt, ißribatbojent ber @ef<bi<bte
in fünfter, ißaberborn, ©<f)öni:iflb 1889. VI, 347 ®. 8.
2. 8lu8 ber Camera Apostolica beä 15. Qjabrbunberta.
@in ©eitrag jur ®efd)id)te be8 päpftlieben ginanjtoefen«
unb be3 enbenben SRittelalterS bon Dr. H. OettUb.
Snnäbrui, SBagner 1889. 317 @. 8.
3. Coacilifngrfdjiibtr. 9tad) ben Quellen bearbeitet bon 6.3-
tt. gefeit, Sifd)of bon SRottenburg. gortgefefct bon 3-
ftarbiual gergeuritber. Neunter ©anb. VIII, 972 S.
8. — Seester ©anb. ßtoeite, bermebrte unb berbejferte
Auflage, beforgt bon Dr. #. ftnäbßkr, o. ö. 5ßrof. b.
2b. an ber Unib. 3Rün<ben. XVIII, 1091 ®. 8. grei=
bürg, Berber, 1890.
1. gut bie ©ef$i$te be8 ÄonjtlS non Äonftanj
fab man ft(b bisher auf bie ÜJlaterialienfammlung ange=
toiefen, met<be $. o. b. $arbt gegen @nbe be8 17.3abr=
bunbert« oerauftaltete. So umfangrekb aber biefe Samm¬
lung ift unb mit fo grojjem gleifj fte ^crgefleHt mürbe,
fo meift fte bodb erhebliche unb teilmeife febr empftnblicbe
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Sinff, Jtonftanj« Äonjil.
649
Süden auf. Sn SöibUotbefen unb 3lrd>iüen ruht nod
reidel SDlaterial El ift habet mit ^reuben p begrüben,
ba& ein jüngerer ©elebrter ftd bie Aufgabe fteüte, eine
Ergänjung ju jenem SBerle p liefern. ©et SSerf. bet
oorliegenben ©drift tuiU eine Sammlung non Actainedita
concilii Constantiensis oeranflalten unb biefem SBerfe
eine neue @efd^i<bte bei Äonjill folgen taffen. ®ie Arbeit
toirb ibn, pmal bei bet 3 et ftxemmg bei üDlateriatl in
faß allen Sänbern Europas, no<b geraume Seit in Slnfptud
nehmen. Unter biefen Umjlänben entfdlof} et ft<b, p*
nädß einige ber aufgefunbenen üuetten unb jugleid
einige aul ihnen ober fonft fldb ergebenbe mistigere
üuellenßubien erfdeinen p taffen.
®ie ©tubien liegen in neun Äapiteln oor. Sb 1 3«*
halt wirb im »efentlid^en bur<b bie überf(briften bejeidnel.
©iefetben lauten: 1. Sur Sßorgefcbi^te bei Äonfianjer
Äonjill; 2. SSerfaffunglfragen; 3. ©ietrid Sßrpe unb fein
SEBerf über bal Äonjil; 4. Sur Äritif ber Sitten unb S3riefe
bei Äonjill; 5. ®al Tagebuch bei Äatbinall ffiUaßre;
6. ©driften gegen unb für bal ÄarbinallfoHeg; 7. Sur
litterarifden Xbütigleit bei Äarbinatl oon Sambratj;
8. ©ietrid non -Jtiem in Äonftanj; 9. kleinere $anb=
fdrifteu unb üueüenftubien. 3<b begnüge mich, hm auf
bal 8. Äapitel noch etwa! näher einjugepen. ©alfetbe
befdäftigt ftd buuptfädlid mit ber jfrage nad bem SSer=
faffer ber brei JReformfdriften: 1. De modis uniendi*
2. De difficultate reformationis; 3. De necessitate refor-
mationis. ©ie beiben etflen ©raltate mürben ©ietrid
oon 9liem fdon früher jugefproden. Sn feiner einfdlägigen
©drift (1876) erfannte jüngjt 3JI. Senj aud ben britten
all Slrbeit bei meflfälifden Äuriaten, unb feine Ärttit
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660
ginle.
fanb halb eine glänjeube Betätigung. 3« bem God.
Palatinos 696 ift, wie ginfe fab, $>tetn$ witflidb als
Betfaffer angegeben, ©riet, bet ueuefte Biograph
rid&3 (1887), glaubte beffemxngeadbiet bie Sutorfd&aft
2)ietri<h3 befreiten ju foflen. ©eine ©rünbe finb inbeffen
nid&t bur<bf<blagenb. ©ie frnben ^ietr eine geuflgenbe
SBiberlegung.
Unter ben Duellen nimmt bie etfte ©teile baS 5£age=
buch beSÄarbinalS giUaftre ein, bejto. bie Mitteilungen
aud bem Tagebuch; benn es* wirb nst bie .gauptfadbe,
ni<bt ber ganje SBortlaut toetöffentließt; bei betreten unb
ähnlichen S)ofumenten, treibe bereits audh in ©tudwerfen
fielen, Wirb auf biefe tetwiefen, auf Darbt, Man ft unb
Sabbe (nicht Sabbä, wie g. fd&reibt). £>ie ©teHung ge=
bfibtt bem Tagebuch auch ^infu^ttidb beS Umfanges
(©. 163—242) unb bet inhaltlid&en Bebeutung. g. be=
merft (©. 77) nicht ohne ©tunb, bafj es an bie ©pifte
fämtlid&et batfleHenben üueflenwerle übet baS Äonjil
ju fe|en fei unb baß butdj) bie Sufjeid&nangett gtVafheS
faft übet alle mafjgebenben Ißerfönli^leiten neue dharal=
teriftifdhe 3^9« berichtet werben: übet bie beiben abge=
festen ißäpjie unb ihren $rogefj, übet baS ÄatbinalSMeg
in feinet ©efamtheit, übet $etet ton 9MBi, giOaftre,
gabateQa, ®ominici, Stamaub im befonbem, übet ben
Batriardben ton Stutiodfiien unb ben gangen ÄreiS um
©igismunb, ben bet Boltentunb mit bem -Kamen Man
begegnete nach ben llnfangSbutbftabeu bet Prälaten: Me-
drolanensis, Antiochenos, Rigensis, Sarisbariensis, übet
ben beutfd&en Burggrafen ton Nürnberg, bet fidh Weigerte,
ben geflohenen ißapft jum Äonjil ju bringen, ba er bie
$anb nidht an ben ©efalbten beS ^ertn lege u. f. W.
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Äonftanjet fionjil.
661
Stn baS Sagebu# fc^liegen f«b Stüde aus offtjieHen
ÄonjilSaften (6.243—266) an unb bitten mit i$m ben
erften Seit bet Quelleupublifation: ©efamtbarfteHungen.
Sann folgen einige Sraftate, in erfter Sinie ber Sdblufj
beS Statt ateä Super reformatione ecclesiae Don Sietricb
non 9liem au3 Cod. Palat. 595; Anträge unb ©utad&ten,
Urfunben unb Briefe. Set lefcte Slbfdfjnitt entölt Sitten*
ftücfe }ut ®efd?icbte ©enebtfts XIII. Sen Sd&lufs bitbet
ein StamenätoerjeidfjniS ju ben Quellen.
Sie gtage na$ bem Sßerfaffer be3 Sagebudbe3 be=
burfte, ba betfelbe ftcb nirgenbs nennt, einet Keinen Unter*
fud&ung. g. unterst fic^ bet Aufgabe 6.72—75. Sie
©rmittlung ift infofetn fd&mierig, atä ber ©erid&t in fei*
tenem SWafee burc^auä fa#lid& geraten ift, fo bafj bie
ißerfon beö ©erfafferS faft nirgenbs, jebenfalts nirgenbs
erlennbar burd&blidft. gnfofern ift fte aber teid&t, als
gegen Sd&lufj erjitytt toirb, bafj bet tßapfi jtoei Äatbinäle,
Orftni unb gillajlre, als Legaten an bie Könige uon granf*
teicb unb ©ngtanb abfd&ictte, unb ba$ gelten bet testen
Setrete beS ÄonjilS in bet einen bet beiben ^anbfd&riften
butdb eine SRanbnote barauf jutüctgefü^rt toitb: quoniam
scriptor recessit legatus ad Franciam. 9lacb biefer 3iote,
toeld&e non betfelben bem 16. 2Ea§t§unbert ange^örigen
$anb f>errü§tt, welche oerfd&iebene Äorrefturen in bem
©anbe anbrad&te, iftfomit an einen jener beiben Äarbi*
näle ju benten, unb g. entflieh fi<$ für giflaftre, ben
Äarbinat oon St. HJlarfuS obet ©enebig, ©ejeidtjnungen,
bie im Sagebudfc felbft oorfommen. 3 ft aber bie Slutot*
fd(>aft fid&et? g<$ tann einige ©ebenten nid^t unterbrüdten.
S. 192 tefen toir: Dominus autem cardmalis Venetiarum,
unb tiienad^ ifi ju lotrigieten, toaS g. 6. 74 fdbreibt:
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652
5in!e,
n?o gillajtre in ber ©arfleHung allein genannt »erbe,
erföeine nie, »ie metfienS bei ben anbem, ba8 dominus
not feinem tarnen. 6. 181 enthält eine Darlegung be8
Jtarbinal8 ton 6t. SDtarfuä b ai ißrftbilat bene, 6. 200
ba8 Ißrabilat satis, 6. 228 wirb ton einem 2Babttor=
fd&lag bemerlt: Qui modus fuit plurimum reprobatus
per cardinalem S. Marci. ©iefe fünfte lenfen bo$
einigermaßen ton gißafae ab, namentlich 6.181, benn
ei ifi wenig mabrfcbeinlicb, baß ber bur$au£ nüchterne
SSeridbterflatter ftcb felbfl jene« £ob erteilt habe. Unbenl*
bar ifi freilich bie Sache nicht. aber ei liegen $ier
immerhin fünfte tor, bie noch gewörbigt werben müffen.
©er SSerf- lann fi<h ber Aufgabe um fo eher untergeben,
al8 fein größerer liiterarifcber Ißlan ihm ©elegenbeü
geben wirb, auf bie grage priidfpfommen. Hier ifi auf
biefetbe nid^t Weiter einpgeben. @8 genügt auf fünfte
bingeWtefen p haben, bie noch eine ©rörterung erbeifdben.
Sfnbem id& ton ber 6dhrift abfdfjieb nehme, habe
i<b nodb p bemerfen, baß fte überall tüdbtige 6<bulung
unb grünbliche ©elebrfamleit terrüt. ©ie ^ublilation
berechtigt baber audh p guten Hoffnungen für bie um-
fajfenberen arbeiten, bie ber SSerf. plant, ©inige Heinere
SBünfdhe, bie man ty^en fönnte, wie in fptad&licber SSe*
jiehung SSermeibung be8 öfter gebrauchten 2Borte8 „\)ex-
halten", werben mit ben fahren felbfl ihre ©rlebigung
finben.
3um Schluß fei nodb futj auf eine terwanbte Hei:
nere Sßublilation hingewiefen. %. leitet ba8 Äapitel
über ba8 ©agebudh mit ben SBorten ein: 6o reich bie
ftüfle non Utfunben unb alten, ja felbfl ton Briefen
pm Äonflanjer Äonjil, fo arm ifi ba8felbe an fort»
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Sonfianjer Äoitjil.
653
laufenben Aufjeidbnungen, in benen fiatt bet tein fach»
liehen eine inbitibueüe, fubjeftite S)arfMung ft<h offen»
hart; bie 3eit war nodh ju früh für SWemoiten unb
£agebü<her, »nie baS Grientet Äonjil fte hertorgcrufen
hat (©. 69). 3n$wif<hen trat wieber ein SEagebudh über
baS Äonjil, bejw. ein ©rudhftüdf ber ©dhrift ju Xage.
ißtof. Änöpfter fanb baSfetbe in einet $f. ber 2Wün»
dienet ©taatsbibliothel unb teröffentUdhte eS in bem
$ifl. Sa^rb. 1890 6. 267-283.
2. S»it gorfdhungen über bie Sefitebungen ber
ißäpfte beS auSgehenben SJtittelalterS befdfjäftigt, bem
Anbrang beS 2[SlamS gegen ©uropa ju Wehren, geriet
ber SSetf. biefer ©dhrift in baS aus ber Aegtflratur ber
Camera apostolica ftamntenbe ftnanjardhibalifche Sföaterial
beS SSatitanifd^en unb beS Aßmifdhen ©taatSardhitS.
@r nahm bemgemäf? junächft im Sntereffe jener Arbeit
©injtdht ton ber päpftlichen ginanjberwaltung. 9ta<hbem
er aber in eilenber $agb, wie er in ber Anleitung
mitteilt, um nodh möglidhfl tiel hinter ftdh ju bringen,
einen Seil ber enbloS ft<h aneinanberreihenben SRegifter
burdhflogen, faßte er, ba nadb unb nach felbfi aus ber
flüchtigen 3)urdhftcht fdhon tßllig neue SRefultate fomohl
für bie formale als für bie hifitrifdh materielle Setradh»
tung ft<h ihm aufbrängten, ben ©ebanlen, audh biefe
^Beobachtungen ju berroerten. Sei ber Äütje ber 3 e it,
bie ihm nodh ju ©ebot flanb, mar ihm jttar eine tolle
Ausbeutung beS SRaterialS, fo Wie er felbfi fie geroünfdht
hätte, nicht mehr möglich, ©r fah es beShalb audh nidht
barauf ab, eine fhflematifdhe ©efdhidhte beS päpftlidhen
grinanjWefenB }u geben. 6t glaubte, nur einige fünfte
ausmäh^n ju foHen, bie jugleidh geeignet Wären, einen
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654
@ottlo6, Camera Apoctolica.
äu«blitl auf ba« ©anje ju getoäbren. Sber auch fo
mufe und bie Arbeit »iEtommen fein, ba fte unfete
Heuntniffe au« bur^au« aut^enüf^en Quellen bereichert
Sie jerfäEt in brei ©eile. Qm erfien »erben bie Stech*
nungSbttcher au« ber Camera apoetolica be« 16.
bunbert« »or geführt, unb jwar fo»obl ht einem aflge=
meinen Bericht al« in djronologifchet gufammenfleEung
unb ©injelbefprechung. ©er jweite, formale Seil banbeit
non ben Beamten unb ber ©ef$äft«orbnung ber Hammer,
©er btitte, ^ifiorifd^e ©eit fieEt bie Segrünbung unb
ben Umfang ber gefieigerten päpftlichen ©elbtoirtfcbaft
ju 3lu«gang be« ERittelalter« bar. ©aju tommen toier
Beilagen: 1) ©er 2Be<hfel ber Beamten in ben ^öebfien
$er»oltung«fleEen ber apojtolifchen Hammer; 2) bie
©ntbedung ber SUauttlager non ©olfa unb ba« pflpfttiche
Sllaunmonopol; 3) äu« bem Houtobudb ber ißrinattaffe
$iu«’ II; 4) ©ie lefcte SRomfabrt be« beutfcben Hönig«,
römifd^en Haifet«, ffriebricb« III (1468), in ben päpfb
litten Hammerrecbnungen. 2Bir müffen un« ^ier auf
biefe allgemeine 3nbalt«angabe befchränten. SBejfiglich
be« Stäbeten fei auf bie bemerlen«»erte Schrift felbfi
»ertoiefen.
3. ©er 1888 S. 467 angetünbigte j»eite Sanb ber
gortfefcung ber Honjiliengefchichte iE nunmehr erfcbienen.
©t gebt nicht fo »eit, al« früher in 9lu«fi$t gefieBt
trnirbe. ©r foEte nämlich nicht bloft bie 3Sorgef<hi<hte
be« Honjil« non ©rient, be§». bie Anfänge be« $ro»
tefianti«mu«, fonbern auch noch bie erfie ober bie in ben
Sßontiftfai ?ßaut« III faEenbe ißeriobe be« Honjil« bringen.
©a& Serfprechen tonnte aber bei ber $üEe be« Stoffe«
nicht erfüllt »erben, ©er S9anb bringt nicht einmal bie
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$efe(e»$crgtstttl}tt, Äoiiaäiengefdjidjte.
666
SBorgefcßüßte zum Sbßßluß. 6r enbigt im ganzen mit
bemgaßre 1636, wenn bie ©atfiellung naturgemäß ba
unb bort auch etwa« »eitet greift. $>en Sfofang bilbet
baä Auftreten fiutßerS. 68 fommen fomit nicht ganz
Z»ei 3aßrzeßnte jur Veßanbtung. Stte Seitenzahl ift
aubererfeits feßt erheblich; ©ßnoben fallen in bie ißeriobe
nur »enige unb unbebeutenbe, unb »ir erhalten bem»
gemäß mehr eine 3teformation$gef<hi«bte al8 eine Äon*
jUiengeföicbte. Ob e8 notwenbig »ar, bie geitgeföidhte
in fo großer Stoöbeßuung h«ranjujieh«n, baräber loirb
ba8 Urteil oerf «hieben au8fatten. 3<h muß gefteßen, baß
mit eine größere S8ef<ßränfung angezeigt fehlen, unb i«h
glaube <tu«h m«ht, baß bie große @r»eiterung bem ur»
fprängli$en ißlan beö SBerfeö entfprüßt. ®od> ift baräber
nidft ju re<ßten. Snbere »erben bie große Shiäfühtlußfett
lieber feßen, unb au<ß jene fötuten ftdß jufrieben geben,
»enn fte ben Vanb für fi«h unb nidßt al8 Seil eine8
größeren ©anjen in 93etxadßt jießen. ®et Vanb ift eine
eingeßenbe 9teformation8gef«hi«hte, abgefaßt mit ber großen
©eleßrfamleit, bie bem ßoßen SSerfaffer eigen ift.
3)a$ 2Ber! zerfällt in neun Äapitel. S)a8 erfte
ßanbelt non ben Anfängen Sutßerö unb oon feinem Vor»
geßen bis jur Verurteilung bur«ß ben römifcßen Stußl;
ba8 zweite oon bem Steußötag oon SEBormS 1621 unb
ber näcßflen golgezeit; baS britte oon ber religiöfen
Bewegung unter ^abrian VI; in ben fünf folgenben
fommen bie religiöfen Vermietungen unb flämpfe wiß«
reub beb ißontißfateb Älemenö’ VII zur $)arjteflung,
int fünften inißefonbete bie Anfänge ber Steuerung in
©nglaub, 6<ßottlanb, Stänemarf, Norwegen, S«hweben,
fiinlanb, graniteich nnb ben Stieberlanben, im fecßbten
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666
$efe(e>$eigenröt$er.
bie (Sinfü^tung bei neuen ©laubenl in bet beutfcben
Schweig; bal lejjte ift ben erften Sagten bei ?ßontififatel
$aull III gewibmet; in bie 8eit fällt namentlich bie
Bollenbung bei anglilanifchen Schilmal unb bet Unter*
gang bei alten ©laubenl in ©enf. Sie Spnoben net«
teilen fid^ je nach ih tet 3 e ü auf bie einzelnen Sbfchnitte;
fie nehmen, tote bereitl angebeutet tourbe, nur einen
geringen SRaum im Banbe ein. 3u einem Anhang ftnb
brei Sofumente beigegeben: ein Schreiben bei Bergeriul
an ben päpftlicben Selretär Slmbrofiul Sticalcati ». 2.
2luguft 1635 über feine Senbung nach Seutfchlanb; ein
Brebe SpaulS III an ben Suguftiner Stuguftin SRapnarbul,
betreffenb feine anftöjjigen ißrebigten in 2tfti, begto. bie
SJlilberung unb latholifche ©rllärung feiner lutherifch Hin«
genben Behauptungen; bie 9ieuttalitätlerllärung$aul! III
». 14. Slpril 1536 bem Äaifer unb $ranfrei<h gegenüber.
Sen Schluß bilbet, toie bei ben früheren Bänben, ein
aulführlichel alphabetifchel Sftegifter.
Bei einem fo umfaffenben SBerfe lann el nicht gang
an Sifferengpunften fehlen. 3«h toiH inbeffen auf weitere!
nicht eingeben. -Kur ein ißunft barf nicht gang unerwähnt
bleiben. S. 125 wirb ber befannte Sah ton Suther in
beutfcher Übetfefcung angeführt: bal Sßapfttum fei ber
Sifc bei Wahren unb echten Slntichrifil, ju beffenSäu*
fd&ung unb Bern ib& tun g bei $eil4 ber Seelen wegen
aUel erlaubt fei. Sal ifi freilich eine unb namentlich früher
auf latbolifcber Seite fefjr laerbeitete ttberfe|ung. Sie ift
aber gmeifeOol unrichtig. Nequitia heißt ja bo<h nicht Ber«
nichtung. Saher ift ftatt ber (non mir) unterftrichenen Söorte
gu fefcen: gegen beffen Säufchung unb Schlechtigfeit. —
Set oortiegenbe 6. Banb ber Äongilien*@ef<hi<hte
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&on}i(iengefdji$te.
657
umfaßt in ber 2. Auflage 146 Seiten mehr als in ber
erjlen. ©er beträchtliche 3uroacb8 rührt teil« oon bet
(Einfügung neuer Sipnoben b«t — es finb beten 76, unb
fie gehören ju einem großen ©eil bem ffanbinamfcben
Diotben an, — teil« non einer ausfindigeren Sebanblung
einiget abfchnitte, fo namentlich ber Aufhebung beS ©em«
pletorbenS unb beS Schemas, übet bie in bet jüngften
3eit bebeutenbe ißublüationen erfolgt finb. ©alt eS
nach biefer Seite bi» baS 9Bet! ju oermebren, fo war
e8 »eitet in »erfcbiebenen Partien ju oetbeffern. 3n
ber Sorrebe wirb in biefer Sejiebung außer ben bereits
genannten Stbfdhnitten auf bie ißontifilate toon Sonifaj VIII,
ÄlemenS V unb Johann XXII, auf bie Spnobe »on
Sienne, ben Streit fiubtoig beS Sägern, öertoiefen, unb
3tef. fann betätigen, baß b« r unb an anberen Orten
bie neuefle $orf<hung forgfältig berücffichtigt mürbe. 9lur
gan} feiten »ermißt er bie neuere Sitteratur, unb auch
in ben bezüglichen fällen liegt vielleicht Weniger ein Über:
feben als ein Übergeben vor, inbem bei bem 3toed beS
SBerfeS eine ©rwäbnung nicht angejeigt fdjien. Sine
auSnabme bürfte nur ber abfcßnitt über bie Sülle Unam
Sauctam machen. SBie mir fdheint, mären bie neueften
Serbanblungen über biefeS ©olument mehr ju Oermerten
unb reichlicher ju ermähnen gemefen, als es S. 349 ge«
fchiebt. ©och fleht biefer gaH oereinjelt ba. 3 m flanjen
bat ber gelehrte Searbeiter feiner aufgabe völlig ent:
fprocben unbbenSanb in eine bem gegenwärtigen Stanb
ber SBijfenfcbaft gemäße neue ©efialt gebracht.
3Sir müffen es uns »erfagen, auf baS einzelne
weiter einjugeben. Jtur ber angelegenbeit beS ©emgler*
orbenS mögen noch einige 3«ilen gemibmet werben, ©et
Ou«rtaIj$rift. 1890. $cft IV. 42
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658 §efele»JSnöpfler, ftonjiliengeföidjte.
gearbeitet mar in bet glftdlidben Sage, über ben tvidb*
tigen ^nnft im allgemeinen mit bem SScrfaffer fub in
Übereinjlimmung ju bejtnben. Einige feit ber erften
Auflage publizierten Sofumente verbreiteten aber über
bie Sragöbie noch etwa« peUereä Siebt, unb fo fonnte
er, naepbem er bie Vorgänge bi« jur ÜJtitte be« ^apte«
1308 geföilbert, 6.433 bereit« bemerlen: „So war
benn ba« Scbictfal be« Drbeu« anfaug« 3uli 1308 ent«
föiebeu. $>e« fiönig« (SßbUipp TV) #auptverlangen,
Äüefgabe ber 3nquirttion«BoHmad?t an feine Äreaturen,
toar erfüllt. 38a« nun no<b folgt, ift teil« abfiebtlicpe«
teil« unabfübtliepe« juriflifdbe« ©autelfpiel, um ben 3ujHz=
morb fo gut al« mftglüb ju maätieren, gür bie Rempter
aber toar e« ein langfame« unb graufame« SWartprium,
ba« }um Seil au$ auf fRedpnung be« Sßapfie« lommt.
Seine ESflidpt wäre e« geroefen, fall« er fiep bem ge*
»alttpätigen Einbringen be« Äönig« niept enttoinben fonnte,
ben Orben traft apofiolifdper SRadptVottfommeupeit für}:
toeg aufzubeben, nidpt aber mit S3lut unb Seben £un=
berter von Stenfepen unter bem ®e<fmantel ber Religion
frevle« Spiel treiben zu laffen. 9ta<pbem bie Elüefgabe
ber 3nquijttion«ge»alt an bie ftan}öfifdpen Prälaten,
namentlich an gmbert von ißari«, in 2lu« Fiept fianb,
tonnte man e« fragen, einige ber burdp bie golter er*
preßten ©efidnbnijfe audp vor bem $apft »teberpolen
ZU laffen. 3*fet fonnte man ja bie Siebetpolung ber
%u«fagen bureb bie Sropung mit ber Strafe be« SRüd*
fall«, b. i. bem geuertobe, erzwingen" u. f. fr.
Uber bie SJebeutung be« Sette« bebarf e« ben
Sefern ber üuartalfdjrift gegenüber feiner weiteren Sorte.
gunf.
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(Sattler, 3ur ®ef<bidjt t ber Uniüerfttät (Saljburg. 659
2 .
ftatertanermlBIättrr jut ®e\d)i<S)te bet ehemaligen ©ettebil«
tiner>Uniberfität Saljburg non SRagnnS Sattlet, 0. S.
B., ©rior beä ©enebiftinerflofterS UnbechS. ßempten
1890. VH. 710.
Unter biefem befcheibenen Xitel ersten bei ßöfel
in Äempten ju ©eginn biefeS gahreS eine mit Siebe unb
©efchid ausgearbeitete grünbliche ©efchichte ber ehe«
maligen Unioerfität Salzburg. 3)et raflloS thettige unb
gelehrte ©erfaffer berfelben, ©.MagnuS Sattler, ©rior
beS in ber 9tähe beS SEmmerfeeS gelegenen ©enebiftiner=
flofterS SnbethS in ©aperu, hat ft<b bereits burch feine
anbertoeilige litterarifche Xhfitigfeit, burch oerfdjiebene
©ublifationen in ben „Stubien unb Mitteilungen aus
ben ©enebiftiner« unb ßifterjienferorben," foroie burch
größere hifiorifdhe arbeiten, „(Sin Mönchsleben aus ber
jtoeiten Hälfte beS 18. gahthunberts," SRegenSb. 1868,
ferner burch feine „Shtonif »on ÄnbecpS©onauwörtp
1877 in »eiten Greifen rühmlich befannt gemacht. Seine
greunbe »iffen, bafe er feit gahreu ein anbeteS 2Betl
ausgearbeitet hat, ein -Jlefrologium über 84 ©enebiltiner*
llöfter, »elcheS mit bem berühmten Älofier Meffobrunn
beginnt unb bie ©efchichte ber Abteien unb ©riorate bis
jur Sälularifation fortführt ®aS SBerf »äre »ohl »ert,
auf Äofien berälaberaie bet ©Uffenfdjaften in München
beröffentUcht ju »erben, unb »äre nur ju »ünfehen, bafe
bie nötigen Schritte hieju gethan »ürben.
©er ©etfaffer bet floHectaneen*©lätter »erfleht eS
uns auf ®tunb unzähliger ungebrudter unb gebrudter
©oEumente Schritt für Schritt mit ben erflen Anfängen
unb ber ©ntmidlung ber Salzburger ©enebittiner=Uniberft=
42*
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660
©attler.
tät, mit intern 2Ba$?tum unb tprem Untergang (1810),
mit ihren Seiflungen, ©<h»ierigfeiten unb Stampfen be*
fannt }u machen unb fo auf ^ifiorifc^ genetifdbem 2Bege
ein ooUftänbtgeg Söilb ber bamalg fo einflußreichen unb
im ©anjen erhebenb »irtenben ^o^fdbule ju ©aljburg
ju jei^nen. ®ie Drganifation ber Unioerfttät, ju ber
66 lonföberirte Söenebiftinerllöfier in öfterreich, Sapern
unb ©dhtoaben ihre heften Strafte fdpidften, toirb anfdpaulidp
gefcbilbert, bie Stettoren, Getane, Sßrofefforen treten in
ihrer amtlichen SBirffamfeit, in ihrer Sehr* unb Iittera*
rifdpen ^härtfl^ü un« oor Stugen, unb toirb bei einjelnen
ein SSer^ei^nid ihrer oorjüglicpften Seiftungen auf bem
©ebiet ber - 5Ph^°f°bhi e / Rheologie unb IJurigprubenj
mitgeteilt. S)ie ©enebittinerjlifter oon ©t. ißeter in ©al$*
bürg, ©t. hatten, Ottobeuren, SBenebiftbeuren, ©t.Smmer*
am in Stegengburg, Dberalteidf) an ber S)onau, 3lnbe<h2,
Xegernfee, ©ttal, ©t. ölaften, ©ötttoeip, Stremgmünfier,
Slbmont, ÜJtonte*Safftuo u. a. fanbten ihre berühmteren
Sehret nach Salzburg, mit benen ung ber SSerfaffet be*
tannt macht.
Stadh ber Aufhebung beg Stlojterg festen »erfdhiebene
ißrofefforen an anbern Unioerfitäten unb Sehranftalten
ihre &häti0fcü fort, unter benen einige Stamen genannt
feien. 3oh. SSapt. Slnbreg oon Stönigghofen im ©rabfelb
toirfte feit 1812 als gtrofeffor ber Stirchengef<b«bte unb
beg Äirdhenredht« in Sanbgput; Sgibiu« 3aiä aug SJtitten*
»alb, Stonoentual beg Stlojterg 93enebittbeuren, ißrofeffor
ber SJtoral* unb ißaftoraltheologie in ©atjburg, ging 1806
alg ©rjieher ber Söhne beg ©rofspetjogg oon Xogfana
na<h SBürjburg, im 3apre 1814 nach glorenj unb ftarb
1822 )u SSenebiftbeuren. ©eine zahlreichen ©dhriften
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3ur @ejd)td)te bei Unioerfität Caljbutg. 661
(6. 659—661) waten befonber« bet Sugenberjiebung
unb ber ©tbebung be* Familienleben« gewibmet. Fortan
SDleiDinger war fpätet al* ißrofeffor ber Sjß^ilofop^ie an
bet £ubWig*SJla;cimilian« Umoetfttat 3Jlün<ben t^ötig (f
1836). 3. SWatia SBagner, geb. }U ^bietbaupten, fe|te
al* ißfarrer in ^obenpeifjenbetg feine Sieblingäftubien über
Slftronomie unb -Dieteorologie fort, et griinbete ba« &naben=
feminat ju Fteiftng unb fiatb al* ißrofeffor unb Sieftot
be* bafelbfl entflanbenen ©bmnafium* unb Spceum« 1834.
SSitali* ÜJleunet, geb. ju SBeingarten, ©tubienpräfeft in
©btogett/ bann ißrofeffor bet ißbbfif * n ©aljbitrg, ftarb
al« ißfartet in SBern*felben, $)efanat* 3Jlergentbeim 1828.
3ob. Slepomuf doh $ortig, Jtonoentual Don äfobedj«, feit
1803 ißrofeffor bet ißbitofopbie in ©aljburg, lehrte feit
1806 Jlir<bengef(bicbte am Spceum ju Slmbetg unb feit
1821 an bet UniDetfität 2anb*but. 3m 3ab re 1830 würbe
et ÜJlitglieb bet Slfabemie bet 2Biffenf<baften in 2Riincben,
Wo et 1847 fiatb. ©eine umfaffenbe Sitteratur bewegt
ft<b teil* auf Wijfenfdbaftlübem, teil* auf buntorifiif<b*
fatitifdbem ©ebiete. ©ein DetbienfiooHe* „#anbbu<b ber
<btifili<ben .£ir<bengef<bi<bte" Sanb«b. 1825 f. würbe oon
©öllinger neu bearbeitet unb erfreut fi<b fegt nodb großer
$o<bf<bäfcung.
SDlöge ba« SEBerf be« iß. ÜJlagnu* ba* Stnbenfen an
bic alte iBenebiftiner'UniDerfttät wacbrufen unb jugleidb
ein Häuflein jur ©rünbung bet in 3lu*ftcbt genommenen
neuen ^o^lfcbule ju ©aljburg werben.
ftibn.
3.
Selrtn^btt tatWiMen ftat«|ttil Don g. X. «i|»ert, bifd)öfl.
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662
©djöbert.
geistlicher 9tat unb SedjantpfQrrer. Semiten. Vertag bei
Sof. ftöfet’föen Suchhanblung 1890. @.XIX unb 664.
@8 toat gang an bet 3*ü/ einmal einen oottjtfin*
bigen ftberblid Aber ben heutigen ©tanb ber fatechetU
fchen SBijfenfchaft unb eine fpfiematifc^e 3ufammenfafFimg
ber toielen unb banfenStoerten fatechetifdien Setailar*
beiten ber neueren 3eit gu geben, unb bet Verfaffer be$
hier oergeidjneten Sehrbuche» h at ein tüchtige» Stüd
Slrbeit in biefer Stuhlung geliefert. Seit einem b«H*en
Sabrbunbert im praltifcben ämte t^ätig unb auch litte*
rarifcb burch mehrere Vorarbeiten geübt *), »erbinbet
®e<hant ©<h öb e rt mit einer eingehenben Velauntfchaft
in ber miffenfchaftlichen Sitteratur ben fieberen Vlid eine«
Stanue» ber ©chulprapi»; unb mir miffen bieS gerabe
für bie Äatecbetif oott unb gang gu mürbigen. Kenn
6<b. au<b, mie er e» ja auch nirgenb» oerleugnet, im
erfien, nemlich bem gef<bicbtli(ben Seite feiner SarfteOung
bie grüßte au» ber Slrbeit eerbienter fjorfcher unb Vor*
gänger mie ©. Staber, Slbetb. SBeife, fßrobfl,
©öbl, Äramu|lb, #ibler, 3 e Jf$toi$u.9L erntet,
fo ift bo<b fdfon ein Verbienfi barin gelegen, bafj er bie
@ef$i<bte be» Äated)umenat3 gum gunbament feiner
meiteren Untersuchung ma<bt; oon ba au» erhält bann
bie ©törterung fomohl über Vebeutung, Qtoed unb 3«l
ber Äatedhefe al» über bie richtige Stethobe be» Unter*
richte» bie ftchere Stiftung; unb menn mir fein Vu<h
auch nicht eigentlich ein „Sehrbuch" nennen möchten,
1) SBir tennen öon ihm, aufjft jerfireuten ÄbljanMungen,
jtoet Sdjriftcben 1 . Sie »Narratio« be 8 hl* ®u 0 uftinu 8 unb bie
Jtatedjetifer ber Sleujeit. Singolfing 1880. — 2. Über ben Keinen
BatedjiSmuS für bie Eibjeje ffiidjfUitt. Sich ft 1888.
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Äate^etif.
668
weil ed biefüt ju breit angelegt ift unb §u ötel ißolemi!
enthält, fo lönnen wir baffelbe bocb jebem Äatecbeten
unb Se^rer bet Äatecbetil jum ernftlicben ©tubium beftenS
empfehlen. @8 fönnte ftcb jwar, wenn wir ba8 Sehrbud)
)u breit ftnbeit, immerhin fragen, ob nicht in unferem
tbeologlfcben ©tubium bie Äatecbetil neben anberen
Rächern ju febr oerfürjt werbe, unb ob eine fo au8=
fübrlicbe unb grünblic&e ffiinfübtung bet Geologen in
ben Äatecbetenberuf, wie bet SSerf. fle im Süuge ^at,
nicht ufl^litber unb notwenbiger wäre al8 j. ©. eine
etnlä&Ucbe S^eorie über Äanjelbetebfamleü. @8 ift jwei*
felbaft, ob e8 nicht mehr tüchtige ißtebiget al8 gute
Äatecbeten gebe, unb ob nicht für bie Äatecbefe eine
methobifcbe Anleitung weit unerläjjlüfcet fei, al8 für bie
Ißrebigt, bei welker in riet fixerem ©rabe bie natür-
liebe Begabung unb bie allgemeine ©Übung au8fd)lag=
gebenb ift. 2ber wir müßten bo<b auch »or Übertreibung
unb Überführung ber fdbulmäfeigen Anleitung unb ber
SDtethobil für ben ^Religionsunterricht warnen, tlnfer
moberneö ©<bulwefen 1)at, wie un8 fdbeint, nicht in bem=
fetben 9Jta|e, al8 man ftdb um SJtethoben, bibaltif$e
Hilfsmittel unb 2ebrbü<ber ftreitet, an innerer f$ru<bt=
barleit unb nachhaltigem ©rfolge jugenommen; man muB
fi<b alfo wohl hüten, ba8 Wa8 wir am ©ollsfcbulwefen
im allgemeinen bellagen, ben ÜRethobenjroang unb bodb
jugleidb ba8 unruhige Saften nach immer neuen bibal=
tifdben Äunftmitteln, ohne Slot in ben {Religionsunterricht
bereinjujieben. @8 bleibt un8 ein feftftebenbe8 Stjiom,
baB auch in bet Schule, wie auf ber Äanjel, mehr an
ber ißerfon be8 SehretS al8 an Sbeorien unb SJtethoben
gelegen fei; unb barum möchte Sief, getabe für ben
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664
©djöbert.
Unterrid/t ber Xheotogiefiubierenben bem Streit über
getoiffe -äJtethobenfragen nicht fo Biel Spielraum geben,
toenigjtenS nicht über baS hinaus, tüaö im Sehrplan
unb in ben bifchöflichen Slnmeifungen für bie Schule
fdhon feftgefefct iß.
9Bir bemerfen bieS, nicht »eil toir ettoa mit bem
SSerf. für bie Bon ihm fo oiel angefochtenen $irf<her,
2Jt e p u. 21. in fachlicher £injtcht eine Sange brechen
möchten. S)ie Errungen £irf cherS ftnb längji übertnun*
ben, feine Verbienße aber um bie pfpchologifche unb
theologifche Vertiefung ber Äatechefe toiH auch Sch- nicht
leugnen. SBenn aber 2Rep in einen folgen 3ufammen=
hang mit $irf<her gebracht toirb, als ob in ihm bie
$irfcher’f<he ©$ule fortlebe unb als ob bem SEBieberauf*
leben ber $irf<her’f<hen 2h e °rie burch bejfen Velümpfung
oorgebeugt toerben müßte, fo fei Bote uns gunächß be=
merft, baß ÜJtep nur fehr entfernt ein Schüler 4)irf<herS
heißen fann, ben er oiellekht im Seben nie gefehen,
{ebenfalls nicht gu feinem Sehrer unb Vorbilb gehabt
hat, toie auch ißalmer nicht „Kollege" Bon $irf<her
in Tübingen mar, tnie es in ber »Narrafcio« S. 61 heißt.
$irftherS arbeiten finb gang am ©tubiertifch unb auf
ber Sehrfangel, bie Bon SJtep gang in ber Schule (®pm*
nafium unb VolfSfchute) entftanben.' SDiep begann feine
praltifche ^^ätigfeit, als über ben Katecheten .gitfehet
f<hon ©taS gu tnachfen anßng; unb toenn es eine £ir-
fdher’fdhe Schule im eigentlichen Sinne je gab, fo gehörte
bo<h SJJep nicht einmal gu ihren Epigonen fonbern eher
gu ihren ©egnern, gu ber „neuen Schule" int befien Sinne
beS SBorteS. SEBir halten eS gtoar für ein Verbienß beS
Verf., baß er bie fEheorie ober bie Vebeutung ber 2lu=
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Äatedjetit.
666
guftinifcben narratio, b. bet SSerwenbung bet Offen«
barungSgefcbicbte füt ben SSorbereitungäunterricbt in bie
tintige ^Beleuchtung gefiellt l>at, unb wir finb im gangen
mit ihm einoetflanben; bagegen prefet et bie S)atfteIIung
non Mep übet bas tintige Mag b*nau2, um i^n in
biefet §rage ju belämpfen. 2>ie StoSeinanberfefjung
6. 281 ff., Wo bie Slnficbt über ba$ SSerbältnte
von bibUfdbet @ef<bi<hte unb ÄatecbiSmuS in ben erften
Schuljahren befprocben wirb, lehrt, wenn man mit SEBo^I*
wollen auslegt unb nicht ohne SRot ben Slutor fi<b felbft
wiberfprechen läßt, bag Mep übet biefet SSerböltniS un«
gefäbt ebenfo benft wie 6 $., bag et tein Wefentlübe«
Moment oon bet SBebeutung beS ÄatedjiSmu« faüen taffen
Will, bag es alfo nicht notwenbig war, überall einen
fcparfen ©egenfafc betouSäufebren, bet gar nicht beftebt.
Übet ben „Meinen HatecbiSmuS", ben Mep nicht in bie
$änbe bet ©«hütet bet jiingften JMaffe geben will, lägt
fi<b om ®nbe bifputieren; wenn ihn einmal bet fiepter
jur #onb bot, warum nicht au$ bie ©«hütet, fobalb
fie einmal genügenb lefen fönnen! Stber ben ©ebanlen,
bag ein guter Katechet auch ob«« bie ©tüfce eines Äa«
tecpiSmuS in ben $änben bet Äinbet mügte erfolgreich
latecpifUten lönnen, taffen wir un« nicht ganj oerwerfen;
fo hoben bie Sitten tatedjiftert! Unb bag unfet ÄatechiS«
muäwefen unb bet baran geh anfchliegenbe Unterricht
noch nicht übet alle ©inwenbungen erhaben fei — baS
jeigt bet traurige ©rfolg in fo oieten Schuten! @3 ift
nicht }u oetwunbetn, wenn manche wünfehten, man möchte
hinweg übet ben fünfllüben papierenen Stpparat mit
Meinen, mittleren unb gtogen ÄatechiSmen, mit Meinen
unb gtogen biblifchen ©ef<hi<hten, mit Meinen unb gtogen
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666
6$ö6etl (
©ebetbücßlein unb Seicßtfbiegeln, mit Keinen unb großen
SKlbcßen unb Spruhfammtungen bod? auch einmal toieber
gut ungelünßelten natürlichen (Einfachheit lornmen.
©aß ©h- ben 9teIigionSunterri<ht an ßößerenehulen,
©ßmnaßen u. f. n>. in feine Unterfucßung ßereingießt, iß
gmedmäßig unb feine Stellung gmifcßen gmei ejtremen
Slnßhten »erflehen unb billigen mir bis auf einen getoiffen
fßunft. ©ie „miffenfhaftlicßen" SieltgionSßanbbüher
haben ft<h nicht fo bemäßrt mie man früher hoffte» unb
fte fcßlagen eines bas anbere aus bem gelb, unßcßer,
meines bon allen bie übrigen überleben mctbe. Slber
mit bem Katechismus allem iftö auch näht gethan. ©aß
bie an höheren ©hulen gebilbete ÜJtännermelt ber Religion
unb bem praftifheu Shrifientum üielfacß fo fehr entfrembet
iß, hat feinen ©runb hoch mohl nicht barin, baß ße
am ©ßmnaßunt ben Katechismus nicht gelernt; moßl
eher barin, baß man fie gu oiel mit einem trolenen
©oltrinariSmuS gefcßulmeißert unb ihnen nicht bie toeiteren
äuSblide in bie tieferen, aber auch reiheren unb angießens
beren Siegionen beS religiöfen SBiffenS unb Sehens er¬
öffnet hat. ©aS lonnte ja auch an ber $anb beS Kate*
dßiSmuS gefheßen, bie Einführung in ben „®etß" unb
in bie „^errlihleiten" beS EßrißentumS; aber gefcßießt
es? „Snterefjiert unS", fagt einmal Sefßng, „unb bann
macht mit ben Keinen Siegeln maS ißr mottt" ©aS
möchten mir auf ben SieligionSunterricht in ben oberen
Klaffen ber ßößeren ©hulen anmenben; interefßert bie
auf jirebenbe, geißig geroedte, oon ber Kafßfh«« Sitteratur
unb Kunß berührte unb anfpruhSooH gemähte Qugenb,
laßt ben ©cßulßod ßnlen unb bie ißebanterie fallen;
gebt ben Seuten gu bem ungerßötbaren alten noh etmaS
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Aatecpetit.
667
neues, ma£ bem StlbungSgrabe beS ©pmnaftumS ober
bet SRealfdjute ober beS SehrerfemiuarS eutfpricht; betrautet
aber bann au$ nicht bie SteligionSflunbe als Siebenfach,
für welches jeber Hilfslehrer gut genug ifl! Ob man
bann bie Orbnung beS Katechismus einhalte — barin
erbliden mir nicht bie Hauptfache.
SEBenn S. 477 als lefcte Steigerung ber SBunfch
auSgefprochen wirb, ba| „auch ber fcogmatilprofeffor
feinen SSorlefungen baS apojioIif<he (SlaubenSbefenutniS,
unb ber SWoratifl feinen Vorträgen ben Sefalog, bie
Kirchengebote, bie Sugenben unb Sünben, furj baS Spflem
beS Katechismus )u grunb lege/ fo möchten mir bagegen
nur fragen, warum fogar ber £)eharbe’f<he Katechismus
aus Siebe ju einer fpfiematifchen $ufammenfajfung bie
Orbnung beS SRömifchen Katechismus öetlaffen habe.
S)aS Such bon S<h. enthält manche Partien, welche
Wie bie f<hon berührten bie Sufi ju einer weiteren J)iS=
fuffton Weden; gerabe überbaSWaS praftifch ifl, pflegen
bie fog. ißraltifer felbfl gar oerfchiebene SReinungen ju
haben. äßir verfagen uns ungern eine nähere fjeflfleüung
berjenigen fünfte, in benen wir bem SSerf. nicht ganj
folgen lönnen. Smmet aber hat Sch- wenigflenS mit
beachtenswerten ©rünben gefämpft unb feine Slnftchten
aus bem inneren SEßefen ber theologifchen 3)oftrin
geköpft; weniger bagegen ifl baS pfpchologifche
(Element im Unterricht berüdftchtigt; fo hat uns j. 8.
baS Kapitel „wie ber Katechet belohnen unb befitafen
foU" nicht ganj befriebigt Schon weil in (Elternhaus
unb Schule fo »erworrene unb oberflächliche SBorfleHungen
über bie päbagogifche Strafgewalt h<trf<hen, fottte man
wenigflenS in berKatechetil baS Problem von Belohnung
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ffialth«.
unb ©träfe tiefer faffett. 23heologif<h hätten wir auch bie
Sehre öon ben Salramentalien ju beanflanben (©. 431 ff.).
©in bed Jtachbenlend Wfirbiged Problem aber möchten
wir gum ©bluffe ber mobernen Äateehettf noch and $etg
legen, nämlich wie ed unfererfeitd angugehen Wäre, baß
nicht bie Äluft gwifehen ber ©laatdfcbule unb ben »on
ber Äirche bejleHten Settern ber Religion immer mehr
erweitert unb Vertieft werbe. 2Rii Sn wenbung bed@örted=
worted „ber Staat regiert, bie Äirdje protefiiert" (©. 269),
auf bie Schute, etfchweren wir nur unfre Stellung unb
ma<$en und fremb in ber ©«hule, anftatt unfer $aud=
recht in berfeiben gu behaupten. Sie fiaatltchen ©efefce
unb Einrichtungen in Sachen ber Schule ftnb nicht un=
abänberlich; ed wirb ju einem guten Seil an und liegen,
bur<h SRUwirlung auf loyalem SGBege beffere gufiänbe
herbeijufähren. SBütben Wir aber ben Staat felbfi ald
ben geinb betrachten, bem man Sbbtuch thun müßte, fo
würben wir gar leicht ind eigene gleifch fchneiben. Unb
djrifUich ift bie grunbfäfcliche Befehbung bed „Staated"
teinenfaUd.
Stottenburg. ßinfenmann.
4.
l\t btntfihe »iielfiberfehnng bed SHittelalterd t). 2B. SBalt|er.
©rjter Seil. 2)er erfte ÜberfefcungdfreiS, mit brei Äunft*
beüagen. Brounfchwetg, SBeüermann. 1889. 207 ©. 4.
@d ift ein großes weit audgebeßnted ©ebiet, bad
fidj SB. gut Bearbeitung audgewählt hat- Süßer ben
belannten 14 beutfchen Bibeln, bie vor ber lutherifchen
im Srude erfchienen, lommen 130 unb mehr hanbfchrift*
liehe ßeberfefcungen in Betragt, welche in allen Biblio«
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®te beutfdje SiBelübetfefcunfl.
669
tiefen ®eutfchlanbs unb Öfterreichs gerfheut liegen. ©ine
erfdhityfenbe Behanblung biefcS toeitfd&ichtigen SJtaterialS
hat bisset gefehlt, unb eS ift mit ©anlbarleit anguer=
fernten, baß SB. biefem SJtangel mit siel ÜJtühe unb
Eingebung abguhelfen fuchte. 3 un ä<hft wirb uns freilich
nur ein ©tüd ber großen Arbeit geboten.
3n bem uns oorliegenben erften Sanbe geht SB.
nicht, jpie man erwarten würbe, Bon ben ältejten hanb*
föriftlidjen Bibetüberfejjungen, fonbern Bon ben Bor*
lutheriföen ©rudwerlen au* unb fucht für biefe bie
ftrage gu entfdheiben, ob fte Bon einanber abhängig
finb, in welcher ^Reihenfolge fte erfdhienen unb auf
welche ber hanbßhnftlichen Überfehungen, bie un* noch
erhalten ftnb, fte fteh ftüfcen. 3m ©egenfaß gu Ber=
f^iebenen Slufftellungen Wirb gu beweifen gefugt, baß
bie Bibelfiberfefcer einanber benüßten unb Weber ben
bebräifdjen Urteft noch bie 3tala beigogen, fonbern allein
ber SJulgata unb gwar oft fehr „fllaBifch" folgten. ®ie
bisher angenommene SHeiheitfolge ber beutfdhen Bibeln
wirb in einigen füllen umgefloßen unb namentlich ber
oerbienftliche unb allem nach wohlgelungene SladjweiS
geliefert, baß nicht ©ggeflein in ©traßburg, fonbern 3<>h*
SJtentel an eben biefem Orte bie erjle SBibel brulte, ebenfo
wirb ber bisher als fünfter betrachtete gaineffche ®rud
an bie Bierte ©teile Berfefjt.
©ine fdhwierige unb leicht irreleitenbe Slufgabe war
es, unter ben Bon SBalther ermittelten 130 hanbfchrift*
liehen Überfe|ungen ber gangen Bibel ober einzelner Steile
berfelben biejenige herauSgufinben, welche möglichetWeife
felbfl ober in Slbfchrift ber SJtentet’fchen Bibel gut Borlage
gebient haben fonnte. SfluS einer eingehenben fEefteS*
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670
SBaltftr,
oergleühung, toooon 6.158—163 groben gegeben »erben,
ergibt ft$ ein enger 3 u f ammettl ^ an 3 ber SJtentel’fchen
Bibel mit einer greib erg er unb Hamburger £anb*
fd&rift, »eich [entere »ieber mit ber bekannten Xepler
$anbf<hrift ftch nabe berühren. 5Die Kepler $«nbfchrift
gab in lefcter Seit ju ber Behauptung 3tn(a§, biefe unb
»obt bie gefammte Bibelfiberfefcung fei ton 4>äretifern,
ton SBalbenfetn auJgegangen. auf latholifcher ©eite
trat biefer Behauptung Softe« erfolgreich entgegen. SBenn
bie SCepler, »ie bie ^reiberget Überfejjung, einen Bulgata*
teyt benüfcte, ber Pon ben gewöhnlichen ob»t<b, fo läfjt ftch
hier fein Snfammenhang mit ber propenjalifchen Überfefc*
ung ber SBalbeufer nacb»eifen. SBenn man ferner gewiffen
Sufäfcen (Einleitungen unb ©$lufjabbanblungen) »alben*
fifd^en Sharalter jufchrieb, fo fonnte, »ie äBatHjer fagt,
„auch ber fonfequentefle Äatbolif ihnen juflimmen. Stur
barau«, ba& ber abfcbnitt über bie @lauben«artilel ber
al« Drbinationäformular ber »albenfifchen ©eiftlid^en
gebrausten articuli fidei fo ungemein ähnlich fab/ fattn
man feinem »albenfifchen Urfprung entnehmen." Eben*
fowenig beweifen bie Stanbbemerhcngen be« Cod. Teplens»
notwenbig häretifchen Urfprung, ba fte, »ie felbfl iJSrote*
ftanten hertoorheben, n. a. ftatt ÜRenfchenfahn ben latho*
lifchen aulbrucE ©ohn ber SFlaib gebrauchen, unb häufig
non Äefcern reben »a« bei gäretifern auffaHenb wäre,
freilich SBalther will ba« nicht gelten taffen unb legt
grofje« @e»i<ht auf folche ßerBorhebungen, »eiche ba«
„Selben“ unb „Verfolgt »erben" betonen unb Bor bem
„9ti<hten" unb „Swingen" warnen. 2)atau« fott ftch et*
geben, baft »enigjien« bie Benähet ber Sepler £anb*
fchrift „unter ftatfem ®rud leben, Verfolgung ju erleiben
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Sie beutföe 9ibelfl6et[e|ung.
671
ober }u erwarten haben unb leidet jur SBerleugnuttg be«
©lauben« fommeti lönnten", wenn auch bie überfefcung
latholifchen Urfprung batte. SlnberetfeitS foH aber ber
SHbelüberfeger auch {ein lumen ecclesiae getvefen fein,
©enn er ift „be2 Sateintfchen nicht binreidbenb mächtig"
unb ni<bt „ba8 Setoujjtfein feiner Befähigung machte ihn
jum ©ibelttberfehet," fonbern „fein ftarleö Verlangen
eine beutföe SBibel ju bejt&en." @r hüllt feinen tarnen,
tvie bie erjlen Sibelverleger, in tiefes ©eheimniö. SBenn
freilich ißanjer als ©runb bie Slamenäverfchtneigung bei
ben Verlegern bie @$eu not ber Kirche, welche angeblich
beutfche Bibeln verpönte, unb trenn Sutbet vermutete,
fie feien ber Unbraudhbarleit ihrer Strbeit bewufit geroefen,
fo Wiberfpricht bem SBalther unb fagt mit Stecht, bei
ber erften SOtentel’fchen SBibel habe bie Slnonpmität beä=
halb nichts SluffallenbeS, Weil SWentel bei {einem feiner
33ü$er ben -Kamen nannte, bie meifien übrigen Verleget
aber haben ftch nid^t genannt, »eil fte nur Stachbrucfe
lieferten. Umgelehrt will er fogar gefunben haben, baff
bie hanbf<hriftli<hen93ibelüberfehungen von bet ©ewohn*
heit ber mittelalterlichen ©chriftjleHer unb ©chreiber, fich
nicht ju nennen, eine SUtßnahme machen, ja er fchliefjt
bie SOtßglidhleit nicht au3, bajj auch bie Drigtualbanb=
fchrift ber ©epler 93ibel am ©cplug einen tarnen enthielt.
SBie foUte ba noch bie SSibelüberfefcet bie furcht vor
ber Kirche bebrüdt haben? SBenn nun atterbingS bie
Kirche bem UberfefcungSroerl nicht mit fcheelen Singen
$ufah, fo ift bamit natürlich nicht betoiefen, bafj fte
baffelbe auch pofitiv fßrberte.
Unter ben von SB. angeführten ©hatfachen lägt ft<h
nur eine ju ©unfien ber Kirche anführen: von bem als
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672
SBalfyr,
Betfaffet einer Nürnberger Überfe&ung belannten Sob-
NeOadb erfaßten wir nämlich, bafj er ein begeifierter
Anhänger be« päpftticben ©tubie« war, feine ganje
Hoffnung auf bas „©cbiffiein ißetri" richtete unb bo<$
jugteidb bie Bibel unter ben Baien ju Perbreiten fud)te.
(Sine einläfjlidbere Unterfudbung Würbe hier Wobl noch
mehr ber Äitdbe günfiige Nefultate ergeben, ©net wei=
teren Betbreitung ber \ji. ©cbrift fianb atterbing« feit
ben Nlbigenfern bi« in bie neuefte Seit ber Umflanb
binbernb im SBege, baff bie größeren Bewegungen für
baS Bibeltefen ber Baien immer Pon aufgeflärter ober
büretifdber ©eite auSgingen. Übrigen« beitagen ft<b
auch proteftantifcbe ©b e °I°9 cn über ba« geringe ftntereffe,
ba« bie Baien für bie Bibel haben (©öttinger, Äitdbe
unb Äitdben ©. 474).
SBir faben oben, bafj SB. Weber entfliehen für einen
büretifdben noch lirdbtidben ober geiftlidben Urfprung ber
mittelalterlichen Bibelüberfefcung eintritt. Bon wem,
fo fragen wir, foD benn bann ba« überfefcungSwerf
ausgegangen fein? SB. antwortet, Pom Bolle, bem
beifebegietigen, nadb bem SBorte ©otte« bürftenben ein=
fadben Saienjlanb. ©ie$ ifi pnüdbft natürlidb nur eine
Behauptung, bie be« weiteren Beweife« harrt, ©er
noch in 2lu«ft<bt jiebenbe jWeite Banb foH hierüber noch
mehr Sluffcbtujj bringen unb lönnen baber erfl nach ©r=
fdbeinen beäfelben bie SBaltber’fdben Slufflellungen näher
geprüft Werben.
3u ©. 114 ifi }u bemerlen, bafj SWaibingen }Wei
©pemptare be« Saiaer’fdben ©rüde« oon c. 1473 bejtfct,
unb jwar ifi ein ©pernptar in jwei ©eile gebunben.
©iefe« ©pemplar bat überbem am ©dbtufj bie merlwüt-
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Sie beutföe Bibelflberfe&ung.
673
bige 3a$re8}a$l 1476; augenfdbeinticb h at bie nämliche
$anb, wet<he bie ^nitialeR machte, au«h biefen 3ufafc
(neben bie $1Kamen JHS, MARIA) beigefügt. 2ßel<he
Folgerungen barau« für bie ©efHmmung beS SrudtjahreS
ber Sainer’fthen SBibet ju jiehen, übetlaffe i<h bem SSerf.
— 3u 6.5 teile i<h mit, ba|j, wenn nid^t alle, fo bo«h
ein großer Seil ber $anbf«hriften be8 SürgermeijterS
©«höbet in ©era, bet fidb al8 einet bet erften mit mittel*
alterlid^en ©ibelüberfefcungen beschäftigte, non gürft Äraft
6rnft non Ottingen=3BalIerftein angefauft würbe. 3<h
habe nach bem Äatalog allein 40 beutföe ^anbf«hriften
gejäblt, bei benen bet ©«höber'fcbe Urfprung gewifj ift.
Sie Suöfiattung ber 2B.’f«ben ©dfjrift ift prächtig,
unter ben btei ßunfibeilagen ift bie erfle eine «hromo*
lithographifche Keprobulrton be8 Sitelblatte« bet non
Furtmaper iHuftrierten S9ibel in SfJlaihingen. gwar
erreicht bie Kadbbilbung ben ^arbenteij be8 Original«
ni«ht, ei wirb jebocp geleiftet, wa« mit ben mobemen
ÜRitteln überhaupt etjielt werben lann.
SDlaihingen. Dr. ©rupp.
5.
Sa$ friMem btt SRtttrir in ber griechtfcpen Sßbilofopljie.
©ine biftorifd)»fritif<be Unterfu«hung n. (Siemens Sämn«
let. SKünfter, 1890. äfthenborf'f«he ©ucpbanblung. XV
u. 436 ©. SK. 12.
©ine monographifdhe SBehanblung be« Sßroblem« ber
ÜJtaterie lann für bie pbitofopbif«he wie für bie theolo»
gifdhe §orf«hung nur mit greuben begrüjjt werben. Senn
für bie Sßhilofophie bilbet baöfelbe bie ©runbfrage nicht
blojj für bie gefamte SBelterflärung, fonbern au«h für
X$«t. Quattal|$rlft. 1890. IT. $tft. 43
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674
Säutnftr,
bie ©rfenntniStheorte, für bie Geologie aber ifl e8 Don
^öd^fter SBebeutung geworben burdh ben ©influfj, welchen
bie griedbtfdhe -Jtaturphilofophie auf bie d^rifHid^e 6pe=
futation §ur Seit ber Bätet unb ber Scholaftif au8ge»
übt hat. Sa in ber (Gegenwart einerseits bie ariflote*
lifdh * fdholaftifdbe Baturbetrachtung in ber fat^olifc^en
Sheologie mit mehr ober Weniger SJlobifilationen fafl
ju unumf<hrän!ter ^errfchaft gelangt ifl, anbererfeit«
aber bie alte Atomiflil, burch bie ejaften SBiffenfchaften
funbiert unb Derbeffert gut fafi au8fdhliefjlidhen ©runb*
läge ber neueren Bhhftf unb Ghemie gemacht worben
ifl, fo muh «8 für weite Äreife Don Snterejfe fein, bie
ÜBege unb SBanbtungen lennen gu lernen, burdh weldhe
ba8 menf<hlt<he Senfen gut annähernben Söfung be8 bie
gange SBeltanfdhauung beflimmenben Problems fortge--
fchritten ifl. Befdhränft ftdh ber Berf. au8 guten
©rünben auch auf bie griedfjifdhe ^ßhitofophie, beten prin*
gipielle Berfchiebenheit Don ber fritifchen mobernen 5f$h* s
lofophie unb Baturwiffenfdbaft fd&on burdh ben „naioen
Begriff8reali8mu8" unb burch bie „ObjeftiDierung unb
^hpoflafterung allgemeinfler Begriffe unb Anf<hauungen"
dbarafteriftert ifl, fo bietet er un8 bodh einen ©inblicf in
bie Stellung unb ©ntwidflung be8 Problems, bet audh
für bie Beurteilung ber Späteren Baturphilofophie non
großem SBerte ifl. $at bo<h biefe, foweit nidht bie
dhrifllidhe äBeltanfdhauung ober bie ©rfahrungSWiffenfdhaften
notwenbige Anbetungen h e rbeiführten, im wesentlichen
t>on ben ©rgeugniffen be8 gtiedhifdhen ®eifle8 gegehrt.
Bielleidht wäre eS gut gewefen, wenn ber Berf. unbefdhabet
feiner notwenbigen Abgrenzung auf biefen ißuult näher
eingegangen wäre. Sie ©efdhidhte be8 Stoici8mu6 unb
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®o8 Problem bet SRaterif.
675
•ReuplatoniSmuS hat ihm ©elegenheit gegeben, einige
Streiflichter batauf ju werfen, aber bie ^Berührungen
ber Sßäter mit biefen ©pftemen waren oiel inniger al8
man barnadh bermuten lönnte. immerhin fann eine
SBeiterfflhrung ber Strbeit leidet hieran anfnüpfen.
©ie ©nteilung war butch bie -Jiatur ber Sache ge=
geben unb läßt jugleich ben gefc^ic^tlic^en ©ang erlennen.
guerft werben $iemli<h ausführlich bie Sorfofratiler, b. h-
bie alteren jouifchen ÜRaturphilofophen, bie Sßpthagoräer,
bie ©teaten, bie jüngeren -Jtaturphilofophen unb bie
©ophifHf behanbelt. Sei biefen ift baS Problem ber
SKaterie noch nidht bejiimmt formuliert, aber bie Stnfdfce
ju einer ©heotie werben gemacht, um ba8 Verlangen
be« menfdhlühen ©eifteS nach einer einheitlichen 3Belt=
auffaffung ju befriebigen unb ba8 bleibenbe ©ubftrat
be8 2Be<hfel8 in bet Äbrperwelt ju beftimmen. 2Befent=
lidb neue ©eftdbtspunfte fönnen hier natürlich nidht ju
©age geförbert werben. 2fn ben Hauptfragen folgt ber
Setf. hiet, wie auch fpäter, ben mufiergültigen Stu8füh=
rungen SeßerS, aber et hat e3 oerftanben baS fpejiette
Problem im gefdhichtlidhen Sufammenhang barjujleUen
unb eine grünblidhe philologif<h=lritif<he Slnalpfe ju geben,
für weldhe namentlich biejenigen, welchen bet äpparat
Weniger jugänglidh ift, banlbar fein Werben. SSon SHMchtig*
feit für bie ©eftattung be8 Problems ift befonberS bie
Ausführung übet bie eleatifdhe ©dhule. ©enn in ber
©hat taffen fi<h in ber ©wigteit unb Unoeränberlidhteit,
Welche IßatmenibeS bem ©eienben beilegt, bie SButjeln
ber ©heorie bei ©mpebolleS unb AnajagotaS wie bei
ben Atomilern nachweifen, ©iefe „jüngeren SRaturphilo*
fophen" haben bann baS Problem um einen guten Schritt
43*
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676
Saumiet,
ber Söfung nä^er gebraut, inbem Tie titelt nur jwifd&en
bem Stoffe unb ber bewegenbett Kraft unterfc&ieben,
fonbew au$ p ber ®inftd|t gelangten, bafj in allen
©eränberungen ber Körperwelt bie Summe be« 2Jlate*
rteEen biefelbe bleibt. ©iefe „Spaltung ber SRaterie"
bilbete ben ©runb für bie Sttomiflif unb führte in ©er=
biubung mit ber ewigen Bewegung p ber med&aniföeu
2Beltanf$auung. 3ta$bem fpäter ©pifur bie SÜomifUf
©emofrit« noch Wefentlidfj Berbeffert fcatte, würbe biefelbe
}ur ©runbtage für bie Se^re oon ber „©rpaltung ber
Kraft", weld&e für bie ganje neuere Iß&pftl unb ©pemie
mafjgebenb ifi.
©mpebolle« pat perfl bie Bier ©lemente eingeffi^rt,
biefelbe aber als unoetänberlid& betrautet ©lato, oon
bem ber ÜRame ©lement flammt, unb SrifioteleS ^aben
jWar biefe ©lemente angenommen, aber ein Übergeben
be2 einen Elemente« in ba« anbere behauptet unb ba=
' but<b im ©runbe ben SSegriff ©lement wieber jerflört.
©agegen fyat Slnapagora« mit ©armenibe« unb ©mpe*
bofle« im ©egenfaj} p ber SttomifUf bie unbegrenzte
©eilbarleit unb bie Kontinuität be« Stoffe« gelehrt unb
ifl &iebur<$ wie bur<p feine Sefyre Born 3tu8 für bie fpfi*
tere Seit majjgebenb geworben. $atte ©mpeboKe« nadp
bem SSorbtlb be« menfc&lid&en SebenS al« treibenbe Kraft
im Vorgang ber ÜDHf$ung unb Entmifdfoung bie Siebe
unb ben $afj bejeid&net, fo oertiefte Slnajagora« biefen
©ebanfen, inbem er wie ben ©eifl im 3Renf<$en, fo ben
9tu« im UniBerfum pr bewegenben Kraft erpob. „©er
©ebanle war oon &ö<pfter ©ebeutung für bie ©fpdjjologie,
ber er eigentlich i^ren ©egenflanb unb tyr gefonberte«
fjelb perft nad&wie«, wie für bie 9taturp$ilofoppie, ber
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Do8 Problem bei SRaterie. 677
er guerjl bie bewegenbe Urfadbe aufgeigte, uttb in treibe
et bie teleologifd&e ©etracbtung einfübrte" (6. 78).
Ser Se^te ©lato’S, ber guttt erflenmal baS Problem
ber SRaterie in beftimmter Formulierung aufgefleüt bat,
wirb mit Siedet eine auäfübrlitbe ©ebanblung gewibmet.
3n ibm bat bie antife gorrn abftraften SenfenS, welche
man als ©pflem beS ©egriffSrealiSmuS ober beS 9iou=
menaliSmuS, im tlnterfcbiebe oom mobernen 3bealiSmuS,
ber bem SUtertume unbefannt toar, begeid&nen fann, für
alle Seiten ihren tppifcben Urheber gefunben. So<b finb
bie Slnfübten über ©lato’S ©egriff ber SJlaterie nodb febr
üerfd&ieben. Ser ©erf. gebt natürlich »om SimäuS auS.
SRit Seiler unb anberen betrachtet er aber bie SarfleEung
ber fefunbären SRaterie gleidb bem alten ©&aoS als
tbifcb unb erfennt in ber primären SRaterie ben philo*
fopbifdfien ©egriff. Sie platonifd^e SRaterie ijl bet leere
SRaum, b. b- bie blofse SluSbebnung. Ser SSerf. weif)
biefe ©rflärung febr einleudbtenb gu machen unb Per*
weift bie ©feptifer, toeldbe an bem leeren ©egriff 9tnfiof)
nehmen, auf SeScarteS unb ©pinoga. StidbtSbeflowe*
niger fann i<h meine ©ebenfen bagegen nicht gurücfbalten.
Senn felbft toenn man ben mpthifchen Sbarafter ber
fefunbären SRaterie gugeben will unb bie Sbeen als baS
allein wahrhaft ©eienbe berüdfid&tigt, fo bleibt eS bod>
ungemein fdbwer, unter bem Steceptafulum ©lato’S nur
einen bbpofiajietten leeren Siaum anguetfennen. ©erabe
bei bem StoumenaliSmuS beS ©lato ift eS fd&Wierig gu
geigen, wo nur eine $bpofto|terung beS ©egriffeS ober
eine Sbentifigierung beS matbematifcben unb phhftfalifcben
ÄörperS oorbanben ift.
©oEftänbig einoerftanben bin ich bagegen mit ber
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678
Säumtet,
Karen ®arfteHung ber ariftotelifchen fiepte, in toeldE^er
bet Betf. in wichtigen fünften, namentlich in ber Äriti!
beS Begriffes ber SRaterie, ber Schrift ßertling« übet
SKaterie unb gorm bei SttrifloteleS juftimmt. 34 habe
früher in biefer geitfchrift baSfetbe Problem in bet
ScholafHf bebanbett unb fam ju benfelben ©rgebniffen.
SReine Ausführungen haben heftigen SBiberfprudj h erto0 ^
gerufen, aber feine SBiberlegung gefunben. ®enn eS ifi
ja fetbfl&erflänblich, bafe biejentgen, welche unbefümmert
um S^atfadhen bie ^^eorie mit ©ewalt burchfühten
wollen unb als bie höchfie naturpbilofopbifche Sßahrbeit
betrachten, burch eine prinzipielle Befämpfung biefeS
Begriffes unangenehm berührt werben, aber heutzutage
iji hoch nur eine grünbli$e AuSeinanberfefcung mit ben
©rgebniffen ber SRaturwiffenfchaften imftanbe, über bie
Bebeutung beS Begriffes für bie ÄoSmoIogie unb bie
ganze SBeltanfchauung zu entfcbeiben. ©etabe bie phh=
ftfalifche unb chemifche ©runblage ber ariflotelifchen
Spefulation über bie ÜDtaterie war unb mu&te unju=
rei<h«nb fein. ®er begriff ber SEFiaterie hat feinen Ur=
fprung im BegtiffSrealiSmuS, in bem begriff beS Sßetben#
unb baS Schwergewicht beS SöewcifeS fällt auf bie gram«
matif<h'logif<he Begritnbung. 3m Unterfchieb zu ißlato
hat er an bie Stelle ber SluSbehnung bie ÜRöglichfeit
gefefct. ®er AuSbrucf 2Rögli<hfeit unb SBirfltchfeit ftnb
aber nur bequeme Bezeichnungen für ein tbatfächlich be=
{lehenbeS Verhältnis, beffen inneres SBefen uns tro|
ihrer unbefannt bleibt. Sßenn AriftoteleS ben Begriff
oon SRaterie unb gorm, welcher auf bem ©ebiete beS
Organifchen feine Berechtigung unb Blichtigfeit hat, auch
auf bas Unorganifche unb felhft auf bie ©lemeute an=
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Da« Problem bei SRaterie.
679
Wertbet, fo fe|t er fi<h in 2Bibetfpru<h mit bet ganzen
mobernen Maturwijfenfchaft. „ Maß 2SiriftcteleS ton feinen
Elementen behauptet, bafj fte ineinanbet übergeben, fo
bafj bie Materie bleibe, bie $orm aber wedhßte, baß
leugnet fte oon ben ihrigen. Unb toenn jener, um bie
$b»li<b^ii jwifchen ber Entflehung feiner Elemente unb
ber Entflehung beß Drganifdben tootl ;u machen, behauptet,
bafj Wie ber Menfch ben Mengen, fo baß geuer baß
geuer erzeuge, fo gilt oon unferen <bemif<ben Elementen
nidbt, bafj etwa Eifen Eifen unb üuedfitber üuedfilber
heroorbtinge* (©. 251).
M. Er. ftnb biefe naturwiffenfdbaftlidben Einwänbe,
bie nodb leicht feht oermehrt werben lönnen, gegen biefen
begriff ber Materie burdbauß entfdbeibenb. 2)afj aber
audh ber SJegriff an fidb befheitbar fei, habe ich gleidb-
faUß fdbon früher heroorgehoben. ©eben bodb bie über¬
zeugten SSerteibiger bie Unbegreiflidbfeit beßfelben ju.
„®afj ein ©eienbeß SSorbebingung für etwaß Meitereß
fei, ifi ein fehr wohl begrünbeter ©ebanle. 2Bie aber
etwaß SBorbebingung, ©ubflrat u. f. W. fein lönne, ohne
überhaupt }u fein, ifi nicht abjufehen. ®aß wäre aber
bei jener erfien 3Jiaterie ber gall. ©ie ifi ein unmög=
licheß Mittlereß jwifdhen ©ein unb Michtfein. Mur ein
3irlel ifi eß, wenn man fagt, eben baß Mögliche, bie
„Mealpoteuj" liege }Wif<hen bem ©ein unb bem Müht»
fein in ber Mitte; baß Mögliche fei nur altueU ni<htß,
potentiell aber ein ©eienbeß. 5Denn bann fagt man,
baß Mögliche fei ein ©eienbeß, weil eß ein möglidbeß
©eienbeß fei, unb oergifjt, baff gerabe bie ®enlbarfeit
biefeß bloß möglichen ©eienben in gtage fleht" (©.251).
„3n Mahrheit fdheint ber arifiotelifche begriff ber erfien
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680
öäumfer,
3J?aterie baS Erzeugnis einerfeitS eines ju weit gehenben
Realismus, anberfeüS eines nicht böUig jutreffenben
2foalogief<hluffeS p fein" (©. 262).
SirifloteleS hat auch felbft gezeigt, bag fein begriff
oon bet erften SJtaterie für bie Erltärung bet »irflühen
SSelt nic^t auSreid^t. ©erabe für bie allererfie ®tunb=
läge aller fubftantialen SJetänberung gebraust et baS
2Bort an feiner ©teile. Sßielmeht bejeid^net er als „erfte
aWatetie" im ©egenfafc jur „lebten 3Jtaterie" immer nur
baS urfprfingtich förderliche Element, aus meinem
ettoaS entftanben ift, alfo eine fd^on geformte SOtaterie.
Diefet lonlrete ©toff ift aber betrieben je nach ben
Gingen, um beten #eroorbringung es ft<h banbeit. @S
fann nicht jebe SDtaterie ju allem »erben, fonbern eS ift
eine Anlage, eine aftibe IjJotenj nottoenbig. S)iefe ift
ohnehin nicht ju entbehren, toenn ber luSbrucf ber ©buftion
ber fform aus ber SOtaterie ernft genommen »erben fott.
®et S3erbi<htung ber SRaterie jum förderlichen ©toff
entfpridht bie ®erflü<htigung ber SBefenSform jur biogen
Qualität „®er urfptflngli<he begriff bet SWaterie »irb
hiebut<h jerflört" (@. 260).
über bie SOtaterie als baS ^nbibibuationSprinjip
ift eS faum möglich bom ©tanbpunft beS ariftotelifchen
©hfiemS jur Klarheit ju gelangen. 3<h geftehe, bag
mir bie neueften SSerfudhe, basfelbe Har ju machen, tro|
alles 3fof»anbeS fublimfter phil°f°Ph*f4»er ©pefulation,
bie ttnllarheit ber ©a<he nur noch beutlicher }u machen
fhtenen. 3Ran begreift »obl, »ie SlriftoteleS bei feiner
Sßertung ber fform ju biefer SBer»enbung ber SOtaterie
fam, aber eS ift unmöglich, bie fform bem 3nbibibueHen
gan§ ju entgehen. S)er Sßerf. giebt eine lei<htoer|tänb=
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S)aä Problem bei SKaterie.
681
lif e Storfiellung bet {Jtage. 6t fommt aber ju bem
Stefuttat, baß f)iex in bet £b a * ein SBiberfpruf beS
atifioteliff en ©bfiemS »ortiege. 68 liegt eine 3SertoefS=
Iung bet gotm als abfitalten Begriffes bet 2trt, nach
bem Sßorbtlbe bet platouiffen 3bee, mit bet gotm als
Pb9fif<bent ©efianbteile beS Qnbinibuum« not. 3enet
unoeränbetlife ^Begriff toitb ju etwa« Stealem bbi 5 ® 4
ftafiert, aber nift mit ißlato in bie über ben ^nbitibuen
ftebenben Sbeen »erlegt, fonbern ju bet immanenten
SBefenSform beS 3nbi»ibuum3 gemalt (©. 289 f.).
®ie 2tbff nitte übet bie 6piluteer unb ©toiler unb
ben SteuplatoniSmuS jeigen bie beiben Stiftungen, in
toelf e bie grief iff e ?ß^iIofop^te ausgelaufen ifl, einet:
feitS SJlaterialiSmuS, anbererfeits 6manati8mu8. 3 n
beiben Stiftungen lam baS 6inbeitSfireben bet ganjen
ißbilofopb«, toelf eS felbft burf ißlato unb SlrifloteleS
nift »öHig befeitigt toorben war, jum SluSbrud. 3 e
weniger bie alte ^3^ilofop^ie an bet objeftiocu 2Belt
jtoeifelte, befio leifter war eS, biefetbe jum ÜJlittelpunlt
beS ganjen ©pfiemS ju mafen, unb je nafbrüdlifer
ißlato baS ©eienbe in ben 3*>een fufte, befio nottoen»
biger toutbe eS, auf bie SJlaterie unb bie SBelt, beten
6»igleit auf ißtato unb SlrifloteleS für notroenbig et:
afteten, aus bem einen ißrinjq), baS jugleif als 3 n =
begriff bet 3been gelten mußte, burf fucceffioe 6mana:
tion abjuleiten. SEBie mäftig biefe Sefitebungen im
3. u. 4. 3<ftbmtbert «taten, jeigen uns bie ©friften
bet Äirfenoäter. SBitb bof bet 9leuf>latoni8muS ge»
tabeju als 6ontrereligion gegen baS 6briftentum bejeif»
net. S)er ©toiciSmuS bat aber nof in ben pelagiani»
ff en Äämpfen eine große SioHe gezielt. 2)ie ®f toietig:
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682
®e«6,
feit, ß<h einen gang Eötperlofen ©eiß ju benfen, oon
bec äugußinuS fprid?t, oerrät bie ©intotrtungen. SJlicbt
weniger interejfant iß eS bei beibeu ©pftemen bie ^eorie
übet baä S9öfe ju »erfolgen. ©pilur bat jum erßenmal
biejenige Sluffaffung bet 2Jtaterie, welche in ibt bie aß*
gemeinen ©attungSmerfmale beS ÄörperS befaßt, oor»
getragen, ben ©toifera iß bie 2Jlaterie ber allgemeine
©attungSbegriff be£ ÄörperS, ©toff in bem mobemen
©inne beS SBorteS.
©<banj.
5.
«inleitnns in bie ^ri#li#c «t|H oon bemann Bei|, Dr.
unb orb. ißrofeffor ber Rheologie in Tübingen. Sreib.
i. SB. 1889. 8ltabemif<he SBerlagSbucbbanbtung oon 3- 6.
©. 9Robr (SJ3auI Siebed). (Sammlung üjeologifcber Sehr»
büchet). ©. VIII unb 240. 8.
©ine Wißenf<baftli<be SKuSeinanberfefcung über bie
©runbfragen ber ©tbif oom ©tanbpunft eine« „eoange-
lißben" Sbeologen, wie ße uns in ber oerjeübneten ©in»
leitung oerfptocben iß, batf »on uns um fo weniger un»
beamtet bleiben, als inmitten ber mobemen Bewegung
unb ©rregung beS lonfefßoneßen ©treiteS in Siebe unb
S)rucE gerabe bie äßißenßbaft ben SBeruf hätte, ftäreub,
bericbtigenb unb — fagen wir es nur — berubigenb ju
Wirten. SDie SBißenßbaft, welche auch ba, wo ße Eritißb
unb angriffSweife oorgebt, bo<b nicht butcb bie Selben»
f«haften beS SlugenblicfS oon ber höheren S8abn beS ©enfenS
unb IßrüfenS abgelenft würbe, fönnte ben Äern oon ber
©<bale, ben wifienßhaftticben ©ebanfen eines ©pßemS
oon ber zufälligen gorm unb $)arßeHung feheiben, fönnte
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(Einleitung in bie $riftt. Stljil.
683
bie mafjgebenbeu SBertreter einet Stiftung obet Sehre
bon ben unwiffenfchaftlichen SBortführern betreiben trennen,
unb lönnteganj befonberS ft<h auberftberaeugung bur<h=
arbeiten, bafj auch ber ©egner logifch $u benlen, wiffen«
f<haftli<h aufjubauen unb über feinen ©tanbpunlt geifüg
unb fütlich jtcb 9ie^enfd)aft ju geben befirebt ift. SEBir
lönnen jtoar ni$t erwarten, bafc, toaS nun feit 3 V* 3ahr«
bunberten ben ernfteften anftrengungen nicht gelungen
ift, einer „(Einleitung" gelingeu werbe, nämlich bafj ber
eine &eil bon jroei über ©laubenSlontrooerfen ©treitenben
bon ber wiffenf<haftli<hen Überlegenheit beS anberen unb
bon ber jtegreühen ©ewalt feiner ©riinbe ft<h flberjeugt
unb ftch gefangen gibt. füeligionSWahrheiten laffen ft<h
nicht bemonfltieren Wie mathematifche ©äße, unb religibfe
Meinungen nicht ab absurdum führen Wie logifche SEtug«
fdhlüffe. aber man lönnte erwarten, bafc man ftch, in«
folge ber näheren S3elanntf<haft, bejfigtich be$ geifligen
SBerflänbniffeS einen Schritt näher trete, herfömmliche
SRifioerftänbniffe ablege, bie alten ©ebanfengäuge, welche
ju feinem 3'ele führen, einmal aufgebe unb gewiffe
gemeinfame ©efuhtSpunfte unb arbeitSaiele höher
halte als bie eigene unftchere Meinung übet bie treu*
nenben fünfte.
3Rit folgen Hoffnungen haben wir uns in baS Such
bon Sßrof. Sffieifj hineingelefen, unb bon Anfang an
manches gefunben, was ben SBerf. als SBertreter be$
wahren ethif<hen ©tunbpriujipg unb als SBunbeSgenoffen
gegen bie heute mehr als je brohenben gewaltfamen ©in«
brüche in <hriftti<he ©itte, Staats« unb ©efeflfchaftS«
orbnung aeigt.
als bie befie ©eite am Programm beS Sßrof. SB.
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684
®ei|,
erfcheint unS beffen Stellungnahme gegen bie einseitige
pflege bet Äultur* ober Sogiat*@thil, mobutch baS
chriftliche ^ßrtnjip oerfümmert, ber Schmetpunlt beS litt*
liehen ShnnS aus bet inneren Sittlichen ißerfönlichteit
in baS Stußenmerl unb in baS $anbeln für unb bureh
baS ©ange hinauSüerlegt unb übet bem SSBirlen für bie
itbiS«he ©efetlfchaft bie Rettung bet Seele für bie jen*
feitige SB eit unb |üt baS 9tei<h ©otteS im fpegijtfchen
Sinne toernachläfftgt mirb. SBit fönnten ba mit bem SSerf.
manchen Stritt gemeinsam gehen. So lange Dr. SBeifi
baS, rnaS au<h toit für ©runb unb gunbament ber
christlichen ©thil h Q l ten , nicht ausschließlich für Seinen
eoangelifchen Stanbpunlt in Slnfpruch nimmt, tönnen
toit Seine Aufstellungen gegenübet einet falschen Trennung
oon Religion unb Sittlichleit fotoie gegenüber bet ein*
Seitigen Sogialethil oöttig anetlennen; mit mürben oiele
©tötterungen übet bie Sebeutung bet ©ingelperfon in
ber ©thil, übet inbioibuefle Freiheit, ©emiffen, ©lauben,
©otteSlinbfchaft bereitmiflig annehmen, menn et nicht
immer miebet butch polemifche Ausfälle gegen einen
vermeintlichen ©egenfafc beS ÄathoIijiSmuS an ben Sag
legte, baß et mit Seinen SBorten etwas anbetereS meint
als mit, ober baß et fi<h einen latholi|ihen ©egeufafc
gurecht macht, um Sehren, bie uns tftngft geläufig unb
felbfioetflänblich finb, als neue ©rrungenfehaften beS
protefiantifchen ©eifleS erfcheinen gu taffen. SBaS Dr.
SB. Sagt übet Verlegung bet Sittlichleit in bie innere
©efinnung ober in bas Subjelt beS ^anbelnben anfiatt
eines falfdjen DbjeltioiSmuS, übet ben SBett beS inneren
ShunS im SBerhättniS gut äußeren Shatfraft, gut ©enia*
tität im Sinne beS mobetnen ÄultuS beS ©eniuS, auch
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(Einleitung in btt grifft.
685
Wa« er fagt über bie Sebeutung be« Seiben« al« „Schule
ber Sittlühfeit* neben bern $anbeln, überhaupt gegen
jene Sojialethil, bie am 6nbe in ben fog. StaatSfojialiS*
mu« ausläuft, baS finben mir ganj am ißla&e; nur
bag er jtch täufd&t, wenn er meint, bag gerabe bie latholifche
©thif einfeitig baS ©lement be« et^ifd^en SojtaliSmu«
in ben SBorbetgrunb rüde, weil fte ba« SSerhältni« be«
©injelnen ju ©brijiu« non bejfen SBer^dltni« jur Äirche
als einer organifterten $eil«anftalt abhängig mache.
3ebe« Sehrbuch ber !ath- HJtoral, jeber ÄatechiSmu«,
jebe« ©ebetbuch fönnte ben SSerf. belehren, bag unfre
©ittenlehre in erfier Sinie unb im tiefjten ©runbe inbi*
uibualethif<h angelegt ift, bag bie Sorge um bie eigene
Seele, um ben |>immel unb um ba« ©rftnotwenbige (Suf.
10, 42) überall im SSorbergrunb fleht unb bag unfere
ganje ^eilstehre, namentlich auch bie Saframentenlehre,
butthau« auf bie innere fittliche Slrbeü an ber eigenen Seele
angelegt ifi. ©8 ift nicht unfre Schulb, Wenn einer
geWtffen boftrineHen Terminologie, ). 8. ben SfaSbrflden
ex opere operato, ©efefc, fßrobabiliSmu«, Unfehlbarfeit
u. bgl., ton proteflantifcher Seite eine anbere Ausbeutung
gegeben wirb al« ton un« felbfl. Tag ftch bie t^eO'
logifche SBahrhcit Bielfach in $orm ton gegenfäfclichen
©eftimmungen präfentiert, wie}. S. ©efefc unb Freiheit,
Söelt unb flirre, bieSfeitige« unb fenfeitige« 9tei<h ©otte«,
unb bag bie wiffenfchaftliche gormel für bie Auflöfung
ber barin enthaltenen fcheinbaren 2Bibetfprfl<he nicht fo
ganj leicht terflänblich gemacht werben tann, ba« erfährt
both gewig auch ber proteflantifche Theologe, wenn er
feine Sehre j. 8. über ©ewiffenSfreiheit unb @ewiffen«=
norm ju einem gemeingültigen AuSbrud formulieren will.
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686 ffieil,
SBir nehmen 3 . bai 3tuftorit&t8priujip; eine SJuftorität
muff ei aber bodh aud(j für ben eoangelifdhen ©heo*
logen geben; ei ifl beutlidjj au«geft>ro<hen @p^ef. 2 , 20 ;
bgl. I Äor. 3, 10; ba 8 gunbament unfere« ©lauben«,
alfo bie Sluftorität, »on ber wir fpredhen, bilben bie Styoftel,
mährenb ber Scffiein ©hrifht« ifl. SBtr Äatholifen Oer*
flehen bantnter baä apoftolifdhe 8 tmt, bie „<5t>angelif$en"
ba« Bibelmort; bie nicht mehr „eoangelifdhen* Brote*
flanten — n>er meifj ma«? SBet $at nun recht? aber
ohne Suftorität, Äirche, geiftlicheä ämt unb ©aframent
fontmt auch ber gläubige Sßroteftant nidht au«. SOBaS
Dr. SB. 6.167 ton böSmifliger flonfequenjmadherei feiten«
be« ÄatholijiSmu« in Beurteilung ber proteflantifchen
fiepte fagt, ba« fönntcn mir reidhltdh jurüdfgeben, menn
mir auf aße einzelnen fünfte eingehen wollten, mo eine
„einfeitige" ©arfteßung ber latholifdhen Sehre un« begeg*
net; mir brausten bamit gar nicht etwa flafftfd^e 3 eugen
fär bie fatholifche Sehre ju verleugnen ober al# „©ytreme*
abjulehnen; mir mürben für un« nur einen fleinen S^eil
t>on Jener Freiheit ber inbioibueßen Auslegung verlangen,
bie man ftdh im anberen Saget fo ausgiebig gewährt.
©afj ei bem SSerf. ein befonbete« änliegen ifl, bie
ftttlidhe Überlegenheit be« B*°teflanti«mu«
gegenüber bem Äatholiji«mu«§ubemeifen(®. 166),
ftnben mir junächft ganj felbftoerftänblich; Jebe p^ilofo=
Phif<h« ober theotogifche Stiftung fuc^t ft<h über ihre
Berechtigung am ßnbe baburdh au«jumeifen, baff fte oor
anberen eine reine unb geläuterte SJiotal enthalte. 6 <hon
bie alten ©eften hoben biefen Slnfarudh erhoben, bafj
fie ein tiefere« ftttlidhe« gunbament graben, ber Berroelt*
lidhung ber ftirdhe entgegenmirfen, ben fittlidhen Äräften
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(Einleitung in bie djriftl. (Et^it
687
reinere unb eblere Siele antoetfen. fflenn toir auch in
biefet ^initd^t unfern Stanbpunft behaupten, fo meinen
wir jtoar nicht, baß ber einjelne ©läubige ftolj toie ber
5ßl)arifäer fprechen bürfe: 3<h ban!e bir, baß ich nicht
bin toie bie übrigen! 2bet baß unfre Sittentehre ben
anberen ©oftrinen „überlegen" fei, batan halten auch
wir feft, gerabe fo gut, toie toir an ben ©laubenSartilel
unam sanciam ecdesiam glauben. hanbelt ft<h nun
eben barunt, toet feinen 3nfpru<h beroeifi.
als nädjfter 2Beg, um biefen Beweis anjutreteu,
bietet ft<h ber biblifche bar, »orauSgefefct, baß man bie
ganje Bibel als ©otteStoort annimmt; toir meinen 3af.
2, 18: „3<h toerbe bir aus SBerfen meinen ©lauben
zeigen." allein toir möchten bennodh b< et nicht raten,
biefen SBeg einjufch lagen unb einanber bie guten Söerfe
nachjurechnen; benn abgefehen batoon, bajj toir !aum ben
äußeren, öiel toeniger ben inneren SBert ber ftttlic^en
Sbaten unb Seiftungen fehlen fönnen, mürben toir fchon
beim begriff beS guten SBetfeS toieber auSeinanbet ge*
raten; außerbem eben erhöbe ft<h halb Streit übet bie
©igentumSanfprüche an ben guten unb großen Senaten,
welche allenfalls einen Btaßjtab ber Beurteilung eines
SteligionSfpftemS im großen geben lönnten. 2BaS ©toßeS
aus bem SRutterfchoße ber cbrtfiUchett Sitte unb Äultur
herborgetoadhfen iß, aQeS worin bie Überlegenheit ber
«hrißlidhen Bilbung über bie »or<hriftli<he ftch offenbart —
bas möchte jebe Bartei ft<h jueignen unb alle menfdhlidhen
Srrungen ber ©egenpartei jufeßieben. Damit lommen
toir nicht weiter. SDtan wirb uns Äatholifen ebenforoenig
batoon Überjeugen, baß toir alle ©rrungenfehaften ber
mobernen Äultur, ja baß toir fogar ben geläuterten
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688
©ei6.
Befianb bet latboliff en Äirfe unb bie heutige latboliffe
SBiffenff aft beit Segnungen bet Deformation oetbanlen,
als mir bie „©Dangeliffen" batoon ju überjeugen hoffen,
baß bie Befolgung ber ebangeliff en State — ober fagen
mir eS mit einem anberen SBorte: ber enangeliffen
Freiheit — in ben Äreifen ber fpejtftff latboliff en ®e*
noffenff aften unb Drganifationen, bet ißrieftet, Stffeten,
SJtönf e, Donnen, Betbrfiberungen unb Affojiationen Der»
ff iebenfter 3trt einen ganj eminenten unb probibentiellen
Stnteil an ber Äulturgeffifte ber frifllifen Seit, mie
an ber @rb a ^ung unb Ausbreitung beS SteifS ©otteS
auf ©rben gehabt.
Alfo nift ftttlife SBerle, auf nicht geffiftlife
©roßtbaten moOen mir gegeneinanber in Dehnung bringen.
Biel eher mären mir oetfuf t, anfiatt beS Salobätffen:
„jeige mir beine SB eile" baS pauliniff e: „jeige mir
beinen ©lauben" anjumenben, ba ja ber ©erefte aus
bem ©lauben lebt. SBenigfienS fönnte biefe Snftanj
Dom „eoangetiff en" Geologen nift abgelehnt rnerben.
Aber bann müßte jebenfalls bie 2feft8 oon ber Heber»
legenheit beS ißrotefiantiSmuS abgeänbert rnerben; eS
müßte aus ben oetffiebenen Stiftungen beS leiteten
eine en'gete SBabl getroffen rnerben; ja fogar aus bem
„ebangeliffen" B*oteftantiSmu$ müßte bieS geffeben;
mir müßten erfahren, mie Diel oom ©oangelium nof
mirflif geglaubt mirb unb Don mie Bielen biefer ©laube
geteilt mirb. ®a mir aber an biefer Stelle biefeS auf
nif t unterfuf en lönnen unb ba uns auf Dr. SB. in
biefer ^inftft leine oolle ©ernähr gibt, baß, maS er
aus ber ty. Sf rift heraus lieft, auf mirllif Don einer
großen proteftantiff en ©emeinff aft geglaubt unb geübt
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Einleitung in bis djriftl. Stljif. 689
Wirb, fo fönnett wir auch hieran bie „ftttliche Hebet«
legenbeit beS ißroteftantiSmuS" titelt fontroüieren.
S)a wir fomit bei Dr. 2B. fein allgemein gütiges
ÄrUertum für bie ed)t „eoangelifche" SRoral ftnben, fo
fann ibm auch bet RacbWeiS barübet, warum unb in*
wiefern bie fatbolifche SJtoral fxd> non ibt entferne, nicht
wobt gelingen. 2ßenn wir nun hier bie fforberung erbeben,
baff man über bas, was fatbotifch fei, nicht blofj bei
unfern (Gegnern, nidbt etwa bei $afe unb &fcbacfer t
fleh unterrichten rnüffe, fonbern bei ben echten Urfunben
fatbotifeber ßebte, fo wirb uns bet SSerf. jwat wobt
auf eine Stnjabl oon fatbol. luftoren, bie er getegenttidb
benüfct, oerweifen, unb Ref. bot felbft wieberbolt bie
@bre gehabt, oon feinem oerebrten ehemaligen gaebfoüegen
berücffidjtigt ju werben. Slber gerabe biejenigen Arbeiten,
worin Referent ft<h übet bie $prinjif)ienfragen in wiffen*
fcbaftticber SluSfübrlichfeit ausgesprochen (Unterfucbungen
über ©efe| unb Freiheit; übet SßrobabüiSmuS; ®oange=
lifdje State; ^ßflic^tenfonifion. ü.6chr. 1871 6.64 ff.;
221 ff. 1872 6. 3 ff.; 193 ff. 1876 ©. 3 ff. u. a. 0.),
ftnb nicht beamtet worben, ähnlich bei anberen fatbol.
S^riftfieDem. Natürlich ift nicht ju oerlangen, bafj ber
Sßerf. für feine gweefe fich in bie ganje nicht immer
leicht oerfiänbliche unb etquicfliche fatbolifche ffachtitteratur
bineinarbeüe; aber um feinem ßeferfreiS etwas neues
ju bieten unb um butch neue Argumente ©inbrud §u
machen, müfjte man einmal ben ÄathoUjiSmuS faffen,
wie er felbft in ben autbentifchen ®arflellungett ft<h giebt,
nicht wie man ihn feit bet 3eü ber Reformatoren in
ben Greifen ber ©egner bargefMt bat. 2)a§ es feine
gan} leichte Rrbeü ift, wiffen wir felbft am beften, Wie
X^ccC. Duartalfdjrift. 1890. $<ft IT. 44
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690
Suritfä,
e8 au# un8 nicht immer lei#t toirb, protefiantif#e
2#eotien richtig barjufMen unb ohne „ftonfequenj*
maueret" ju toiirbigen. Sit »erben einanber gegen:
feitig immer ettoaS f#ulbig bleiben. Senn 6.179 ba8
große Sort (lebt, ber SßroteftantiSmuS b a &* fi# »feit
mehr al8 einem ^abtbunbert non aller Qntoleranj in
S#eorie unb 5ßtayi8 grunbfäfcü# lo8gema#t", fo »ollen
»ir »eher alte Sunben aufreißen, no# unfret eigenen
5ßfli#t in biefer Stiftung betgejfen, geben aber gerne
bem 5ßrotefianti8mu8 no# ein Sabrbunbert 3^1, um
enblt# ba8 Sort »abt ju machen, aber bann au#
»irfli# »abt!
Stottenburg. Sinfenmann.
6 .
1. ©ef#i#te be8 Sif#of8 Otto I non Bömberg, be8 Sßont*
mern=9Ipoftel8 (1102—1139). ©in 3«*’ unb Kultur*
bilb au8 ber ®po#e be8 QnöeftiturlampfeS unb be8
beginnenben Streites ber Staufer unb Seifen. SRa#
Quellen bearbeitet bon Dr. 9. ^nritfiß. ©otba, SßertbeS
1889. XVI. 479 S. 8.
2. gigebotos Vita Panlinae. ©in Seitrag gut älteften
©efcbicbte be8 S<bwarjburgif#en SanbeS unb grürften«
baufeg. 3unt erftenmale bg. unb erläutert bon B.Stitifi&fe.
©otba, $ertbe8. XIV. 322 S. 8. IßreiS: 7 SR.
3. Sie Streitfdjriften lltmouuS bon $affan unb SejiloS
bon SRainj. Son Dr. Sit Sbroltl, o. ö. $rof. b. ft®,
an ber fgl. Sllab. ju SRünfter i S. ißaberboro, S#9«
ningbl890. X. 188 S. 8. SßreiS: B SR.
4. Ser Streit ber Sigtilmer Krieg nnb Birnne um ben
Primatus Galliarum. ©in pl)iloIogifd)'biptomatif(b«bifto*
rifcberSeitragjumftir#ettre#t bon 8B. ©nnbloi). §anno*
ber, $abn 1890. XXII. 294 S. 8.
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Otto Don Samberg.
691
1. Sftaf# na# einander erhielten mir jtoei ÜRono«
gtapbün über ben Sßommern=2lpoßel, SB. Otto oow Sam*
berg. SMe eine bat 3. Soosborn jum Serfajfet, unb
jte bilbet ben jmeiten Sanb feiner @ef#i#te beä Si8tum8
Samberg. 3118 ße an bie £)ffentli#feit trat (1888),
mar bie anbete, bie oben bejei#nete, faft oollenbet.
2)a8 3ufammentreffen mar baju angetban, ben Serf.
oon ber Sßublifation jurücfjubalten. ®a aber feine
3lrbeit oöHig unabhängig oon ber früheren entflanb
unb #r au# neben berfetben ein SBert jufam, fo ent«
f#loß er fi#, fte ebenfalls erf#einen ju taffen. ®er
©ntf#luß mar gere#tfertigt. ®ie 3lrbeit iß ebenfo mit
großem gleiß mie mit marmer ©pmpatbte für ben großen
Sif#of oon Samberg abgefaßt unb mirb eine günflige
3lufnabme ftnben. $ie unb ba mö#te man mobl eine
etmaS anbere 3tu8brud£meife münf#en. S)o# ftnb bie
bejügli#en ©teilen ni#t jabtrei#.
2. S)ie ©tifterin be$ ÄloßerS SßaulinjeHe in 2#ü«
ringen (f 1112) fanb um 1135 einen Siograpben in
bem ÜRön# ©igeboto. S5ie £ebenSbef#reibung f#ien
unmiebetbringli# Oerloren ju fein. ®a mürbe fte jüngfi
in einem ©ammelbanb ber 35Beimar’f#en Sibliotbel auf«
gefunben, unb mit bet oorßebenben SßubUlation gelangt ße
jur öffentli#en ÄenntniS. ®ie SluSgabe iß mit Sorgfalt
gema#t unb mit allen erforbetli#en gelehrten Seigaben
oerfeben. ®ie©#riftbat ni#t bloß für Thüringen, fonbern
megen ber Sejiebungen, in benen ba$ neu gegrünbete Älo«
ßet ju £irf#au ßanb, au# ein übet bie ©renjen jene«
SanbesS binauSgebenbeä gntereffe. ©ie eröffnete in mür*
biger 3Beife bie oon bem $g. begrünbete $#üringif#*
fä#ßf#e @ef#i#t8bibliotbel, beten erßen Sanb ße bilbet.
44*
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692
©brotel.
3. ©in toertnoHer ©eitrag jur ©efdbidbte bei Qn*
nejiitutftreitel. 3J!an tnufjte burdb eine lurje -Jlotij non
©igebert non ©emblouf unb nodb mehr burdb eine 2JUt=
teilung ©ernolbl non Äonftanj non einer bem 6b. $arttnig
nonSRagbeburg getnibmeten ©treüfcbrift gegen Heinrich IV,
bejtn. feine Anhänger. ®ie ©dbrift aber freien nerloren
ju fein, unb na<b ben Angaben jener SDlänner mufete
man fie all eine Arbeit bei ©adbfen ©ernharb betrauten,
ber toäbrenb bei ©ontiftfatel feinel Sanblmannel Slumolb
ben ©<bulen non Aonftanj norftanb, fpäler tnieber in
feine Heimat jurüdEEebrte, bie 2>omf<bule non £tlbelbeim
leitete unb im Alofter Äorneh 1088 fiatb. ©bralef
batte bal ©lüdf, bie ©dbrift im Alofter ©ötteneig auf:
juftnben, unb feinem ©d&arffinn unb feiner ©elebrfamleit
gelang el jugleidb, über ihre ©ntfiebung einen richtigeren
Sluffcblufj ju geben all jene ÜRänner aui ber Seit bei
Snbeftituvfireitel. 3b 1 ®erfaffet ifi nadb feinem über»
jeugenben -Jtadbtoetl ber ©ifdbof ältmann non ©affau.
®en Slnlafj ju ihrer Slbfaffung gab bie polemifdbe 2>enf*
fdbrift, tneldbe SBejilo non SDtainj über bie ©erbanblungen
ju ©erfiungen=©erla nom Januar 1085 oerfa&te, tneldbe
ben ©treit jtnifdben ben beiben Parteien aultragen foHten,
freilidh el nicht nermodbten. 3)ie ©dbrift tnirb, wie be=
jüglidb ibrel llrfprungel Har gefteQt, fo inbaltUdb ana=
Ibfiert unb mit einem grünblidben Äommentar jum äb=
btucE gebracht. Studb eine jtneite ©dbrift belfelben Slutorl
tnirb btafubtlidb ihrer ©eranlaffung unb Sbfaffung in
ein neuel Sidbt gerücft. ©ie ift befannt aul einer ©egen«
fdbrift, ber ©cbrift De unitate eccleeiae conservanda,
bie man früher mehrfach, aber mit unjureidbenben ©rün*
ben, SBalram non Naumburg jufdbrieb. £>arin tnirb all
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Sie ©treitfdiriften HttmannS Don ^affou.
693
ihr ©erfaffer ein ^trf^auer SJtönch angegeben, ©olbafl
bermutete als Sfetor ben erwähnten ©ernharb bon ßorbeh.
5Die ©ermutung ifl butchauS hinfällig, ba ©ernharb 1088
fiarb unb bie Streitfcbrift auf ben SBiberff^en @rlaß
b. 3. 1089 Stücfftcht nimmt. 2lnbererfeit3 war es bei
bem früheren Staub beS üuellenmaterials nicht möglich,
ber Sache näher ju lommen. SDa fe|te bie 2tuffinbung
ber angeführten Streiifchrift unb ihre« ©etfajferS 6b.
in ftanb, SUtmann bon Sßaffau auch <*1$ Slutor ber jweiten
ju ertennen. ®ie Fragmente ber Schrift »erben eben*
falls mit einem Kommentar jum äbbrucf gebracht. S)aran
reihen ft<h bie Snfäfce ju ber Collectio canonum beS
Codex Gottwicensis unb baS in Cod. Vatic. reg. Suec. 979
enthaltene Fragment beS 6hnobatf<hreibenS bon Oueb=
Hnburg 1085. 35en Schluß ber ©ublifation bilbet ein
eingehenbeS 3tamen= unb Sacbregifter. @3 genügen biefe
Seiten, um baS Urteil ju rechtfertigen, mit benen biefeS
Referat eingeleitet würbe.
4. S)ie bterte Schrift, ein Sonberabjug aus bem
Dienen Slrchib ber ©efeUfchaft für ältere, beutfcße ©elwhtS*
lunbe, bermehrt um eine ©eitage (Über bie Urhanbfchrift
ber Epistolae Arelatenses) unb einen Nachtrag (Ueber
ben Liber dinrnus). Sie würbe burch bie Aufgabe ber«
anlaßt, Welche bem ©erf. als DJlitarbeiter ber Monumenta
Germania hutorica juftel: bie für bie fränfiffybeutfche
©efdhichte in ©etracht fommenben Briefe ber ißäpfle bor
©regor I heraus jugeben. ®a nun bie einfdhlägigen Briefe
in ben ^anbfchriften tebigtich in ©erbinbung mit anberen
©riefen fi<h fanben, welche famt unb fonberS bem ©or*
rang beS SiStumS 2lrleS in bergaHifchen Äirche gewibmet,
alfo, toie fi<h bermuten ließ, in ©etwirfüchung eines
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694
©linblad},
befthnmten ißlaneS gefammelt waren, fo War bamit
Slnlafj gegeben, auf bie gange Sammlung eingugeben.
Sticht nur bie Drbnung ihres SBortlauteS, fonbetn bot
allem bie $rage ibtet Echtheit gmang bann bagu, auch
biejenigen älteren #ff., welche nur eingelne Stüde ber
SlrteS Sriefreibe enthalten, b^anjugieben; benn es fieHte
fi<b alSbalb betauS, ba& au<b bon feiten be$ SBiStum#
SSienne ißapftbriefe geltenb gemacht mürben, welche baS
»on Strlcr Seite behauptete Stecht beflritten. S)ie Unter*
fudbung fiel nun burdpauS gu gunften ber Strter Briefe
aus. Schon bie Uebertieferung geugte für fie. Sticht
weniger (teilten iie ftch als glaubwürdig bar, al« ihr
SlufjereS, ihre Formeln, an bem gu ihrer 3*ü in ber
päpftlidben Äanglei angewandten Formular gemeffen unb
ihr Inhalt an ben Sbnobalaften geprüft würbe: an ben
Unterfdbriften, beren ^Bedeutung für bie aufgenommene
grage im 33orwege gu Hären mar, unb an ben Sa|ungen,
welche bon ben gaüifdben Sifchöfen beS 5. unb 6. 3abr*
bunbertS bereinbart worben finb (S. Y). 2tuf ber anberen
Seite führte bie Unterfudbung gu einem für bie SSiennet
Briefe ebenfo ungünftigen Ergebnis. ®ie ißribilegien*
fammlung, bie im Slrcbio bon SSienne noch im uorigen
3abrbunbert borbanben war, jefct aber boHflänbig nur
mehr in SDrudwetfen, in ber Floriacensis vetus biblio
theca 1605 bon bu 8opS unb in ber Histoire de
l’antiquite et sainctete de la citä de Vienne 1623 DOn
3. be ßiäbre, banbfcbriftlicb bloß noch in einigen ®ru<b=
ftüden borliegt, enthielt 30 ißapftbriefe, bon ißiuS II an
bis Äalift II gebenb. ®ie SJtebrgabl war fchon geraume
Seit als gätfdbung erfannt. Stadb bem StadbWeiS non
flttb aber alle unecht, weil alle bon einer $anb
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®tr Streit ber SiiStflmer StrleS unb Sienne. 695
herrühren, unb bie Jälfcbung erfolgte unter bem Be*
fUmmenbett Sinfhtß beS (Sb. @uibo t»on ®ienne. ®amit ift
auch baS Urteil über bie acht Briefe gefprochen, welche
noch in ber neuen Ausgabe ber ipapftregeften als echt
bebanbelt ftnb, bie unter 2549, 2563, 2693, 3544, 5350,
5421, 6596, 6822 angeführten. S)ie gelehrte Unter*
fuchung fei ber Segnung empfohlen.
gunf.
7.
1. SbeolOQiftrv 3ahrf8bericlit. Unter SRittoirfung bon ®en«
rath u. f. tu. herausgegeben bon 9t. Ä. hipfhtS. Sichter
®anb enthaltenb bie Sitteratur beS J.1888. ffreiburg
SRofjr 1889. 560 8. ®reiS: 12 SR.
2. SBegtoeifer jur Cneden* unb «ittetoturhinbe ber ®trdf)en=
gefchichte. Sine Stnleitung jur planmäßigen Sluffinbung
ber (itterarifchen unb monumentalen OueHen ber Kirchen*
gefchichte unb ihrer®earbeitungen. ®onLic.Dr. S.Brätle,
a. o. fßrofeffor ber $ircbengefd)iihte a. b. U. SreSlau.
@otha, ®ertheS 1890. VI, 382 ©. 8. ®reiS: 6 SR.
1. ®er S^heologifche Jahresbericht h at ft<h in ber
gelehrten EBett gleich bei feinem erften ©rfcpeinen großen
®eifatt ertoorben inbem er annähernb boDftänbig über
baS ©efammtgebiet ber theologifdhen Sitteratur febeS
Jahres orientiert. Um ein frühjeitigereS Srfcheinen ju
ermöglichen, wirb er bon bem borliegenben Jahrgang
an in bier auch einzeln fäuflichen Elbteilungen auSge*
geben. ®ie Abteilungen enthalten 1) bie Syegefe, be*
arbeitet bon ©iegfrteb unb |>olf}mann, 2) bie hiftorifche
Rheologie, b. bon Sübemann, Ärüger, ®öhringer, ®enrath,
SBerner, SRippolb unb Jurrer, 3) bie fpftematifche Slheo*
logie, b. bon SipfiuS unb ERarbach, 4) bie praftifcße
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096
»rotte,
Geologie unb Äunft, b. ton ©hier«, unb 5Botter«borf,
Äinb, Strebet, ^afenctetoer unb Spitta. 3m ganjen
teilen ftch 17 ©eiehrte in bie Hrbeit, unb but$ Beziehung
fo vieler Är&fte mürbe e« möglich, ba« angeftrebte Siel
io meit als möglich ju erreichen. 5Die SDlitarbeiier ge*
hören fafi butchmeg ber fog. freien SRichtung unter ben
protefiantifchen Theologen an, unb ihr Stanbpunft macht
ft<h natürlich auch iw th tem SBetfe gettenb. ®er #aupt*
toert ber Ißublifation liegt aber in ber aUfeitigen Orien*
tierung unb infofern fann fte allenthalben mtllfommen fein.
2. gmei Hufgaben mill biefe Schrift löfen: eine 2heo*
rie ber Äunft, mie man im allgemeinen unb im einzelnen
3aUe bie litterarifchen unb monumentalen Quellen bet
Äirdhengefchichte unb ihre Bearbeitung aufftnben unb
ihre« fritifchen SBerte« ober Unmerte« ftch Werftebern
fann, unb jmeiten« bie burch Benujjung ber f$on vor*
hanbenen Borarbeiten bemerffteHigte Bezeichnung ber
Süteratur, melche bie praftifche ^anbhabung ber Theorie
vermittelt. Sie mill alfo feine Bibliothef ber firmen*
hiftorifchen Quellen unb Bearbeitungen, noch eine blojje
bibliographifdh« ober titterärgefchichtli^e Statiftif ber ge*
fammten ober auögemähtten Sitteratur ber Äir<hengef<hichte
fein, fonbern eine methobifche, auf allgemeingültigen
©runbfä&en fich aufbauenbe Anleitung, ju erfahren,
meines ber firchenhiftonfdje Stoff im ganjen unb für
jebe« einzelne gerichtliche Problem ift, mie man ben*
felben finben fann unb melcher ©tab miffenraftlicher
Brauchbarfeit ihm fetbfi unb ber Hrt feiner Ueberliefetung
unb feiner Behanblung jufommt (S. 32). Hl« Anleitung
bient eine Hbhanblung über bie Hottwenbigfeit bet Huf*
fteHung methobifcher SBegmeifer für bie Äunbe ber Quellen
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gut Quellen* unb Sittetaturfunbe.
697
unb Bearbeitungen ber Ä®. ®ann roirb bet SBegweifer
ju biefer Äunbe gegeben but<b Bebanblung ber SBiffen*
f<baft8funbe im allgemeinen unb butdj Betreibung unb
!Jta$Weifungen bejügtich ber einzelnen SBiffenfebaftäjWeige.
S)er le^te Sbfönitt verbreitet ft<b über bie übrige Sitteratur
ber St®., bet Geologie überhaupt unb ber anberen
2Siffenf<baften unter ber Bebanblung butdj bie fbletbobif
ber lir<benbiflorif<ben Quellens unb Sittetaturfunbe.
S)et Berf. bat eg fi<b ftcbtltdE» febt angelegen fein
taffen, bie Süde, bie er in unferer Sitteratur empfanb,
augjufüllen. Snbeffen werben über bie Süde fdbwerlicb
aDe fo benlen, wie er. änbere werben mit ber Slug*
fübrung Weniger einverftanben fein. 3<b b e 9 e na$ beiben
Seiten bin Bebenfen. Uber mandbe fünfte gewähren
bie vorbanbenen einfeblägigen ©Triften befferen Üluffcblufe.
S)a8 Sitteraturverjeicbnig rubt ju wenig auf fefien ®runb*
fäfcen um beliebigen $u lönnen. 2Ran vergleiche in8=
befonbere ben Slbfcbnitt ©. 226—265. 5Do<b Wirb bie
©ebtift immerbin mit einigem 9lu$en ju gebrauchen fein.
gunl.
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in.
Änalekten
$n neuerer Seit erfdjien (©tabtambof 1890) al« Programm
be« föniglicben ßtjeeum« ju SRegenSburg „2)te Sebre tum ben
ÄinbenreibtSguellett" tum Dr. ©ebneibet, ^rofeffor ber
Geologie an ber ebengenannten ßebranftalt. $er $r. SBerfaffer,
un« bereit« bureb feine „SJifcböflicben Stomfapitel" (3Rain$, 1885)
toortfjeiüjaft befannt, miH mittelft biefer recbtegefebidjtlicben Arbeit
bie „jungen Geologen in ba« ®erftänbni« be« $irdjenred)t« unb
ber firdjlicben 3nftitute einfübren", ba« Eüdjlein • foü ibm „bei
feinen canoniftifdjen Corlefungen praftifebe ®ienfte leiften unb
ben gubörern ein $ülf«mittel für ihre ©tubien fein"; er toitt
ftiMfdjen ben ausführlichen Oueflentnerfen üon
©cbulte,9ttaaffen unb jmifeben ben füäjenbaften SluSfübrangen
ber gewöhnlichen ßebrbüdjer bie 9Bitte galten, ben ßernenben bie
Uebcrfubt über ba« au«gebebnte SWaterial erleichtern, einen Sinblid
in bie biftorifdje Sntmidlung be« $ird)enrecbtS, in ben innern
Aufbau unb ben SnboH be« fanonifdjen IRecbtSbucbeS gewähren.
S)a« Programm (64 ©eiten) verfällt in 18 ^aragrapben: 1. Äir*
ebenreebt, 2. ÄirdjenrecbtSquellen, 3. 2)ie heilige @<brift, 4. S)ie
Xrabition, 5. S)ie päjjftlicben (grlajfe (tfonftitutionen) , 6. S)ie
äußere gorrn ber päpftlidjen ®rlajfe, 7. flonjilienftblüffe, 8. ©ta*
tuten (Autonomie), 9. ftonforbate, SircumffriptionSbulIen, 10. ©eit*
liebe ©efe|e, 11. Gewohnheitsrecht, 12. ©ericbtSgebraucb, 3)oftrin,
13. S)ie Äit(benred)t«queflen ber erften brei ftabrbunberte. SHe
$feubo*$lpofiolifcben ©ammlungen, 14. S5ie ©ammlungen öon
©bnobalfdjlüffen im Orient (4—8. ftabrbunbert), 15. S)ie©amm*
lungen (flberfefcungen) non ©tjnobalfcblüffen im Dccibent, 16. S)ie
allgemeinen ©ammlungen in Italien; bie ©ammlungen be« Diony¬
sias Exiguus, bie Dionysio-Hadriana, 17. S)ie allgemeinen ©amm*
lungen in ©allien, bie Quesnelliana, 18. S)ie allgemeinen ©amm*
lungen in ftfrifa, bie be« Fulgentius Ferrandas unb Cresoonins.
— ©ir haben ben reichhaltigen, öielgeglieberten ©toff fowie bie
trefflichen, bureb ©legan# berS)iftion, bureb Älarbeit ber ©ebanfen,
bureb präjife tfürje unb boeb wieber bureb jene JBoflftänbigteit,
bie nicht« ©efentlicbe« überftebt, b ctö orragenben (Srörterungen
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fcnaleften.
699
mit ©ergnfigen unb jleigenbem gntereffe gelefen. Der Äutor fleigt
grünbliche ©efanntfdjaft mit bcr filtern, neuem unb neueften
Siteratur, umfajfenbeS SBiffen, unoerbroffenen gleiß, befonneneS,
maßbaltenbeS Urteil, große ©ünftlichfeit unb ftfribie in ©ebanb-
lung ber überaus oielgeftaltigen Materien unb eS toirb fid) faurn
eine Slufftellung pnben, bie in ben beigefügten Slnmerfungen nicht
auSreidjenb belegt märe. Der Nahmen eines ScbulprogrammS
ift oiel p enge gepgen, um eine ooflftänbige GntmidlungSge*
fehlte beS fachlichen NecptS aufnebmen flu fönnen, ber©err©er*
faffet oermochte nur bie erften Anfänge berfelben in ben ÄreiS
feiner Darftellung p fliehen unb ftellt bie balbige gortfepung
beS begonnenen in $luSficht. ©obalb baS Gange erfebienen fein
toirb, gebenfen toir auf bie oerbienftliche Arbeit flurüdflufontmen
unb finben bann bietleicbt auch Gelegenheit, auf einige Heine
berfeben aufmerffam ju machen. Äober.
3n ber 3eitfdjrift für SHrdjengefcpichte 10 (1889), 505—568
beröffenttiebt 0. ©eed in Greifsmalb eine Unterfudjung über bie
öueflen unb Urfunben über bie Anfänge beS DouattSmnS. Die
Slbbanblung put ficb buuptfficblicb mit ber Schrift bölterS über
ben Urfprung beS DonatiSmuS 1888 auSeinanberflufepen, über
toelcbe 1884 0.500—506 berichtet mürbe, bölter pube fltoar, toirb
anerfannt, auf ben richtigen SÖBeg ber Ouellenlritif pingemiefen;
aber, toirb auch beigefügt, er bube ihn nicht felbft ju geben oer-
ftanben. Denn erftenS befebrfinfe er bie Prüfung auf fteben Ur*
funben, too boeb baS ganje Material einer beoifion beburft hätte;
fltoeitenS operiere er ganfl oorflugSroeife mit Grünben ber inneren
SBaprfcbeinlicpleit, tofihrenb bei gragen ber ©ebtbeit ober Unecht-
beit gerabe bie Steußerlicpfeiten, toie bie Datierung, bie tarnen
ber in ben ©cbriftftücfen genannten ©tagiftrate unb bgl. m., burep-
auS baS erfte SBort flu fpreepen buben. Gntfprecpenb biefer ©e*
mertung toerben bann bie Nachrichten, welche toir für bie afri»
fanifche tfirebengefepiebte auS ber Seit ftonftantinS buben, noch
einmal geprüft unb jebe einjelne barauf, ob fte als tooblbeglaubigt
gelten fann. DaS Nefultat ift oon bem ©ölterS febr üerfebieben.
Die Unterfuchung über bie Äftenftüde, welche bie ßatpolilen bei
ber Disputation oon Karthago 411 oermenbeten, barunter bie
UnterfucpungSalten gegen gelij oon Äptunga (bie Gesta purga-
tiones Felicia episc.) unb bie Elften ber ©pnobe oon (Eirta, wirb
©. 531 f. babin flufammengefaßt: bie meiften ließen fiep als echt
erweifen, als falfch lein einfligeS; man wußte eben, baß man mit
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700
Änaleften.
Gegnern §u tpun patte, bie auf jebe Vlöge lauerten , nnb befag
gute Verteibigungbmittel zur Genüge, um auf bie fcplecpten ber«
jic&ten p fönnen. Äucp bie weiteren (Stüde Jtetlen fiep grö&eren
Veilb alb echt bar. $((8 gefälfcpt werben betrachtet bie Sitten
ber bonatiftifcpen ©pnobe non Karthago (©. 535 ff.) unb mehrere
bei Cptatub jtehenben S)ofumente: bie erfte Älagefcprift ber$ona*
tiften an Äonftantin, bab Schreiben beö fßetroniub, Hnnianub unb
Sulianub an $onitiub Gelfub, Vifar non ttfrita, mehrere Vriefe
Äonftantinb unb bie 1, 26 erwähn*™ Ätten, bie in bem Anhänge
beb ffierfeb Aufnahme fanben, aber nicht auf unb gelangten, bie
©enbung ber Vifcpöfe Gunomiub unb Dlhtnpiub nach Gffrifa be*
treffenb. ßeptere gälfdjung toirb Optatub felbft jugefchrieben,
inbeffen mit Grünben, bie nicht über^eugenb ftnb. gfunt
Vie Vpilofoppie beb Ricolaub bau Gufa ift in neuerer Seit
wieberpolt $um Gegenftanb einläglicper Unterluchungen gemacht
worben, ©äprenb fte non ben Vertretern ber mobernen Vpilo-
foppie alb bab Morgenrot ber neueren Vptlofoppie im Gegenfape
p ber ariftotelifcpen Vpilofoppie gefeiert wirb, finben bie ftrengen
Vertreter ber fcholaftifchen Vpilofoppie in berfelben einen Slbfall
bon ben gefunben Prinzipien ber alten Ppilofoppie, eine gefäpr«
liehe Vpeofoppie r welche in ihrer Äonfequenz pm ©pinojibmub,
pr £eibni| f |chen 9ttonabologie, pr ftegerfepen Qbentitätbppilo-
foppie, furz pm ibealiftifcpen Pantpeibmub führe, fibinger hat
in feiner ©chrift, Vie Gotteblehre beb 9t. Gufanub, 1888 benVer*
fuch gemacht, burch Verflüchtigung ber zeitlichen Slufeinanber»
folge ber ©chriften beb ftarbinalb unb mittclft einer in ber
Münchener Vibliothe! aufgefunbenen ©chrift bebfelben bab ein«
Zeitliche ©pftem ber ganzen ppilofoppie barzufteüen unb bie
Übereinftimmung bebfelben mit ben Grunbprinzipien ber ©epo-
laftit nachzuweifen. Gr hat mit biefer „Gprenrettung" beb großen
Gelehrten bielfach Entlang gefunben (bgl. Stimmen aub Vtaria-
öaach 1888 $. 10. Seitfcprift für fatpolifcpe Vpeologie 1889, 3).
Vagegen pat Äanonifub Gloßner in bem Jahrbuch für ppilofoppie
(III u. IV. 1888. 1889) eine burepaub berwerfenbe ©tubie über
bie „ppilofoppifcpen Reformberfudje beb 9t. Gufanub unb SJtariub
9tizoliub" beröffentücpt, wie er felbft beifügt „zur inbiretten Recht¬
fertigung ber peripatetifepen ppilofoppie." Gb ift nun freilich
richtig, baß bie Jtoincibenz ber Gegenfäpe in Gott unb bie bat*
aub folgenbe Jtobmologie bie Gefapr beb Pantpeibmub weniger
bermeibet, alb bie ftriftc Slnwenbung beb Äaufalitätbprinzipb, aber
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Analeften.
701
nicht weniger richtig ift, baß auf jenem ©ege ein tiefereg (Srfaffcn
beg göttlichen ffiefeng unb beg Unioerfumg ermöglicht mirb. ©enn
auch bie Sehre oon ber Bemegung ber (Srbe bei bem ©ufaner
noch t*djt mangelhaft mar, menn feine tategorifche Behauptung,
baß bie (Srbe ein Stern fei mie anbere Sterne unb baß alle
fcimmelgWrper aug benfelben Elementen beftehen, nur tpeofophifche
Ahnungen rnaren, obmohl ber Martina! auch burch aftronomifche
Stubien barin beftütigt mürbe, fo mirb man hoch nicht beftreiten
Wunen, baß ein Spftem, melcheg biefe fruchbaren Anregungen gab,
für jene ßcit ber oerfnöcherten Aaturphtlofophi* mie eine ©rlöfung
erfcheinen mußte, ©äre aber bie neue $hpothefe für bie arifto«
telifche Aaturphilofoppie mirflich fo ungefährlich gemefen, fo märe
bie unoerfönliche Dppofition berfelben gegen bag topernilanifche
Shftem felbft nach ben ©ntbedungen ©alilei'g unb Jtepplerg un*
öerftanblicß. ©ie peripatetifche Sehre oon ber mefentlich berfcpie*
benen Befcljaffenheit ber fupertunarifchen ©eit oon ber fublunarifchen
ift hoch nicht bloß oberflächlich oon ber Bermerfung ber ^ntorruptibi*
Utät beg ftimmelg berührt morben. ©ie gan$e Auffaffung ber
Bemegung mit ihrem Einfluß auf Beugung unb gerftörung mürbe
baburch beg gunbamentg beraubt Bie Annahme befeelter ©efen
in ben $immeliWtpern mag auch jept noch alg eine unbemiefene,
nur burch Bermutungen unb Analogien geftüpte ^ppothefe, alg ein für
bie ©iffenfchaft unfruchtbare^ Spiel ber $h an * Q fl e angefepen merben,
bieö mirb nicht pinbera, baß fte immer meitere Berbreitung finbet
unb auch hmrin benäarbinal ^u (ihren bringt 6cpan&.
©er Splritiömuö in Berbinbung mit bem fcppnotigmug unb ber
€uggeftion befchäftigt immer noch meite Streife ber theologifchen
unb nichttheologifchen ©eit. ©er ©ominifaner unb $rofeffor ber
©peologie an ber gafultüt ju Spon, Belon, ^at in ber »Universitd
catholique«, mie ftcb feit bem gapre 1889 »La Controveroe et
le Contemporain» betiteln, eine neue Stubie über bie fpiritiftifcpen
©rfcpeinungen veröffentlicht (Nouvelle Serie. T. I. N. 3 p. 378—
408). Aach Prüfung ber befannten, zum ©eil aug bem Greife
ber elften Aaturforfcper ftammenben Berichte, !ommt er &u bem
©rgebnig, baß fid) unmöglich aQe biefe ©inge auf Betrug ober auf
eine gepeimnigoofle Aeroen* ober pppfifcpc Äraft jurüdführen
laßen. Bielmehr feien übernatürliche Äräfte im Spiele unb ba
bie Umftänbe unb ber 8med nicht für gute ©eifter fprechen, fo
feien böfe ©elfter ober bie Seelen unglüdlicher Berftorbener an$u»
nehmen. — gntereffanter ftnb bie zahlreichen Unterfucpungen über
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702
ÄnoTcftcrt.
bie hhpuotifdjen ©rfdjeinungen, »eiche gegen»drtig namentlich in
gfranfreieh, non Sterben in ©ari$ unb Planer) , ben ffiunbern $u
ßourbeö, ja ben btblifdjen ©unbern an bie Seite gefteQt »erben.
SBdhrenb bie einen biefe ©Meinungen au$ einer SRerüenfranfheit
ober au$ ber $hfterie Gleiten unb bamit bie übernatürlichen
©Meinungen in ber fattjolifchen Kirche, befonberö bie biabolifdje
©efeffenheü, bie ©fftafe unb bie Stigmatifation erfldren »olleit,
{teilen {ich anbere auf ben allgemeinen Stanbpunft bet ^hbfiologie,
betrachten ben i>t)pnoti8mu$ nicht al$ eine patljologifche, fonbern
ald eine bhbfiologifche Xhatfache, nicht al$ eine SRerüentranfheit,
fonbern al$ einen Schlaf. ©r fönne bei ganz gefunben SRenfchen
heroorgerufen »erben unb feine ©rfdjeinungen haben einen pfj9*
ftfehen, nicht einen leiblichen Urfprung. %it Suggeftion biete ben
Schlüffe! für alle biefe »unberbaren unb au&erorbentlichen ©or*
tommniffe. $a ber religiöfe (Glaube ein üorzügliche* 3Rittel fei,
auf ba8 Ph9fif$ e Seben einju»ir!en, fo erfldren ftch manche ber
Teilungen, »ie fte Safferre in feinem ©uche üon »Notre-Dame de
Lourdes« erzählt, auf natürliche SBeifc. S)a8 $aupt»er!biefer Mancher
Schule ift ba8, neuerbingS in beutfeher Überfettung erfchienene ©er!
üon Dr. ©ernheim , ^rofeffor an ber mebicinifchen gafultdt ju
SRancp: »De la snggestion et de ses applications k la thöra-
peutique«. 2. öd Paris 1888. Qu berfelben Schule gehört: »De
la Suggestion et du somnambulisme dans leurs rapports ayec
la jurisprudence et la mödecine legale« par I. Liögois professeur
k la facultö de droit de Nancy, Paris 1889. $iefe ©rfldrung
unb ©ermenbung be$ ^ppnotiSmuS bürfte auch moralifch »eniger
©ebenfen erregen. ©ie »eit er für bie ftritif ber ©unber üon
©ebeutung ift, lägt ftch au$ ber Schrift ©enebift'3 XIV entnehmen,
in »elcher auch Aber bie ©in»irfung ber Imagination auf bie
förderlichen Quftdnbe ©üefficht genommen ift. S)er ©rzbifchof üon
SRabrib, Sancta $erüa8 hat bie Hmoenbung be$ §hpnoti$miiI
in jeber gorm für unerlaubt erfldri loila üertritt in feiner
Schrift »El Espiritismo y el Hipnotismo« Valencia 1889 benfelben
Stanbtpunft (ügt. I/Universitd cath. l.c. p. 488—452), »dhrenb
anbere SRoraliften, auch Sehmfuhl, benfelben unter gemiffen Um«
ftänben für erlaubt palten. ©ine einldglidje bogmatifch-apologe*
tifche Stubie, eine Qufammcnfaffung zahlreicher Äbhanblungen in
fran$öfifchen Qeitfchriften, ift foeben in beutfeher Überfefcung er*
fchienen: ©unber unb Schein»unber. ©on Q. ü. ©onniot S. 3.
»utorifirte Überfefcung. SRainz 1889. Sch an*.
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3»liaft8i)er5eid)iti$
be«
ittietunbftebjigpen 3at)rgang6 bcr tbeologifcben Duartalförift.
I. Hbhanblunaetu
edte
$er faframentale ßb ara *to ber ®b** ©djan* • • 3—56
S)er Se(bt$begriff öon Pfarrei. Übrig. 57—90
Sateinifdje §pmncn, Äntipbonen u. f. to. au8 (Efltoangen.
Sogelm ann.91—128; 265—295
ßur (briftlidjen (gpigrapbi!. (Eb*ba*b. 179—208
$ie Bornen im Suche ßpber. @djol$. 209—264
ßcit bcr erften ©pnobe öon ®rle$. gunf . . . . 296—304
lieber ßobanncS ben Xäufer. ©elfer. 355—399
lieber ©efängntefeelforge. iHnfenntann 400—435; 560—610
$ie alte unb neue SBeltanfdjauung. ©djan^ . . . 436—485
ßur (Erinnerung an g. o. Gimpel. Äeppler . . . 531—559
$er apofrppbe britte Äorintberbricf. Setter. . . 611—639
ßur Sülle Unam Sanctam. gunf. 640— 647
n. JSectnftontn.
Satiffol, Studia patristica. gunf.315
Saumgarten, (Einheit beö $crma3bucbe$. gunf . . . 313
Sfiumler, ba$ fat$. Äitcbenlieb. SJtcSmer ..... 155
Säumter, ba8 Problem ber SJtaterie. ©ebana . . . . 673
S r a n b t r lieber ßactaniiuS. gunf ..305
Sratle, ©egtocifer jur Duellen* u. Sitteraturfunbe. gunf. 695
S)räfefe, @ef. patrip. Unterfucbungcn. gunt .... 307
S)reber, falb, (Elementar fatedjefen. ßinfenmann. . . 139
Daches ne, Origines du culte ehr. gunf.145
ginfe, ßur ßef<b. b. Äonpan$er Äon$il$. gunf ... 648
greifen, ©cfd). b. fanon. (E^erec^td. ©ägmfiller . . 503
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3nljalt$»trjeidjm3.
6«ite
g Aprer, geliriiaSfrage. gunf.492
(Gottlob, Sud bcr Camera apoetolica. gunf . . . . 653
©unblad), ©treit bon 0rlc$ unb ©ienne. gunf . . . 695
$artfelber, $p. 3JIetand)tpon. Äober.493
$a ffe, Ifunftfiubien. gunf.487
$efele-$nöpfler, Äon 5 ilien-©ef (piepte ©b. VI. gunf . 656
$ergenrötper, $onaüien-©e{(pt(pte ©b. IX. gunf . . 654
$ilgenfelb, Lib. de aleatoribus. gunl.132
$otber, Inventio s. crucis. gunf.134
$olpinger, Slltdjrifil. 2(r<piteftur. gun!.167
£ ü cf ft ft b t, Seprbegriff be$ Wirten, gunf.314
gapn, Dionysiaca. gunf ..... *.312
§Urttfcp, Otto I bon ©amberg, gunf.690
S? na benb auer, Curaus scripturae 3. ©(panj .... 336
£ i p | i u $, £peol. Sitteraturbericpt gunf.690
Mc Giffert, Dialogue b. gunf.133
2Jiiobon$fi, Adv. aleatores. gunf.129
Sttipfcpfe, Sigebetos Vita Paulinae. gunf . . - . 695
tßefd), ©otte8begriff. §epp.158
Meuter, ©ubbiafonat. gunf.342
©attler, ßur ©efep. b. Unib. Salzburg. Äipn . . . 659
6 cp a f f, Nicene and NP. Fathera. gunf.135
©4eit, Äatp. 2)ogmatif. ©cpan$.318
©djöberl, Äatecpetif. fiinfenmann.660
©bralef, Ältmann b. % u. ©e$i!o8 b. 9JL gunf . . 695
©tentrup, Praelectiones dogm. ©epana.162
© too bo ba, ©eltbilb unb Äunft. gunf.487
Xpalpofer, Siturgif. Sittfenmann.336
©ermeulen, Levens der pausen. ©djen$.316
©altper, 2)eutf<pe ©ibclüberjepung. ©rupp . . . . 668
©eher, 5)iH Miemenjcpneibet. gunf.486
©eher, ©efep. b. ©jegefe b. Möm. 9, 14—23. ftoep . . 498
SBci6 f ©inleitung in bie ©tpif. ßinjenmann .... 682
©itpert, ^rinflipienfragen. gunf.488
©ofer, Ifatp. Äircpe in §annober. 8Ut e * er • • • • 513
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SBerjeidjntS bcr bis 20. «September eittgelmtfettett unb
tiotf) nidjt befbro^enett <®djrtften.
©bi, 8. J., Kreujteeg füc Drben8leute unb für Triften, bie nach
SoDfommenbeit ftreben. S* b. grang D. 3 • Bruder. $aber*
born, Bonifatiu8bruderci 1890.
Aertnys > Tbeologia moral is iuxta doctrinam S. Alphonsi de
Ligorio. Editio altera. 2 übe. Baberborn, ©cböningb 1890.
©igner, ©., S. J., $raftif<be Anleitung jum mürbigen Empfange
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gttnieu*, ©ie gtunbfäblic&e Unbulbfamfeit ber Oieformation, ©rier,
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fltft, ß-, gnbiftbeS unb jrnor Religion, ©empel urtb gefte btc
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ftfibfcr, m.Sebtbncb ber biMfätn ®ef$i$te beBtl.f. n.fcHfte,
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Jtrong, Sfr. &, Sie ©eftauration beg greibutger ©tünflerg. 9Ub«.
fttetburg, gerbet 1890*
ftraug, ff. x., Heber bag Stubium ber X^eotogte fonft unb jcftt.
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ber Culgata. 3. 2L Sag ^obelieb nach feiner mpftifcben
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Saffem, ©ernabotte, bag ©nabenfinb üon Sourbeg. Äutorifierte
Ueberfcfcung bon ©b* öerbdd, 0. 8. F. 3 n nSbru(f, ©eteing*
budjbunblung 1890.
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